- Transatlantischer Bildlieferant
- Auslandsbildkorrespondenz
- »Deutsche« AP-Bilder in der NS-Propaganda
- »Gleichschaltung«
- Fazit
Betrachtet man die nationalsozialistische Hetzschrift »Die Juden in USA. Über hundert Bilddokumente« von 1939 ganz genau, kann man eine überraschende Entdeckung machen: Dem kleingedruckten Urhebervermerk auf der Innenseite des Einbands zufolge stammt mehr als die Hälfte der insgesamt 105 Fotografien von der amerikanischen Bild- und Nachrichtenagentur »Associated Press« (AP). Und ein Einzelfall war das beileibe nicht.
Dieser Aufsatz untersucht die Rolle und Position, die Associated Press im System der nationalsozialistischen Bildpublizistik einnahm.[1] Von einem nennenswerten Forschungsstand ist dabei nicht zu sprechen: Eine Berliner Dependance des AP-Bilddienstes wird zwar für die Zeit bis etwa Mitte der 1930er-Jahre sporadisch erwähnt, die Spuren verlieren sich dann aber im Dunkeln.[2] Vollends ominös verhält es sich mit der Kriegszeit. Gerüchte, es habe sich bei den AP-Fotografen, die auf der deutschen Seite der Front fotografierten, um »amerikanische Kriegsberichter in deutscher Uniform« gehandelt, fanden auch in die wissenschaftliche Literatur Einzug, ohne diese bemerkenswerte Konstruktion zu hinterfragen oder zu erläutern.[3] Eine Erklärung für die irritierende Verbindung – und, wie ich zeigen werde, zeitweilige Personalunion – von amerikanischer Bildagentur und nationalsozialistischer Bildpropaganda konnte die Forschung bislang nicht anbieten.
Bevor ich genau diese Erklärung anhand ganz unterschiedlicher Quellen geben möchte – Bildpresseerzeugnisse, publizierte und unpublizierte Quellen zur nationalsozialistischen Bildpresselenkung sowie Interviews, Briefe und Biographien damaliger Akteure –, werde ich zunächst die Rolle der Agentur im System der NS-Bildpropaganda untersuchen. Anhand einiger Beispiele erläutere ich die verschiedenen Funktionen, die die Agentur übernahm. AP war nämlich nicht nur, wie im obigen Fall, transatlantischer Bildlieferant für die NS-Bildpropaganda (1.). AP ließ auch im Deutschen Reich fotografieren und schickte diese Bilder über seine Zentrale in alle Welt: Die Agentur arbeitete wie eine Auslandsbildkorrespondenz (2.). Außerdem wurde mit solchen, unter deutscher Herrschaft aufgenommenen AP-Bildern auch die nationalsozialistische Bildpresse bestückt. Sie erschienen darin beispielsweise zur Veranschaulichung der »Lösung der Judenfrage« im Generalgouvernement. Andere Fotos wurden regelrechte Propaganda-Ikonen der nationalsozialistischen Bildwelt (3.). Zu verstehen ist diese Praxis erst, wenn man die rechtliche Basis betrachtet, auf der die Tätigkeit von AP im Reich beruhte: Um eine Schließung des Bilddienstes abzuwenden, hatte die Agentur seit 1935 das Schriftleitergesetz einzuhalten, womit sie faktisch ebenso »gleichgeschaltet« war wie die deutschen Bildnachrichtenbüros (4.).
Ein neuer Forschungsstand eröffnet neue Fragen. Die gewissermaßen als Gegenperspektive anzulegende Frage, ob die Ziele auch erreicht wurden, die AP mit der Bildproduktion im NS-Pressesystem und den Lieferungen dieser gelenkten Bilder an die deutsche und internationale Presse verfolgte, wäre nur mit Hilfe des Agenturarchivs zu beantworten. Diese Frage ist nicht Gegenstand des vorliegenden Aufsatzes, könnte aber eine Perspektive für künftige Forschungen sein.
1. Transatlantischer Bildlieferant
Von AP bereitgestellte Bilder finden sich in nationalsozialistischen Hetzschriften wie auch in den illustrierten NS-Alltagsmedien zuhauf. Da die deutschen Redaktionen seit 1935 verpflichtet waren, den Urheber abgedruckter Bilder zu benennen, lassen sich AP-Bilder leicht identifizieren.[4] In »Die Juden in USA« führte AP die Rangfolge der Bildgeber an. Im SS-Schulungsheft »Der Untermensch« (1942) lag AP auf dem dritten Platz, in Hans Hinkels »Judenviertel Europas« (1939) auf dem zweiten. Bei den drei Druckwerken handelt es sich um keineswegs abseitige Publikationen. »Die Juden in USA« erschien in mehreren Auflagen. Bis Mitte der 1940er-Jahre waren knapp 500.000 Exemplare der Broschüre gedruckt. Ihr Herausgeber, Hans Diebow, gilt als zentrale Figur der nationalsozialistischen Bildpublizistik: Als Bildredakteur im Eher-Verlag, dem Hausverlag der NSDAP, war er unter anderem zuständig für das Bildmaterial der Blätter »Der Angriff«, »Völkischer Beobachter« (VB) und »Illustrierter Beobachter« (IB). Außerdem leitete er zwischen Ende 1934 und 1938 den Fachausschuss für Bildberichterstatter im Reichsverband der Deutschen Presse (RDP) und stand damit an der Spitze der berufsständischen Einrichtung, in die aufgenommen sein musste, wer im nationalsozialistischen Deutschland als Bildjournalist arbeiten wollte.
Den Stellenwert, der dem SS-Schulungsheft »Der Untermensch« beigemessen wurde, lässt schon die rege Beteiligung Heinrich Himmlers an redaktionellen Fragen erkennen.[5] Von der im März 1942 in deutscher Sprache gedruckten Propagandaschrift waren Mitte 1943 bereits 3,8 Millionen Hefte erschienen. Hinzuzurechnen sind noch etwa 650.000 Exemplare in 15 anderen Sprachen – das Heft sollte auch zur Schulung der »ausländischen Freiwilligenverbände« in der Waffen-SS dienen. In Hans Hinkels »Judenviertel Europas« nimmt die Fotografie gegenüber dem Text quantitativ wesentlich geringeren Raum ein.[6] Qualitativ allerdings geht die Erzählung des Bildteils deutlich über den im Titel annoncierten Raum hinaus. Hinkel akzentuierte nämlich auch das »Weltjudentum« in den USA, indem er seiner Bilderzählung Fotografien von Fiorello LaGuardia, Albert Einstein und Jackie Coogan hinzufügte – und hier kam AP ins Spiel, wie gleich noch zu zeigen sein wird.
Aktivität des »Weltjudentums« diagnostizierte die deutsche Propaganda immer dort, wo sich politischer oder publizistischer Widerspruch gegen die innen- und außenpolitische Linie des Regimes regte. Gegenüber den USA hatte die »Weltjudentum«-Propaganda 1938/39 und erneut ab Frühjahr 1941 Hochkonjunktur. Spätestens ab Jahresbeginn 1942 galt den Nazis das »Weltjudentum« als verbindendes Element hinter allen alliierten Nationen, mit denen sich das Reich im Krieg befand. Dabei war die NS-Bildpublizistik gerade zur visuellen Konstruktion und Erörterung (»Entlarvung«) dieses angeblichen »Weltjudentums« auf Bilder angewiesen, deren Herstellung sie selbst nicht ohne Weiteres veranlassen konnte. Zwar unternahmen deutsche Bildjournalisten auch in den 1930er-Jahren Reportagereisen. Aber mit ihren Bildern ließ sich weder der kontinuierliche Bedarf decken, noch gelang es den Fotografen während dieser Reisen, die für antisemitisch-investigative »Hinter den Kulissen«-Bilder nötige Nähe zu ihren Protagonisten aufzubauen. Stattdessen nutzte die NS-Bildpublizistik vor allem zwei Kanäle, um an aktuelle Bilder aus dem westlichen Ausland zu gelangen: britische und amerikanische Zeitschriften, deren Bilder sie kopierte, sowie britische und amerikanische Agenturen, deren Bilder sie abonnierte.
Die britisch-amerikanische »Keystone View«, die von der »New York Times« (NYT) gegründete »Wide World Photo« und die in Kooperation von »Chicago Tribune« und »New York Daily News« betriebene »Pacific & Atlantic Photos« hatten bereits in den 1920er-Jahren Filialen ihrer Bilddienste in Berlin gegründet.[7] 1927 begann die genossenschaftlich organisierte Nachrichtenagentur AP einen »News Photo Service« in ihrer New Yorker Zentrale einzurichten.[8] Sein Aufbau erwies sich für die Agentur auch als Sprungbrett in das Europageschäft, das im Wortnachrichtensektor von Kartellverträgen reglementiert war, die kaum mehr zuließen als die Präsenz von Auslandskorrespondenten.[9] Die Dienste der Agentur deutschen Zeitungen anzubieten war AP nur für Wortnachrichten verboten, nicht aber für Nachrichtenbilder. Zur Erweiterung dieser neuen Aussichten im transatlantischen Bildhandel gründete AP haftungsbeschränkte Tochterunternehmen in Deutschland und Großbritannien.[10] Durch die Übernahme der europäischen Dependancen von Pacific & Atlantic Photos konnten die europäischen AP-Gesellschaften auf bestehenden Infrastrukturen aufbauen.[11] Fachliche Kompetenz sicherte sich AP zudem mit der Übernahme eines Teils des Personals: Zu den (freien) Mitarbeitern der 1931 als GmbH eingetragenen Berliner AP-Tochtergesellschaft zählten deshalb auch Alfred Eisenstaedt, der später als Bildjournalist zu Weltruhm gelangte, und Leon Daniel, der die Geschäfte des Bilddienstes führte.[12] Louis P. Lochner hingegen, langjähriger Europakorrespondent und seit 1928 Leiter des Berliner AP-Büros, war nicht in die Alltagsgeschäfte des »Picture Departments« der deutschen AP GmbH involviert; er galt nur nominell als dessen Leiter.[13] Trotzdem schaltete er sich energisch ein, als seine jüdischen Kollegen ab 1933 in Bedrängnis gerieten (vgl. unten, Kap. 4).
Anfang der 1930er-Jahre führten die anglo-amerikanischen Agenturen im internationalen Geschäft die tägliche Belieferung der Redaktionen mit einer festgelegten Bildermenge per Abonnement ein.[14] Um diesen Service möglichst reizvoll zu gestalten, gruppierten die Agenturen das tägliche Bildangebot je nach Bedeutung der fotografierten Ereignisse in regionale, überregionale, nationale und internationale Vertriebschargen.[15] Dass dabei beträchtliche Bildmengen zu verteilen waren, zeigt das Beispiel Wide World Photo. In dem Berliner Büro gingen Mitte der 1930er-Jahre monatlich etwa 2.000 Abzüge ein, die Hälfte davon aus den Vereinigten Staaten.[16] Generell gelangten in erster Linie Bilder vom politischen Geschehen internationalen Ranges in den weltweiten Versand – wobei »politisches Geschehen« als »Krisenbewältigung oder Agenda-Setting durch bedeutende Staatsmänner« galt.[17] Außerdem fanden Bilder von Stars aus der amerikanischen Unterhaltungsbranche guten Absatz, zumal, wenn die politische Agenda visuell nicht viel hergab.[18] Zu einem geringeren Teil vertrieben die Agenturen auch sozialkritische Bilder. Weder die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten noch der Beginn des Weltkrieges änderten etwas an diesem transatlantischen Bildhandel: Bis zur deutschen Kriegserklärung im Dezember 1941 »belieferte der AP-Bilderdienst zahlreiche deutsche Zeitungen und Zeitschriften«.[19]
Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass diese in die deutsche Bildpublizistik immigrierenden Bilder ausschließlich mit antiamerikanischen oder gar antisemitischen Deutungen versehen worden wären. Aber als sich im Laufe der 1930er-Jahre immer deutlicher abzeichnete, dass sich die USA in der europäischen Konfliktkonstellation an der Seite der Briten sahen, nahm die antiamerikanische Ausdeutung der Bilder zu. Dafür nutzte die deutsche Bildpublizistik vorzugsweise solche Bilder, die sich in maximalen Kontrast zu den gelenkten Selbstbildern der »Volksgemeinschaft« stellen ließen. Dem kleinbürgerlich-egalitären Idyll der »Volksgemeinschaft« wurden die USA als extrem stratifizierte, brutale und tendenziell asoziale Gesellschaft gegenübergestellt, deren fehlender Interessenausgleich sich in gewalttätigen Auseinandersetzungen ihrer Bürger entlade.[20]
In kondensierter Form präsentierte die Broschüre »USA – nackt! Bilddokumente aus Gottes eigenem Land« (1943) dieses Amerikabild. Es kontrastiert eine prassende Politschickeria mit Armut und Gewalt in Stadt und Land: Im Schatten moderner Wolkenkratzer wuchern heruntergekommene Häuser. Das Bild der amerikanischen Straßen wird beherrscht von massenhaft Obdachlosen (»Ihr Bett. Die New York Times«), endlosen Schlangen Erwerbsloser, Protesten, Streiks und vor allem massiver Gewalt, dargeboten mit zynischen Titeln wie »Der soziale Frieden« oder »Amerikaner unter sich«. Öffentliche Hinrichtungen, eine doppelseitige Galerie von Lynchszenen und das AP-Bild eines brennenden Afroamerikaners in Ketten komplettierten das amerikanische Horrorkabinett der NS-Propaganda.
Die Herkunft dieser Bilder und ihre ursprünglich manchmal sozialkritische Intention – in der Broschüre findet sich auch eine Version von Dorothea Langes »Migrant Mother« – scheinen für die Propagandaproduzenten ohne Belang gewesen zu sein. Als Kontrast zum Selbstbild der »Volksgemeinschaft« ließen sich solche Fotos besonders gut einsetzen, weil aus der Repräsentation des nationalsozialistischen Deutschlands alle sozialkritischen Ansichten per Dekret getilgt waren: »Berichte über Elendsviertel, Notstandsgebiete, insbesondere Bildphotographien von Elendswohnungen sollen nur veröffentlicht werden, wenn gleichzeitig eine Ankündigung der Gegenmassnahmen, Bauarbeiten usw. erfolgt«[21] – also im Grunde nur, wenn die Probleme der Weimarer Republik zugeschlagen werden konnten und ihre Beseitigung auf das Konto des NS-Regimes ging. Als am anderen Ende der sozialen Skala stehend zeigte die NS-Bildpropaganda »den« Juden in den USA und griff dabei auf Bilder vermeintlicher oder tatsächlicher jüdischer Prominenter zurück, die amerikanische Bildagenturen natürlich auch im Angebot hatten. Die Ursache der gesellschaftlichen Schieflage sei die jüdische »Unterwanderung«, suggerierten die Bilder als jüdisch denunzierter Prominenter. So gelang es der NS-Publizistik, das eigene Bildbedürfnis aus dem Angebot der Agenturen zu befriedigen.
Was für den inszenierten Gegensatz von deutscher »Gemeinschaft« und amerikanischer »Gesellschaft« in toto galt, war auch den Bildern ihrer Repräsentanten anzusehen. Das Propagandaministerium hatte Aufnahmen von der eigenen Führung frühzeitig strikt reguliert. Schon im Januar 1934 war »aus naheliegenden Gründen«[22] ein Bildverbot für Regierungsmitglieder und politische Persönlichkeiten auf Banketten oder gesellschaftlichen Veranstaltungen ergangen. Im April 1935 notierte ein Teilnehmer der Pressekonferenz: »Es soll in Zukunft vermieden werden, Bilder wiederzugeben, die Mitglieder der Reichsregierung an gedeckten Tischen, vor Flaschenbatterien u.ä. zeigen […]. Die Minister nehmen aus internationaler Höflichkeit oder aus streng dienstlichem Anlass an gesellschaftlichen Veranstaltungen teil, die sie lediglich als Pflicht[,] nicht aber als Genuss auffassen. In der letzten Zeit ist im Volke der völlig unsinnige Eindruck durch zahllose Bilder entstanden, als ob die Regierungsmitglieder prassen. Die Bildberichterstattung hat sich infolgedessen in dieser Beziehung umzustellen.«[23] Während die Staats- und Parteielite im Reich also nicht beim leiblichen Genuss gezeigt werden durfte, hatte Hans Diebow ein Foto, das Fiorello LaGuardia mit den Händen essend zeigt, als Titelbild der Propagandabroschüre »Die Juden in USA« ausgewählt (s.o., zu Beginn dieses Aufsatzes): Der populäre New Yorker Bürgermeister und erklärte Nazi-Gegner stellte ein bevorzugtes Angriffsziel der nationalsozialistischen Propaganda dar; ihr Ziel war es, ihn als jüdisch, dekadent und zügellos zu diskreditieren.
AP nahm nicht nur die Rolle eines transatlantischen Bildimporteurs ein, die Agentur exportierte auch im Deutschen Reich aufgenommene Bilder in alle Welt. Deshalb arbeiteten AP-Fotografen im Reich. Wie andere Auslandskorrespondenten auch übermittelten die Mitarbeiter der Agentur Nachrichten aus Berlin ins Ausland, nur eben Bildnachrichten. Allerdings zeigen die wenigen überlieferten Quellen, die Einblicke in die Arbeitspraxis der AP-Bildjournalisten gestatten, dass diese nicht der Praxis der Auslandskorrespondenten entsprach, die in erster Linie von Akkreditierungsverlust und Ausweisung bedroht waren, aber bis 1939 keiner und bis Herbst 1942 lediglich sporadischer Vorzensur unterlagen.[24] Stattdessen sind kaum Unterschiede im Vergleich zu den deutschen Bildagenturen auszumachen, die personell und thematisch rigide reglementiert wurden.
Günther Beukert war 1938 Leiter des Bilddienstes bei AP in Berlin. In einem Interview aus dem Jahr 1983 erzählt er von der AP-Bildberichterstattung während des Novemberpogroms.[25] Um die Fotografen abzusichern, hatte er die Zusage eingeholt, dass das Pogromgeschehen fotografiert werden dürfe. Dennoch wurden einige AP-Bildjournalisten verhaftet, manche sogar mehrfach. Morgens sah Beukert die fotografische Ausbeute der Nacht durch und suchte besonders »harmlose« Bilder des Geschehens heraus, um eine Freigabe des Propagandaministeriums zu erhalten. Denn ohne die offizielle Freigabe konnte er keine Bilder über das Berliner Telegrafenamt aus Deutschland herausschicken. Es gelang ihm, eine mündliche Freigabe zu erhalten und den Bildversand in die Wege zu leiten. Als sich in der Branche herumsprach, dass AP seinen Abonnenten Bildmaterial vom »Reichspogrom« anbot, erhielt Beukert einen Anruf des Referatsleiters Bildpresse im Propagandaministerium, wie er sich erinnert: »Na, da kriegte ich aber was zu hören. Also, Berufsverbot, das war das wenigste. KZ hat er mir angeboten, was weiß ich alles, einen Prozeß, doch es ist nichts daraus geworden.«[26] Im Gegenteil, wird man sagen müssen – ein halbes Jahr später war Beukert nicht nur »Hauptschriftleiter« in der Agentur des »Reichsbildberichterstatters« Heinrich Hoffmann;das Bildpressereferat selbst sprach ihm kaum ein Jahr später, bei Kriegsbeginn, auch noch besonderes Vertrauen aus, indem es den ehemaligen Leiter des AP-Bilddienstes zum Zensor für Kriegsbilder berief.[27]
Wie man aus der von Beukert überlieferten Episode erkennen kann, begegnete das Propagandaministerium den Angestellten von AP mit einer Mischung aus Vertrauen und Drohung, was auch seiner Haltung gegenüber den anderen, deutschen Bildnachrichtenbüros entsprach. Ein weiterer Indikator für dieses Vertrauen ist, dass AP 1937 bei den deutschen Herbstmanövern zugelassen war. Dabei sollten die akkreditierten Agenturen ihre Bilder selbst zur Zensur vorlegen und beachten, dass kein unzensiertes Material herausgegeben würde.[28] Selbst in diesem ausgesprochen sensiblen Bereich der fotografischen Praxis überwog das Vertrauen in die Agentur also offenbar die Sorge vor etwaiger Militärspionage – ein Vertrauen, das allerdings auch den AP-Fotografen nur unter dem Damoklesschwert des Schriftleitergesetzes entgegengebracht wurde.
Vorzensur praktizierte das Propagandaministerium, indem es auf die Archive der Bildnachrichtenbüros zugriff. Damit ließ sich von vornherein verhindern, dass unliebsame Aufnahmen in die Bildpublizistik eingespeist werden konnten. Im Februar 1938 hieß es, dass die Bilder des politischen Personals des NS-Staates in den Archiven der Bildnachrichtenbüros nunmehr zensiert würden. Angeblich ging es darum, veraltetes von aktuellem Material zu trennen. Die Quelle gibt keine Ausnahme für AP zu erkennen: »Nachgeprueft sind jetzt die [Bilder] ueber [Rudolf] Hess mit der Kennziffer 15 2 38[,] und zwar die Bilder von Heinrich Hoffmann, Weltbild, Atlantik, Pressebildzentrale, Scherl, Schirner, Pressephoto, Associated Press und Deutscher Verlag.«[29]
Der Bildproduktion und ihrer Organisation galt eine dritte Strategie der nationalsozialistischen Pressebildlenkung, die sich auch für AP nachweisen lässt. Das Bildpressereferat des Propagandaministeriums informierte die Bildnachrichtenbüros nicht bloß über die politische und kulturelle Agenda. Es verfügte auch über die Zuteilung, Zulassung, Koordinierung und teilweise auch über die logistische Organisation der Fotografeneinsätze. Erneut lässt sich aus den Quellen keinerlei Ausnahmestellung für AP erkennen – AP-Fotografen disponierte das Bildpressereferat genauso selbstverständlich wie alle anderen.[30]
Kurz nach Kriegsbeginn wurden Überlegungen laut, dieses Referat zu einem »Kriegsbildamt« auszubauen, das die Bildnachrichtenbüros, die nun ohnehin »ausschließlich im Auftrage des Prop.Min. tätig« waren, ersetzen solle. Dagegen sprach aus Sicht des Referats vor allem ein Aspekt: der größere Argwohn auf den Seiten der Bildempfänger, wenn sie die Kriegs- und Besatzungsbilder direkt von offiziellen deutschen Stellen beziehen würden. Über die Bildnachrichtenbüros hingegen werde sich die eigene Sicht gezielt und gleichzeitig verschleiert auf internationalem Presseparkett lancieren lassen.[31] Diese eigene Perspektive wurde in großem Stil vertrieben: Die im Reich produzierenden Bildagenturen schickten in den ersten Kriegsmonaten zusammen durchschnittlich knapp 90.000 Bildvorlagen ins Ausland – pro Monat.[32]
Darüber, dass der deutschen Bildstrategie im Ausland Erfolg beschieden war, herrschte bei Kriegsbeginn Einigkeit.[33] Nur die Deutschen waren 1939/40 in der Lage, einen funktionierenden Presseapparat dicht an das Kampfgeschehen heranzuführen.[34] Die restriktive britische Bildzensur kam dem Erfolg noch zugute;[35] selbst die britische Presse war auf deutsche Fotografien angewiesen.[36] In der US-amerikanischen Presse aber waren sie nahezu konkurrenzlos: Obwohl mit einiger zeitlicher Verzögerung auch Fotografien von Seiten der Kriegs- und Besatzungsopfer – etwa aus dem polnischen Widerstand – den Weg in die amerikanische Presse fanden und dort groß aufgemacht wurden, dominierten Motive aus dem immensen Strom propagandistisch gelenkter, aber eben auch professionell produzierter und zeitnah vertriebener deutscher Aufnahmen das fotografische Erscheinungsbild des Nationalsozialismus und seiner Eroberungskriege in der nordamerikanischen Tagespresse bis zum Kriegseintritt der USA.[37] Cyrill Radcliffe, Generaldirektor im britischen Informationsministerium, erhielt deshalb 1941 die Aufgabe, »to analyse why the American newspapers were generally filled with what he referred to as ›our enemies‹ photographs‹. His conclusion was clear: German documentary photographs were ›immediate‹, ›alive‹ and depicted ›vivid and exciting incidents‹. He cited those from the eastern campaign which had flooded the New York press and which showed German soldiers in action.«[38]
Bei diesen von Radcliffe gemeinten deutschen Fotografien handelte es sich vor allem um Bilder der deutschen Propagandakompanien (PK). Solche aus rekrutierten Journalisten bestehenden Propaganda-Einheiten waren zunächst in Kooperation von Oberkommando der Wehrmacht und Propagandaministerium aufgestellt worden, um die deutsche Kriegsberichterstattung zu organisieren, zu monopolisieren und zu steuern.[39] Ihre nicht selten bereits zu bestimmten Propagandaschlagworten veranlassten Bilder, Filme und Berichte wurden in Berlin gesammelt, zensiert und an die Presse ausgegeben. Im Fall der PK-Bilder waren meist noch Bildnachrichtenbüros zwischengeschaltet: »Der Großteil des Kriegsbildmaterials der Prop.Kpn. wird gleichmäßig nach propagandistischen Gesichtspunkten zur In- und Auslandsverbreitung an die Bildnachrichtenbüros: Presse-Illustrationen Heinrich Hoffmann, Weltbild GmbH., Atlantic Photo-Verlag, Presse-Bild-Zentrale Bremer u. Güll, Scherl, Associated Press Bilddienst GmbH. verteilt.«[40] Während keine der deutschen Agenturen als Bildlieferant in der US-amerikanischen Tagespresse auftaucht,[41] finden sich zahlreiche von AP aus Deutschland übermittelte Aufnahmen. Das war Radcliffe offenbar auch aufgefallen: »The Germans send a flood of their hot photographs by radio to the USA or provide the facilities for the American agencies to send them at special rates.«[42]
Die nicht selten exklusiven, aber ausnahmslos gelenkten Bilder aus dem deutschen Propagandaapparat, die AP zwischen Mitte der 1930er- und Anfang der 1940er-Jahre an die amerikanische Presse lieferte, trafen dort auf heterogene Einschätzungen zur Situation in Deutschland. Während die amerikanischen Auslandskorrespondenten vor der Gefahr warnten, die vom Regime ausgehe, genoss das nationalsozialistische Deutschland in der konservativen Presse als Widersacher der perhorreszierten Regierung Roosevelt und vor allem als Bollwerk gegen die »bolschewistische Gefahr« einige Sympathien.[43] Im Vergleich zur generellen Dämonisierung der Japaner in der amerikanischen Presse blieb das nationalsozialistische Feindbild zunächst blass.[44] Bis die Isolationisten im Laufe des Jahres 1940 deutlich ins Hintertreffen gerieten, war das Spektrum der »conflicting interpretations [and] contested meanings« über den Nationalsozialismus breit.[45] Ferner ist herauszustreichen, dass keine redaktionell standardisierten Verfahren zum Umgang mit Pressebildern im Nachrichtenteil existierten. Die Entscheidung, wie welche Bilder zu zeigen oder nicht zu zeigen, zu kontextualisieren und nachzuweisen waren, trafen die Redakteure zumeist individuell und intuitiv: »[…] the press’s standards for using photographs in news, uneven during World War II, were often informally adjusted to circumstances as they arose.«[46] Vor diesem Hintergrund lassen sich im Umgang mit den deutschen AP-Bildern zwei Publikationsstrategien der US-amerikanischen Presse identifizieren. Die Bilder wurden (ihrer Distribution gemäß) als Nachrichtenbilder eingesetzt, oder sie wurden (ihrer Herkunft gemäß) als Propagandabilder dechiffriert. Häufig mischten sich beide Strategien zu einer unklaren Gemengelage.
Vor allem mit Beginn des Krieges in Europa zeigte sich die US-amerikanische Presse bemüht, ihren Lesern eine kritische Haltung gegenüber den AP-Bildern deutscher Provenienz zu ermöglichen. Diese Absicht geben die redaktionellen Bildunterschriften deutlich zu erkennen, die regelmäßig an den deutschen Zensor erinnern, seine Beschriftung zitieren und mit diesem Hinweis auf eine häufig nicht weiter erläuterte Intention die Evidenz des eigentlich als Nachrichtenbild präsentierten Fotos in Frage stellen. Das AP-Bild einer Gruppe schräg am Fotografen vorbeieilender Soldaten betitelte die »Washington Post« Mitte Mai 1940 beispielsweise mit »Germans Say These Belgian Fighters Surrendered«. Unter dem Bild stand: »Belgian soldiers are shown running toward the German lines after their surrender yesterday, according to Nazi censor-approved caption accompanying this picture. (Photo radioed from Berlin).«[47] Ob der Leser das Bild als repräsentatives Symbol für den rasanten deutschen Vormarsch betrachten sollte oder ob es dem Kosmos abgefeimter Nazi-Propaganda zuzuordnen war, die vielleicht sogar inszenierte Bilder kapitulierender Gegner zu deren Demoralisierung einsetzen würde, blieb ihm selbst überlassen. Die Tatsache, dass sich die Redaktion zur Veröffentlichung entschlossen hatte, sprach aber implizit für die erste Lesart.
Diese verbreitete, »kritische« Bildbeschriftung war den Redaktionen natürlich nur deshalb möglich, weil AP den Beziehern seines News Photo Service die vom Propagandaministerium kontrollierte oder veranlasste Beschriftung mitteilte. Die Praxis, die deutschen Propagandabilder einerseits als Nachrichtenbilder zu verteilen und zu veröffentlichen, ihren Aussagewert aber im gleichen Atemzug durch Verweis auf ihre Berliner Herkunft und damit auf mögliche politische Intentionen in Zweifel zu ziehen, kann als Versuch gedeutet werden, einen demokratisch-transparenten Umgang mit den propagandistisch beeinflussten Pressematerialien der kriegführenden Staaten zu finden. In der Umsetzung zeigt sich allerdings häufig eine gewisse Ratlosigkeit, wie das von der Agentur an die Redaktion und von der Redaktion an den Leser weitergeleitete Bild zu betrachten sei.
Kurzfristig punkten und langfristig Glaubwürdigkeit gewinnen ließ sich aus deutscher Sicht, wenn Beschuldigungen oder Gerüchte der Kriegsgegner schnell widerlegt werden konnten. Diesem Ziel kam der von AP betriebene Bildkanal zugute. Von der Unversehrtheit der Schwarzen Madonna von Tschenstochau,[48] des kanadischen Kriegsdenkmals von Vimy[49] und des mit deutscher Ehrengarde versehenen Grabes des polnischen Nationalhelden Józef Piłsudski in der Krakauer Wawel-Kathedrale[50] konnten sich amerikanische Zeitungsleser dank der von AP aus Berlin übermittelten Bilder schnell überzeugen. Die deutsche Perspektive auf das Geschehen stellten Fotos in den Vordergrund, die den »triumphalen« Einzug der Deutschen in Danzig, Malmedy oder Lwów zeigten. Die Zeitungen erwähnten dabei zwar die Berliner Herkunft der Bilder, fanden aber keine weiteren Worte für deren propagandistischen Gehalt.[51] Mit einem zentralen Bildfilter, der etablierte visuelle NS-Propagandatopoi aus dem amerikanischen Pressebilddiskurs ausgeschlossen hätte, mussten die Nationalsozialisten offenbar nicht rechnen: Das bolschewistische »Flintenweib«[52] oder die dem rassistisch-physiognomischen Bilddiskurs entstammenden Typenbilder sowjetischer Soldaten waren auch in der amerikanischen Presse zu finden. AP übermittelte sie von Berlin nach New York, New York schickte sie an die Redaktionen, die Redaktionen druckten diese Bilder, wenn sie wollten und wie sie wollten.
3. »Deutsche« AP-Bilder in der NS-Propaganda
Über 100 Kollektionen mit jeweils 7 bis 15 Motiven produzierte die Berliner AP GmbH nach Erinnerungen ihres Laborchefs in den 1930er-Jahren täglich.[53] Die Fotos gingen nicht nur nach London, New York und Paris, sondern ebenso an Berliner Kunden: AP belieferte auch die deutsche Presse mit eigenen Bildern aus dem Reich. Dafür seien hier zwei markante Beispiele genannt.
Im Herbst 1940 hatte der antisemitische Film im deutschen Kino Hochkonjunktur. Die größte deutsche Illustrierte, die »Berliner Illustrirte Zeitung« (BIZ), brachte zur Filmpremiere von »Jud Süß« eine Fotoreportage, die das Filmgeschehen und die aktuelle Judenpolitik im Generalgouvernement miteinander verwob.[54] Die zwei oberen Standbilder aus dem Spielfilm wurden unten von drei realen Vertreibungsszenen ergänzt. Die Vertreibung der Juden aus Krakau, im Sommer 1940 ein lokales »Prestigeprojekt« des in der Stadt residierenden Generalgouverneurs Hans Frank, erhielt eine historische Legitimation durch den Württemberger Judenbann, mit dem der Film »Jud Süß« endet. Bei beiden Ereignissen handelte es sich nach Logik der Bildreportage um eine Reaktion auf die erwiesene Schlechtigkeit der Juden. Während die beiden Filmstandbilder von der Terra Filmkunst Filmgesellschaft stammten, lautete der Urhebervermerk für die drei Bilder, die die Vertreibung der Juden zeigen, auf Associated Press.[55]
Im Sommer 1941 bestritt die NS-Bildpresse ihre wohl größte Propagandawelle mit AP-Bildern. Zwei Wochen nach dem Überfall auf die Sowjetunion verpflichtete das Propagandaministerium die deutsche Presse zu einer gigantischen Gräuelkampagne. Im Zentrum der »Lemberg-Kampagne« standen Bilder jener ermordeten sowjetischen Zivilisten, die die einmarschierenden Deutschen vor allem in Ostpolen und der Ukraine zu Tausenden vorgefunden hatten. Bei den Opfern handelte es sich zumeist um politische Gefangene der sowjetischen Geheimpolizei (NKWD), die diese weder in die Hände der vorrückenden Deutschen fallen lassen wollte noch evakuieren konnte und deshalb kurzerhand ermordete.[56] Hitler persönlich befahl, die Fotografien geschundener Leichen aus einem Lemberger Gefängnis, die ein AP-Fotograf aufgenommen hatte, »in allen deutschen Zeitungen« zu veröffentlichen. »Auch die meisten Auslandszeitungen brachten sie«, notierte der Fotograf, Franz Roth.[57]
Die Schockbilder der NKWD-Opfer wurden häufig mit Bildern aus einer Porträtreihe sowjetischer Kriegsgefangener kombiniert (wie hier im »Völkischen Beobachter«) und implizit oder explizit in ein Täter-Tat-Verhältnis gerückt.[58] Die als grimmig-verschlagen präsentierten »sowjetischen Typen« stammten aus der Kamera desselben AP-Fotografen. Auch diese »Köpfe (von Roth AP) bolschewistischer Gefangener«[59] sollten die Zeitungen auf direktes Geheiß Hitlers bringen. Da das Bildpressereferat »alle Schriftleitungen der Berliner Zeitungen […] vom Anruf aus dem [Führer-]Hauptquartier in Kenntnis« setzte, ergoss sich eine regelrechte Publikationsflut von meist vier bis sechs Aufnahmen aus der Serie. Bei den Bildern handelt es sich um die vielleicht am häufigsten gedruckten Propagandafotos im nationalsozialistischen Deutschland. Sie erschienen in Berliner Blättern und in überregionalen Zeitungen, in der Provinzpresse sowie in der Besatzerpresse im Generalgouvernement und im Warthegau,[60] in der illustrierten Wochenpresse[61] und in der Partei-Wandzeitung »Parole der Woche«.[62] Auch im bereits erwähnten SS-Schulungsheft »Der Untermensch« waren sie zu finden.[63] Schließlich rief die ausufernde Präsentation dieser vier bis sechs Porträts sogar die Kritik der Zeitungsleser hervor.[64] Viele dieser Veröffentlichungen entsprachen zusätzlich einer weiteren Leitlinie des Propagandaministeriums zur Ausgestaltung der antibolschewistischen Kampagne, wonach die Porträtbilder der Rotarmisten in direkten Kontrast zum idealisierten Selbstbild gesetzt werden sollten, hier also zum Idealbild des deutschen Kriegers.[65] Wegen ihrer Verbreitung und ihres exemplarischen Charakters kommt ihnen der Stellenwert von »Negativ-Ikonen« der NS-Propaganda zu.
Im »Völkischen Beobachter« lautete der Urhebernachweis zu diesen Porträts: »SS-PK.-Roth-Associated-Preß«. Und dabei handelt es sich keineswegs um einen Druckfehler. Franz Roth war, als er diese Aufnahmen anfertigte, gleichzeitig AP-Fotograf, SS-Oberscharführer und Bildberichter in der SS-Propagandakompanie (SS-PK).[66] Da sich die SS schon in den ersten Kriegswochen publizistisch nicht hinreichend glorifiziert gesehen hatte, hatte sie nach dem Vorbild der Wehrmacht ihre eigene Kriegsberichterkompanie aufgestellt.
Ähnlich wie im Reich, wo das Propagandaministerium die Disponierung der Nachrichtenagenturen in wachsendem Maße übernahm, war das Ministerium an der Front im Verbund mit dem Militär für den Einsatz der Bildjournalisten in den Propagandakompanien zuständig. Aber obwohl die Kriegsberichter in die militärische Hierarchie integriert waren, bestand für diejenigen, die vor ihrer Rekrutierung über eine feste Anstellung bei einem Verlag oder einer Bildagentur verfügten, dieses Angestelltenverhältnis fort. Sie erhielten deshalb im Feld zusätzlich zu ihrem Sold Lohnzahlungen ihrer Arbeitgeber. Auf der anderen Seite erhielt die jeweilige Agentur Fotos »ihrer« PK-Bildberichter direkt nach der Zensur zur exklusiven Vermarktung. Dieses Modell schloss die »Associated Press Bilddienst GmbH.« expressis verbis ein.[67] Deshalb bezog auch der SS-Oberscharführer und AP-Fotograf Franz Roth, der in die SS-PK rekrutiert und zur Leibstandarte Adolf Hitler abgestellt war, zusätzlich zu seinem Sold ein gutes Gehalt von AP, als er die auch als »Fratze des Bolschewismus« betitelten Porträts sowjetischer Kriegsgefangener fotografierte.[68] AP erhielt dafür die Propagandafotos exklusiv. Die per Telefon und Bildrückseite erfolgte Bekanntgabe von Hitlers Wunsch, genau diese Bilder seien zu veröffentlichen, wird dem Bilddienst im Juli 1941 reiche Gewinne beschert haben.
Aber auch dem amerikanischen Zeitungsleser wollte die Agentur die Motive offenbar nicht vorenthalten: Die deutschen Erfolgspropagandabilder sind ein weiteres Beispiel für Fotos, die AP auf dem nordamerikanischen Markt ebenfalls anbot. Per Wirephoto schickte die New Yorker Zentrale die Berliner Bilder an die ca. 125 angeschlossenen Zeitungen. In der Tageszeitung »Constitution« (Atlanta) erschienen am 24. Juli 1941 sechs der von SS-Oberscharführer Roth fotografierten Porträts, in der »Los Angeles Times« einen Tag später vier.[69] Auf die Frage, was mit der Veröffentlichung solcher »Typenbilder«, die in Deutschland Angst und Schrecken verbreiten und den Kriegswillen bestärken sollten, eigentlich in Amerika zu erreichen sei, hatte die »LA Times« keine überzeugende Antwort zur Hand. Ihre Bildunterschrift – »Red Fighters? – Nazi sources released and identified these close-up photographs as those of types of Russian soldiers taken prisoner by Germans in battle of Lwow. (AP Wirephoto)« – stellte durch das Fragezeichen lediglich den Zusammenhang von Bild und Beschriftung in Frage und vermutete hier offenbar propagandistische Absichten. Rein visuell bildeten die vier Porträts allerdings einen überaus starken Kontrast zu den fröhlichen Gesichtern in den auf der gleichen Seite präsentierten amerikanischen Unterhaltungsbildern.
Der Kontrast zu den heiteren Ansichten der amerikanischen Werbewelt sticht auch bei der Präsentation der Porträts in der »Constitution« hervor. Mit einem Dreizeiler versuchte die Zeitung, dem visuellen Eindruck, den die Bilder hervorriefen, eine eigene Lesart entgegenzusetzen: »Mirroring Europe’s Happy Life – These are closeup pictures of men described by German sources as Russians captured in the battle of Lwow. The German propaganda ministry is anxious to picture Russians as people not worth fighting for«, stand unter den sechs Bildern. Tatsächlich spiegelten die verhärmten Gesichter also – darauf zielte der erste, ironische Titel ab – das Leid, das die Deutschen über Europa brächten. Die eigentliche Absicht der Bilder liege aber darin, den amerikanischen Leser in seiner isolationistischen Haltung zu bestärken. Obwohl die Zeitung die propagandistischen Ziele imaginieren konnte, mit denen die Fotos über den Atlantik geschickt worden waren, verwehrte sie nicht deren Abdruck, sondern vertraute darauf, ihre Bedeutung mit Hilfe der Bildunterschrift umkehren zu können.
Warum AP-Angestellte in die Propagandakompanien von Wehrmacht und SS eingezogen werden konnten und warum sich auch sonst in den Quellen kaum ein Unterschied zwischen der Position der amerikanischen Bildagentur im Presselenkungssystem und derjenigen ihrer deutschen Pendants feststellen lässt, hat einen einfachen Grund: Es waren seit Mitte der 1930er-Jahre fast keine Unterschiede vorhanden. Die rechtliche Basis, auf der diese umfassende »Gleichschaltung« fußte, war das Schriftleitergesetz, das zum Jahresbeginn 1934 in Kraft trat. Es bestimmte, wer regelmäßig journalistisch für die deutsche Presse arbeiten durfte. Auch Bildjournalisten fielen unter das Gesetz. Da die Erlaubnis an die Reichsbürgerschaft und – analog zum Berufsbeamtengesetz – an die »rassische« Abstammung geknüpft war, sahen sich Ausländer und Deutsche mit jüdischen Vorfahren oder Ehepartnern von ihrem Beruf ausgeschlossen.[70] Eine weitere Analogie zwischen Schriftleitern und Beamten, die das Gesetz zog, betraf die Definition des Journalismus als »öffentlicher Aufgabe«. Schriftleiter waren gemäß §14 dazu verpflichtet, »aus den Zeitungen alles fernzuhalten […], was geeignet ist, die Kraft des Deutschen Reiches nach außen oder im Innern, den Gemeinschaftswillen des deutschen Volkes, die deutsche Wehrhaftigkeit, Kultur oder Wirtschaft zu schwächen«. Entsprechend musste ihre Loyalität zu Volk, Staat und Führer diejenige zu ihrem Arbeitgeber übersteigen und war gesetzlich besonders »geschützt«.
Um die Bedeutung des Gesetzes für die ausländischen Bildnachrichtenagenturen erfassen zu können, muss man allerdings den vom Propagandaministerium herausgegebenen Gesetzeskommentar zu Rate ziehen. Er erläutert auch §4, der die »Mitwirkung an der Gestaltung des geistigen Inhalts deutscher Zeitungen« definierte. In dieser Erläuterung heißt es: »Eine besondere Bedeutung hat §4 für die großen Bildbüros [Hervorhebung i.O.], die zum Teil in ausländischen Händen sind. Sie fallen unter das Gesetz ohne Rücksicht darauf, in wessen Eigentum sie stehen. Daher müssen auch die bei diesen Firmen tätigen Bildberichterstatter Schriftleiter sein.«[71] Die Bildjournalisten bei der als GmbH eingetragenen AP-Niederlassung in der Reichshauptstadt waren also keine fotografierenden amerikanischen Auslandskorrespondenten, sondern mussten Deutsche »arischer« Abstammung sein; dem Deutschen Reich waren sie per Gesetz höher verpflichtet als ihrem Arbeitgeber. Das Propagandaministerium hatte infolgedessen nicht nur Zugriff auf die AP-Personalpolitik, sondern auch einen entscheidenden Ansatzpunkt, um das unternehmerische Weisungsrecht auszuhebeln.
Wie reagierten die ausländischen Nachrichtenbüros auf die neuen Machthaber und deren Restriktionen? Der Bilddienst der »New York Times«, die ebenfalls als GmbH bestehende Wide World Photo, zeigte sich zumindest äußerlich konzessionsbereit. Dazu gehörte auch die Akzeptanz einer nationalsozialistischen Betriebszelle im Bilddienst. Ihre jüdischen Mitarbeiter versuchte die Agentur zu schützen. Um das Geschäft trotz Schriftleitergesetz mit dem bewährten (jüdischen) Stammpersonal im Reich fortführen zu können, bediente sich Wide World Photo »arischer Strohmänner« als Repräsentanten: »The ›camouflages‹ assumed the titles and negotiated with the authorities, while the Jews did the work.« Auf der Ertragsseite von Wide World Photo stand dafür ein wöchentliches Volumen von 1.000 Mark allein für Bildlieferungen an den »Völkischen Beobachter«.[72]
Der AP-Bilddienst in Berlin sah sich direkt nach der Machtübernahme den Angriffen deutscher Unternehmen ausgesetzt, die versuchten, sich mit deutschnationaler und antisemitischer Rhetorik unliebsamer Konkurrenz in der Branche zu entledigen.[73] Zusätzlich war Louis P. Lochner als nomineller Leiter des Bilddienstes sogleich mit Forderungen aus dem Propagandaministerium konfrontiert, drei jüdische AP-Mitarbeiter zu entlassen. 1933 konnte er dieses Ansinnen noch abwenden: »They are efficient, they are honest, they are splendid characters, they are well educated and speak three and four languages. There is no reason in the world outside of the accident of their having been born Jews why I should fire them. Well, I’ve simply refused to do so.«[74] Zwei Jahre später hatte die Konsolidierung des NS-Regimes Lochners Möglichkeiten bereits deutlich beschränkt. Die Forderung, jüdische Mitarbeiter zu entlassen, konnte er nun nicht mehr zurückweisen. Es gelang ihm aber, ihnen eine Beschäftigung in anderen AP-Büros zu verschaffen und sie außer Landes zu bringen. Drei Jahre danach konnte die Agentur ihren Angestellten im Grunde keinerlei Rückendeckung mehr geben: Gleich nach der Annexion Österreichs verhaftete die SA den AP-Fotografen Willy Jacobson, einen derjenigen, die Lochner 1935 im Wiener AP-Büro vorläufig geschützt hatte. Auch mit dem Versprechen, ihn außer Landes zu bringen, ließ das Regime Lochner nun nicht mehr zu seinen Gunsten intervenieren.[75]
In das Jahr 1935 fallen viele einschneidende Zäsuren für den Bildpressebetrieb in Deutschland. Zu Jahresbeginn hatte Hans Diebow als Leiter des Reichsausschusses Bildberichterstatter im Reichsverband der Deutschen Presse (RDP) in Aussicht gestellt, dass die Vorarbeiten zur »Säuberung« und künftigen Kontrolle des Berufsstandes per Schriftleitergesetz nahezu abgeschlossen seien.[76] Das Verbandsorgan des RDP veröffentlichte ab März 1935 sukzessive die Namen und Adressen der überprüften und zugelassenen Bildberichterstatter; diese Liste – »unentbehrlich für jede Schriftleitung« – konnten die Redaktionen auch beim RDP erwerben. Die letzten Lücken dieses effektiven Kontrollsystems schloss der im Februar 1935 eingeführte obligate Urhebervermerk, die »Erkennungsmarke für Berufene und Unberufene« (Diebow). Per veröffentlichter Berufsliste und Urhebervermerk konnte jede Bildpublikation zurückverfolgt und die Approbation des Fotografen überprüft werden.
1935 ließ das Regime auch das bisherige Arrangement mit den Auslandsbildagenturen platzen – und zwar genau zu dem Zeitpunkt, als die ersehnte Gründung eines deutschen Weltbilderdienstes gelungen war. Anfang April hatte das Deutsche Nachrichtenbüro (DNB) den Berliner Ableger der Keystone View Inc. gekauft und führte ihn fortan als Weltbild GmbH.[77] Nur sechs Wochen später verwies das Regime den Geschäftsführer des New York Times Bilddienstes, Julius Bolgar, des Landes. Offiziell ließ das DNB verlauten: »Bolgar, der ungarischer Staatsangehöriger und jüdischer Abstammung ist, hat zu wiederholten Malen seiner gehässigen und feindseligen Einstellung gegenüber dem neuen Staat und seinen führenden Männern Ausdruck gegeben, die ein Verbleiben Bolgars in Deutschland völlig unmöglich machen.«[78] Auf der Bildpressekonferenz, die das Propagandaministerium zur Information und Lenkung der illustrierten Presse abhielt, nahm der Sprecher die Personalie zum Anlass, die Redakteure zur Eigeninitiative aufzufordern, um dem Schriftleitergesetz zur Durchsetzung zu verhelfen. Sie sollten »sich bei den Unternehmen, mit denen Sie zusammenarbeiten, dahin […] informieren, ob diese Unternehmen den Bestimmungen des Schriftleitergesetzes Rechnung tragen«.[79] Agenturen, die noch Juden beschäftigten, waren ab sofort zu boykottieren.
Ein investigativer Artikel im SS-Organ »Das Schwarze Korps« erhöhte den Druck auf alle Beteiligten wenig später eklatant. Unter der Überschrift »Jetzt aber herunter mit der Tarnkappe« stellte das Hetzblatt namentlich genannte deutsch-jüdische Mitarbeiter von Bildagenturen und Verlagen im Reich an den Pranger.[80] Detaillierte Denunziationen richteten sich gegen die Bilddienste von Wide World Photo und Associated Press. Dem »Schwarzen Korps« diente die Bildpresse als Beispiel einer angeblich nur zurückgedrängten, aber nicht gänzlich beseitigten »jüdischen Unterwanderung«. Der Artikel stand im Rahmen verschiedener anderer Berichte, die die legislative Unterstützung bei der »Ausschaltung« der Juden einforderten, die dann im September 1935 mit den Nürnberger Gesetzen erfolgte.
Angesichts dieser Angriffe und des inoffiziellen Boykotts entschloss sich die »New York Times« 1935 dazu, ihr Berliner Bildbüro zu schließen. AP hingegen lenkte ein. Leon Daniel, Cecile Kutschuk und Alfred Eisenstaedt, AP-Mitarbeiter jüdischer Herkunft, mussten 1935 ins amerikanische Exil gehen; Jacobson wurde von Lochner in Wien untergebracht. Um die jüdischen Mitarbeiter zu ersetzen, beorderte AP unter anderem den SA-Mann und AP-Bildjournalisten Franz Roth 1936 von Wien nach Berlin.[81] »It was a case of conforming with the German laws or closing up shop«,[82] beurteilte Lochner die Situation – Schriftleitergesetz oder Schließung. Um sich zu rehabilitieren, musste AP allerdings noch öffentlich zu Kreuze kriechen. Im »Schwarzen Korps« ließ die Agentur zwei Wochen nach den Angriffen bekanntgeben, »daß Hauptschriftleiter, alle Schriftleiter und die Geschäftsleitung bei der Associated Press G.m.b.H. sämtlich arisch sind und [sich] die von uns [d.h. dem ›Schwarzen Korps‹] genannten jüdischen Angestellten nunmehr in gekündigter Stellung befinden«.[83] Um das eigene Wohlverhalten tatkräftig unter Beweis zu stellen, schaltete sich AP auch noch auf deutscher Seite in den medialen Propagandakrieg ein. Unter dem Titel »Wir zerschlagen eine Lüge!« präsentierte die Agentur im »Schwarzen Korps« Fotografien, die einen Bericht der kanadischen Presse über unhaltbare Zustände in einem Frauenarbeitslager Lügen strafen sollten. Die im Layout moderne, mit Bildformaten, Freistellungen und Bild-Schrift-Dynamiken experimentierende Reportage hatte Eitel Lange, später Leibfotograf des Reichsmarschalls, als »Vertreter der amerikanischen Bilderfirma ›Associated Press‹« geliefert.[84] Die einzelnen Bilder sollten als Gegenbeweis zu konkreten Behauptungen des kanadischen Berichts betrachtet werden. Gleichzeitig sind sie Beispiele einer nationalsozialistischen Arbeitsrhetorik in Bild und Text, deren Kernelemente »Arbeit« und »Gemeinschaft« lauteten.[85]
Seit 1935 hatte das Propagandaministerium den Berliner AP-Bilddienst ebenso unter seiner Kontrolle wie die deutschen Bildbüros. Die Agentur hatte das Schriftleitergesetz akzeptiert, und damit drohten auch den Berliner AP-Bildberichtern Berufsverbote, Ehrengerichtsverfahren und Gefängnisstrafen, sollten sie beim Propagandaministerium in Ungnade fallen. Selbstverständlich wurden die deutschen Schriftleiter bei AP im Unterschied zu ihren amerikanischen Kollegen auch nicht interniert, als Deutschland den USA den Krieg erklärte und das Berliner AP-Büro geschlossen wurde. Unabhängig von ihrem Arbeitgeber waren sie durch das Schriftleitergesetz den Interessen der NS-Propaganda verpflichtet – vor Dezember 1941 ebenso wie danach. Männer wie Franz Roth als amerikanische Kriegsberichter in SS-Uniform zu beschreiben ginge also völlig am Geschehen vorbei. Roth produzierte im Grunde deutsche Propagandabilder auf amerikanische Rechnung und auch für den amerikanischen Zeitungsmarkt, sofern die Bilder bei AP und den Redaktionen Anklang fanden.
1935 wurden die Möglichkeiten aller anglo-amerikanischen Bildagenturen zur Berichterstattung aus und über Deutschland entscheidend beschränkt. Das Deutsche Nachrichtenbüro erwarb 1935 die Berliner Niederlassung von Keystone View Inc., und Wide World Photo schloss im selben Jahr ihre Berliner GmbH. Die dritte große Bildnachrichtenagentur, Associated Press, entschied sich gegen eine Schließung ihrer Berliner Tochtergesellschaft. Stattdessen akzeptierte sie das Schriftleitergesetz und gab damit im personellen wie im thematisch-motivischen Bereich erheblichen Einfluss auf die Produktion ihrer Nachrichtenbilder an das Propagandaministerium ab.
Die deutschen Agenturen für (Bild-)Pressepropaganda im Ausland konnten selbst nicht auf den nordamerikanischen Markt vordringen. Auf der anderen Seite waren die Berliner Filialen der anglo-amerikanischen Bildagenturen seit 1935 geschlossen oder verkauft – bis auf AP.[86] Für die NS-Propaganda dürfte AP demnach der entscheidende Kanal zum Austausch von Fotos aus der amerikanischen und der deutschen Bildwelt gewesen sein. Dieser Kanal erwies sich bis Dezember 1941 in beide Richtungen als offen: Die Agentur lieferte amerikanische Bilder, auf deren weitere Nutzung sie, wie in der Branche üblich, keinen Einfluss hatte. Im Reich wurden diese Bilder redaktionell in den antisemitisch-antiamerikanischen Propagandadiskurs integriert und bildeten hier einen wichtigen Bestandteil bei dessen Visualisierung. Über AP ließen sich außerdem wünschenswerte Bilder der deutschen Propaganda in der US-amerikanischen Presse lancieren. Ob diese, wie beispielhaft gezeigt, dort als scheinbar neutrale Nachrichtenbilder oder als Beispiele nationalsozialistischer Propaganda präsentiert wurden – darauf hatten deutsche Stellen keinen Einfluss. Welcher Lesart die amerikanischen Zeitungen folgten, hing vom Zeitpunkt, dem Bildsujet, der Ausrichtung des Blattes und dem jeweiligen Bildredakteur ab. Dass eine propagandistische Intention nicht nur an der erfolgten Zensur und der zensierten Bildunterschrift festzumachen war, sondern bereits der Bildproduktion zugrunde lag, fand generell keine Erwähnung. Es steht zu bezweifeln, dass AP gegenüber seinen Abonnenten die sicher auch damals bereits als skandalös empfundene Tatsache offenlegte, dass viele ihrer Bilder deutscher Provenienz aus der Kamera eines SS-Mannes stammten.[87]
Selbstverständlich existierten in den USA ganz andere diskursive Kontexte, in die die Redakteure und die Zeitungsleser die gedruckten Bilder einspeisen konnten.[88] Keinesfalls ist deshalb von einem pauschalen Propagandatransfer mit entsprechend persuasiven Folgen auszugehen. Trotzdem ist anzunehmen, dass die intuitive Verteilung von Sympathie und Antipathie der amerikanischen Zeitungsleser zumindest kurzfristig nicht unberührt blieb von Bildern, die die Deutschen gewöhnlich als triumphierende Blitzkrieger zeigten, ihre Gegner jedoch als militärisch glücklos, mürrisch und verschlagen. Vor allem aber ist dies eine (Foto-)Geschichte, die gängige Grenzziehungen in Frage stellt.
Anmerkungen:
[1] Für die überaus fruchtbaren Hinweise und Anregungen im Laufe der Begutachtung bin ich Cornelia Brink und Michael Wildt vom wissenschaftlichen Beirat dieser Zeitschrift sowie Annette Vowinckel vom Zentrum für Zeithistorische Forschung zu großem Dank verpflichtet.
[2] Die Bezeichnungen »Bildagentur«, »Bilddienst« und »Bild(nachrichten)büro« werden hier synonym verwendet. Zur zeitgenössischen Terminologie: Willy Stiewe, Bildvertrieb und Weltpresse, in: Gebrauchsfotografie 51 (1944) H. 3/4, S. 21-25. Generell zu den Bildagenturen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland: Diethart Kerbs, Die Epoche der Bildagenturen. Zur Geschichte der Pressefotografie in Berlin von 1900 bis 1933, in: ders./Walter Uka/Brigitte Walz-Richter (Hg.), Die Gleichschaltung der Bilder. Pressefotografie 1930–1936, Berlin 1983, S. 32-73; Bernd Weise, Zur Geschichte der Bildagenturen in Deutschland, in: Wolfgang Streubel (Hg.), Fotovisionen 2000. Neue Bildtechnologien – Neue Perspektiven der Kommunikation zwischen Bildanbieter und Bildnutzer, Berlin 1995, S. 8-13; Anja Fechter/Jürgen Wilke, Produktion von Nachrichtenbildern. Eine Untersuchung der Bilderdienste der Nachrichtenagenturen, in: Jürgen Wilke (Hg.), Nachrichtenproduktion im Mediensystem. Von den Sport- und Bilderdiensten bis zum Internet, Köln 1998, S. 55-119; Matthias Bruhn, Tarife für das Sichtbare. Eine kurze Geschichte der Bildagenturen, in: Fotogeschichte 105 (2007), S. 12-25; Malte Zierenberg, Die Ordnung der Agenturen. Zur Verfertigung massenmedialer Sichtbarkeit im Pressewesen 1900–1940, in: Annelie Ramsbrock/Annette Vowinckel/Malte Zierenberg (Hg.), Fotografien im 20. Jahrhundert. Verbreitung und Vermittlung, Göttingen 2013, S. 44-65.
[3] Arthur von Brietzke, Vor die Linse mußten sie alle…, in: Kerbs/Uka/Walz-Richter, Gleichschaltung der Bilder (Anm. 2), S. 18-31, hier S. 30. Von Brietzke war zwischen 1932 und 1941 Laborchef im Berliner AP-Büro. Auf ungeprüften Passagen dieses Interviews beruht beispielsweise der unzuverlässige Registereintrag zu AP in: Miriam Y. Arani, Fotografische Selbst- und Fremdbilder von Deutschen und Polen im Reichsgau Wartheland 1939–45. Unter besonderer Berücksichtigung der Region Wielkopolska, Bd. 2, Hamburg 2008, S. 824f.
[4] Urhebervermerk unter Bildern und Zeichnungen, in: Deutsche Presse, 9.2.1935, S. 69.
[5] Hier und im Folgenden nach: Josef Ackermann, Heinrich Himmler als Ideologe, Göttingen 1970, S. 212; Peter Witte u.a. (Hg.), Der Dienstkalender Heinrich Himmlers 1941/42, Hamburg 1999, S. 345, S. 381, S. 393, S. 437; Psychagogik, in: Mittelweg 36 15 (2006) H. 2, S. 2-7.
[6] Zu Hinkel vgl. Alan Steinweis, Hans Hinkel and German Jewry, 1933–1941, in: Leo Baeck Institute Year Book 38 (1993), S. 209-219. Zum Stellenwert des Bandes und seiner Fotografien vgl. auch die Einschätzung von Dan Michman, Angst vor den »Ostjuden«. Die Entstehung der Ghettos während des Holocaust, Frankfurt a.M. 2011, S. 72.
[7] Weise, Geschichte der Bildagenturen (Anm. 2), S. 9; Fechter/Wilke, Produktion von Nachrichtenbildern (Anm. 2), S. 59.
[8] Oliver Gramling, AP. The Story of News, New York 1940, S. 328-335; Kent Cooper, Kent Cooper and The Associated Press. An Autobiography, New York 1959, S. 128-140.
[9] Martina Schumacher, Ausländische Nachrichtenagenturen in Deutschland vor und nach 1945, Köln 1998, S. 68; Heidi Mühlenberg, Die Berichterstattung der AP und UP aus dem faschistischen Deutschland bis 1941, in: Theorie und Praxis des sozialistischen Journalismus 14 (1986), S. 400-411, hier S. 404f.
[10] Cooper, Kent Cooper (Anm. 8), S. 140; Joachim Rings, Amerikanische Nachrichtenagenturen, Limburg 1936, S. 30.
[11] Cooper, Kent Cooper (Anm. 8), S. 139.
[12] Weise, Geschichte der Bildagenturen (Anm. 2), S. 9; Lochner an Tochter Betty, 30.4.1933, zit. nach Louis P. Lochner, Round Robins from Berlin. Louis P. Lochner’s Letters to His Children, 1932–1941, in: The Wisconsin Magazine of History 50 (1967), S. 291-336, hier S. 296.
[13] Lochner an Tochter Betty, 30.4.1933, zit. nach Lochner, Round Robins (Anm. 12), S. 296.
[14] Kerbs, Epoche der Bildagenturen (Anm. 2), S. 62.
[15] Ähnlich für den 1935 in Betrieb genommenen Wire-Photo-Service der AP: Zierenberg, Ordnung der Agenturen (Anm. 2), S. 61.
[16] Willy Stiewe, Das Pressephoto als publizistisches Mittel, Leipzig 1936, S. 102.
[17] Zierenberg, Ordnung der Agenturen (Anm. 2), S. 62.
[18] Kerbs, Epoche der Bildagenturen (Anm. 2), S. 63.
[19] Schumacher, Ausländische Nachrichtenagenturen (Anm. 9), S. 69.
[20] Ähnlich: Louis P. Lochner, What about Germany?, New York 1942, S. 148.
[21] Presseanweisung, 20.9.1935, zit. nach NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit. Edition und Dokumentation, 7 Bde., München 1984–2001 (im Folgenden: NSPV), Bd. 3/II, München 1987, S. 601.
[22] Presseanweisung, 12.1.1934, zit. nach NSPV, Bd. 2, München 1985, S. 18.
[23] Presseanweisung, 27.4.1935, zit. nach NSPV, Bd. 3/I, München 1987, S. 244.
[24] Martin Herzer, Auslandskorrespondenten und auswärtige Pressepolitik im Dritten Reich, Köln 2012, S. 60f., S. 183-209; Christoph Kreutzmüller, Britische und amerikanische Zeitungsberichte über die Judenverfolgung in Berlin 1918–1938, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 62 (2014), S. 25-48, hier S. 26-30.
[25] Günther Beukert, Als Bildjournalist in der »Reichskristallnacht«, in: Kerbs/Uka/Walz-Richter, Gleichschaltung der Bilder (Anm. 2), S. 191ff.
[26] Ebd., S. 193.
[27] Rudolf Herz, Hoffmann & Hitler. Fotografie als Medium des Führer-Mythos, München 1994, S. 54ff.; Hauptreferat Bildpresse an Abteilungsleiter Personal, 19.4.1940, Bundesarchiv (im Folgenden: BArch), R 55/904, Bl. 9-9v.
[28] Presseanweisung, 9.9.1937, zit. nach NSPV, Bd. 5/III, München 1998, S. 732.
[29] Presseanweisung, 21.2.1938, zit. nach NSPV, Bd. 6/I, München 1999, S. 187.
[30] Bildpresse-Zensur-Dienstbuch, BArch, R 55/21777, passim.
[31] Hauptreferat Bildpresse, Zur Frage der Bezahlung des Kriegsbildmaterials, 24.9.1939, BArch, RW 4/288, Bl. 74ff., hier Bl. 75v.
[32] Hauptreferat Bildpresse an Abteilungsleiter Haushalt, Abgaben aus dem Erlös von Kriegsbildberichten, 29.4.1940, BArch, R 55/904, Bl. 4-7. Das Gesamtvolumen der in den ersten sieben Kriegsmonaten ins Ausland verschickten Bildvorlagen wird hier mit 622.266 beziffert.
[33] War in Pictures. Germans beat British-French in First Week of Propaganda, in: Life, 18.9.1939, S. 15; Greatest War Pictures show German Bomb Raid on the Firth of Forth, in: Life, 27.11.1939, S. 21; England answers Great German War Photos with First Propaganda Film, in: Life, 11.12.1939, S. 69.
[34] Jorge Lewinski, The Camera at War. A History of War Photography from 1848 to the Present Day, New York 1978, S. 93-105.
[35] Pictures We Should Like to Publish, in: Picture Post, 4.11.1939, S. 14f.; Robert W. Desmond, Tides of War. World News Reporting 1931–1945, Iowa City 1984, S. 92.
[36] British Papers Ask in Vain for Pictures of our own Troops or the French in Action… but the Ministry of Information Approves Hundreds of [German] Pictures such as these, in: Picture Post, 30.9.1939, S. 16f. Auch die »Times« beklagte den deutschen Bildvorsprung, was wiederum die deutsche Militärpropaganda als Erfolg verbuchte. Vgl. OKW/WPr., Wehrmacht-Propaganda-Lagebericht für die Zeit vom 1.4. bis 15.4.1940, 20.4.1940, BArch, RW 4/245, Bl. 263-266v, hier Bl. 266v.
[37] Ähnlich: Lewinski, Camera at War (Anm. 34), S. 97.
[38] Janina Struk, Photographing the Holocaust. Interpretations of the Evidence, London 2004, S. 30. Radcliffes unter dem Titel »Photographs as News« verfasster Bericht datiert von Juli 1941.
[39] Daniel Uziel, The Propaganda Warriors. The Wehrmacht and the Consolidation of the German Home Front, Oxford 2008.
[40] Wie Anm. 31, hier Bl. 74-74v.
[41] Der Befund beruht auf einer Auswertung folgender Zeitungen zwischen 1933 und 1945: Constitution (Atlanta), Boston Globe, Chicago Tribune, Los Angeles Times, New York Times, Washington Post.
[42] Zit. nach Struk, Photographing the Holocaust (Anm. 38), S. 30.
[43] Michaela Hoenicke Moore, Know Your Enemy. The American Debate on Nazism 1933–1945, Cambridge 2010, S. 41-77.
[44] Susan D. Moeller, Shooting War. Photography and the American Experience of Combat, New York 1989, S. 159.
[45] Hoenicke Moore, Know Your Enemy (Anm. 43), S. 41; Christopher B. Daly, Covering America. A Narrative History of a Nation’s Journalism, Amherst 2012, S. 249.
[46] Barbie Zelizer, Remembering to Forget. Holocaust Memory through the Camera’s Eye, Chicago 1998, S. 16-30, hier S. 29.
[47] Germans Say These Belgian Fighters Surrendered, in: Washington Post, 15.5.1940, S. 9.
[48] Washington Post, 6.9.1939, Titel; Chicago Tribune, 6.9.1939, S. 34.
[49] Washington Post, 5.6.1940, Titel.
[50] Washington Post, 11.9.1939, S. 19.
[51] Hitler’s Arrival for Danzig Speech, in: Washington Post, 21.9.1939, S. 12; Nazis in Malmedy, in: Washington Post, 21.5.1940, S. 10; Nazis Welcomed in Captured Town, in: Boston Globe, 3.7.1941, S. 4.
[52] Russian Amazons, in: Los Angeles Times, 20.7.1941, S. A5; Russian Women Captured, in: Washington Post, 23.7.1941, S. 4; Women War Prisoners, in: Washington Post, 6.8.1941, S. 2. Zum deutschen Feindbild »Flintenweib« vgl. Peter Jahn (Hg.), Mascha + Nina + Katjuscha. Frauen in der Roten Armee 1941–1944, Berlin 2002, S. 50-65.
[53] Von Brietzke, Vor die Linse (Anm. 3), S. 26.
[54] Zum Film vgl. Haus der Geschichte Baden-Württemberg (Hg.), »Jud Süß« – Propagandafilm im NS-Staat, Stuttgart 2007; Alexandra Przyrembel/Jörg Schönert (Hg.), »Jud Süß«. Hofjude, literarische Figur, antisemitisches Zerrbild, Frankfurt a.M. 2006.
[55] Die Vertreibungsbilder waren zuvor ohne Urhebervermerk in der deutschen Besatzungszeitung des Generalgouvernements erschienen: Auszug der Juden aus der deutschen Stadt Krakau, in: Warschauer Zeitung, 18./19.8.1940, o.S. In dem ausgewerteten Korpus der US-amerikanischen Presse (vgl. Anm. 41) ließen sich die Bilder nicht nachweisen.
[56] Die Leichenfunde führten hier und andernorts zu Pogromen, denen in Lemberg vermutlich rund 4.000 Juden zum Opfer fielen. Vgl. Hamburger Institut für Sozialforschung (Hg.), Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941–1944. Ausstellungskatalog, Hamburg 2002, S. 94-99; John-Paul Himka, The Lviv Pogrom of 1941. The Germans, Ukrainian Nationalists, and the Carnival Crowd, in: Canadian Slavonic Papers 53 (2011) H. 2-4, S. 209-243; Grzegorz Rossoliński-Liebe, Der Verlauf und die Täter des Lemberger Pogroms vom Sommer 1941. Zum aktuellen Stand der Forschung, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 22 (2013), S. 207-243.
[57] Franz Roth, Reporter, unveröffentlichtes Manuskript, ca. 1942/43, S. 34, Nachlass Franz Roth, Bad Münstereifel. Eine Kopie des Manuskripts ist im Bundesarchiv-Militärarchiv überliefert (BArch, RS 16/16). Ich danke Dr. Tuya Roth (Bonn) herzlich für den Hinweis auf dieses Zitat.
[58] Vgl. z.B.: Das sind Churchills Bundesgenossen… und ihre Taten, in: Berliner Illustrierte Zeitung, 17.7.1941, S. 764f.
[59] Eintrag im Bildpresse-Zensur-Dienstbuch, 7.7.1941, BArch, R 55/21777, S. 161.
[60] Berliner Morgenpost, 8.7.1941, Titel; Berliner Illustrierte Nachtausgabe, 8.7.1941, S. 8; Völkischer Beobachter, 9.7.1941, S. 3; Das kleine Blatt [Wien], 9.7.1941, Titel; Tages-Post [Linz], 9.7.1941, S. 2; Rheinsberger Zeitung, 9.7.1941, Titel; Krakauer Zeitung, 10.7.1941, o.S.; Das sind die Moskauer ›Kulturträger‹!, in: Litzmannstädter Zeitung, 10.7.1941.
[61] Kulturträger der Weltrevolution, in: Die Wochenschau, 16.7.1941, S. 8; Das sind Churchills Bundesgenossen… und ihre Taten, in: Berliner Illustrierte Zeitung, 17.7.1941, S. 764f.; Stalins Elite, in: Neue IZ, 22.7.1941, S. 674; Wenn das nicht zieht…, in: Das Schwarze Korps, 7.8.1941, S. 8; Ilustrowany Kurjer Polski, 21.6.1942, Titel, URL: <http://muzeum-zamojskie.pl/z/karta2/karta3.php?id=5988>.
[62] Parole der Woche, 17.–23.9.1941, faksimiliert in: Franz-Josef Heyen (Hg.), Parole der Woche. Eine Wandzeitung im Dritten Reich 1936–1943, München 1983, S. 93.
[63] Der Untermensch, hg. vom Reichsführer SS/SS-Hauptamt, Berlin o.J. [1942], o.S.
[64] Heinz Boberach (Hg.), Meldungen aus dem Reich 1938–1945. Die geheimen Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS, Bd. 7, Herrsching 1987, S. 2546f. (21.7.1941).
[65] Protokoll der Ministerkonferenz, 5.7.1941, zit. nach Willi A. Boelcke (Hg.), Wollt Ihr den totalen Krieg? Die geheimen Goebbels-Konferenzen, Herrsching 1989, S. 183.
[66] Zu Franz Roth vgl. Rolf Sachsse, Die Erziehung zum Wegsehen. Fotografie im NS-Staat, Dresden 2003, S. 294f.
[67] Wie Anm. 31, hier Bl. 74.
[68] Personalabteilung an Ministerialdirektor Dr. Naumann, Parteigenosse Franz Roth, 2.4.1943, BArch, R 55/214, Bl. 39-39v. Auch die anderen beiden deutschen AP-Fotografen, Gerd Baatz und Eric Borchert, waren zumindest zeitweilig zur Propagandatruppe einberufen. Vgl. AP, Corporate Archives, Oral History Program, Interview Rudolph Josten, 4.12.2004, S. 22f.; Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (Wentscher) an OKW/WPr. (von Wedel): »Zusätzlicher Berichtereinsatz«, 7.9.1939, BArch, RW 4/185, Bl. 98f.
[69] Constitution, 24.7.1941, S. 4; Los Angeles Times, 25.7.1941, S. 1B.
[70] Hans Ernst Albert Schmidt-Leonhardt/Peter Gast, Das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 nebst einschlägigen Bestimmungen, Berlin 1934, S. 23-33.
[71] Ebd., S. 53.
[72] Laurel Leff, Buried by the Times. The Holocaust and America’s Most Important Newspaper, Cambridge 2005, S. 53f.
[73] Schreiben des Verbands Deutscher Presse-Illustrationsfirmen e.V. an den Reichspräsidenten, 15.3.1933, abgedruckt in: Stiewe, Pressephoto (Anm. 16), S. 104f.; Lochner an Tochter Betty, 30.4.1933, zit. nach Lochner, Round Robins (Anm. 12), S. 294; Kerbs, Epoche der Bildagenturen (Anm. 2), S. 66.
[74] Lochner an Tochter Betty, 30.4.1933, zit. nach Lochner, Round Robins (Anm. 12), S. 296.
[75] Gramling, AP (Anm. 8), S. 462; Lochner an Tochter Betty und Sohn Robert, 18.4.1938, zit. nach Lochner, Round Robins (Anm. 12), S. 322; Nazis in Vienna hold 3 Newspaper Men, in: New York Times, 17.3.1938, S. 8. Lochner selbst blieb bis zur deutschen Kriegserklärung auf seinem Posten. Er wurde nach der Schließung des AP-Büros mit anderen US-Amerikanern in Bad Nauheim interniert und im Mai 1942 gegen deutsche Korrespondenten und Diplomaten ausgetauscht, die in den USA festgesetzt worden waren. Für seine Berichterstattung aus Deutschland hatte er 1939 den Pulitzer-Preis erhalten.
[76] Reichsausschuß der Bildberichterstatter, in: Deutsche Presse, 12.1.1935, S. 24.
[77] Weltbild-Anzeige, in: Deutsche Presse, 27.4.1935, o.S.; Stiewe, Pressephoto (Anm. 16), S. 107. Pläne zur Einrichtung eines Bilddienstes bestanden beim DNB bereits mindestens seit Juli 1934. Vgl. Kurzbein an Herrn Staatssekretär [Walther Funk], Propaganda durch Bilder, 4.7.1934, BArch, R 55/297, Bl. 15f. Keystones Europachef, Bert Garai, ein langjähriger Bekannter Heinrich Hoffmanns und nach eigenem Bekunden das erste ausländische Parteimitglied der NSDAP, datiert den Verkauf rückblickend fälschlich auf 1937. Vgl. Bert Garai, The Man from Keystone, London 1965, S. 88ff., S. 177.
[78] Ein ausländischer Bildberichterstatter ausgewiesen, in: Deutsches Nachrichtenbüro, 15./16.5.1935 [Nachtausgabe], Bl. 3. Vgl. auch: Völkischer Beobachter, 17.5.1935, Titel.
[79] Protokoll der Bildpressekonferenz, 20.5.1935, BArch, R 55/20969, Bl. 58.
[80] Jetzt aber herunter mit der Tarnkappe, in: Das Schwarze Korps, 14.8.1935, S. 7.
[81] Franz Roth, Lebenslauf [Anlage zur SS-Aufnahme und Verpflichtungsschein], 25.9.1942, BArch, SSO Franz Roth.
[82] Lochner, What about Germany? (Anm. 20), S. 91.
[83] Wir zerschlagen eine Lüge!, in: Das Schwarze Korps, 28.8.1935, S. 10f.
[84] Ebd.
[85] Harriet Scharnberg, Arbeit und Gemeinschaft. Darstellungen »deutscher« und »jüdischer« Arbeit in der NS-Bildpropaganda, in: Marc Buggeln/Michael Wildt (Hg.), Arbeit im Nationalsozialismus, München 2014, S. 165-186.
[86] Der amerikanische Hearst-Konzern, der die Dienste International News Service (INS) und International News Photos (INP) betrieb, verfügte mit dem als Schriftleiter eingetragenen Georg Pahl bis 1941 über einen Bildberichter in Berlin. Vgl. Kerbs/Uka/Walz-Richter, Gleichschaltung der Bilder (Anm. 2), S. 124.
[87] Ein exemplarischer Motivvergleich zwischen amerikanischen Zeitungsbildern (wo die Namen der Fotografen nicht genannt waren) und Roth zugeschriebenen Fotografien zeigt, dass Roths »Typenbilder« kein Einzelfall waren. Vgl. z.B. jeweils: Germans Catch a Sniper, in: Los Angeles Times, 10.7.1941, S. 1B, und: Charles Trang, Kriegsberichter Franz Roth, Bayeux 2008, S. 51; Russian Tank Undergoes a German Inspection, in: New York Times, 3.7.1941, S. 3, sowie Chicago Tribune, 13.7.1941, S. G6, und: Trang, Kriegsberichter, S. 43; Nazis Welcomed in Captured Town, in: Boston Globe, 3.7.1941, S. 4, sowie Chicago Tribune, 3.7.1941, S. 32, und: Lemberg umjubelt die deutschen Truppen, in: Illustrierter Beobachter, 24.7.1941, o.S.
[88] Anna Banks, Images Trapped in Two Discourses: Photojournalism Codes And the International News Flow, in: Journal of Communication Inquiry 18 (1994) H. 1, S. 118-134.
Anm. der Red., 11./12.5.2017:
Dieser Aufsatz hat bereits im vergangenen Jahr ein breites internationales Echo gefunden. Jetzt hat Associated Press eine rund 160-seitige Studie veröffentlicht, in der die Agentur die Vorgänge des deutsch-amerikanischen Bildtransfers aus ihrer Sicht darstellt. In diesem Zusammenhang sind auch ausgewählte Dokumente aus dem AP-Archiv online zugänglich. Die Studie und das Quellenmaterial finden sich hier, eine kurze Stellungnahme von Harriet Scharnberg gibt es hier.
Weitere Anm. der Red., 12.10.2017:
Zum 25-jährigen Jubiläum des Zentrums für Zeithistorische Forschung hat der Verein der Freunde und Förderer erstmals einen Zeitgeschichte-digital-Preis vergeben. Ausgezeichnet wurde zum einen Harriet Scharnberg für ihren vorstehenden Aufsatz. Ebenfalls ausgezeichnet wurde Gerhard Paul für einen Beitrag auf dem Portal Visual History. Den Leserinnen und Lesern der »Zeithistorischen Forschungen« ist Gerhard Paul natürlich auch kein Unbekannter – seine Aufsätze für diese Zeitschrift können Sie hier nachlesen. Eine Presseinformation zur Preisverleihung gibt es hier. Herzlichen Glückwunsch!
Zum Weiterlesen:
Norman Domeier, Geheime Fotos. Die Kooperation von Associated Press und NS-Regime (1942–1945) (ZF 2/2017)