Gemeinsame oder getrennte Wege?

Kontakte zwischen Polen und Westdeutschland zur justiziellen Aufarbeitung von NS-Verbrechen bis zum Beginn der 1970er-Jahre

  1. Strafverfolgung von NS-Verbrechen durch spezialisierte Justizbehörden in Polen und der Bundesrepublik Deutschland
  2. Kooperation und Konflikt: Die juristische Zusammenarbeit
  3. Fazit

Anmerkungen

Es liegt nahe, das Rechtssystem der sozialistischen Staaten Ost(mittel)europas vor 1989/91 als inhaltsleere Hülse zu betrachten, als Werkzeug zur Legitimation der Regierungsmacht oder als Kampfinstrument gegen ideologische Feinde diesseits und jenseits der eigenen Grenzen. Belege dafür liefern sowohl die Gesetzestexte selbst, welche die staatssozialistische Herrschaftsordnung stützten, als auch die beträchtliche Kluft zwischen den offiziell geltenden Normen (z.B. Menschenrechte, Redefreiheit) und den tatsächlich praktizierten Maßnahmen (z.B. Bestrafung der politischen Gegner).1 Gleichwohl lässt sich das staatssozialistische Recht nicht auf seine repressive oder propagandistische Seite reduzieren. Bei näherer Betrachtung sind innerhalb des auf den ersten Blick monolithisch erscheinenden Gebildes durchaus Brüche, Uneindeutigkeiten und Handlungsspielräume zu erkennen, die von juristischen Akteuren geschaffen und genutzt wurden.

Der vorliegende Aufsatz thematisiert diese pragmatische und flexible Ebene des Rechts anhand der westdeutsch-polnischen Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung von NS-Verbrechen nach 1945.2 Analysiert werden die Kontakte zwischen der sogenannten Hauptkommission zur Erforschung der deutschen bzw. »hitleristischen« Verbrechen in Polen (Główna Komisja Badania Zbrodni Niemieckich/Hitlerowskich w Polsce) und der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg (sowie weiteren westdeutschen Behörden).3 Die beiden Institutionen arbeiteten trotz der politisch-ideologischen Konfrontation des Kalten Krieges ab den 1960er-Jahren eng zusammen, obwohl sie konzeptionell wie praktisch tief in den jeweils eigenen Rechtssystemen verwurzelt blieben. Im Folgenden wird untersucht, wie das Verständnis von Recht auf der einen und sein konkreter Inhalt auf der anderen Seite die grenz- und blocküberschreitende Kooperation beeinflussten. Gefragt wird ferner, inwieweit beide Institutionen dazu bereit waren, sich auf die juristische Logik und Arbeitsweise der Gegenseite einzulassen und diese als gleichberechtigt wahrzunehmen. Dies wird anhand der Begrifflichkeiten geprüft, welche die westdeutsch-polnische Zusammenarbeit bei der Aufarbeitung von NS-Verbrechen prägten, vor allem denjenigen der Rechtshilfe und Rechtsstaatlichkeit.4 Die begriffliche Ebene wird durch die Untersuchung der praktischen Kooperation erweitert. Damit wird der Fokus auch auf die Schwierigkeiten der Übersetzung juristischer Terminologien gelegt sowie auf Missverständnisse und Empfindlichkeiten, informelle Handlungsräume und bürokratische Verfahrensvorschriften.

Besonders das Quellenmaterial der Zentralen Stelle über die Dienstreisen und Kontakte beider Einrichtungen in den 1960er-Jahren sowie gegenseitige Korrespondenz liefern etliche Anhaltspunkte, die die Grenzen »trockener« juristischer Berichterstattung überschreiten. Auch die im Rahmen des vorliegenden Aufsatzes verwendeten Berichte der polnischen Hauptkommission aus den 1940er-Jahren, geprägt durch den Übergangscharakter der direkten Nachkriegszeit, bieten eine Basis für die folgende Reflexion. Dabei wird sich zeigen, dass es in der justiziellen Aufarbeitung gemeinsame und getrennte Wege gab – vor allem aber mehr Kontakt und Kommunikation, als dies auf den ersten Blick zu vermuten wäre.

1. Strafverfolgung von NS-Verbrechen durch spezialisierte Justizbehörden in Polen und der Bundesrepublik Deutschland

1.1. Die polnische Hauptkommission. Die Aufarbeitung der NS-Verbrechen begann in Polen noch während des Zweiten Weltkrieges und war untrennbar mit dem Vormarsch der Roten Armee verknüpft. Einen ersten Anlauf stellte die Polnisch-Sowjetische Kommission zur Untersuchung der Verbrechen in Majdanek im Jahr 1944 dar; im März 1945 trat zudem eine Kommission zur Untersuchung der Verbrechen in Auschwitz zusammen, und zum Monatsende wurde die Hauptkommission zur Erforschung der deutschen Verbrechen in Polen eingerichtet. Bis November 1945 existierte die Hauptkommission ohne rechtliche Basis, was sich in der Praxis bald als Problem entpuppte. Zudem war sie im Machtkreis des Präsidiums des Landesnationalrates (Krajowa Rada Narodowa) angesiedelt, wurde im Juli desselben Jahres allerdings auch dem Justizministerium untergeordnet; ihr Vorsitzender war der Justizminister. Dem Auftrag und den Befugnissen nach handelte es sich um eine »Mischbehörde«. Zu Beginn als »gesellschaftliche« Einrichtung gedacht, die historiographische und propagandistische Zwecke verfolgen sollte, sah sie sich ziemlich schnell mit rechtlichen Fragen konfrontiert, musste also juristische Fachleute hinzuziehen.

Der hybride Charakter der Behörde spiegelte sich auch in ihrer personellen Zusammensetzung wider. Bei der ersten Sitzung der Hauptkommission am 8. Mai 1945 wurde der stellvertretende Ministerpräsident der Provisorischen Regierung der Nationalen Einheit (Tymczasowy Rząd Jedności Narodowej) Stanisław Janusz zum Vorsitzenden gewählt, flankiert durch zwei Minister als stellvertretende Vorsitzende: Henryk Świątkowski (Justizminister) und Wincenty Rzymowski (Außenminister). Als dritte Stellvertreterin wurde die Schriftstellerin Zofia Nałkowska gewählt, als vierter Jerzy Kornacki, Direktor des Instituts des Nationalen Gedenkens.5 Die eigentlichen Mitarbeiter wurden auf der zweiten Sitzung der Hauptkommission am 14. Mai ernannt. Auf der langen Liste finden wir unter anderem die Namen von Jerzy Sawicki und Jan Sehn – zwei Juristen, die das (Straf-)Recht Nachkriegspolens und die Aufarbeitung der NS-Verbrechen im bi- wie multilateralen Kontext fortan prägten.6 Am 17. Mai wurde schließlich eine Verordnung über die Hauptkommission ver­abschiedet, welche die Arbeitsinhalte, Tätigkeitsbereiche sowie den Beteiligtenkreis festlegte, allerdings keine Gesetzeskraft besaß.7

Auf Grundlage dieser Verordnung, die als Voraussetzung für die Mitgliedschaft »die tatsächliche Fähigkeit zur Zusammenarbeit« festlegte,8 ist anzunehmen, dass unter den Kommissionsmitgliedern vorrangig Befürworter der neuen Macht vertreten waren. Doch eindeutige Zuordnungen lassen sich für diesen Zeitraum nur bedingt vornehmen: Polen befand sich im Nachkriegschaos, die Machtstrukturen zeichneten sich erst allmählich ab. Zudem sollte es noch einige Jahre dauern, ehe der neue Machtapparat über eigene, nach dem Krieg ausgebildete Unterstützer und systemkonforme Parteigänger im Justizwesen verfügte. In der direkten Nachkriegszeit gab es etliche Richter, deren Ausbildung und berufliche Sozialisation in der Zwischenkriegszeit erfolgt war, was eine gewisse Resistenz gegen Ideologisierungs- und Vereinnahmungsversuche vermuten lässt.9 Kurzum: Die Tätigkeit der beteiligten Juristen für das neue Regime musste sich nicht zwangsläufig auf ihre fachliche Orientierung oder Arbeitsweise auswirken.

Die Hauptkommission sammelte Materialien und recherchierte zu den deutschen Verbrechen an Polen im In- und Ausland sowie an Bürgern sonstiger Staaten, die sich während des Krieges auf polnischem Gebiet befunden hatten. Polnische Juden waren mitgemeint, wurden aber – was für die Zeit der Volksrepublik Polen charakteristisch ist – nicht ausdrücklich als solche genannt.10 In der erwähnten Verordnung vom 17. Mai 1945 wurde ein klarer Anspruch auf »höchste Genauigkeit und Objektivität« bei der Durchführung der Aufgaben gestellt, mit dem Ziel, die »Realität treu zu rekonstruieren«. Dies sollte in Anwendung des polnischen Strafgesetzbuches geschehen.11 Bei der Sitzung der Hauptkommission am 25. Juli 1945 gab der Justizminister vor, die »deutschen Verbrechen sollen so festgehalten werden, dass die künftigen Generationen über authentische Quellen verfügen. Denn man soll bedenken, dass die Deutschen, die jetzt schon die Spuren ihrer verbrecherischen Tätigkeit verwischen wollen, künftig die von der Kommission gesammelten Beweise in Frage stellen werden.«12 Aus beiden Zitaten geht hervor, dass rechtsförmige Verfahren die für eine Bestrafung nötige Legitimität verstärken sollten. Interessanterweise taucht dieser Gedanke in dem Dekret über die Hauptkommission vom 10. November, das deren Existenz endgültig rechtlich regulierte, nicht mehr auf.13 Stattdessen wurden dort – im Unterschied zur Verordnung vom Mai 1945 – die eigenen richterlichen Befugnisse der Hauptkommission eindeutig dargestellt: »Die Hauptkommission und die Kreiskommissionen sowie die von ihnen festgelegten Organe haben das Recht, Ermittlungen durchzuführen, Zeugen zu vernehmen und wenden dabei die entsprechenden Vorschriften des Strafgesetzbuches an. Zur Ausführung dieser Tätigkeiten verfügen sie über die Befugnisse der Justizbehörden. Die von den Mitgliedern der Haupt- und Kreiskommissionen, die über staatsanwaltliche und richterliche Qualifikationen verfügen, durchgeführten Tätigkeiten haben die Kraft gerichtlicher Tätigkeiten unddie Protokolle die Kraft richterlicher Protokolle.«14

Für beide Dokumente galt zudem, dass die Veröffentlichung und Verbreitung der von der Kommission gesammelten Materialien sowohl in Polen als auch im Ausland als besondere Aufgaben gesehen wurden.15 Wenngleich die Veränderung im Dekret vom 10. November zunächst den Verdacht einer zunehmenden Ignoranz oder Gleichgültigkeit gegenüber der Verfahrensgenauigkeit der Warschauer Behörde nahelegt, ist dieser Schluss nicht zwangsläufig. Fast 15 Jahre später, bei der Kontaktaufnahme zwischen Warschau und Ludwigsburg, konstatierte ein westdeutscher Staatsanwalt, nachdem er die polnischen Prozessakten aus den Verfahren der 1940er-Jahre gesichtet hatte: »Aus den mir vorgelegten Auswahlbänden, insbesondere aber aus den vollständigen Prozessakten […] konnte ich entnehmen, daß die in den Verfahren durchgeführten Untersuchungen selbst in den Jahren 1946/47 durchweg rechtsstaatlichen Gesichtspunkten entsprachen und hinsichtlich der Durchführungsart mit dem deutschen Strafprozeßrecht im Einklang standen. Es fiel mir auf, daß die Angeklagten in ihrem Recht auf Verteidigung, rechtliches Gehör und Einlegung von Rechtsmitteln nicht beschränkt waren. […] Allein bei der Beweisführung lassen die Urteilsgründe nicht immer erkennen, weshalb das Gericht von der Richtigkeit der Aussage eines Belastungszeugen überzeugt war und diese zum Gegenstand des Urteilsspruchs gemacht hat.«16

Aus diesem Zitat lassen sich zwei Beobachtungen ableiten: Die westdeutsche Seite stellte erstens die Rechtsstaatlichkeit des polnischen Vorgehens auf der Grundlage des eigenen, also deutschen Strafprozessrechts fest; ein Punkt, der sich auch während der intensiven Kontakte der 1960er-Jahre immer wieder – wenn auch in unterschiedlicher Form – durch die westdeutsch-polnischen Gespräche zog. Zweitens erweckte der Eindruck einer nicht nachvollziehbaren Beweiswürdigung bei dem bundesdeutschen Staatsanwalt keine prinzipiellen Zweifel, obwohl gerade dieser Aspekt einen Anhaltspunkt hätte bieten können, um die rechtsstaatliche Verfahrensweise der Hauptkommission und anderer polnischer Behörden in Frage zu stellen.

Alles in allem war die Arbeit der Hauptkommission in den ersten Jahren ihres Bestehens von einer auffallenden Intensität geprägt, insbesondere vor dem Hintergrund ihrer knappen personellen wie finanziellen Ressourcen. Gleichzeitig war diese Arbeit aber auch wenig strukturiert. Über wichtige Ermittlungserfolge entschied oft der Zufall, etwa wenn wichtige Dokumente aus der Besatzungszeit erst kurz vor dem drohenden Altpapier-Abtransport gesichert wurden.17 Die eher unsystematisch, dafür aber massenhaft und binnen kürzester Zeit gesammelten Materialien dienten als eine der Grundlagen für den ersten Nürnberger Prozess. An mehrere Orte in Polen schickten die Mitarbeiter der Hauptkommission ausführliche Umfragen, um sich möglichst schnell einen Überblick zum Ausmaß der Verbrechen sowie Wissen über konkrete Tatorte (auch zwecks Exhumierung und Durchführung von Forschungsarbeiten) zu verschaffen. Wie sich später erwies, hatten diese Umfragen jedoch nur geringen juristischen Wert – sie ließen sich als Beweise nicht verwenden. Zur Zeit ihrer Durchführung spielten sie aber zusätzlich zu den genannten Gründen eine gewissermaßen therapeutische Rolle auf polnischer Seite, um einerseits über die erlittenen Verbrechen schreiben zu können und andererseits die Hoffnung auf eine Bestrafung der Täter zu artikulieren.

Anfangs war die Hauptkommission vielfach dem Chaos der Übergangszeit aus­gesetzt:18 Etliche Dokumente wurden gestohlen oder durch andere Instanzen zweckentfremdet. So erschwerte oder verhinderte die Präsenz der sowjetischen Armee auf dem Gelände von Auschwitz-Birkenau mit dem von ihr erhobenen Anspruch auf alleinige Entscheidungsmacht und den für Außenstehende nicht nachvollziehbaren Anforderungen eine gründliche Dokumentationsarbeit. Dies hatte zur Folge, dass den Mitarbeitern der Kommission der Zugang zu wichtigen Orten des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers teilweise verweigert und die Recherche behindert wurde.19 Dennoch führte die Hauptkommission an vielen Orten Polens ihre Arbeit durch und war auch öffentlich präsent. Im Radio wurden wöchentlich Berichte über die NS-Verbrechen ausgestrahlt. Bei der Masse an Dokumenten, die die Kommission sammelte und auswertete, lässt sich ihre Arbeit zwar als historiographisch einordnen, musste aufgrund der beabsichtigten Aufklärung und Strafverfolgung der Verbrechen jedoch immer aus einer juristischen Perspektive erfolgen. Das Archiv der Hauptkommission wurde und wird dementsprechend gleichermaßen als Fundgrube für Juristen, Historiker, Politiker und Psychologen eingeschätzt.20 Sicherlich: Die Funktion der Kommission im politischen Kontext der jungen Volksrepublik Polen darf auf keinen Fall übersehen werden. Durch die Nähe zum Zentrum der Macht, den propagandistischen Auftrag sowie die Beteiligung an den wichtigsten Prozessen gegen NS-Verbrecher in der Nachkriegszeit stabilisierte die Hauptkommission immer auch das herrschende politische System und verstärkte dessen Legitimität.21

1.2. Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung der NS-Verbrechen. In Deutschland begann die strafrechtliche Verfolgung der NS-Verbrechen völlig anders als in Polen. Zuerst wurde sie in Abwesenheit eines handlungsfähigen deutschen Staates von den Alliierten übernommen. Ab 1949 wurden, bedingt durch die jeweilige politische Konstellation, unterschiedliche Modelle und Wege der (Nicht-)Ahndung von NS-Verbrechen in der DDR und der Bundesrepublik praktiziert.22 Im Dezember 1958, 13 Jahre später als die polnische Hauptkommission, wurde die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg gegründet. Nach einem Stillstand der Aufarbeitung zu Beginn der 1950er-Jahre mehrten sich gegen Ende der Dekade nationale wie internationale Stimmen, die einen wachsenden Druck auf Bonn ausübten, die seit der wiedererlangten Souveränität weitgehend ruhende Ahndung der NS-Verbrechen wieder aufzunehmen.23 Dabei handelte es sich nicht nur um osteuropäische Forderungen, obschon die Rolle der »Blutrichter«-Kampagnen oder »Braunbücher« nicht zu unterschätzen ist. Einen bahnbrechenden Moment stellte in diesem Zusammenhang vielmehr der Ulmer Einsatzgruppen-Prozess von 1958 dar, der die von Gestapo-, SD- und Ordnungspolizeiangehörigen in Litauen verübten Verbrechen ans Licht brachte. Durch die massive mediale Berichterstattung fand er eine breite öffentliche Resonanz und verstärkte Forderungen nach einer Bestrafung auch anderer, bislang ungeahndeter Verbrechen.24

Wenige Monate später, im Herbst 1958, fiel der Entschluss der Landesjustizministerkonferenz, eine länderübergreifende Vorermittlungsbehörde ins Leben zu rufen, die sich schwerpunktmäßig mit der Aufklärung von KZ- und Einsatzgruppenverbrechen in den vom nationalsozialistischen Deutschland besetzten Ostgebieten befassen sollte. Angesiedelt wurde die neue Institution in Ludwigsburg in Baden-Württemberg.25 Zu ihrem ersten Leiter wurde der Staatsanwalt Erwin Schüle ernannt, der sich bereits beim Ulmer Einsatzgruppenprozess hervorgetan hatte.26 Ein wichtiges Element für das Verständnis der Arbeitsweise der Zentralen Stelle ist die Tatsache, dass sie ganz und gar in das föderale System der Bundesrepublik eingebunden, d.h. allein der baden-württembergischen Landesjustizverwaltung zugeordnet war. In der Praxis war sie aber gleichzeitig von der Zusammenarbeit mit den anderen Landesjustizverwaltungen und Staatsanwaltschaften der jeweiligen Bundesländer abhängig.

Das hinter der Gründung der Zentralen Stelle stehende Dokument war, juristisch betrachtet, ähnlich unauffällig wie die Verordnung über die polnische Hauptkommission, nämlich eine Vereinbarung zwischen den Landesjustizverwaltungen.27 Völlig anders gestaltete sich aber das die Ludwigsburger Behörde umgebende gesellschaftspolitische Klima. Zwar unterstützten zahlreiche Stimmen die Gründung einer solchen Einrichtung. Die vehemente Gegnerschaft innerhalb der bundesdeutschen Justiz und eine Ablehnung selbst durch die Ludwigsburger Bürger erschwerten jedoch die Arbeit.28

Was die Kompetenzen der Zentralen Stelle angeht, so hat Annette Weinke in ihrer Monographie treffend von einer »Rumpfbehörde« gesprochen, die dennoch effektiv gearbeitet habe.29 Ihr Gegenstand war die Untersuchung und Aufklärung von Tötungsverbrechen in den vom »Dritten Reich« annektierten oder besetzten osteuropäischen Staaten.30 Sie verfügte über keine Exekutivbefugnisse und durfte nur Vorermittlungen durchführen. Diese stützten sich entweder auf einen Anfangsverdacht oder auf die Nürnberger Dokumente. Den ersten Schritt stellte die umfassende historische Sachaufklärung großer Tatkomplexe dar, den zweiten die Entscheidung, welche Fälle zwecks Einleitung eines förmlichen Ermittlungsverfahrens an die Staatsanwaltschaften übergeben werden sollten. Die Mitarbeiter setzten sich dabei mit den jeweiligen Verantwortlichkeiten, Handlungsspielräumen und Motiven der Tatbeteiligten auseinander, sodass sie ähnlich wie die Ermittler der Warschauer Hauptkommission historische Grundlagenarbeit leisteten. Während die Hauptkommission dem polnischen Recht verpflichtet war, hatte die Zentrale Stelle dem bundesdeutschen Strafgesetzbuch zu folgen. Sie musste also, um etwa zu einer Strafbarkeit wegen Mordes (§ 211 StGB) zu gelangen, das Vorhandensein niedriger Beweggründe (wie Antisemitismus oder Rassismus) oder äußerer Tatmerkmale (heimtückisch, grausam, Einsatz gemeingefährlicher Mittel etc.) nachweisen. Dadurch wurden die Strafverfolger gezwungen, sich intensiv mit den individuellen Lebensläufen und den Charaktereigenschaften der Täter zu befassen sowie das Umfeld des Geschehens in Betracht zu ziehen.31

Vergleicht man die beiden Behörden, lässt sich zusammenfassend Folgendes sagen: Die Hauptkommission verfügte von Anfang an über eine breiter angelegte Zuständigkeit. Erstens war sie seit der Gründung für die in Polen und im Ausland an polnischen Bürgern begangenen Verbrechen zuständig. Zweitens durfte sie, im Unterschied zur Ludwigsburger Stelle, auch selbst Ermittlungen durchführen. Drittens war sie in einem hohen Maße daran interessiert bzw. sogar verpflichtet, ihre Arbeitsergebnisse zu popularisieren und zu verbreiten, insbesondere durch Veröffentlichungen in mehreren Sprachen. Entstanden in den 1940er-Jahren, war die Hauptkommission zudem ein Produkt des Nachkriegschaos, was ihr, neben allen Einschränkungen, auch eine gewisse Handlungsfreiheit bot. Angesiedelt mitten im politischen System, stellte sie zwar eines der Rädchen dar, welche dieses System legitimierten. Gleichzeitig aber war sie mit Kompetenzen ausgestattet, die in einer späteren Phase kaum noch denkbar gewesen wären. Anders stand es um die Zentrale Stelle, welche zu einem Zeitpunkt ins Leben gerufen wurde, als die Strukturen der bundesdeutschen Justiz bereits fest etabliert waren. Im Gegensatz zur polnischen Behörde, die – aus offensichtlichen Gründen – mit einem gesellschaftspolitisch günstigeren Klima rechnen durfte, musste sich die Zentrale Stelle von Beginn an mit starker Kritik an ihrer Arbeit auseinandersetzen.

Beiden gemeinsam war, wie schon erwähnt, die Einbindung in das Rechtssystem des eigenen Staates und die Bindung an das jeweilige Strafrecht. Nur entwickelte sich dieses in den beiden Ländern während der Nachkriegszeit unterschiedlich. Bevor 1969 die feste Form eines komplexen Strafgesetzbuches entstand, stützte sich die Strafgerichtsbarkeit in Polen auf mehrere Rechtsvorgaben. Teilweise stammten diese noch aus der Vorkriegszeit, wie der am 11. Juli 1932 in Kraft getretene und mit Veränderungen bis zum 31. Dezember 1969 gültige sogenannte Makarewicz-Kodex. Während des Krieges und in der direkten Nachkriegszeit wurde eine Reihe von Übergangsgesetzen und Dekreten verabschiedet, die eine flächendeckende Bestrafung der Kriegsverbrecher, aber auch politischer Gegner ermöglichten.32 Am 13. Juni 1946 trat noch das sogenannte Kleine Strafgesetzbuch in Kraft, das ähnlich wie der Makarewicz-Kodex bis Ende 1969 für die Rechtsprechung verbindlich blieb. Diese verschiedenen Rechtsgrundlagen standen aber der Etablierung eines stalinistischen Rechts nach sowjetischem Modell nicht im Wege. In den 1950er-Jahren erschien das Handbuch »Polnisches Strafrecht«, dessen Herausgeber Igor Andrejew, Jerzy Sawicki und Leszek Lernell waren. Der Titel hinterfragte die Errungenschaften des internationalen Strafrechts im 19. und 20. Jahrhundert und legte als Maßstab durchgängig eine sowjetische Perspektive an.33 Anders sah es in der Bundesrepublik aus, wo das Strafgesetzbuch in der Fassung vom 4. August 1953 an die Tradition des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich aus dem 19. Jahrhundert anknüpfte, wenngleich angepasst an die jüngsten Erfahrungen und ergänzt um neue Tatbestände.

2. Kooperation und Konflikt: Die juristische Zusammenarbeit

Dass beide Behörden in der politischen Nachkriegskonstellation Europas gegensätzlich positioniert waren, ist unübersehbar. Jede von ihnen erlebte unterschiedliche Phasen der innen- wie außenpolitischen Auseinandersetzungen ihrer Heimatländer und gestaltete sie teilweise aktiv mit. Doch wie stark war das Handeln beider Institutionen durch diese politischen Rahmenbedingungen bestimmt?

Bis Dezember 1970 existierte zwischen Polen und der Bundesrepublik kein Vertrag, der ihre bilateralen Beziehungen regelte. Ganz anders stand es, zumindest auf offizieller Ebene, um die Beziehungen zur DDR, mit der Polen schon am 6. Juli 1950 das sogenannte Görlitzer Abkommen unterzeichnet hatte, welches die Oder-Neiße-Linie als Staatsgrenze festlegte. Die fehlende vertragliche Grundlage in den polnisch-westdeutschen Beziehungen bedeutete allerdings nicht unbedingt einen Mangel an bilateralen Kontakten. Ab 1945 war die Polnische Militärmission in ganz Deutschland mit einer Reihe von Abteilungen präsent, verteilt über alle Besatzungszonen. Die Polnische Militärmission mit Sitz in West-Berlin vertrat die außenpolitischen Interessen der Volksrepublik Polen bis 1990. Seit 1949, direkt nach der Gründung der Bundesrepublik, hatte die Polnische Handelsvertretung ihren Sitz in Frankfurt am Main; Anfang der 1960er-Jahre siedelte sie nach Köln über. Auf Grundlage des Handelsabkommens vom 7. März 1963 wurde eine Handelsmission der Bundesrepublik in Warschau gegründet. Laut Vertrag war sie für wirtschaftliche Angelegenheiten zuständig, etwa den Warenaustausch und Schifffahrtsfragen. In der Praxis wurde sie aber – als einzige westdeutsche Einrichtung auf polnischem Gebiet – eine Art diplomatische Vertretung.34

Ende der 1950er-Jahre, als es zu einer ersten Kontaktaufnahme zwischen der Warschauer Kommission und der Zentralen Stelle kam, befanden sich die bilateralen Beziehungen freilich noch im Anfangsstadium. Die Initiative ging von der polnischen Seite aus – die Polnische Militärmission in West-Berlin bot der Zentralen Stelle an, Einsicht in die bei der Hauptkommission gesammelten Akten im Gebäude der Militärmission zu nehmen, in Anwesenheit eines Mitarbeiters der Hauptkommission. Auf deutscher Seite folgte eine Rücksprache auf höchster Ebene – das Bundesjustizministerium entschied im Oktober 1959, dass keine Einwände bestünden.35 Vielsagend hinsichtlich der gegenseitigen Einschätzungen ist eine Mitteilung von Erwin Schüle, dem Leiter der Zentralen Stelle, an das Justizministerium Baden-Württemberg. Er verwies auf ein Schreiben der Polnischen Militärmission, in dem mit Bezug auf die Akteneinsicht das Ziel der »Vereinheitlichung des Verfahrensweges auch in anderen Angelegenheiten« erwähnt wurde. Schüle fügte sogleich hinzu: »Es ist und es war nicht beabsichtigt, mit der polnischen Militärmission oder der Kriegsverbrecherkommission etwa andere, die Zentrale Stelle nicht betreffende Angelegenheiten zu erörtern.«36 Für das intensive Jahrzehnt der Zusammenarbeit, zu dem die 1960er-Jahre wurden, handelte es sich um einen ziemlich vorsichtigen und schüchternen Anfang. Trotz ihrer Bedenken ließ sich die Zentrale Stelle auf die Zusammenarbeit mit der Hauptkommission ein, und sie folgte dabei sogar den Spielregeln der Volksrepublik Polen: Die Hoffnung der Zentralen Stelle auf einen direkten Kontakt mit der Hauptkommission wurde nämlich nicht erfüllt, da diese jeweils nur auf Anschreiben rea­gierte, die über die Polnische Militärmission geleitet wurden.

Hinzuzufügen ist, dass sich beide Behörden damals in völlig unterschiedlichen Entwicklungsstadien befanden. Die Hauptkommission – die unmittelbar nach dem Krieg eine intensive Grundlagenarbeit in der Dokumentation der NS-Verbrechen geleistet und sich in den Jahren 1946–1950 an der Auslieferung von Kriegsverbrechern beteiligt hatte – führte zu Beginn der 1960er-Jahre zunächst nur noch eine randständige Existenz als kleine Sondereinheit des Justizministeriums. Die Aufnahme der Zusammenarbeit mit der Zentralen Stelle veränderte diesen Zustand.37 Auch die drohende Verjährung der Bestrafung von NS-Verbrechen in der Bundesrepublik hatte auf polnischer Seite zu mehreren Initiativen geführt. Parallel zur Intensivierung der Kontakte mit Ludwigsburg verstärkten sich zudem jene mit vergleichbaren Institutionen aus der ČSSR und der DDR. In diesem Dreieck wurden Dokumente ausgetauscht (die teils auch Grundlage für Enthüllungskampagnen wurden) sowie Kooperationstreffen und internationale Konferenzen mit Beteiligung anderer Partner, nicht nur aus dem Ostblock, organisiert.38 Anders stand es um die Zentrale Stelle. Zum Zeitpunkt der ersten Kontaktaufnahme mit Warschau existierte sie seit ungefähr einem Jahr. Als neu gegründete Institution wurde sie mit unterschiedlich gelagerten Erwartungen seitens der westdeutschen Gesellschaft und der staatlichen Behörden konfrontiert: Einerseits gab es die Hoffnung auf eine intensivierte Aufarbeitung der deutschen Massenverbrechen während des Zweiten Weltkrieges, andererseits rief die Zentrale Stelle den Widerstand der etablierten Justizstrukturen hervor, in denen mitunter die einstigen Täter als aktive Mitarbeiter vertreten waren.

Der anfangs vorsichtigen Kontaktaufnahme folgten schnell praktische Schritte. Zwischen April und Juli 1960 wurden einem bundesdeutschen Staatsanwalt im Sitz der Polnischen Militärmission in West-Berlin und in Anwesenheit von Mitarbeitern der Hauptkommission, darunter der erwähnte Jan Sehn, verschiedene Akten zur Einsicht vorgelegt. Die Berichte über diese Begegnung geben die zwiespältigen Gefühle der Beteiligten zu erkennen: Zwar ließen sich die westdeutschen Besucher vom Wert der Dokumente problemlos überzeugen, doch waren sie von der unvollständigen, geradezu fragmentarischen Auswahl herbe enttäuscht. Allerdings war es so gut wie unmöglich, die gesamte Materialsammlung einzusehen – dies sei allenfalls, so deuteten die polnischen Vertreter an, in Warschau denkbar. Zur Kooperation mit einer westdeutschen Justizbehörde, welche »ernsthaft die Strafverfolgung von Kriegsverbrechern betreibe«, sei man allerdings gern bereit. Gleichzeitig betonten die Mitarbeiter der Hauptkommission indes auch, dass durch diese Art von Kontakten keinerlei diplomatische Beziehungen zwischen den beiden Staaten entstünden.39

In der Tat gab es bis zum Vertrag zwischen der Volksrepublik Polen und der Bundesrepublik Deutschland vom 7. Dezember 1970 weiterhin keine formalen Beziehungen. Trotzdem wurde in den 1960er-Jahren eine zunehmend intensive Rechtshilfe praktiziert. Mit diesem Begriff ist Hilfe durch ausländische Behörden (in diesem Fall diejenigen der Volksrepublik Polen) im Zusammenhang mit den auf dem bundesdeutschen Staatsgebiet durchgeführten oder noch durchzuführenden Gerichtsverfahren gemeint. Doch trotz oder vielleicht gerade wegen der Intensität stellte diese Kooperation sowohl in der Theorie als auch in der Praxis für beide Seiten ein Problem dar. Das hing mit ihrem jeweils voneinander abweichenden Selbstverständnis und den unterschiedlich gelagerten Interessen zusammen. Anlässe für Hoffnungen oder aber Frustrationen gab es genug: Zusätzlich zur Korrespondenz erfolgte ab Mitte des Jahrzehnts eine Reihe von zunächst westdeutschen Besuchen in der Volksrepublik Polen, einige Jahre später begaben sich auch die Vertreter der Polnischen Hauptkommission in die Bundesrepublik. Sie besuchten dort die Zentrale Stelle, das Bundesarchiv und eine Reihe von Staatsanwaltschaften.

Im Kontext solcher Treffen betonten die polnischen Behörden angesichts der fehlenden Rechtsgrundlagen wiederholt ihr Entgegenkommen in Bezug auf die Bereitstellung von Akten für die westdeutschen Behörden.40 Diese Kulanz wurde stets mit dem Interesse an einer schnellen und erfolgreichen Ahndung der NS-Verbrechen begründet.41 Vor diesem Hintergrund lassen sich die permanenten Versuche der polnischen Seite besser nachvollziehen, die Rechtshilfe als ein komplexes Prozedere auszulegen, um Einblicke in jegliche juristische Vorgänge im Kontext der Bestrafung der NS-Verbrechen zu gewinnen sowie Informationen über die Anklagen zu erhalten, die in der Bundesrepublik erhoben wurden.42 Zusätzlich wurde die Rechtshilfe von polnischer Seite als eine auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit basierende Kooperation dargestellt. Damit war schlicht gemeint, dass man Gegenleistungen aus Ludwigsburg erwartete. Es sei wünschenswert, so Czesław Pilichowski, der damalige Leiter der Hauptkommission, neben der Überlassung von Dokumentationen (z.B. Verfahrensübersichten der Zentralen Stelle) auch Einsicht in die Archivbestände der westdeutschen Behörden zu erhalten.43

Ein solches Verständnis von Rechtshilfe verursachte auf bundesdeutscher Seite großes Unbehagen. Ein erstes Gegenargument stellte der Verweis auf die eingeschränkten Kompetenzen der Zentralen Stelle dar. Jede Entscheidung über die zwischen­staatlichen Kontakte liege beim Bundesjustizministerium oder beim Bundesinnenministerium.44 Ein weiteres Argument, das in den bilateralen Gesprächen von der deutschen Seite angeführt wurde, verwies auf die deutsche Rechtspraxis, die keinen Einblick in laufende Verfahren gewähre. Dieser sei erst nach dem Urteil möglich.45 Staatsanwalt Adalbert Rückerl, Leiter der Zentralen Stelle seit 1966, formulierte es den Polen gegenüber so: »Wir bäten jedoch um Verständnis dafür, dass auch bei Berücksichtigung der besonderen Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit der Hauptkommission bei der Aufklärung der NS-Verbrechen ein Informationsaustausch unsererseits nur in dem Rahmen erfolgen könne, der durch die in der Bundesrepublik Deutschland geltenden gesetzlichen Bestimmungen festgelegt sei.«46

Obwohl sie immer wieder gegenzusteuern versuchte, musste die Hauptkommission die Rechtsauslegung der Zentralen Stelle respektieren. Dennoch kehrten die Mitarbeiter der Hauptkommission wiederholt zu diesem Thema zurück. Als Ventil für die daraus folgende Frustration, verbunden und verstärkt durch politische Interessen, können die zahlreichen Publikationen der Mitarbeiter der Kommission betrachtet werden, in denen sie erbarmungslos die dürftigen Ergebnisse der bundesdeutschen Justiz im Hinblick auf die Ahndung der NS-Verbrechen anprangerten.47

Während die Idee der Rechtshilfe die Grundlage der gegenseitigen Kontakte zwischen Ludwigsburg und Warschau darstellte, bildete das Konzept der Rechtsstaatlichkeit ihren Modus operandi. An sich definitorisch klar – die Ausübung von politischer Herrschaft im Rahmen des Rechts und seinen grundlegenden Prinzipien wie Achtung der Grundrechte, Gewaltenteilung, Gleichheit vor dem Gesetz, dessen Vorbehalt und Verhältnismäßigkeit –, erwies es sich doch als problematisches Element in der Kooperation. Die westdeutsche Seite diagnostizierte Anfang 1970, dass der Verweis auf rechtsstaatliche Grundsätze im Kontext der NS-Verfahren kein großes Verständnis bei den polnischen Partnern fand.48 Im Bericht über einen Besuch der Mitarbeiter der Hauptkommission bei der Zentralstelle im Lande Nordrhein-Westfalen für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen in Konzentrationslagern hieß es: »In dem Meinungsaustausch wurde – wie übrigens in allen Gesprächen mit Besuchern aus dem Ostblock – dargelegt, daß in der Bundesrepublik auch in NS-Verfahren rechtsstaatliche Grundsätze anzuwenden sind und angewendet werden. Es bestand der Eindruck, daß die Herren der Hauptkommission zu dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit nichts zu sagen wußten.«49

Es ist unklar, was der deutsche Berichterstatter mit dieser Aussage konkret meinte. Vielleicht handelte es sich um ein polnisches Missverständnis gegenüber den auf der anderen Seite herrschenden Regeln, um ein Unverständnis in Bezug auf den Terminus selbst oder vielleicht doch um ein fehlendes Verständnis im Hinblick auf die Tatsache, dass sogar im Umgang mit der traumatischen Dimension der NS-Verbrechen das Recht und nicht die Gerechtigkeit den Vorrang hatte. Die Entwicklungstendenzen innerhalb des bundesdeutschen Rechtsstaates, sei es die Verjährung von Totschlag im Jahr 1960 oder die Veränderung von § 50 des bundesdeutschen Strafgesetzbuches zum 1. Oktober 1968,50 ließen viele Schlupflöcher bei der Ahndung der NS-Verbrechen, sodass solche Zweifel nicht abwegig waren. Hinzu kam noch der Umstand, dass die polnische Seite jeden Hinweis auf rechtsstaatliche Erfordernisse durch die westdeutschen Behörden als Diskriminierung und Infragestellung ihrer eigenen Legitimation und damit des polnischen Staates betrachtete. Als solche interpretierte sie unter anderem die durch Bundesjustizminister Horst Ehmke (SPD) am 25. Juli 1969 erlassenen Richtlinien für den Rechtshilfeverkehr mit den kommunistisch regierten Staaten in Osteuropa.51

Auch der Föderalismus und seine Konsequenzen für die westdeutschen Behörden waren für die polnische Seite nicht leicht nachzuvollziehen. Parallel zu dem mit der Zentralen Stelle geführten Schriftverkehr kontaktierte die Hauptkommission immer wieder direkt die Staatsanwaltschaften der jeweiligen Bundesländer, um Informationen zu beschaffen. Die Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften wurde oft gelobt – im Gegensatz zur schleppenden Kooperation mit der Zentralen Stelle. Bessere Beziehungen zu einzelnen Staatsanwaltschaften und Gerichten, so ein deutscher Erfahrungsbericht aus den 1970er-Jahren, hätten der polnischen Seite sogar Zugang zu Informationen außerhalb des Rahmens bundesdeutscher Vorschriften ermöglicht.52 Im Vergleich zum Moment der Kontaktaufnahme von 1960, als die Hauptkommission die Hoffnung auf eine »ernsthafte Strafverfolgung der NS-Verbrechen« geäußert hatte,53 geben solche Formulierungen eine auffällige Wende in der polnischen Perspektive bzw. den Erfolg pragmatischer Schritte zu erkennen. Während auf polnischer Seite persönliche Beziehungen, darunter zu den Staatsanwaltschaften einzelner Bundesländer, als Schlüssel zur Lösung unterschiedlicher Probleme galten, war auf bundesdeutscher Seite davon keine Rede. In Warschau jedoch thematisierten die Mitarbeiter der Hauptkommission, vor allem deren langjähriger Leiter, Czesław Pilichowski, persönliche Beziehungen als ausschlaggebenden Faktor, welcher die Erfolgschancen in der Zusammenarbeit erhöhte.

Das polnische Verständnis von Rechtsstaatlichkeit unterschied sich demnach maßgeblich vom deutschen. Es waren nicht die allgemeinen juristischen Prinzipien, welche in der Ahndung der NS-Verbrechen zum Tragen kommen sollten, sondern umgekehrt konstituierte die Ahndung der NS-Verbrechen überhaupt erst den polnischen Rechtsstaat. Damit ergab sich eine völlig andere Perspektive, die weniger auf formale Grundsätze abzielte als auf Anforderungen der Gerechtigkeit und der moralischen Genugtuung. Diese wurden jedoch auch in Form von Gesetzen gefasst. Ein Beispiel dafür bildet das polnische Gesetz zur Aufhebung der Verjährbarkeit der NS-Verbrechen vom 22. April 1964, auf das sich die Hauptkommission sowohl in den bilateralen Gesprächen als auch im internationalen Dialog und im Kampf um die Aufhebung der Verjährbarkeit von NS-Verbrechen bezog.54

Die Zusammenarbeit der beiden Behörden war ein Kommunikationsprozess, und als solcher bedurfte sie eines Instrumentes, nämlich der Sprache. Gemeint ist damit sowohl Sprache als Medium wie auch die Art und Weise der Mitteilung rechtlicher Inhalte. Beide Aspekte stellten ein zentrales Moment der polnisch-westdeutschen Kooperation dar; beide sorgten allerdings auch immer wieder für Irritationen. Auffällig ist vor allem, dass die Kommunikation zwischen Warschau und Ludwigsburg einen beachtlichen Umfang erreichte. Die Vorbereitungen der gegenseitigen Kontakte, aber auch die Reisen nach Polen bzw. in die Bundesrepublik erforderten eine dichte Korrespondenz. Dieser Austausch – für die üblichen juristischen Kommunikationsroutinen eher untypisch – zeugt von der Bedeutung, die einem solchen Gesprächskanal zwischen Polen und der Bundesrepublik beigemessen wurde.

Eine schwer ausrechenbare Grundkonstante der Zusammenarbeit bildeten Fragen der Übersetzung – die im wörtlichen wie metaphorischen Sinne nicht selten in der Übersetzung verloren gingen. Dabei fällt in erster Linie die Diskrepanz zwischen dem Stand der wechselseitigen Sprachkenntnisse auf. Aus nachvollziehbaren Gründen beherrschten eindeutig mehr Mitarbeiter der Hauptkommission die deutsche Sprache, als dies umgekehrt für polnische Sprachkenntnisse bei der Zentralen Stelle der Fall war. Letztere rekrutierte darum einige Übersetzer (nicht nur für das Polnische), deren Einsatz allerdings – gerade bei den Dienstreisen nach Polen – oft über den engen Bereich der Übersetzungsarbeit hinausging und etwa auch die Auswertung von Akten umfasste, welche der Zentralen Stelle zugänglich gemacht wurden.

Obwohl die Deutschkenntnisse auf polnischer Seite auffällig gut waren, wurden sie meist situativ angewandt oder sogar instrumentalisiert. Zu erkennen ist das in Momenten, in denen sich die Stimmung zwischen beiden Behörden phasenweise verschlechterte. Bei diesen Gelegenheiten nahmen die Deutschkenntnisse auf der polnischen Seite rapide ab. Auch wenn es um besonders wichtige Inhalte ging, schaltete die polnische Seite bewusst auf ihre Muttersprache um und zog die Dienste der Übersetzer heran, obwohl in persönlichen Kontakten oft untereinander Deutsch gesprochen wurde. Dies galt beispielsweise für die Vorbereitung eines möglichen Besuches von Mitarbeitern der Hauptkommission in Ludwigsburg und dessen Ablauf, oder für den Umfang von Materialien, welche der deutschen Seite bei einem Gegenbesuch zur Einsicht vorgelegt werden sollten.55 Im Grunde genommen folgte dies aber nur der üblichen Praxis internationaler Kontakte im diplomatischen Bereich, wo offizielle Kommunikation in der jeweiligen Muttersprache geführt wird.

Die strategisch eingesetzte Unkenntnis der deutschen Sprache half jedoch manchmal auch, mit Konfliktsituationen umzugehen. Ein gutes Beispiel liefert ein Gespräch der Vertreter der Zentralen Stelle mit Pilichowski während einer Reise nach Polen im Spätherbst 1972. Rückerl zitierte damals aus der 1969 auf Deutsch in Moskau erschienenen Broschüre, in der Pilichowski das langsame Tempo der bundesdeutschen Untersuchungsverfahren als gewollte »biologische Amnestie« für die NS-Verbrecher und ihre Bewahrung vor Strafen bezeichnet hatte.56 Pilichowski versuchte der Aussage zuerst ihre Schärfe zu nehmen, indem er darauf verwies, dass das Zitat aus dem Kontext gerissen worden sei. Als ihm die Stellen davor und danach vorgelesen wurden und die Schärfe auch dann erhalten blieb, gab er zu, dass der Satz als kritische Aussage verstanden werden konnte. Gleichzeitig relativierte er diesen Eindruck: »Die Dinge seien aber nicht in dieser Schärfe gesagt worden. In polnischer Sprache würde der betreffende Absatz nicht so brüsk klingen.«57 So versuchte Pilichowski die Verantwortung für die inhaltliche Aussage von sich zu weisen und auf die Ebene eines linguistischen Problems zu verlagern.

Ein weiteres Beispiel für die gegenseitige Sprachverwirrung stellten die offiziellen Namen der Kommissionen dar. Lange konnte sich weder die polnische noch die deutsche Seite auf eine konsequente und einheitliche Verwendung der offiziellen Bezeichnungen des Gegenübers einigen. Die Zentrale Stelle gebrauchte über die Jahre ein halbes Dutzend möglicher Bezeichnungen für die Hauptkommission. So lässt sich in den Anfängen der westdeutschen Korrespondenz mit Polen gegen Ende der 1950er-Jahre unter anderem die Bezeichnung »Polnische Kriegsverbrecherkommission« lesen, womit aber eindeutig die Hauptkommission gemeint war. Vermutlich resultierte diese Bezeichnung nicht nur aus dem Unwissen über den künftigen Partner. Sie folgte auch der Tradition der Kriegsverbrecher-Kommission aus den Zeiten des Zweiten Weltkrieges (United Nations War Crimes Commission). Allerdings wurde die Benennung der Warschauer Behörde von dieser selbst auch nicht konsequent einheitlich verwendet. Pilichowski, so hielt es eine spätere Notiz der deutschen Seite fest, habe während eines Besuches bei der Zentralstelle im Lande Nordrhein-Westfalen für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen in Konzentrationslagern (Dezember 1969) in Bezug auf den Namen seiner Einrichtung gesagt: »In Polen wisse man sehr gut zu unterscheiden zwischen den NS-Mördern und dem deutschen Volk. Dass dies so sei, erhelle auch aus der offiziellen Bezeichnung der Hauptkommission. Sie heiße nicht ›Polnische Kommission zur Aufklärung deutscher Verbrechen in Polen‹, sondern Polnische Hauptkommission zur Aufklärung der NS-Verbrechen in Polen.«58

An dieser Aussage sind mindestens zwei Dinge interessant. Durch die Differenzierung von »den NS-Mördern« und »dem deutschen Volk« wandte Pilichowski erstens genau dieselbe Taktik an, die im Verhältnis der Volksrepublik Polen zur DDR verfolgt wurde: Das deutsche Volk sei mehrheitlich unschuldig, allein die NS-Täter (von denen die meisten in der Bundesrepublik Zuflucht gefunden hätten) sollten zur Verantwortung gezogen werden. Dabei erwähnte Pilichowski mit keinem Wort, dass die Hauptkommission von 1945 bis 1949 sehr wohl »Hauptkommission zur Aufklärung deutscher Verbrechen« geheißen hatte und erst mit der Gründung der DDR die Unterscheidung zwischen deutscher Bevölkerung und NS-Tätern wichtig wurde. Und noch ein zweiter Aspekt an Pilichowskis Aussage ist markant: Hätte er sich auf eine wortwörtliche Übersetzung eingelassen, so hätte er über die Polnische Kommission zur Aufarbeitung der »hitleristischen« Verbrechen in Polen – und nicht der »NS-Verbrechen« – sprechen müssen. Mit der im Unterschied zu den sachlich klingenden »NS-Verbrechen« pejorativen Bezeichnung »hitleristisch« wurde im polnischen Propaganda-Duktus ein bestimmtes Bild produziert: Es wurde damit eine Tätergruppe gekennzeichnet, die vor allem in der Bundesrepublik, aber sicher nicht in der DDR zu finden sei.

Zudem griff das Bild eines »Hitleristen« nicht nur in die Vergangenheit zurück, sondern stellte auch ein gut anwendbares Feindbild für eigene politische Zwecke dar. Mit einer Verwendung der wortwörtlichen Übersetzung hätte Pilichowski einen klaren propagandistischen Akzent setzen können. Allerdings entschied er sich für eine mildere Variante. Tatsächlich verwendete die Zentrale Stelle in ihrer Korrespondenz über die Hauptkommission mit den bundesdeutschen Behörden die Bezeichnung »Hauptkommission zur Aufklärung der NS-Verbrechen« (teils auch: »zur Untersuchung der NS-Verbrechen«). Im direkten Kontakt mit der Hauptkommission wurde ihr polnischer Name verwendet, also auch der Zusatz »hitleristisch«.

Im Austausch zwischen der Zentralen Stelle und der Hauptkommission gab es noch eine Ebene der Kommunikation, die nicht immer angesprochen, jedoch eindeutig reflektiert wurde. Sie resultierte – wie meist auf der Linie Warschau/Ludwigsburg – aus dem politischen Kontext. Was bei der Lektüre der zahlreichen Berichte auffällt, ist die bei den Besuchen (egal von welcher Seite und wo) thematisierte Betonung der »guten persönlichen Beziehung von Anfang an«.59 Der öffentliche Eindruck vermittelte allerdings das genaue Gegenteil. Während die westdeutschen Staatsanwälte in den polnischen Archiven arbeiteten und den engen Kontakt zu den lokalen Mitarbeitern lobten, erschien in den polnischen Medien eine Reihe von Texten – von derselben, hilfsbereiten polnischen Seite lanciert –, die den Sinn und die Ernsthaftigkeit des deutschen Aufklärungswillens in Frage stellten.60 Auch wenn solche Kritik nicht direkt während des Besuches angesprochen wurde, nahm die deutsche Seite sie durchaus wahr. Kopien dieser Artikel aus führenden polnischen Tages- und Wochenzeitungen wurden von der bundesdeutschen Handelsmission in Warschau gesammelt und übersetzt. Die Übersetzungen erreichten später unterschiedliche Instanzen der bundesdeutschen Behörden. Nachträglich wurden sie bei den Gesprächen mit den polnischen Partnern auch direkt thematisiert.61 Diese Janusköpfigkeit der Hauptkommission sollte nicht verwundern. In ihrem Wesen stellte sie eine politische Einrichtung dar und folgte den Notwendigkeiten der Tagespolitik, was eine enge Grundlagenkooperation aber nicht ausschloss.

Einen mit der Sprache verkoppelten Bereich stellen Emotionen dar;62 zwei Beispiele seien hier genannt. Die polnische Seite kritisierte die bundesdeutschen Vertreter seit Beginn der Zusammenarbeit wegen deren Verwendung der deutschen Ortsbezeichnungen für polnische Städte und Ortschaften. Dies geht schon aus der ersten Notiz der Zentralen Stelle vom Juli 1960 hervor. Im Hinblick auf eine Anfrage zur Übersendung von Akten des ehemaligen Sondergerichts Łódź wurde bemängelt, dass die deutschen Behörden in diesem Zusammenhang den von Hitler gegebenen Namen Litzmannstadt verwendet hätten. Das zeuge von einem »nicht überwundenen Geist«.63 Weniger empfindlich war die polnische Seite – der eigenen Einschätzung nach – in Bezug auf die historischen deutschen Städtenamen. Dies stimmt aber nicht ganz. In der polnischen Propaganda der 1960er-Jahre wurde die Verwendung deutscher Namen für polnische Städte immer in direkte Verbindung mit dem Gespenst der Vertriebenen-Landsmannschaften und der Nichtanerkennung der polnischen Gebietshoheit nach 1945 gesetzt. Angesichts der fehlenden offiziellen Anerkennung des polnischen Staates in seiner neuen territorialen Form durch die Bundesrepublik bis 1970 gewann die Problematik an zusätzlicher Schärfe. Zur Rechtfertigung argumentierte die deutsche Seite unter anderem, dass man lediglich die Anführungszeichen bei den jeweiligen Ortschaften vergessen habe.64 Eine weitere Erklärung war der Hinweis auf vorhandene Register, die nur mit deutschen Bezeichnungen versehen seien.

Auf polnischer Seite bestand eine anhaltende Empfindlichkeit für jedwedes Indiz, dass der eigene Staat von der Bundesrepublik geringgeschätzt werde. Ungeschickte oder unbedachte Formulierungen der deutschen Stellen wie »Polnische Militärmission« anstatt »Militärmission der Volksrepublik Polen« dienten dafür als willkommene Beispiele. Auch Sprache und Stil der Briefe, die an die Hauptkommission geschickt wurden, folgten – so der Eindruck auf polnischer Seite – nicht immer den Gepflogenheiten offizieller Korrespondenz zwischen Staaten, sondern ähnelten vielmehr der Kommunikation mit einer untergeordneten Dienststelle.65

3. Fazit

Wenngleich genauere Befunde weiterer Recherchen bedürfen, lassen sich einige Ergebnisse im Hinblick auf die Zusammenarbeit zwischen der Zentralen Stelle in Ludwigsburg und der Hauptkommission in Warschau während der 1960er-Jahre zusammenfassen: Wie schon die Kontaktaufnahme und die Frage des Rechtshilfeverkehrs zeigten, war die Kooperation zwischen beiden Behörden eng mit dem politischen Kontext ihrer Zeit verwoben. Ihre Abläufe, Kommunikationswege und Zuständigkeiten folgten bestehenden Strukturen. Während die Zentrale Stelle sich jedoch fest an diesen Regeln, Routinen und Dienstwegen orientierte, improvisierte die Hauptkommission immer wieder und suchte neue Wege (auch wenn diese sich als ineffektiv oder kontraproduktiv erwiesen), um eigene Ziele zu erreichen. Die justizielle Seite der Kooperation unterlag nicht zuletzt deshalb mühevollen Aushandlungsprozessen. Dies war zum Teil schon durch das Konstrukt der Zentralen Stelle als Vorermittlungsbehörde bedingt, ergab sich aber auch aus anderen Aspekten, etwa dem fragmentarischen, für die bundesdeutsche Justiz oft nicht hinreichenden Charakter des polnischen Beweismaterials. Umgekehrt entpuppten sich die polnischen Erwartungen an die Kompetenzen und Möglichkeiten der Zentralen Stelle oft als überzogene Hoffnungen.

Ferner beeinflussten das jeweils eigene Rechtsverständnis bzw. das Missverständnis des Rechts der anderen Seite den gegenseitigen Kontakt in hohem Maße. Augenfällig wurde dies am Beispiel der Rechtsstaatlichkeit – ein Begriff, den Protagonisten beider Seiten zur eigenen Positionierung nutzten, der aber selten zu einer konzeptionellen Annäherung beitrug (trotz häufiger Hinweise auf den Gehalt). Entsprechend wurde der jeweils anderen Seite zwar zugehört (immerhin ein Erfolg), trotzdem aber stets nach der eigenen Logik gehandelt. Dies belegen die unermüdlichen Versuche der Hauptkommission, an die für sie interessanten Materialien heranzukommen.

Ein weiterer Befund lautet, dass es kaum je das formale Recht war, das die Kommunikation zwischen Warschau und Ludwigsburg determinierte. Zwar wurde immer wieder Bezug auf Gesetzgebung, Urteile und Verfahren genommen; wichtiger war aber wohl die Kommunikation über das Recht. Ihre Intensität, die Kommunikationskanäle (Gespräche, Schreiben) und Kommunikationsformen (die jeweils genutzte Sprache, das Umschalten, das verweigerte Verstehen etc.) verweisen auf Dimensionen, die weit über einen justiziellen Austausch hinausgehen. Gefühle oder Verletzlichkeiten, die wahrgenommen, aber nicht direkt thematisiert wurden, berührten eine Metaebene in der polnisch-westdeutschen Kooperation. Alle diese Elemente machten die intensive Zusammenarbeit dennoch nicht unmöglich. Obwohl über lange Jahre hinweg jede formelle Arbeitsgrundlage fehlte, schritt die Kooperation trotz vielfach manifester politischer Gegensätze und Spannungen voran. Da die juristische Zusammenarbeit kaum geregelt war, musste sie sich in der Praxis durch eine ständige Kommunikation immer wieder neu bewähren. In diesem Sinne hatten Irritation, Improvisation und Irregularität positive Auswirkungen. Welche greifbaren Ergebnisse für die Anklage und Verurteilung von NS-Verbrechern die Kontakte hatten, lässt sich leider nicht genau angeben. Die Hauptkommission schickte Unmengen an Dokumenten in die Bundesrepublik, die aber nur teilweise zur Anklage führten; viele Verfahren wurden eingestellt oder gar nicht erst aufgenommen. Es war eine beidseitige Frustrationsbeziehung, die jedoch intensiv gepflegt wurde.


Anmerkungen:

1 Zum Recht als Mittel der Repression im Nachkriegspolen siehe Piotr Kładoczny, Prawo jako narzędzie represji w Polsce Ludowej (1944–1956) [Recht als Repressionsinstrument in der Volksrepublik Polen (1944–1956)], Warszawa 2004. Der Autor analysiert eine Reihe von Gesetzen, welche die Bestrafung politischer Gegner ermöglichten, u.a. die sog. Verbrechen gegen den Staat, Gesetze gegen die Verantwortung für die Niederlage 1939 und die sog. Faschisierung des staatlichen Lebens (das sog. August-Dekret vom 31. August 1944), Verbrechen gegen das Verteidigungspotential des Staates und Verbrechen gegen das politische System.

2 Zur Rolle der (internationalen) Netzwerke im Umgang mit den deutschen Verbrechen im 20. Jahrhundert siehe Annette Weinke, Gewalt, Geschichte, Gerechtigkeit. Transnationale Debatten über deutsche Staatsverbrechen im 20. Jahrhundert, Göttingen 2016.

3 Die polnische Kommission hieß bis 1949 »Kommission zur Erforschung der deutschen Verbrechen«. Nach der Gründung der DDR wurde sie umbenannt in »Kommission zur Erforschung der hitleristischen Verbrechen«. Als kompakte Darstellung nach wie vor empfehlenswert: Włodzimierz Borodziej, »Hitleristische Verbrechen«. Die Ahndung deutscher Kriegs- und Besatzungsverbrechen in Polen, in: Norbert Frei (Hg.), Transnationale Vergangenheitspolitik. Der Umgang mit deutschen Kriegsverbrechen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, Göttingen 2006, S. 399-437.

4 Die – trotz offiziell behaupteter Einstimmigkeit – nicht problemlose Zusammenarbeit der Volksrepublik Polen mit der DDR im Bereich der Aufarbeitung der NS-Verbrechen bildet nicht den Gegenstand des vorliegenden Aufsatzes. Die Zusammenarbeit zwischen der polnischen und der ostdeutschen Behörde wurde sowohl in Publikationen als auch in Akten der Hauptkommission thematisiert, aus politischen Gründen allerdings sehr unkritisch. Für weitere Informationen zur Zusammenarbeit zwischen der DDR und der Volksrepublik Polen siehe Łukasz Jasiński, Sprawiedliwość i polityka. Działalność Głównej Komisji Badania Zbrodni Niemieckich/Hitlerowskich w Polsce 1945–1989 [Gerechtigkeit und Politik. Die Tätigkeit der Hauptkommission zur Erforschung der deutschen/hitleristischen Verbrechen in Polen 1945–1989], Gdańsk 2018.

5 Siehe Akte: Główna Komisja Badania Zbrodni Niemieckich w Polsce, Sprawozdania za lata 1945–1956, in: Instytut Pamięci Narodowej (IPN), GK 162/123. Das mit der heutigen polnischen Einrichtung gleichnamige Institut existierte schon in den 1940er-Jahren bei dem Präsidium des Ministerrates; siehe Antoni Dudek, Instytut. Osobista historia IPN [Das Institut. Eine persönliche Geschichte des IPN], Warszawa 2011, S. 36.

6 Vgl. Mieczysław Motas (Hg.), Główna Komisja Badania Zbrodni Niemieckich w Polsce i jej oddziały terenowe w 1945 r. Wybór dokumentów [Hauptkommission zur Erforschung der deutschen Verbrechen in Polen und ihre Regionalabteilungen im Jahr 1945. Eine Dokumentenauswahl], Warszawa 1995, S. 82. Zu Jerzy Sawicki und seinem Beitrag in der Debatte um den Völkermord sowie zur damit zusammenhängenden Verabschiedung der UN-Konvention von 1948 siehe Paulina Gulińska-Jurgiel, How to Punish National-Socialist Crimes in Poland? Genocide According to the Definition of Jerzy Sawicki, in: dies. u.a. (Hg.), Ends of War. Interdisciplinary Perspectives on Past and New Polish Regions after 1944, Göttingen 2019, S. 349-369. Eine ähnlich interessante Zusammensetzung hatte die Krakauer Abteilung der Hauptkommission, in der sowohl mehrere Staatsanwälte und Richter als auch Professoren der Jagiellonen-Universität und der Krakauer Akademie der Künste, der Direktor des Nationalmuseums in Krakau sowie einige Abgeordnete vertreten waren.

7 Por. Regulamin Głównej Komisji Badania Zbrodni Niemieckich w Polsce przy Prezydium Rady Krajowej [Verordnung der Hauptkommission zur Erforschung der deutschen Verbrechen in Polen, angesiedelt am Präsidium des Landesnationalrates], Pkt. 3 b, 17.5.1945, in: Motas, Główna Komisja (Anm. 6), S. 26-28.

8 Ebd.

9 Zur Wiederherstellung des Justizapparates im Polen der Nachkriegszeit, einschließlich Übernahme der alten Juristen und der beschleunigten Ausbildung einer neuen Generation von parteitreuen Richtern, siehe den detailreichen Beitrag von Andrzej Rzepliński, Die Einführung eines neuen Justiztypus 1944–1954, in: ders., Die Justiz in der Volksrepublik Polen. Übersetzt von Maria Jansen. Herausgegeben von Andrzej Kaluza, Frankfurt a.M. 1996, S. 30-62. Siehe auch Piotr Kładoczny, Die Ausbildung von Juristen in Polen in den Jahren 1944–1989, in: Gerd Bender/Ulrich Falk (Hg.), Recht im Sozialismus. Analysen zur Normdurchsetzung in osteuropäischen Nachkriegsgesellschaften (1944/45–1989), Bd. 2: Justizpolitik, Frankfurt a.M. 1999, S. 413-440.

10 Vgl. die Verordnung der Hauptkommission (Anm. 7), Pkt. 1 a.

11 Vgl. Motas, Główna Komisja (Anm. 6), S. 27. Dazu muss aber angemerkt werden, dass es hier mehrere Bezugsmöglichkeiten gab: Einerseits blieb zumindest theoretisch das Strafgesetzbuch aus der Vorkriegszeit noch in Kraft, andererseits wurde parallel das staatssozialistische Recht mit einer Reihe von neuen Dekreten etabliert und das neue Strafgesetzbuch vorbereitet. Siehe dazu meine Erläuterung weiter unten, am Ende von Kap. 1.

12 Motas, Główna Komisja (Anm. 6), S. 37.

13 Dekret z dn. 10 listopada o Głównej Komisji i Okręgowych Komisjach Badania Zbrodni Niemieckich [Dekret vom 10. November über die Hauptkommission und die Kreiskommissionen zur Erforschung der deutschen Verbrechen], in: Dziennik Ustaw Rzeczypospolitej Polskiej [Gesetzblatt der Republik Polen], Warszawa, 27.11.1945, poz. 293.

14 Ebd., Art. 4.

15 Ebd., Art. 3 c. In der Verordnung ist es Pkt. 1 c; vgl. Motas, Główna Komisja (Anm. 6), S. 26.

16 Vgl. Erfahrungsbericht über die Zusammenarbeit der Zentralen Stelle mit der polnischen Hauptkommission, Ludwigsburg, 7.7.1960, in: Zentrale Stelle (ZSt), Rechtshilfeverkehr mit Polen, GA-9-1, Bd. 1.

17 Vgl. 18.12.1945, Krakau. Tätigkeitsbericht der Krakauer Abteilung der Hauptkommission zur Erforschung der deutschen Verbrechen in Polen »von Beginn ihrer Existenz bis zum heutigen Tag«, in: Motas, Główna Komisja (Anm. 6), S. 87.

19 Vgl. Tätigkeitsbericht der Krakauer Abteilung (Anm. 17), S. 81-93, insb. S. 84-87. Zu den Arbeitsherausforderungen der Hauptkommission auf rechtlicher und praktischer Ebene siehe Paulina Gulińska-Jurgiel, Post-War Reckonings. Political Justice and Transitional Justice in the Theory and Practice of the Main Commission for Investigation of German Crimes in Poland in 1945, in: Magnus Brechtken/Władysław Bułhak/Jürgen Zarusky (Hg.), Political and Transitional Justice in Germany, Poland and the Soviet Union from the 1930s to the 1950s, Göttingen 2019, S. 194-209.

20 IPN, GK 162/137, GKBZNwP, Sprawozdania za lata 1945–1956 [Tätigkeitsberichte für die Jahre 1945–1956].

21 In der Berichterstattung der Hauptkommission für die 1950er-Jahre wurde u.a. erwähnt, dass alle Prozesse, die in Polen vor dem Obersten Nationalen Tribunal gegen die Kriegsverbrecher stattgefunden hatten, sich auf die durch die Hauptkommission gesammelten und bearbeiteten Dokumente stützten. Vgl. IPN, GK 162/137, S. 9.

22 Dazu u.a. Annette Weinke, Die Verfolgung von NS-Tätern im geteilten Deutschland. Vergangenheitsbewältigungen 1949–1969 oder: eine deutsch-deutsche Geschichte im Kalten Krieg, Paderborn 2002.

23 Die Verfolgung der NS-Verbrechen in der Bundesrepublik ist gut erforscht; an dieser Stelle sei nur auf zwei exemplarische Arbeiten hingewiesen: Michael Greve, Der justitielle und rechtspolitische Umgang mit den NS-Verbrechen in den sechziger Jahren, Frankfurt a.M. 2001; Marc von Miquel, Ahnden oder amnestieren? Westdeutsche Justiz und Vergangenheitspolitik in den sechziger Jahren, Göttingen 2004.

24 Siehe u.a. den Ausstellungskatalog: Haus der Geschichte Baden-Württemberg (Hg.), Die Mörder sind unter uns. Der Ulmer Einsatzgruppenprozess 1958, Stuttgart 2008.

25 Auch die Entstehungsgeschichte der Zentralen Stelle ist im Rahmen von mehreren Forschungsarbeiten untersucht worden. Als Gesamtdarstellung siehe Annette Weinke, Eine Gesellschaft ermittelt gegen sich selbst. Die Geschichte der Zentralen Stelle Ludwigsburg 1958–2008, Darmstadt 2008. Siehe als kurzen Überblick v.a. zu den in Ludwigsburg gesammelten Unterlagen: Andreas Kunz, NS-Gewaltverbrechen, Täter und Strafverfolgung. Die Unterlagen der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 4 (2007), S. 233-245. Die neueste Studie: Kerstin Hofmann, »Ein Versuch nur – immerhin ein Versuch«. Die Zentrale Stelle in Ludwigsburg unter der Leitung von Erwin Schüle und Adalbert Rückerl (1958–1984), Berlin 2018.

26 Später, direkt zu Beginn der ersten Dienstreise der Zentralen Stelle nach Warschau im Februar 1965, wurde Schüle als ehemaliges NSDAP-Mitglied enttarnt. Zu Vorgeschichte, Verlauf und Nachwirkungen siehe ausführlich: Hofmann, Zentrale Stelle (Anm. 25), S. 226-287. Dieser Fall wurde in den Gesprächen vor Ort zwar thematisiert, machte die Arbeit der Ludwigsburger Beamten jedoch nicht unmöglich. Siehe z.B. die Notizen der Arbeitsgruppe in Warschau vom Februar 1965, in: ZSt, Rechtshilfeverkehr mit Polen, GA-9-1, Bd. 1.

27 Abrufbar auf der Website der Zentralen Stelle, einschließlich aller im Laufe der Zeit eingetretenen juristischen Veränderungen: <http://www.zentrale-stelle.de/pb/site/jum2/get/documents/jum1/JuM/Zentrale%20Stelle%20Ludwigsburg/Verwaltungsvereinbarung%20ZSt.pdf>.

28 Siehe Hofmann, Zentrale Stelle (Anm. 25), S. 115-126.

29 Weinke, Eine Gesellschaft ermittelt (Anm. 25), S. 164.

30 Dies änderte sich am 11.12.1964, als der Zuständigkeitsbereich um die während der NS-Herrschaft begangenen Verbrechen auf dem Gebiet der späteren Bundesrepublik erweitert wurde. Siehe die Verwaltungsvereinbarung (Anm. 27), Pkt. II a.

31 Weinke, Eine Gesellschaft ermittelt (Anm. 25), S. 165f.

32 Siehe dazu Kładoczny, Prawo (Anm. 1).

33 Vgl. Igor Andrejew/Leszek Lernell/Jerzy Sawicki (Hg.), Prawo karne Polski Ludowej, Warszawa 1950; dt. Übersetzung: dies. (Hg.), Das Strafrecht der Volksrepublik Polen, Berlin (Ost) 1952. Sawicki grenzte sich aber in späteren Jahrzehnten von der einst eingenommenen Perspektive auf das Strafrecht ab; vgl. Marek Wąsowicz, Art. »Jerzy Sawicki«, in: Internetowy Polski Słownik Biograficzny [Deutsch-Polnisches Biographisches Internet-Wörterbuch], o.D., URL: <https://www.ipsb.nina.gov.pl/a/biografia/jerzy-sawicki>. Zum Strafrecht der Volksrepublik Polen aus der Perspektive nach 1989 siehe Alicja Grześkowiak, Komunistyczne prawo karne Polski Ludowej [Kommunistisches Strafrecht der Volksrepublik Polen], Lublin 2007.

34 Zu den Beziehungen zwischen Polen und der Bundesrepublik siehe u.a. Dieter Bingen, Die Polenpolitik der Bonner Republik von Adenauer bis Kohl 1949–1991, Baden-Baden 1998. Zum Verhältnis zwischen Polen, der SBZ/DDR und der Bundesrepublik: Krzysztof Ruchniewicz, Zögernde Annäherung. Studien zur Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen im 20. Jahrhundert, Dresden 2005; ders., Warszawa – Berlin – Bonn. Stosunki polityczne w latach 1949–1958 [Warschau – Berlin – Bonn. Politische Beziehungen in den Jahren 1949–1958], Wrocław 2003.

35 Vgl. ZSt, Rechtshilfeverkehr mit Polen, GA-9-1, Bd. 1, Material über die verbrecherische Tätigkeit der Funktionäre der Gestapo und anderer Nazi-Organisationen in Polen.

36 Ebd.

37 ZSt, Rechtshilfeverkehr mit Polen, GA-9-1, Bd. 2: Erst durch die Besuche von Vertretern der Zentralen Stelle in Warschau im Dezember 1964 und im Februar 1965 sei die Arbeit der Hauptkommission wieder aktiviert worden.

38 Als Überblicksdarstellung siehe Paulina Gulińska-Jurgiel, Zwischen Recht, Moral und politischer Legitimation: Polnische Debatten im Kontext der UNO-Konvention vom 26. November 1968, in: Birgit Hofmann (Hg.), Medialität der Menschenrechte. Geschichte und Genese der Menschenrechtsidee als öffentliche Angelegenheit in Europa seit dem 19. Jahrhundert, Frankfurt a.M. (erscheint 2020).

39 Vgl. Erfahrungsbericht (Anm. 16).

40 Dies geht sowohl aus den Unterlagen zu gegenseitigen Kontakten wie auch aus der retrospektiven Einschätzung der polnischen Behörde hervor. Siehe z.B. Wacław Szulc, Pomoc prawna w sprawie ścigania zbrodniarzy hitlerowskich [Rechtshilfe bei der Verfolgung der hitleristischen Verbrecher], in: Czesław Pilichowski (Hg.), Zbrodnie i sprawcy. Ludobójstwo hitlerowskie przed sądem ludzkości i historii [Verbrechen und Täter. Hitleristischer Völkermord vor dem Gericht der Menschheit und der Geschichte], Warszawa 1980, S. 846-853.

41 Ebd., S. 847.

42 Tätigkeits- und Erfahrungsbericht über die in der Zeit vom 17. April bis 3. Mai 1966 durchgeführte Dienstreise einer Arbeitsgruppe der Zentralen Stelle nach Polen, in: ZSt, Rechtshilfeverkehr mit Polen, GA-9-1, Bd. 2.

43 Vgl. Bericht über den Besuch von Angehörigen der Hauptkommission zur Untersuchung von NS-Verbrechen in Polen im Dezember 1969 in Frankfurt a.M., in: ZSt, Rechtshilfeverkehr mit Polen, GA-9-1, Bd. 2.

44 Ebd.

45 Tätigkeits- und Erfahrungsbericht (Anm. 42).

46 Vgl. ebd.

47 Ein Paradebeispiel dafür bildet die kleine, in mehreren Sprachen (darunter auch auf Deutsch) veröffentlichte Broschüre der Hauptkommission »Eine Erklärung zur Frage der Nichtverjährung der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit« (1968), wo der Stand der Nicht-Bestrafung der NS-Verbrechen in der Bundesrepublik scharf kritisiert wurde. Mehr dazu: Gulińska-Jurgiel, Zwischen Recht, Moral und politischer Legitimation (Anm. 38). Die Hauptkommission veröffentlichte über die Jahre hinweg mehrere propagandistisch ausgerichtete Publikationen (teilweise auf Deutsch oder sogar aus dem Deutschen ins Polnische übersetzt, z.B. Bücher von Adalbert Rückerl). Ein Teil davon war allerdings gar nicht für ein breites Publikum gedacht, sondern nur für den internen Gebrauch bestimmt.

48 Vgl. Bericht über den Besuch der Mitarbeiter der Hauptkommission bei der Zentralstelle in Köln im Dezember 1969 vom 30. Januar 1970, in: ZSt, Rechtshilfeverkehr mit Polen, GA-9-1, Bd. 2.

49 Ebd.

51 Bericht über die in der Zeit vom 27.11. bis 4.12.1972 von Oberstaatsanwalt Dr. Rückerl u.a. durchgeführte Dienstreise nach Polen, Unterpunkt i), in: ZSt, Rechtshilfeverkehr mit Polen, GA-9-1, Bd. 2.

52 Ebd.

53 Vgl. Erfahrungsbericht (Anm. 16).

54 Vgl. Gulińska-Jurgiel, Zwischen Recht, Moral und politischer Legitimation (Anm. 38).

55 Z.B. bei einer von zahlreichen Besprechungen Pilichowskis mit den Vertretern der Zentralen Stelle, während ihrer Dienstreise nach Polen im April/Mai 1966; vgl. Tätigkeits- und Erfahrungsbericht über die in der Zeit vom 17. April bis 3. Mai 1966 durchgeführte Dienstreise einer Arbeitsgruppe der Zentralen Stelle nach Polen, IV. Besprechungen mit dem Leiter der Hauptkommission Direktor Dr. Pilichowski und seinen Mitarbeitern, in: ZSt, Rechtshilfeverkehr mit Polen, GA-9-1, Bd. 2.

56 Vgl. Bericht über die Dienstreise nach Polen (Anm. 51).

57 Ebd.

58 Vgl. Bericht über den Besuch bei der Zentralstelle in Köln (Anm. 48).

59 Z.B. Bericht über die in der Zeit vom 5. bis 26. Februar 1965 in Warschau und Lublin durchgeführte Auswertung von NS-Dokumenten, in: ZSt, Rechtshilfeverkehr mit Polen, GA-9-1, Bd. 2.

60 ZSt, Rechtshilfeverkehr mit Polen, GA-9-1, Bd. 2.

61 Z.B. bei dem Besuch des Leiters der Polnischen Hauptkommission, Direktor Dr. Pilichowski, und zweier seiner Mitarbeiter vom 11.12. bis 13.12.1969 bei der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg, 15.12.1969, in: ZSt, Rechtshilfeverkehr mit Polen, GA-9-1, Bd. 2.

62 Zur Rolle der Gefühle in der historischen Forschung siehe z.B. Nina Verheyen, Geschichte der Gefühle, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 18.6.2010; Jan Plamper, Geschichte und Gefühl. Grundlagen der Emotionsgeschichte, München 2012.

63 Vgl. Erfahrungsbericht (Anm. 16).

64 Ebd.

65 Ebd.

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