Zu diesem Heft | In this Issue

United Kingdom Flag

»Wir wollen leben / nicht verrecken«, lautete eine Parole bei der Großdemonstration vom 23. Januar 1948 in München, die auf dem Cover dieser Ausgabe zu sehen ist. Die außergewöhnliche Dürre des Sommers 1947 führte im anschließenden Winter zu einer Ernährungskrise mit erheblichen sozialen und politischen Folgen, denen Victor Jaeschke in seinem Aufsatz am Beispiel der Bizone nachgeht. Die US-amerikanische und die britische Militärregierung im besetzten Deutschland hatten die Situation zunächst unterschätzt. Der Mangel an Saatgut, Futtermitteln und Dünger, an Wasser für Landwirtschaft, Kraftwerke und Feuerwehren sowie die schlechten Ernten des Jahres 1947 (nicht nur in Deutschland) ließen eine Hungerkatastrophe befürchten, schufen Verteilungskonflikte und gefährdeten die Legitimation der Besatzungsmächte. Durch massive US-amerikanische Lebensmittelimporte vor allem ab Dezember 1947 konnte die Not etwas gelindert werden, aber zum Zeitpunkt der abgebildeten Demonstration war die Lage weiterhin bedrohlich. Jaeschkes Aufsatz trägt nicht nur Neues zur Geschichte der alliierten Besatzungspolitik in Deutschland bei. Er lenkt den Blick auch darauf, dass die Erfahrungen von »Hungerwinter« und »Dürresommer« in der frühen Nachkriegszeit bereits wissenschaftliche Diskussionen über eine mögliche »Klimawende« in Europa auslösten. Wegen der offenkundigen Aktualität dieses Themas plädiert er dafür, Dürren und den politischen Umgang mit ihnen zeithistorisch breiter zu erforschen.

Das Coverfoto dieses offenen Heftes (mit unterschiedlichen Themen) entstammt einer spezifischen geschichtlichen Situation, aber es drängen sich dabei auch Gegenwartsbezüge auf. Den Wunsch »Wir wollen leben / nicht verrecken« könnten in ihren jeweiligen Sprachen auch heutige Menschen in der Ukraine, im Nahen Osten, im Sudan, in der Türkei, in Belarus und in vielen anderen Weltgegenden äußern. Zu Tausenden auf die Straßen gehen – wie 1948 in München – können sie in der Regel aber nicht. Dass uns der Slogan mit seiner universellen Botschaft bis heute zu erreichen vermag, hängt wohl gerade damit zusammen, dass der Anspruch auf (gutes, menschenwürdiges) Leben mehr umfasst als das existentielle Minimum an Nahrungsmitteln. Es ging und geht zugleich um Grundbedürfnisse wie soziale Teilhabe und menschliche Nähe, politische Freiheit und Schutz vor staatlicher Willkür, breite Bildung und angemessen bezahlte Erwerbsarbeit, innere und äußere Sicherheit. Karl Schlögel, der im März 1948 im Allgäu zur Welt kam und seit Langem einer der profiliertesten deutschen Osteuropa-Historiker ist, hat in seiner Dankesrede für den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2025 eindringlich über Schmerz und Fassungslosigkeit, über das Unselbstverständliche von Frieden und Freiheit gesprochen, nicht allein mit Blick auf die Ukraine.1

Charlotte Adèle Murphy erinnert in ihrem Aufsatz an die Biographie und das Werk des in der Ukraine geborenen Bildhauers Vadim Sidur (1924–1986), der nicht selbst in den Westen reisen konnte, dessen Plastiken durch interessierte westliche Kultur­vermittler:innen seit den 1970er-Jahren aber in der Bundesrepublik Deutschland bekannt wurden. Einige seiner Arbeiten wurden hier in vergrößerter Form als Denkmäler aufgestellt – ein aufschlussreicher Fall von Kulturtransfer im Kalten Krieg und zum Teil noch danach, bei dem sich die Kontexte und Bedeutungen der Kunstwerke wandelten. Murphy untersucht die Genese und die Rezeption von drei Denkmälern in Kassel, West-Berlin und Würzburg, die sich auf den NS-Terror und den Zweiten Weltkrieg beziehen. Sidur hatte den Krieg überlebt, blieb durch eine Gesichtsverletzung jedoch gezeichnet. Mit seiner künstlerischen Arbeit verweigerte er sich dem Heldenkult der offiziellen Erinnerungspolitik, was seine Möglichkeiten in der UdSSR stark beschränkte, sein Atelier aber zu einem Treffpunkt für interessierte westliche Besucher:innen machte. Bemerkenswert ist, dass die informellen deutsch-russischen Kontakte und Begegnungen in den 1970er- und 1980er-Jahren oft enger waren, als sie es heute sein können.

Vadim Sidur kannte wiederum den sowjetischen, ebenfalls in der Ukraine geborenen Schriftsteller Vasilij Grossman (1905–1964), der Kriegsberichterstatter für die Rote Armee gewesen war und dabei Dokumente über die nationalsozialistische Judenvernichtung gesammelt hatte. Seit einigen Jahren sind Grossmans literarische Werke in Deutschland neu übersetzt worden, darunter auch der Roman »Stalingrad«, auf dessen verwickelte Text- und Editionsgeschichte seit 1952 Matthias Schwartz für unsere Rubrik »Neu gelesen« näher eingeht. Aus heutiger Perspektive ist der Roman in mehrfacher Hinsicht interessant: als Gegenpol zur aktuellen russischen Indienstnahme des »Großen Vaterländischen Krieges«, als Alternative zu lange Zeit gängigen westdeutschen Stalingrad-Narrativen sowie als »ein literarisches Zeugnis der jüdischen Geschichte« (Schwartz).

Ein zweiter Beitrag der Rubrik »Neu gelesen« hat ebenfalls Bezüge zur osteuropäischen und jüdischen Geschichte, widmet sich aber einem neueren Buch mit zeitlich und geographisch breiterem Zugang: Unter dem nicht unbescheidenen Titel »Das Jahrhundert verstehen. Eine universalhistorische Deutung« legte Dan Diner 1999 eine durchaus »eigenwillige« Synthese des 20. Jahrhunderts vor, wie Maurus Reinkowski schreibt. Das Buch verfolgt nicht den Anspruch einer Globalgeschichte, sondern konzentriert sich auf den europäischen Raum, aber mit stärkerem Augenmerk für die Peripherien Europas und den »Orient« als in vergleichbaren Darstellungen. Das Cover der weiterhin lieferbaren Taschenbuchausgabe von 2015 zeigt die berühmte Freitreppe von Odessa, einer Stadt, über die Karl Schlögel 2001 noch mit Euphorie schreiben konnte,2 die 2022/23 aber schwere Kriegsschäden erlitt. Im Jahr 2025 hat Dan Diner nun gleich zwei wichtige Auszeichnungen erhalten: den Ludwig-Börne-Preis und den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa – die Jury des Freud-Preises hat dabei ausdrücklich auf »Das Jahrhundert verstehen« hingewiesen.

Beim Versuch, das 20. Jahrhundert verstehen zu wollen, mag es helfen, einige der Akteur:innen auch zu hören. Die seit dem Beginn dieses Jahrhunderts an Bedeutung gewinnenden Tonaufzeichnungen und Schallarchive ermöglichen Zugänge zur Geschichte, die über schriftliche und bildliche Dokumente hinausreichen bzw. sie ergänzen. Einen »unmittelbaren«, »authentischen« Einblick in die Vergangenheit liefern sie jedoch keineswegs – gerade die frühen Tondokumente sind stark geprägt von den Möglichkeiten und Grenzen der jeweiligen Aufnahmetechnik sowie von den mehr oder weniger sorgfältig inszenierten Arrangements. Daher handelt es sich um Quellen des Aufzeichnens und des Aufgezeichneten gleichermaßen. Auch die Geschichtlichkeit von Sprechweisen und Redestilen wird deutlich. Die Höredition »Jahrhundertstimmen« mit historischen Tondokumenten vor allem aus dem Deutschen Rundfunkarchiv lädt dazu ein, dem genauer nachzugehen und in die Fülle der akustischen Überlieferung einzutauchen. Um die Sammlung komplett zu hören, würde man mehr als 60 Stunden benötigen. Daniel Morat gibt in seinem Beitrag einen hilfreichen Überblick und greift markante Beispiele heraus; er weist auf mediale Besonderheiten ebenso hin wie auf Leerstellen des Materials und Lücken der Edition.

Drei längere Forschungsaufsätze des vorliegenden Heftes beschäftigen sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Alexander Zinn kann das bisherige Bild der Strafverfolgung von Homosexuellen in den 1950er- und 1960er-Jahren differenzieren, indem er am Beispiel der Situation in Frankfurt am Main genauer belegt, wie Polizei und Justiz mit den relevanten Paragraphen des Strafgesetzbuches umgingen. Nach einer Phase intensiver Strafverfolgung 1950/51, die in den Medien scharfer Kritik ausgesetzt war, wurden die Urteile deutlich milder; der Anteil von Freisprüchen und Geldstrafen nahm zu. Dem Autor zufolge bedeutet dies keineswegs, dass nun eine generelle Akzeptanz von Homosexualität entstanden wäre – bekannt und sichtbar werden durfte diese weiterhin nicht. Aber die These »einer bruchlosen Fortsetzung der NS-Verfolgungspolitik« ist laut Zinn zu korrigieren.

Die folgenden beiden Aufsätze betrachten die Bundesrepublik mit transnationalen Bezügen; sie untersuchen speziell das Handeln der Bundesregierungen in außen-, militär- und entwicklungspolitischen Zusammenhängen. David Kuchenbuch liefert eine prägnante Fallstudie zur 1970 ausgestrahlten Spielfilmserie »Keine Zeit für Abenteuer«, die das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit beim ZDF angeregt und maßgeblich finanziert hatte, um breitenwirksam für den Nutzen der westdeutschen Entwicklungshilfe zu werben. Die in Brasilien spielende Serie hatte aber den komplett gegenteiligen Effekt; schon zeitgenössisch wurde sie als Ausdruck von »Neokolonialismus« kritisiert. Kuchenbuch argumentiert, dass die Vorwürfe berechtigt waren, dass die historische Analyse dabei jedoch nicht stehenbleiben sollte. Er schildert, wie die PR-Idee des Ministeriums entstehen konnte, wie politische und mediale Logiken aufeinanderstießen und warum die Serie im Jahr ihrer Ausstrahlung schon nicht mehr in die Zeit passte. Die wachsende »Reflexivität des Entwicklungsdenkens« (auch im Ministerium selbst) verlangte und ermöglichte andere Formen der Darstellung.

Einen längeren Zeitraum untersucht Torsten Konopka, der die bundesdeutsche Militärkooperation mit Ruanda von der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1962 bis zum Genozid von 1994 verfolgt. In politischen Debatten wird immer wieder gefragt, welche Mitverantwortung für den Massenmord die Bundesrepublik möglicherweise hatte. Demgegenüber geht es hier um die Vorgeschichte: Welche Ziele waren mit der Ausrüstungs- und Ausbildungshilfe der Bundeswehr verbunden, welchen Umfang und welche Effekte hatten diese Hilfen? Zur Zeit der deutschen und europäischen Teilung lag der Hauptzweck darin, den Einfluss der DDR und des »Ostblocks« in Afrika zu begrenzen und »Sympathiewerbung« für die Bundesrepublik zu betreiben. Einige ruandische Polizisten und Soldaten erhielten Schulungen in der Bundesrepublik; zudem wurden Fahrzeuge und Kommunikationssysteme nach Ruanda geliefert. Seit 1978 war eine kleine Beratergruppe der Bundeswehr in dem Land tätig. Politisch oder militärisch stärker engagieren wollten sich die Bundesministerien in Ruanda jedoch nicht. Die Berater besaßen enge Kontakte zur ruandischen Führung, aber Einblicke in die Planung des Genozids hatten sie offenbar nicht. Da die deutschen Vertreter (auch der Botschaft, der Entwicklungshilfe und der Deutschen Welle) Ende April 1994 aus Ruanda evakuiert wurden, konnten sie vor Ort keinen Einfluss mehr nehmen. Es bleibt eine bedrückende Geschichte, die von mangelnder außenpolitischer Weitsicht zeugt.

Um nicht mit dieser eher düsteren Feststellung zu enden, hier ein Hinweis in eigener Sache: 2025 hatten wir Gelegenheit, an Podien bei den 7. Schweizerischen Geschichtstagen in Luzern und beim 55. Deutschen Historikertag in Bonn mitzuwirken. Auf das jeweilige Motto der beiden Kongresse abgestimmt, ging es um (Un-)Sichtbarkeiten von Fachzeitschriften sowie um Dynamiken der Macht beim wissenschaftlichen Publizieren. Direkt nach dem Podium in Luzern ist ein Podcast-Gespräch für H-Soz-Kult entstanden,3 und das Bonner Podium ist beim Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung dokumentiert.4 Wer die Tagungen oder speziell diese Diskussionen nicht live mitverfolgen konnte, ist herzlich eingeladen, auf digitalem Wege einen kleinen Einblick in die Redaktionsarbeit und ihre breiteren Kontexte zu erhalten.

Jan-Holger Kirsch für die Redaktion


Anmerkungen:

1 Karl Schlögel, Von der Ukraine lernen. Verhaltenslehren des Widerstands, 19.10.2025, URL: <https://www.friedenspreis-des-deutschen-buchhandels.de/alle-preistraeger-seit-1950/2020-2029/karl-schloegel>. Seine Beiträge für unsere Zeitschrift finden sich unter <https://zeithistorische-forschungen.de/autoren/karl-schloegel>.

2 Karl Schlögel, Auf der Treppe von Odessa. Eine Stadt in der Zeit großer Erwartungen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.2.2001, S. II.

3 (Un-)Sichtbarkeit geschichtswissenschaftlicher Fachzeitschriften. Staffel 3, Episode 6 des H-Soz-Kult-Podcasts »Vergangenheitsformen«, aufgenommen am 10.7.2025, veröffentlicht am 12.9.2025, URL: <https://www.hsozkult.de/podcast/staffel-3/un-sichtbarkeit> (mit Tina Asmussen, Christine Bartlitz und Jan-Holger Kirsch).

4 Konkurrenz und Kooperation. Dynamiken der Macht beim Publizieren in und von Fachzeitschriften, Podium vom 17.9.2025, veröffentlicht am 24.9.2025, URL: <https://lisa.gerda-henkel-stiftung.de/historikertag2025_fachzeitschriften> (mit Jens Bisky, Jan-Holger Kirsch, Julia Menzel, Yvonne Robel und Benjamin Seyd).

In this Issue

Notes

›We want to live / not to die like dogs‹ was one of the slogans chanted at a large demonstration in Munich on 23 January 1948, which is depicted on the cover of this issue. The exceptional drought of the summer of 1947 led to a food crisis in the following winter with considerable social and political consequences, which Victor Jaeschke examines in his article using the example of the Bizone. The American and British military governments in occupied Germany initially underestimated the situation. The shortage of seeds, animal feed and fertiliser, water for agriculture, power stations and fire brigades, as well as the poor harvests of 1947 (not only in Germany) gave rise to fears of a famine, created distribution conflicts and jeopardised the legitimacy of the occupying powers. Massive US food imports, especially from December 1947 onwards, alleviated the hardship somewhat, but at the time of the demonstration depicted on the cover, the situation remained dire. Jaeschke’s article not only contributes new insights into the history of Allied occupation policy in Germany; it also draws attention to the fact that the experiences of the ›hunger winter‹ and ›drought summer‹ in the early post-war period already triggered scientific discussions about possible ›climate change‹ in Europe. Because of the obvious topicality of this issue, Jaeschke argues for broader research into droughts and how they were dealt with politically in contemporary history.

The cover photo of this open issue (with different themes) comes from a specific historical situation, but it also has contemporary relevance. The slogan ›We want to live / not to die like dogs‹ could also be expressed in their respective languages by people today in Ukraine, the Middle East, Sudan, Turkey, Belarus and many other parts of the world. However, they are generally unable to take to the streets in their thousands, as they did in Munich in 1948. The fact that this slogan with its universal message still resonates with us today is probably due to the fact that the right to a (good, dignified) life encompasses more than just the existential minimum of food. It was and still is about basic needs such as social participation and human contact, political freedom and protection from arbitrary state power, broad education and adequately paid gainful employment, as well as internal and external security. Karl Schlögel, who was born in the Allgäu region in March 1948 and has long been one of Germany’s most prominent historians of Eastern Europe, spoke emphatically in his acceptance speech for the 2025 Peace Prize of the German Book Trade about pain and bewilderment, about the unnaturalness of peace and freedom, not only with regard to Ukraine.1

In her article, Charlotte Adèle Murphy recalls the biography and work of Ukrainian-born sculptor Vadim Sidur (1924–1986), who was unable to travel to the West himself, but whose sculptures became known in the Federal Republic of Germany in the 1970s thanks to interested Western cultural mediators. Some of his works were erected here in enlarged form as monuments – a revealing case of cultural transfer during the Cold War and, in part, afterwards, in which the contexts and meanings of the artworks changed. Murphy examines the genesis and reception of three monuments in Kassel, West Berlin and Würzburg that refer to Nazi terror and the Second World War. Sidur survived the war but was scarred by a facial injury. His artistic work rejected the cult of heroes in official memory politics, which severely limited his opportunities in the USSR but made his studio a meeting place for interested Western visitors. It is noteworthy that informal German-Russian contacts and encounters were often closer in the 1970s and 1980s than they can be today.

Vadim Sidur knew the Soviet writer Vasily Grossman (1905–1964), who was also born in Ukraine and had been a war correspondent for the Red Army, collecting documents on the Nazi extermination of the Jews. In recent years, Grossman’s literary works have been retranslated in Germany, including the novel Stalingrad, whose complicated textual and editorial history since 1952 is explored in detail by Matthias Schwartz in our ›Literature Revisited‹ section. From today’s perspective, the novel is interesting in several respects: as a counterpoint to the current Russian appropriation of the ›Great Patriotic War‹, as an alternative to the West German narratives of Stalingrad that were prevalent for a long time, and as ›a literary testimony to Jewish history‹ (Schwartz).

A second contribution to the ›Literature Revisited‹ section also relates to Eastern European and Jewish history, but focuses on a more recent book with a broader temporal and geographical scope. Under the rather immodest German title Das Jahrhundert verstehen. Eine universalhistorische Deutung (Understanding the Century: A Universal Historical Interpretation), Dan Diner presented in 1999 a thoroughly ›idiosyncratic‹ synthesis of the 20th century, as Maurus Reinkowski writes. The book does not claim to be a global history, but focuses on the European space, albeit with a stronger emphasis on the peripheries of Europe and the ›Orient‹ than in comparable accounts. The cover of the 2015 German paperback edition, which is still available, shows the famous steps of Odessa, a city about which Karl Schlögel was still able to write euphorically in 2001,2 but which suffered severe war damage in 2022/23. In 2025, Dan Diner received two important awards: the Ludwig Börne Prize and the Sigmund Freud Prize for Academic Prose – the jury for the Freud Prize expressly referred to Das Jahrhundert verstehen.

When attempting to understand the 20th century, it may be helpful to listen to some of the people who played a role in it. Sound recordings and audio archives, which have gained in importance since the beginning of this century, provide access to history that goes beyond written and visual documents or supplements them. However, they do not provide an ›immediate‹ or ›authentic‹ insight into the past – early audio documents in particular are strongly influenced by the possibilities and limitations of the recording technology of the time, as well as by arrangements that were staged with varying degrees of care. They are therefore historical sources for the recording as well as the recorded material itself. The historicity of ways of speaking and styles of speech also becomes clear. The audio edition ›Jahrhundertstimmen‹ (Voices of the Century), with historical audio documents primarily from the German Broadcasting Archive, invites listeners to explore this in more detail and immerse themselves in the wealth of acoustic tradition. It would take more than 60 hours to listen to the entire collection. In his contribution, Daniel Morat provides a helpful overview and highlights striking examples; he points out media peculiarities as well as gaps in the material and the edition.

Three longer research articles in this issue deal with the history of the Federal Republic of Germany from different perspectives. Alexander Zinn is able to differentiate the previous picture of the prosecution of homosexuals in the 1950s and 1960s by using the example of the situation in Frankfurt am Main to demonstrate more precisely how the police and judiciary dealt with the relevant sections of the Criminal Code. After a phase of intensive prosecution in 1950/51, which was sharply criticised in the media, the sentences became significantly milder; the proportion of acquittals and fines increased. According to the author, this does not mean that homosexuality was now generally accepted – it was still not allowed to be known or visible. However, according to Zinn, the thesis of ›an unbroken continuation of Nazi persecution policy‹ needs to be corrected.

The next two articles examine the Federal Republic of Germany in a transnational context, focusing specifically on the actions of the federal governments in the areas of foreign, military and development policy. David Kuchenbuch provides a concise case study on the 1970 television series ›Keine Zeit für Abenteuer‹ (No Time for Adventure), which was initiated and largely financed by the Federal Ministry for Economic Cooperation at ZDF in order to promote the benefits of West German development aid to a broad audience. However, the series, set in Brazil, had the completely opposite effect; even at the time, it was criticised as an expression of ›neo-colonialism‹. Kuchenbuch argues that the accusations were justified, but that the historical analysis should not stop there. He describes how the ministry’s PR idea came about, how political and media logics clashed, and why the series was already out of step with the times in the year it was broadcast. The growing ›reflexivity of development thinking‹ (including within the ministry itself) demanded and enabled other forms of representation.

Torsten Konopka examines a longer period, tracing German military cooperation with Rwanda from the country’s independence in 1962 to the genocide of 1994. Political debates repeatedly raise the question of what responsibility the Federal Republic of Germany may have had for the mass murder. In contrast, this study focuses on the background: what were the objectives of the Bundeswehr’s equipment and training assistance, and what was the scope and impact of this assistance? At the time of German and European division, the main purpose was to limit the influence of the GDR and the ›Eastern Bloc‹ in Africa and to promote ›sympathy‹ for the Federal Republic. Some Rwandan police officers and soldiers received training in the Federal Republic; in addition, vehicles and communication systems were delivered to Rwanda. A small group of Bundeswehr advisers had been active in the country since 1978. However, the federal ministries did not want to become more politically or militarily involved in Rwanda. The advisers had close contacts with the Rwandan leadership, but apparently had no insight into the planning of the genocide. Since the German representatives (including those from the embassy, development aid and Deutsche Welle) were evacuated from Rwanda at the end of April 1994, they were no longer able to exert any influence on the ground. It remains a depressing story that testifies to a lack of foresight in foreign policy.

To avoid ending on this rather gloomy note, we would like to mention that, in 2025, we had the opportunity to participate in panel discussions at the 7th Swiss History Days in Lucerne and the 55th German Historians’ Conference in Bonn. In keeping with the respective themes of the two conferences, the discussions focused on the (in)visibility of academic journals and the dynamics of power in academic publishing. Immediately after the panel discussion in Lucerne, a podcast conversation was recorded for H-Soz-Kult,3 and the Bonn panel discussion is documented on the Gerda Henkel Foundation’s science portal.4 Anyone who was unable to follow the conferences or these discussions live is cordially invited to gain a little insight into the editorial work and its broader contexts via digital media.

Jan-Holger Kirsch for the editorial team
(Translated from the German by Lee Holt)


Notes:

1 Karl Schlögel, Learning from Ukraine. Lessons of Resistance, 19 October 2025, URL: <https://www.friedenspreis-des-deutschen-buchhandels.de/en/alle-preistraeger-seit-1950/2020-2029/karl-schloegel>. His contributions to our journal can be found at <https://zeithistorische-forschungen.de/autoren/karl-schloegel>.

2 Karl Schlögel, Auf der Treppe von Odessa. Eine Stadt in der Zeit großer Erwartungen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17 February 2001, p. II.

3 (Un-)Sichtbarkeit geschichtswissenschaftlicher Fachzeitschriften. Staffel 3, Episode 6 des H-Soz-Kult-Podcasts »Vergangenheitsformen«, recorded on 10 July 2025, published on 12 September 2025, URL: <https://www.hsozkult.de/podcast/staffel-3/un-sichtbarkeit> (with Tina Asmussen, Christine Bartlitz and Jan-Holger Kirsch).

4 Konkurrenz und Kooperation. Dynamiken der Macht beim Publizieren in und von Fachzeitschriften, panel discussion on 17 September 2025, published on 24 September 2025, URL: <https://lisa.gerda-henkel-stiftung.de/historikertag2025_fachzeitschriften> (with Jens Bisky, Jan-Holger Kirsch, Julia Menzel, Yvonne Robel and Benjamin Seyd).

Zitation

Zu diesem Heft, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 21 (2024–2025), H. 2,
URL: https://zeithistorische-forschungen.de/index.php/2-2024-2025/6238 ,
DOI: https://doi.org/10.14765/zzf.dok-2944 ,
Druckausgabe: S. 215-218.

In this Issue, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 21 (2024–2025), H. 2,
URL: https://zeithistorische-forschungen.de/index.php/2-2024-2025/6238#en,
DOI: https://doi.org/10.14765/zzf.dok-2945,
Druckausgabe: S. 219-222.

Klassifikation

Thematische Klassifikation

Regionale Klassifikation

Chronologische Klassifikation

Veröffentlicht am

Linkcheck zuletzt am