Dank sagen

Geschichte einer akademischen Kulturtechnik

  1. »Meinem Gnädigsten Herrn« –
    Lobpreis und Dankesreden in der Frühen Neuzeit
  2. »Von uns selber schweigen wir« –
    Danksagungen von der Aufklärung bis ins 20. Jahrhundert
  3. Subjektivierung, Entkonventionalisierung und
    Individualisierung – Danksagungen seit den 1990er-Jahren
  4. Demokratisierung, Konkurrenzprinzip,
    Wissenspopularisierung, Internationalisierung –
    Ursachen einer neuen Dankeskultur
  5. Fazit und Ausblick

Anmerkungen

[Dieser Beitrag ist eine überarbeitete Version meiner Antrittsvorlesung im Rahmen des Habilitationsverfahrens an der Universität Leipzig,
21. Juni 2022.]

Extravagante Danksagungen in literarischen und wissenschaftlichen Büchern werden regelmäßig in den Massenmedien und auf Social Media zur Unterhaltung verbreitet und debattiert.1 Auch am Beispiel von in Danksagungen nicht erwähnten Mitarbei­ter:innen und Ghostwritern werden verschiedene Auslegungen guter wissenschaftlicher Praxis und redlichen Schreibens diskutiert.2 Für Danksagungen interessieren sich jedoch nicht nur die Massenmedien, sondern erst recht die Wissen­schaftler:innen selbst. Zwar sind akademische Danksagungen von der geistes- und geschichtswissenschaftlichen Forschung bisher kaum systematisch untersucht worden.3 Gleichwohl stellen sie einen von Fachkolleg:innen aufmerksam rezipierten Paratext dar, der ebenfalls der Unterhaltung dienen kann, durch den sie sich aber auch ein Bild vom jeweiligen Autor bzw. von der Autorin verschaffen.4 Anhand von Danksagungen wird überprüft, in welchen fachlichen Schulen sich die Autor:innen verorten, für welche Unterstützung sie sich bei wem bedanken, welche privaten Ansichten und Angelegenheiten sie preisgeben und inwiefern sie fachliche Konventionen einhalten. Umgekehrt ist dieser prüfende Blick der Kolleg:innen den Verfasser:innen von Danksagungen bekannt. Über die Geste hinaus bieten Danksagungen den Autor:in­nen daher die Möglichkeit, sich den Kolleg:innen als Wissenschaftler:in und (Privat-)Person zu präsentieren.

Genau deshalb eignen sich akademische Danksagungen als historische Quellen für die Wissenschafts-, Sozial- und Kulturgeschichte. Ihre Analyse kann Auskunft geben über Netzwerke, Hierarchien, (Un-)Sichtbarkeiten und strategische Interessen in einem Fach. Danksagungen gewähren Einblicke in das Arbeitsklima und die Debattenkultur eines Instituts sowie in die Selbstinszenierung und das Selbstverständnis der Dankenden.5 Als Teil einer akademischen Dankeskultur, die auch Preisverleihungen, Festschriften, die Vergabe von Freiexemplaren an Kolleg:innen (bzw. früher Sonderdrucke) oder Nachrufe auf verstorbene akademische Lehrer:innen einschließt, stellen verschriftlichte und publizierte Danksagungen eine zu erlernende Praktik dar, die je nach Zeit und Kultur variiert.6 Im Anschluss an ethnologische, soziologische und wissenschaftsgeschichtliche Theorien und Fallstudien zur Vergesellschaftung, zur gesellschaftlichen Differenzierung sowie zur Performanz in den Wissenschaften lassen sich akademische Danksagungen daher als Sonden verstehen, die im diachronen Längsschnitt Aussagen zum Selbstverständnis sowohl von Wissenschaftler:innen als auch zum jeweiligen Wissenschaftssystem erlauben.7

Daraus ergeben sich die Fragen dieses Essays: Wie und an wen sagten Wissen­schaftler:innen seit der Frühen Neuzeit in ihren Studien Dank? Wann und warum änderte sich dies? Wie lassen sich die Danksagungen typologisieren und periodisieren? Um Antworten zu finden, wurden etwa 200 akademische Danksagungen aus geistes-, überwiegend jedoch geschichtswissenschaftlichen Büchern ausgewertet, die den Zeitraum vom 17. bis ins 21. Jahrhundert abdecken. Damit wird kein Anspruch auf statistische Repräsentativität erhoben. Vielmehr dient das Quellenkorpus einer Exploration des Feldes, wobei ich argumentieren möchte, dass sich seit der Frühen Neuzeit drei Idealtypen wissenschaftlicher Danksagungen identifizieren lassen: die untertänige, rhetorisch ausgefeilte Dankesrede des 17. und 18. Jahrhunderts, die knappe, von sich selbst schweigende des 19. und 20. Jahrhunderts sowie die ausführlich-subjektivierende des 21. Jahrhunderts. Besondere Aufmerksamkeit erfährt die Entstehung des dritten Danksagungstypus seit den 1990er-Jahren, der eng mit Veränderungen des zeitgenössischen Wissenschaftssystems verbunden ist.

1. »Meinem Gnädigsten Herrn« –
Lobpreis und Dankesreden in der Frühen Neuzeit

Charakteristisch für die Danksagungen der Frühen Neuzeit ist die vierseitige, 1688 gedichtete und 1689 erstmals publizierte Widmung, Dankesrede und Lobpreisung des Schriftstellers und Historikers Henrich Anshelm von Zigler und Kliphausen an den »durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Hn. Johann Georgen Erb-Printzen der Chur, […], Meinem Gnädigsten Herrn. Durchlauchtigst-Grosser Printz!« Nachdem sich der Autor mehrmals als »Sclave« und »Knecht« des Prinzen bezeichnet hat, endet die Danksagung wie folgt:

»Und also wirst DU nicht diß Wenige verschmähn,
Was Dir Dein Sclave hier in Demuth überreichet:
Weil grosse Printzen offt nur Wasser hat vergnügt,
Das eine treue Hand geschöpft. Ja selbst mein Hertze,
Das mehr als diese Schrifft zu Deinen Füssen liegt,
Zündt dieses Opffer an, als eine treue Kertze,
Die nach Vermögen wünscht, gleich andern, vor Dein Heil,
In Unterthänigkeit zu sterben und zu brennen,
Wird mir ein Funcken nun von Deiner Huld zu theil:
So werd ich bis zur Grufft mich unterthänigst nennen
Eurer Chur-Prinzl. Durchl.
Leipzig den 16. Augusti
An. 1688.
Treu-gehorsamst- und
demütigst-ergebner Knecht
H.A.v.Z.u.K.«8

Dieser gedichtete Dank war einerseits Ausdruck des frühneuzeitlichen Wissenschaftssystems. Andererseits stand er noch in einer bis in die Antike und das frühe Christentum zurückreichenden Tradition der Panegyrik in sozial extrem ungleichen Gesellschaften. Während der Frühen Neuzeit waren Gelehrte auf die Gunst der Fürsten angewiesen. Diese gründeten wie Albrecht VI. eigene Universitäten und finanzierten als Mäzene das Schaffen der Gelehrten und die Publikation ihrer Werke. Solche Gaben konnten die Gelehrten nicht materiell erwidern; überhaupt war es für sie unmöglich, sich durch eine Danksagung auf die gleiche Stufe mit dem Bedankten zu stellen. Was ihnen blieb, war eine ausführliche Lobpreisung des Gebers, in der sie sich selbst erniedrigten und den Grad der Dankbarkeit in der Ausführlichkeit und Rhetorik des Dankes ausdrückten. Diese Lobpreisungen in den Widmungen und Vorworten von Romanen und wissenschaftlichen Studien führten wiederum schon zeitgenössisch zu Reflexionen darüber, inwiefern es sich hier um reine Konvention und Pflichterfüllung oder doch um den Ausdruck aufrichtiger Dankbarkeit handele.9

Johann Martin Chladenius (Chladni), der durch sein Konzept des »Sehepunktes« bekannt wurde, schrieb 1752 in der ebenfalls sehr ausführlichen Vorrede zu seiner »Allgemeinen Geschichtswissenschaft«: »Nach einem alten Gebrauche, pflegen Gelehrte ihre Wercke Männern aus einer höheren Sphäre zu widmen. Einige haben ihre Ehrfurcht und Ergebenheit dadurch zu bezeigen gesucht: andere haben solches aus Dankbarkeit nicht unterlassen zu können geglaubt: andere haben sich den Weg zur Gewogenheit mächtiger Gönner zu bahnen gesucht: wiederum andere haben ihre Arbeit demjenigen widmen wollen, von dem sie versichert gewesen, daß sie die geneigte Aufnahme ihres großen Gönners als die erste Frucht ihrer angewandten Mühe und Arbeit, zuverlässig einsammeln würden.«10

Die in diesem Zitat angedeuteten verschiedenen Funktionen von Danksagungen sowie die der funktionalen und berechnenden Danksagung gegenübergestellte Idee einer »aufrichtigen« und »ehrlichen« Dankbarkeit werden uns noch weiter beschäftigen. Auch die Annahme, dass sich echte Dankbarkeit in der Originalität und Rhetorik des Dankes selbst ausdrücke, findet sich bis in die Gegenwart. Zunächst gilt es allerdings festzuhalten, dass die ausführlichen Lobpreisungen der Frühen Neuzeit mit dem Wandel der Ständegesellschaft hin zur liberalen Bürgergesellschaft, die ihre eigenen Dankesformeln hervorbrachte, aus wissenschaftlichen Werken weitgehend verschwanden.

2. »Von uns selber schweigen wir« –
Danksagungen von der Aufklärung bis ins 20. Jahrhundert

Bereits im 16. Jahrhundert forderte Desiderius Erasmus von Rotterdam, Gelehrte sollten sich aus ihren gesellschaftlichen Verflechtungen ins einsame Schreibzimmer zurückziehen, damit sie dort ungehindert von weltlichen und religiösen Autoritäten und ungestört von der sozialen Umwelt ihren wissenschaftlichen Tätigkeiten nachgehen könnten.11 Diese idealisierte Entsozialisierung des (männlichen) Gelehrten, der sich nur der Wissenschaft hingibt, korrespondierte wenig später mit den Forderungen von Francis Bacon und Immanuel Kant, die das Selbstverständnis von Wissenschaftlern in den folgenden Jahrhunderten tiefgehend prägten. Bacons Forderung »De nobis ipsis silemus« stellte Kant seiner 1781 erschienenen »Kritik der reinen Vernunft« als Zitat voraus.12 »Von uns selbst schweigen wir«, lautete danach das Credo der aufgeklärten modernen Wissenschaften, die die Autorität und Überzeugungskraft ihrer Schriften nicht mehr von Gott oder dem jeweiligen Landesfürsten ableiten wollten, sondern aus der Vernunft und dem vorgebrachten Argument. Mit der idealisierten räumlichen Isolierung des Wissenschaftlers ging dessen Austritt als Subjekt aus seinem Werk einher. Nur noch der Autorenname verwies auf den Geist, dem das Werk entsprungen war. Ganz in dieser Tradition stehend wünschte Leopold von Ranke 1870 im Vorwort zu seiner »Englischen Geschichte«, »mein Selbst gleichsam auszulöschen, und nur die Dinge reden, die mächtigen Kräfte erscheinen zu lassen«.13

Im frühen 20. Jahrhundert war es Max Weber, der dieses Diktum in seinem berühmten Text »Wissenschaft als Beruf« folgendermaßen aktualisierte: »Persönlichkeit auf wissenschaftlichem Gebiet hat nur der, der rein der Sache dient. […] Auf dem Gebiet der Wissenschaft […] ist derjenige ganz gewiß keine ›Persönlichkeit‹, der als Impresario der Sache, der er sich hingeben sollte, mit auf die Bühne tritt, sich durch ›Erleben‹ legitimieren möchte […].«14 Martin Heidegger behauptete in einer seinen frühen Vorlesungen, mit Sätzen wie »Aristoteles wurde geboren, arbeitete und starb« sei biographisch das Wichtigste über den Autor gesagt.15 Gerhard Ritter, einer der einflussreichsten westdeutschen Historiker der Nachkriegszeit, antwortete 1965 auf eine Interviewanfrage wie folgt: »Das Persönliche ist unwichtig, das wissenschaftliche Werk allein wichtig. So möchte ich Sie bitten, von meiner Person doch lieber abzusehen.«16

Akzeptierte Ausnahmen von dieser selbst auferlegten Zurücknahme des Autors gab es nur drei: Dies war vereinzelt der Dank an einen häufig namentlich genannten Archivar, dem stellvertretend für alle Archivare gedankt wurde, die den Dankenden bei seinen Recherchen unterstützt hatten. In Anlehnung an Eyal Ben-Aris Interpretation ethnologischer Danksagungen lässt sich vermuten, dass dieser explizite Dank an Archivar:innen für Historiker:innen eine doppelte Funktion erfüllt.17 Mit dem Dank begleichen sie eine Schuld, weil sie im Archiv tatsächliche Unterstützung erfahren haben. Darüber hinaus signalisiert der Dank an Archivar:innen und deren namentliche Erwähnung den Kolleg:innen im eigenen Fach, das hohen Wert auf empirische Archivarbeit legt, dass man diesen Konsens teilt, grundlegende und anstrengende Recherchen im Archiv durchgeführt und mit Hilfe »indigener« Ortskundiger die gesuchten (Quellen-)Schätze gehoben habe. Des Weiteren entsprach der knappe Dank an die eigenen akademischen Lehrer gängigen Konventionen und, etwas weiter gefasst, der Dank an Wissenschaftler und Vordenker, auf deren Erkenntnissen die eigene Arbeit aufbaue. Die Autorität des vorgebrachten Arguments wurde durch derartige Dankesfloskeln nicht gefährdet, vielmehr drückte sie die Bescheidenheit und Demut des Wissenschaftlers vor den Leistungen anderer aus. Prägnant findet sie sich in dem häufig Isaac Newton zugeschriebenen, tatsächlich aber viel älteren Aphorismus: »Wenn ich weiter geblickt habe [als andere], so deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stehe.«18

Die geforderte Hingabe für die eigene Sache und die Bescheidenheit des Gelehrten wirkten sich direkt auf die Danksagungen aus. Im deutlichen Kontrast zu den seitenlangen Lobpreisungen aus der Frühen Neuzeit wiesen wissenschaftliche Werke seit dem 19. Jahrhundert entweder überhaupt keine Danksagung oder nur eine sehr knappe auf. Häufig enthielten sie lediglich eine kurze Widmung. Diese konnte zwar auch Ausdruck von Dankbarkeit sein, anders als eine Danksagung war sie aber keine direkte Gegengabe an eine konkret benannte Person für eine spezifische, bei der Erstellung des Werks erbrachte Leistung, sondern ein nicht erwartbares, vages, manchmal auch rätselhaftes Nähebekenntnis zu einer Person oder politischen Überzeugung.19

Die meines Wissens einzige von einer deutschsprachigen Historikerin im 19. Jahrhundert verfasste Danksagung fällt ähnlich wie bei ihren männlichen Kollegen knapp aus und richtet sich an die akademischen Lehrer. In ihrer 1892 publizierten Dissertation hielt Ricarda Huch fest: »Ich werde mich immer mit lebhaftem Danke der reichen Anregung erinnern, die ich von meinen hochverehrten Lehrern, den Herren Professoren v. Wyss und Meyer v. Knonau, empfangen habe.«20

Diese Konvention der Zurücknahme der eigenen Person dominierte in geschichtswissenschaftlichen Werken bis ins letzte Drittel des 20. Jahrhunderts und findet sich vereinzelt auch noch in der Gegenwart. Unterschiede in den Danksagungen von Historikerinnen und Historikern gab es weiterhin kaum. Beide Geschlechter nahmen sich in ihrem akademischen Dank zurück und präsentierten sich weitgehend losgelöst von sozialen Beziehungen, als der Sache dienend und als Schüler bzw. Schülerinnen ihrer akademischen Lehrer.

Innerhalb dieser Konvention der Zurückhaltung lassen sich im Laufe des 20. Jahrhunderts leichte Erweiterungen ausmachen. Neben Eltern, Archivaren und akademischen Lehrern wurde zunehmend auch Herausgebern von wissenschaftlichen Buchreihen, akademischen Schülern sowie später Mitarbeiter:innen und Kolleg:in­nen für inhaltliche Anregungen und Korrekturlesen, für technische Unterstützung beim Erstellen von Registern oder der Anfertigung von Tabellen und Graphiken gedankt. Zusätzlich dankten manche Autor:innen ihren ehemaligen (Geschichts-)Lehrer:innen dafür, sie für das Fach begeistert zu haben, und Sekretärinnen für das Abtippen des Manuskripts.21 Auch der Dank an die Ehefrau bzw. den Ehemann wurde häufiger, sowohl als Begleiter:in durch das Leben wie auch als Mitarbeiter:in an Buchprojekten. Dementsprechend widmete Hans Rothfels die deutsche Ausgabe von »Die deutsche Opposition gegen Hitler« 1949 seiner Frau, »die nicht nur die Bürde der ›Übersetzung‹ zu gutem Teile mitgetragen hat, sondern auch sehr wesentlich die der äußeren und inneren Erfahrungen eines Jahrzehnts, die gemacht, und der Auseinandersetzungen, die durchlebt werden mußten, ehe dieses Buch geschrieben werden konnte. Es gehört ihr in mehr als einem Sinne.«22 Umgekehrt dankten Historikerinnen ihren Männern für deren engagiertes Interesse an ihrem Werk, für dessen kritische Lektüre oder für ihre Kochkünste.23 Diese Erweiterung des Dankes führte aber nicht zu einem Abbau von Hierarchien. Im Gegenteil, der Status einer Person wurde weiterhin durch akademische Titel, zusätzliche Bezeichnungen wie »Schüler« und überhaupt die Nennung einer Person im Vergleich zu nicht Genannten deutlich markiert.24

Vereinzelt finden sich auch Danksagungen, die meist implizit auf zeitgenössische Ereignisse Bezug nehmen. Ein Beispiel hierfür ist Max Eberts 1924 an der Universität Königsberg verfasstes Vorwort zu seinem »Reallexikon der Vorgeschichte«. Nach dem Ersten Weltkrieg geriet die geisteswissenschaftliche Forschung unter Druck, ihren praktischen Anwendungsbezug unter Beweis stellen zu müssen. Nun stilisierten sich Geisteswissenschaftler als Kämpfer, und auch Ebert teilte seinen Leserinnen und Lesern mit, wie aufopferungsvoll die Beteiligten an dem von ihm herausgegebenen Lexikon gearbeitet hätten: »Während der Vorarbeiten hatten wir den Tod von 5 Mitarbeitern […] zu beklagen. Prof. Montelius hat von den beiden ihm übergebenen Artikeln den einen noch vor seinem Tod eingesandt. […] Prof. Rzehak arbeitete den ersten Teil seines Manuskriptes zwischen zwei schweren Operationen, von denen die zweite zum Tode führte, mit größter Pflichttreue aus und schickte ihn vom Sterbebette her. Wir werden das Andenken des tapferen Mannes in Ehren halten!«25 Drastischer lässt sich das Ideal des der Sache ergebenen Wissenschaftlers wohl kaum beschreiben. Selbst am Sterbebett ist kein Raum für Privates, sondern nur der Wunsch, den zugesagten Artikel noch fertigzustellen.

Manchmal schlugen sich auch die politischen Zäsuren und Systemumbrüche des Jahrhunderts in Dankespassagen und Widmungen nieder. Der bereits erwähnte, 1888 geborene Gerhard Ritter widmete 1936 seine Biographie zu Friedrich dem Großen: »Der unsichtbaren Gemeinschaft von Trägern des echten Frontgeistes im Reiche deutscher Wissenschaft«.26 Damit schrieb er sich laut Christoph Cornelißen in die Frontkämpfergemeinschaft des Weltkrieges ein, der er sich selbst zugehörig fühlte, während er zugleich subtil seine Kritik an den Nationalsozialisten zum Ausdruck brachte.27

Anfang der 1950er-Jahre finden sich dann für einen kurzen Zeitraum in Vorworten auch Verweise auf die Kriegs- und Nachkriegszeit sowie Dank an diejenigen Personen, die unter schwierigen Umständen bei der Ausarbeitung eines Manuskripts geholfen oder dieses vor seiner Vernichtung gerettet hätten. Derartigen Dank äußerten etwa Walter Markov,28 einer der prägenden Globalhistoriker der DDR, und der während der NS-Zeit über Großbritannien in die USA emigrierte, später in die Bundesrepublik zurückgekehrte Zeithistoriker Hans Rothfels. Letzterer stellte der zweiten Auflage seiner zuerst 1925 erschienenen Dokumentensammlung »Bismarck und der Staat« 1953 eine Widmung an den Präsidenten und die Fellows des St. John’s College in Oxford voran, aus Dankbarkeit für die Unterstützung, die er dort als Gast während des ersten Kriegsjahres 1939/40 erfahren habe.29 Der 1935 in die USA geflohene und später ebenfalls in die Bundesrepublik zurückgekehrte Historiker Hans Rosenberg wiederum holte 1974 in der Neuauflage seiner Darstellung zur Weltwirtschaftskrise 1857–1859 einen Dank nach, den er bei der Erstpublikation 1934 nicht geäußert habe, um niemanden in Bedrängnis zu bringen.30 Gerhard Ritter widmete den ersten Band von »Staatskunst und Kriegshandwerk« 1954 nicht mehr der »unsichtbaren Gemeinschaft« der Frontkämpfer, sondern seiner »tapferen Frau«, »deren tapferer Beistand mir in den furchtbarsten Monaten meines Lebens die größte aller menschlichen Hilfen war«.31 Insgesamt blieben derartige Referenzen auf den zeitgenössischen Kontext aber die Ausnahme oder auf kurze Phasen beschränkt.

Festzuhalten ist daher, dass sich mit der Aufklärung ein Gelehrtenideal herausbildete, das von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine außerordentliche Hingabe an die eigene Forschung und im eigenen Werk eine große persönliche Zurückhaltung forderte, womit Danksagungen aus ihren Publikationen verschwanden oder auf wenige Zeilen zusammenschrumpften. In diesem nüchtern­-kurzen Stil gab es kaum Unterschiede zwischen den Dankesworten von Historikerinnen und Historikern sowie zwischen Wissenschaftler:innen in der DDR und der Bundesrepublik. Vielmehr zeigt sich die Wirkmacht dieses Comments gerade darin, dass er politische Grenzen und Geschlechtergrenzen transzendierte. Der knappe Dank von Gisela Bock an die akademischen Lehrer und Gutachter in ihrer 1974 publizierten Dissertation32 unterschied sich kaum von der Danksagung Ricarda Huchs etwa 80 Jahre früher und ebenso wenig von den Danksagungen ihrer Kolleg:innen in der DDR und der Bundesrepublik zwischen den 1960er- und 1980er-Jahren, auch wenn Danksagungen in den 1980er-Jahren tendenziell schon länger waren als in den 1960er-Jahren. Historiker:in­nen in Ost und West dankten zwar unterschiedlichen wissenschaftlichen Institutionen und Fördereinrichtungen im In- und Ausland und führten Forschungsreisen in unterschiedliche Länder durch; darüber hinaus erfuhren ihre Leser:innen in Vorworten und Danksagungen aber so gut wie nichts über ihr Privatleben. Ohne Kenntnis der erwähnten Personen und Institutionen ist aus den Danksagungen kaum zu ersehen, in welchem deutschen Staat sie publiziert wurden – Aufbau, Struktur und Länge sowie der enge Kreis der genannten Personen waren in etwa gleich.33

Dieses lange dominierende Ideal der nüchternen wissenschaftlichen Selbstdarstellung hallt bis in die Gegenwart nach. Es kommt heutzutage aber vor allem im Gewand der Kritik an solchen Kolleg:innen daher, die gegen das Gebot der Zurückhaltung und Bescheidenheit verstoßen. Beispielhaft hierfür schrieb Jürgen Kaube 2008: »In den Vorworten der Bücher finden sich inzwischen oft ausführliche Darlegungen, wie das Buch zustande kam und wem alles dafür zu danken sei – von Vorgesetzten über Ehefrauen bis mitunter zu Katzen –, und zwar nicht für inhaltliche Beiträge, sondern für allgemeinmenschliche Unterstützung.«34 Im nächsten Schritt, so Kaubes Zuspitzung, würden Historiker dann nicht mehr nur von sich sprechen, sondern auch ihre Leser duzen. Angesichts eines solchen Szenarios forderte Rainer Moritz 2017 das Ende der Danksagung.35 Diese Kritik entzündete sich jedoch nicht an den bisher erläuterten Danksagungen, sondern an einer neuen Form des Dankes, die in der Gegenwart wohl die am meisten verbreitete darstellt.

3. Subjektivierung, Entkonventionalisierung und
Individualisierung – Danksagungen seit den 1990er-Jahren

Während der 1980er-Jahre wurden geschichtswissenschaftliche Danksagungen allmählich ausführlicher. Formal zeigen sich dieser jüngere Trend und der Durchbruch der neuen Dankeskultur am deutlichsten darin, dass Bücher ab den 1990er-Jahren einen eigenen Textteil erhielten, der schon im Inhaltsverzeichnis klar als Dank(sagung) ausgewiesen war. Bis um die Jahrtausendwende hatten solche Paratexte ihren Platz im Vorwort, selten im Nachwort. Zunächst ähnelten diese Danksagungen dem älteren in Vorworten formulierten Dank, sowohl im Umfang als auch bei der Auswahl der genannten Personen. Die Trias von geldgebenden Institutionen, akademischen Lehrern sowie engen Freunden und Familie blieb erhalten. Nach und nach zeichneten sich allerdings zwei Veränderungen ab: Es wurde zunehmend mehr Personen und Institutionen gedankt, und die Danksagung wurde zum Ort für subjektive Äußerungen aller Art.

In den neueren Danksagungen stieg die Zahl der Institutionen, denen für finanzielle und organisatorische Unterstützung gedankt wurde, deutlich an. Noch stärker nahm die Zahl der Kolleginnen und Kollegen zu, denen für Anregungen, inhaltlichen Austausch oder Korrekturlesen sowie für technische Unterstützung gedankt wurde. Zugleich wurden die Grenzen von Beruf und Privatem durchlässiger. Geschichts- und Sozialwissenschaftler:innen machten ihr privates Umfeld stärker sichtbar.36

Seitdem wird in Danksagungen auch der eigenen Fußballmannschaft, der wöchentlichen Kaffeerunde, der Spenderin einer Niere und immer mehr Freunden und Familienmitgliedern gedankt. Die Sichtbarmachung des Privaten geht bis hin zum Einbezug von Haustieren. Der in einer Danksagung erwähnte Hund Obelix wurde sogar zu einer kleinen Internetberühmtheit.37 Einen ganzen Absatz widmete eine andere Wissenschaftlerin – möglicherweise in bewusster Anlehnung an literarische Vorbilder – ihrer Katze: »Meine letzte Danksagung geht an die Adresse meiner Katze, genauer: meiner Ex-Katze. Sie hat mich nämlich rechtzeitig verlassen, um mir die Fertigstellung dieser Arbeit zu ermöglichen. Bei meinem ersten ernsthaften Versuch, die Dissertation zu einem guten Ende zu bringen […], hatte die Katze sich immer gerade dorthin auf meinen Schreibtisch gelegt, wo ich schreiben oder lesen wollte, und mich durch ihr Schnurren und Gestreichelt-Werden-Wollen stets davon überzeugt, daß es im Leben wesentlich wichtigere Dinge gibt, als eine Doktorarbeit zu schreiben. Jetzt könnte sie eigentlich wiederkommen.«38

Was auf den ersten Blick kurios erscheinen mag, passt auf den zweiten Blick zu den Erkenntnissen neuerer familienhistorischer Studien. Familienvorstellungen und Mensch-Tier-Beziehungen haben sich verändert und in manchen Bereichen derart erweitert, dass Haustiere als emotionale Bezugswesen in die Familie integriert wurden. In der Folge wird nicht nur im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten Vermögen auch an Haustiere vererbt, sondern man dankt ihnen ähnlich wie Menschen in wissenschaftlichen Arbeiten, obwohl sie es, anders als das menschliche Publikum, nicht lesen können. Das übergreifende Ziel dieses spezifischen Dankes scheint daher nicht eine für die Adressat:innen wahrnehmbare, öffentliche Gegengabe zu sein, sondern der Entwurf einer wissenschaftlichen und zugleich privaten Persona.

Das Beispiel der »Ex-Katze« verweist zugleich darauf, dass die Konventionen, wer in einer Danksagung zu nennen und nicht zu nennen sei, sich seit den 1990er-Jahren langsam veränderten. Zwar bestanden einige prägende Regeln fort, wer in einer Danksagung vorkommen müsse (akademische Lehrer, fördernde Institutionen und enge Familie); darüber hinaus wurden der Kreis der Erwähnbaren und das Spektrum des Sagbaren aber in alle Richtungen ausgeweitet. Dieser im Folgenden als Entkonventionalisierung bezeichnete Prozess führte dazu, dass prinzipiell jede Person und jedes Haustier genannt werden konnte, was nicht nur dazu führte, dass Danksagungen immer länger wurden, sondern dass auch neue Probleme und Unsicherheiten aufkamen. Die in Danksagungen selbst am häufigsten geäußerte Sorge bestand seitdem darin, jemanden zu vergessen. Zu den wiederum charakteristischen Reaktionen auf diese neue Unsicherheit gehörte es, entweder vage und ohne Namensnennung hilfreichen Kolleginnen und Kollegen zu danken oder prophylaktisch auch denjenigen pauschal zu danken, die man womöglich vergessen hatte.

Eine für diese Entwicklung typische, aber ungewöhnlich ausführliche Danksagung findet sich in einer 2021 publizierten Dissertation über medialisierte Kriegserfahrungen. Darin stellt der Verfasser gleich zu Beginn fest: »Dieses Buch hätte ohne die Unterstützung einer ganzen Legion von Mitmenschen und Institutionen nicht entstehen können. […] Sollte der bisweilen […] etwas zerstreute Autor eine der vielen Personen vergessen haben, die zu diesem Buchprojekt […] beigetragen haben, so bittet er aufrichtig um Entschuldigung und versichert, dass der Dank trotzdem gewiss ist.« Danach hebt er in einer charakteristischen Wendung sowie mit Hilfe der Reisemetapher die Trennung zwischen Kolleg:innen und Freunden auf, indem er festhält: »Einige WeggefährtInnen […] wurden zu engen Freunden«, um schließlich auf mehreren Seiten weit über hundert Personen namentlich zu danken.39

Seit den 1990er-Jahren wurde jedoch nicht nur mehr Personen gedankt, sondern Danksagungen wurden auch zum Ort für wissenschafts- und gesellschaftspolitische Stellungnahmen sowie persönliche Äußerungen aller Art. Ein prominenter Dankender attestierte sich beispielsweise ein klein wenig Eitelkeit und eine »verwegene Charakter- und Lebensmelange«.40 Selten machten Dankende Konflikte im Wissenschaftsbetrieb wie in folgendem Beispiel sichtbar: »An dieser Stelle möchte ich […/Name genannt] für seine offene und ehrliche Feindschaft danken. Allerdings bin ich immer noch verstimmt darüber, dass er im Bundestag gegen mein Projekt und dessen Förderung gewettert hat, ohne dass ich selbst davon wusste.«41 Eine andere Wissenschaftlerin hielt fest: »Neben all diesen Fürsprechern danke ich auch zwei äußerst kritischen Kollegen, die nach Vorträgen meinen Ansatz als ›zu kompliziert‹ und das Projekt als ›überambitioniert‹ bezeichneten. Sie haben mich damit unglaublich motiviert.«42

Insgesamt finden sich solche bissigen Bemerkungen aber selten in Danksagungen – es überwiegt die Höflichkeit gegenüber Kolleg:innen und Familie. Zugleich thematisieren Dankende unsichere Arbeitsbedingungen, gelegentlich Rechtsstreitigkeiten, die sich aus ihren Forschungen ergeben haben, ihre sexuelle Orientierung oder die Schönheit der Ehefrau. In einem Fall endete die Danksagung mit einer Heiratsanfrage an die bisherige Lebensgefährtin, und in anderen Fällen wird über die Geburt und das Heranwachsen des eigenen Nachwuchses berichtet sowie bei älteren Autor:innen über die Enkel – um das Spektrum derartiger privater Äußerungen nur grob zu skizzieren. Zahlreiche versteckte und subtile Botschaften, die nur für einen Teil der Leser:innen zu entschlüsseln waren, sind bei den bisher skizzierten Beispielen noch nicht einmal berücksichtigt.43 Schließlich können Lektor:innen und im Ausland auch Universitäten auf Danksagungen einwirken. In Gesprächen versicherten mir Lek­tor:in­nen, dass das Spektrum der erwähnten Personen, subjektiven Äußerungen und Kuriositäten noch größer wäre, wenn sie nicht manchmal mäßigend auf Danksagende einwirken würden, während sie gleichzeitig darauf achten, dass fördernde Institutionen und Stipendiengeber genannt und die Namen der Bedankten richtig geschrieben werden. Der Wunsch nach der Bekanntgabe beruflicher und privater Befindlichkeiten ist groß. In den Niederlanden haben Universitäten daher sogar Richtlinien erlassen, wem für die Erstellung einer Studie gedankt werden darf und wem nicht – Gott zum Beispiel nicht.44

Den größtmöglichen Kontrast zum Gelehrtenideal der Aufklärung stellen Bekenntnisse der Schreibenden dar, dass sie angesichts einer neuen Liebe, der Geburt eines Kindes oder des Todes eines Familienmitglieds eingesehen hätten, dass ein abgeschlossenes Manuskript nicht immer die größte Erfüllung sei. Statt auf dem Sterbebett ihren Artikel fertigzustellen, bekennen Dankende heute, ihnen sei im Kreißsaal klar geworden, dass es Bedeutenderes gebe als eine akademische Publikation. Wissen­schaftler:innen stilisieren sich zwar immer noch als der Sache dienende Personen, zusätzlich aber auch als in der Gesellschaft verankerte Familienmenschen und Subjekte mit Meinungen, Lebensweisheiten, Schicksalen. Wer sich für die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Familie im 21. Jahrhundert interessiert, wird hier viele Beispiele finden. Wissenschaftler:innen darf man sich demnach als Personen vorstellen, die ihre Familie im Urlaub, beim Abendessen und am Wochenende mit ihren Themen und Sorgen malträtieren und ansonsten abwesend sind, aber dann von Schuldgefühlen geplagt werden.

Aufschlussreich sind auch Narrative und Metaphern, mit denen die Autor:innen die Genese eines Werks beschreiben und begründen. Manchmal werden zentrale Begriffe des wissenschaftlichen Textes oder – bei älteren Autor:innen – Lebenserfahrungen in der Danksagung aufgenommen und zu deren Strukturierung genutzt.45 In den Dankesworten von Dissertationen ist die dem bürgerlichen Bildungsroman entlehnte Erzählung von der Bewältigung eines (zeitlich) langen, steinigen Wegs mit Umwegen, Höhen und Tiefen bzw. Licht und Schatten weit verbreitet. Autor:innen begannen als junge Erwachsene ihre Wanderung und trafen auf ihrer (Forschungs-)Reise so manchen hilfreichen Begleiter, den sie schätzen und manchmal auch lieben lernten, um am Ende als Doktor:in mit fertigem Buch und manchmal auch Familie anzukommen.46

An diesem Punkt wäre es einfach, mit Anekdoten zum Lieblingsgetränk der Dankenden oder zum Kosenamen der Lebensgefährtin bis hin zur Gleichsetzung von wissenschaftlicher und sexueller Potenz fortzufahren. Einfach wäre es auch, derartig ausschweifende Danksagungen und Ich-Erzählungen als unnötige Selbstinszenierungen abzutun. In diesen Chor der Kritiker möchte ich nicht einstimmen und stattdessen fragen: Warum kam es seit den 1990er-Jahren zu diesem neuen, dritten Typus von Danksagung, und was heißt diese Entwicklung für die Situation in den Geistes- und Geschichtswissenschaften? Vier Aspekte erscheinen mir hierfür bedeutsam.

4. Demokratisierung, Konkurrenzprinzip,
Wissenspopularisierung, Internationalisierung –
Ursachen einer neuen Dankeskultur

These 1: Die Demokratisierung der Wissenschaften veränderte den Dank. Die häufigste Erklärung für den Wandel von Danksagungspraktiken lautet, dass es infolge gesellschaftlicher Liberalisierungsprozesse seit den 1960er-Jahren zu einer Demokratisierung und Entkonventionalisierung der Wissenschaften kam. Forschungsergebnisse werden seither nicht mehr als Produkte einzelner, im Gelehrtenzimmer arbeitender Autoren verstanden und als Ausdruck von deren Originalität interpretiert, sondern im Einklang mit ebenfalls in den 1960er- und 1970er-Jahren aufkommenden Wissenschaftstheorien à la Thomas Kuhn als Resultate wissenschaftlicher Projektarbeit. Zahlreiche Forscher:innen bekennen seitdem in ihren Danksagungen, dass wissenschaftliches Arbeiten für sie einen kollaborativen Prozess und ein Gemeinschaftserlebnis darstelle.47 Und in dem Maße, wie der kooperative Charakter der Forschung betont wurde, begannen Wissenschaftler:innen Personen zu nennen, die sie bei der Fertigstellung ihres Werks unterstützt hatten, sowie allgemeiner die Entstehungskontexte ihrer Arbeiten transparent zu machen.

Nach einer kritischeren Lesart erfolgte diese Erwähnung von Unterstützer:innen in Danksagungen allerdings nicht freiwillig, sondern auf Druck von Mitarbeiter:innen, die bis dahin überhaupt nicht sichtbar waren und nach heutigen Standards der guten wissenschaftlichen Praxis vielleicht sogar als Mitautor:innen hätten aufgeführt werden müssen. Zu überlegen wäre darüber hinaus, ob die Frühphase der PC-Nutzung, als auch Personen gedankt wurde, die (meist ältere) Anfänger in die Textverarbeitung oder Fußnotenverwaltung per Computer eingeführt hatten, jüngeren und technikgewandteren Mitarbeiter:innen zusätzliche Argumente bei der Durchsetzung ihrer Forderungen an die Hand gab. Gerade bei der PC-Nutzung konnte sich das Schüler-Lehrer-Verhältnis durchaus umkehren. In diesem Ringen um Anerkennung und Sichtbarmachung mag der explizite Dank dann einen Kompromiss dargestellt haben. Für diesen Kompromisscharakter spricht auch, dass weiterhin überwiegend hierarchisch Höherrangigen oder auf gleicher Stufe Stehenden gedankt wird – selten dagegen denen, die neu in das Fach hineinkommen und dabei den Älteren auch neue Impulse geben.48 Die Aufnahme in die Danksagung muss nicht nur verdient werden, man muss ihrer auch würdig sein. Selbst in der vorgenommenen Reihung, nach der Dank ausgesprochen wird, schimmern häufig ältere Konventionen durch. Danksagungen beginnen in der Regel mit der Nennung der professoralen Gutachter:innen der Qualifikationsarbeit, wenden sich dann mit einer gewissen Variabilität Kolleg:innen, Archi­var:innen und Geldgebern zu, um am Ende mit Personen aus dem privaten Umfeld, meist der engeren Familie, zu schließen.49 Begrifflich verdichtet findet sich der neue akademische Comment, dass Unterstützer:innen in der Danksagung zu erwähnen sind, im Begriff der »Dankesschuld«.50 Diese wird mit der Nennung der jeweiligen Personen und Institutionen pflichtbewusst und/oder freudig beglichen.51

These 2: Der Ausbau der Universität, die Steigerung der Konkurrenz erzeugten neue Unsicherheiten und veränderte Danksagungen. Margit Szöllösi-Janze und Ariane Leendertz haben zuletzt in überzeugender Weise am Beispiel der deutschen Hochschullandschaft und der Max-Planck-Institute herausgearbeitet, wie diese seit den 1970er-Jahren expandierten und wie knapper werdende Ressourcen zunehmend nach dem Konkurrenzprinzip verteilt wurden.52 Beide Entwicklungen – Expansion und höhere Konkurrenz – wirkten sich auf den Dank aus. Die Expansion führte dazu, dass in den Geschichtswissenschaften nicht mehr vorausgesetzt werden konnte, dass jede:r jede:n kennt. Danksagungen boten daher vor allem frisch Promovierten die Möglichkeit, sich für ihre Leser:innen institutionell und in fachlichen Schulen zu verorten. Zugleich wurden solche Texte damit zur Arbeit am eigenen Netzwerk, das sich in der Danksagung sichtbar manifestierte.

Die gesteigerte Konkurrenz schien es wiederum notwendig zu machen, nicht nur durch die eigentliche wissenschaftliche Arbeit zu überzeugen, sondern auch durch das Aufzeigen von Netzwerken, in die die Dankenden eingebunden waren, durch den Verweis auf Kolleg:innen, die sich Zeit genommen hatten, ein Projekt zu diskutieren, und auf Institutionen, die die eigene Forschung finanziell unterstützt hatten. Die genannten Personen und Institutionen fungierten damit als Garanten für die Qualität einer Arbeit und wurden zugleich floskelhaft für alle noch vorhandenen Fehler entlastet. Aus dieser Logik heraus erschien es sinnvoll, in der Danksagung besser eine Person zu viel als eine zu wenig aufzuführen – was leicht zu einer gewissen Übergriffigkeit führen konnte, da die Genannten in der Regel nicht gefragt werden, ob sie an dieser Stelle erwähnt werden möchten.

Dass Danksagungen strategisch genutzt werden, wird gelegentlich wiederum explizit thematisiert. Daran anschließend versichern Autor:innen ihren Leser:innen und vor allem den Bedankten, dass ihr Dank nicht strategisch platziert, sondern aufrichtig gemeint sei. Zugespitzt findet sich eine derartige Reflexion in folgendem Beispiel: »So stellt sich mir die Frage, wie ich mich mit meiner Danksagung und Widmung zeigen möchte. Als Antwort erschien mir eine Eigenschaft geradezu naheliegend: dankbar. In diesem Sinne mögen die folgenden Worte als tatsächlicher Ausdruck meiner Dankbarkeit gelesen werden – nicht mehr, aber auch nicht weniger.«53

Die Unsicherheit, die mit der Funktionserweiterung und Entkonventionalisierung von Danksagungen einherging, und die Ausweitung des Dankes an immer mehr Personen könnten des Weiteren auch mit veränderten Arbeitsbedingungen an den Universitäten zusammenhängen. Zu überlegen wäre, ob die Zunahme von befristeten Stellen und damit einhergehenden ungewissen Berufsperspektiven die frühneuzeitliche Lobpreisung des Fürsten in einer Version des 21. Jahrhunderts zurückbringt, nun allerdings nicht als rhetorisch ausgefeilte Dankesrede an den einen Herrscher und Mäzen, sondern in der Form von Gaben, sprich höflichem Dank an möglichst viele Personen, die in der Zukunft einmal Einfluss auf die eigene akademische Karriere oder Forschung haben könnten. Die Zunahme von Danksagungen wäre demnach als Strategie der Kontingenzbewältigung in einem unübersichtlichen Arbeitsumfeld zu interpretieren, auf dem sich Wissenschaftler:innen als unternehmerische Expert:in­nen bewähren müssen.54 Zugleich wird Dank, wenn auch selten ausgesprochen, von Gutachter:innen einer Qualifikationsschrift und helfenden Kolleg:innen erwartet. Stiftungen und fördernde Institutionen legen ebenfalls verstärkt Wert darauf, in den Publikationen der von ihnen unterstützten Wissenschaftler:innen erwähnt zu werden. Zunehmend häufiger ist die Nennung mit Logo sogar ausdrückliche Bedingung für einen Druckkostenzuschuss. Diese Nennung erfolgt dann in der Regel nicht nur in der Danksagung, sondern auch auf der Impressums-Seite. Die bloße Erwähnung in längeren Fließtexten zwischen zahlreichen anderen Bedankten scheint für Förderinstitutionen keine ausreichende Gegengabe mehr zu sein; sie wollen durch einen prominenten und separierten Platz im Buch stärker herausgehoben werden. Es macht einen Unterschied, wo eine Person oder Institution erwähnt wird, ob prominent an erster Stelle oder eher zwischen vielen anderen im hinteren Mittelteil.

Unabhängig davon wird im angloamerikanischen Wissenschaftsraum bereits diskutiert, ob bei dem Versuch, die Bedeutung und den Einfluss einer Person im Fach zu bestimmen, nicht nur darauf geachtet werden soll, wie häufig Fachkolleg:innen die Werke dieser Person zitieren und wie viele Drittmittel sie eingeworben hat, sondern in Ergänzung dazu auch, wie oft jemand in Danksagungen erwähnt wird. Während die einen den möglichen Erkenntnisgewinn einer solchen Auswertung von Danksagungen bestreiten und argumentieren, dass sich darin nur fachliche Hierarchien widerspiegeln und die Leiter:innen großer Forschungseinrichtungen logischerweise häufiger als andere Wissenschaftler:innen genannt werden, widersprechen andere: Vielleicht kann die systematische Analyse von Danksagungen Personen sichtbar machen, die weniger durch eigene Publikationen auf das Fach einwirken, sondern stärker kollegial dadurch, dass sie intellektuelle Anregungen geben oder durch genaues Gegenlesen eines Manuskripts bei der Verbesserung von Publikationen helfen. Unabhängig davon, welcher Position man zuneigt, so zeigt allein diese Debatte, wie schnell Erwähnungen in Danksagungen als strategische Elemente gelesen werden können.55

Nicht zuletzt deshalb gilt es für die letzten etwa drei Jahrzehnte auch die Abwesenheit von Dank zu thematisieren. Anders als früher ist der Verzicht auf eine Danksagung oder ein nur sehr knapper Dank heute als bewusste Entscheidung zu interpretieren, entweder als Absage an die neue Dankeskultur oder als Inszenierung der eigenen Souveränität und Unabhängigkeit im Fach. In ersterer Hinsicht argumentierte der Jurist Friedrich-Christian Schroeder im Jahr 2000 (und damit zu einem Zeitpunkt, als Danksagungen immer ausschweifender wurden), dass er für die Erfüllung von Dienstpflichten (wie die Betreuung und Korrektur von Qualifikationsarbeiten) keinen Dank erhalten wolle. Denn ein solcher Dank erwecke nach außen den Eindruck, dass die Übernahme dieser Aufgaben nicht mehr als selbstverständlicher Teil des Berufs angesehen werde, sondern als eine zusätzliche Tätigkeit, für sich man sich extra zu bedanken habe. Der Widerspruch seiner Kollegen, die Dank mit höflichen Umgangsformen verknüpften und als Gegengabe für eine besonders gute Erfüllung von Pflichten verteidigten, verweist wiederum auf die zunehmende Akzeptanz der neuen Dankeskultur.56 In zweiter Hinsicht gilt: Wer niemandem dankt, wäre demnach auch von niemandes Gunst und Gabe abhängig.57

Der skizzierte Wandel des Wissenschaftssystems und die damit einhergehende Aufwertung von Danksagungen führten in den letzten Jahren sogar dazu, dass spezialisierte Ratgeber entstanden, die Promovierenden, zunehmend aber auch Studierenden Hilfe beim Schreiben ihrer Danksagung versprechen. Außerdem bieten zahlreiche Universitäten mittlerweile Leitfäden und Vorlagen an. Charakteristisch für derartige Angebote wirbt die Website »Mentorium« wie folgt: »Die Danksagung einer Dissertation ist im Vergleich zum Verfassen der restlichen Arbeit ein wahres Luxusproblem. Denn endlich kannst Du dich von Fachjargon und wissenschaftlichen Formulierungen verabschieden und mit eigenen Worten diesen Meilenstein Deiner akademischen Karriere Revue passieren lassen.«58 Es folgen ein paar allgemeine Überlegungen zur Danksagung und ein Raster mit Personen, denen man zu danken habe, sowie von Gründen, für die gedankt werden sollte, um dann mit Formvorlagen zu enden – was auf die Standardisierung des Genres verweist.59 Diese Ratgeber sind allerdings nur in der Hinsicht neu, dass sie sich auf akademische Danksagungen spezialisieren. Schon der Freiherr von Knigge erklärte die Dankbarkeit zu einer der heiligsten Tugenden und bot seinem Publikum Ratschläge an, wie man sich denen gegenüber verhalten solle, die einem Gutes getan hätten.60 Der Bedarf an solchen Hilfen deutet darauf hin, dass der Moment des Danksagens unter Umständen nicht als »Luxusproblem« empfunden wurde und wird, sondern als ein schwieriger Balanceakt in zwischenmenschlichen Beziehungen, für den es mit Georg Simmel gesprochen eben keine klaren, schriftlich fixierten Normen gibt.61 Dies wiederum steigerte den Wunsch nach Orientierung. Man möchte im Moment des Danke-Sagens eben nichts falsch machen, sich nicht blamieren.

These 3: Selbstinszenierung und Wissenspopularisierung haben einen höheren Stellenwert gewonnen.62 In Autobiographien und Interviews, in kürzeren Beiträgen zum eigenen Karriereweg oder auch in den Social Media geben Wissenschaftler:innen immer mehr private Details von sich preis und nehmen zu einer breiten Palette an Themen Stellung. Zugleich rücken Verlage und Fernsehanstalten »ihre« Autor:innen mit fotografischen und filmischen Porträts als wissenschaftliche Persönlichkeiten in den Blick der Öffentlichkeit. Durch diese verstärkte (Selbst-)Inszenierung bedienen sowohl Wissenschaftler:innen als auch Verlage den massenmedialen Wunsch nach individuellen Expert:innen, die als wiedererkennbare und glaubwürdige Wissenskommunika­tor:innen fungieren können.

In solchen neuen Selbstdarstellungen von Wissenschaftler:innen lösen sich zunehmend die Grenzen zwischen Beruflichem und Privatem auf, auch wenn es eine strikte Trennung schon früher nicht gegeben hat. Aus dieser Perspektive erscheint es nachvollziehbar, dass Buchautor:innen etwa den Kita-Erzieherinnen, dem Stammtisch oder den Radfahrfreunden danken sowie in anderen Ländern sehr viel stärker als in Deutschland ihren religiösen Glauben in Danksagungen bekennen. Und da dieses Wissen über das Privatleben der Dankenden ohnehin auch an anderen Orten nachlesbar ist, erscheint es in letzter Konsequenz weder notwendig, solche Aspekte in Büchern zu verheimlichen, noch überraschend, dass Forscher:innen diese Informationen in ihrer Danksagung erwähnen, Verlage mit den Twitter-Followern ihrer Autor:in­nen werben und Autor:innen in ihren gedruckten Werken den Twitter-Followern danken. Zunehmend mehr Wissenschaftler:innen sehen im Verweis auf die eigene Persönlichkeit einen aufmerksamkeitsökonomischen Marktvorteil und gewähren auch deshalb Einblicke in ihr Privatleben, was sich dann wiederum in ihren Danksagungen niederschlägt. Zugleich deutet sich in diesem Bereich eine neue Konvention der wissenschaftlichen Selbstdarstellung an; nämlich die Figur des privat wie beruflich gleichermaßen Kreativen.

These 4: Die veränderte Danksagungspraxis in Deutschland erklärt sich auch durch die zunehmende Interdisziplinarität und Internationalisierung des Wissenschaftsbetriebs. Ein erster Schub der erzwungenen Internationalisierung erfolgte bereits durch die Flucht von Wissenschaftler:innen vor der nationalsozialistischen Verfolgungspolitik in den 1930er- und 1940er-Jahren. Nach dem Zweiten Weltkrieg förderten dann Institutionen wie die Deutschen Historischen Institute und der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) gezielt die internationale Vernetzung, während Verbundforschungsprojekte und Graduiertenzentren den interdisziplinären Austausch vorantrieben. Dabei führten die zunehmende Einbindung von Forscher:innen in fächerübergreifende Projektverbünde und Kollegs sowie häufigere Auslandsaufenthalte zunächst schlicht dazu, dass die Zahl der in Danksagungen genannten fördernden und finanzierenden Institutionen und Stipendiengeber zunahm.63 Des Weiteren zeigt der Griff ins eigene Bücherregal und damit die Analyse von in Großbritannien und den USA erschienenen Werken zur Internationalen Geschichte sowie zur Familien- und Eigentumsgeschichte, dass Danksagungen auch im anglo-amerikanischen Sprachraum bis in die 1960er-Jahre deutlich kürzer ausfielen als heute und meist im Vorwort geäußert wurden.64 Deutlich früher als in den beiden deutschen Staaten bildete sich dann aber bereits in den 1970er-Jahren die uns heute bekannte eigenständige Rubrik des Acknowledgements aus, die schnell ausführlich und privat wurde. Kenneth T. Jackson thematisierte in der Danksagung seines 1985 erschienenen Standardwerks »Crabgrass Frontier« beispielsweise den Unfalltod seines Sohnes wenige Wochen vor der Fertigstellung des Manuskripts und dankte allen, die ihm und seiner Frau geholfen hätten, wieder alltägliche Routinen aufzunehmen.65 Eine derart private Äußerung war auch für US-amerikanische Danksagungen ungewöhnlich; in den beiden deutschen Staaten war sie schlicht nicht artikulierbar.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung im angloamerikanischen Wissenschaftsraum ist zu vermuten, dass zwei eng miteinander verflochtene Prozesse zur veränderten Danksagungspraxis im deutschsprachigen Wissenschaftsraum beigetragen haben: Erstens führten die Ausbreitung des Englischen als globale Wissenschaftssprache, die zunehmende Mobilität von Wissenschaftler:innen und die Übersetzung von englischsprachigen Werken ins Deutsche dazu, dass Autor:innen auch in Deutschland sich vom Typus der nüchternen, sich selbst verschweigenden Danksagung lösten und Elemente des ausführlich-persönlichen Acknowledgements übernahmen. Diese Aneignung einer zunächst kulturell anderen Form des publizierten Dankes ist wiederum als Teil eines größeren Transfers zu sehen, bei dem sich die deutsche Wissenschaftspolitik und Wissenschaft zumindest teilweise vom Ideal der Reform­universität abwandten und sich stärker an den Eliteuniversitäten in den USA und in Großbritannien orientierten. Damit gingen neue Förderinstrumente einher (z.B. Exzellenzinitiativen), und es wurden – nach den Vorbildern der Ivy-League-Universitäten – akademische »Rituale« an deutschen Universitäten neu eingeführt oder aufgewertet (z.B. Absolventenverabschiedung, Alumnitreffen). Diese Orientierung an den angloamerikanischen Eliteuniversitäten begünstigte schließlich auch den Transfer der angloamerikanischen wissenschaftlichen Danksagungspraxis in die deutsche Wissenschaftslandschaft als kleines, aber persönliches Element der akademischen Kommunikation und Selbstdarstellung. In ihren Danksagungen erwähnten Autor:innen damit nicht mehr nur die Stipendiengeber, die sie gefördert hatten, sondern zeigten zugleich, an welchen (Exzellenz-)Einrichtungen sie geforscht oder vorgetragen hatten.

5. Fazit und Ausblick

In historischer Perspektive lassen sich drei Idealtypen von wissenschaftlicher Danksagung identifizieren: die untertänige Lobpreisung und rhetorisch ausgefeilte Dankesrede der Frühen Neuzeit, die von sich selbst schweigende des 19. und 20. Jahrhunderts sowie die ausführlich-subjektivierende des 21. Jahrhunderts. Diese Typen hatten jeweils ihre eigenen Hochphasen – gleichwohl folgten sie chronologisch nicht nur aufeinander, sondern existierten auch nebeneinander. Von der Tendenz her liegt es nahe, die dargestellte Entwicklung der vergangenen 30 Jahre als einen Prozess der Pluralisierung und Entkonventionalisierung zu beschreiben. Dieser Befund deckt sich mit den Beobachtungen zur Selbstdarstellung von Wissenschaftler:innen in der Soziologie und in anderen Formaten sowie mit dem Wandel der Geschlechterverhältnisse und der Internationalisierung der Geisteswissenschaften.66 In etlichen Bereichen wurden die Soziologie und die Geschichtswissenschaft vielseitiger, und dies zeigt sich auch in Danksagungen. Zugleich verlagerten sich die Orte der narrativen Selbstdarstellung. Während sich der wissenschaftliche Lebenslauf von einer früher im Fließtext formulierten autobiographischen Erzählung zu einem stichpunkt­artigen und standardisierten CV verkürzte,67 nahmen die narrativen Elemente in der Danksagung zu.

Allerdings, und damit möchte ich abschließend auf weitere Forschungsperspektiven verweisen, zeigt sich vermutlich ein anderes Bild, wenn weniger kulturgeschichtlich inspiriert gefragt wird, wer in wissenschaftlichen Danksagungen wie erwähnt wird, sondern wenn – unter Einbeziehung weiterer Quellen – stärker sozialgeschichtlich untersucht wird, wer in solchen Danksagungen eigentlich spricht. Wer hat überhaupt die Möglichkeit, dort öffentlich Dank zu sagen? Ein Artikel in der Zeitschrift des Deutschen Hochschulverbandes mit dem Titel »Klassismus in Academia« legt die Schlussfolgerung nahe, dass es ein sozial zunehmend engerer und homogenerer Kreis an Personen ist, der in wissenschaftlichen Danksagungen auftritt.68 Studierende, deren Eltern gar keinen akademischen Abschluss vorweisen können, häufig als »Arbeiterkinder« bezeichnet, sind nach Angaben des Deutschen Studentenwerks in der Studierendenschaft weiterhin unterrepräsentiert. In der bundesrepublikanischen »Leistungsgesellschaft« hat das Elternhaus immer noch einen großen Anteil am Bildungserfolg der Kinder.69 Unter Promovierenden, Habilitierenden und in der Pro­fessor:innenschaft nimmt der Anteil von »Arbeiterkindern« mit jeder Qualifizierungsstufe weiter ab.70

Überspitzt formuliert lässt sich für die Gegenwart festhalten, dass in wissenschaftlichen Danksagungen Akademikertöchter und Akademikersöhne ihren akademischen Lehrerinnen und Lehrern sowie ihren akademisch gebildeten Eltern danken. Diese soziale Verengung deckt sich wiederum mit dem Zeitraum, in dem Freunde und Familie in Danksagungen deutlich sichtbarer gemacht wurden, und könnte einen weiteren Hinweis darauf geben, warum sich das Genre der Danksagung seit den 1980er-/1990er-Jahren so stark ausdifferenziert hat. Mit Pierre Bourdieu und Andreas Reckwitz gesprochen käme demnach den feinen Unterschieden bei der möglichst originellen Ausformulierung des eigenen Dankes innerhalb einer wieder homogener werdenden Peer-Group eine wichtige Distinktionsfunktion zu.71


Anmerkungen:

1 Rainer Moritz, Schafft die Danksagung ab! Über eine neuerdings seltsam florierende Textsorte, in: Welt, 10.4.2021; Susanne Kippenberger, Niemand schreibt für sich allein, in: Tagesspiegel, 21.11.2020; Lena Greiner, Streit um Dissertation. Niederländischer Doktorand darf Gott nicht danken, in: Spiegel Online, 3.3.2014; Jürgen Kaube, Ich sag mal, also istʼs wichtig, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9.9.2008; Glen Wright, The best academic acknowledgments ever, in: Times Higher Education, 19.1.2016; Lars Fischer, Die 10 besten Fundstücke in wissenschaftlichen Veröffentlichungen, in: Spektrum.de, 21.8.2015.

2 Zuletzt wurde diese Frage anhand der neuesten beiden Bücher von Maja Göpel debattiert. Für einen Überblick dazu vgl. Julika Griem, Wissenschaftskommunikation. Zum Beispiel Maja Göpel, in: Merkur 76 (2022) H. 12, S. 17-31.

3 Besonders im englischsprachigen Wissenschaftsraum, in dem die Acknowledgements deutlich umfangreicher als im deutschsprachigen ausfallen, sind Danksagungen seit den 1990er-Jahren vereinzelt interdisziplinär analysiert worden. Einen Forschungsüberblick hierzu bieten Nadine Desrochers/Adèle Paul-Hus/Vincent Larivière, The Angle Sum Theory. Exploring the Literature on Acknowledgments in Scholarly Communication, in: Cassidy R. Sugimoto (Hg.), Theories of Informetrics and Scholarly Communication, Berlin 2016, S. 225-247. Für einen aktuellen geschichtswissenschaftlichen Beitrag vgl. Emily Callaci, On Acknowledgments, in: American Historical Review 125 (2020), S. 126-131. In der deutschsprachigen Wissenschaftslandschaft steckt die Erforschung von (akademischen) Dank­ritualen und -praktiken hingegen erst am Anfang. Abgesehen von einzelnen Plädoyers für eine historische Dankesforschung und wenigen empirischen Studien aus der Germanistik und der Soziologie sind sie bisher weder für einen Großteil der akademischen Fächer noch im diachronen Längsschnitt untersucht. Natalie Binczek u.a. (Hg.), Dank sagen. Politik, Semantik und Poetik der Verbindlichkeit, München 2013; Jan Plamper, Danke, danke, danke, in: ZEIT, 24.7.2008; Betina Hollstein/Yvonne Schütze, Selbstdarstellungen in der Wissenschaft am Beispiel von Danksagungen in der Soziologie, in: Sonja Häder/Heinz-Elmar Tenorth (Hg.), Der Bildungsgang des Subjekts. Bildungstheoretische Analysen, Weinheim 2004, S. 153-181. Inspirierend für diesen Essay war auch Winfried Speitkamp, Der Rest ist für Sie! Kleine Geschichte des Trinkgeldes, Stuttgart 2008.

4 Gérard Genette, Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Mit einem Vorwort von Harald Weinrich. Aus dem Französischen von Dieter Hornig, Frankfurt a.M. 1989.

5 Julia Angster u.a., Vorwort der Herausgeberinnen und Herausgeber, in: Anselm Doering-Manteuffel, Konturen von Ordnung. Ideengeschichtliche Zugänge zum 20. Jahrhundert, Berlin 2019, S. VII-XV, hier S. VII; Eyal Ben-Ari, On Acknowledgements in Ethnographies, in: Journal of Anthropological Research 43 (1987), S. 63-84.

6 Steffen Martus/Carlos Spoerhase, Geistesarbeit. Eine Praxeologie der Geisteswissenschaften, Berlin 2022, vor allem zu Sonderdrucken S. 425-481; Paul Nolte, Lebens Werk. Thomas Nipperdeys Deutsche Geschichte – Biographie eines Buches, München 2018, S. 134f.; Anna Echterhölter, Schattengefechte. Genealogische Praktiken in Nachrufen auf Naturwissenschaftler (1710–1860), Göttingen 2012.

7 Marcel Mauss, Die Gabe. Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften. Übersetzt von Eva Moldenhauer, 10. Aufl. Frankfurt a.M. 2013; Georg Simmel, Dankbarkeit. Ein soziologischer Versuch, in: Der Morgen. Wochenschrift für deutsche Kultur 1 (1907), S. 593-598; ders., Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung, Leipzig 1908, S. 438-447 (Exkurs über Treue und Dankbarkeit); Pierre Bourdieu, Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, 27. Aufl. Frankfurt a.M. 2020; Thomas Etzemüller (Hg.), Der Auftritt. Performanz in der Wissenschaft, Bielefeld 2019.

9 Vgl. Remigius Bunia/Till Dembeck, Dank sagen, rhetorisch und idiomatisch. Zur Entstehung der Floskel ›Danke!‹, in: Binczek u.a., Dank sagen (Anm. 3), S. 39-65; Alf Lüdtke/Reiner Prass (Hg.), Gelehrtenleben. Wissenschaftspraxis in der Neuzeit, Köln 2008.

10 Johann Martin Chladni, Allgemeine Geschichtswissenschaft, Leipzig 1752, S. 3b-4a.

11 Vgl. Gadi Algazi, »Geistesabwesenheit«. Gelehrte zuhause um 1500, in: Lüdtke/Prass, Gelehrtenleben (Anm. 9), S. 215-234.

12 Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft. Text der Ausgabe 1781 mit Beifügung sämmtlicher Abweichungen der Ausgabe 1787, hg. von Karl Kehrbach, Zweite verbesserte Aufl. Leipzig ca. 1878, Zitat vor S. 1. Vgl. Ladina Bezzola Lambert, »Von uns selber schweigen wir«. Francis Bacon auf der Schwelle zum modernen Wissenschaftsverständnis, in: Michel Mettler/Ladina Bezzola Lambert (Hg.), Ortlose Mitte. Das Ich als kulturelle Hervorbringung, Göttingen 2013, S. 86-101.

13 Leopold von Ranke, Englische Geschichte vornehmlich im siebzehnten Jahrhundert, Bd. 2 (Sämtliche Werke, Bd. XV), Leipzig 1870, S. 103.

14 Max Weber, Wissenschaft als Beruf, München 1919, S. 13.

15 Zit. nach Jürgen Kaube, Die Alliierten – schlimmer als Hitler?, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3.3.2015 (über Heideggers »Schwarze Hefte«).

16 Zit. nach Christoph Cornelißen, Gerhard Ritter. Geschichtswissenschaft und Politik im 20. Jahrhundert, Düsseldorf 2001, S. 21.

17 Ben-Ari, On Acknowledgements in Ethnographies (Anm. 5).

18 Zur Geschichte dieser Metapher vgl. Robert K. Merton, Auf den Schultern von Riesen. Ein Leitfaden durch das Labyrinth der Gelehrsamkeit. Übersetzt von Reinhard Kaiser, Frankfurt a.M. 1983. Als Beispiel siehe Hartmut Kaelble, Soziale Mobilität und Chancengleichheit im 19. und 20. Jahrhundert. Deutschland im internationalen Vergleich, Göttingen 1983, S. 15.

19 Zum Verhältnis von Widmung und Danksagung vgl. Yvonne Schütze/Betina Hollstein, »Für C« – Widmungen in der Soziologie, in: Günter Burkart/Jürgen Wolf (Hg.), Lebenszeit. Erkundungen zur Soziologie der Generationen, Opladen 2002, S. 437-455, hier S. 439f.

20 Ricarda Huch, Die Neutralität der Eidgenossenschaft. Besonders der Orte Zürich und Bern während des spanischen Erbfolgekrieges, Zürich 1892, S. 287.

21 Martus/Spoerhase, Geistesarbeit (Anm. 6), S. 90. Vgl. David Kuchenbuch, Zum Diktieren in den Geisteswissenschaften 1800–1989, in: Merkur 75 (2021) H. 10, S. 27-40.

22 Hans Rothfels, Die deutsche Opposition gegen Hitler. Eine Würdigung, Krefeld 1949, S. 12.

23 Ute Frevert, Krankheit als politisches Problem 1770–1880. Soziale Unterschichten in Preußen zwischen medizinischer Polizei und staatlicher Sozialversicherung, Göttingen 1984, S. 9; Barbara Stollberg-Rilinger, Der Staat als Maschine. Zur politischen Metaphorik des absoluten Fürstenstaats, Berlin 1986, S. 3.

24 Gerhard Ritter, Vorwort, in: Walther Holtzmann/Gerhard Ritter (Hg.), Die deutsche Geschichtswissenschaft im Zweiten Weltkrieg. Bibliographie des historischen Schrifttums deutscher Autoren 1939–1945, Marburg/Lahn 1951, S. 3-7, hier S. 7.

25 Max Ebert (Hg.), Reallexikon der Vorgeschichte. Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter, Bd. 1: Aal – Beschneidung, Berlin 1924, S. IV.

26 Gerhard Ritter, Friedrich der Große. Ein historisches Profil, Leipzig 1936, o.S.

27 Cornelißen, Gerhard Ritter (Anm. 16), S. 274.

28 Walter Markov, Grundzüge der Balkandiplomatie. Ein Beitrag zur Geschichte der Abhängigkeitsverhältnisse, Leipzig 1999 (das Originalmanuskript wurde 1946/47 fertiggestellt), S. 1.

29 Hans Rothfels, Bismarck und der Staat. Ausgewählte Dokumente, 2. Aufl. Stuttgart 1953, o.S. [S. XIII o.P.].

30 Hans Rosenberg, Die Weltwirtschaftskrise 1857–1859. Mit einem Vorbericht, 2. Aufl. Göttingen 1974, S. V.

31 Gerhard Ritter, Staatskunst und Kriegshandwerk. Das Problem des »Militarismus« in Deutschland, Bd. 1, München 1954, S. 12.

32 Gisela Bock, Thomas Campanella. Politisches Interesse und philosophische Spekulation, Tübingen 1974, S. V.

33 Für Danksagungen, die in der DDR erschienen sind, vgl. etwa Irmgard Höß, Georg Spalatin. Ein Leben in den Entscheidungen der Reformation, Jena 1951, S. VIf.; Helmuth Stoecker, Deutschland und China im 19. Jahrhundert. Das Eindringen des deutschen Kapitalismus, Berlin 1958, S. 7; Kurt Pätzold, Der Zeiss-Konzern in der Weltwirtschaftskrise, Jena 1963, S. XIII; Horst Drechsler, Südwestafrika unter deutscher Kolonialherrschaft, Berlin 1966, S. 22; Walter Mohrmann, Antisemitismus. Ideologie und Geschichte im Kaiserreich und in der Weimarer Republik, Berlin 1972, S. 9; Kurt Pätzold, Faschismus, Rassenwahn, Judenverfolgung. Eine Studie zur politischen Strategie und Taktik des faschistischen deutschen Imperialismus (1933–1935), Berlin 1975, S. 12; Karl Czok, August der Starke und Kursachsen, Leipzig 1987, S. 7. Für Danksagungen aus der Bundesrepublik vgl. etwa Reinhart Koselleck, Preußen zwischen Reform und Revolution. Allgemeines Landrecht, Verwaltung und soziale Bewegung von 1791 bis 1848, Stuttgart 1967, S. 7; Karin Hausen, Deutsche Kolonialherrschaft in Afrika. Wirtschaftsinteressen und Kolonialverwaltung in Kamerun vor 1914, Zürich 1970, S. 302; Lutz Niethammer, Entnazifizierung in Bayern. Säuberung und Rehabilitierung unter amerikanischer Besatzung, Frankfurt a.M. 1972, S. 9f.; Hans-Ulrich Wehler, Das Deutsche Kaiserreich 1871–1918, Göttingen 1973, 7. Aufl. 1994, S. 287; Dieter Langewiesche, Zur Freizeit des Arbeiters. Bildungsbestrebungen und Freizeitgestaltung österreichischer Arbeiter im Kaiserreich und in der ersten Republik, Stuttgart 1979, S. 5f.; Christof Dipper, Politischer Reformismus und begrifflicher Wandel. Eine Untersuchung des historisch-politischen Wortschatzes der Mailänder Aufklärung (1764–1796), Tübingen 1976, S. VIIf.; Kaelble, Soziale Mobilität (Anm. 18), S. 15f.; Gunther Mai, Kriegswirtschaft und Arbeiterbewegung in Württemberg 1914–1918, Stuttgart 1983, S. 3; Frevert, Krankheit als politisches Problem (Anm. 23), S. 9; Helmut Altrichter, Die Bauern von Tver. Vom Leben auf dem russischen Dorfe zwischen Revolution und Kollektivierung, Berlin 1984, S. 8f.; Ulrich Herbert, Fremdarbeiter. Politik und Praxis des »Ausländereinsatzes« in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches, Berlin 1999 (erstmals erschienen 1985), S. 587; Stollberg-Rilinger, Der Staat als Maschine (Anm. 23), S. 3; Ute Daniel, Arbeiterfrauen in der Kriegsgesellschaft. Beruf, Familie und Politik im Ersten Weltkrieg, Göttingen 1989, S. 9.

34 Kaube, Ich sag mal (Anm. 1).

35 Moritz, Schafft die Danksagung ab! (Anm. 1).

36 Hollstein/Schütze, Selbstdarstellungen in der Wissenschaft (Anm. 3).

37 Marietta von Süsskind-Schwendi, Die prae- und perinatale Entwicklung der Hundekralle, Berlin 2005, S. 293; Thomas Hoeren, Mein Dank gilt meinem Hund, in: duz Magazin Nr. 4/2011, S. 60-61.

38 Christa Hauenschild, Zur Interpretation russischer Nominalgruppen. Anaphorische Bezüge und thematische Strukturen im Satz und im Text, München 1985, S. IX. Ein weiteres Beispiel für den Dank an die eigene Katze findet sich bei Christian Dries, Die Welt als Vernichtungslager. Eine kritische Theorie der Moderne im Anschluss an Günther Anders, Hannah Arendt und Hans Jonas, Bielefeld 2012, S. 7: »Undenkbar wäre alles ohne meine Katze Madame, die mir, auf diversen Papierstapeln thronend, immer wieder anschaulich demonstriert, dass es nichts Schöneres gibt, als nach einer Pause auszuruhen.« In der Literatur gibt es eine lange Tradition, in der die Beziehungen von Schriftstellern und (Haus-)Tieren behandelt werden. Vgl. E.T.A. Hoffmann, Lebens-Ansichten des Katers Murr. Nebst fragmentarischer Biographie des Kapellmeisters Johannes Kreisler in zufälligen Makulaturblättern, Berlin 1820.

39 Jan Schmidt, Nach dem Krieg ist vor dem Krieg. Medialisierte Erfahrungen des Ersten Weltkriegs und Nachkriegsdiskurse in Japan (1914–1919), Frankfurt a.M. 2021, S. 461-467.

40 Karl-Theodor zu Guttenberg, Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU, Berlin 2009, S. 6.

41 Monika Sigmund, Genuss als Politikum. Kaffeekonsum in beiden deutschen Staaten, Berlin 2015, S. X.

42 Daniela Hettstedt, Die internationale Stadt Tanger. Infrastrukturen des geteilten Kolonialismus, 1840–1956, Berlin 2022, S. VI.

43 Eine solche versteckte Botschaft brachte auch Robert K. Merton in der englischen Originalversion seines Buches »On the Shoulders of Giants« unter, wie er dem Übersetzer per Brief mitteilte: »Die Widmung bezieht sich zunächst, wie Sie richtig vermuten, auf meine drei Kinder, die in der Reihenfolge ihrer Geburt aufgeführt sind, und dann, wie Sie wohl nicht ahnen konnten, auf ihre fünfzehn Katzen. Die Anspielung war nur engen Freunden verständlich; es gibt aber einen, wenn auch schwachen Hinweis, den auch andere verstehen könnten, denen das antonymische ›ausgesprochen – unaussprechlich‹ [engl. ›effable – ineffable‹] auffällt. Dieses Adjektivpaar enthält nämlich Anklänge an T.S. Eliots Gedicht ›The Naming of Cats‹ aus seinem von den ausgesprochenen Drei oft gelesenen Buch ›Old Possum’s Book of Practical Cats‹.« Merton, Auf den Schultern von Riesen (Anm. 18), S. 6.

44 Greiner, Streit um Dissertation (Anm. 1).

45 Siehe z.B. Georg Franck, Ökonomie der Aufmerksamkeit. Ein Entwurf, München 1998, S. 7f.; Benjamin Brendel, Konvergente Konstruktionen. Eine Globalgeschichte des Staudammbaus, Frankfurt a.M. 2019, S. 455.

46 Charakteristisch für den Rückgriff auf die Wegmetapher und die Verzahnung von Dank und wissenschaftlichem Text ist beispielsweise Florian Greiner, Wege nach Europa. Deutungen eines imaginierten Kontinents in deutschen, britischen und amerikanischen Printmedien, 1914–1945, Göttingen 2014, S. 515.

47 Beispielhaft hierfür Daniel Maul, Menschenrechte, Sozialpolitik und Dekolonisation. Die Internationale Arbeitsorganisation (IAO) 1940–1970, Essen 2007, S. 11.

48 Für eine solche Ausnahme vgl. Michael Wildt, Zerborstene Zeit. Deutsche Geschichte 1918–1945, München 2022, S. 23.

49 Kim Christian Priemel, Flick. Eine Konzerngeschichte vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik, Göttingen 2007, S. 13.

50 Stephan Malinowski, Vom König zum Führer. Deutscher Adel und Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 2004, o.S. [S. 10 o.P.]; Till Florian Tömmel, Bonn, Jakarta und der Kalte Krieg. Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Indonesien von 1952 bis 1973, Berlin 2018, o.S. [S. IX o.P.].

51 Jan Eckel, Hans Rothfels. Eine intellektuelle Biographie im 20. Jahrhundert, Göttingen 2005, S. 478; Stephan Lehnstaedt, Der Kern des Holocaust. Bełżec, Sobibór, Treblinka und die Aktion Reinhardt, München 2017, o.S. [S. 181 o.P.]; Karl Schlögel, Das sowjetische Jahrhundert. Archäologie einer untergegangenen Welt, München 2017, S. 848.

52 Margit Szöllösi-Janze, Archäologie des Wettbewerbs. Konkurrenz in und zwischen Universitäten in (West-)Deutschland seit den 1980er Jahren, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 69 (2021), S. 241-276; Ariane Leendertz, Die Macht des Wettbewerbs. Die Max-Planck-Gesellschaft und die Ökonomisierung der Wissenschaft seit den 1990er Jahren, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 70 (2022), S. 235-271.

53 René Breiwe, Diversitätsreflexive Bildung und die deutschen Schulgesetze. Eine kritische Analyse, Wiesbaden 2020, S. VII.

54 Ulrich Bröckling, Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform, Frankfurt a.M. 2007.

55 Für einen Einstieg in diese Diskussion vgl. Katherine W. McCain, Beyond Garfield’s Citation Index. An Assessment of Some Issues in Building a Personal Name Acknowledgments Index, in: Scientometrics 114 (2018), S. 605-631; Nadine Desrochers/Adèle Paul-Hus/Jen Pecoskie, Five Decades of Gratitude. A Meta-Synthesis of Acknowledgments Research, in: Journal of the Association for Information Science and Technology 68 (2017), S. 2821-2833; Alexander Oettl, Reconceptualizing Stars. Scientist Helpfulness and Peer Performance, in: Management Science 58 (2012), S. 1122-1140.

56 Friedrich-Christian Schroeder, Herzlichen Dank, Herr Professor!, in: JuristenZeitung 55 (2000), S. 353; Horst Sendler, Undank als Lohn der Welt?, in: JuristenZeitung 55 (2000), S. 614; Wilfried Küper, »Dank-Kaskaden«, in: JuristenZeitung 55 (2000), S. 614.

57 Als eine Selbstinszenierung in diesem Sinne vgl. David van Reybrouck, Revolusi. Indonesien und die Entstehung der modernen Welt. Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke, Berlin 2022, S. 643: »Das Arbeitsstipendium des DAAD war übrigens die einzige finanzielle Unterstützung, die ich während der Arbeit an diesem Buch erhalten habe. Um meine Unabhängigkeit zu bewahren, habe ich in den Niederlanden oder in Belgien keine öffentlichen oder privaten Zuschüsse beantragt.«

59 Danksagung Dissertation (Anm. 58); Michael Henzinger/Alexander Kluckner, Leitfaden für das Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten, 21.3.2017, S. 11.

60 Adolph von Knigge, Ueber den Umgang mit Menschen, Bd. 1, Hannover 1788, S. 263.

61 Simmel, Dankbarkeit (Anm. 7); ders., Exkurs über Treue und Dankbarkeit (Anm. 7).

62 Siehe dazu Ralph Jessen, »Wir alle spielen Theater«. Selbstinszenierungen und feine Unterschiede im universitären Milieu seit den 1990er Jahren, Vortrag vom 25.1.2022; Nolte, Lebens Werk (Anm. 6), S. 238-266; Peter Schöttler, Die autobiographische Versuchung, in: Lüdtke/Prass, Gelehrtenleben (Anm. 9), S. 131-140.

63 Als (frühe) Beispiele, in denen der DFG, den Deutschen Historischen Instituten oder dem DAAD bzw. ausländischen Instituten dafür gedankt wird, dass sie Recherchen im Ausland unterstützt haben, vgl. für die Bundesrepublik Dieter Albrecht, Die auswärtige Politik Maximilians von Bayern 1618–1935, Göttingen 1962, S. Vf.; Imanuel Geiss, Panafrikanismus. Zur Geschichte der Dekolonisation, Frankfurt a.M. 1968, S. 7; Heinz-Gerhard Haupt, Nationalismus und Demokratie. Zur Geschichte der Bourgeoisie im Frankreich der Restauration, Frankfurt a.M. 1974, S. 8; Dipper, Politischer Reformismus und begrifflicher Wandel (Anm. 33), S. VII; Altrichter, Die Bauern von Tver (Anm. 33), S. 8. Für die DDR vgl. Stoecker, Deutschland und China im 19. Jahrhundert (Anm. 33), S. 7.

64 Einen Übergang bildet G.H. Jansens 1966 erschienenes Werk, das mit »Introduction and Acknowl­edgement« als eigenem Kapitel beginnt: Gerrit H. Jansen, Afro-Asia and Non-Alignment, London 1966, S. 11f.

65 Kenneth T. Jackson, Crabgrass Frontier. The Suburbanization of the United States, New York 1985, S. ixf.

66 Hollstein/Schütze, Selbstdarstellungen in der Wissenschaft (Anm. 3); Etzemüller, Auftritt (Anm. 7).

67 Julian Hamann/Wolfgang Kaltenbrunner, Biographical Representation, from Narrative to List. The Evolution of Curricula Vitae in the Humanities, 1950 to 2010, in: Research Evaluation 31 (2022), S. 438-451.

68 Tanja Gabriele Baudson/Riccardo Altieri, Klassismus in Academia. Wer kommt an die Spitze?, in: Forschung & Lehre, 13.1.2022.

69 Auch dies zeigt sich in Danksagungen. Immer wieder danken Promovierende ihren Eltern nicht nur für allgemein-menschliche Unterstützung, sondern ganz konkret für ihren Beitrag zur Fertigstellung eines Manuskripts – beispielsweise als Korrekturleser:innen oder als (Mit-)Organisator:innen und Finanziers von Forschungsreisen.

70 Die Zahlen zum Anteil von »Arbeiterkindern« unter Studierenden und Wissenschaftler:innen variieren in verschiedenen Studien. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass sie auf die weiterhin hohe Bedeutung der Herkunftsfamilie für den Bildungserfolg des Einzelnen verweisen. Siehe Julia Reuter u.a. (Hg.), Vom Arbeiterkind zur Professur. Sozialer Aufstieg in der Wissenschaft. Autobiographische Notizen und soziobiographische Analysen, Bielefeld 2020; Christina Möller, Herkunft zählt (fast) immer. Soziale Ungleichheit unter Universitätsprofessorinnen und -professoren, Weinheim 2015.

71 Vgl. Bourdieu, Die feinen Unterschiede (Anm. 7); Andreas Reckwitz, Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne, Berlin 2017.

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