- Schönheit, Kosmetik und das Streben nach dem wahren Selbst
- Punk, Feminismus und die Abkehr vom wahren Selbst
- Schönheitsarbeit und das unternehmerische Selbst
- Das unternehmerische Selbst und neue Fantasien der Universalität
- Fazit
Kosmetika sind in vielerlei Hinsicht banal, sie stellen aber oft (wie andere Praktiken des Körperschmucks) auch wirkungsvolle Ausdrucksmittel in Konflikten um die Symbolik von Körper und Selbst dar. In den Vereinigten Staaten warfen Feministinnen bei der Wahl zur »Miss America« 1968 vermeintliche Folterinstrumente wie Büstenhalter oder künstliche Wimpern sowie Frauenzeitschriften wie »Glamour« und Männermagazine wie »Playboy« in einen »Freiheitsabfalleimer«. In den USA, in der Bundesrepublik Deutschland und anderen westlichen Ländern wandten sich Anhängerinnen der neuen Frauenbewegung dagegen, den weiblichen Körper wie eine Ware zu behandeln. In der Bundesrepublik störten sie zum Beispiel 1972 und 1973 Schönheitswettbewerbe. In den 1970er- und frühen 1980er-Jahren wetterten Feministinnen in den Vereinigten Staaten und in der Bundesrepublik gegen Darstellungen von Frauen in den Medien, die sie als sexistisch ansahen, gegen unrealistische Erwartungen körperlicher Konformität, die von Männern und von der Wirtschaft an Frauen gestellt wurden, sowie gegen die Erziehung junger Mädchen zur Eitelkeit, die aus Sicht der Feministinnen der intellektuellen und beruflichen Entwicklung von Frauen schadete. Infolgedessen griffen manche Frauen auf selbstgemachte Kosmetika zurück oder verzichteten ganz darauf, sich zu schminken. Während weitverbreitete Frauenzeitschriften wie »Redbook« und »Glamour« in den USA oder »Brigitte« und »Petra« in der Bundesrepublik finanziell stark von Kosmetikwerbung abhängig waren (und sind), machten neue Zeitschriften der Frauenbewegung wie »Emma« und »Courage« diese Werbepraktiken nicht mit. Seitdem hält sich die Behauptung, die zweite Welle des Feminismus habe Mode und Spaß abgelehnt und sich dabei auch gegen den Gebrauch färbender oder dekorativer Kosmetikartikel wie Lippenstift gewendet, genau wie gegen die Vorstellung von körperlicher Schönheit überhaupt.[1]
Doch waren und sind feministische Analysen von Schönheit und Kosmetik durchaus komplexer. Einerseits ist die Kritik an Schönheitsidealen und -praktiken seit den 1970er-Jahren Teil des Mainstream geworden. So veröffentlichte die Zeitschrift »Aus Politik und Zeitgeschichte« 2007 ein Heft zum Thema »Körperkult und Schönheitswahn«.[2] Feministinnen spielten bei der Formulierung solcher Kritik lange eine führende Rolle. Andererseits waren aber gerade Feministinnen darum bemüht, den kreativen, zuweilen subversiven Umgang mit den Möglichkeiten des Schminkens und anderer Formen der Körperveränderungen, von Mode oder Tätowierungen, zu fördern. Manche Feministinnen äußerten sich positiv zum Gebrauch von Schminke im Punk der späten 1970er- und der 1980er-Jahre. Seit den 1980er-Jahren berichtete die deutsche und internationale Presse wiederholt über die Firma Body Shop und ihre Gründerin Anita Roddick. Roddick gelang es, ihre Marke als einen Motor für fortschrittliche Geschäftstätigkeit, soziale Veränderungen sowie verantwortungsbewusste feministische Pflege- und Schönheitspraktiken darzustellen. Und 20 Jahre später traten amerikanische und britische feministische Sozialwissenschaftlerinnen als Ratgeberinnen im Marketing der Kosmetikbranche auf. Im neuen Jahrtausend haben nun auch deutsche Mainstream-Frauenzeitschriften wie »Brigitte« die feministische Schönheitskritik teilweise übernommen.
Dieser Aufsatz untersucht, wie insbesondere Feministinnen seit den 1970er-Jahren im Umgang mit Schönheit und Kosmetik unterschiedliche Konzeptionen des »Selbst« entwickelt haben. Solche Konzeptionen sind immer auch im Zusammenhang mit sozialen Bewegungen und Vermarktungsstrategien der Kosmetik- und Modeindustrie zu sehen. Der Aufsatz geht von einem Verständnis des Selbst aus, das Einzelne nicht voluntaristisch kontrollieren: Individuen konstruieren ihr Selbst durch Akte der Darstellung mit sprachlichen und visuellen Mitteln, die immer in symbolische und ökonomische Machtsysteme eingebunden sind.[3] Dabei greifen sie auf Vorstellungen von Geschlechterrollen und -erwartungen zurück und versuchen auch, diese zu verändern. Wie Lynn Thomas in ihrer Diskussion feministischer Konzeptionen von Handlungskraft oder Agency gezeigt hat, sind Deutungen der Motivationen derjenigen, die Kosmetika benutzen (in Thomas’ Studie sind es die Benutzer von Hautaufhellern), mit Vorsicht zu behandeln: Diese Motivationen sind vielfältig und teilweise unbewusst; sie nehmen kollektive Fantasien und psychische Bedürfnisse auf.[4] Der vorliegende Aufsatz zeigt, dass Feministinnen im Umgang mit Kosmetika seit den 1970er-Jahren zur Formulierung von zwei unterschiedlichen Konzeptionen des Selbst beitrugen und sich an diesen auch immer wieder rieben. In der feministischen Kritik von Schönheitsidealen und Kosmetik war die Artikulation eines wahren Selbst wichtig und wurde zugleich immer wieder hinterfragt, seit den späten 1970er-Jahren besonders in feministischen Aneignungen des Punk.[5] Dabei stellten Feministinnen die Frage, ob Kosmetika, vor allem sichtbare Schminke, mit dem Anspruch vereinbar seien, dass Frauen ihr wahres Selbst ausdrücken könnten. Ab den 1980er-Jahren wurde im Verständnis von Schönheit und Kosmetik zunehmend eine neue Konzeption des Selbst deutlich, diejenige des unternehmerischen Selbst,[6] das Kosmetika situationsbedingt zur Darstellung eines flexiblen, selbstbewussten Subjekts einsetzt. Die internationale Aufmerksamkeit für Anita Roddick und ihre Firma Body Shop unterstützte solche Positionen.
Sowohl in der Aneignung als auch in der Kritik von Kosmetik beschwören Kommentatoren und Konsumenten oft spezifische Vorstellungen von der Vergangenheit sowie von zeitgenössischen Kulturunterschieden. Im 20. Jahrhundert war in deutschen und internationalen Bemühungen, Kosmetik- und Modepraktiken zu bewerten (oder auch zu bewerben), ein Verfahren des schnellen allgemeinen Kulturvergleichs verbreitet, das ich volkstümliche Ethnologie genannt habe.[7] In Urteilen etwa über Schönheitsideale in der Bundesrepublik oder den USA nimmt diese volkstümliche Ethnologie die innere Uniformität von Kulturen an – sowie die Fähigkeit der Beobachter, Kulturen zu verstehen und zu vergleichen. Ihr Einsatz in Medien, die auf eine rasche Wahrnehmung ausgerichtet sind, etwa Illustrierte oder Videos, macht volkstümliche Ethnologie zu einer spezifischen Variante der von W.J.T. Mitchell benannten »Ansichten zweiter Ordnung«, also »Ansichten über die Ansichten anderer Menschen«. Im Zusammenhang der Interpretation von Bildern hat Mitchell diese als »konstitutiv für [...] Systeme rassischer oder kollektiver Vorurteile« beschrieben.[8] Die mit einer solchen Strategie angestrebten Ziele ändern sich je nach Kontext. Seit den 1970er-Jahren ist volkstümliche Ethnologie oft Teil feministischer Analysen von Schönheits- und Modepraktiken zur Auseinandersetzung mit universalistischen und partikularistischen Behauptungen über die Unterdrückung von Frauen und Möglichkeiten der Emanzipation. Zum Beispiel zeichneten Feministinnen des öfteren Unterschiede zwischen westlichen Frauen und Frauen im »Orient«. Schließlich war und ist volkstümliche Ethnologie auch ein Phänomen, das man zuweilen in den global angelegten Werbekampagnen der Kosmetikindustrie finden kann. Mit Schwerpunkt auf der Bundesrepublik und in zeithistorischer Perspektive zeigt der Aufsatz, wie Schönheit und Selbst konstituiert und bewertet werden.
1. Schönheit, Kosmetik und
das Streben nach dem wahren Selbst
In einer der frühesten Streitschriften der zweiten Welle des radikalen Feminismus in der Bundesrepublik kritisierte die Soziologin Karin Schrader-Klebert 1969, dass die Gesellschaft Frauen wie eine Ware behandle. Der Körper einer Frau sei »ihr einziges Kapital«, erklärte Schrader-Klebert, er werde »wertlos«, wenn Männer ihn nicht als begehrenswert betrachteten. »Die hässliche Frau, die Frau, die keine Sorgfalt auf ihren Körper verwendet [...], wird sozial diffamiert.«[9] Schrader-Kleberts Thesen waren Teil ihrer breiter angelegten Analyse der Unterdrückung von Frauen quer durch gesellschaftliche Gruppen und geschichtliche Epochen. Eine starke Spannung zwischen dem Universellen und dem Partikularen war grundlegend für Schrader-Kleberts Interpretation. Einerseits stellte sie die problematische Behauptung auf, »Frauen sind die Neger aller Völker und der kollektiven Geschichte«. Andererseits nahm sie manche Frauen als Unterdrückerinnen wahr und meinte: »Die weiße Frau solidarisiert sich mit dem weißen Mann gegen die Neger, die bourgeoise Frau solidarisiert sich mit dem bourgeoisen Mann gegen die Proletarierfrau usw.«[10] Die Verdinglichung von Frauen sei dieselbe, egal wodurch sie den Frauen aufgezwungen werde – ob »durch die Priester der Fruchtbarkeitsreligion, durch die autoritäre Anbetung der Jungfrau Maria oder durch die Werbemanager der Konsumindustrie«. Schrader-Kleberts Varianten volkstümlicher Ethnologie unterstützten die These der universellen Unterdrückung von Frauen; Verdinglichung habe es Frauen aller Zeiten und Länder unmöglich gemacht, sich als handlungsfähige Subjekte zu sehen.[11]
Feministische Angriffe auf die Zwänge, die Schönheitsideale den Frauen auferlegten, entwickelten sich im Umfeld liberaler und linker Kritik an der Werbewirtschaft. Vance Packards Buch »The Hidden Persuaders« (1957, dt. 1958) behielt bis in die 1970er-Jahre internationale Anziehungskraft. Packard attestierte Werbern viel Macht über die Bedürfnisse und Lebensziele derer, die ihren Botschaften ausgesetzt waren. Auf der Linken verdichtete sich die ideologiekritische Analyse von Werbung und Konsum etwa in Wolfgang Fritz Haugs »Kritik der Warenästhetik« (1971), die besonders der Kosmetikindustrie vorwarf, bei Frauen und zunehmend auch bei Männern Verlangen nach ihren Produkten erst zu erzeugen. Schrader-Klebert bezog sich explizit auf Simone de Beauvoirs feministischen Klassiker »Das andere Geschlecht«.[12] Ihre Hoffnung auf einen Bewusstseinswandel stand gleichzeitig im Einklang mit der Suche nach »Authentizität« und einem »wahren Selbst«, die wesentlich war für die Gegenkultur der 1960er-Jahre und ihre Nachfolger in den 1970er-Jahren.[13]
Wie Detlef Siegfried gezeigt hat, ließ die Kritik an der Fähigkeit der modernen Konsumgüterindustrie, Bedürfnisse zu manipulieren und dadurch die Macht des Kapitalismus aufrechtzuerhalten, in der Bundesrepublik zahlreiche Bildungsvorhaben entstehen, allerdings mit beschränktem Erfolg. Siegfried erzählt in seinem Buch »Time Is on My Side« die Geschichte einer Oberstufenschülerin, die während der 1970er-Jahre ihre Lehrerin für die Aufforderung tadelte, Kosmetikreklame kritisch zu betrachten. Die Schülerin warf der Lehrerin vor, sie nehme ihr die Freude am Konsum der Werbebilder und der angepriesenen Produkte: »Sie haben kein Recht, uns unglücklich zu machen.«[14] Statt sich durch die Kritik an der Werbung und am Kapitalismus bestärkt zu fühlen, sahen zumindest einige Schülerinnen darin eine weitere Form negativer Disziplinierung.
Westdeutsche Zeitschriften der neuen Frauenbewegung wie »Courage« und »Emma« setzten sich seit ihrer Gründung in den Jahren 1976/77 wiederholt mit den Themen Schönheit und Konsum auseinander. »Courage«, vier Monate älter als »Emma«, kritisierte die oberflächlichen Darstellungen von Frauen in Zeitschriften wie »Brigitte« oder »Petra«: Konsum diene vor allem der Befriedigung von Wünschen der Ehemänner und der Werbeträger. Um den Konsum der beworbenen Produkte anzukurbeln, »begleiten diese Zeitschriften ihre Leserinnen durch den ganzen Tag. Artikel über Modetips, Kosmetik, Körperpflege, Haushaltsberatung« sowie über Wohneinrichtung, Erziehung – »es gibt immer etwas zu kaufen«.[15] Beide Zeitschriften konzentrierten sich auf Themen wie sexuelle Gewalt an Frauen, Frauen im Beruf oder Fragen der Geschlechteridentität. »Emma« übte in den späten 1970er-Jahren ausführlich Kritik an der Forderung nach Schlankheit, die Modemagazine, Boutiquen, Freundinnen und Männer an Frauen richteten. Weniger Aufmerksamkeit galt Kosmetikanzeigen oder der Nachfrage nach Kosmetik, die von Texten in Frauenzeitschriften ausgelöst wurde. Für »Courage« war Kosmetik noch weniger wichtig als für »Emma«. Immerhin rügte »Emma« ausdrücklich Werbestrategien, die unter anderem in der Kosmetikreklame Anwendung fanden und darauf abzielten, dass Frauen attraktiv bleiben müssten, um ihren Mann nicht an eine Jüngere zu verlieren, wie es in den 1970er-Jahren eine westdeutsche Anzeige für Hautcreme der Marke Margaret Astor darstellte. Werbung und Illustrationen in der Presse förderten aus der Sicht von »Emma« ein Alltagsverhalten, das Frauen dränge, sich Männern sexuell verfügbar zu machen. Die Kritik an der Anzeige von Margaret Astor ergänzte den Text einer Leserin, die sich ausmalte, wie es wäre, alt und nicht mehr attraktiv zu sein und dadurch dem Druck der sexuellen Verfügbarkeit zu entkommen.[16]
Auch andere Zeitschriften der Frauenbewegung äußerten sich bisweilen kritisch zur Kosmetik. So druckte die Heidelberger »Spinatwachtel« 1980 ein Gedicht mit dem Titel »Die Maske der Schönen«:
Vor dem Spiegel male ich
das Gesicht braun
Lippen und Wangen rot
die Augen blau
dir zu gefallen male ich einen anderen Menschen
Die Autorin sah hier Schminke als eine Form der Verstellung von Frauen, die darauf ziele, einen Partner (gemeint war wohl ein Mann) anzuziehen und zu halten.[17]
Manche Werbekampagnen dieser Zeit behaupteten schlicht, kosmetische Produkte machten schön. Solche Anzeigen waren in Illustrierten allgegenwärtig. »Courage« und »Emma« dagegen erschienen anfangs ohne Werbung, und als »Emma« und »Courage« auch Anzeigen annahmen, verkauften sie die Seiten dafür zum Beispiel an Verlage, die neu begründete Reihen für »Frauenbücher« bewarben, aber nicht an Unternehmen aus der Kosmetikbranche, deren Inserate für traditionelle Frauenzeitschriften eine wesentliche Einnahmequelle waren und sind.[18] Während »Courage« 1984 einging, erscheint »Emma« nach wie vor ohne Kosmetikwerbung.
In den 1970er-Jahren verspotteten einige Beiträge der »Emma«, in den Worten von Gründerin Alice Schwarzer, die »Machen-Sie-das-Beste-aus-ihrem-Typ-Ideologie«. Schwarzer betonte, es gehe darum, »ein Leben aufzubauen, in dem erstens unser Selbstwertgefühl als Frauen nicht in erster Linie vom Aussehen abhängt und in dem zweitens Schönheit nicht länger Fassade ist, sondern lebendig«.[19] Bereits 1976 mokierte sich »Emmas« berühmte Zeichnerin Franziska Becker mit ihrer Karikatur »Frau Knöbel macht das Beste aus ihrem Typ« über die regelmäßigen »Vorher und Nachher«-Seiten in der »Brigitte«. 1978 hieß es in der »Emma«, mit solchen Ratschlägen »pisakt« »Brigitte« ihre Leserinnen alle zwei Wochen, »immer nach dem Motto: erst verunsichern und dann den Kosmetikfirmen in die Arme treiben«.[20] In der »Brigitte« wurde zum Schminken je nach »Typ« geraten, um vorteilhafte Gesichtspartien zu betonen und somit angeblich die Schönheit zu fördern. Beckers Karikaturen für »Emma« machten rundliche Frauenfiguren mit großen Nasen und Überbiss zu Heldinnen. Becker hinterfragte sowohl die gängigen Schönheitspraktiken in Frauenzeitschriften als auch den Anspruch, durch die prinzipielle Vermeidung von Schminke und Mode zu einem wahren weiblichen Selbst zu gelangen. So zeigte Becker in einer Karikatur von 1980, wie ungeschminkte Mitglieder einer Frauengruppe in Latzhosen und Flatterkleidern sich über eine geschminkte Besucherin in Rock und Jacke beklagten und diese aus ihrem Frauenzentrum vertrieben. Neben der Kritik an Schminke und Schönheit als »Fassade« oder »Maske« lassen Beckers Satiren und Schwarzers Bestehen auf »lebendiger« Schönheit auch Freude an der körperlichen Verwandlung erkennen.
In einer fünfteiligen Serie veröffentlichte »Emma« 1980 die Ergebnisse einer ersten systematischen Umfrage unter ihren Leserinnen. Zu den Themen zählten Sexualität, Ehe, Arbeit, die Identifikation mit dem Feminismus, Bildung und Schönheit. Die Ergebnisse der Umfrage sprachen deutlich gegen eine schminkfeindliche Haltung im Verhalten der »Emma«-Leserinnen: 72 Prozent schminkten sich, darunter 63 Prozent jener, die sich als »aktive Feministinnen« bezeichneten. Quer durch die Altersgruppen stimmten um 50 Prozent der Aussage zu, sie schminkten sich »ab und zu, wenn ich Lust dazu habe«. Nur 2 Prozent taten es, »wenn es nicht zu vermeiden ist«. Wie bei Umfragen üblich, schrumpften persönliche Vorlieben zu einigen wenigen Wahlmöglichkeiten. Deutlich wurde aber, dass der Gebrauch von Schminke ein lustvoller Akt der Selbstverwandlung sein konnte, für den Frauen sich bewusst entschieden.[21]
Die Ergebnisse der Umfrage wurden in der »Emma« von den Soziologinnen Cheryl Benard und Edit Schlaffer analysiert, die im Laufe der nächsten vier Dekaden zahlreiche populär angelegte soziologische Werke über Frauen in Europa, in den Vereinigten Staaten und im Mittleren Osten veröffentlichten, dazu deutschsprachige Ratgeber zur Erziehung starker und unabhängiger Mädchen.[22] Sie offenbarten ihre eigene ambivalente Haltung zu Mode und Kosmetik, da sie diese als Erzeugnisse der Industrie und der Medien sahen, aber auch als Reaktionen auf einen individuellen Wunsch nach Wohlergehen. Benard und Schlaffer fassten ausführlich zusammen, welche Gruppen von »Emma«-Leserinnen sich schminkten, und fanden heraus, dass es dabei keinen Unterschied machte, ob Frauen mit Männern zusammenlebten oder mit Frauen (alleinlebende Frauen wurden nicht gesondert betrachtet). Anders gesagt, das Schminken schien sich nicht auf direkten Druck von Männern zurückführen zu lassen.[23]
Die Soziologinnen fragten, ob Frauen »entfremdet vom eigenen Körper, am schwachen Punkt unseres Selbstvertrauens immer wieder verletzbar« blieben. Trotz ihres Bemühens, einfache Antworten zu vermeiden, kamen sie zu dem Ergebnis, dass jegliche Lockerung oder Diversifizierung von Modestandards in Wirklichkeit bloß darauf abziele, den Verbrauch zu steigern. Folglich stellten Benard und Schlaffer früh fest, dass sich mit Anreizen zu individuellen Lebensweisen zwar die Warenvielfalt erhöhen und Verkäufe ankurbeln ließen, dass damit indes kein erfüllteres Dasein einhergehe. Bei Benard und Schlaffer klang allerdings auch an, dass der Kosmetikgebrauch nicht lediglich eine Folge der Manipulation von Frauen durch die Industrie und die Medien war. Sie nannten dafür zwei Gründe, indem sie volkstümliche Ethnologie anwandten, ohne die Schichtung von Gesellschaften nach Klassen oder ethnischen Gruppen zu beachten: Die Verschönerung durch Schminke finde sich auch in weniger patriarchalischen Gesellschaften, früheren wie gegenwärtigen. Mit Ausnahme der spartanisch aussehenden zeitgenössischen westlichen Männerwelt sei der Gebrauch von Schminke keineswegs geschlechtsspezifisch. In der Gegenwart sei Schminken hingegen Teil einer »doppelten Demütigung« von Frauen: In der Öffentlichkeit seien sie sich der Täuschung bewusst, die sie begingen, indem sie sich schminkten; daheim müssten sie ihren Familien und Freunden dankbar sein, von denen sie trotz »solch krasser Mängel« akzeptiert würden. Schminken bedeutete hier, dass Frauen in der Öffentlichkeit nicht ihr wahres Selbst darstellen könnten. Insgesamt waren Bernard und Schlaffer 1980 dem Schminken und anderen Schönheitspraktiken gegenüber negativ eingestellt. Ihre Kritik war Teil eines internationalen Diskurses zur Unterdrückung von Frauen durch Schönheitsideale und -praktiken.
Bei der von weißen Amerikanern und weißen Deutschen geäußerten linken, liberalen oder feministischen Kritik an Schönheitsnormen fällt auf, dass die inhärente rassistische Aufladung der Standards meist völlig ignoriert wurde. Der Protestaufruf gegen die eingangs erwähnte Wahl zur »Miss America« prangerte 1968 immerhin an, dass noch nie eine Farbige den Wettbewerb gewonnen hatte. Aber viele schwarze Schriftstellerinnen und Aktivistinnen gingen zu dieser Zeit weiter und argumentierten, dass der in der Mainstream-Kultur propagierte Schönheitsstandard in Wirklichkeit ein weißer Standard sei, der Nichtweißen den Zugang verwehre und psychischen Schaden anrichte. Der Afrolook wurde zum Symbol eines neuen, viel breiteren politischen Eintretens für die Formel »black is beautiful«. Damit verbanden sich Normen der Schönheit und des Umgangs mit dem Körper, wonach es als ungesunde Nachahmung der Weißen galt, wenn Schwarze ihr Haar glätteten oder ihre Haut aufhellten. Schwarze Aktivistinnen wiesen darauf hin, dass die Werbe-, Schönheits- und Unterhaltungsindustrien diskriminierende Schönheitsnormen nährten, aber ihre Argumente flossen nicht in die Kritik ein, die weiße Feministinnen bis in die 1970er-Jahre formulierten.[24]
»Emma« verwies regelmäßig auf Sexismus in der Werbung und den Mainstream-Medien. Mit einer berühmten Klage zog die Redaktion 1978 gegen den »stern« vor Gericht, dessen Darstellung von Frauen den »Emma«-Journalistinnen und vielen ihrer Unterstützer erniedrigend erschien. Die von »Emma« als Beispiele angeführten Bilder waren »stern«-Cover mit Fotografien fast nackter junger Frauen und »ein praller Frauenhintern« in suggestiver Pose. Auf einem der Bilder sah man das blanke Hinterteil einer offensichtlich weißen Frau auf einem Fahrrad, auf einem anderen den Rücken der nackten und stark geschminkten Jamaikanerin Grace Jones, die sich in der New Yorker Edeldiskothek »Studio 54« lächelnd zum Betrachter umwandte, »in der Hand ein phallisches Mikrophon« und eine fesselartige Kette um ihren Knöchel. Letztere Aufnahme prangerte »Emma« als sexistisch und rassistisch an. Laut »Emma« machten die »stern«-Titelseiten, gemeinsam mit vielen anderen Darstellungen in den Medien, Frauen zu »verkaufsfördernden Objekten«. Solche Bilder seien Verstöße gegen ein »elementares Menschenrecht, verankert im Artikel 1 unseres Grundgesetzes [...], nämlich gegen die Menschenwürde aller Frauen«. Zwar verlor »Emma« vor Gericht, da dem vorsitzenden Richter zufolge Frauen als Gruppe nicht beleidigungsfähig waren, aber der Fall lenkte Aufmerksamkeit auf die Bedingungen, unter denen Frauen in den Medien gezeigt wurden. Es war nun möglich, den Vorwurf des »Sexismus« zu erheben und derartige Fälle zu skandalisieren, auch ohne Rechtsverbindlichkeit.[25] Andererseits konnte »Emma« nicht erkennen und ihren Leserinnen nicht vermitteln, dass Graces Jones mit ihren Selbstinszenierungen aktiv mehrere Normen überschritt. Jones machte zum Thema, dass Frauen und Sklaven historisch zu Handelsobjekten geworden waren, und zugleich stellte sie eine neue Form des androgynen Glamour dar, der stark mit der Discokultur jener Zeit und Popidolen wie David Bowie verbunden war.
2. Punk, Feminismus und die Abkehr vom wahren Selbst
Besonders seit dem Ende der 1970er-Jahre gab es auch Anstrengungen, das Schminken selbst zum Ausdruck einer Kritik an Schönheitsidealen und an der Suche nach »Authentizität« oder einem »wahren Selbst« zu machen. Eine derartige Suche war für Frauen stets problematischer als für Männer. In diesem Zusammenhang wurde Punk attraktiv für manche Feministinnen, die Frauen um Alice Schwarzer und »Emma« eingeschlossen. 1979 regte »Emma« die Musikerin Nina Hagen zu einer Parodie der in Frauenzeitschriften üblichen Vorher-Nachher-Bilder an. Hagens Auftreten förderte die Punk-Ästhetik in Musik und Mode. In ihrer Version der Vorher-Nachher-Bilder verwandelte Make-up eine Frau mit kurzem Haar in eine maskenhafte Person. »Anmalen ist ein Kampfmittel« lautete einer der Sprüche, die Hagen in den Text einfügte, der die Zeichnungen begleitete, wodurch sie ihren Griff zur Schminke politisierte. Hagen riet zu deutlich sichtbarem Rouge und tiefschwarz gefärbten Augenbrauen, ihrem eigenen Aussehen ähnlich, das in seiner Buntheit sowohl dem Ideal eines »natürlichen Aussehens« als auch dem Ideal der sorgfältig zurechtgemachten, fein geschminkten Frau entgegenstand. Was zuvor dem Theater, »Abweichlern« und »Primitiven« vorbehalten war, holten Hagen und die Punks in den Alltag. Hagens Habitus war inspiriert durch eine von ihrer Plattenfirma finanzierte Reise nach England (1977), auf der sie britische Punks kennengelernt hatte. Ihre expliziten Vorbilder waren ihre Freundin Ariane (Ariane Forster alias Ari Up von der britischen Frauen-Punk-Reggaeband »The Slits«) und die Teilnehmerinnen der Walpurgisnacht. Seit 1977 versammelten sich Feministinnen in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai zu Demonstrationen, um die spirituelle Verwandlungskraft von Frauen als Hexen zu feiern und Gewalt gegen Frauen zu kritisieren.[26]
Die Punk-Ästhetik war eine radikale Abkehr von Schönheitsbildern der Mainstream-Presse. Der übertriebene Make-up-Gebrauch ging über die stark gefärbten Wimpern einer Elizabeth Taylor in den 1960er-Jahren oder den androgynen Glamour eines sichtlich geschminkten David Bowie in den 1970er-Jahren hinaus. Der unterschiedslose Make-up-Gebrauch von Männern und Frauen, das Spiel mit zerrissener und verdreckter Kleidung, das Zurschaustellen von Büstenhaltern, Netzstrümpfen oder Uniformmützen an männlichen und weiblichen Körpern problematisierte geschlechtsspezifische Schönheitsideale. Gleichzeitig verstörte Punk auch durch Hundehalsbänder und Piercings wie Sicherheitsnadeln in der Wange, die Assoziationen an Sadismus und Masochismus hervorriefen. Besonders in Großbritannien kam das Tragen von Nazi-Emblemen dazu. Das Schlagwort »no future« richtete sich gegen die Versprechungen von Konsumgüterindustrien und politischen Systemen.[27]
Aufgrund ihrer äußerlichen Provokationen wurden Punks als bewusst hässlich gesehen. Vielleicht mehr als viele Anhänger des Punk selbst verorteten Journalisten, Soziologen und Sozialarbeiter die entsprechende Ästhetik in größeren Zusammenhängen. Zum Beispiel beschrieb eine 1982 erschienene Studie zu West-Berliner Punks die Frisuren und die Verwendung von Kosmetika als zentrale Aspekte der subversiven Botschaften, die Punk-Frauen aussandten: »Nicht nur die punkige Kleidung ist ein Farbbeutel auf dem Schnittmuster der traditionellen Frauenmode, sondern auch die Frisur. Diese ist unweiblich kurz, zirkusbunt und völlig außerhalb abendländischer Haartrachttradition. Das Make-up dient ebenfalls nicht dazu, zu verschönern, besonders vorteilhafte Gesichtspartien herauszuheben und andere zu kaschieren; vielmehr bekommt das Gesicht die Qualität eines abstrakten Gemäldes oder einer Maske. Geometrische Formen, dunkle Flächen um die Augen, schwarze Münder – Kriegsbemalung, Frankensteins Braut.«[28]
Solche Punkästhetik widersprach dem traditionellen Zweck des Schminkens. Die Verfasser offenbarten Bezüge des Punk zu Ikonen der Kultur, Bewegungen oder Völkern, die einst Furcht erweckt hatten: modernistische Kunst, »Primitive« und menschengemachte Monster. Bei der berühmtesten Punkfrisur von Männern und Frauen in den 1980er-Jahren war der Kopf beidseitig geschoren, die Haare in der Mitte standen stachelförmig ab. Diese Frisur hieß auf Deutsch »Irokesenschnitt« und auf Englisch üblicherweise »Mohawk«. Beide Namen behaupteten die Übernahme einer Frisur amerikanischer Ureinwohner, also nichtwestlicher Völker. Die volkstümliche Ethnologie des Punk zielte jedoch nicht darauf ab, ein wahres Selbst durch Assoziation mit »Primitiven« zu finden. Stattdessen lässt sich die eklektische Stil-Kombination des Punk als ironischer Kommentar zur (Un-)Möglichkeit vollständiger Identifikation lesen; sie markiert also den Abstand von dem Traum, durch solche Identifikation zu neuen Formen von Authentizität zu gelangen. Indem Punks sich auf Flohmärkten einkleideten, Lebensmittelfarbe auf Haut und Haar rieben und Fanzines herstellten (maschinengeschriebene und bebilderte Broschüren mit niedrigen Auflagen, in denen Kommentare zu Punkbands und -mode, Prosa sowie Illustrationen erschienen), versuchten sie auch, die etablierten Medien und Modehäuser zu umgehen und sich von passiven Konsumenten abzusetzen.
Für die USA und Großbritannien haben soziologische Studien gezeigt, dass Punk weiße Jugendliche weit stärker anzog als farbige, und Männer stärker als Frauen. In den späten 1970er-Jahren fanden Jugendliche unterschiedlicher sozialer Herkunft Gefallen an der Musik und am Stil des Punk, darunter marginalisierte Jugendliche, die infolge der Deindustrialisierung an Arbeitslosigkeit litten, und Schüler aus der Mittel- oder Oberschicht, auf die Punk laut Soziologen eine »intellektuellere Anziehung« ausübte (eine Anziehung, die auch Kulturbeobachter und -wissenschaftler wie Greil Marcus spürten, dessen berühmte, weit ausgreifende Ideengeschichte des Punk Bezüge zu Situationisten, Dada und mittelalterlichen Ketzern herstellt).[29] Die Möglichkeit, sich über den Punk-Stil zu definieren, bestand in den 1970er- und 1980er-Jahren für Unterhaltungskünstler und für Jugendliche, die zur Schule gingen oder arbeitslos waren, aber für niemanden mit einem regulären Beruf. In der Bundesrepublik griffen sowohl marginalisierte Jugendliche als auch solche aus der Mittel- und Oberschicht die Stile des Punk auf. Einer Umfrage zufolge bezeichneten sich 1981 rund 2 Prozent der westdeutschen Jugendlichen als Punks, und weiteren 15 Prozent gefiel der Stil. Während Frauen mitunter als Musikerinnen und Fans prominent vertreten waren, fühlten sie sich in den Subkulturen des Punk und den Veröffentlichungen über Punk oft ausgegrenzt.[30] Wie schon frühere Jugendstile wurde also auch Punk von jungen Männern und Frauen unterschiedlich erfahren.
Doch die Verbindung aus der Sichtbarkeit und der Infragestellung von Geschlechteridealen machte die Punk-Ästhetik für Frauen durchaus attraktiv, darunter manche, die sich als Feministinnen bezeichneten. Punks spielten mit den Forderungen der Schönheitsindustrie und mit Kritik, auch feministischer, an der Warenkultur. Wie Punkbands in Großbritannien schrien deutschsprachige Frauen-Punkbands in ihren Songs radikale und tabubrechende Texte, mit denen sie es darauf anlegten, die Zuhörer zu amüsieren oder anzuekeln. In einem Feature für »Emma« lobte Sonya Seymour 1980 die Frauenband »Unter-Rock« aus Hannover und erklärte ihre Bewunderung für die »betonte Hässlichkeit« der Punks: »Aussehen ist ungeschlechtlich und ungeheuerlich.« Den aggressiven Stil von »Unter-Rock« beschrieb Seymour als nicht »wohlig konsumierbar«. Sie zitierte Songtexte, in denen die Band das Lesbischsein als öffentliche Identität reklamierte: »Wir sind keine Kellerasseln, wir sind lesbisch... / ich will in keinem Ghetto leben, für mich soll es auch ein Draußen geben.« Zudem formulierte eine der Musikerinnen den Anspruch, auf Frauen zuzugehen, um ihnen zu zeigen, »dass Frauenbewegung nicht nur zarte Stimmchen und Kaffeeklatsch ist, sondern Frauen können auch aggressiv sein«. Diese Frauen könnten dann erkennen: »dufte/stark, die haben nicht so Flitterflatterkleidchen lila gefärbt, sondern auch eine Persönlichkeit«. Solche Aussagen karikierten Frauengruppen als wirkungslos und machten sich über die Politik einer »neuen Weiblichkeit« lustig, wie sie manche in alternativen Milieus engagierte Frauen vertraten, die selbstgefärbte Baumwollkleidung trugen, um sich der Massenmode zu entziehen, oder die »weiche«, »weibliche« Lyrik schrieben. Seymour berichtete über Spannungen zwischen »Unter-Rock« und »Bewegungsfrauen«, die der Band vorwarfen, schlechte Kopien von Nina Hagen oder Mick Jagger zu sein. Im Gegensatz dazu verstanden die Mitglieder von »Unter-Rock« ihren Stil und ihre Musik als »Öffentlichkeitsarbeit für Lesben«, »Gesellschaftskritik« und als Versuch, »neue Bewußtseinsprozesse« auszulösen. Seymour begrüßte, dass »Unter-Rock« und andere weibliche Punks es ablehnten, sich an ein »bestimmtes Frauenbild« anzupassen. Für Frauen wie Seymour waren Punks attraktiv, weil sie die vermeintlich »naturgegebenen« binären Geschlechterrollen in Frage stellten, was ein wichtiges Thema in »Emma« und anderen feministischen Foren war.[31]
Die »Courage« berichtete ein einziges Mal, 1981, über Punks. In einem Interview mit West-Berliner Schülerinnen aus der neunten oder zehnten Klasse einer Gesamtschule stellte eine Lehrerin Haltungen von Mädchen dar, unter anderem von solchen, die sich als »Punks« identifizierten. Zwei dieser Mädchen erklärten, dass anders aussehen, »Motz machen«, Selbstverteidigung, aber auch Toleranz anderen gegenüber für sie wichtig seien. Ein Mädchen kritisierte die »Popper«, jugendliche Mitglieder loser westdeutscher Jugendcliquen, die sich mit sauberer Markenmode bewusst unpolitisch gaben und den Konsum zelebrierten. »Popper«, so die West-Berliner Schülerin, würden »nur über Kleidung reden, und Schminke und Haare-machen«. Punks dagegen zeigten Interesse an sozialen Veränderungen. Die Mädchen waren stolz, dass Punks an »Instandbesetzungen« teilnahmen[32] und dass ihre Musik Probleme »realistisch« aufgreife: »Die Punks, die träumen nicht, die wissen, so kann es nicht weitergehen mit der Konsumgesellschaft.« Die meisten der interviewten Mädchen bestanden darauf, je nach Situation und Befinden ihr Äußeres zu verändern, mal »zerfetzt« und mal »normal« aufzutreten.[33]
Ebenfalls 1981 kritisierte Anna Dorothea Brockmann in der »Courage« die Zwänge, die Mode, Schminke und Sexualität Frauen auferlegten, und dass manche homosexuellen Männer sich schminkten. »Wenn Frauen lesbisch werden, steigen sie aus der Zwangsheterosexualität aus« und könnten so »ihre eigene authentische Sexualität und Identität« finden. Schwule seien »diskriminierte Männer, aber eben Teil des herrschenden Geschlechts... [Ihr] Widerstand gilt nicht den patriarchalen Gewaltzuständen, von denen Schwule ja selbst profitieren«, sondern den rigiden Formen der Kleinfamilie. »Bei ihren äußeren Widerstandsformen bedienen sich Schwule nicht selten gerade jener Weiblichkeitsattribute, die Frauen als patriarchale Zwangsjacken ablegen lernten: Schminke und Frauenkleider, Korsett und Stöckelschuhe, fiktive Jugendlichkeit und zickiges Getue.« Brockmann zeichnete ein differenziertes Bild lesbischer Psychologie und Lebensweisen sowie der Unterdrückung von Lesben. Zudem sah sie Lesben als wichtige Antriebskräfte für Frauenbewegung und Frauenzentren. Lesbischsein war nach Brockmann eine der wichtigsten »Eintrittskarten für authentisches Verhalten«. Doch stellte sie Schwule nicht differenziert dar, sah Schminke als Zeichen problematischer Haltungen Schwuler und betonte zugleich, dass Frauen Schminke im Widerstand gegen das Patriarchat ablehnen müssten. Ironischerweise zeigte eines der Fotos, die »Courage« kommentarlos auf den Seiten von Brockmanns Artikel druckte, Frauen, die vielleicht zum Fasching ihre Gesichter maskenhaft durch weiße, schwarze und farbige Schminke verändert hatten.[34]
Während manche Feministinnen also weiter nach »authentischer Identität« suchten und das Schminken als »patriarchale Zwangsjacke« ablehnten, ließen Punks in ihrer Betonung der Wandelbarkeit die Suche nach einer »Essenz« fragwürdig erscheinen. Wie Greil Marcus anerkennend über die »Sex Pistols« der 1970er-Jahre schrieb: »Die Musik verdammte Gott und den Staat, Arbeit und Freizeit, Heim und Familie, Sex und Vergnügen, das Publikum und sich selbst und machte es dadurch für kurze Zeit möglich, alle diese Dinge nicht als Tatsachen, sondern als ideologische Konstrukte anzusehen, als etwas Fabriziertes, das sich ändern oder völlig abschaffen ließ.«[35] So drückten die Musik und die Mode des Punk ein radikal dekonstruktivistisches Ethos aus, das mit manchen Formen des Feminismus vereinbar war. Und doch waren diese Haltungen voller Widersprüche: Die Band »Unter-Rock« zum Beispiel hielt sich an vermeintlich essentielle Unterschiede der Geschlechter, indem sie nur vor einem weiblichen Publikum auftrat. Zugleich versuchte »Unter-Rock« auch das Lesbischsein zu einer Identität zu machen, die Frauen öffentlich darstellen konnten.
Während es bis in die 1980er- und 1990er-Jahre ein Anzeichen gefährlicher Marginalisierung sein konnte, wenn sich westdeutsche Jugendliche den Straßenmilieus des Punk anschlossen, und während Punks wegen ihres Aussehens gewalttätigen Angriffen (vor allem von rechten Skinheads) ausgesetzt sein konnten, wurden manche Elemente des Punk, wie diejenigen früherer Jugendkulturen, zunehmend Teil des Mainstream. Zu einem gewissen Grad passten Punkstile, beispielsweise mehrere Piercings in den Ohren oder unnatürlich gefärbte Haare, im Westen zu Vorstellungen von normalen generationellen Unterschieden und der Notwendigkeit eines Generationenkonflikts, aber dies blieb doch verstörend. 2013 hat Punk es nun bis ins Metropolitan Museum in New York geschafft – ein Zeichen, dass Selbstdarstellung durch Mode, Schminke und Körperveränderungen zunehmend als Kunst anerkannt wird, und dass zugleich für viele soziale Bewegungen seit den 1960er-Jahren die Übergänge zwischen Kunst und täglichem Leben fließend wurden.[36]
3. Schönheitsarbeit und das unternehmerische Selbst
Ab den 1980er-Jahren finden sich in etlichen Kommentaren zu Schönheit und Kosmetik Appelle an Frauen, selbstbewusst mit den Angeboten der Kosmetikindustrie umzugehen und mit diesen auch zu spielen. Die Soziologinnen Schlaffer und Bernard hatten 1980 in der »Emma« die Spannung zwischen Unterdrückung und spielerischer Selbstdefinition durch Kosmetik angesprochen, dann aber doch betont, dass Ansprüche, sich mit Kosmetik schöner zu machen, Frauen unterdrückten (s.o., Kap. 1). Als »Emma« zehn Jahre später erneut eine Umfrage machte, gab jede dritte Leserin an, sie schminke sich »selten«, und jede fünfte, sie schminke sich »häufig«; jede zehnte schminkte sich nur mit Naturkosmetik. Die Zeitschrift erklärte, dass »Mode und Schminken [...] bei traditionellen Frauenzeitschriften ganz, ganz oben« stünden, bei »Emma«-Leserinnen dagegen »ganz hinten«.[37] In der Tat veröffentlichte die »Emma« nach wie vor keine Schminktipps, und doch schminkte sich mehr als die Hälfte ihrer Leserinnen.
In ihrem 1991 publizierten internationalen Bestseller »The Beauty Myth« (im selben Jahr in Deutschland als »Der Mythos Schönheit« erschienen) bot die amerikanische Autorin Naomi Wolf eine umfassende Kritik der »Besessenheit von physischer Perfektion, die die moderne Frau in einer endlosen Spirale aus Hoffnung, Unsicherheit und Selbsthass gefangen hält«. Sie untermauerte somit Positionen, die für viele Frauen, die sich als Feministinnen bezeichneten, bereits selbstverständlich waren. In einem Abschnitt des Buches, der die Kosmetikindustrie anklagte, befasste sich Wolf besonders mit den leeren Versprechungen der Hautcreme-Hersteller zu Schutz und Jugendlichkeit, aber um Schminke ging es dabei kaum. In »Emma« wurde das Buch positiv rezensiert und ein »Schönheitswahn« diagnostiziert – im Anschluss an Wolf wurde betont, dass Schönheitsideale nun »gezielt zur Verunsicherung der in die Karrieren drängenden Frauen eingesetzt« würden.[38]
1992 fasste ein Heft von »Psychologie Heute« zum Thema »Frauen und Schönheit« den Stand feministischer Analysen von Schönheit für ein deutschsprachiges Publikum zusammen. Die Beiträge sahen den »Mythos Schönheit« und den »Schönheitskult« als zentrale Bestandteile der Unterdrückung von Frauen. Schönheitsideale machten Frauen unsicher, selbst solche, die berufliche Erfolge verbuchten. Ein Artikel führte den neuen Begriff der »Schönheitsarbeit« ein und zweifelte Umfragen an, die zeigten, dass Frauen die entsprechenden Tätigkeiten nur für sich selbst machten. »Schönheitsarbeit« sei nun wichtig für Erfolg in der Berufswelt und »erfordert ein Maß an Geld und Kunstfertigkeit, wie sie früher nur die Berufsschönheiten wie Mannequins oder Fotomodelle brauchten«.[39] Ein weiterer Beitrag kritisierte das »Streben nach Schönheit« der westlichen Frau und behauptete: »Während im Westen die Frau sich mit ihrer Schönheit Mitspracherechte im öffentlichen Raum verschaffen will, schmückt sich die Frau des Orients, um das gesellschaftliche Leben im Innenraum zu gestalten.« Hier diente wiederum volkstümliche Ethnologie dazu, Bewertungen von Schönheit und Schönheitspraktiken sowie Rassismus im Westen zu kritisieren und Vorurteilen gegenüber dem Islam zu begegnen, vereinfachte Motivationen und Geschlechterbeziehungen aber auch in problematischer Weise.[40]
Zwei der Beiträge im Themenheft erwähnten die Wandlungsmöglichkeiten durch Schönheitspraktiken. In ihrem Editorial drückte Ursula Nuber die Spannung folgendermaßen aus: »Nichts gegen Schönheit, nichts gegen Düfte, Schminke, Schmuck und schöne Kleider: Solange wir die ›Schönheitsmittel‹ beherrschen, mit ihnen spielen, sie genießen, sind sie auch eine Bereicherung des (auch männlichen) Lebens. Doch sobald sie sich bedingungslos dem Diktat der Schönheit unterwerfen, werden Frauen zu Sklavinnen, die nach und nach ihr Selbstbewußtsein und ihre Identität verlieren.« Nuber erklärte, dass Frauen in der Berufswelt nur erfolgreich sein könnten, wenn sie sich verschleierten: »In islamischen Ländern kann dies wörtlich genommen werden, unsere ›Verschleierung‹ im Westen ist der zugerichtete Körper.« Die Autorin sah hier eine Kulturen übergreifende Unterdrückung von Frauen durch Kleider und Schminke; sie forderte zugleich, dass Frauen und Männer »Schönheitsmittel« bewusst und gezielt anwenden sollten. Sylvia Schneiders Analyse im selben Heft, die mit Naomi Wolf Schönheitsideale als »Mittel gegen die Emanzipation« sah, betonte außerdem, dass Schönheitspraktiken als solche nicht unbedingt ein Problem sein müssten: »Was uns schadet, ist nicht das uns Schmücken. [...] Ein Problem haben wir dann, wenn wir glauben, keine andere Wahl zu haben.«[41]
Nubers Hoffnung, dass Frauen und Männer Schönheitsmittel »beherrschen« und mit ihnen »spielen« würden, sowie Schneiders Aufforderung, sich bewusst für solche Praktiken zu entscheiden, drückten Anfang der 1990er-Jahre ein neues Ethos aus: das Ideal des unternehmerischen Selbst. Menschen könnten und sollten situationsbewusst und flexibel Arbeit an ihren Körpern leisten und damit zugleich ein wandelbares Selbst darstellen. Es ging nun nicht mehr darum, ein wahres, in allen Lebensbereichen konsistentes Selbst freizulegen, sondern die Fähigkeit zu Spiel und Wandel zu zeigen. Sozial- und Kulturwissenschaftler/innen wie Nicholas Rose, Ulrich Bröckling, Paula-Irene Villa oder Carla Freeman haben solche Anforderungen an Menschen mit den Begriffen »unternehmerisches Selbst« oder »entrepreneurial self« umrissen und die Wurzeln dieses neuen Selbstverständnisses in den 1970er-Jahren verortet. Anhand von Ratgebern zur Selbsthilfe und auch der Werbung der Kosmetikmarke Body Shop hat Bröckling das unternehmerische Selbst als »ein zu produzierendes, zu optimierendes« Subjekt beschrieben; es diene dazu, »Unangepasstheit […] zu kultivieren«. Dabei sprächen Ratgeber und Werbung Frauen immer wieder ausdrücklich als Frauen an und ermunterten sie, sich wie Männer durchzusetzen. Männer würden dagegen in geschlechtsunspezifischer Weise an die Charakteristika des unternehmerischen Selbst erinnert. Wie Bröckling gezeigt hat, stellen Ratgeber, indem sie Frauen ausdrücklich immer wieder dazu auffordern, selbstbewusst zu sein wie Männer, durchaus dichotome Geschlechterrollenstereotype dar, die sie eigentlich überwinden wollen.[42]
In der Tat war Body Shop wohl die erste weit verbreitete Marke, die die feministische Kritik an Schönheitsidealen und der Schönheitsindustrie in ein Marketing-Konzept umsetzte und dabei die aktive Arbeit am Selbst betonte. Seit der Gründung 1977 verzichtete Body Shop viele Jahre auf Anzeigen in den Medien, doch gelang es der Firmenchefin Anita Roddick und ihrem Unternehmen, sich kontinuierlich in Medienbetrachtungen zu platzieren. In den 1980er-Jahren wandte sich Body Shop ausdrücklich gegen eine Kosmetikindustrie, die »Hoffnungen und Träume« verkaufe, »in teurer Verpackung und mit falschen Bildern von Schönheit«.[43] 1998 startete Body Shop eine internationale Werbekampagne, die darauf abzielte, die »Selbstachtung« von Frauen zu fördern: »Activate your self-esteem«. Demnach befriedigte die Benutzung von Body-Shop-Produkten nicht etwa die Eitelkeit von Frauen, sondern war Teil des bewussten Bauens am eigenen Selbstwertgefühl und an einer besseren Welt. Richtiger Konsum konnte also moralisch gut sein. Eine deutsche Body-Shop-Werbebroschüre von 2005 kam ganz ohne Abbildungen menschlicher Gesichter oder Körper aus und stellte »Selbstachtung« zusammen mit »Tierschutz«, »Hilfe durch Handel«, »Menschenrechte[n]« und »Umweltschutz« als einen »Grundwert« der Marke dar. »Cremes und Make-up-Produkte« von Body Shop dienten dazu, »Individualität« zu »unterstreichen, nicht aber einem festgelegten Schönheitsideal« zu »entsprechen«.[44]
Der Anspruch, Teil einer Gegenkultur und zu sein und verantwortungsbewussten Konsum für die Pflege des Körpers zu ermöglichen, war wichtig für den Erfolg von Body Shop und die Franchise-Geschäfte der Marke in vielen Ländern: Die Firma verzichtete nachweislich ganz auf Tierversuche, betonte »natürliche« Inhaltsstoffe und wiederverwertbare Verpackungen, praktizierte direkten Handel mit Produzenten in der »Dritten Welt« (allerdings oft nur für circa 1 Prozent des Umsatzes) und förderte Kampagnen für Menschenrechte und Umweltschutz. Statt bezahlter Werbung benutzte Body Shop bis in die 1990er-Jahre in Läden und Katalogen visuell beeindruckende Plakate, die mit Formen von volkstümlicher Ethnologie arbeiteten, um eine Verbindung zu Produzentinnen in der »Dritten Welt« herzustellen und oft die Bewahrung ihrer angeblichen Ursprünglichkeit zu betonen. So behauptete Roddick Ende der 1980er-Jahre, durch ihre Verbindung zum Stamm der Kayapo in Brasilien dessen Mitglieder das erste Mal mit Videokameras in Berührung gebracht zu haben. Dabei »vergaß« sie zuweilen sowohl die Mittelsmänner, die den Handel ermöglichten, als auch die viel längere Geschichte von Verbindungen der Kayapo mit der weiteren Welt.[45]
»Emma« berichtete ebenfalls über Anita Roddick und Body Shop. 1998 lobte »Emma« die weltweite Kampagne »Ihr Körper und Ihre Selbstachtung« und bewunderte Roddick dafür, dass sie sich als 55-Jährige zu ihren Falten bekannte. Inzwischen war Body Shop in mit 1.600 Filialen in 47 Ländern der Welt vertreten, davon 72 Filialen in Deutschland. »Emma« übernahm die Selbstdarstellung der Firmengründerin, für ihre Produkte Frauen auf der ganzen Welt Pflegepraktiken und Inhaltsstoffe abgeguckt zu haben.[46] Roddick und Body Shop waren unter den ersten, denen es gelang, eine neue Rolle für Unternehmen zu definieren, in denen die Angestellten die wahren »Weltbürger« seien und die Gesellschaft veränderten. Dabei trugen Roddicks Autobiographie von 1991 und die zahllosen Porträts, die die internationale Presse zur Rolle Roddicks als Gründerin und preisgekrönter Innovatorin bei Body Shop, zu ihrer Weltanschauung, ihrem Feminismus, ihrer Kritik an der Kosmetikindustrie und auch zu ihrem eigenen Kosmetikgebrauch (mal mit, mal ohne Make-up) druckte, durchaus dazu bei, Werte des unternehmerischen Selbst zu verbreiten.[47]
4. Das unternehmerische Selbst und
neue Fantasien der Universalität
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts folgten auch internationale Marken großer Konzerne wie Dove und Nivea dem Beispiel von Body Shop und integrierten feministische Kritik und feministischen Rat in ihre Werbekampagnen. Besonders Dove bezog Feministinnen aus Großbritannien und den USA ab 2004 explizit in seine internationale Werbekampagne »Campaign for Real Beauty/Wahre Schönheit« ein. Unter Mitarbeit von Soziologinnen und Psychologinnen finanzierte Unilever für Dove Umfragen in bis zu 14 Ländern, die zeigten, dass nur wenige Frauen sich selbst »schön« fanden. Dove veröffentlichte dann Werbebilder, die eine Palette von Haut- und Haarfarben sowie breitere Figuren und sichtbar ältere Frauen als üblich zeigten. Wie Kritiker schnell feststellten, insistierte Dove zwar, dass Schönheit relativ sei, und brachte ein größeres Spektrum von Frauen in die Öffentlichkeit – aber eine Auswahl, deren Attraktivität in Figur und Gesicht kaum jemand anzweifeln würde. Bald finanzierte Dove auch Kampagnen in mehreren Ländern, Deutschland eingeschlossen, die das Selbstbewusstsein von Mädchen in Bezug auf Körper und Schönheit stärken sollten. Therapeutin Beate Schnabel, so berichtete »Emma«, besuchte bis 2008 insgesamt 30 Schulen, um Lehrer/innen und Schüler/innen weiterzubilden. »Frauen haben für die so genannte Schönheit schon des Öfteren einen hohen Preis gezahlt, lautet die Botschaft. Und: Was eine Gesellschaft als ›schön‹ definiert, ist relativ.« Das Ziel der »Bodytalk«-Workshops war es, »Mädchen zu entspannen bei der Identitätssuche«.[48] Dove gelang es, eine Verbindung zwischen Schönheitsempfinden und Selbstwertgefühl herzustellen, sehr enge, unrealistische Vorstellungen von Schönheit zu kritisieren und gleichzeitig psychologische wie auch körperliche Arbeit an weiblicher Attraktivität durch Ratgeber und Pflegeprodukte weiter zu legitimieren.[49]
Die Marke Nivea, die seit den frühen 1990er-Jahren wieder weltweit zum Hamburger Beiersdorf-Konzern gehört, startete 2006 eine Kampagne, die darauf abzielte, Nivea-Creme als Pflege für jung und alt auf der ganzen Welt darzustellen. In einem global verbreiteten Video zeigte sich Nivea als eine Marke, die (wie Dove) verschiedene Ethnien auf der ganzen Welt anspreche und (anders als Dove) zudem Frauen und Männer pflege. An verschiedenen Orten wurde das Eincremen mit Nivea aus der blauen Dose gefilmt. Diese Version volkstümlicher Ethnologie zielte darauf ab, den Nutzen von Nivea als universell darzustellen: von Rio bis Cape Town, von Dallas und Bangkok bis Hamburg – »wherever skin needs care«, wie es der Text am Ende einer englischen Version des Videos ausdrückte. Die deutsche Version endete mit dem Slogan »So fühlt sich Pflege an«. Der Film stellte kaum sprachliche Erklärungen bereit und verließ sich darauf, dass Zuschauer das Bildmaterial schnell interpretierten, unterstützt durch das eigens für die Werbekampagne geschriebene Lied »New Days« von Asher Lane mit Hinweisen auf Sonne, Universum und menschliche Verbundenheit. Es ist unklar, ob die Produzenten im deutschen Video bewusst sichtbar schwarze Frauen nur als Tänzerinnen in Rio auftreten ließen – und weiße Frauen als Betreuerinnen oder Mütter, die in Hamburg oder Galway Kinder eincremten. So untermauerte die Marke möglicherweise Vorurteile oder hierarchisches Denken über Ethnien. Niveas Universalismus von 2006 war damit problematischer als derjenige von Dove. Gleichzeitig waren die Produzenten des Nivea-Videos darauf bedacht, das Filmmaterial für Konsumenten in verschiedenen Ländern anzupassen. In Indien etwa zeigte die Fernsehwerbung das Video mit zwei Szenen, die sichtlich in Indien spielten: die eine mit Mutter und Baby, die andere mit Großmutter in Sari und grauem Haar und ihrer Enkelin in einem hellen Kleid.
2007 startete Beiersdorf eine neue weltweite Kampagne, die, wie Doves »Campaign for Real Beauty«, gleichfalls darauf abzielte, Schönheit als relativ darzustellen und individuelle Definitionen von Schönheit zu fördern. Videos und Anzeigen forderten Konsumenten dazu auf, Fotos mit kurzen Erklärungen zu der Frage: »What is beauty for you?« auf der jeweils landesspezifischen Nivea-Website hochzuladen. In einem Video zu dieser Kampagne malte eine blonde weiße Frau ihre Augen mit Eyeliner an und schaute zunächst kritisch, dann amüsiert in den Spiegel. Wie Body Shop und Dove ermunterte Nivea Konsumentinnen, Schönheit als ein Ziel zu sehen, das sowohl Pflege der Haut als auch Pflege des Selbst verlange – und Nivea schlug gar vor, dass Konsumentinnen ironische Distanz zu den Forderungen der Schönheitsideale entwickeln könnten.[50] Im Gegensatz zu Body Shop brachten weder Dove noch Nivea den Konsum von Kosmetik mit Kampagnen für Tier- oder Umweltschutz oder Fair Trade in Zusammenhang. Mit seiner »Real Beauty«-Kampagne gelang es Dove weit besser als Nivea, sich in Berichten und Kommentaren internationaler Medien zu platzieren.
»Emma« druckte weiterhin feministische Texte gegen den Zwang zur Standardisierung des Körpers,[51] doch nahm die Kritik am Schminken ab. Umfragen zufolge schminkten »Emma«-Leserinnen sich seit den 1990er-Jahren wieder vermehrt. So betonte die Zeitschrift bei der Analyse einer Umfrage von 2007, dass nur 20 Prozent der Leserinnen sich nie schminkten. »Emma« illustrierte die Analyse mit einer Karikatur, in der eine rundliche Frau mit übergroßer Nase (gezeichnet im Stil Franziska Beckers) in den Spiegel lächelt und mit rotem Lippenstift »Ich find’ mich klasse« über ihr Spiegelbild schreibt. Obwohl die Karikatur durchaus ironisch zu verstehen ist, gibt es solche Selbstermunterung, stark gefördert von Kosmetikmarken wie Body Shop oder Dove, inzwischen regelmäßig in »Emma«. Die Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen liege bei »Emma«-Leserinnen, so der Kommentar zur Leserinnen-Umfrage, deutlich unter dem Durchschnitt – wohl nicht zuletzt wegen der Appelle der Zeitschrift an weibliches Selbstbewusstsein.[52]
Im neuen Jahrtausend leben Frauen und Männer mit widersprüchlichen Haltungen zu Schönheit und werden gleichzeitig von Kosmetikfirmen und Medien weiter dazu ermuntert, an sich selbst »Schönheitsarbeit« zur erfolgreichen Selbstdarstellung zu leisten.[53] Magazine, die ich im November 2010 auf einem Flug von Frankfurt am Main nach Hamburg vorfand, sind in mancher Hinsicht emblematisch. Die Frauenzeitschrift »Brigitte« enthielt zahlreiche Anzeigen für Pflegeprodukte von Marken wie Dove oder Nivea. Die deutsche Naturkosmetikmarke Weleda, inzwischen auch international verbreitet, war mit der Aussage vertreten, dass die »Natur« die »Expertin für zeitlose Schönheit« sei. (Body Shop kam nicht vor – die Firma war 2006 an die größte Kosmetikfirma der Welt, L’Oreal, verkauft worden, annoncierte nach wie vor selten in der deutschen Presse, hatte aber auch mit dem Tod Anita Roddicks 2007 ihre wichtigste Ikone verloren.) Die weiblichen Models, die solche Anzeigen schmückten, waren alle weiß, mit leichtem Make-up. Ein Feature der Zeitschrift mit dem englischsprachigen Titel »Beauty« gab Tipps, wie Frauen sich schnell verschönern könnten, und empfahl Leserinnen die detaillierte Make-up-Schule auf der »Brigitte«-Website. Die Arbeit an der Schönheit mit Hilfe pflegender Kosmetik und Make-up schien ein normaler Teil des alltäglichen Lebens für Frauen in Deutschland zu sein. Werbung wie von Margaret Astor aus den 1970er-Jahren, die direkt mit dem Verlust des Mannes an eine jüngere Frau drohte, war in der »Brigitte« nicht mehr zu finden, doch war und ist das Versprechen pflegender Kosmetik, Frauen jünger aussehen zu lassen, nach wie vor sehr stark. Gleichzeitig machte »Brigitte« im November 2010 die Kritik an den Kosmetik- und Modeindustrien zum Thema. Die Titelseite wies auf »Brigittes« Anfang 2010 eingeführte Praxis hin, keine professionellen Models mehr für Fotos zu engagieren und damit die Kritik an der Modeindustrie zu unterstützen. Im Heft stellte Kolumnistin Julia Karnick Schönheit als eine »tödliche Sünde« von Frauen dar und sprach wie viele Feministinnen vor ihr von einem »Schönheitskult«. Karnick ermunterte Frauen, sich lieber Hobbys und ihrem sozialen Leben zu widmen, als »Zeit und Energie« auf die Schönheitspflege zu verwenden. »Brigitte« stellte 2010 sowohl die effiziente Arbeit an der körperlichen Schönheit mit immer differenzierteren Produkten dar als auch die Kritik an der Schönheitsindustrie; solche Ambivalenz war nun ein normaler Bestandteil einer Frauenzeitschrift.[54]
Im selben Monat konnte man im »Spiegel« lesen, dass Familienministerin Kristina Schröder von der CDU Make-up und kurze Röcke als ein Zeichen weiblicher Chancengleichheit sehe, solange keiner die Kompetenzen der Trägerin anzweifelte. Feministinnen hätten die natürlichen Unterschiede zwischen Männern und Frauen (die Make-up wohl erfolgreich darstellen konnte) nicht genügend in Betracht gezogen.[55] Und im »ZEIT-Magazin« wurde Make-up für Frauen im November 2010 ebenfalls gefeiert. Das Magazin druckte Fotos aus Afghanistan von 1970 ab, unter anderem das Porträt einer jungen Frau mit dunkler Haut und blauem Kopftuch. Die Bildunterschrift bedauerte, dass man 2010 keine afghanische Frau mehr mit Lippenstift in Kabul finden konnte. Zu einer Zeit, da deutsche Truppen in Afghanistan stationiert waren und gegen die Taliban kämpften, stellte das »ZEIT-Magazin«, wie viele andere westliche Zeitungen, den Gebrauch von Schminke als ein Symbol der Freiheit dar, ohne auf die Kontroversen um Kosmetik im eigenen Lande zu verweisen.[56] Werbung für und Bewertungen von Schminke und Kosmetik laden oft sprachlich oder visuell zum schnellen und oberflächlichen Vergleich von Kulturen, das heißt zu volkstümlicher Ethnologie ein. Solche Vergleiche können, aber müssen nicht rassistisch oder hierarchisch geladen sein, und sie können verschiedene Vorstellungen des Selbst unterstützen.
In einer Zeit der Globalisierung, die mit einer Globalisierung von Selbstvorstellungen einhergeht, hat die Kosmetikindustrie den Blick auf Individualität, Relativität, aber auch Angleichung von Schönheit gelenkt – oft in Zusammenarbeit mit der Presse, inklusive einer feministischen Zeitschrift wie »Emma«. Gleichzeitig hat »Emma« unter Alice Schwarzers Leitung immer wieder den fundamentalistischen Islam als das eindeutig negative Gegenbild zur Freiheit und Frauenbefreiung gezeichnet – mit dem Kopftuch (oder auch der Ablehnung von Lippenstift und Nagellack) als Symbol.[57]
Wie Ulrich Bröckling es ausgedrückt hat, sollen Frauen und seit den 1990er-Jahren zunehmend auch Männer in der Lage sein, bei der Selbstdarstellung auf verschiedenen Registern zu spielen.[58] Dabei appellieren Presse, Ratgeber und Industrie sowohl an ein wandelbares Selbst als auch an Wir-Gefühle. Zumindest teilweise als Resultat der Kritik, die internationale Subkulturen wie Punk und Bewegungen wie der Feminismus seit den 1970er-Jahren an Schönheitsidealen geübt haben, leben Menschen im 21. Jahrhundert mit vielen Widersprüchen. Sie leisten ihre »Schönheitsarbeit« im Kontext ambivalenter Analysen von Schönheit – die als erreichbar, unterdrückend und befreiend zugleich gilt. Werte und Schönheitspraktiken, die man mit dem Konzept des unternehmerischen Selbst fassen kann, dominieren in Deutschland (wie auch in vielen anderen Regionen der Welt). Doch lohnt es sich zu fragen, inwieweit Appelle an ein »wahres« oder »authentisches« Selbst weiter existieren und besonders für Mitglieder marginalisierter Gruppen nützlich oder notwendig sind. Vor einigen Jahren hat zum Beispiel Umberto Eco einen Polytheismus körperlicher Schönheit diagnostiziert, während die Soziologin Waltraud Posch die Universalität und enge Definition von Schönheitsidealen betont hat.[59] Wie die vorliegende Skizze zu Schönheit, Kosmetik und Selbst seit den 1970er-Jahren zeigt, haben beide Aussagen durchaus ihre Richtigkeit und sind Teil der Widersprüche, in denen Menschen mit Schminke Individualität wie auch Gruppenzugehörigkeit ausdrücken, ohne die Effekte dieser Maßnahmen je voll kontrollieren zu können.
Anmerkungen:
[1] Zur angeblichen feministischen Feindseligkeit gegenüber Schönheit und Kosmetika vgl. Linda M. Scott, Fresh Lipstick. Redressing Fashion and Feminism, New York 2005, und Farideh Akashe-Böhme (Hg.), Reflexionen vor dem Spiegel, Frankfurt a.M. 1992; zur Wahl der »Miss America« sowie zu Protesten weißer und afroamerikanischer Frauen vgl. Maxine Leeds Craig, Ain’t I a Beauty Queen? Black Women, Beauty, and the Politics of Race, New York 2002. Siehe auch Berichte unter <http://www.npr.org/templates/story/story.php?storyId=94240375>. Zu westdeutschen Protesten vgl. Kristina Schulz, Der lange Atem der Provokation. Die Frauenbewegung in der Bundesrepublik und in Frankreich, 1968–1976, Frankfurt a.M. 2002, S. 163. Zur Vermarktung und zum Gebrauch von Kosmetika in den Vereinigten Staaten vgl. Kathy Peiss, Hope in a Jar. The Making of America’s Beauty Culture, New York 1998. Zu Werbestrategien und Konsumverhalten siehe insbesondere Geoffrey Jones, Beauty Imagined. A History of the Global Beauty Industry, Oxford 2010; Hartmut Berghoff/Thomas Kühne (Hg.), Globalizing Beauty. Consumerism and Body Aesthetics in the Twentieth Century, New York 2013. Für ihre Unterstützung bei der Konzeption dieses Aufsatzes danke ich Lynn Thomas, Janelle Taylor, Priti Ramamurthy und Thomas Kühne.
[3] Siehe Pascal Eitler/Jens Elberfeld (Hg.), Zeitgeschichte des Selbst. Therapeutisierung – Politisierung – Emotionalisierung, Bielefeld 2015.
[4] Lynn M. Thomas, Historicising Agency, in: Gender and History 28 (2016), S. 324-339; Judith Butler, Das Unbehagen der Geschlechter, Frankfurt a.M. 1991.
[5] Zu »Authentizität« und Versuchen, ein »wahres Selbst« zu finden, siehe Detlef Siegfried, Time Is on My Side. Konsum und Politik in der westdeutschen Jugendkultur der 60er Jahre, Göttingen 2006; Sven Reichardt, Authentizität und Gemeinschaft. Linksalternatives Leben in den siebziger und frühen achtziger Jahren, Berlin 2014; Moritz Ege, Schwarz werden. »Afroamerikanophilie« in den 1960er und 1970er Jahren, Bielefeld 2007.
[6] Ulrich Bröckling, Das unternehmerische Selbst und seine Geschlechter, in: Leviathan 30 (2002), S. 175-194; ders., Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform, Frankfurt a.M. 2007.
[7] Teil 1 und 2 dieses Aufsatzes sind eine überarbeitete, z.T. erweiterte Version von Uta G. Poiger, Das Schöne und das Häßliche. Kosmetik, Feminismus und Punk in den siebziger und achtziger Jahren, in: Detlef Siegfried/Sven Reichardt (Hg.), Das Alternative Milieu. Antibürgerlicher Lebensstil und linke Politik in der Bundesrepublik Deutschland und Europa 1968–1983, Göttingen 2010, S. 222-243.
[8] Vgl. W.J.T. Mitchell, What Do Pictures Want? The Lives and Loves of Images, Chicago 2005, S. 162. Mitchell spricht von »secondary beliefs« – »beliefs about the beliefs of other people […] constitutive of […] systems of racial or collective prejudice«.
[9] Karin Schrader-Klebert, Die kulturelle Revolution der Frau, in: Kursbuch 17 (1969), S. 1-46, hier S. 21.
[10] Ebd., S. 1f.
[11] Ebd., S. 7.
[12] Vgl. Simone de Beauvoir, Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau, Hamburg 1951; Vance Packard, Die geheimen Verführer. Der Griff nach dem Unbewußten in jedermann, Düsseldorf 1958; Betty Friedan, Der Weiblichkeitswahn oder Die Mystifizierung der Frau, Reinbek bei Hamburg 1966; Wolfgang Fritz Haug, Kritik der Warenästhetik, Frankfurt a.M. 1971. Zu de Beauvoir und Friedan vgl. Scott, Fresh Lipstick (Anm. 1), Kapitel 8.
[13] Wie Anm. 5.
[14] Siegfried, Time (Anm. 5), S. 439ff., Zitat S. 441.
[15] Sybille Plogstedt, Die Ohnmacht der Frauen, in: Courage, Juni/Juli 1977, S. 38. »Courage« ist digital zugänglich unter <http://library.fes.de/courage/>, »Emma« unter <http://www.emma.de>.
[16] Elisabeth Montet, Ein unwürdiger Zustand?, in: Emma, März 1978, S. 6-9.
[17] Gabriele Korn-Steinmetz, Die Maske der Schönen, in: Spinatwachtel Nr. 4/1980, S. 7.
[18] Zu den USA vgl. Vincent Vinikas, Soft Soap, Hard Sell. American Hygiene in an Age of Advertisement, Ames 1992.
[19] Alice Schwarzer, So haltens Emmas mit der Schönheit, in: Emma, Juni 1980, S. 8-12.
[20] Franziska Becker, Letzte Warnung, München 2010; o.A., Aus der Männerwelt, in: Emma, Oktober 1978, S. 2.
[21] Cheryl Benard/Edit Schlaffer, Mut zur Schönheit?, in: Emma, Juni 1980, S. 12-17, hier S. 13.
[22] Siehe z.B. dies., Rückwärts und auf Stöckelschuhen. Können Frauen so viel wie Männer?, Köln 1989; dies., Let’s Kill Barbie! Wie aus Mädchen tolle Frauen werden, München 1997.
[23] Wie Anm. 21; dort auch die folgenden Zitate.
[24] Vgl. etwa Toni Morrison, The Bluest Eye. A Novel, New York 1970; dt.: Sehr blaue Augen. Roman, Reinbek bei Hamburg 1979; Craig, Ain’t I a Beauty Queen? (Anm. 1). Anm. der Red.: Siehe auch den Beitrag von Philipp Dorestal in diesem Heft.
[25] stern erniedrigt Frauen. Wir klagen an!, in: Emma, Juli 1978, S. 13 (mit vier exemplarischen stern-Titelbildern), sowie die ausführlichen Berichte in Emma, August und September 1978.
[26] Unbeschreiblich weiblich. Alice Schwarzer im Gespräch mit Nina Hagen, in: Emma, Januar 1979, S. 8-14; Nina Hagen, Ich bin ein Berliner. Mein sinnliches und übersinnliches Leben, München 1988; zur Walpurgisnacht vgl. <http://www.frauenmediaturm.de/themen-portraets/chronik-der-neuen-frauenbewegung/1977/>.
[27] Vgl. Dieter Baacke, Jugend und Jugendkulturen. Darstellung und Deutung, Weinheim 1987. Siehe auch Philipp Meinert/Martin Seeliger (Hg.), Punk in Deutschland. Sozial- und kulturwissenschaftliche Perspektiven, Bielefeld 2013; Cyrus Shahan, Punk Rock and German Crisis. Adaptation and Resistance after 1977, New York 2013.
[28] Boris Penth/Günther Franzen, Last Exit: Punk. Leben im toten Herz der Städte, Reinbek bei Hamburg 1982, S. 227; zit. nach Irmhild Müller-Wiegand, Zeigt mir, was ihr könnt! Punks in der Jugendarbeit. Praxisbeispiele aus Großbritannien und der Bundesrepublik, Opladen 1998, S. 46. Für eine gekürzte Fassung dieses Zitats vgl. auch Bernd Hahn/Holger Schindler, PUNK. Die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt, Hamburg 1983, S. 29.
[29] Greil Marcus, Lipstick Traces. Von Dada bis Punk – kulturelle Avantgarden und ihre Wege aus dem 20. Jahrhundert, Hamburg 1992.
[30] Vgl. Baacke, Jugend (Anm. 27); Angela McRobbie, Feminism and Youth Culture, Basingstoke 1991, 2. Aufl. New York 2000.
[31] Sonia Seymour, Struppig, laut und frech, in: Emma, September 1980, S. 54-57; dies., Punk, in: ebd., S. 55.
[32] Vgl. zu diesem Thema generell auch Reinhild Kreis, Heimwerken als Protest. Instandbesetzer und Wohnungsbaupolitik in West-Berlin während der 1980er-Jahre, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 14 (2017), S. 41-67.
[33] Bea Stammer, »...halt immer Motz machen«. Punk, Teds, Popper, Skin-Heads, in: Courage, Sonderheft 4/1981: Mädchen, S. 36-41.
[34] Anna Dorothea Brockmann, Eintrittskarten für authentisches Verhalten, in: Courage, Sonderheft 5/1981: Sexualität, S. 70-74, Zitate S. 70f., Foto S. 72f.
[35] Marcus, Lipstick Traces (Anm. 29), S. 12.
[36] Ausstellung »PUNK: Chaos to Couture«, 9.5.–14.8.2013, <http://www.metmuseum.org/exhibitions/listings/2013/punk>.
[37] Emma-Umfrage, in: Emma, Oktober 1990, S. 18-24, hier S. 24.
[38] Vgl. Naomi Wolf, The Beauty Myth. How Images of Beauty Are Used Against Women, New York 1991, Nachdruck 2002, Rückseite; dt.: Der Mythos Schönheit, Reinbek bei Hamburg 1991; o.A., Schönheitswahn, in: Emma, Dezember 1991, S. 40.
[39] Christa Damkowski, Besser frei sein als schön, in: Psychologie Heute, Thema: Frauen und Schönheit, Heft 4/1992, S. 74-77, hier S. 76.
[40] Hatice Hagar, Weiß, westlich, wohlhabend?, in: ebd., S. 92-97.
[41] Ursula Nuber, Editorial, und Sylvia Schneider, Schönheit: Letztes Mittel gegen die Emanzipation?, in: ebd., S. 3 und S. 52-57, Zitat S. 57.
[42] Nicholas Rose, Inventing Our Selves. Psychology, Power, and Personhood, New York 1996; Bröckling, Das unternehmerische Selbst und seine Geschlechter (Anm. 6), S. 179, S. 181; ders., Das unternehmerische Selbst (Anm. 6); Paula-Irene Villa (Hg.), schön normal. Manipulationen am Körper als Technologien des Selbst, Bielefeld 2008; Carla Freeman, Entrepreneurial Selves. Neoliberal Respectability and the Making of a Caribbean Middle Class, Durham 2014.
[43] Bröckling, Das unternehmerische Selbst und seine Geschlechter (Anm. 6), S. 186; Roger Cowe, It’s right on, it’s natural, and it still makes a lot of money, in: Guardian, 1.12.1988.
[44] Vgl. Ruth Vierbuchen, Kosmetikfirma zieht gegen den Schönheitswahn zu Felde, in: Handelsblatt, 23.7.1998.
[45] Vgl. Caren Kaplan, A World without Boundaries. The Body Shop’s Trans/National Geographies, in: Social Text 43 (1995), S. 45-66.
[46] Cornelia Böcker, Jetzt lache ich, in: Emma, Juli/August 1998, S. 18f.; siehe auch Bettina Flitner, Politisches Engagement & wirtschaftlicher Erfolg, in: Emma, Mai/Juni 2004, S. 35.
[47] Anita Roddick, zit. in: Mary Blume, Anita Roddick: More Than Skin Deep, in: International Herald Tribune, 12.9.1988; siehe auch Petra Höfer, Portrait: Anita Roddick. Schönheit von innen, in: ZEIT-Magazin, 12.9.1991; Karen Zagor, Fairly green but not pristine, in: Guardian, 10.9.1994; Jones, Beauty Imagined (Anm. 1), S. 283f.; Kaplan, A World without Boundaries (Anm. 45); Anita Roddick, Body and Soul. Erfolgsrezept Öko-Ethik, Düsseldorf 1991.
[48] Chantal Louis, Bodytalk: Gegengift im Unterricht, in: Emma, März/April 2008, S. 95-97.
[49] Josee Johnston/Judith Taylor, Feminist Consumerism and Fat Activists: A Comparative Study of Grassroots Activism and the Dove Real Beauty Campaign, in: Signs 33 (2008), S. 941-966; Virginia Postrel, The Truth About Beauty, in: Atlantic Monthly, March 2007, S. 125-127; Jones, Beauty Imagined (Anm. 1), S. 334; Waltraud Posch, Projekt Körper. Wie der Kult um die Schönheit unser Leben prägt, Frankfurt a.M. 2009, S. 111f.
[50] Siehe o.A., Nivea ads branded copycats of Dove’s ›Real Beauty‹ campaign, in: Marketing Week, 5.9.2007.
[51] Siehe z.B. Susie Orbach, Die Körper-Krise, in: Emma, Januar/Februar 2010, S. 104-109.
[52] Leserinnen-Umfrage, in: Emma, Januar/Februar 2007, S. 158-169, zum Schminken S. 168.
[53] Der Begriff »Schönheitsarbeit« wurde aufgegriffen von Winfried Menninghaus, Das Versprechen der Schönheit, Frankfurt a.M. 2003. Zur engen Verbindung von Arbeit und Konsum siehe Peter-Paul Bänziger, Von der Arbeits- zur Konsumgesellschaft? Kritik eines Leitmotivs der deutschsprachigen Zeitgeschichtsschreibung, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 12 (2015), S. 11-38.
[54] Titelseite, Brigitte, 3.11.2010; Julia Karnick, Schönheit, in: ebd., S. 200. Siehe auch <http://www.brigitte.de/mode/ohne-models/ohne-models-reaktionen-redaktion-1038904/4.html>.
[55] »Wir müssen selbstbewusster werden«, in: Spiegel, 8.11.2010, S. 54-58.
[56] Oh, du schönes Afghanistan, mit Fotos von Peter Knopp; und Ulrich Ladurner, Ein Traum, der zum Albtraum wurde, in: ZEIT-Magazin, 11.11. 2010, S. 42-49, Foto S. 48.
[57] Gabriele Vensky, Talibanisierung, in: Emma, Januar/Februar 1999, S. 72-77; Alice Schwarzer (Hg.), Die große Verschleierung. Für Integration, gegen Islamismus, Köln 2010. Zur amerikanischen Kosmetikbranche und dem Afghanistankrieg siehe Kathy Peiss, Educating the Eye of the Beholder – American Cosmetics Abroad, in: Daedalus 101 (2002), S. 101-110; Mimi Thi Nguyen, The Biopower of Beauty: Humanitarian Imperialisms and Global Feminisms in an Age of Terror, in: Signs 36 (2011), S. 359-383.
[58] Bröckling, Das unternehmerische Selbst und seine Geschlechter (Anm. 6), S. 191f.
[59] Umberto Eco, Die Geschichte der Schönheit, München 2006; Posch, Projekt Körper (Anm. 49); siehe auch Arthur Marwick, Beauty in History. Society, Politics and Personal Appearance c. 1500 to the Present, London 1988.