Er war nie weg

»Hitler-Welle« und »Nazi-Nostalgie« in der Bundesrepublik der 1970er-Jahre

  1. Frühling für Hitler: Die »Hitler-Nostalgie-Welle«
  2. Zweierlei Faszination:
    Hitler auf dem Buchmarkt und in den Medien
  3. Zweierlei Nostalgie:
    Populäre Geschichte und politischer Konservatismus
  4. Ausblick: Die »Hitler-Welle« heute

Anmerkungen

Im Oktober 1977 kam es im Deutschen Bundestag zu einem erhitzten Wortgefecht zwischen Regierung und Opposition. Dabei ging es, wie auf dem Höhepunkt des »Deutschen Herbstes« kaum anders zu erwarten, um den Linksterrorismus. In einer längeren Rede zu diesem Thema forderte der SPD-Abgeordnete Horst Ehmke die Opposition beiläufig dazu auf, nicht zu unterschätzen, wie argwöhnisch das Ausland auf die gegenwärtige »Hitler-Nostalgiewelle« schaue, woraufhin ihm Helmut Kohl empört mit der Frage ins Wort fiel, wo es »in diesem Lande« eine solche Welle gebe.1 Ehmke schien einen Nerv getroffen zu haben. In der folgenden Sitzung kam Kohl, nachdem er, wie er mitteilte, »Nostalgie« im »Brockhaus« nachgeschlagen hatte, auf das Thema zurück und warf dem SPD-Politiker vor, »Blödsinn« zu reden.2 Ehmke wiederum entgegnete: »Es gibt eine Nostalgiewelle in Deutschland, die sich mit dem beschäftigt, was in der Vergangenheit war, statt mit dem, was in der Zukunft sein soll. Darüber werden viele Aufsätze und Essays geschrieben. [...] Im Augenblick hat diese Nostalgiewelle die Zeit des Nationalsozialismus erreicht.«3 Doch worauf spielte Ehmke an, und warum reagierte Kohl derart empört? Was war Gegenstand der Auseinandersetzung, und was besagte diese über den Umgang mit der NS-Vergangenheit in den 1970er-Jahren? Wofür stand gerade der Begriff Nostalgie?

Von heute aus gesehen mag dieser Begriff in Bezug auf das Nachleben des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik befremden. Zu ungenau und harmlos erscheint er. In den 1970er-Jahren jedoch war ständig von Nostalgie die Rede, wenn es um die Beschäftigung mit der NS-Vergangenheit ging. Wie Ehmke selbst anmerkte, war er weder der Erste noch der Einzige, der eine »Hitler-« oder »Nazi-Nostalgiewelle« zu beobachten glaubte. Seit 1973, vierzig Jahre nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler, meinten namhafte Intellektuelle immer wieder eine Nostalgie für Hitler und den Nationalsozialismus auszumachen. Regelmäßig war sie Gegenstand von Zeitungsartikeln, Diskussionsrunden, Konferenzen, Radiofeatures und Fernsehdokumentationen. Und wie Ehmke festgestellt hatte, beschäftigte sie ebenso das Ausland.

Auch wenn der Begriff Nostalgie irreführend gewesen sein mag: Die Frequenz, mit der er auftauchte, deutet an, dass er eine wichtige Funktion erfüllte. Als ebenso changierender wie modischer Verlegenheitsbegriff, so die These, erlaubte er es, einen neuen Umgang mit der NS-Vergangenheit zu beschreiben, für den offensichtlich kein besserer Begriff zur Verfügung stand. Im Folgenden geht es daher weniger darum, herauszufinden, ob die Westdeutschen in den 1970er-Jahren tatsächlich nostalgisch auf den Nationalsozialismus zurückblickten oder nicht, und auch nicht darum, den Begriff nachträglich zu fixieren. Vielmehr soll gezeigt werden, welche größeren Fragen er vermeintlich beantwortete und welche Probleme mit ihm zur Sprache kamen bzw. ausgeklammert blieben.

Damit leistet der Aufsatz einen Beitrag zur Historisierung der westdeutschen Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit, die die Debatte um eine »Hitler-« oder »Nazi-Nostalgiewelle« bislang kaum wahrgenommen hat, obwohl sie sich über die gesamten 1970er-Jahre hinzog, den Bundestag beschäftigte, bekannte Intellektuelle an ihr teilnahmen und sie breite mediale Resonanz fand. Keines der Überblickswerke zur Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus erwähnt sie, und auch zur »Hitler-Welle« liegt kaum mehr als ein Lexikon-Artikel vor.4 Überhaupt hat sich die Forschung zum Umgang mit dem Nationalsozialismus stark auf die Frühzeit der Bundesrepublik sowie auf die 1960er- und die 1980er-Jahre konzentriert.5 Verbreitet ist die Sicht, dass »die Geschichte des NS-Regimes [...] in den siebziger Jahren keine bedeutende Rolle in der öffentlichen Diskussion« einnahm, wie Ulrich Herbert es formuliert hat.6

Tatsächlich trugen die 1970er-Jahre wenig zu jenem Prozess bei, der anfangs »Bewältigung«, später »Aufarbeitung« hieß – auch dies Verlegenheitsbegriffe. Dass jedoch nicht öffentlich über den Nationalsozialismus diskutiert wurde, lässt sich angesichts der großen Aufmerksamkeit für »Hitler-Welle« und »Nazi-Nostalgie« kaum sagen. Wie im Folgenden gezeigt wird, machte sich die Debatte gerade an einer als ebenso neuartig wie allgegenwärtig empfundenen Präsenz Hitlers und des Nationalsozialismus in den Medien und der Populärkultur fest. Intellektuelle werteten dies einerseits als pietätlos und verharmlosend – diese Geschichte hatte ihrer Ansicht nach nichts in Unterhaltungsformaten zu suchen, und mit ihr sollte erst recht kein Geld verdient werden. Andererseits galt der beobachtete Trend als gefährlich, insofern sich darin eine anhaltende Faszination für Hitler und eine Anfälligkeit der Deutschen für den Nationalsozialismus zu manifestieren schien. Dies charakterisierten die Kriti­ker*innen mit dem Begriff Nostalgie.

Sofern also überhaupt von »Verdrängung« gesprochen werden kann, wie es in der Publizistik seit den 1960er-Jahren und in der älteren Forschungsliteratur verbreitet war, fand diese nicht so sehr durch Schweigen und Ignorieren statt als vielmehr durch Ausweichen und Ablenken. Das Herausgreifen bestimmter Aspekte brachte andere zum Verschwinden – konkret blockierte die Konzentration auf Hitler die Auseinandersetzung mit dem Holocaust. Dies lässt sich als Reaktion zu der in den 1960er-Jahren einsetzenden juristischen Aufarbeitung interpretieren, für die besonders der Eichmann-Prozess und die Auschwitz-Prozesse standen. Wer danach erwartet hatte, dass der Holocaust und die Verantwortung der deutschen Gesellschaft näher debattiert werden würden, musste sich in den 1970er-Jahren enttäuscht sehen. Stattdessen gab es die »Hitler-Welle«, die über den aufgekommenen Fragen zusammenschlug, um sie fürs erste zu begraben.

Der eigentliche Bruch kam dann, wie vielfach gezeigt, mit der Ausstrahlung des US-amerikanischen Vierteilers »Holocaust« 1979, der diesen Begriff in die Umgangssprache einführte und eine breite Diskussion über Schuld und Mitschuld auslöste.7 Auch wenn damit Hitler nicht ganz aus dem Rampenlicht verschwand – weitere »Hitler-Wellen« folgten –, war es danach doch sehr viel schwieriger, über Hitler zu reden und vom Holocaust zu schweigen. Gerade jedoch, um die Wirkung und den Einfluss von »Holocaust« zu verstehen, ist es notwendig, die deutsche Rezeption der Serie im Kontext der vorhergehenden Debatte zu sehen. Damit stellt sich die Frage nach Brüchen und Kontinuitäten in längerer Perspektive von der frühen Nachkriegszeit bis in die Gegenwart.

Wie Ehmke in seiner Rede von 1977 feststellte, waren weder die Debatte noch die Beispiele, von denen sie ausging, auf die Bundesrepublik beschränkt. Auch in anderen Ländern dachten Intellektuelle über den Umgang mit Nationalsozialismus und Faschismus nach. Aus unterschiedlichen Richtungen kommentierten und kritisierten etwa Susan Sontag, Michel Foucault und Saul Friedländer die zunehmende Ästhetisierung und Erotisierung des Faschismus.8 Nirgends jedoch war die Debatte so politisch aufgeladen wie in der Bundesrepublik, auf die sich der Beitrag deshalb konzentriert. Nach einer knappen Rekonstruktion der »Nazi-Nostalgie«-Debatte wird gezeigt, auf welche konkreten Beispiele sie sich stützte – mal explizit, mal andeutungsweise. Im Anschluss wird die Debatte in breitere historische Kontexte eingebettet und nach dem Stellenwert des Nostalgie-Begriffs in ihr gefragt, ehe das Fazit eine Linie bis zur Gegenwart zieht.

1. Frühling für Hitler: Die »Hitler-Nostalgie-Welle«

»Er ist wieder da, 28 Jahre nach der Selbstvernichtung im Berliner Führerbunker, in Buchläden, an Kiosken und auf Kino-Leinwänden: Adolf Hitler kehrt in das öffentliche Bewußtsein der Deutschen zurück«, schrieb der »Spiegel« im April 1973 angesichts eines »jäh erwachten Interesse[s] an NS-Themen«.9 Im selben Monat berichtete die US-amerikanische Zeitschrift »Newsweek« unter dem Titel »Springtime for Hitler« über eine »Hitler Welle« (Deutsch im Original), die, »from Middle Europe to Middle America«, die ganze westliche Welt heimsuche und sich durch eine »campy, kitschy, rather absurd Hitler nostalgia« auszeichne. Waren vor allem die Deutschen, wie der Artikel vermutete, noch immer von Hitler fasziniert?10

Im August 1973 schloss der 1938 vor den Nazis nach Großbritannien geflohene Schriftsteller Erich Fried aus der Masse der »Hitlerfilme, Hitlerserien in Zeitschriften, Hitlergemälde und -handzeichnungen, Fernsehdiskussionen über Hitlers Charakter« auf eine bundesdeutsche »Hitler-Nostalgiewelle«.11 Im folgenden Jahr meinte der Philosoph Günther Anders, der Deutschland gleich nach dem Reichstagsbrand von 1933 verlassen hatte, die zeitliche Distanz habe die Hitler-Ära »in Nostalgie verwandelt«, die Zeit der Massenmorde sei »zu einer ›guten alten Zeit‹ geworden«.12 Noch drastischer beklagte der Journalist Heinrich Jaenecke 1975, das Hakenkreuz sei »zu einem Element der Nostalgiewelle geworden wie Big-Band-Jazz und Oldtimer«.13 Der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff schrieb unter dem Titel »Nostalgie« über ein »Heimweh nach dem Faschismus«,14 und auch Heinrich Böll diagnostizierte 1976 »etwas wie Nazi-Nostalgie«.15

»Hitler Superstar«: Titelbilder deutscher und internationaler Zeitschriften aus dem September und Oktober 1977 (Foto: Tobias Becker)
»Hitler Superstar«: Titelbilder deutscher und internationaler Zeitschriften
aus dem September und Oktober 1977
(Foto: Tobias Becker)

Was auch immer Nostalgie hier im Einzelnen bedeutete – die Rede über sie steigerte sich 1977 markant. Im Sommer jenes Jahres verzeichnete Karl Heinz Bohrer in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« (FAZ) ein »fashionables Interesse am europäischen Faschismus der dreißiger Jahre« und prägte die bald vielzitierte Formel von Hitler als »Held der siebziger Jahre«.16 Gleichsam als Bestätigung prangte dann im Spätsommer und Herbst 1977 Hitlers Porträt auf den Titelseiten vieler nationaler und internationaler Zeitschriften, unter anderem von (in der Reihenfolge ihres Erscheinens) »Quick«, »L’Express«, »Paris Match«, »L’Europeo«, »Panorama«, »Spiegel«, »konkret«, »Pardon« und »Bunte«.17 Der »Spiegel« (wo Hitler 1973 bereits zum vierten Mal auf dem Cover zu sehen gewesen war), berichtete unter der Überschrift »Hitler ist der Star dieses Sommers«, einem Zitat aus »L’Express«, über die ausländischen Hitler-Titel.18 Wie hier, so führten sich die Medien oft gegenseitig als Beleg für die »Hitler-Welle« an, die sie zu einem großen Teil selbst erst schufen. Zum Beispiel zeigte das ZDF im Januar 1978 eine 40-minütige Dokumentation mit dem Titel »Verkaufsschlager Hitler? Die Hitlerwelle und was sie bedeuten kann«.19

Mit dem Ziel, »die als ›Hitler-Welle‹ apostrophierte Medienflut des Sommers 1977 von einem kompetenten Gremium analysieren, Gründe und mögliche Folgen dieses Interesses debattieren [zu] lassen«, organisierte im Sommer 1978 der damals noch weitgehend unbekannte Journalist Guido Knopp in Aschaffenburg die Konferenz »Hitler heute. Gespräche über ein deutsches Trauma«.20 Den Höhepunkt der Tagung bildete eine Podiumsdiskussion über »Das Interesse an Hitler – Informationsbedürfnis, Trauma oder Nostalgie?«.21 Universitätshistoriker waren dabei nur zwei vertreten: Eberhard Jäckel und Eberhard Kolb. Martin Broszat, der Direktor des Instituts für Zeitgeschichte, hatte seine Teilnahme abgesagt, weil auch Werner Maser, der akademische Lehrer Knopps, eingeladen war. Maser hatte 1971 eine umstrittene Hitler-Biographie vorgelegt (1978 in 5. Auflage erschienen) und hatte kurz vor der Tagung einen angeblichen Sohn Hitlers in Frankreich aufgespürt.22 Ebenso umstritten war die Teilnahme von David Irving, der zu diesem Zeitpunkt zwar noch nicht als Holocaust-Leugner aufgefallen war, aber behauptete, »daß Hitler von der Judenvernichtung nichts gewußt« habe.23 Die Tagung bot Maser und Irving ein Forum, um ihre Spekulationen noch einmal vor großem Publikum und der Presse zu wiederholen; die anderen Teilnehmer zerpflückten ihre Thesen allerdings. Unabsichtlich sorgte Irvings Auftritt sogar dafür, dass auf einer ansonsten ganz um Hitler kreisenden Veranstaltung doch noch die Judenvernichtung zur Sprache kam.24 Unter den weiteren Diskutanten stach vor allem der Filmemacher Hans Jürgen Syberberg hervor, dessen Vierteiler »Hitler, ein Film aus Deutschland« auf der Konferenz seine Deutschlandpremiere erlebte.

»Hitler heute«: Sebastian Haffner, Eberhard Jäckel, J.P. Stern, Guido Knopp, Albrecht Tyrell und Werner Maser auf der Aschaffenburger Tagung 1978 (nicht im Bild: Iring Fetscher, David Irving, Gert Kalow, Eberhard Kolb und Hans Jürgen Syberberg) (picture-alliance/dpa/Manfred Rehm)
»Hitler heute«: Sebastian Haffner, Eberhard Jäckel, J.P. Stern, Guido Knopp,
Albrecht Tyrell und Werner Maser auf der Aschaffenburger Tagung 1978
(nicht im Bild: Iring Fetscher, David Irving, Gert Kalow,
Eberhard Kolb und Hans Jürgen Syberberg)
(picture-alliance/dpa/Manfred Rehm)
»Der Hitler-Kongreß«: Cover des Tagungsbandes »Hitler heute« (1979)
»Der Hitler-Kongreß«: Cover des Tagungsbandes »Hitler heute« (1979)

Die Aschaffenburger Tagung war in mehrerlei Hinsicht repräsentativ für die Diskussion der NS-Vergangenheit während der 1970er-Jahre. Der Titel »Hitler heute« war programmatisch, denn Hitler bildete den Dreh- und Angelpunkt des Gesprächs; strukturelle Faktoren blieben ebenso wie die Komplizenschaft weiter Teile der deutschen Gesellschaft fast völlig außen vor. Genauso zentral war das »Heute« im Titel, denn am Ende ging es weniger um die Geschichte des Nationalsozialismus als um die Frage, warum Hitler auf einmal so präsent war, welche Bedeutung ihm in der Bundesrepublik der 1970er-Jahre zukam und ob selbst 33 Jahre nach seinem Tod noch immer eine Gefahr von ihm ausging. So war oft von »der Jugend« und deren Wissen – beziehungsweise Nicht-Wissen – und ihrer potentiellen Anfälligkeit für den Nationalsozialismus die Rede.25 Auch der Untertitel war bezeichnend, denn obwohl niemand definierte, welches »Trauma« gemeint war, so war doch klar, dass es um ein »deutsches Trauma« und nicht etwa um Traumata der Verfolgten und ihrer Hinterbliebenen ging. Einig waren sich die Teilnehmer darin, dass das Interesse an der NS-Vergangenheit enorm zugenommen hatte. Der Nostalgie-Diagnose selbst konnten sie jedoch nicht viel abgewinnen. »Als es in der Bundesrepublik wenig Interesse an Hitler gab«, monierte Jäckel, »lautete die Kritik oft, Hitler werde verdrängt. Kaum war dann das Interesse etwas größer, hieß es prompt, jetzt drängten sich die Deutschen wieder nach Hitler.«26

Der Begriff »Holocaust« hielt erst im folgenden Jahr Einzug in den allgemeinen Sprachgebrauch, als die dritten Programme die schon erwähnte US-amerikanische Serie »Holocaust« ausstrahlten. Die Serie machte anhand der Biographien zweier fiktiver deutscher Familien – einer jüdischen und einer nicht-jüdischen – die Judenverfolgung anschaulich und emotional berührend, indem sie Identifikation ermöglichte. Eugen Kogon, KZ-Überlebender und Autor des Klassikers »Der SS-Staat«, sah sie als Ende und Gegenmittel zur »Hitler-Welle«: »Die Tendenzen, die von der ›Hitler-Welle‹ ausgingen, sind durch das ›Holocaust‹-Fernsehereignis gebrochen. Ein Bann ist gebrochen: man kann über die schrecklichen Dinge bis in die Schuld- und Mitschuldfrage hinein, endlich, miteinander sprechen.«27 Damit verschwand Hitler zwar nicht aus der Öffentlichkeit, aber die »Hitler-Welle« ebbte ab, wie Kogon richtig prophezeite, und mit ihr verschwand auch die Rede von der »Nazi-Nostalgie«. In den 1980er-Jahren tauchte dieser Begriff allenfalls noch vereinzelt auf.

2. Zweierlei Faszination:
Hitler auf dem Buchmarkt und in den Medien

Auf welche konkreten Gegenstände und Beispiele stützte sich die Kritik an »Hitler-Welle« und »Nazi-Nostalgie«? Populäre Bücher über Hitler und den Nationalsozialismus hatte es auch schon vor den 1970er-Jahren reichlich gegeben. Ein prägnantes Beispiel ist der Bestseller-Erfolg von Albert Speers »Erinnerungen« (1969), der das kommerzielle Potential der NS-Zeit – und gerade Hitlers – augenfällig demonstrierte.28 Seit 1973 jedoch nahm der Ausstoß noch einmal beträchtlich zu, wobei neben Neuerscheinungen viele ältere Werke wiederaufgelegt wurden. Den Auftakt bildete Walter Kempowskis Buch »Haben Sie Hitler gesehen?«, in dem er Antworten von 230 Personen auf diese Frage zusammentrug.29 Dabei klang bereits das Grundmotiv der »Faszination« an: »ob man von Hitler fasziniert war? Unbedingt!«, er »konnte ja auch die Menschen mitreißen«, die »Leute waren fasziniert, das war wie eine Art Hypnose«, sie waren »wie hypnotisiert«, lauteten viele Antworten.30 Weniger fiel auf, dass keineswegs alle in diesen Chor einstimmten: »Die Faszination hat sich nicht auf mich übertragen«, hieß es fast enttäuscht in einer Einsendung; die »faszinierende, hypnotische Art hab ich gar nicht gespürt«, lautete eine andere Zuschrift.31

Joachim C. Fest präsentiert seine Hitler-Biographie auf der Frankfurter Buchmesse 1973. (picture-alliance/akg-images)
Joachim C. Fest präsentiert seine Hitler-Biographie
auf der Frankfurter Buchmesse 1973.
(picture-alliance/akg-images)
Der »Führer« besucht »seinen« Buchmesse-Stand: Im Auftrag von »Pardon« persifliert der Schauspieler Billy Frick die »Hitler-Nostalgie«. Vor und nach dieser Aktion spielte Frick die Hitler-Rolle mehrfach in Kinofilmen. (picture-alliance/dpa/Helmut Heuse)
Der »Führer« besucht »seinen« Buchmesse-Stand: Im Auftrag von »Pardon«
persifliert der Schauspieler Billy Frick die »Hitler-Nostalgie«.
Vor und nach dieser Aktion spielte Frick die Hitler-Rolle mehrfach in Kinofilmen.
(picture-alliance/dpa/Helmut Heuse)

Einen noch größeren Stellenwert hatte die »Faszination« in Joachim C. Fests ebenfalls 1973 erschienener Hitler-Biographie, zu deren Präsentation auf der Frankfurter Buchmesse »Hitler« selbst in Gestalt des Schauspielers Billy Frick vorbeischaute – ein Publicity Stunt der Zeitschrift »Pardon«, »um die laufende Hitler-Nostalgie zu persiflieren«.32 In Auftrag gegeben hatte das Buch der Verleger Wolf Jobst Siedler, der zuvor schon die Memoiren Speers herausgebracht hatte. Wie viel Fest den Gesprächen mit diesem verdankte und wie sehr er und Siedler zur Rehabilitation des Nazi-Granden beitrugen, hat die Zeitgeschichte inzwischen nachdrücklich gezeigt.33 Fests Buch verriet viel über seinen Autor, über dessen konservativ-bildungsbürgerliches Milieu und sein Schwanken zwischen »Abscheu und Faszination« für Hitler.34 Die wissenschaftliche Forschung weitgehend ignorierend, kondensierte Fest die »in den 1960er- und 1970er-Jahren verbreiteten Klischees über den Nationalsozialismus zu einer konsensfähigen Erzählung«.35 Und indem er sich ganz auf Hitler konzentrierte, exkulpierte er jene, die Hitler gewählt hatten und ihm gefolgt waren und denen Fest ausdrücklich bescheinigte, in ihrer Mehrzahl »von der Praxis in den Vernichtungslagern nichts gewußt« zu haben.36 Dennoch nahm die Fachwelt das Buch insgesamt recht positiv auf.37 Kritisch urteilte als einer von wenigen Hermann Graml, der dem Buch einen »unverkennbar probürgerlichen« und »unverkennbar apologetischen Effekt« bescheinigte.38 Bezeichnenderweise beanstandete Graml jedoch nicht, dass der Mord an den europäischen Juden marginal blieb – der Anschlag vom 20. Juli 1944 nahm in Fests Buch fünf Mal mehr Raum ein.

Die ganzen 1970er-Jahre hindurch folgten nun jedes Jahr mindestens zwei, drei neue aufsehenerregende Bücher über Hitler, von denen manche durch Vorabdrucke in der Presse ein noch größeres Publikum erreichten.39 Der damals modische Ansatz der Psychohistorie, den etliche der Autoren aufgriffen, verstärkte und legitimierte den Hang des biographischen Genres zum Psychologisieren.40 Der schmalste Band war am erfolgreichsten: Kaum ein Buch über die NS-Zeit hat sich bis heute in Deutschland besser verkauft als Sebastian Haffners »Anmerkungen zu Hitler« (1978). Wenngleich dieses Buch weniger apologetisch war als dasjenige von Fest, so betonte auch Haffner die »Leistungen« Hitlers, um am Ende festzustellen, dass Hitler »ganz objektiv betrachtet, Deutschland geschädigt« habe: Immerhin seien sieben Millionen Deutsche gestorben – »mehr als die Juden und die Polen« –, das Deutsche Reich sei von der Landkarte verschwunden, und die Deutschen würden sich »seit Hitler nicht mehr trauen, Patrioten zu sein«.41

Zu den Biographien kam die Geschichtszeitschrift »Das III. Reich«, für Jäckel »das aufwendigste, opportunistischste und insofern typischste Erzeugnis der Hitler-Welle«.42 Die Zeitschrift erschien seit 1974 mit großem Werbeaufwand und pädagogischem Anspruch, den kommerzielle Zwänge allerdings schnell verdrängten, woraufhin die anfangs beteiligten Historiker absprangen.43 Nach dem Erfolg von »Das III. Reich« brachte derselbe Verlag – zu »dokumentarischen Zwecken« – die NS-Propagandazeitschrift »Signal« neu heraus, von der bereits 17.000 Exemplare verkauft worden waren, ehe sie auf dem Index der jugendgefährdenden Schriften landete.44 Die vielen »Signal«-Journalisten, die nach dem Zweiten Weltkrieg bei »Quick«, bei »Christ und Welt« oder als Pressesprecher reüssierten, konnten ihre alten Artikel nun auf neuem Papier lesen.45

Sich auf das »Dokumentieren« zu berufen, war eine verbreitete Strategie, um die Paragraphen 86 und 86a des Strafgesetzbuches zu umgehen, denen zufolge sich strafbar machte, wer Kennzeichen oder Propagandamittel des Nationalsozialismus verbreitete.46 Das tat regelmäßig eine seit 1969 bestehende Firma namens »Documentary Series Establishment«, die Schallplatten mit Reden von Hitler und anderen Nazi-Größen sowie Propagandalieder vertrieb. Geleitet wurde sie von Else Hocheder, laut »Spiegel« die »First Lady des Nazi-Platten-Gewerbes«, die die Produkte mit Titeln wie »Ein Volk, ein Reich, ein Führer«, »Aus dem Führerhauptquartier« oder »Hitler spricht« für den stolzen Stückpreis von 25 DM verkaufte.47 Als Hocheder von einem besonders populären SS-Lied keine historische Aufnahme fand, sang es der Essener Polizeichor für sie ein. Künstlich verrauscht war das Lied so erfolgreich, dass die Konkurrenz es unter eigenem Label herausbrachte, wogegen Hocheder, sonst eher selbst wegen Paragraph 86a vor Gericht, juristisch vorging.48

Auch Schallplatten mit Hitlers Reden wurden in den 1970er-Jahren neu aufgelegt; hier Beispiele vom John Jahr Verlag und dem »Documentary Series Establishment«. (Foto: Tobias Becker)
Auch Schallplatten mit Hitlers Reden wurden in den 1970er-Jahren neu aufgelegt;
hier Beispiele vom John Jahr Verlag und dem »Documentary Series Establishment«.
(Foto: Tobias Becker)

Wer kaufte diese Platten? Leute, die davon auf »nostalgische Touren« kamen, wie der »Spiegel« spekulierte?49 Forschung gibt es bislang weder zu diesem Thema noch zu einer zweiten Subkultur, deren Anhänger sich wahrscheinlich mit Hocheders Kundschaft überschnitten: den Sammler*innen von Nazi-Devotionalien. Auch sie gerieten während der 1970er-Jahre verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit, nicht zuletzt, weil der bayerische Staat 1974 laut »Spiegel« einen »großen Schlußverkauf« abhielt von 350 bis dahin im Verborgenen lagernden Objekten aus dem Nachlass von Hermann Göring.50 Mit der Auktion beauftragte der Freistaat die Münchner Firma Weinmüller/Neumeister, die während des Nationalsozialismus wesentlich an der »Arisierung« jüdischen Besitzes mitgewirkt hatte.51 Der Erlös von mehr als 640.000 DM übertraf den Schätzwert von 117.700 DM um ein Vielfaches.52 Für einen der Händler war die Auktion zudem ein ideeller Erfolg, da sie das Geschäft mit Nazi-Devotionalien »endlich enttabuisiert« habe.53 Statt die Einhaltung der Paragraphen 86 und 86a zu forcieren, trug der bayerische Staat nun selbst massenhaft zur Verbreitung von Nazi-Sammlerstücken bei.

Ein Mitarbeiter von Weinmüller/Neumeister verteidigte die Auktion mit den Worten, es sei an der Zeit, der NS-Kunst »unbefangen« gegenüberzutreten.54 Dafür, dass dies bereits geschah, fanden zeitgenössische Beobachter weitere Indizien – etwa in der Ausstellung »Kunst im 3. Reich. Dokumente der Unterwerfung«, die im Oktober 1974 im Frankfurter Kunstverein eröffnete und danach in Hamburg, Stuttgart, Ludwigshafen und Wuppertal Station machte. Ziel der Ausstellung war es laut ihren Kura­tor*innen eigentlich, der »nostalgischen Rückwendung« entgegenzuwirken, indem sie zeigen wollte, »in welchem Maße die Kunst welcher Politik diente«.55 Doch der Umstand, dass sie NS-Kunst öffentlich zeigte, erweckte den Verdacht, dass sie zu eben jener Nostalgie beitragen könne. Der »Spiegel« etwa sah das »Risiko einer – wohl gar nostalgischen – Aufwertung ihres Gegenstands«. Eine »fragwürdige und möglicherweise schädliche Veranstaltung« nannte sie die »ZEIT«, während der »FAZ« der »parteiisch-linke Vorstoß« missfiel – die »Süddeutsche Zeitung« sprach von »marxistischer Sicht«.56 Kurator Georg Bussmann selbst gestand in einem Brief an die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) seine Zweifel ein, ob »unsere Ausstellung in dem Sinne ›funktioniert‹[,] wie wir es beabsichtigen«.57 Der Kritik ungeachtet organisierte das Haus der Kunst in München (das 1933–1937 als »Haus der Deutschen Kunst« errichtet worden war) 1977 die Ausstellung »Die dreißiger Jahre. Schauplatz Deutschland«. Sie zeigte Nazi-Kitsch Seite an Seite mit Werken verfolgter Künstlerinnen und Künstler, wobei sie eine politische Lesart bewusst vermied, was nun ebenfalls heftige Kritik erregte.58

Mit Ausstellungen in Frankfurt a.M. und München kehrte die Kunst des Nationalsozialismus in die Museen zurück. Wie die Covergestaltungen der Kataloge andeuten, waren die konzeptionellen Zugänge dabei durchaus unterschiedlich.
Mit Ausstellungen in Frankfurt a.M. und München kehrte die Kunst des Nationalsozialismus in die Museen zurück. Wie die Covergestaltungen der Kataloge andeuten, waren die konzeptionellen Zugänge dabei durchaus unterschiedlich.

Noch kontroverser aufgenommen wurde die Präsenz der NS-Vergangenheit in Film und Fernsehen – auch das war an sich nichts Neues, und doch änderten sich hier ebenfalls Quantität und Qualität.59 Zunächst standen ausländische Produktionen bzw. Koproduktionen im Mittelpunkt der Diskussion wie die Filme »Le chagrin et la pitié« (»Das Haus nebenan − Chronik einer französischen Stadt im Kriege«, F/CH/BR Deutschland 1969), »Hitler: The Last Ten Days« (»Hitler – Die letzten zehn Tage«, GB/I 1973), die 26-teilige Dokumentarserie »The World at War« (»Die Welt im Krieg«, GB 1973) oder »Lacombe Lucien« (F/BR Deutschland/I 1974) und »Il portiere di notte« (Der Nachtportier, I 1974). Dann sorgten 1977 gleich zwei deutsche Produktionen für Schlagzeilen: Fests Dokumentarfilm »Hitler – Eine Karriere« und Syberbergs schon erwähnter Vierteiler »Hitler, ein Film aus Deutschland«. Dass viele Zeitschriften Hitler 1977 auf dem Cover zeigten und als »Superstar« akklamierten, war zumindest teilweise auf diese beiden, auch international stark beachteten Filme zurückzuführen.60

Die Kritik an »Hitler – Eine Karriere« fiel wesentlich harscher und lauter aus als an Fests Hitler-Biographie, nicht zuletzt weil er den Film vollständig aus Originalaufnahmen, d.h. ganz wesentlich aus NS-Propagandamaterial montiert hatte. »Gefährlich« nannte Karl-Heinz Janßen das Werk deshalb in der »ZEIT«, die zudem eine lange Polemik von Wim Wenders veröffentlichte, der dem Film vorwarf, er sei »fasziniert von seinem Objekt« und von den »Faschisten abgeschrieben«.61 Konnte Fest in seinem Buch die »Faszination« bloß verbal darstellen, machte er sie im Film erfahrbar – über lange Szenen marschierender, andächtig lauschender und Hitler anhimmelnder Massen. Wer bislang 25 DM für eine verrauschte Schallplatte mit Hitler-Reden bezahlt hatte, konnte den »Führer« nun in Nahaufnahme und bester Tonqualität im Kino sehen. Für Fest war das notwendig, wenn nicht gar pädagogische Pflicht: »Man sollte die Faszination durchaus zeigen; verständlich machen, daß es eine Faszination für viele gab«, verteidigte er seinen Film, »und damit versuchen, die Leute etwas immuner gegen ähnliche Reaktionen zu machen.«62

In den Augen seiner Kritiker erreichte er jedoch das genaue Gegenteil. »Fest hatte keinen Film über Hitler, sondern einen Hitlerfilm gemacht«, brachte Hannes Heer später die Einwände auf den Punkt.63 Die Publikation »Was verschweigt Fest?« nahm den Film genau unter die Lupe und verortete ihn im Kontext von »Hitler-Welle« und »Hitler-Nostalgie«.64 Eine Rezeptionsstudie, die die Wirkung auf Studierende und Bundeswehr-Rekruten untersuchte, bestätigte die Befürchtungen der Kritik zumindest partiell, kam sie doch zu dem Schluss, die Konzentration auf Hitler und die Auswahl des Materials führe »zu einem auf Personen und Sozialpsychologie verkürzten Geschichtsbild«.65 Ein guter Teil des Publikums sei sogar »positiv von Hitler beeindruckt« gewesen.66 Letztlich sei es dem Film »nachweislich nicht gelungen, erschreckende Lücken der Zuschauer im Hinblick auf die unfreiheitlichen, undemokratischen und verbrecherischen Züge des NS-Regimes zu beseitigen«.67

Wie Fests Film wartete auch Syberbergs vierteiliger, siebenstündiger Hitler-Film mit Originalmaterial auf. In allem Übrigen aber hätte er kaum unterschiedlicher sein können. Auf einer Theaterbühne interagierten Schauspieler in stilisierten Sets mit Marionetten, Puppen und Projektionen. Der Film arbeitete mit einer Vielzahl von Stilmitteln, Verweisen, Zitaten und Symbolen, die dem Großteil des Publikums verschlossen bleiben mussten – und letztlich auch nie ein großes Publikum erreichten. Während deutsche Kritiker*innen kaum ein gutes Wort für den Film fanden, schnitt er im Ausland wesentlich besser ab.68

Wie Fest versuchte auch Syberberg Hitlers Faszinationskraft rekonstruierend zu ergründen. Als Saul Friedländer Syberberg vorwarf, dass er die Nazi-Ästhetik ausbeute und mittels quasi-mystischer Kommentare und Wagner-Soundtrack noch Ebenen der »Verzauberung« hinzufüge, insistierte Syberberg: »Aber es war ja faszinierend!«69 Wie für Fest, so waren auch für Syberberg Hitler und der Nationalsozialismus nur mit »Faszination« zu erklären. Eine Debatte über die gesellschaftlichen Bindekräfte des Nationalsozialismus, wie sie rund drei Jahrzehnte später unter dem nun kritisch gewendeten Schlagwort der »Volksgemeinschaft« aufkam, zeichnete sich in den 1970er-Jahren nicht einmal in Ansätzen ab.

Die zur »Hitler-Welle« gerechneten Produkte teilten die Perspektive, den Nationalsozialismus von der Spitze her zu verstehen: über die Person Adolf Hitler. Dabei gruben sie immer tiefere biographische Stollen, verrannten sich in immer feinere psychologische Verästelungen. Noch die kleinste Verdauungsstörung, noch das banalste Kindheitserlebnis erkundeten sie penibel. Dabei zerfiel ihnen der Gegenstand zusehends unter den Händen. Wie in den zahlreichen Bildbänden, die Hitler mal in Uniform, mal in Frack, mal in kurzen Hosen zeigten, präsentierten sie ihn abwechselnd als Demagogen und Hypnotiseur, als Staatsmann, als Frauenschwarm und Kinderfreund, als Menschen wie du und ich oder als krankheitsgeplagten Psychopathen. Je mehr sie über ihn herausfanden, desto unerklärlicher erschien er.

Für die Fachwelt war der biographische Ansatz bestenfalls irreführend, schlimmstenfalls kontraproduktiv. Martin Broszat etwa nahm Anstoß an der »hitlerzentrischen Sicht«, die gesellschaftliche Strukturen ausblende.70 Selbst Golo Mann, sonst Anwalt des biographischen Genres und durchaus wohlwollender Rezensent von Fests Biographie, meinte anlässlich von Haffners »Anmerkungen«: »Es schickt sich nicht, die Biographie eines Massenmörders zu schreiben. Wie er seine Abende verbrachte, welche Musik er bevorzugte, ob er lieber Bordeaux oder Champagner trank, das interessiert alles nicht, das gehört da nicht her.« Die meisten Hitler-Biographien seien »halbe Apologie«.71 Wie Broszat anmerkte, gehe es der Hitler-Biographik gerade nicht um Aufklärung, sondern um die »Befriedigung des historischen Unterhaltungs­bedürfnisses«.72 Das obsessive Reden über Hitler diene dem obstinaten Beschweigen persönlicher Mitschuld und -verantwortung. Dank des Ulmer Einsatzgruppen-Prozesses, des Jerusalemer Eichmann-Prozesses und der Frankfurter Auschwitz-Prozesse, aber auch der mehrfachen Verjährungsdebatten waren über die NS-Verbrechen mehr und mehr Details bekannt geworden.73 Doch statt den Weg der 1960er-Jahre weiterzugehen, verschob die »Hitler-Welle« den Fokus zurück auf Hitler. Wenn die Deutschen in dieser Geschichte überhaupt vorkamen, taten sie es als von Hitler »Faszinierte« – und wer »verführt« worden war, so schwang dabei mit, war offensichtlich nicht schuldfähig.

3. Zweierlei Nostalgie:
Populäre Geschichte und politischer Konservatismus

Aber waren die geschilderten Phänomene Ausdruck von »Nostalgie« für den Nationalsozialismus? Warum nahm dieser Begriff eine so zentrale Rolle in der Debatte ein? Das lag zunächst einmal daran, dass er in den 1970er-Jahren überhaupt en vogue war. Noch ein Jahrzehnt zuvor hatte ihn kaum jemand benutzt, Wörterbücher wie der »Brockhaus« hatten ihn bloß in seiner ursprünglichen Bedeutung als »Heimweh« geführt. Erst nachdem sich seit 1970 die neue Bedeutung »Sehnsucht nach Vergangenem« durchgesetzt hatte, fand der Begriff größere Verbreitung. Das hatte nicht zuletzt damit zu tun, dass viele Intellektuelle erst in den USA, dann auch in Westdeutschland eine regelrechte »Nostalgie-Welle« zu beobachten meinten. Wenn Ehmke davon sprach, dass diese nun »die Zeit des Nationalsozialismus erreicht« habe, oder Jaenecke schrieb, dass das Hakenkreuz »zu einem Element der Nostalgiewelle« geworden sei, wird klar, dass sie das Interesse für den Nationalsozialismus als Teil einer größeren Welle des Rückblickens verstanden: Nach dem 1920er-Jahre-Revival der vorangegangenen Dekade kamen nun die 1930er an die Reihe. Hatten Historiker lange Zeit mangelnde Aufmerksamkeit für Geschichte beklagt, erschien ihnen das, was sie als plötzlichen Geschichtsboom wahrnahmen, nun ebenso fehlgeleitet wie eskapistisch. Indem sie populäre Formen des Umgangs mit der Vergangenheit als »nostalgisch« abqualifizierten, d.h. als geschichtsverzerrend und emotionalisierend, suchten sie ihre eigene Deutungshoheit gegenüber der neuartigen Konkurrenz zu verteidigen.74

Die Kritik galt insbesondere der Kommerzialisierung und Kommodifizierung der Vergangenheit. Das lässt sich schon daran ablesen, dass von »Nostalgie« oft als »Geschäft« oder »Industrie« die Rede war. Auch an der »Hitler-Welle« schien nicht allein die Präsenz Hitlers zu stören, sondern vor allem die Tatsache, dass mit ihm Geld verdient wurde. Marion Gräfin Dönhoff etwa schrieb von »in erster Linie kommerziellen Motiven«, Karl-Heinz Janßen vom »Geschäft mit Hitler«, Guido Knopp von einer »kommerziellen Hitler-Hausse«. Andere klagten über die »kommerziell ausgenutzte Erinnerung an den Nationalsozialismus« oder sahen den Nationalsozialismus zum »Markenartikel« werden.75 Die Bundesregierung fand es »unerfreulich, daß hier und da in der Bundesrepublik Deutschland Geschäfte mit der Nazi-Nostalgie gemacht werden«.76 Auf der Seite der Medien war allerdings eine gute Dosis Heuchelei im Spiel, denn gerade »stern«, »Spiegel« und andere Publikationen verdienten bestens an Heften über Hitler und sahen selbst bei Artikeln, die die »Hitler-Welle« kritisierten, kein Problem darin, diese ausgiebig zu illustrieren.

Obwohl sich »Nostalgie« in den 1970er-Jahren überwiegend auf populäre, meist kommerzielle Geschichtsangebote bezogen fand, tauchte der Begriff mitunter auch in einem politischen Kontext auf. Der Konservatismus mit seinem Abheben auf Kontinuität und Tradition sah sich oft dem Vorwurf der Nostalgie ausgesetzt. Im Wahlkampf von 1976 kursierte eine Postkarte des Künstlers Klaus Staeck, die unter der Überschrift »Nostalgie ist noch lange kein Grund CDU zu wählen« eine Reihe von CDU/CSU-Politikern als Rentner mit Spazierstöcken zeigte.77 Insbesondere Helmut Kohl, der sich gern auf die 1950er-Jahre bezog und seine Heimatliebe betonte, wurde nicht selten als nostalgische Figur charakterisiert; der »Spiegel« etwa schrieb 1983 von »seiner oft beschworenen Adenauer-Nostalgie«.78

Postkarte und Plakatmotiv des Grafikdesigners und Plakatkünstlers Klaus Staeck, 1974 (© Edition Staeck)
Postkarte und Plakatmotiv des Grafikdesigners und Plakatkünstlers
Klaus Staeck, 1974
Edition Staeck)

In der Debatte um die »Nazi-Nostalgie« kamen diese beiden Stränge zusammen: Nostalgie als Kritik an Geschichtspopularisierung einerseits, als Polemik gegen den Konservatismus andererseits. Diejenigen, die in der »Hitler-Welle« einen Ausdruck von Nostalgie für den Nationalsozialismus sahen, standen meist eher der Linken nahe, während die Union diese Diagnose vehement ablehnte. Das zeigt nicht zuletzt die eingangs zitierte Bundestagsdebatte. Ehmkes Rede, die Kohl so provozierte, war selbst die Reaktion auf eine vorangegangene Rede von Franz Josef Strauß, der die SPD für den Linksterrorismus mitverantwortlich gemacht hatte.79 In seiner Antwort verfolgte Ehmke eine doppelte Strategie. Zunächst sprach er den RAF-Terroristen jede ideologische Nähe zur Linken, ja jede politische Gesinnung überhaupt ab. Nicht als politisch, sondern als gesellschaftlich begründetes Phänomen wollte er den Terrorismus verstanden wissen.80 In einem zweiten Schritt kam er dann auf die »Hitler-Nostalgie-Welle« zu sprechen, offensichtlich bemüht, Straußʼ gegen die Linke gerichteten Vorwurf zu erwidern mit dem Hinweis, dass es auf der rechten Seite des politischen Spektrums ähnliche Tendenzen zur Radikalisierung gebe.

Erst vor diesem Hintergrund wird der vehemente Widerspruch Kohls verständlich: Er wertete Ehmkes Kommentar als einen Angriff auf den Konservatismus, als der er zweifellos auch gemeint war. Beide Seiten schlossen damit unmittelbar an die Rhetorik der vorangegangenen Wahlkämpfe an. Setzten Konservative die Sozialdemokraten mit Sozialisten gleich – CDU und CSU waren im Bundestagswahlkampf 1976 mit dem Slogan »Freiheit statt Sozialismus« bzw. »Freiheit oder Sozialismus« angetreten –, so erinnerte die Linke gern daran, dass Konservative Hitler den Steigbügel gehalten hätten. Iring Fetscher etwa sagte bei der Aschaffenburger Tagung, Hitler habe »vor allem gewirkt auf traditionell Konservative«.81 Solche Assoziationen waren natürlich nicht willkommen – erst recht nicht zu einer Zeit, da die christsozialen Parteien den Konservatismus gerade wiederentdeckten.82

Dies erklärt, warum die Debatte für die CDU/CSU so brisant war und warum ihre Vertreter so erregt abstritten, dass es eine Art Nostalgie für Hitler und den Nationalsozialismus überhaupt gebe. Stattdessen wollten sie die »Hitler-Welle« als Zeichen der fortschreitenden Aufarbeitung verstanden wissen. »Es ist doch ganz natürlich«, erklärte Kohl im Bundestag, »daß jetzt, wo eine völlig neue Generation heran­gewachsen ist, die Generation der Schulkinder von heute, nachdem alle demokratischen Gruppen [...] die Bewältigung der NS-Vergangenheit lange genug vor sich hergeschoben haben, die Frage stellt: Warum war mein Großvater oder vielleicht sogar noch mein eigener Vater für Hitler?«83 Ähnlich hatte der Journalist Horst Krüger bereits 1973 in der »FAZ« argumentiert. Mit »einer Sehnsucht nach alten Zeiten, NS-Nostalgie« schrieb er, »hat dieser Prozeß nichts zu tun«; vielmehr beginne jetzt erst die »Bewältigung der Vergangenheit«, zu der es die »Distanz einer Generation« benötige.84 Auch für Joachim Fest signalisierte die »Hitler-Welle«, dass die unterdrückte Erinnerung an Hitler und die NS-Zeit dem historischen Interesse gewichen sei. Wenn es je so etwas wie Nostalgie für Hitler gegeben habe, habe sich diese auf die frühen 1950er-Jahre beschränkt.85 Für Konservative war die »Hitler-Welle« demnach ein Zeichen, dass die Deutschen sich vom Nationalsozialismus gelöst hätten.

In dieser Ansicht konnten sie sich von den Umfragen des Allensbacher Instituts für Demoskopie bestätigt fühlen. Danach gefragt, »[w]ann in diesem Jahrhundert [...] es nach Ihrem Gefühl Deutschland am besten gegangen« sei, antworteten 1951 noch 42 Prozent »Zwischen 1933 und 1939«; 1970 waren es gerade mal 5 Prozent.86 Desgleichen antworteten auf die Frage »Würden Sie sagen, daß Hitler ohne Krieg einer der größten deutschen Staatsmänner gewesen wäre?« immer weniger Deutsche mit »Ja«: 48 Prozent 1955, 34 Prozent 1960, 32 Prozent 1967 und 31 Prozent 1978 – ein allerdings immer noch erheblicher Anteil.87

Bewirkte historische Distanz tatsächlich eine kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit? Für den Historiker Lutz Niethammer hatte sie den geradezu gegenteiligen Effekt: »Sie löste früher von den Nazis Begeisterten die Zunge«, schrieb er 1981, »ermöglichte den Rückgriff auf verdrängte Erfahrungen, spülte Nazisymbolik auf die Flohmärkte, brachte die Filmschnulzen des Dritten Reiches auf den Bildschirm und holte die alte Hitler-Faszination in einer scheinkritisch-aufgeputzten Biographie­schwemme auf die Bestseller-Listen.«88 Damit fasste Niethammer noch einmal die Phänomene zusammen, die unter der Hitler-Welle subsumiert wurden, wobei auch er sie auf die Formel der »Faszination« brachte.

Für viele Beobachter*innen bezeugte die »Hitler-Welle«, dass die »Faszination« nie abgebrochen war, sodass sich das Insistieren auf ihr für die Konservativen zu einem Bumerang entwickelte.89 Dabei stand vor allem die Jugend im Fokus, spätestens seit dem »Boßmann-Schock« von 1977, der Kohls Aussage über die Jugend widerlegte. Denn als der Pädagoge Dieter Boßmann Lehrerinnen und Lehrer aller Schulstufen in der gesamten Bundesrepublik dazu aufforderte, ihre Schülerinnen und Schüler aufschreiben zu lassen, was sie »über Adolf Hitler gehört« hätten, zeigte sich, dass viele von ihnen entweder gar nichts oder nur Falsches wussten.90

Noch besorgniserregender war der Neonazismus, der sich spätestens Ende der 1970er-Jahre kaum mehr ignorieren ließ und vielfach mit der »Hitler-Welle« in Verbindung gebracht wurde. »Jugendliche[n] unter den Trägern und Adressaten neonazistischer Gruppen wie als Konsumenten der ›Hitlerwelle‹« galt abermals das Hauptaugenmerk.91 Wie für die ZDF-Dokumentation »Verkaufsschlager Hitler?« (1978), die mit dem Besuch einer Hamburger Neonazi-Gruppierung endete, galten »Hitler-Welle« und Neonazismus für viele als zwei Seiten ein und derselben Medaille.92 Aufsehen erregte auch eine Sinus-Studie, die 1981 zu dem Ergebnis kam, dass 13 Prozent der westdeutschen Wahlbevölkerung ein geschlossen rechtsextremistisches Weltbild zeigten, wobei dieses weniger bei der stets besorgt beobachteten Jugend als bei älteren Deutschen anzutreffen sei.93 Noch Ende der 1980er-Jahre argumentierte Ian Kershaw, die »Hitler-Welle« habe zu einer offenen Glorifizierung Hitlers bei Rechtsextremen beigetragen.94

Viele der seit 1978 in rascher Folge erscheinenden Bücher über den Neonazismus werteten die »Hitler-Welle« als Kontext und begünstigenden Faktor.95 Ein 1979 von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft herausgegebener Sammelband über »Neofaschismus« etwa enthielt Beiträge über die »Hitler-Welle« (»Propaganda für Faschismus«) und Fests Hitler-Film (»Nazi-Lügen«).96 »Militante Neonazis machten sich lautstark bemerkbar, daneben drohte eine kommerziell kalkulierte ›Hitlerwelle‹ das Dritte Reich und seinen Erfinder wieder salonfähig zu machen« – so brachte auch der Historiker Wolfgang Benz beide Entwicklungen zusammen.97 Wie Benz waren viele Beobachter*innen der Meinung, dass die Allgegenwart Hitlers und des Nationalsozialismus in den Medien keine aufklärende oder immunisierende Wirkung habe, sondern als eine Art Einstiegsdroge fungiere, die Jugendliche an neonazistisches Gedankengut und entsprechende Gruppierungen heranführe.

Ähnlich wie bei der Debatte um »Nazi-Nostalgie« neigten viele Konservative auch bei diesem Thema zur Verharmlosung – mit fatalen Folgen. Franz Josef Strauß etwa spielte wiederholt die Gefahr herunter, die von terroristischen Gruppierungen wie der neonazistischen Wehrsportgruppe Hoffmann ausging.98 Sein Parteifreund Otto Regenspurger verstieg sich sogar zu der Behauptung, »die vereinzelten rechtsradikalen Umtriebe« seien »zum großen Teil von östlichen Geheimdiensten inszeniert« worden.99 Wie real und gefährlich der Rechtsterrorismus war, zeigte spätestens 1980 das Bombenattentat auf das Münchner Oktoberfest, bei dem 13 Menschen starben und über 200 zum Teil schwer verwundet wurden. Wenig später wurden der Verleger Shlomo Lewin und seine Lebensgefährtin ermordet. In beiden Fällen hatte der Täter Kontakte mit der Wehrsportgruppe Hoffmann unterhalten.100

Neben der Jugend schienen auch Mitglieder der Bundeswehr besonders anfällig zu sein, wie immer neue Skandale nahelegten. Da war zuerst der »Fall Rudel«, benannt nach dem Ex-Wehrmachtsoffizier und Alt-Nazi Hans-Ulrich Rudel, dessen Teilnahme an einem Bundeswehr-Traditionstreffen zum Rücktritt zweier beteiligter Luftwaffengeneräle führte.101 Für Empörung sorgte dann ein Vorfall an der Bundeswehrhochschule München 1977, wo einige Offiziersanwärter an einer symbolischen Judenverbrennung teilnahmen, bei der sie das Wort »Jude« auf einen Zettel schrieben und diesen ins Feuer warfen, während sie »Sieg Heil« riefen und das NS-Kampflied »Die Fahne hoch« sangen.102 Als diese Vorfälle trotz Vertuschungsversuchen an die Öffentlichkeit gelangten, musste sich die Bundeswehr – und mit ihr die Bundesrepublik – fragen lassen, wie sie mit ihrer Vergangenheit umging und welche Werte sie der Jugend vermittelte.

Die größte Welle aber schlug die Kappler-Affäre. Als NS-Polizeichef in Rom war Herbert Kappler nicht nur für die Deportation von rund 2.000 Juden verantwortlich gewesen, sondern auch mitschuldig am Massaker in den Ardeatinischen Höhlen, wo die SS 1944 als Vergeltungsmaßnahme 335 italienische Zivilisten erschossen hatte. Bis 1977 saß er dafür in Italien im Gefängnis. Dann gelang ihm, bereits todkrank, mithilfe seiner Ehefrau eine spektakuläre Flucht nach Deutschland.103 Für die Bundesregierung, die sich jahrelang für die Freilassung Kapplers eingesetzt hatte, war der Vorfall höchst peinlich. Die internationale Presse diskutierte ausgiebig, ob die Deutschen aus ihrer Geschichte gelernt hätten. So musste sich die westdeutsche Politik – wie Ehmke in seiner Rede – Sorgen um das Ansehen im Ausland machen, zumal wenig später 700 Menschen zu Kapplers Beerdigung pilgerten.104 Und das war noch wenig im Vergleich zu den über 2.500 Personen, die 1981 an der Beerdigung von Karl Dönitz teilnahmen.105 Das »Heute Journal« vom 6. Januar 1981 widmete dem Ereignis ganze acht Minuten inklusive eines Interviews mit dem revisionistischen, neurechten Historiker Hellmut Diwald.106

Dass derartige Vorfälle, die noch zehn Jahre zuvor wohl kaum für ähnlichen Aufruhr gesorgt hätten, nun erregt debattiert wurden, lässt immerhin den Schluss zu, dass es mittlerweile eine größere Sensibilität für die NS-Vergangenheit und ihr Weiterwirken in der Bundesrepublik gab. Aber letztlich deckte die »Hitler-Welle« mehr zu als auf. Womöglich bedeutete sie gar einen Rückschritt hinter das in den 1960er-Jahren Erreichte.107 Dass die Linke die apologetischen Tendenzen der »Hitler-Welle« und ihre bedenklichsten Auswüchse kritisierte, darf umgekehrt nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie ihre eigenen Verdrängungsstrategien entwickelt hatte, indem sie den »Faschismus« zum Auswuchs des »Kapitalismus« erklärte und den Antisemitismus zum nebensächlichen Detail.108 Zudem darf nicht vergessen werden, dass der Antisemitismus gerade in jener Zeit bei der extremen Linken gedieh, bis hin zu terroristischen Anschlägen auf jüdische Einrichtungen.109 Und schließlich führte die Kritik an der »Hitler-Welle« weder zu einer Reflexion darüber, wie der Nationalsozialismus erforscht und erinnert werden sollte, noch hatte sie konkrete Folgen – einmal abgesehen davon, dass die Kultusministerkonferenz nach dem »Boßmann-Schock« dem Nationalsozialismus mehr Raum in den Lehrplänen gab.110

Auch die Geschichtswissenschaft kann sich im Rückblick kein gutes Zeugnis ausstellen. Im Mainstream der Zunft war das Interesse am Holocaust gering; »eher konstatiert als untersucht«, gehörte die Ermordung der europäischen Juden »bis Mitte der 80er Jahre nie zu den Forschungsschwerpunkten der deutschen Zeitgeschichte«.111 Raul Hilbergs klassische Darstellung, die auf Englisch bereits 1961 erschienen war, musste bis 1982 auf einen deutschen Verlag warten.112 Bundesrepublikanische Historiker kritisierten populäre Werke über Hitler und die NS-Vergangenheit. Selten jedoch fragten sie danach, was sie selbst getan hatten, jene Lücke zu füllen, in die nun die »Hitler-Welle« stieß.

Dass die Debatte um den Begriff der Nostalgie kreiste, mag von heute aus gesehen zunächst verwundern. Damals jedoch, vor dem Hintergrund der »Nostalgie-Welle«, drängte sich dieser Begriff förmlich auf. »Nostalgie-Welle«, das hieß nicht zuletzt Popularisierung, Medialisierung, Ästhetisierung und Kommerzialisierung von Geschichte, dieselben Prozesse also, die nun auch in Bezug auf den Nationalsozialismus wirksam wurden. Hinzu kam die politische Konnotation des Begriffs, die geradezu automatische Verbindung zum Konservatismus, der ihn für die Kritik von linker Seite attraktiv machte. Fraglich bleibt, inwiefern der Begriff, vage wie er war, die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit vorantrieb, oder ob es sich nicht eher um eine Scheindebatte handelte, in der es letztlich um ganz andere Dinge ging, sodass erneut ein Strich unter die Vergangenheit gezogen wurde.

4. Ausblick: Die »Hitler-Welle« heute

Auf die »Hitler-Orgie« der 1970er-Jahre folgte 1979 mit »Holocaust« der Schock. In der Folge wurden nun viele Fragen gestellt, die vorher mit Schweigen zugedeckt worden waren. Die Geschichtswissenschaft begann verstärkt, den Alltag unter dem Nationalsozialismus zu erforschen, wobei der Holocaust allerdings nach wie vor eher eine Nebenrolle spielte.113 Für den gesellschaftlichen Umgang mit dem Nationalsozialismus vielleicht noch wichtiger waren lokale Initiativen und Akteure, darunter die Geschichtswerkstätten und die neu eingerichteten Gedenkstätten, die die Erinnerung an die NS-Verbrechen in der jeweiligen Region wachhielten oder überhaupt erst ermöglichten.114

Kaum jedoch stand der Holocaust erstmals stärker im Zentrum des öffentlichen Interesses, ertönte auch schon die Klage, wie von Ernst Nolte, »daß im Nachhinein bloß die Stimme der Opfer vernehmbar war«.115 Die befürchteten »apologetischen Tendenzen in der deutschen Zeitgeschichtsschreibung« reizten Jürgen Habermas zu jenem Widerspruch, der 1986 den »Historikerstreit« auslöste.116 Dieser war der Debatte um die »Hitler-Welle« nicht unähnlich, insofern er weniger eine fachliche Kontroverse darstellte als eine politisch aufgeladene, von empirischer Forschung abgelöste Auseinandersetzung über die Bedeutung des Nationalsozialismus für die Gegenwart.

Wenn Eugen Kogon 1979 befürchtet hatte, die »Hitler-Welle« drohe »unseren Umgang mit dem historischen Nationalsozialismus [...] zu normalisieren«, schien genau dies einzutreten.117 Mit Schützenhilfe konservativer Historiker schickte sich die Bundesrepublik während der Kanzlerschaft Kohls an, ein »normaler Staat« werden zu wollen.118 Zu dieser Normalität gehörte auch die öffentliche Präsenz Hitlers, die nur noch dann für Aufmerksamkeit sorgte, wenn ein Buch oder Film ein besonderes Tabu verletzte oder neue Darstellungsformen fand. Selbst der Skandal um die angeblichen »Hitler-Tagebücher«, der nicht nur den auf Exklusivberichte versessenen Journalisten und leichtfertigen Gutachtern, sondern der gesamten Öffentlichkeit noch einmal den Spiegel vorhielt, änderte daran nichts.119 »Ohne Scham vor ihrer Geschichte«, empörte sich der Schriftsteller Jörg Fauser 1983, hätten die Medien wieder einmal Hitler groß rausgebracht, statt endlich »die Geschichte der Opfer zu schreiben«. Allmählich müssten sich die Deutschen damit vertraut machen, sich »auch wegen unserer Gegenwart zu schämen«.120 Das Faszinationsnarrativ verschwand ebenfalls nicht. Als Guido Knopp 1995 in einer Fernsehserie »Bilanz« über Hitler zog, hieß die erste Episode: »Der Verführer«.121

Im neuen Jahrtausend riss weder die Serie der Hitler-Biographien noch diejenige der Hitler-Filme ab: Auf den »Untergang« (2004, nach einem Buch von Joachim Fest) folgten »Speer und Er« (2005), »Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler« (2007), »Mein Kampf« und »Inglourious Basterds« (beide 2009), »Er ist wieder da« (Buch 2012, Film 2015) sowie »Jojo Rabbit« (2019). Unter dem Titel »So viel Hitler war selten« kartographierte der Journalist Daniel Erk 2012 die Omnipräsenz Hitlers in Popkultur, Medien und Werbung.122 »So viel Hitler war nie«, hatte schon 2005 der Historiker Norbert Frei beobachtet, wobei seiner Meinung nach die Konjunktur zum 60. Jahrestag des Kriegsendes sogar »alle Hitler-Wellen der vergangenen Dekaden flach erscheinen« ließ.123 Im Katalog einer großen Ausstellung des Deutschen Historischen Museums über das Verhältnis der Deutschen zu Hitler (2010) fragte Frei mit Verweis auf widersprüchliche Tendenzen der Geschichtskultur: »Heißt das, die Faszination für den ›Führer‹ und seine Entourage ist nach wie vor ungebrochen? Funktioniert die deutsche Psyche letztlich doch immer noch wie, sagen wir, in den 70er Jahren?« Damit stellte er auch das bisher Geleistete in Frage.124

Zudem erinnern einige jüngere Vorfälle auf geradezu gespenstische Weise an die 1970er-Jahre. Der Handel mit Nazi-Devotionalien blüht bis heute, und Rechtsextremismus in der Bundeswehr ist spätestens seit 2019 ein mediales Dauerthema, wobei nun auch die Polizei im Fokus steht.125 Vor allem zeigen die verschiedenen rechtsterroristischen Anschläge, dass die von Lutz Niethammer bereits 1981 beklagte »unstete Aufmerksamkeit« für den Neonazismus langfristige Folgen hatte, konnte dieser sich doch ungehindert weiter organisieren.126 Die 1970er-Jahre wirken damit aktueller denn je, wobei sich das Bild jener Dekade im Lichte heutiger Erfahrungen verschiebt: Lange vor allem mit der RAF und den Neuen Sozialen Bewegungen assoziiert, erscheint das Jahrzehnt rückblickend als Formierungsphase nicht nur des Konservatismus, sondern auch des Rechtsextremismus, als »schwarzes« eher denn als »rotes« Jahrzehnt – und insgesamt als eine Zeit politischer Polarisierung.127

Gleichzeitig lässt sich beobachten, wie neurechte Bewegungen und AfD an ältere Rechtfertigungs- und Verteidigungsnarrative anknüpfen und diese weiter radikalisieren. So beklagte Alexander Gauland 2008, damals noch CDU-Mitglied, dass ein Buch wie Fests Hitler-Biographie inzwischen »wohl nicht mehr geschrieben oder gar gedruckt werden« könne.128 Zehn Jahre später erklärte Gauland die NS-Zeit dann rundweg zum »Vogelschiss in über 1.000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte«.129 Als Björn Höcke 2017 eine »dämliche Bewältigungspolitik« verurteilte, bezog er sich ausdrücklich auf Franz Josef Strauß.130 Nicht groß erscheint demnach der Schritt von der konservativen Apologie der 1970er-Jahre zum neurechten Geschichtsrevisionismus der Gegenwart. Dabei geht es Gauland und anderen in der AfD nicht so sehr um die NS-Vergangenheit selbst, sondern um die Schlüsse, die nach 1945 aus ihr gezogen wurden.131 Die radikale Rechte attackiert, was bei allen Konflikten zuvor mühsam gefestigt wurde: den antinationalsozialistischen Gründungskonsens der Bundesrepublik und damit ihr Wertefundament. Angesichts dieses Revisionismus gilt es auch die bisherige »Aufarbeitung« der NS-Vergangenheit erneut auf den Prüfstand zu stellen.132


Anmerkungen:

1 Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 8. Wahlperiode, 46. Sitzung, 5.10.1977, S. 3497. Dieser Beitrag beruht auf Vorträgen am Institute for Advanced Studies des University College London und am Jena Center für Geschichte des 20. Jahrhunderts. Für ihre Kommentare zu früheren Versionen des Textes danke ich ganz herzlich Jacob Eder, Mary Fulbrook, Ulrich Herbert, Jan-Holger Kirsch, Stefanie Rauch, Sabine Stach, Martina Steber, Felix Wiedemann und Michael Wildt, für Recherchen in München und Berlin Katharina Troll und Felix Fuhg, für Einblick in die Akten des Frankfurter Kunstvereins Stefanie Spiegelhalder.

2 Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 8. Wahlperiode, 47. Sitzung, 6.10.1977, S. 3614.

3 Ebd., S. 3625.

4 Matthias N. Lorenz, Art. »Hitler-Welle«, in: ders./Torben Fischer (Hg.), Lexikon der »Vergangenheitsbewältigung« in Deutschland. Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945, 3., überarb. und erweiterte Aufl. Bielefeld 2015, S. 237-238.

5 Siehe etwa Peter Reichel, Vergangenheitsbewältigung in Deutschland. Die Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur von 1945 bis heute, 2., aktualisierte Aufl. München 2007; Robert G. Moeller, War Stories. The Search for a Usable Past in the Federal Republic of Germany, Berkeley 2001; Norbert Frei, Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit, München 1996; zum »Historikerstreit« siehe Klaus Große Kracht, Die zankende Zunft. Historische Kontroversen in Deutschland nach 1945, Göttingen 2005, S. 91-114.

6 Ulrich Herbert, Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, München 2014, S. 1016.

7 Siehe u.a. Habbo Knoch, Die Serie »Holocaust«. Geschichtsvermittlung als Fernsehunterhaltung, in: Indes 5 (2016) H. 1, S. 62-73; Frank Bösch, Versagen der Zeitgeschichtsforschung? Martin Broszat, die westdeutsche Geschichtswissenschaft und die Fernsehserie »Holocaust«, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 6 (2009), S. 477-482; ders., Film, NS-Vergangenheit und Geschichtswissenschaft. Von »Holocaust« zu »Der Untergang«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 55 (2007), S. 1-32; Christoph Classen (Hg.), Die Fernsehserie »Holocaust«. Rückblicke auf eine »betroffene Nation«. Beiträge und Materialien, in: zeitgeschichte | online, März 2004.

8 Anti-rétro. Entretien avec Michel Foucault, in: Cahiers du Cinéma 251-252 (1974), S. 5-15; Susan Sontag, Fascinating Fascism, in: New York Review of Books, 6.2.1975, S. 23-30; Saul Friedländer, Reflets du nazisme, Paris 1982, dt.: Kitsch und Tod. Der Widerschein des Nazismus. Aus dem Französischen von Michael Grendacher, München 1984; zum internationalen Kontext siehe auch Gavriel D. Rosenfeld, The Fourth Reich. The Specter of Nazism from World War II to the Present, Cambridge 2019, S. 191-240.

9 Hitler 73: »Grüße Ihres A.H.«, in: Spiegel, 2.4.1973, S. 38-44, hier S. 38, S. 39.

10 Springtime for Hitler, in: Newsweek, 30.4.1973, S. 16-17, hier S. 16.

11 Erich Fried, Die Halbwahrheiten über Hitler. Zur Hitlernostalgie der westlichen Welt, in: ders., Gedanken in und an Deutschland. Essays und Reden, hg. von Michael Lewin, Wien 1988 (zuerst in: Deutsche Volkszeitung, 9.8.1973), S. 57-63, hier S. 57, S. 58.

12 Günther Anders, Mein Judentum [1974], in: ders., Das Günther Anders Lesebuch, hg. von Bernhard Lassahn, Zürich 1984, S. 234-251, hier S. 234.

13 Heinrich Jaenecke, Wie tot ist Hitler? Nach 30 Jahren Frieden wird die Schreckensherrschaft der Nazis mehr und mehr verharmlost, in: stern, 15.-21.5.1975, S. 60-70, hier S. 64.

14 Günter Wallraff/Eckart Spoo, Nostalgie. Fünf Karikaturen, in: dies., Unser Faschismus nebenan. Griechenland gestern – ein Lehrstück für morgen, Köln 1975, S. 142-158, hier S. 142.

15 Heinrich Böll, Vorwort zu »Nacht über Deutschland«, in: ders., Essayistische Schriften und Reden, Bd. 3: 1973–1978, hg. von Bernd Balzer, Köln 1979 (zuerst in: Clément Moreau, Nacht über Deutschland, München 1976), S. 304-306, hier S. 304.

16 Karl Heinz Bohrer, Hitler, der Held der siebziger Jahre?, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.6.1977, S. 23.

17 Quick, 11.8.1977; L’Express, 22.8.1977; Paris Match, 26.8.1977; L’Europeo, 26.8.1977; Panorama, 30.8.1977; Spiegel, 15.8.1977; konkret, September 1977; Pardon, Oktober 1977; Bunte, 10.11.1977.

18 »Hitler ist der Star dieses Sommers«, in: Spiegel, 29.8.1977, S. 18.

19 Verkaufsschlager Hitler? Die Hitlerwelle und was sie bedeuten kann, ZDF, 10.1.1978, 39:45 Minuten.

20 Guido Knopp (Hg.), Hitler heute. Gespräche über ein deutsches Trauma, Aschaffenburg 1979, S. 17.

21 Siehe ebd., S. 192-228.

22 Siehe: Hitler. Liebe in Flandern, in: Spiegel, 9.11.1977, S. 127-134; Karl-Heinz Janßen, Viel Wirbel um den Hitler-Sohn, in: ZEIT, 4.11.1977; Günter Maschke, Was wären wir ohne diese Schuld? »Hitler heute« – Die Aschaffenburger Gespräche und Syberbergs Hitler-Film, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8.7.1978, S. 21; siehe auch Donald M. McKale, Hitler’s Children: A Study of Postwar Mythology, in: Journal of Popular Culture 15 (1981) H. 1, S. 46-55; zum Rückzug Broszats siehe Karl-Heinz Janßen, Wir – zwischen Jesus und Hitler, in: ZEIT, 7.7.1978; zu Maser siehe Martin Nissen, Historische Sachbücher – Historische Fachbücher: Der Fall Werner Maser, in: Barbara Korte/Sylvia Paletschek (Hg.), History Goes Pop. Zur Repräsentation von Geschichte in populären Medien und Genres, Bielefeld 2009, S. 103-119.

23 Knopp, Hitler heute (Anm. 20), S. 74; siehe auch David Irving, Hitler und seine Feldherren, Frankfurt a.M. 1975; Martin Broszat, Hitler und die Genesis der »Endlösung«. Aus Anlaß der Thesen von David Irving, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 25 (1977), S. 739-775.

24 Siehe Knopp, Hitler heute (Anm. 20), S. 94-104.

25 Siehe ebd., S. 9f.

26 Ebd., S. 196.

27 Eugen Kogon, Der Neonazismus in Bedrängnis und Angriff, in: Frankfurter Hefte 34 (1979) H. 3, S. 2-4, hier S. 2.

28 Siehe Matthias Schmidt, Albert Speer. Das Ende eines Mythos – Speers wahre Rolle im Dritten Reich, München 1982; Isabell Trommer, Rechtfertigung und Entlastung. Albert Speer in der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt a.M. 2016; Wolfgang Schroeter, Albert Speer. Aufstieg und Fall eines Mythos, Paderborn 2019.

29 Walter Kempowski (Hg.), Haben Sie Hitler gesehen? Deutsche Antworten. Nachwort von Sebastian Haffner, München 1973.

30 Ebd., S. 33, S. 41, S. 47, S. 69, S. 73.

31 Ebd., S. 20, S. 30.

32 Billy Frick, in: Spiegel, 15.10.1973, S. 214; siehe auch: Hitler-Happening, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.10.1973, S. 21.

33 Siehe Heinrich Schwendemann, Zwischen Abscheu und Faszination. Joachim C. Fests Hitler-Biographie als populäre Vergangenheitsbewältigung, in: Jürgen Danyel/Jan-Holger Kirsch/Martin Sabrow (Hg.), 50 Klassiker der Zeitgeschichte, Göttingen 2007, S. 127-131, und die in Anm. 28 genannte Literatur.

34 Schwendemann, Zwischen Abscheu und Faszination (Anm. 33).

35 Ebd., S. 128.

36 Joachim C. Fest, Hitler. Eine Biographie, Frankfurt a.M. 1973, S. 1039.

37 Siehe z.B. Karl Dietrich Bracher, Hitler – Die deutsche Revolution. Zu Joachim Fests Interpretation eines Phänomens, in: ZEIT, 19.10.1973; Eberhard Jäckel, Rückblick auf die sogenannte Hitler-Welle, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 28 (1977), S. 695-710, hier S. 708; siehe auch Schwendemann, Zwischen Abscheu und Faszination (Anm. 33).

38 Hermann Graml, Probleme einer Hitler-Biographie. Kritische Anmerkungen zu Joachim C. Fest, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 22 (1974), S. 76-92, hier S. 89.

39 Siehe etwa John Toland, Adolf Hitler. Die Geschichte des Mannes, der sich »Führer« nannte, in: Quick, 4.8.1977, S. 22-33, und 11.8.1977, S. 29-36. Als Überblicke siehe Rudolph Binion, Foam on the Hitler Wave, in: Journal of Modern History 46 (1974), S. 522-528; Jäckel, Rückblick auf die sogenannte Hitler-Welle (Anm. 37); Gitta Sereny, Facing up to the new ›Hitlerwave‹ in Germany, in: New Statesman, 19.5.1978, S. 666-669; Martin Broszat, Probleme der Hitler-Forschung [1980], in: ders., Nach Hitler. Der schwierige Umgang mit unserer Geschichte, hg. von Hermann Graml und Klaus-Dietmar Henke, München 1987, S. 57-67; William Carr, Historians and the Hitler Phenomenon, in: German Life and Letters 34 (1980/81), S. 260-272; Annette Eversberg, Nach der Hitler-Welle. Überlegungen zu einer wünschenswerten wissenschaftlichen Hitler-Biographie, in: Geschichte in Köln 9 (1981), S. 108-120.

40 Siehe dazu Hans W. Gatzke, Hitler and Psychohistory, in: American Historical Review 78 (1973), S. 394-401; José Brunner, Humanizing Hitler: Psychohistory and the Making of a Monster, in: Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte 32 (2004), S. 148-172.

41 Sebastian Haffner, Anmerkungen zu Hitler, München 1978, S. 184, S. 204.

42 Jäckel, Rückblick auf die sogenannte Hitler-Welle (Anm. 37), S. 697.

43 Siehe ebd., sowie: »Mal was Nettes über die Nazi-Zeit«, in: Spiegel, 5.12.1977, S. 214-220; Fritz Krause, Die Zeitschrift »Das III. Reich«: Ihr Anspruch und die Wirklichkeit, in: Marxistische Blätter 13 (1975) H. 3, S. 50-56; Gerhard Schneider, Geschichte durch die Hintertür. Triviale und populärwissenschaftliche Literatur über den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 29 (1979) H. 6, S. 3-25, hier S. 19-24.

44 Siehe Marion Gräfin Dönhoff, Was bedeutet die Hitlerwelle? Ein Phänomen, gegen das wir uns nicht wehren können, in: ZEIT, 2.9.1977; Karl-Heinz Janßen, Das Geschäft mit Hitler, in: ZEIT, 28.4.1978; Schneider, Geschichte durch die Hintertür (Anm. 43), S. 24.

45 Siehe Rainer Rutz, Signal. Eine deutsche Auslandsillustrierte als Propagandainstrument im Zweiten Weltkrieg, Essen 2007, S. 393-416.

47 »Mal was Nettes über die Nazi-Zeit« (Anm. 43), S. 218, S. 220. Zuerst berichtet über die Firma hatte Dietmar Polaczek, Mit deutschem Gruß, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.3.1977, S. 23.

48 »Mal was Nettes über die Nazi-Zeit« (Anm. 43), S. 220.

49 »Mal was Nettes über die Nazi-Zeit« (Anm. 43), S. 215.

50 Schalen, Leuchter und Humpen, in: ZEIT, 11.10.1974; siehe auch die Akten im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, Staatsgemäldesammlungen, Ü0001-Ü0004, Ü0043-0045.

51 Siehe Stefan Koldehoff, Die Bilder sind unter uns. Das Geschäft mit der NS-Raubkunst, Köln 2009, S. 224-227; Meike Hopp, Kunsthandel im Nationalsozialismus. Adolf Weinmüller in München und Wien, Köln 2012.

52 Auktionen: Görings silberner Humpen, in: Spiegel, 28.10.1974, S. 183; Schalen, Leuchter und Humpen (Anm. 50).

53 Ebd.

54 Zit. nach Wallraff/Spoo, Nostalgie (Anm. 14), S. 143.

55 Presseerklärung und Einladung zur Pressekonferenz der Ausstellung »Kunst im 3. Reich. Dokumente der Unterwerfung«, Archiv Frankfurter Kunstverein. Siehe auch den begleitenden Katalog: Georg Bussmann (Red.), Kunst im 3. Reich. Dokumente der Unterwerfung, Frankfurt a.M. 1974.

56 NS-Kunst – Ende der Berührungsangst, in: Spiegel, 12.8.1974, S. 86-88, hier S. 86; Gottfried Sello, Pinsel-Faschismus. Umstrittene Ausstellung in Frankfurt, in: ZEIT, 18.10.1974; Eduard Beaucamp, Die Willfährigen und der Widerstand, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.2.1977, S. 21; Laszlo Glozer, Gestern verdrängt, heute verharmlost: Die deutschen dreißiger Jahre im Münchner Haus der Kunst, in: Süddeutsche Zeitung, 12.3.1977, S. 97; siehe auch Manuela Hoelterhoff, Documents of Oppression, in: Artforum 14 (1975) H. 4, S. 55-62.

57 Georg Bussmann an Willy Kutz und Willi Höhn, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten, 24.9.1974, Archiv Frankfurter Kunstverein.

58 Haus der Kunst München (Hg.), Die dreißiger Jahre. Schauplatz Deutschland, München 1977.

59 Vgl. Frank Bösch, Das ›Dritte Reich‹ ferngesehen. Geschichtsvermittlung in der historischen Dokumentation, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 50 (1999), S. 204-220; Christoph Classen, Bilder der Vergangenheit. Die Zeit des Nationalsozialismus im Fernsehen der Bundesrepublik Deutschland 1955–1965, Köln 1999; Christiane Fritsche, Vergangenheitsbewältigung im Fernsehen. Westdeutsche Filme über den Nationalsozialismus in den 1950er und 60er Jahren, München 2003; Wulf Kansteiner, Populäres Geschichtsfernsehen vor »Holocaust«. Die Darstellung des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges in drei Erfolgssendungen des ZDF, in: Historical Social Research/Historische Sozialforschung 30 (2005) H. 4, S. 53-73.

60 Siehe etwa Jacqueline Remy, Hitler Superstar, in: L’Express, 22.8.1977, S. 52-54; Claudio Lazzaro, Arriva Hitler superstar, in: L’Europeo, 26.8.1977, S. 43-47.

62 Zit. in: Heinz Höhne, Faszination des Demagogen, in: Spiegel, 27.6.1977, S. 155-156, hier S. 156.

63 Hannes Heer, »Hitler war’s«. Die Befreiung der Deutschen von ihrer Vergangenheit, Berlin 2005, S. 59.

64 Jörg Berlin u.a. (Hg.), Was verschweigt Fest? Analysen und Dokumente zum Hitler-Film von J.C. Fest, Köln 1978, S. 7.

65 Rainer Geißler, Junge Deutsche und Hitler. Eine empirische Studie zur historisch-politischen Sozialisation, Stuttgart 1981, S. 100.

66 Ebd., S. 102.

67 Ebd., S. 103.

68 Vgl. Klaus Eder (Hg.), Syberbergs Hitler-Film, München 1980 (mit Übersetzungen ausländischer Texte, u.a. von Susan Sontag).

69 Saul Friedländer, Wohin die Erinnerung führt. Mein Leben. Aus dem Englischen übersetzt von Ruth Keen und Erhard Stölting, München 2016, S. 220 (dortige Hervorhebung); siehe auch ders., Kitsch und Tod (Anm. 8); dazu Hanno Loewy, Faszination und Widerschein des Nazismus. Saul Friedländers Einreden, in: Danyel/Kirsch/Sabrow, 50 Klassiker der Zeitgeschichte (Anm. 33), S. 158-161; sowie Peter Reichel, »Das sieht nach viel Blut aus«, in: Spiegel, 24.9.1984, S. 116-120. Syberbergs Nationalismus und Antisemitismus wurde erst in den 1990er-Jahren bekannt; siehe Hans-Joachim Hahn, Art. »Syberberg-Debatte«, in: Fischer/Lorenz, Lexikon der »Vergangenheitsbewältigung« (Anm. 4), S. 232-234.

70 Broszat, Probleme der Hitler-Forschung (Anm. 39), S. 59.

72 Broszat, Probleme der Hitler-Forschung (Anm. 39), S. 60.

73 Siehe u.a. Jörg Osterloh/Clemens Vollnhals (Hg.), NS-Prozesse und deutsche Öffentlichkeit. Besatzungszeit, frühe Bundesrepublik und DDR, Göttingen 2011. Zur Verjährungsfrage siehe Reichel, Vergangenheitsbewältigung (Anm. 5), S. 182-198.

74 Siehe Tobias Becker, Rückkehr der Geschichte? Die Nostalgie-Welle in den 1970er und 80er Jahren, in: Fernando Esposito (Hg.), Zeitenwandel. Transformationen geschichtlicher Zeitlichkeit nach dem Boom, Göttingen 2017, S. 93-117; ders., The Meanings of Nostalgia: Genealogy and Critique, in: History and Theory 57 (2018), S. 234-250.

75 Dönhoff, Was bedeutet die Hitlerwelle? (Anm. 44); Janßen, Das Geschäft mit Hitler (Anm. 44); Knopp, Hitler heute (Anm. 20), S. 9; Heinz-Werner Höffken/Martin J. Sattler, Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Die »alte«, die »neue« Rechte und der Neonazismus, Hamburg 1978, S. 43; Claus Heinrich Meyer, Warum wird Hitler ausgegraben? Analyse einer Nostalgie, in: Süddeutsche Zeitung, 18.8.1973, Feuilleton-Beilage, S. 1-2; ders., Die Veredelung Hitlers: Das Dritte Reich als Markenartikel, in: Wolfgang Benz (Hg.), Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Voraussetzungen, Zusammenhänge, Wirkungen, Frankfurt a.M. 1984, S. 45-67.

76 Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 8. Wahlperiode, 61. Sitzung, 8.12.1977, S. 4678 (Staatssekretär Klaus Bölling, Chef des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung).

77 Das Motiv erschien als Poster, Postkarte und Aufkleber in einer Auflage von rund 190.000 Exemplaren; siehe auch Klaus Staeck/Dieter Adelmann, Die Kunst findet nicht im Saale statt. Politische Plakate, Reinbek bei Hamburg 1976, S. 123.

78 »Das haben die glänzend pariert«, in: Spiegel, 14.2.1983, S. 24-32, hier S. 29.

79 Siehe Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 8. Wahlperiode, 46. Sitzung, 5.10.1977, S. 3483-3485.

80 Ebd., S. 3496.

81 Iring Fetscher in: Knopp, Hitler heute (Anm. 20), S. 135; siehe auch Thomas Mergel, Zeit des Streits. Die siebziger Jahre in der Bundesrepublik als eine Periode des Konflikts, in: Michael Wildt (Hg.), Geschichte denken. Perspektiven auf die Geschichtsschreibung heute, Göttingen 2014, S. 224-243.

82 Vgl. Frank Bösch, Die Krise als Chance. Die Neuformierung der Christdemokraten in den siebziger Jahren, in: Konrad H. Jarausch (Hg.), Das Ende der Zuversicht? Die siebziger Jahre als Geschichte, Göttingen 2008, S. 296-309; Martina Steber, Die Hüter der Begriffe. Politische Sprachen des Konservativen in Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland, 1945–1980, Berlin 2017.

83 Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 8. Wahlperiode, 47. Sitzung, 6.10.1977, S. 3614.

84 Horst Krüger, Hitlers Wiederkehr. Eine Mode, NS-Nostalgie oder mehr?, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.5.1973, S. 22.

85 Joachim Fest, Thinking about Hitler, in: Encounter 45 (1975) H. 3, S. 81-87, hier S. 81.

86 Elisabeth Noelle/Erich Peter Neumann (Hg.), Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1968–1973, Allensbach 1974, S. 209.

87 Elisabeth Noelle-Neumann/Edgar Piel (Hg.), Allensbacher Jahrbuch der Demoskopie 1978–1983, München 1983, S. 191; Elisabeth Noelle-Neumann (Hg.), Allensbacher Jahrbuch der Demoskopie 1974–1976, Wien 1976, S. 66.

88 Lutz Niethammer, Nach dem Dritten Reich ein neuer Faschismus? Zum Wandel der rechtsextremen Szene in der Geschichte der Bundesrepublik, in: ders., Deutschland danach. Postfaschistische Gesellschaft und nationales Gedächtnis, hg. von Ulrich Herbert u.a., Bonn 1999, S. 59-73, hier S. 69 (zuerst in: Paul Lersch [Hg.], Die verkannte Gefahr. Rechtsradikalismus in der Bundesrepublik, Reinbek bei Hamburg 1981).

89 Siehe z.B. Alvin H. Rosenfeld, Imagining Hitler, Bloomington 1985, S. xviii; Binion, Foam on the Hitler Wave (Anm. 39), S. 522.

90 Dieter Boßmann (Hg.), »Was ich über Adolf Hitler gehört habe...«. Folgen eines Tabus: Auszüge aus Schüler-Aufsätzen von heute, Frankfurt a.M. 1977; siehe auch: »Hitler kam von ganz alleine an die Macht«, in: Spiegel, 15.8.1977, S. 38-49; zum Hintergrund siehe Thomas Sandkühler, NS-Propaganda und historisches Lernen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 65 (2015) H. 43-45, S. 39-45.

91 Bernd Weber, Zur Aufklärung über Neonazismus und »Hitlerwelle« – Materialien, in: Anneliese Mannzmann (Hg.), Hitlerwelle und historische Fakten. Mit einer Literaturübersicht und einer Materialsammlung zum Neonazismus, Königstein im Taunus 1979, S. 105-179, hier S. 105.

92 Siehe auch Jaenecke, Wie tot ist Hitler? (Anm. 13); Schneider, Geschichte durch die Hintertür (Anm. 43), S. 23.

93 Siehe Martin Greiffenhagen, 5 Millionen Deutsche: »Wir sollten wieder einen Führer haben«. Die SINUS-Studie über rechtsextremistische Einstellungen bei den Deutschen, Reinbek bei Hamburg 1981.

94 Ian Kershaw, The ›Hitler Myth‹. Image and Reality in the Third Reich, Oxford 1989, S. 267.

95 Siehe z.B. Henryk M. Broder, Deutschland erwacht. Die neuen Nazis. Aktionen und Provokationen, Bornheim-Merten 1978; Höffken/Sattler, Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland (Anm. 75); Jürgen Pomorin, Die Neonazis und wie man sie bekämpfen kann, Dortmund 1978; Gerhard Paul/Bernhard Schoßig (Hg.), Jugend und Neofaschismus. Provokation oder Identifikation, Frankfurt a.M. 1979; Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (Hg.), Neofaschismus. Die Rechten im Aufwind, Berlin 1979; Werner Habermehl, Sind die Deutschen faschistoid? Ergebnisse einer empirischen Untersuchung über die Verbreitung rechter und rechtsextremer Ideologien in der BRD, Hamburg 1979; Alwin Meyer/Karl-Klaus Rabe, Phantomdemokraten oder Die alltägliche Gegenwart der Vergangenheit. 34 bundesdeutsche Reaktionen. Ein Lesebuch, Reinbek bei Hamburg 1979; Hans-Dieter Bamberg, Gefährdung unserer Demokratie von rechts. Die Feinde in Gesellschaft und Staat, Hannover 1980; Hartmut Herb/Jan Peters/Mathis Thesen, Der neue Rechtsextremismus. Fakten und Trends, Lohra-Rodenhausen 1980; Lersch, Die verkannte Gefahr (Anm. 88).

96 Harald Budde, Propaganda für Faschismus, in: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Neofaschismus (Anm. 95), S. 38-41; Malte Ludin, Nazi-Lügen verbreitet. Zum Film »Hitler – Eine Karriere«, in: ebd., S. 45-51.

97 Wolfgang Benz, Vorwort, in: ders., Rechtsextremismus in der Bundesrepublik (Anm. 75), S. 7-9, hier S. 8.

98 Siehe Wolfgang Jäger, Die Innenpolitik der sozial-liberalen Koalition 1974–1982, in: ders./Werner Link, Republik im Wandel 1974–1982. Die Ära Schmidt. Mit einem abschließenden Essay von Joachim C. Fest, Stuttgart 1987, S. 9-272, hier S. 88.

99 Otto Regenspurger, Gefährliche Gespensterbeschwörung. Die SPD und die Bewältigung der braunen Vergangenheit, in: Deutschland-Union-Pressedienst, 28.4.1978; zit. nach Weber, Zur Aufklärung über Neonazismus und »Hitlerwelle« (Anm. 91), S. 168.

100 Siehe Olaf Sundermeyer, Rechter Terror in Deutschland. Eine Geschichte der Gewalt, München 2012, S. 21-47; Ulrich Chaussy, Das Oktoberfest-Attentat und der Doppelmord von Erlangen, 4., überarb. Aufl. Berlin 2020; Barbara Manthe, On the Pathway to Violence: West German Right-Wing Terrorism in the 1970s, in: Terrorism and Political Violence 33 (2021), S. 49-70; bald auch: Uffa Jensen, Ein antisemitischer Doppelmord. Die vergessene Geschichte des Rechtsterrorismus in der Bundesrepublik, Berlin 2022.

101 Alte Kameraden, in: Spiegel, 1.11.1976, S. 61-63; Hans-Joachim Löser, Trotz herber Kritik: Vertrauen zu Leber, in: ZEIT, 21.1.1977; Michael Hereth, Der Fall Rudel oder Die Hoffähigkeit der Nazi-Diktatur. Protokoll einer Bundestagsdebatte, Reinbek bei Hamburg 1977; Daniel Schilling, Die Rudel-Affäre 1976. Genese, Wirkung und Folgen eines politischen Skandals, Berlin 2020.

102 Skandal um Leutnants, in: Süddeutsche Zeitung, 30.9.1977; Höffken/Sattler, Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland (Anm. 75), S. 5; Werner Bergmann, Antisemitismus in öffentlichen Konflikten. Kollektives Lernen in der politischen Kultur der Bundesrepublik 1949–1989, Frankfurt a.M. 1997, S. 328-347.

103 Siehe Felix Bohr, Flucht aus Rom. Das spektakuläre Ende des »Falles Kappler« im August 1977, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 60 (2012), S. 111-141; ders., Die Kriegsverbrecherlobby. Bundesdeutsche Hilfe für im Ausland inhaftierte NS-Täter, Berlin 2018.

104 Siehe Höffken/Sattler, Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland (Anm. 75), S. 46.

105 Wolfgang Becker, Hitlers Admiral »auf Grund gelegt«, in: Spiegel, 12.1.1981, S. 34; John Vincur, War Veterans Come to Bury Dönitz, in: New York Times, 7.1.1981, S. A2.

106 ZDF Heute Journal, 6.1.1981, URL: <https://www.youtube.com/watch?v=GMYURCiX0KI>.

107 Bernd Weber, »Hitlerwelle« und historisch-politischer Unterricht. Phänomene – Ursachen – Konsequenzen, in: Frankfurter Hefte 34 (1979) H. 3, S. 21-30, hier S. 24.

108 Ulrich Herbert, Vernichtungspolitik. Neue Antworten und Fragen zur Geschichte des »Holocaust«, in: ders. (Hg.), Nationalsozialistische Vernichtungspolitik. Neue Forschungen und Kontroversen, Frankfurt a.M. 1998, S. 9-66, hier S. 15; Nicolas Berg, Der Holocaust und die westdeutschen Historiker. Erforschung und Erinnerung, Göttingen 2004, S. 434-465; Christina von Hodenberg, Das andere Achtundsechzig. Gesellschaftsgeschichte einer Revolte, München 2018, S. 76, siehe auch dort S. 45-76.

109 Siehe Jeffrey Herf, Undeclared Wars with Israel. East Germany and the West German Far Left, 1967–1989, Cambridge 2016; Andreas Musolff, Hitler’s Children Revisited. West German Terrorism and the Problem of Coming to Terms with the Nazi Past, in: Terrorism and Political Violence 23 (2010/11), S. 60-71; Wolfgang Kraushaar, Die Bombe im Jüdischen Gemeindehaus, Hamburg 2005.

110 Siehe Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik (Hg.), Zur Auseinandersetzung mit dem Holocaust in der Schule. Ein Beitrag zur Information von Länderseite, Bonn 1997, S. 23.

111 Herbert, Vernichtungspolitik (Anm. 108), S. 15; siehe auch Berg, Der Holocaust und die westdeutschen Historiker (Anm. 108).

112 Siehe René Schlott (Hg.), Raul Hilberg und die Holocaust-Historiographie (= Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus Bd. 35), Göttingen 2019; ders., Ablehnung und Anerkennung. Raul Hilberg und das Institut für Zeitgeschichte, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 69 (2021), S. 85-119.

113 Martin Broszat u.a. (Hg.), Bayern in der NS-Zeit, 6 Bde., München 1977–1983; Lutz Niethammer (Hg.), Lebensgeschichte und Sozialkultur im Ruhrgebiet 1930–1960, Bd. 1: »Die Jahre weiß man nicht, wo man die heute hinsetzen soll«. Faschismuserfahrungen im Ruhrgebiet, Berlin 1983.

114 Siehe Habbo Knoch, Gedenkstätten, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 11.9.2018; ders., Geschichte in Gedenkstätten. Theorie – Praxis – Berufsfelder, Tübingen 2020.

115 Ernst Nolte, Zwischen Geschichtslegende und Revisionismus? Das Dritte Reich im Blickwinkel des Jahres 1980, in: »Historikerstreit«. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung, München 1987, S. 13-35, hier S. 15 (eine frühere Version erschien unter dem Titel »Die negative Lebendigkeit des Dritten Reiches. Eine Frage aus dem Blickwinkel des Jahres 1980« zuerst in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.7.1980).

116 Jürgen Habermas, Eine Art Schadensabwicklung. Die apologetischen Tendenzen in der deutschen Zeitgeschichtsschreibung, in: »Historikerstreit« (Anm. 115), S. 62-76 (zuerst in: ZEIT, 11.7.1986). Siehe dazu Große Kracht, Die zankende Zunft (Anm. 5), S. 91-114.

117 Kogon, Der Neonazismus in Bedrängnis und Angriff (Anm. 27).

118 Siehe Christian Wicke, Helmut Kohl’s Quest for Normality. His Representation of the German Nation and Himself, New York 2015; Jacob Eder, Holocaust Angst. The Federal Republic of Germany and American Holocaust Memory since the 1970s, New York 2016, dt.: Holocaust-Angst. Die Bundesrepublik, die USA und die Erinnerung an den Judenmord seit den siebziger Jahren. Aus dem Englischen übersetzt von Jörn Pinnow, Göttingen 2020.

119 Siehe Dietmar Süß, »Hochkonjunktur für Scheinheilige«. Der Skandal um die »Hitler-Tagebücher« und der Umgang mit der NS-Vergangenheit in den 1980er Jahren, in: Tim Schanetzky u.a. (Hg.), Demokratisierung der Deutschen. Errungenschaften und Anfechtungen eines Projekts, Göttingen 2020, S. 220-237.

120 Jörg Fauser, Hitler, wer sonst?, in: ders., Der Strand der Städte. Gesammelte journalistische Arbeiten 1959–1987. Mit einem Vorwort von Matthias Penzel und einem Gespräch mit Werner Mathes. Herausgegeben von Alexander Wewerka, Berlin 2009, S. 770-773, hier S. 773 (zuerst in: tip, November 1983).

121 Siehe das Begleitbuch: Guido Knopp, Hitler. Eine Bilanz, Berlin 1995, S. 31-90.

122 Daniel Erk, So viel Hitler war selten. Die Banalisierung des Bösen oder Warum der Mann mit dem kleinen Bart nicht totzukriegen ist, München 2012; siehe auch Gavriel D. Rosenfeld, Hi Hitler! How the Nazi Past is Being Normalized in Contemporary Culture, Cambridge 2015.

123 Norbert Frei, 1945 und wir. Das Dritte Reich im Bewußtsein der Deutschen, München 2005, S. 7.

124 Ders., Führerbilderwechsel. Hitler und die Deutschen nach 1945, in: Hans-Ulrich Thamer/Simone Erpel (Hg. im Auftrag der Stiftung Deutsches Historisches Museum), Hitler und die Deutschen. Volksgemeinschaft und Verbrechen, Dresden 2010, S. 142-147, hier S. 142.

125 Siehe Tom Schimmeck, Panzer, Pferde, Patrioten. Der unheimliche Reiz von Nazi-Kitsch, in: Deutschlandfunk Kultur, 21.6.2019 (Wdh. einer Sendung vom 20.5.2016); Dirk Laabs, Staatsfeinde in Uniform. Wie militante Rechte unsere Institutionen unterwandern, Berlin 2021; Aiko Kempen, Auf dem rechten Weg? Rassisten und Neonazis in der deutschen Polizei, München 2021.

126 Siehe Imke Schmincke (Hg.), NSU-Terror. Ermittlungen am rechten Abgrund. Ereignis, Kontexte, Diskurse, Bielefeld 2013; Andrea Röpke/Andreas Speit (Hg.), Blut und Ehre. Geschichte und Gegenwart rechter Gewalt in Deutschland, Berlin 2013; Sybille Steinbacher (Hg.), Rechte Gewalt in Deutschland. Zum Umgang mit dem Rechtsextremismus in Gesellschaft, Politik und Justiz, Göttingen 2016; Winfried Nerdinger (Hg.), Nie wieder. Schon wieder. Immer noch. Rechtsextremismus in Deutschland seit 1945, Berlin 2017; Armin Pfahl-Traughber, Rechtsextremismus in Deutschland. Eine kritische Bestandsaufnahme, Wiesbaden 2019; Matthias Quent, Rassismus, Radikalisierung, Rechtsterrorismus. Wie der NSU entstand und was er über die Gesellschaft verrät, Weinheim 2016, 2., überarb. und erweiterte Aufl. 2019; Tanjev Schultz (Hg.), Auf dem rechten Auge blind? Rechtsextremismus in Deutschland, Stuttgart 2021.

127 Siehe Massimiliano Livi/Daniel Schmidt/Michael Sturm (Hg.), Die 1970er Jahre als schwarzes Jahrzehnt. Politisierung und Mobilisierung zwischen christlicher Demokratie und extremer Rechter, Frankfurt a.M. 2010; Mergel, Zeit des Streits (Anm. 81).

128 Alexander Gauland, Fixiert auf das Niewieder, in: Tagesspiegel, 14.7.2008. Die Behauptung war abwegig: Das schon bei seinem Erscheinen dem Forschungsstand nicht genügende Buch wurde zuletzt 2002 wiederaufgelegt und ist bis heute im Buchhandel erhältlich.

129 Gauland: Hitler nur »Vogelschiss« in deutscher Geschichte, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2.6.2018.

131 Siehe Henry Bernhard, Die Zukunft der Vergangenheit. Erinnerungskultur in Zeiten des Rechts­populismus, in: Deutschlandfunk, 8.5.2019; Martin Steinhagen, Identitätspolitik mit dem »Vogelschiss«. Über den Geschichtsrevisionismus bei der AfD, in: Meron Mendel (Hg.), Wie die Rechten die Geschichte umdeuten. Geschichtsrevisionismus und Antisemitismus, Frankfurt a.M. 2020, S. 8-13.

132 Siehe Norbert Frei u.a., Zur rechten Zeit. Wider die Rückkehr des Nationalismus, Berlin 2019.

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