1. „… for a safe and secure society“. Das Star-Wars-Imperium
2. Hitler als Affenwesen, der US-Präsident als dunkler Ritter „Darth Vader“. Zitate und Gegenwartsbezüge in Star Wars
3. Space Opera zwischen Science Fiction und Fantasy-Film
4. Das George-Lucas-Imperium
Es herrscht Bürgerkrieg, Bürokratie und Korruption lähmen die Regierung, das Parlament ergeht sich in endlosen Debatten - dies ist die Situation, in der sich die Demokratie selbst den Todesstoß versetzt: Sie ruft nach einem starken Mann. Damit beginnt der Aufstieg eines Politikers zur Herrschaft über das Imperium in der Star-Wars-Galaxis. „Um weiterhin allgemeine Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten, wird die Republik umgestaltet werden, und zwar zum ersten galaktischen Imperium zum Wohle und Nutzen einer stabilen und sicheren Gesellschaft“, erklärt der künftige Diktator, während sich die Kamera öffnet und den Blick auf eine unüberschaubare Masse begeistert zustimmender Parlamentarier freigibt. Nur sehr leise gibt es auch eine kritische Stimme zu hören: „So geht die Freiheit zu Grunde mit donnerndem Applaus.“ Die imperiale Machtübernahme steht im Mittelpunkt der Handlung des Star-Wars-Films „Die Rache der Sith“, der im Mai 2005 als sechster und letzter Film der Serie in die Kinos kam.
Schon auf den ersten Blick erinnert die Handlung an die nationalsozialistische „Machtergreifung“, und je näher man hinsieht, umso mehr Parallelen zeigen sich. Der Star-Wars-Kanzler Palpatine präsentiert sich - ähnlich wie Hitler - als starker Mann, der in einer parlamentarischen Republik, die zwischen rivalisierenden Kräften zerrieben wird, politische Entscheidungen herbeiführen kann. Er nutzt demokratische Institutionen für eine „legale“ Machteroberung, indem er die Beendigung einer Bürgerkriegssituation in Aussicht stellt, die er zuvor selbst ausgelöst hat. Die Ähnlichkeiten setzen sich fort, als Palpatine eine Art „Ermächtigungsgesetz“ vorstellt, das vom Senat mehrheitlich begeistert begrüßt wird. Auch Palpatine lässt - wie Hitler - nach seiner Machtübernahme nicht nur die politischen Gegner verfolgen und ermorden, sondern zugleich seine ehemaligen Verbündeten aus der „Kampfzeit“: Hier fällt der Bezug zum „Röhmputsch“ deutlich ins Auge.
Wie ein roter Faden zieht sich die Parallelisierung des Imperiums mit dem nationalsozialistischen Regime durch die Star-Wars-Filme. Zwar werden die historischen Zusammenhänge stark simplifiziert dargestellt. Die vielschichtigen Ursachen der politischen Krise der Weimarer Republik kann man kaum wiederfinden, und die häufigen Regierungswechsel im Vorfeld der NS-„Machtergreifung“ kommen gar nicht vor. Aber obgleich die Vergangenheitsbezüge auf ein fast parabelhaftes Extrakt reduziert sind, geht der Film über bloß ästhetische Zitate hinaus, wie sie auch viele andere Filme verwenden, um die „Bösen“ als solche zu kennzeichnen. Im neuesten Film der Serie sticht ins Auge, dass die Bildsprache NS-Zitate geradezu vermeidet: Der Star-Wars-Diktator Palpatine sieht Hitler nicht ähnlich, die politischen Entscheidungen fallen im parlamentarischen Versammlungsraum eines futuristischen Gebäudes, das kaum optische Assoziationen an konkrete Szenen der jüngeren deutschen Geschichte weckt. Der Film schildert die Ereignisse ohne eine Kontextualisierung auf der Bildebene. Regisseur und Drehbuchautor George Lucas erklärte bei der Präsentation auf dem Filmfestival in Cannes, es sei ihm darum gegangen, allgemein die Gefahr zu verdeutlichen, dass eine Demokratie mit Zustimmung des Volkes in eine Diktatur verwandelt werden könne. Lucas dachte dabei nicht nur an Hitler, sondern auch an Cäsar und Napoleon.1 Der Film will mithin eine historische Erfahrung verfremdet vermitteln, indem er sie in die Fantasieumgebung der Star-Wars-Galaxis projiziert.
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Der Kanzler verkündet im Senat die Abschaffung der Republik und leitet
die Herrschaft des Imperiums ein.
(Star Wars, Episode III: Die Rache der Sith; Lucasfilm Ltd. & TM.
Alle Rechte vorbehalten)
In seiner Bildsprache hat der Film eigene Elemente, die auf die Charakteristik der nationalsozialistischen Herrschaft hinweisen. Die Figur des schwarzen Ritters Darth Vader - eine Ikone des Bösen der Star-Wars-Filme - kann beispielsweise in dieser Hinsicht als Symbol interpretiert werden. Nach schwerer Verwundung erhält Darth Vader die charakteristische Gesichtsmaske mit dem lauten Atemgeräusch. Die Veränderung steht bildhaft für die Verformung von Gesellschaften unter faschistischen Regimen: „So even when he’s horribly savaged from the fight and it’s not clear if he’ll live, he’s reborn as this Frankenstein monster. Sidious [= der Imperator] then realizes Vader will be an even greater asset because his humanity has been mechanized, which is exactly what happens to people when they are seduced by Fascism.“2
Darth Vader
(Star Wars, Episode V: Das Imperium schlägt zurück; Lucasfilm Ltd. & TM.
Alle Rechte vorbehalten)
In diesem Artikel soll zunächst untersucht werden, welche Züge die imperiale Herrschaft in der Star-Wars-Galaxis trägt. Ist es in erster Linie eine Diktatur, oder waren imperiale Elemente auch schon während der republikanischen Zeit erkennbar? Steht das Imperium als Chiffre für „das Böse“, oder gibt es differenzierende Zwischentöne? Aufschlussreich sind auch die historischen und aktuellen Bezüge, die sich auf der Bildebene und in der Handlung finden. Sie sollen in einem zweiten Abschnitt näher betrachtet werden (im Vordergrund stehen dabei zeithistorische Bezüge). Drittens ist zu fragen, wie die „Space Opera“ als Mischform zwischen den Genres Science Fiction und Gründungsmythos einzuordnen ist. Regisseur und Produzent George Lucas hat mit Star Wars eine Serie geschaffen, die die Kinowelt nachhaltig verändert hat. Die Kombination aus mythischer Erzählung, futuristischer Ästhetik und neuer Filmtechnik hat ein Millionenpublikum in den Bann gezogen. Star Wars ist nicht zuletzt auch eine kommerzielle Erfolgsgeschichte. Abschließend geht es in diesem Beitrag daher um die einflussreiche Rolle von Lucas und seinen Produktionsfirmen in der Filmwelt, die inzwischen weit über Star Wars hinausreicht.
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1. „… for a safe and secure society“. Das Star-Wars-Imperium
Was ist das nun für ein Imperium, das in der Star-Wars-Galaxis errichtet wird? Um diese Frage zu beantworten, ist ein Blick auf die anderen Filme der Serie hilfreich, die zeitlich nach der imperialen „Machtergreifung“ spielen, denn dort präsentiert sich das Star-Wars-Imperium in seiner entfalteten Form.
Zunächst verspricht die imperiale Machtübernahme die Lösung drängender Probleme: Die Republik war unregierbar geworden. Der republikanische Senat konnte die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen seinen Mitgliedern nicht lösen, weil die vorgesehenen Verfahren eine grundsätzliche Kooperationsbereitschaft der Betroffenen voraussetzten - hier sind Anspielungen auf die UN-Vollversammlung unverkennbar. Kam der Senat doch einmal zu Beschlüssen, so stellte sich das nächste Problem: Es fehlte ein Exekutivorgan, um diese durchzusetzen. Erst die Schaffung einer republikanischen „Klon-Armee“ bot Abhilfe. Diese Armee war aber zugleich Quelle der Gefahr, denn sie stellte sich bald auf die Seite des Imperiums, als es die Durchsetzung von Sicherheit und Stabilität und damit Frieden versprach. Es war also nicht eine äußere Bedrohung, die die Mitglieder der Republik überzeugte, den Imperator zu unterstützen. Vielmehr führte die Handlungsunfähigkeit der demokratischen Institutionen zur Einsetzung eines Diktators, der die innere Lähmung zu überwinden versprach. Was sich die Senatsmitglieder erhofften, war eine Restabilisierung der demokratischen Institutionen unter einer machtvollen lenkenden Hand. Was sie bekamen, war eine Diktatur. Wie dagegen ein demokratisches Imperium ausgesehen hätte, wird im Film nicht deutlich. Die bürgerkriegsartige Übergangsphase enthält noch keine Elemente imperialer Herrschaft, sondern ist ganz durch die bilateralen Konflikte und deren Unlösbarkeit bestimmt. Der Film lässt keinen Raum für eine positive Alternative zur imperialen Diktatur.
Frieden und Ordnung - dies ist die zentrale Mission, mit der das Imperium seine Mitglieder binden will. Damit sind zwei zentrale Legitimationsmotive angesprochen, mit denen Imperien seit der Antike ihre Herrschaft rechtfertigten. Aber der Film stellt auch klar: Der Frieden ist teuer erkauft. Die Freiheit ist aus dem Wertekanon verschwunden. Anfangs fällt das noch nicht auf, denn viele Welten unterstützen das Imperium freiwillig. Der imperiale Machthaber beginnt aber sofort damit, mögliche Gegner - darunter auch Kinder und gutgläubige Anhänger - durch Verfolgungsmaßnahmen einzuschüchtern und massiv zu bekämpfen. Das Imperium entpuppt sich als Terrorregime. Symbol dafür sind die „Todessterne“: Vernichtungswaffen, die ganze Planeten auslöschen können.
Das Imperium ist keine Meta-Ordnung der Staatenwelt, sondern es löst die ursprünglichen Staaten auf und zielt darauf ab, die Gesellschaften totalitär zu durchdringen. So verlieren die Welten ihre Autonomie. Während sie zuvor Vertreter ihrer Wahl in den Senat entsenden konnten, setzt das Imperium nun regionale Machthaber ein, die die militärische Kontrolle ausüben. Bezeichnend dafür ist, dass der Kanzler Palpatine nicht als Repräsentant einer Welt die Macht an sich zieht, sondern als Einzelperson. Die imperiale Herrschaft ist allein auf ihn ausgerichtet, das neue Führungspersonal ihm persönlich zugeordnet. Über die Auswirkungen der imperialen Herrschaft im gesellschaftlichen Leben, in Handel und Kultur geben die Filme wenig Auskunft. Sie schildern vorwiegend die militaristische Seite der Herrschaft.
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Abb. oben: Imperiale Sturmtruppen (Star Wars, Episode IV: Eine neue Hoffnung)
Abb. unten: Kampfgruppe der Rebellen (Star Wars, Episode V: Das Imperium schlägt zurück; Lucasfilm Ltd. & TM. Alle Rechte vorbehalten)
In der Frage der inneren Herrschaftsorganisation bleiben die Star-Wars-Filme also eher unscharf. Deutlicher zeigen sich die imperialistischen Charakteristika an den Außengrenzen. Das Imperium umfasst - zumindest dem Anspruch nach - die ganze Star-Wars-Galaxis. Es gibt keine anderen, ver-gleichbaren Machtzentren. Nur an den Rändern existieren Zonen, die das Imperium nicht vollständig beherrscht. In ihnen gedeihen nicht nur Kriminalität und Schmuggel, sondern es gibt auch Freiräume für Individualität und alternative Wertesysteme. In der Bildsprache der Star-Wars-Filme zeigt sich dies darin, dass in den Randzonen eine bunte Mischung von außerirdischen Wesen lebt, während die Führungsclique um den Imperator fast ausschließlich aus Menschen besteht. Auf die Ausfransungen an den Rändern reagiert das Imperium mit verschärfter Kontrolle. Hier findet sich keine Spur von konstruktiven Einbindungsversuchen oder gegenseitiger Annäherung im Zeichen gemeinsamer Interessen. Das Imperium zeigt seinen repressiven Charakter in aller Deutlichkeit. Es reagiert auf Herausforderungen durch starren Druck und scheitert am Ende mit dieser Strategie.
Die Gruppe der „Rebellen“, die das Imperium bekämpfen, ist nur lose zusammengeschlossen. Die lockere Organisationsform spiegelt den hohen Wert der Individualität und verschafft der Widerstandsgruppe zugleich strategische Vorteile: Es ist die Beweglichkeit und autonome Entscheidungsfähigkeit ihrer Mitglieder, die sie den streng hierarchisch geführten und bisweilen tölpelhaft wirkenden imperialen „Sturmtruppen“ überlegen macht. Die Widerstandskämpfer bilden eine elitäre Gruppe, die nicht etwa durch Gesinnung, Verdienst oder Wahl, sondern vor allem aufgrund ihrer aristokratischen Abstammung legitimiert sind. Ob sie am Ende eine demokratische Ordnung anstreben, bleibt ungewiss. Dagegen wird das Imperium als meritokratische, auf den Imperator orientierte Militärordnung mit relativ transparenten Organisationsstrukturen dargestellt. Solche ambivalenten Aspekte spielen aber in den Star-Wars-Filmen keine Rolle. Vielmehr steht die moralische Überlegenheit der Rebellen außer Frage - sie ist nicht zuletzt durch die transzendentale „helle Seite der Macht“ von vornherein positiv definiert. Das Imperium hingegen erscheint als „dunkle“ Schreckensherrschaft, und die Botschaft ist klar: Ein solches Imperium muss bekämpft werden. Selbst der jüngste Film, der schildert, dass die galaktischen Welten anfangs mehrheitlich die Machtübernahme des Imperiums unterstützen, lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass dieses Verhalten ein folgenreicher Fehler ist. So differenziert die imperiale Machtübernahme dargestellt wird, so eindimensional entwickelt sich das Imperium weiter. Der sofortige Beginn des Staatsterrors wischt alle Uneindeutigkeit hinweg.
2. Hitler als Affenwesen, der US-Präsident als dunkler Ritter „Darth Vader“. Zitate und Gegenwartsbezüge in Star Wars
Star Wars spielt in einer Fantasy-Welt, die vielfach den Eindruck erweckt, als sei sie frei erfunden, um die Stimmung der Szenen zu unterstützen. Umso deutlicher fallen markante Bildzitate ins Auge, insbesondere wenn sie auf den Nationalsozialismus verweisen. Am auffälligsten ist sicherlich die Schlussszene der Episode IV, die eine bekannte Einstellung von Leni Riefenstahl aus ihrem Film „Triumph des Willens“ aufnimmt. Riefenstahls Propagandafilm über den NSDAP-Parteitag des Jahres 1934 zeigt in einer Szene Hitler und zwei weitere Naziführer, die zwischen streng geordneten Menschenspalieren hindurch den Weg zum Ehrendenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs gehen. Lucas greift diese Einstellung auf: Drei Rebellenanführer schreiten hier durch ein Spalier von Soldaten, die in gerader Reihe stehen. Im Hintergrund sind vertikale Lichtelemente zu sehen, die die großen Hakenkreuzfahnen in Riefenstahls Film optisch ersetzen.3 Der Film bedient sich hier nicht etwa unreflektiert der ästhetischen Mittel der NS-Propaganda. Bei genauerer Betrachtung fällt eine markante ironisierende Verfälschung des Zitats ins Auge: In der optischen Zentralposition, wo in Riefenstahls Komposition Hitler steht, befindet sich im Star-Wars-Film das affenartige Wesen Chewbacca. Die Scheinwerfer in Form eines zum Himmel reichenden „Lichtdoms“ setzten die Macher des Star-Wars-Films aber ein, um, wie sie selbst feststellten, die Widerstandskämpfer in würdevollem Ambiente erscheinen zu lassen.4 Hier ist wenig von ironischer Distanz zu spüren, und es ist nicht die einzige Stelle, die ästhetische Strategien der nationalsozialistischen Propaganda aufnimmt. Auch die monumentale Ästhetik einiger Bauwerke im jüngsten Star-Wars-Film erinnert in gewissem Maße an faschistische Baustile.
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Die Schlussszene aus dem Film „Eine neue Hoffnung“ ist an eine Einstellung aus Leni Riefenstahls „Triumph des Willens“ angelehnt.
(Star Wars, Episode IV; Lucasfilm Ltd. & TM. Alle Rechte vorbehalten)
In Episode I befremdet der auffällige Einsatz rassistischer Klischeebilder. In diesem Film gibt es den Schrotthändler Watto, ein überdimensionales Insektenwesen mit einer Hakennase, das gegenüber dem Einfluss der Jedi immun ist. Als Kind ist der spätere Held Anakin Skywalker Sklave von Watto. Das äußerliche Erscheinungsbild des Händlers erinnert recht deutlich an antisemitische Hetzbilder im „Stürmer“, und der jiddische Akzent in der englischen Originalfassung unterstreicht diesen Eindruck noch. Watto steht in einer Reihe mit anderen extrem klischeehaften Figuren dieser Star-Wars-Folge. Zu nennen sind besonders die viel kritisierte Gestalt des Jar Jar Binks - ein kindlich-naives, schlaksiges Amphibien-Wesen im Hippielook, das mit einem eindeutigen jamaikanischen Immigranten-Akzent Englisch spricht - und die Vertreter der republikfeindlichen Handelsföderation, die durch ihre nasenlose Physiognomie und einen näselnden französischen Akzent rücksichtslos und arrogant wirken sollen.
Im aktuellen Film „Die Rache der Sith“ finden sich - neben den eingangs geschilderten Bezügen zur NS-Geschichte - vor allem Anspielungen auf die gegenwärtige Situation in den USA. „Wer nicht mein Freund ist, ist mein Feind“, sagt Anakin als Kämpfer der „dunklen Seite“ zu seinem Jedi-Lehrer -ein Satz, der an eine ähnliche Formulierung von George W. Bush im Rahmen der Terrorbekämpfung erinnert. So gedeutet würde der US-Präsident mit dem obersten Diener des diktatorischen Imperiums gleichgesetzt. Zwar gehört der Satz schon länger zu den Topoi der politischen Rede, doch spricht der Kontext der Szene dafür, dass der Gegenwartsbezug zumindest mitgedacht werden kann. Die ganze Handlung des Films ist in einem Weltbild angesiedelt, in dem Angst und Verschwörungstheorien vorherrschen - was der Stimmung in den USA nach dem 11. September 2001 nicht unähnlich ist. Das brennende Gebäude des Jedi-Tempels gegen Ende des Films kann als ikonographische Zitation des Anschlags auf das World Trade Center interpretiert werden, und den Anführer der republikfeindlichen Droiden-Armee im Film kann man als Osama bin Laden deuten. Eine solche Sicht setzt allerdings eine ganz bestimmte Vorstellung von der Organisation des Terrorismus voraus: Die Film-Terroristen gehorchen nämlich den Anweisungen des Kanzlers und späteren Diktators, der sich offiziell als Bekämpfer des Terrorismus ausgibt. Im Film spielt Palpatine also ein doppeltes Spiel: Er stiftet die Terroristen selbst an, um mit der Bekämpfung des Terrorismus einen Vorwand für den Ausbau seiner Machtposition zu haben.
Auch die früheren Star-Wars-Filme griffen Begebenheiten der jeweiligen Entstehungszeit auf. Ein Beispiel hierfür sind die Umstände, unter denen Palpatine zum Kanzler wurde (Episode I, 1999): Als eine Handelsföderation einen Planeten überfällt, wendet sich die vertriebene Monarchin hilfesuchend an den Senat. Dieser erweist sich jedoch als handlungsschwach, was vor allem den „Bürokraten“ und der herrschenden Korruption zugeschrieben wird, die schnelle, zupackende Entscheidungen hinauszögern und verhindern. In dieser Situation erreicht es Palpatine, dass er als Vertreter moralischer Prinzipien zur Überwindung der Stagnation eingesetzt wird. Er fädelt ein Misstrauensvotum gegen den amtierenden Kanzler ein, durch das er selbst neuer Kanzler wird. Das Verfahren, insbesondere die Berufung auf die moralische Stärke, erinnert an die Kampagne zur Absetzung des US-Präsidenten Bill Clinton.
George Lucas selbst hat aktuelle Bezüge in den Star-Wars-Filmen meist abgestritten, zumindest für die drei neueren Folgen, die seit 1999 in die Kinos gekommen sind. Er betonte, dass er das ganze Skript schon in den 1970er-Jahren im Bewusstsein einer Anti-Vietnam-Krieg-Stimmung geschrieben habe. Wenn vieles heute als aktuelle Anspielung erscheine, sei das für ihn ein Beleg, dass „the parallels between what we did in Vietnam and what we’re doing in Iraq now are unbelievable“.5 Ob nun bewusst oder unbewusst eingefügt - die gegenwartsbezogenen Verweise sind kaum zu übersehen.
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3. Space Opera zwischen Science Fiction und Fantasy-Film
Der Teil „Die Rache der Sith“ schließt als Episode III eine Lücke in der Mitte der Star-Wars-Serie. Vermarktungsstrategisch geschickt hatte der Regisseur, Produzent und Drehbuchautor George Lucas die Reihe 1977 mit Episode IV starten lassen. Die Episoden V und VI folgten 1980 und 1983. Nach einer langen Pause kamen dann als so genannte „Prequels“ die Episoden I (1999), II (2002) und III (2005) in die Kinos. Der Inhalt von „Die Rache der Sith“ spielt also in der Mitte der Serie, und der Film hält sich auch nicht lange mit der Einführung von Personen oder Begriffen auf. Er greift vielmehr sofort eine große Zahl vorangegangener und nachfolgender Erzählstränge auf; der Zuschauer wird unmittelbar in eine schnelllebige Handlung hineingeworfen. Zwar ist die Star-Wars-Welt nicht mit dem komplexen Gedankengebäude von anderen Fantasy-Geschichten wie beispielsweise „Der Herr der Ringe“ zu vergleichen, aber ohne Vorwissen fällt die Orientierung in der Geschichte nicht leicht. Auch die für die Filme charakteristische Texttafel zu Beginn, die Informationen zur Startsituation geben soll, hilft nicht viel weiter, denn Sätze wie „Es gibt Helden auf beiden Seiten“ oder „Das Böse ist allgegenwärtig“ erhellen die Zusammenhänge kaum.
Uneingeweihten, die den Begriff „Sith“ nicht sofort einordnen können, erschließt sich beispielsweise erst mit der Zeit, dass die „Sith-Lords“ immer als Paar auftreten, den Namenszusatz „Darth“ tragen und in dem Film die „Bösen“ sind. Die Vertreter der „Guten“ heißen „Jedi“, von ihnen gibt es eine größere Zahl, und ihre Meister sind in einem politisch einflussreichen „Rat“ zusammengeschlossen. Erst wenn man diese Konstellation kennt, die allen Star-Wars-Filmen zugrunde liegt, entschlüsselt sich die Botschaft des neuesten Films: Die Figuren changieren zwischen „gut“ und „böse“, sind nicht klar zuzuordnen bzw. wechseln die Seiten (wie der Protagonist Anakin Skywalker). Das Imperium übernimmt die Macht in einer Zeit der Uneindeutigkeit.
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Der Kampf zwischen „gut“ und „böse“ wird auf drei Ebenen ausgetragen: Sith und Jedi kämpfen erstens um eine transzendentale „Macht“, die das Schicksal der Menschen (und Außerirdischen) lenkt und ausgewählten Wesen besondere Fähigkeiten, kämpferische Stärke und Weisheit verleiht. Während die Jedi-Ritter als Vertreter der „hellen Seite“ ihre „Macht“ in den Dienst der demokratischen Gesellschaft stellen, nutzen die Sith-Lords als Vertreter der „dunklen Seite“ ihre Fähigkeiten zur Erweiterung ihrer persönlichen Machtposition. In „Die Rache der Sith“ gewinnen die Sith die Übermacht, die ihnen die Rebellen erst in Episode VI wieder abringen. Auf einer zweiten Ebene handelt der Film davon, wie sich eine galaktische Welten-Republik in ein diktatorisches Regime verwandelt.
Drittens erzählt Star Wars die Lebensgeschichte eines „Auserwählten“. Die messianische Gestalt - einst unbefleckt empfangen und mit einer einzigartig großen Menge an „Macht“ ausgestattet - ist der Jedi-Ritter Anakin Skywalker, der sich der „dunklen Seite der Macht“ zuwendet und zum Sith-Lord mit dem Namen „Darth Vader“ mutiert. „Die Rache der Sith“ entwickelt ein Psychogramm des Helden Anakin, in dem deutlich wird, dass er sich für die „dunkle Seite“ entscheidet, um seiner schwangeren Frau das Leben zu retten, was - entsprechend dem Schema des tragischen Helden - nicht gelingt. Ein glückliches Ende durfte der Film auch nicht nehmen, weil in späteren Folgen die beiden Zwillinge und Halbwaisen als Rebellen unwissentlich ihren eigenen Vater bekämpfen, und diese Folgen sind - wie gesagt - schon seit über 20 Jahren abgedreht.
Galaktische Welten stehen miteinander im Krieg, außerirdische Lebensformen bevölkern fremde Planeten, unbekannte Zukunftstechnologien prägen den Alltag - auf den ersten Blick könnte man Star Wars für Science Fiction halten. Dem hat der Regisseur und Drehbuchautor George Lucas von Anfang an widersprochen. „Star wars [...] is not science fiction, it is space opera“, erklärte er bereits 1976.6 Dieser Hinweis ist mehr als eine bloße Vermarktungsstrategie. Obwohl die narrativen Mittel des Genres benutzt werden, kann die Star-Wars-Saga nur sehr begrenzt dem Science-Fiction-Bereich zugerechnet werden. Lucas hat die Geschichte nicht als Fortschreibung der gegenwärtigen Situation in eine Zukunft konzipiert, sondern streng aus Elementen einer archaisch-mythischen Erzählung aufgebaut.7 In vieler Hinsicht trägt Star Wars daher weniger die Züge einer Zukunftsvision als diejenigen eines filmisch erzählten Gründungsmythos, der in einer vergangenen Welt spielt. Daraus erklärt sich ein nicht unerheblicher Teil der Popularität der Serie in den Vereinigten Staaten, denn die Star-Wars-Saga ersetzte die bis dahin in den Kinos vorherrschenden amerikanischen Western. Es war die besondere Kombination aus mythischer Erzählung und futuristischer Technologie, dargeboten in einer filmtechnisch neuartigen Perfektion, die den ästhetischen Zeitgeist traf und das Kinopublikum faszinierte.
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Star Wars ist bisher die erfolgreichste Kinofilm-Serie überhaupt. Die Star-Wars-Filme erlebten seit der ersten Folge von 1977 einen beispiellosen weltweiten Siegeszug, der die Kinokultur inhaltlich, technisch und wirtschaftlich nachhaltig verändert hat. Dass Star Wars einmal ein Welterfolg werden würde, war zu Beginn der Serie nicht abzusehen. Als der Regisseur und Drehbuchautor George Lucas Mitte der 1970er-Jahre seine Idee für „Krieg der Sterne“ entwickelte, schien das Thema wenig Chancen auf dem Kinomarkt zu haben. Die meisten Hollywood-Studios lehnten Lucas’ Vorschläge ab, obwohl er mit „American Graffiti“ kurz zuvor einen eindrucksvollen Low-Budget-Film gedreht hatte. Aber in der Zeit von Watergate, Wirtschaftskrise und Vietnam-Krieg hatten vor allem sozialkritische Filme Konjunktur, die aktuelle Fragen der amerikanischen Gesellschaft aufnahmen. Einem (vermeintlichen) Science-Fiction- und Kriegsfilm räumten Produzenten und Kritiker dagegen kaum Erfolgsmöglichkeiten ein.
Die 20th-Century-Fox-Studios, die Lucas schließlich unter Vertrag nahmen, vereinbarten mit ihm ein unter diesen Umständen rentabel erscheinendes Geschäft: Das Honorar für den Regisseur war sehr niedrig; dafür ließ man Lucas die Rechte an Star Wars und Merchandising-Produkten. Lucas selbst gibt an, er habe den späteren Erfolg der Merchandising-Produkte damals nicht geahnt. „Ich habe geglaubt, dass ich vielleicht ein paar T-Shirts und Poster verkaufen kann. Das erste Spielzeug kam erst ein Jahr nach dem Film auf den Markt“, erklärte er rückblickend im Jahr 2002.8 Inzwischen haben die Einnahmen aus dem Merchandising-Geschäft die Gewinne aus den Kinokarten weit übertroffen. Das „Forbes Magazine“ schätzt die Einnahmen aus Merchandising bei Star Wars auf insgesamt 20 Milliarden Dollar. Lucas hat auf diese Weise ein Vermögen angesammelt, das ihn nicht zuletzt von Hollywood unabhängig machte. Er gründete seine eigene Produktionsfirma, die alle Star-Wars-Filme seit der zweiten Folge realisiert hat.
Über die Inhalte der Filme hinaus hat sich eine Fülle von Comics, Romanen und Computerspielen entwickelt, die die Star-Wars-Geschichte ergänzen und fortschreiben. Die Firma Lucasfilm kontrolliert diese Publikationen und erlaubt Autoren die Benutzung der Star-Wars-Charaktere unter der Bedingung, dass damit kein Geld verdient wird. Eines der ambitioniertesten Beispiele für das „Expanded Universe“ ist der 47 Minuten lange Spielfilm „Revelations“ aus dem Jahr 2005, der gemäß den Bedingungen von George Lucas zum Nulltarif produziert wurde und kostenlos im Internet verfügbar ist (https://www.youtube.com/watch?v=TDxZkHCq4Tk).
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Daneben bildet die Vermarktung von filmtechnischen Erfindungen ein zweites wirtschaftliches Standbein der Erfolgsstory. Die Innovationen wurden nicht nur zu Ikonen der Filmgeschichte - wie beispielsweise die Lichtschwertduelle oder die animierte Puppenfigur Yoda -, sondern verschafften ihrem Erfinder Lucas auch lukrative Aufträge. Er gründete das Trickfilmstudio „Pixar“ (inzwischen verkauft), das Computeranimationen verwirklichte, er schuf - und verkaufte - mit „THX“ eine neue Klangtechnik für Kinos und gründete die Firma „Industrial Light and Magic“ (ILM), die Spezialeffekte realisiert. ILM arbeitet nicht nur für Star Wars, sondern war an 8 der 10 umsatzstärksten Filme der Kinogeschichte beteiligt - die Firma produzierte beispielsweise auch die Dinosaurier in „Jurassic Park“.
Es waren aber nicht nur die Fanartikel und technischen Neuerungen, die die Star-Wars-Filme zum Erfolg machten. Entgegen allen Erwartungen wurde Star Wars zum Kassenschlager. Der Begriff „Blockbuster“ für erfolgreiche Kinofilme geht auf die Warteschlangen zurück, die sich beim Start 1977 vor den Kinokassen um die Häuserblocks bildeten. Die weiteren Teile konnten an diesen Erfolg anknüpfen. Das lag vor allem daran, dass die neuen Folgen im Gegensatz zu anderen Kinoserien nicht den Plot des ersten Films variierten, sondern aufeinander aufbauten und eine fortlaufende Erzählung entstehen ließen. Es gab von Anfang an ein durchgehendes Drehbuch. Von den ursprünglich geplanten neun Folgen realisierte Lucas bislang aber nur sechs. Der jüngste Film „Die Rache der Sith“, der im Mai 2005 in die Kinos kam, schaffte es sofort, sich in die Rekorderfolge der Star-Wars-Filme einzureihen. Bereits am Eröffnungstag spielte dieser Teil 50 Millionen Dollar ein und brach damit alle bisherigen Rekorde der Filmgeschichte. Vorläufige Bilanz der Kasseneinnahmen nach 21 Wochen Laufzeit in 115 Ländern: 848,5 Millionen Dollar. Allein in Deutschland haben mehr als 5,6 Millionen Besucher „Die Rache der Sith“ gesehen.9
Diese Erfolgsgeschichte relativiert sich allerdings, wenn man berücksichtigt, dass die Verleihfirma 20th-Century-Fox den Kinos mit dem Start der zweiten Staffel 1999 Bedingungen diktierte, die kaum ein Scheitern zuließen. So wurden andere Filmstarts verboten, „Die dunkle Bedrohung“ musste stets in den größten Kinosälen laufen, und die Kinos mussten sich zu einer langen Laufzeit für den Film verpflichten.10 Seit dem fünften Film („Angriff der Klonkrieger“, 2002) sind die Filme zudem vollständig digital produziert. Abgesehen von der technischen Bedeutung dieser Veränderung soll durch diese Umstellung langfristig das Distributionsverfahren über Verleihfirmen überflüssig gemacht werden. Der Produzent kann seinen Film dann direkt an die Kinos weitergeben. Mit den Verleihfirmen wird ein weiteres Marktregulierungselement aus dem Verfahren verschwinden, was von Beobachtern der Branche durchaus kritisiert wird.11 Auch das George-Lucas-Imperium dehnt sich aus - mit donnerndem Beifall eines millionenstarken Publikums.
1 http://usatoday30.usatoday.com/life/movies/news/2005-05-15-cannes-lucas_x.htm
2 Imperator-Darsteller Ian McDiarmid in einem Interview mit der Fanzeitschrift „Homing Beacon“ vom 26.5.2005.
3 (Anm. der Red.: Link nicht mehr verfügbar)
4 Anmerkung zum Drehbuch auf der von LucasArts herausgegebenen CD-ROM „Behind the Magic“.
5 http://www.cnn.com/2005/SHOWBIZ/Movies/05/16/cannes.starwars
6 George Lucas in einem Artikel der New York Times vom 12.9.1976, zit. nach Birgit Schwenger, Strategien des Ereigniskinos. „Star Wars“ als neues Erfolgskonzept Hollywoods, Bochum 1997, S. 58.
7 Er stützte sich beim Entwurf seines Drehbuchs stark auf das Buch von Johann Campbell, The Hero with a thousand faces, New York 1953.
8 „Eine neue aufregende Ära“, in: Spiegel, 13.5.2002, S. 199ff., hier S. 201 (Interview mit Lucas).
9 http://www.insidekino.com/DJahr/DAlltime100.htm
10 Vgl. Georg Seeßlen, Star Wars. Es war einmal in ferner Zukunft in Legoland, in: Freitag, 27.8.1999.
11 Ebd.