Kunst und Materie

Dinghistorische Perspektiven auf den internationalen Kunstmarkt im 20. Jahrhundert

  1. Kunst und Material im 20. Jahrhundert
  2. Konservierung und Restaurierung von Kunstwerken
  3. Mobilität von Kunstwerken
  4. Authentifizierung von Kunstwerken
  5. Fazit

Anmerkungen

Wie wirkte sich die Materialität von Kunstgegenständen auf den westeuropäischen und US-amerikanischen Kunstmarkt und seine Protagonisten im 20. Jahrhundert aus? Auf welche Weise prägten die materiellen Eigenschaften von Kunstwerken die Praktiken von Sammler_innen und Händler_innen, den Wert und die Verbreitung von Kunstwerken? Dieser Aufsatz untersucht, wie das sozioökonomische Feld des Kunstmarkts von der Materialität seiner Ware (mit)geformt wurde. Damit erweitert der Beitrag die Forschung zum Markt für Werke bildender Kunst, der in verschiedenen Wissenschaften jüngst zunehmend Beachtung erfahren hat, um eine bislang vernachlässigte Perspektive.[1]

Dass die Forschung der Materialität von Kunstgegenständen eher wenig Beachtung geschenkt hat, erklärt sich auch vor dem Hintergrund des Cultural Turn in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Diesem folgend begriffen insbesondere soziologische und ethnologische Ansätze Kunst als soziales Konstrukt, das nicht losgelöst von seinem soziokulturellen Kontext betrachtet werden könne.[2] Aus dieser Perspektive standen und stehen die symbolische Bedeutung und die gesellschaftlichen Funktionen von Kunst, die Instanzen ihrer Vermittlung und Beurteilung sowie die Kommunikations- und Aushandlungsprozesse zur Konstituierung ästhetischer Qualität im Mittelpunkt des Interesses.

Die ideelle Distanzierung der Kunst vom Materiellen ist jedoch nicht erst ein (etwas paradoxer) Effekt des Cultural Turn, sondern charakterisiert die Entwicklung des bürgerlichen Kunstverständnisses seit der Frühen Neuzeit, die im 19. Jahrhundert kulminierte. Die künstlerische Arbeit wurde nicht länger als handwerkliche, sondern als geistige Tätigkeit angesehen. Der gesellschaftliche Status von Kunstschaffenden erhöhte sich analog dazu signifikant – Handwerker wurden zu Künstlern, Techniker zu Genies erhoben. Mit dieser ideellen und sozialen Aufwertung der bildenden Kunst korrespondierte ein Wandel in der ökonomischen Bewertung von Kunstgegenständen. Ihr Preis orientierte sich nicht mehr vorrangig an den Ausgangskosten der verarbeiteten Materialien und dem handwerklichen Schwierigkeitsgrad der Arbeit,[3] sondern an der geistigen Leistung und ästhetischen Relevanz, die einem Künstler und seinem Werk beigemessen wurden. »Die Einschätzung der Kunstwerke verlagert sich vom Wert des verwendeten Materials (Gold, teure Blaus) plus Arbeitszeit wie beim Handwerk in das künstlerische Können.«[4] In diesem Zusammenhang verweigerte auch die akademische Kunstgeschichtsschreibung der »Materialität als zentralem Bestandteil einer ästhetischen Theorie der (Post-)Moderne« ihre Anerkennung und beschäftigt sich bis heute nur am Rande mit ihr.[5]

An der Peripherie des Kunstfeldes wurde die materielle Beschaffenheit von Kunstgegenständen seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert hingegen äußerst intensiv diskutiert – Triebfedern waren die zunehmende Sorge um das physische Überleben von Kunstwerken und der naturwissenschaftliche Fortschritt, der neue Methoden zur Materialanalyse und -konservierung bereitstellte. Grundlegend für diese Debatte war das moderne Kunstverständnis, das der Originalität und Authentizität von Kunstwerken eine überragende Bedeutung zuweist. Originale Kunstgegenstände gelten als unersetzlich. Kopierte, gefälschte und falsch zugeschriebene Werke laufen hingegen Gefahr, ihren künstlerischen und monetären Wert vollständig einzubüßen. Die dauerhafte Haltbarkeit bzw. Erhaltung und Echtheit von Werken der bildenden Kunst ist folglich auch für den Kunstmarkt ein entscheidender Faktor, der ihn zudem von anderen Märkten unterscheidet.

Ist das Werk echt?
Eine Besucherin der Biennale in Venedig 1962 will es genau wissen.
(bpk/Abisag Tüllmann)

Vor diesem Hintergrund rekonstruiert der Aufsatz die kontrovers geführte Debatte um die Langlebigkeit von Kunstwerken, die durch fortwährende technologische Innovationen im gesamten 20. Jahrhundert dynamisch blieb, und arbeitet darauf aufbauend systematisch drei zentrale Aspekte heraus, die für den Zusammenhang von Kunst, Materie und Wert bis heute aufschlussreich sind. Gefragt wird nach der Bedeutung der Konservierung und Restaurierung für den Kunstmarkt, die mit immer größerem organisatorischem und finanziellem Aufwand betrieben wurden und den dauerhaften Erhalt von Werken bildender Kunst gewährleisten sollten. Das Wissen um die Fragilität von Kunstgegenständen beeinflusste auch deren Mobilität, die sich im Zusammenhang mit technischen und infrastrukturellen Entwicklungen im 19. Jahrhundert enorm erhöhte. Mit der zunehmenden Beweglichkeit von Kunstgegenständen vernetzte sich der Kunsthandel inter- und transnational. Die Sorge vor Transportschäden stand dieser Entwicklung allerdings entgegen. Zu erörtern ist auch der Zusammenhang von Beweglichkeit und Sichtbarkeit; die Präsentation eines Kunstwerks, die nun nicht mehr an einen festen Ort gebunden war, galt als wichtiges Mittel zu seiner Popularisierung und Wertsteigerung. Seit die naturwissenschaftlichen Methoden zur Analyse von Kunstwerken Einblicke in die Technik eines Meisters und die von ihm verwendeten Materialien liefern konnten, entwickelten sie sich im 20. Jahrhundert auch zu einem zentralen Element bei der Authentifizierung. Naturwissenschaftliche Gutachten, die objektive Urteile über die Echtheit von Kunstgegenständen versprachen, konnten auf dem Kunstmarkt, wo zahllose gefälschte und falsch zugeschriebene Werke zirkulierten, Sicherheit generieren. Zugleich drohten sie die Menge anerkannter Originalware signifikant zu verknappen.

Auch wenn sich der ökonomische Wert von Kunstgegenständen im 20. Jahrhundert primär nach ästhetischen Kriterien richtete, zeigen die folgenden Ausführungen, dass die materiellen Eigenschaften von Kunstwerken weiterhin auf die Struktur des Kunstmarkts wirkten, die Aktivitäten von Sammler_innen und Händler_innen beeinflussten und für die Bewertung von Kunstgegenständen relevant blieben. Als Quellengrundlage dienen deutsche und internationale Kunstzeitschriften, vor allem solche, die sich den materiellen Eigenschaften von Kunstwerken in besonderem Maße widmeten. Ergänzend werden Archivdokumente der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und der Industriellenfamilie Thyssen herangezogen, die im 20. Jahrhundert international ausstrahlende Kunstsammlungen zusammentrug.[6]

1. Kunst und Material im 20. Jahrhundert

Verbunden mit dem zunehmenden Stellenwert künstlerischer Arbeit seit der Frühen Neuzeit sowie im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Differenzierung, Spezialisierung und Industrialisierung wandelte sich auch die Produktionsweise der Künstler, die sich von den handwerklichen Grundlagen ihrer Tätigkeit lösten. Noch in den Werkstätten der alten Meister war die Werkstoffkunde ein integraler Bestandteil der Ausbildung von Lehrlingen und Gesellen, die sich mit den Eigenschaften ihrer Materialien auseinandersetzen und deren Herstellung und Anwendung umfassend erlernen mussten. Auf den Lehrplänen der Kunstakademien, die sich im 17. und 18. Jahrhundert in Europa verbreiteten und die Künstlerwerkstatt als zentrale Ausbildungsstätte ablösten, fehlte die Unterweisung in den materiellen und technischen Grundlagen des Kunstschaffens hingegen, auch weil dies im Zuge der ideellen Aufwertung der Kunst nicht mehr angemessen erschien. Die Akademien empfanden es als »unter ihrer Würde«, sich »solch niedriger Pflichten« wie der Materialkunde zu widmen.[7] Damit lösten sie den Traditionszusammenhang der Künstlerwerkstätten, in denen Erfahrung und Wissen auch in Bezug auf die Materialien von Meistern zu Lehrlingen weitergereicht und weiterentwickelt wurden. Unter dem handwerklichen Niedergang in den bildenden Künsten litt die Qualität der verwendeten Materialien, denn den Fabrikanten, die für die Herstellung von Künstlerutensilien nun zuständig waren, fehlte es an Erfahrung und Know-how auf diesem Gebiet.[8] Zeitgenossen warfen der Industrie zudem vor, dass sie wegen der Konkurrenz und aus Profitgier bei der Produktion pfusche – neben europäischen drängten auch US-amerikanische Fabrikanten auf den internationalen Markt für Malmittel.[9]

Die Kunstsammlungen, die sich in Museen, Galerien und Kunstvereinsausstellungen im 19. Jahrhundert nach außen öffneten, machten die Problematik weithin sichtbar; sie legten besorgniserregende Mängel bei den jüngeren Werken offen, die aufgrund der minderwertigen Materialien in relativ kurzer Zeit zu verfallen drohten. Aufgrund des überragenden gesellschaftlichen Stellenwerts, der Kunstgegenständen inzwischen zukam, war dies alarmierend. Unbefriedigend musste es in einer Zeit des Fortschrittsdenkens zudem erscheinen, dass sich die Werke der alten Meister als wesentlich beständiger erwiesen, ihre Materialien also überlegen waren. In ganz Europa und den USA war dieses Thema ein Gegenstand anhaltender Diskussionen.[10] Die teils scharf geführte Debatte über Materialfragen nahm um die Jahrhundertwende kräftig Fahrt auf, blieb im allgemeinen Kunstdiskurs allerdings ein Randphänomen. In den diversen Kunstzeitschriften, wo primär ästhetische Fragen und Meinungen diskutiert wurden, fand sie kaum statt, weshalb sie sich ihre eigenen Organe und Sprachrohre erst schaffen musste. So entstanden Periodika, Monographien und Vereine, im Laufe des 20. Jahrhunderts dann auch staatliche Institute und internationale Austauschplattformen, die sich allein mit den materiellen Fragen der Künste auseinandersetzten. Zwar brachten sich Künstler_innen und Kunsthistoriker_innen hier ein, doch waren es insbesondere Chemiker_innen und Physiker_innen, die die Debatte vorantrieben und das Wort führten. Die »naturwissenschaftliche Revolution des 19. Jahrhunderts« war dabei, die »Lebenswelt gründlicher als je zuvor« zu verändern.[11] In ihrer praktischen Anwendung beeinflusste sie weite Teile der Lebenswirklichkeit, zunehmend auch die Kunst. Die grundlegenden Fragen zur Materialität von Kunstwerken wurden damit sukzessive aus dem engeren künstlerischen Tätigkeitsfeld ausgelagert und in den Zuständigkeitsbereich der Naturwissenschaften integriert, die nun ihrerseits zu einem wichtigen Bestandteil des Kunstfeldes wurden.

Denn bei der qualitativen Verbesserung künstlerischer Utensilien kam den Naturwissenschaften zentrale Bedeutung zu. Seit dem frühen 19. Jahrhundert trugen chemische und physikalische Analysemethoden dazu bei, die Materialien, insbesondere die Farbrezepte und Maltechniken alter Meister zu rekonstruieren, um sie für die Gegenwart nutzbar zu machen.[12] Gleichzeitig waren die Naturwissenschaften im Zuge des wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts imstande, Innovationen auf dem Gebiet der Malmaterialien hervorzubringen und neue, beständigere Farben und Firnisse zu entwickeln.[13] Auch wenn die Forschung auf diesem Gebiet schon Anfang des 20. Jahrhunderts deutlichen Wissenszuwachs erreichte, bot die Lebensdauer zeitgenössischer Kunstwerke auch in der Folgezeit Anlass zur Sorge. Viele Kunstakademien führten seit der Jahrhundertwende maltechnischen Unterricht ein, um die Künstler_innen für die materiellen Grundlagen ihrer Arbeit wieder zu sensibilisieren.[14] Seit den 1920er-Jahren wurde in Deutschland diskutiert, ein Künstlerfarbengesetz zu erlassen, das die Produktion regulieren und minderwertige Erzeugnisse aus dem Markt drängen sollte. Während des Zweiten Weltkriegs wurde dieses Unterfangen schließlich aufgegeben.[15] 1942 formulierte das National Bureau of Standards in den USA erstmals Qualitätskriterien für Ölfarben – Triebfeder war auch hier die Sorge vor einem raschen Verfall zeitgenössischer Kunstwerke.[16] Bis heute ist der Markt für Malfarben durch die Entwicklung neuer Rezepte und Produkte in Bewegung.[17]

»Von unübertroffener Qualität und Haltbarkeit«.
Werbeanzeigen von Herstellern für Malmaterial
(aus: Technische Mitteilungen für Malerei 48 [1932], S. 88)

Die naturwissenschaftlichen Möglichkeiten im Kunstbetrieb erschöpften sich nicht darin, die Qualität künstlerischer Materialien zu heben. Indem chemische und physikalische Analysen auch Aufschluss darüber geben konnten, warum und auf welche Weise bestehende Kunstwerke ihr Erscheinungsbild mit der Zeit veränderten, schufen sie die wissenschaftliche Grundlage für eine präventive Konservierung, deren Ziel es war, alte wie zeitgenössische Kunstgegenstände in ihrer ursprünglichen Form möglichst dauerhaft zu erhalten. Vor dem Hintergrund eines seit der Aufklärung gewandelten Geschichtsbildes, des modernen Subjektbegriffs und der ideellen Aufwertung der Künste, die das Werk zur einmaligen Schöpfung machten, führte der technologische Fortschritt damit zu einem Wandel in der Restaurierungspraxis. Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein war es üblich gewesen, beschädigte Kunstgegenstände durch umfassende malerische oder plastische Eingriffe wiederherzustellen, wobei die restaurierenden Künstler_innen teilweise sogar Stiltreue vermissen ließen und nach eigenem Gusto und Zeitgeschmack ergänzten. Dieses Vorgehen geriet nun nachhaltig in die Kritik – der Leitsatz des 20. Jahrhunderts lautete »Konservieren statt Restaurieren«.[18]

2. Konservierung und Restaurierung von Kunstwerken

Die Naturwissenschaftler Michael Faraday (1791–1867) und Max von Pettenkofer (1818–1901) gelten als bedeutende Pioniere einer (natur)wissenschaftlichen Herangehensweise an die Konservierung und Restaurierung von Kunstwerken. Auf Ersuchen der britischen Regierung war Faraday in den 1850er-Jahren daran beteiligt, die Wirkung von Umwelteinflüssen und der starken Londoner Luftverschmutzung auf die Kunstwerke der National Gallery zu analysieren; in der Folge wurden zahlreiche Gemälde des Museums hinter Glas geschützt und ihre Rückseiten mit Leinwand verstärkt.[19] Pettenkofer untersuchte in den 1860er-Jahren im Auftrag der Bayerischen Staatsregierung den Erhaltungszustand der öffentlichen Kunstsammlungen und konnte nachweisen, dass vor allem die Luftfeuchtigkeit zu einer physikalischen Veränderung der Firnisse führte, die eine Trübung der Gemälde verursachte. Darauf aufbauend entwickelte er ein schonendes Regenerationsverfahren, das in den 1920er-Jahren schließlich in die Kritik geriet und an Bedeutung verlor.[20] Das temporäre Engagement der beiden Wissenschaftler kann somit als Anfang einer langanhaltenden Pionierphase betrachtet werden, in der naturwissenschaftliche Methoden der Materialanalyse und -erhaltung ausprobiert und weiterentwickelt oder verworfen wurden.[21]

Allerdings verlief die Entwicklung eines technologischen Bereichs im Kunstbetrieb zunächst unkoordiniert und schleppend. Nur langsam richteten die Museen erste Laboratorien ein, die die naturwissenschaftliche Forschung an Kunstgegenständen über die punktuellen staatlichen Projekte hinaus verstetigten. Hemmend wirkten die hohen Kosten für die erforderliche Ausstattung. Zudem begegnete die Kunstwelt dem Engagement der fremden Disziplinen distanziert und akzeptierte die neuen Perspektiven und Methoden nur sehr allmählich. Umgekehrt musste das Interesse von Naturwissenschaftler_innen an den Belangen der Kunst überhaupt erst geweckt werden. 1888 gründeten die Königlichen Museen zu Berlin mit dem Chemischen Laboratorium das weltweit erste Museumslabor, das wie eine entsprechende Einrichtung am British Museum, die 1921 eröffnet wurde, noch nicht auf Werke bildender Kunst spezialisiert war, sondern vorrangig Altertumsfunde und andere Artefakte in den Blick nahm. Im Zuge allgemeiner Internationalisierungstendenzen bekam die Entwicklung seit den späten 1920er-Jahren einen Schub. Das Fogg Art Museum baute 1928 das erste Museumslabor in den USA auf, das zudem ausschließlich für Kunstgegenstände zuständig war. 1930 berief das Internationale Museumsbüro, 1926 vom Völkerbund gegründet, die erste internationale Konferenz in Rom ein, auf der allein die (natur-)wissenschaftliche Untersuchung und Konservierung von Kunstgegenständen diskutiert wurde. Während die Publikationstätigkeit in diesem Forschungsbereich schon seit der Jahrhundertwende stetig angestiegen war, erschien mit den »Technical Studies in the Field of the Fine Arts« ab 1932 ein Periodikum, das um kunsttechnologische Fragen kreiste und dezidiert international ausgerichtet war.[22] In kurzer Abfolge integrierten nun weitere bedeutende Museen naturwissenschaftlich-technologische Forschungseinrichtungen an ihren Häusern, unter anderem das Museum of Fine Arts in Boston (1930), das Metropolitan Museum of Art in New York (1931), der Pariser Louvre (1931) und die Londoner National Gallery (1934). Darüber hinaus entstanden in jener Zeit erste staatliche Forschungsinstitute, die die Erprobung und Weiterentwicklung von Konservierungs- und Restaurierungsmethoden förderten und zentralisierten, wie die Werkprüfungs- und Forschungsanstalt für Maltechnik (sog. Reichsinstitut für Maltechnik) in München (1937), das Istituto Centrale per il Restauro in Rom (1939), das Koninklijk Instituut voor het Kunstpatrimonium in Brüssel (1948) oder das Centraal Laboratorium voor Onderzoek van Voorwerpen van Kunst en Wetenschap in Amsterdam (1961).

Farbenprüfraum des von Max Doerner gegründeten Reichsinstituts für Maltechnik (Doerner-Institut) in München, ca. 1938
(Foto: Hans Roth, © Doerner-Institut)
Mikrochemischer Arbeitsraum
im Labor des Koninklijk Instituut voor het Kunstpatrimonium
(aus: UN/UNESCO [Hg.], The Organization of Museums. Practical Advice [Museums and Monuments IX], Paris 1960, S. 2 [Anhang], Abb. 4)
Chemisches Labor des British Museum
(aus: Studies in Conservation 7 [1962], S. 79)
Konservatorischer Arbeitsraum des British Museum
(aus: Studies in Conservation 7 [1962], S. 83)
Arbeitsraum für Infrarot- und Emissionsspektralanalyse
am Münchener Doerner-Institut
(aus: Maltechnik-Restauro. Internationale Zeitschrift für Farb- und Maltechniken, Restaurierung und Museumsfragen 81 [1975], S. 18)

Die fortschreitende Expansion und Institutionalisierung der wissenschaftlichen Konservierung konnte der Zweite Weltkrieg nur kurzeitig bremsen. Denn auch wenn militärische Konflikte personelle und finanzielle Ressourcen banden und die internationale Zusammenarbeit erschwerten oder stoppten, beschleunigten sie die Entwicklung dieses Tätigkeitsfelds insgesamt, da sie die Unversehrtheit von Kunstwerken in besonderem Maße gefährdeten und damit ein gesteigertes Bewusstsein für den notwendigen Schutz von Kunstgegenständen erzeugten. Das physische Überleben von Kulturgütern sollten internationale Abkommen gewährleisten. Die Haager Landkriegsordnung von 1899 bzw. 1907 bestimmte, dass öffentliche oder private Kunstsammlungen nicht beschlagnahmt, beschädigt oder zerstört werden dürften.[23] Auch auf nationaler Ebene waren die Anstrengungen groß, um Kunstwerke vor Kriegsschäden zu bewahren. Verschiedene europäische Regierungen bildeten vor Beginn des Zweiten Weltkriegs Kommissionen, die die besten Methoden für Transport und Lagerung von Kunstwerken eruieren sollten; im Zuge ihres Kriegseintritts 1941 wurden auch die USA in dieser Sache aktiv. Die Museen suchten mit staatlicher Hilfe nach Bergungsorten mit geeigneten klimatischen Bedingungen, die oftmals auch von Privatsammler_innen genutzt werden konnten. Konferenzen und Broschüren verbreiteten Informationen zum Schutz von Kunstwerken vor Luft- und Gasangriffen, Feuer und anderen Kriegseinwirkungen.[24] 1954 wurde unter Federführung von UN und UNESCO die Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten verabschiedet. In der Folge entwarfen europäische Regierungen und die USA mit ihren Museen umfassende Notfallpläne zur Sicherung wertvoller Kunstgegenstände. Dabei wurde erstmals auch der Schutz vor Atomwaffen in die Überlegungen einbezogen.[25]

Schon unmittelbar nach Kriegsende war die internationale Vernetzung und Zusammenarbeit einschlägiger Expert_innen und Institutionen wieder aufgenommen und zügig ausgebaut worden. Das International Council of Museums (ICOM), 1946 auf Initiative der UNESCO gegründet, bildete 1949 eine Kommission für Gemäldepflege, die Fragen der Restaurierung und Konservierung von Kunstgegenständen in internationalem Zusammenwirken erörtern sollte.[26] Auf Initiative amerikanischer Konservator_innen wurde 1950 zudem das International Institute of Conservation (IIC) in London gegründet, das das ICOM ergänzen wollte und zum Ziel hatte, die Wissensbestände, Methoden und Arbeitsstandards in diesem Bereich zu formalisieren, zu koordinieren und zu verbessern. Im Zuge der internationalen Standardisierung dieses Fachbereichs vermehrten und professionalisierten sich auch geregelte Ausbildungsmöglichkeiten für Konservator_innen und Restaurator_innen.[27] Nicht zuletzt half ein Generationswechsel um die Jahrhundertmitte dabei, Vorbehalte gegenüber den neuen Technologien und Methoden abzubauen. Die Verfechter_innen einer primär künstlerischen Restaurierungspraxis wurden immer weniger – restaurierende Maler wandelten sich zu Fachrestaurator_innen.[28] Damit konnte sich die Konservierung auf wissenschaftlicher Grundlage in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts endgültig als eigenständiges und anerkanntes Feld innerhalb des Kunstbetriebs etablieren. Bis heute entstehen kontinuierlich neue Laboratorien und Verbände, die die Forschung vorantreiben und ausdifferenzieren.[29]

Die Bemühungen der Fachrestaurator_innen zielten in zwei Richtungen: Einerseits analysierten sie die Beschaffenheit verwendeter Materialien, um beschädigte Kunstgegenstände adäquat versorgen zu können, möglichst ohne in den materiellen Bestand einzugreifen. Andererseits waren sie bestrebt, präventiv alle potentiellen Gefahrenquellen für Kunstwerke auszumachen und abzuwehren. Die naturwissenschaftliche Forschung war mit ihren wachsenden Erfahrungswerten in der Lage, diese Gefahrenquellen zunehmend präzise zu benennen; sie gewährte Einblicke in die komplizierten chemischen und physikalischen Prozesse des Alterns von Kunstwerken – ausgelöst und verstärkt durch den Einfluss der Atmosphäre, durch Wärme und Kälte, Feuchtigkeit und Licht. Die Naturwissenschaften brachten damit ins Bewusstsein, dass Kunstgegenstände ein Eigenleben führten, was sie in die Nähe autonomer Akteure rückte: »Kunstwerke sind Lebewesen, empfindlich wie diese, ihr Altern ist ein organischer Vorgang.«[30] Um diesen Vorgang zu verlangsamen, bestenfalls zu stoppen, stiegen die Ansprüche an das Umfeld von Kunstgegenständen seit dem 19. Jahrhundert stetig. In Fachzeitschriften wurde die Forderung nach angemessenen klimatischen Bedingungen in Kunsträumen schon um 1900 zum Gemeinplatz. Das Internationale Museumsbüro in Paris veröffentlichte 1933 Empfehlungen, die die Bedeutung eines sauberen und konstanten Raumklimas hervorhoben sowie allerlei Anweisungen zu korrekten Heiz-, Lüftungs- und Luftbefeuchtungsmethoden gaben.[31] Ein 1939/40 verbreiteter Leitfaden zum Umgang mit Kunstwerken, der auf die bereits erwähnte internationale Konferenz in Rom von 1930 zurückging, führte neben aktuellen Methoden zur Gemäldeuntersuchung erneut vorbeugende Maßnahmen für die Unterbringung von Kunstgegenständen auf.[32] Die »drastisch anwachsenden Umweltgefahren« verlangten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, den »›Cordon sanitaire‹ immer weiter zu spannen, und großräumige Sicherheitsbereiche zu schaffen, die geeignet sind, den Kunstwerken das Überdauern zu erleichtern«.[33] Die Museen wurden in der Folge zu hochtechnisierten Gebäuden, zu Materialbiotopen mit regulierter Temperatur und Luftfeuchtigkeit, gefilterter Luft, aufwendiger Lichttechnik und Bodenbelägen, die Staub und Schmutz absorbierten; sie galten nun als »Altersheime für gebrechliche Kunstwerke, die ihrem Lebensabend ein sicheres Obdach gewähren«.[34]

Auch die Architektur der Museumsbauten wurde von der materiellen Beschaffenheit der Kunstwerke dirigiert. Entsprechende Bemühungen sind schon im 19. Jahrhundert zu beobachten, verstärkten sich aber mit den technischen und finanziellen Möglichkeiten im Laufe des 20. Jahrhunderts. So forderte der Münchener Konservator Christian Wolters 1966: »Von einem guten Museumsbau muß verlangt werden, daß er möglichst klimastabil ist. Das bedeutet, daß schon die Auswahl der Baumaterialien, der Mauerstärken, der Mauerisolation, der Fenstergrößen und der Glassorten (Wärmeschutzgläser und Lichtschutzgläser), die Orientierung des Baus nach der Himmelsrichtung, der Einbau von Sonnenbrechern, Lichtblenden und Reflektoren und bei Oberlichten das Verhältnis des Luftraums in den Ausstellungsräumen zum Luftpolster zwischen Staubdecke und Glasdach beachtet werden müssen. […] Dazu kommt die Art der innenarchitektonischen Gestaltung. […] Der Museumsarchitekt muß die freien Gestaltungsmöglichkeiten, die ihm heute mehr denn je in die Hand gegeben sind, in vielerlei Beziehung den Kunstwerken unterordnen. […] Ein guter, wirklich funktioneller Museumsbau ist zugleich auch eine ›Konservierungsmaschine‹.«[35]

Diese umfangreichen und aufwendigen Maßnahmen zum Schutz der Kunstbestände zeigen die überragende Bedeutung, die ihnen als nationales und menschheitliches Erbe in Europa und den USA beigemessen wurde. Sie belegen gleichfalls, dass Kunstwerke im 20. Jahrhundert nicht mehr nur als passive Kulturdokumente betrachtet wurden, sondern zugleich als aktive Organismen, deren Bedürfnisse für Staaten und Museen, für Konservator_innen und Architekt_innen handlungsleitend wurden. Für den Kunstmarkt war diese Entwicklung ein zweischneidiges Schwert. Einerseits mussten Händler_innen und Sammler_innen den dauerhaften Erhalt ihres Besitzes außerordentlich begrüßen, denn allein für eine genialische Idee, deren Materialität sich aufzulösen drohte, hätten sie kaum fünf-, sechs- oder siebenstellige Summen bezahlt, wie es mit dem Boom des internationalen Kunstmarkts in den 1960er-Jahren für besonders gefragte Werke üblich wurde. In dieser Hinsicht waren der Fortschritt in den Konservierungs- und Restaurierungstechnologien, aber auch die staatlichen Bemühungen um die Sicherung privater Kunstwerke ein wichtiger Faktor für den Kunsthandel. Andererseits verursachten die gestiegenen Standards für den Schutz und Erhalt der Kunstsammlungen einen beträchtlichen finanziellen und organisatorischen Aufwand und setzten eine entsprechende fachliche Kompetenz voraus. Sammler_innen mussten sich mit dem notwendigen Know-how versorgen, ihre Räumlichkeiten für die Bilder präparieren, Beleuchtung und Raumklima überwachen, erforderliche technische Geräte anschaffen und die Dienste von Restaurator_innen in Anspruch nehmen. Zugleich waren erhöhte Sicherheitsvorkehrungen und Versicherungen notwendig, um die Kunstgegenstände vor Diebstahl und Verlust zu schützen. Der Unterhalt einer hochwertigen Kunstsammlung verursachte folglich laufende Kosten, die den ökonomischen Profit für Händler_innen und Sammler_innen minderten. Gleichzeitig betonte eine technisierte und hochwertige Umgebung die repräsentative Wirkung der Werke und die professionelle Kunstliebe ihres Besitzers.

In der wirtschaftlich schweren Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Erhaltung privaten Kunstbesitzes in Großbritannien aus diesem Grund zum Problem erklärt: Viele Privatsammler_innen konnten nicht mehr für die Pflege und Wartung ihrer Kunstwerke aufkommen, sodass die Regierung erwog, finanzielle Unterstützung und Kredite für die Restaurierung von Kunstgegenständen zu vergeben.[36] Einen weiteren für Privatsammler_innen gangbaren Weg verdeutlicht das Beispiel Anita Zichy-Thyssens, Tochter des Industriellenpaars Amélie und Fritz Thyssen. Nachdem sie die umfangreiche und hochwertige Kunstsammlung ihrer Eltern 1965 geerbt hatte, verlieh sie die Werke an verschiedene Museen. Dies sei »die beste Art der ›Einlagerung‹«, meinte einer ihrer Berater, »mit der Gewissheit einer optimalen Betreuung und Pflege«.[37] Überdies konnte die Präsentation in renommierten Museen den Wert der Kunstgegenstände erhöhen und Zichy-Thyssen einen Ruf als gemeinwohlorientierte Mäzenatin einbringen, die ihren Kunstbesitz der Öffentlichkeit zugänglich machte. Nicht zuletzt sparte sie auf diese Weise die Vermögenssteuer für die verliehenen Werke.

3. Mobilität von Kunstwerken

Die Fragilität und Vergänglichkeit der Kunstwerke wirkte sich auch auf deren Mobilität aus, die für einen funktionierenden Kunstmarkt von zentraler Bedeutung war. Dies zeigte sich zunächst im 19. Jahrhundert, als sich lokale und regionale Kunsthandelsplätze im Zuge der Industrialisierung des Verkehrs – insbesondere der Entwicklung von Dampfschiffen, Eisenbahnen und LKWs – sowie des Ausbaus vorhandener Handelswege inter- und transnational vernetzten. Der Transport von Kunstwerken, der noch im 18. Jahrhundert ein komplexes logistisches Projekt voller physischer und ökonomischer Risiken darstellte, wurde günstiger, schneller und sicherer, für besonders große und schwere Kunstwerke überhaupt erst möglich.[38] Dass sich die Künstler_innen nun überwiegend nicht mehr an den Vorgaben von (klerikalen oder feudalen) Auftraggebern, sondern am Markt orientierten, führte zudem dazu, dass sie mit Blick auf die auszustattenden Räumlichkeiten der potentiellen Kundschaft im Durchschnitt kleinere Kunstwerke produzierten, die einfacher zu transportieren waren.[39] Nicht nur der Handel, auch das Ausstellungswesen expandierte und internationalisierte sich in den Jahren um 1900. Neben zeitgenössischen Kunstgegenständen wurden vermehrt auch die besonders wertvollen Werke alter Meister zu Präsentationszwecken auf Reisen geschickt.[40] Dass sich die inter- und transnationale Güterzirkulation in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts signifikant beschleunigte, war kein exklusives Phänomen des Kunstmarkts. Zwei Faktoren unterschieden ihn allerdings von anderen Märkten: die Einmaligkeit seiner Ware, die ein besonderes Schutzbedürfnis hervorrief, und die Relevanz, die dem Bewegungsradius für die Bewertung von Kunstwerken zukommen konnte. Denn die Präsentation von Kunstgegenständen an unterschiedlichen, möglichst renommierten Orten war ein zentrales Mittel, um für einen Künstler und sein Schaffen Öffentlichkeit herzustellen, Aufmerksamkeit zu generieren und den Wert der Werke zu erhöhen. Diese Strategie war im 20. Jahrhundert nicht neu, wurde infolge der gewaltigen Preissteigerungen auf dem Kunstmarkt seit den 1960er-Jahren aber auch für vermeintlich kunstfremde Institutionen attraktiv. Eine New Yorker Investmentfirma baute beispielsweise eine Salvador-Dalí-Sammlung auf, um diese in den bedeutendsten Museen der Welt zu zeigen und anschließend mit gewaltiger Rendite wieder zu verkaufen.[41]

Der vermehrte Transport von Kunstwerken stieß schon um die Jahrhundertwende auf zunehmende Kritik, die zunächst aber primär darauf zielte, dass bei der hohen Frequenz an Ausstellungen deren Qualität leide und die Besucher ermüdet würden.[42] Erst mit der wachsenden Debatte über die Verletzlichkeit und Konservierung von Kunstgegenständen wurden Ausstellungen und Leihgaben ab den 1930er-Jahren verstärkt als riskant und unverantwortlich angegriffen. Dabei stellte man nicht nur die »Gefahren des Transports« heraus, sondern auch die unterschiedlichen klimatischen Bedingungen zwischen dem ursprünglichen und dem temporären Präsentationsort, die der Kunst zu schaffen machten.[43] Als die Zirkulation von staatlichem Kunstbesitz nach 1945 stark zunahm, da internationale Leihgaben die Nationen wieder verbinden sollten, zudem die angestammten Museumsgebäude vielfach zerstört waren, führten die Bedenken etlicher Museumsdirektor_innen und der kunstinteressierten Öffentlichkeit in Europa zu Bestrebungen, die Mobilität von Kunstwerken einzuschränken. Das ICOM gründete auf Initiative des Louvre 1952 eine Kommission für internationale Kunstausstellungen, die sich darum bemühte, dass Kunstgegenstände, deren Transport auch nur ein Minimum an Risiko bedeuten würde, vom Verleih ausgeschlossen wurden. Zudem koordinierte die Kommission die Ausstellungspläne der Museen, um Leihgaben nur noch für wenige kunsthistorisch bedeutsame Expositionen zu empfehlen.[44]

Auch Privatsammler_innen folgten diesem Vorbild: Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza, Besitzer einer umfangreichen musealen Sammlung, begann um 1960, Teile seiner Kollektion außerhalb der eigenen Galerie in Lugano zu präsentieren. Da er den Transport der Werke aber als bedenklich ansah – »jeder Transport [schadet] den Bildern«[45] –, schloss er besonders große Gemälde vom Leihverkehr aus.[46] Einige Künstler_innen taten es ihm gleich, obwohl sie zur Popularisierung ihres Schaffens eigentlich darauf angewiesen waren, ihre Werke auf Reisen zu schicken. So verboten Wassily Kandinsky und Max Ernst den Transport großformatiger Bilder aus ihrem Œuvre.[47] Neben dem Umfang beeinflussten auch das Material und der Zustand eines Werks dessen Mobilität.[48] Einem wachsenden Sicherheitsbedürfnis standen jedoch technische Entwicklungen gegenüber, die dieses oftmals zu befriedigen vermochten. Speditionen spezialisierten sich auf Kunsttransporte und professionalisierten ihre Ausrüstung.[49] Die Ausstellungsorte wurden zunehmend technisch aufgerüstet. Auch vor diesem Hintergrund forcierte Thyssen-Bornemisza seine Ausstellungstätigkeit seit den 1970er-Jahren beträchtlich.

Allerdings schuf der technische Fortschritt manche Methoden zur Popularisierung von Kunstgegenständen, die nicht auf deren Beweglichkeit angewiesen waren. Die Reproduktionsverfahren erlebten im 19. Jahrhundert eine Revolution.[50] Neue Drucktechniken und die Fotografie, die günstige Kopien in hohen Auflagen ermöglichten, vereinfachten den Zugang zur Kunst immens, ohne dass Originalwerke oder die Rezipient_innen bewegt werden mussten. In Ausstellungs- und Auktionskatalogen, in der Kunst- und Tagespresse wurden Kunstgegenstände abgebildet. Kunsthandlungen bemühten sich, Werke aus ihrem Bestand publizieren zu lassen.[51] Darüber hinaus schufen die verbesserten technischen Möglichkeiten neue Geschäftsmodelle. Die vergleichsweise günstigen Reproduktionen sprachen ein breiteres Publikum an und etablierten damit ein neues Segment auf dem Kunstmarkt, das sich an weniger wohlhabende Kreise richtete und höchst profitabel war. In der Folge wurde der Verkauf von Urheberrechten an Druckereien für Künstler_innen äußerst lukrativ.[52]

Während Kunstwerke im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit massenweise verfügbar wurden,[53] konnte es auch wertsteigernd sein, den Originalen Unbeweglichkeit zu verordnen, sie der massenhaften öffentlichen Wahrnehmung zu entziehen. Wenn Kunstgegenstände aus Sicherheits- oder strategischen Gründen nicht (mehr) zu Ausstellungen verschickt wurden, signalisierte dies ihre herausgehobene Bedeutung und ihren hohen Wert. Gleichzeitig steigerte die Beschränkung des Zugangs die Exklusivität. Mit Blick auf die Anfrage eines italienischen Museums erklärte Thyssen-Bornemiszas Berater in Kunstfragen 1962: »The Carpaccio is already so famous that it does not need another exhibition to be still more famous and if people want to see it […] they should come to Lugano.«[54] Dort war »der Carpaccio« – das »Porträt eines Ritters« von 1510 (heute im Museo Thyssen-Bornemisza in Madrid zu sehen) – wie die Sammlung insgesamt eine touristische Attraktion, die auf das Image der Region positiv ausstrahlte und zu internationalen Presseberichten führte. Die Schweizer Behörden wollten dieses Glanzlicht nicht missen. Gegen die Zusage, dass Thyssen-Bornemisza seine Sammlung nicht aus der Schweiz abziehen werde, boten sie ihm ein außerordentlich lukratives Steuerabkommen. Auch bei der Schweizer Staatsbürgerschaft, die der Sammler 1950 erhielt, spielte das behördliche Interesse am Verbleib der Sammlung in Lugano eine bedeutende Rolle.[55] Somit konnte Thyssen-Bornemisza beträchtliche Profite erzielen, indem er die Beweglichkeit seiner Sammlung einschränkte.

4. Authentifizierung von Kunstwerken

Mit der transnationalen Vernetzung und der Hochkonjunktur des Kunstmarkts in den Jahren um 1900 wurde neben dem Transportrisiko auch die Gefahr von Fälschungen und falschen Zuschreibungen zu einem bedeutenden Problem auf den Handelsplätzen, das bis heute virulent ist.[56] Eine Kunstzeitschrift spottete 1951, dass sich in öffentlichen und privaten Galerien in den USA rund 40.000 Bilder von Jean-Baptiste Camille Corot befänden, obwohl dieser höchstens 4.000 Gemälde geschaffen habe; gleiches gelte für Werke Rembrandts in Europa, von dem mindestens 7.500 Fälschungen im Umlauf seien.[57] Ein Expertisen-Institut in Amsterdam, das privaten Kunstbesitz begutachtete, bilanzierte nach zweijähriger Tätigkeit 1955, dass 90 Prozent der eingereichten großen Meister keine Originale gewesen seien.[58] Die hohe Zahl an Fälschungen, die im Handel kursierten, verunsicherte potentielle Käufer_innen, die man mit Gutachten renommierter Kunsthistoriker_innen zu beruhigen suchte. Diese klassifizierten ein Werk mittels vergleichender Stilkritik als echt oder falsch. Allerdings war diese Methode angreifbar und längst nicht immer zuverlässig. Heinrich Thyssen-Bornemisza, der ab den 1920er-Jahren im großen Stile alte Meister sammelte, wurde bezichtigt, unter seinen gut 400 Gemälden über 100 falsch zugeschriebene oder gefälschte Werke zu besitzen. Dabei hatte er bei jedem seiner Ankäufe auf bis zu vier kunsthistorische Expertisen von anerkannten Autoritäten des Fachs bestanden.[59] Aufgrund der Unzuverlässigkeit kunsthistorischer Gutachten gewannen naturwissenschaftliche Methoden zur Echtheitsbestimmung von Kunstgegenständen im Laufe des 20. Jahrhunderts an Bedeutung.

Während die naturwissenschaftlich-technologische Untersuchung von Kunstwerken zunächst vor allem zu ihrer Erhaltung und zur Verbesserung der Malmittel beitragen sollte, zeigte sich schnell, dass sie die Authentifizierung von Kunstgegenständen ebenfalls auf eine neue Ebene heben konnte. Neben chemischen und mikroskopischen Analysen etablierten sich im 20. Jahrhundert Strahlenuntersuchungen auch in der Kunst. Die Röntgenbestrahlung von Kunstwerken verbreitete sich ab den 1910er-Jahren in Europa und den USA; in Deutschland hemmte ein Patent ihre Anwendung bis in die 1930er-Jahre.[60] Auch die UV- und die Infrarotbestrahlung bewährten sich seit den 1920er- bzw. 1930er-Jahren als innovative Methoden der Gemäldeuntersuchung. Seit den 1960er-Jahren wird auch die Neutronenaktivierungsanalyse aus dem Bereich der Kernphysik für die Analyse von Kunstgegenständen eingesetzt.[61] Diese und weitere Untersuchungsverfahren unterstützten die Echtheitsbestimmung, indem sie detaillierte Einblicke in die verarbeiteten Materialien und ihre Zusammensetzung liefern konnten; dies bot Hinweise auf den verantwortlichen Künstler, da verwendete Pigmente, Bindemittel, Firnisse und Bildträger zumindest teilweise nach Zeit, Region, Schule und Werkstatt verschieden waren. Darüber hinaus gaben solche Methoden Einblick in Malweise, Maltechnik und den Gemäldeaufbau; damit ließen sich im Vergleich verdächtige Abweichungen identifizieren. Nicht zuletzt legten sie den Erhaltungszustand eines Werks offen.

Jan van Scorel, Portrait eines venezianischen Edelmanns (Öl auf Holz, um 1520). Die UV-Bestrahlung (rechts) macht vorangegangene Restaurationsarbeiten sichtbar, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind. Da stark nachbearbeitete Originalwerke an Wert verloren, waren die neuen technologischen Möglichkeiten bei vielen Händler_innen und Sammler_innen unbeliebt.
(aus: Technische Mitteilungen für Malerei und Bildpflege 63 [1957], S. 36f.)

Auch wenn die kunstgeschichtliche Stilkritik zur Begutachtung von Kunstwerken in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bedeutsam blieb, wurden die naturwissenschaftlichen Möglichkeiten vor allem in Streitfällen und für besonders wertvolle Werke herangezogen. In spektakulären Prozessen um mutmaßlich gefälschte Kunstwerke konnten naturwissenschaftlich-technologische Analysen seit den 1920er-Jahren ihren Nutzen vor einer breiteren Öffentlichkeit demonstrieren.[62] Die neuen Methoden sorgten für Euphorie auf dem Gebiet der Gemäldebestimmung und darüber hinaus: Man befinde sich in einem »Übergangsstadium zu einer […] fortschreitenden Epoche objektiver Natur«; menschliche Irrtümer würden zunehmend ausgeschlossen.[63] Diese Sicht verkannte allerdings, dass die Ergebnisse naturwissenschaftlicher Verfahren durch ihre Kontextualisierung erst zum Sprechen gebracht werden mussten. So konnten sie nur dann gewinnbringend gelesen werden, wenn bekannt war, zu welchen Zeiten und in welchen Werkstätten welche Farben genutzt wurden oder welche Maltechnik für welchen Meister charakteristisch war; fehlerfreie und eindeutige Urteile ließen folglich auch die naturwissenschaftlichen Befunde längst nicht immer zu. Allerdings erhöhten sich die Vergleichsmöglichkeiten im Laufe des 20.Jahrhunderts signifikant, da entsprechende Untersuchungsergebnisse zunehmend archiviert, dokumentiert und publiziert wurden.[64] So verringerte sich die Anzahl anerkannter Werke alter Meister auch aufgrund des wachsenden Erfahrungshorizonts deutlich. Wurden Rembrandt 1921 noch 711 Gemälde zugeschrieben, schrumpfte diese Zahl in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sukzessive; das Rembrandt Research Project, das sich 1968 in Amsterdam gegründet hatte, um die Echtheit und Eigenhändigkeit der Werke des niederländischen Meisters zu bestimmen, erkennt heute nur noch 324 dieser Gemälde als Originale an.[65]

Die Auswirkungen des technischen Fortschritts auf den internationalen Kunstmarkt sind in dieser Hinsicht offenkundig. Die Verknappung von Originalwerken alter Meister verstärkte seit den 1950er-Jahren ihre Preissteigerungen im florierenden Kunsthandel. Zudem explodierten in jener Zeit auch die Preise für moderne Kunstwerke, was fraglos im Zusammenhang mit der verbesserten Weltwirtschaftslage zu sehen ist. Die Umorientierung der Sammler_innen war aber nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass anerkannte alte Werke kaum noch verfügbar waren.[66] Die neuen Methoden zur Authentifizierung von Kunstwerken waren für den Kunstmarkt auch deshalb von großer Bedeutung, weil sie Sicherheit und Vertrauen generieren konnten, was für das Zustandekommen von Transaktionen elementar war.[67] Für bestehende Sammlungen waren sie hingegen eine Gefahr, da sie deren künstlerischen und ökonomischen Wert erheblich zu reduzieren drohten.[68]

Der Fotograf Hans Roth beim Röntgen
im Reichsinstitut für Maltechnik (Doerner-Institut),
ca. 1938
(Foto: Hans Roth, © Doerner-Institut)
Transportables Röntgengerät für die Gemäldeuntersuchung,
von der Firma Siemens 1931 entwickelt
(aus: Technische Mitteilungen für Malerei 48 [1932], S. 77)
Geräte zur Röntgenfluoreszenzanalyse im Rathgen-Forschungslabor der Staatlichen Museen zu Berlin. Das Labor wurde 1888 als weltweit erste naturwissenschaftlich-technologische Einrichtung an einem Museum gegründet, 1942 kriegsbedingt geschlossen und 1975 wieder eröffnet.
(aus: Maltechnik-Restauro. Internationale Zeitschrift für Farb- und Maltechniken, Restaurierung und Museumsfragen 82 [1976], S. 190)
Mikroskopische Oberflächenuntersuchung einer mehrfarbigen Skulptur, Institut für Technologie der Malerei an der Stuttgarter Kunstakademie, 1949 von Kurt Wehlte gegründet
(aus: Studies in Conservation 12 [1967], S. 149)
Rasterelektronenmikroskop und Polarisationsmikroskop
im Rathgen-Forschungslabor
(aus: Maltechnik-Restauro. Internationale Zeitschrift für Farb- und Maltechniken, Restaurierung und Museumsfragen 82 [1976], S. 192)

Über die unmittelbare Wirkung auf Kunstwerke und ihren Markt hinaus rüttelten die neuen Methoden grundlegend am Selbstbewusstsein und Rollenverständnis menschlicher Akteure. Die Naturwissenschaften machten Dinge sichtbar, die für den Menschen ohne Hilfsmittel nicht zu erkennen waren. Indem sie Gesetzmäßigkeiten natürlicher Entwicklungs- und Wandlungsprozesse an Kunstwerken offenlegten, verlor der Mensch zudem die alleinige Urheberschaft über Gegenstände, die er doch eigentlich selbst geschaffen hatte.[69] Der Schweizer Kunsthistoriker und Denkmalpfleger Albert Knoepfli fragte vor diesem Hintergrund, ob die Verantwortung des Restaurators damit »fatalistisch auf die Eigengesetzlichkeit der Dinge« abgewälzt werde. Solle der Mensch »die weiße Flagge hochziehen« – dort, »wo die Dinge ihren Lauf nehmen wie Mechanismen und chemische Vorgänge, wo wir Entwicklungen gegenüberstehen, für die man uns nicht mehr zur Verantwortung oder auch nur zur Mitverantwortung ziehen kann, weil wir von nicht mehr persönlich beeinflussbaren Dingen gnadenlos überrollt werden«?[70] Knoepfli versuchte das Primat des Menschen zu retten, indem er konstatierte, dass dieser allein größere Zusammenhänge erkennen könne, während naturwissenschaftliche Methoden nur ausschnitthafte Einsichten eröffneten. Daher habe der Kunstsachverständige nach »dem übergreifenden Sinn innerhalb des Ganzen zu fragen«, wofür er neben technischen Fähigkeiten vor allem geisteswissenschaftliche Bildung mitbringen müsse.[71] Diese Anforderungen formulierten auch die Restauratorenschulen.[72] Knoepflis Überlegungen zeigen, dass der naturwissenschaftlich-technische Fortschritt in der Kunstanalyse eine Redefinition menschlicher Handlungsräume, Einflusssphären und Machtbereiche erforderte, die gegenüber der Eigenmächtigkeit der Dinge neu abgesteckt werden mussten.

5. Fazit

Der naturwissenschaftliche Fortschritt führte seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert zu einem gewandelten Verhältnis zwischen Mensch und Materie, indem er eine gesetzmäßige Eigendynamik künstlerischer Materialien sichtbar machen konnte, die Kunstwerken eine eigene Agency verlieh. Auch wenn die Kunstwelt diesem Phänomen zunächst nur wenig Beachtung schenkte, entwickelte sich im Laufe des 20. Jahrhunderts ein naturwissenschaftlich-technischer Bereich zur Materialanalyse und -konservierung, der an Bedeutung gewann und den Kunstmarkt nachhaltig beeinflusste. Dieser Prozess, in dem die Menschen darum bemüht waren, die Eigenmächtigkeit der Dinge zu durchschauen und zu beherrschen, ist durch technologische Innovationen und neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse bis heute dynamisch geblieben.

Aufgrund ihres gewachsenen Stellenwerts in der Gesellschaft – national wie international – hatten Kunstgegenstände damit besonders in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Kraft, einen spezialisierten, technisierten und kostspieligen Handlungsbereich zu formen, dessen einziges Ziel es ist, ihre physische Existenz zu sichern und ihre Originalität zu garantieren. Sie sind damit nicht allein Objekte menschlicher Zuschreibungen und Wertungen, sondern modifizieren und fordern gleichfalls spezifische menschliche Handlungsweisen. Die mit Kunst befassten Professionen wurden in dieser Entwicklung zu Hybridakteuren im Sinne Bruno Latours, die ohne technische Apparaturen und Hilfsmittel zunehmend machtlos waren.[73] Die Struktur des Kunstmarkts ist folglich nicht allein sozial im Sinne der Wirtschaftssoziologie,[74] sondern als »Verflechtung von Menschen und nicht-menschlichen Wesen« anzusehen,[75] als ein Netzwerk, in dem neben Menschen auch technische Geräte und die Kunstgegenstände mit ihren materiellen Eigenschaften selbst einen handlungsrelevanten Platz einnehmen.

Der Aufsatz hat gezeigt, dass solche materiellen Eigenschaften und ihr Einfluss auf Wertsetzungsprozesse, auf soziale Praktiken und Handlungsräume sowie auf menschliche Selbst- und Weltbilder (geschichts)wissenschaftlich ernstzunehmen sind. Das Kunstfeld, auf dem sich soziale, ökonomische, technologische, politische, kulturelle und ästhetische Aspekte miteinander verbinden, erweist sich so als ein äußerst fruchtbarer Forschungsgegenstand für die Zeitgeschichte und als ein Musterfall für das breite Untersuchungsspektrum »historischer Authentizität«.[76] Weitere Studien im Hinblick auf »Kunst und Materie« könnten etwa den Besonderheiten nationaler Traditionen nachgehen (und deren eventueller Auflösung) sowie auch den Gemeinsamkeiten, Unterschieden und möglichen Verflechtungen im Rahmen des Ost-West-Konflikts bis 1989/90. Denn viele der hier angesprochenen Fragen der Konservierung und Restaurierung, Mobilität und Authentifizierung stellten sich durchaus systemübergreifend.

Anmerkungen:

[1] Zunächst waren es seit den 1980er-Jahren die Wirtschaftswissenschaften und die Wirtschaftsgeschichte, die sich aufgrund der gewaltigen Preissteigerungen für Kunstwerke im 20. Jahrhundert, aber auch wegen der Bedeutung des Kunstmarkts in den frühneuzeitlichen Gesellschaften Europas für diesen Markt interessierten. Die Kunst- und Geschichtswissenschaften befassen sich seit den 1990er-Jahren intensiver mit dem Kunstmarkt, was auch den öffentlichen Debatten um NS-Raubkunst und Restitution geschuldet ist, die in jener Zeit wieder erstarkten. Ein Ausdruck dieser Entwicklung ist das Forum Kunst und Markt, das 2012 am Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik der Technischen Universität Berlin gegründet wurde, um die Forschung zum Kunstmarkt international und interdisziplinär zu vernetzen. Die Soziologie verleiht diesem Forschungsgebiet seit der vergangenen Jahrtausendwende neue Impulse. Der Markt für ästhetische Güter, deren Wertsetzung sich weitgehend unabhängig von quantifizierbaren Faktoren vollzieht, ist ein fruchtbarer Untersuchungsgegenstand für die Neue Wirtschaftssoziologie, die Märkte als soziale Strukturen und die Konstituierung von Werten als gesellschaftlichen Prozess analysiert.

[2] Vgl. u.a. Howard S. Becker, Art Worlds, Berkeley 1982; Pierre Bourdieu, Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes, Frankfurt a.M. 1999; Ingrid Kreide-Damani, Kunstethnologie. Zum Verständnis fremder Kunst, Köln 1992; Howard Morphy/Morgan Perkins (Hg.), The Anthropology of Art. A Reader, Hoboken 2006.

[3] Vgl. u.a. Susanne Kubersky-Piredda, Kunstwerke – Kunstwerte. Die Florentiner Maler der Renaissance und der Kunstmarkt ihrer Zeit, Norderstedt 2005, S. 329f.

[4] Niklas Luhmann, Die Kunst der Gesellschaft, Frankfurt a.M. 1997, S. 258.

[5] Dietmar Rübel, Plastizität. Eine Kunstgeschichte des Veränderlichen, München 2012, S. 16. Weitere Untersuchungen, die sich dem Material aus kunstwissenschaftlicher Perspektive nähern, sind v.a.: Thomas Raff, Die Sprache der Materialien. Anleitung zu einer Ikonologie der Werkstoffe, München 1994; Christian Fuhrmeister, Beton, Klinker, Granit. Material, Macht, Politik. Eine Materialikonographie, Berlin 2001; Monika Wagner, Das Material der Kunst. Eine andere Geschichte der Moderne, München 2001; dies./Dietmar Rübel (Hg.), Material in Kunst und Alltag, Berlin 2002; dies./Dietmar Rübel/Sebastian Hackenschmidt (Hg.), Lexikon des künstlerischen Materials. Werkstoffe der modernen Kunst von Abfall bis Zinn, München 2002.

[6] Vgl. Johannes Gramlich, Die Thyssens als Kunstsammler. Investition und symbolisches Kapital (1900–1970), Paderborn 2015.

[7] Adolf Wilhelm Keim, Ueber Mal-Technik. Ein Beitrag zur Beförderung rationeller Malverfahren, Leipzig 1903, S. 20, S. 50.

[8] Vgl. u.a. Andreas Burmester, Der Kampf um die Kunst. Max Doerner und sein Reichsinstitut für Maltechnik, Köln 2016, Bd. 1: S. 90, S. 333f., Bd. 2: S. 739ff.; Francesca G. Bewer, A Laboratory for Art. Harvard’s Fogg Museum and the Emergence of Conservation in America (1900–1950), New Haven 2010, S. 45.

[9] Kathrin Kinseher, »Womit sollen wir malen?« Farben-Streit und maltechnische Forschung in München. Ein Beitrag zum Wirken von Adolf Wilhelm Keim, München 2014, S. 74, S. 183, S. 213; [O.A.,] Die Industrie der Farben und Firnisse in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, in: Technische Mitteilungen für Malerei 7 (1890), S. 53f.

[10] Vgl. u.a. Holmann W. Hunt, Das System, nach welchem gegenwärtig die Kunstmaler ihre Materialien erhalten, im Vergleich zu dem der alten Meister, in: Technische Mitteilungen für Malerei 2 (1885), S. 49, S. 54f., S. 62f., S. 65, und ebd. 3 (1886), S. 6ff., S. 14, S. 17ff.

[11] Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800–1866. Bürgerwelt und starker Staat, München 1983, S. 484.

[12] Naturwissenschaftliche Methoden zur Materialuntersuchung wurden zunächst in der Archäologie eingesetzt; im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden sie zunehmend auch für Werke bildender Kunst angewandt.

[13] U.a. Adolf Wilhelm Keim, Über die Grundlagen für eine rationelle Technik der Ölmalerei, in: Technische Mitteilungen für Malerei 6 (1889), S. 109-127, bes. S. 114; Kinseher, Farben-Streit (Anm. 9), S. 16, S. 183, S. 213; Hermann Kühn, Die Technik der Farbenherstellung in der Neuzeit, in: Restauro 88 (1982), S. 35-45.

[14] Vgl. u.a. Bewer, Laboratory (Anm. 8), S. 57, S. 67, S. 73; Burmester, Kampf (Anm. 8), Bd. 1: S. 73; Jilleen Nadolny, A History of Early Scientific Examination and Analysis of Painting Materials ca. 1780 to the Mid-Twentieth Century, in: Joyce Hill Stoner/Rebecca Rushfield (Hg.), The Conservation of Easel Paintings, New York 2012, S. 336-340.

[15] Burmester, Kampf (Anm. 8), Bd. 1: S. 107-114, S. 344-352, Bd. 2: S. 505-519.

[16] Bewer, Laboratory (Anm. 8), S. 194-197.

[17] Kinseher, Farben-Streit (Anm. 9), S. 232.

[18] Burmester, Kampf (Anm. 8), Bd. 1: S. 83.

[19] David Saunders, Pollution and the National Gallery, in: National Gallery Technical Bulletin 21 (2000), S. 77-94.

[20] Max von Pettenkofer, Über Ölfarbe und Conservirung der Gemälde-Gallerien durch das Regenerations-Verfahren, Braunschweig 1870.

[21] Zur Geschichte der Konservierung vgl. Bewer, Laboratory (Anm. 8); Burmester, Kampf (Anm. 8); Manfred Koller, Zur Geschichte der vorbeugenden Konservierung, in: Restauratorenblätter 15 (1994), S. 27-38; Nadolny, History (Anm. 14); Harold J. Plenderleith, A History of Conservation [1978], in: Studies in Conservation 43 (1998), S. 129-143; Joyce Hill Stoner, Changing Approaches in Art Conservation: 1925 to the Present, in: Scientific Examination of Art. Modern Techniques in Conservation and Analysis, Washington, DC, 2005, S. 40-57; George L. Stout, Thirty Years of Conservation in the Arts: A Summary of Remarks to the I.I.C. American Group in New York, June 1963, in: Studies in Conservation 9 (1964), S. 126-129.

[22] 1942 wurde die Zeitschrift eingestellt. Seit 1952 übernahmen die Studies in Conservation dann die Rolle des zentralen internationalen Kommunikationsorgans für Konservator_innen.

[23] Art. 46 und 56 der Haager Landkriegsordnung; vgl. <http://www.1000dokumente.de>.

[24] Bewer, Laboratory (Anm. 8), S. 211ff.; Plenderleith, History (Anm. 21), S. 129-132. Vgl. auch Dokumente in: Archiv der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen (BStGS), Archivnr. 66, 556 u. 570; Kurt Reutti, Erinnerungen (unpubliziertes Manuskript), S. 132, in: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, VI. HA, NL Reutti, Kurt, Nr. 1.

[25] Dokumente zur Auslagerung und Sicherstellung von Gemälden, in: BStGS, Archivnr. 66.

[26] 1966 wurde die Kommission für Gemäldepflege mit der Kommission für Museumslaboratorien zum Komitee für Konservierung zusammengelegt.

[27] Bewer, Laboratory (Anm. 8), S. 253; Stoner, Changing Approaches (Anm. 21), S. 51.

[28] Kurt Wehlte, Restauratorengeheimnisse oder Fachdiskussionen?, in: Technische Mitteilungen für Malerei und Bildpflege 76 (1970), S. 107-112, hier S. 108.

[29] Stoner, Changing Approaches (Anm. 21), S. 56f.

[30] Karl Scheffler (Künstler und Kunstkritiker, 1869–1951); zit. nach A.M. Flinsch, Möglichkeiten und Gefahren der Restaurierung von alten Gemälden, in: Weltkunst 21 (1951) H. 8, S. 2, S. 12, hier S. 2.

[31] Office International des Musées (Hg.), Documents sur la Conservation des Peintures, Paris 1933. Bis heute ist das klimatische Umfeld von Kunstwerken Gegenstand wissenschaftlicher Erörterungen; vgl. u.a. Andreas Burmester/Melanie Eibl, Klima und Kulturgut. Die Münchener Position zu den Interim Guidelines der Bizot-Gruppe, in: Restauro 119 (2013), S. 53ff.

[32] International Museums Office (Hg.), Manual on the Conservation on Paintings, Paris 1940.

[33] Christian Wolters, Vorbeugende Maßnahmen zum Schutz von Kunstwerken in Museen, in: Maltechnik-Restauro 79 (1973), S. 228-233, hier S. 228.

[34] Gustav Pauli, Über das Restaurieren, in: Kunst und Künstler 26 (1928), S. 334-338, hier S. 334.

[35] Christian Wolters, Konservatorische Gesichtspunkte im Museumsbau, in: Bauen + Wohnen 20 (1966) H. 9, S. 1f.

[36] [O.A.,] Drohender Verfall des englischen Kunstbesitzes, in: Weltkunst 20 (1950) H. 15, S. 4.

[37] Otto Dünbier an Robert Ellscheid, 17.10.1968, ThyssenKrupp Konzernarchiv (TKA), NEll/66.

[38] Thomas M. Bayer/John R. Page, The Development of the Art Market in England. Money as Muse, 1730–1900, London 2011, S. 140; Walter Grasskamp, Die unbewältigte Moderne. Kunst und Öffentlichkeit, München 1994, S. 37f.

[39] Bayer/Page, Development (Anm. 38), S. 69, S. 116, S. 175f.

[40] Grasskamp, Die unbewältigte Moderne (Anm. 38), S. 37; Ekkehard Mai, Expositionen. Geschichte und Kritik des Ausstellungswesens, München 1986, bes. S. 33.

[41] R.W. Pressprich & Co. an Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza, 14.7.1971, Stiftung zur Industriegeschichte Thyssen (SIT) TB 0561.

[42] Hans Rosenhagen, Die Zukunft der Kunstausstellungen, in: Die Kunst für alle 20 (1904/05), S. 354-361.

[43] [O.A.,] Die Gefahren des Transports von Kunstwerken, in: Technische Mitteilungen für Malerei 55 (1939), S. 100f.

[44] Germain Bazin, Für oder gegen die Ausstellung, in: Weltkunst 23 (1953) H. 4, S. 6.

[45] Büro Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza an Rembrandt-Verlag, 12.10.1959, SIT TB 0233.

[46] Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza an den Direktor des Nationalmuseums Stockholm, 6.7.1962, SIT TB 019.

[47] Heinz Althöfer, Notizen zur Maltechnik und Restaurierung moderner Kunstobjekte, in: Maltechnik-Restauro 82 (1976), S. 102-111, S. 183-187, S. 226-232, und ebd. 83 (1977), S. 33-36, S. 106-113, S. 186-192, hier S. 187.

[48] So galt Holz als besonders klimaempfindlich, bei großen Plastiken aus Stein machte das Gewicht ihren Transport zu einem aufwendigen Unterfangen, Aquarelle waren äußerst lichtempfindlich usw.

[49] Zu den Innovationen im Transportwesen gehörten beispielsweise klimatisierte Versandkisten; vgl. K.H. Weber, »Der Zinsgroschen« von Tizian wieder ausgestellt, in: Technische Mitteilungen für Malerei und Bildpflege 73 (1967), S. 100-106.

[50] Bayer/Page, Development (Anm. 38), S. 120.

[51] Bei dem internationalen Kunstunternehmen Duveen Brothers hieß es 1932 im Telegrammstil: »Important never miss any opportunity to have all our pictures published in all books whether written by important or unimportant critics, as they thus become classics. Encourage this enormously and give photographs of all pictures have dealt in.« Duveen Brothers, Filiale New York an Paris, 2.2.1932, Getty Research Institute, Duveen Brothers Records, Box 380, Folder 4.

[52] Bayer/Page, Development (Anm. 38), S. 26, S. 64-68, S. 85-89, S. 119-124.

[53] Nach Walter Benjamin entwertete die technische Reproduzierbarkeit die Originalität und Authentizität von Kunstwerken und zerstörte ihre »Aura«. Der Kunstmarkt spiegelte diese Deutung nicht wider: Die Preise für Originalwerke anerkannter Künstler stiegen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts immens. Allerding hob Benjamin in seinem berühmten Aufsatz auf die Gestaltung, Wahrnehmung und Funktion der Kunst ab, nicht auf ihren monetären Wert. Ders., Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit [1935/36], Frankfurt a.M. 2010.

[54] Rudolf Heinemann an Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza, 8.11.1962, SIT TB 020.

[55] Gramlich, Die Thyssens als Kunstsammler (Anm. 6), S. 304-311.

[56] Ebd., S. 46f.

[57] [O.A.,] Zuviel Meisterwerke, in: Weltkunst 21 (1951) H. 12, S. 8.

[58] [O.A.,] Privatbesitz unter der Lupe, in: Weltkunst 25 (1955) H. 3, S. 7.

[59] Gramlich, Die Thyssens als Kunstsammler (Anm. 6), S. 245-253.

[60] Dokumente in BStGS, Archivnr. 1967; Kurt Wehlte, Aus der Praxis der maltechnischen Röntgenographie, in: Technische Mitteilungen für Malerei 48 (1932), S. 71-80.

[61] Bewer, Laboratory (Anm. 8), S. 155f.; C.O. Fischer u.a., Die Neutronen-Aktivierungsanalyse. Verfahrenstechnik und Anwendung am Beispiel eines Gemäldes von Esaias van de Velde, in: Restauro 94 (1988), S. 259-268.

[62] Bewer, Laboratory (Anm. 8), S. 91ff.; Burmester, Kampf (Anm. 8), Bd. 1: S. 381-388.

[63] Helmuth Rinnebach, Die Lumineszenz-Analyse im Dienste des Kunsthistorikers und Restaurators, in: Technische Mitteilungen für Malerei 47 (1931), S. 54f., S. 64ff., hier S. 64.

[64] Bewer, Laboratory (Anm. 8), S. 95-105; Burmester, Kampf (Anm. 8), Bd. 1: S. 378.

[65] Ernst van de Wetering, Rembrandt’s Paintings Revisited. A Complete Survey (A Corpus of Rembrandt’s Paintings VI), Dordrecht 2014; Linda Stone-Ferrier, The Rembrandt Research Project: Issues and Controversies Raised by a Canonical Œuvre, in: Anna Brzyski (Hg.), Partisan Canons, Durham 2007, S. 225-244.

[66] »The scarcity of fine Renaissance and medieval objects on the market led to a lack of interest in these.« Charles Pilkington, Fashions Change in Collecting, in: Times, 17.10.1958, S. 13f.

[67] Dies zeigt insbesondere die Neue Wirtschaftssoziologie; vgl. u.a. Jens Beckert/Rainer Diaz-Bone/Heiner Ganßmann (Hg.), Märkte als soziale Strukturen, Frankfurt a.M. 2007.

[68] Bewer, Laboratory (Anm. 8), S. 103.

[69] Künstler_innen und Künstlergruppen seit den Futuristen nutzten diese Eigendynamik der Stoffe verstärkt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und machten sie zum Bestandteil ihres künstlerischen Ausdrucks. So beschrieb Joseph Beuys seine Plastiken 1979 als »nicht festgelegt und fertig. In den meisten dieser Objekte laufen die Prozesse weiter ab: chemische Reaktionen, Gärungen, Farbveränderungen, Zerfall, Austrocknen. Alles ist in einem Zustand des Fließens.« Zit. nach Rübel, Plastizität (Anm. 5), S. 232; vgl. auch ebd., S. 32, S. 306f.

[70] Albert Knoepfli, Technologe oder Restaurator?, in: Maltechnik-Restauro 80 (1974), S. 125-132, hier S. 125. Knoepfli gehörte mit seinen Äußerungen zu einer breiteren Bewegung, die dem Einsatz neuer Technologien im Kunstbetrieb in jener Zeit skeptisch gegenüberstand; vgl. Stoner, Changing Approaches (Anm. 21), S. 53.

[71] Knoepfli, Technologe (Anm. 70), S. 130, S. 132.

[72] Vgl. u.a. BStGS, Archivnr. 2588.

[73] Bruno Latour, Die Hoffnung der Pandora. Untersuchungen zur Wirklichkeit der Wissenschaft, Frankfurt a.M. 1999, S. 221.

[74] Beckert/Diaz-Bone/Ganßmann, Märkte (Anm. 67).

[75] Latour, Hoffnung (Anm. 73), S. 236.

[76] Siehe den Leibniz-Forschungsverbund (<http://www.leibniz-historische-authentizitaet.de>) und die zugehörige konzeptionelle Publikation: Martin Sabrow/Achim Saupe (Hg.), Historische Authentizität, Göttingen 2016.

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