„Rat Breeding Colonies“

Städtische Gewalträume und ihre Regulierung in Durban, Südafrika

Anmerkungen

Glaubt man Polizisten, Stadtplanern und Managern in der südafrikanischen Küstenmetropole Durban, so hat sich nach dem Ende der Apartheid eine ganz neue Gebäudeform in der Innenstadt etabliert: Bad Buildings, die „entführt“ und „missbraucht“ würden, die „Opfer“ von kriminellen Aneignungen oder Drogenexzessen geworden seien.1 Solche Gebäude könnten, so die Experten, nur mit Mühe „befreit“ werden,2 denn Gewalt habe sich förmlich in die Mauern eingefressen. Die Zerstörung der Bad Buildings sei oft die letzte Option, um zu verhindern, dass sie als „Krebs“ in der Umgebung wucherten.3 Wenn die formalen Gestalter städtischen Raumes Gebäuden ein solches Eigenleben der Gewalt zuschreiben, so ist das mehr als Metaphorik. Die Diskurse der Experten verweisen auf Umbrüche im Verständnis von und im Umgang mit Gewalt, die über den südafrikanischen Kontext weit hinausreichen. Im Argumentationshorizont der Experten sind Räume nicht lediglich die Bühne, auf der Individuen Gewaltakte vollziehen, sondern die Räume selbst können kriminell, gefährlich oder gewalttätig sein.4

Vor 100 Jahren beschrieb eine Durbaner Tageszeitung unter dem Titel „Darkest Durban“ informelle Bars (so genannte Shebeens) als „Höhlen“ und als „hotbeds of immorality“, in denen afrikanische Männer ihr Unwesen trieben.5 Ähnlich wie Bad Buildings wurden die Shebeens als Gewaltorte thematisiert, jedoch mit einem bedeutenden Unterschied: Der Ärger über die Shebeens war eine Empörung über die dort trinkenden, zügellosen und sich schlagenden Männer. Die Maßnahmen der Experten richteten sich entsprechend auf die „Zivilisierung“ der afrikanischen Trinker. Ein solches Interesse für Individuen, für ihre Disziplinier- und Erziehbarkeit ist in den gegenwärtigen urbanen Gewaltzentren nicht mehr zu finden. Raum wird zur Zielscheibe per se, um Gewalt einzudämmen.

Dieser Aufsatz widmet sich urbanen Räumen im südafrikanischen Durban der Prä- und der Post-Apartheid-Zeit, die jeweils als Gewaltorte markiert und reguliert wurden bzw. werden: Shebeens im frühen 20. Jahrhundert und Bad Buildings im beginnenden 21. Jahrhundert.6 Ihnen ist gemein, dass sie als gewaltgeladene „andere“ Räume7 pathologisiert werden, die den jeweiligen normativen Ordnungen zuwiderlaufen.8 Sie sind zugleich wirkliche Orte und Projektionsflächen, Realität und Faszinosum der Gewalt.9 Die beteiligten Experten definieren sie als Räume, die eine besondere Behandlung erfordern.

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Wenn Shebeens und Bad Buildings als Inseln der Gewalt problematisiert werden, so wirft das die Frage auf, was diese Inseln umschließt. Was ist die größere Ordnung der Gewalt(losigkeit), aus der sie emporragen? Worauf verweisen sie? Die Antwort ist von Jan Philipp Reemtsmas neueren Arbeiten über Gewalt und Vertrauen inspiriert und lässt sich wie folgt formulieren: Die Inseln der Gewalt sind von einem Meer der Illusion vermeintlicher Gewaltlosigkeit umspült, einer Illusion (der Moderne), ohne die die Pathologisierung dieser Orte gar nicht nötig wäre.10 Dass sich die Illusion einer Überwindung von Gewalt in der Moderne bei einem gleichzeitigen Zusammenbruch von Vertrauen auf Sicherheit im gegenwärtigen Südafrika („urban terror“,11 „state of emergency“12) halten kann, ist der Widerspruch, den der Aufsatz einzukreisen versucht. Das (selektive) Sichtbar- und Unsichtbarmachen von Gewaltphänomenen durch Expertendiskurse ist der Schlüssel zu diesem Paradox. Die räum-liche Selektivität des Wahrnehmens von Gewaltphänomenen hat dabei ein zeitliches Pendant. Über den Verweis auf frühere, in der Retrospektive als ge-waltarm erscheinende Zeiten wird die jeweilige Gegenwart als gewaltvoll pathologisiert.

Die Argumentation erfolgt in drei Schritten: Im ersten Schritt wird Gewalt als Narrativ in der südafrikanischen Geschichtsschreibung eingeordnet. Dabei wird erklärt, wie der hier gewählte Fokus der Räumlichkeit dominante Gewaltkonzepte bereichern kann. In einem zweiten Schritt werden Shebeens und Bad Buildings in Durban als Orte der Gewalt durch die Brille derer erforscht, die sie problematisieren und regulieren. Dabei wird gezeigt, wie sich der Umgang mit diesen Gewaltorten von einer angestrebten Zivilisierung der Trinker in panoptisch organisierten Bierhallen (im Fall der Shebeens) hin zu einem kosmetischen Oberflächenmanagement der Gebäude (im Fall der Bad Buildings) gewandelt hat. In einem dritten Schritt wird der Blick von den Inseln der Gewalt hin zu deren (zeitlichen und räumlichen) Umgebungen gelenkt.

1. Gewalt in Südafrika als Raumproblem

Eine Perspektive auf die Inszenierung und Regulierung von Räumen der Gewalt kann dominante, um Rassenzuschreibung und politische Gewalt kreisende Narrative südafrikanischer Geschichtsschreibung auf vielfache Weise bereichern. Zunächst soll der in der südafrikanischen Historiographie oft als un-umgänglich betrachtete racial bias hier in einen spatial bias umgelenkt werden. Dies ist angesichts der Repressionen, die sich gegen die schwarze Bevölkerung richteten, ein gewagtes Unterfangen. Die Problematik von Rassenzuschreibung in der Gewaltgeschichte wird jedoch nicht etwa ausgespart, sondern in die Betrachtung der problematisierten Raumausschnitte eingeflochten. Süd-afrikas dramatische Geschichte des Regierens durch Räume wurde bisher vor allem mit Schwerpunkt auf Ausschluss- und Diskriminierungsmaßnahmen des Apartheidregimes wie etwa Passkontrollen, Ausgangsverboten und Zwangsumsiedlungen erzählt.13 In der hier vorgenommenen Betrachtung populärer Mikroräume der Gewalt vor und nach der Apartheid soll die dominante Geschichtsschreibung neue Akzente erhalten. Südafrikas Geschichte der Gewalt kann dabei auch vor dem Hintergrund internationaler Transformationen im Umgang mit städtischen Problemen ent-exotisiert werden.

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Des Weiteren werden hier Räume beleuchtet, die nicht (oder nicht in erster Linie) als politisch gelten, sondern vor allem als kriminell und brutal. Die im Folgenden untersuchten „Paradiese“ für Schlägereien, Drogendealerei oder Prostitution reflektieren weder primär staatliche Repressionen, noch passen sie in das Raster von „resistance as the definitive South African story“.14 Bezeichnend ist dabei, welche Orte in der politischen Öffentlichkeit als Gewaltorte sichtbar gemacht werden (beispielsweise Shebeens oder Bad Buildings) und welche trotz ihrer Gewaltsamkeit nicht im selben Maße debattiert werden (beispielsweise die Familie).

Angesichts dieser - im traditionellen Verständnis - unpolitischen Räume der Gewalt geraten völlig unheroische Gewaltakteure ins Visier der Verwalter (und auch der Forscher): etwa Trunkenbolde, Drogenhändler, Vergewaltiger oder Gelegenheitsräuber. Anders als in der Betrachtung von mitunter gewaltsamen Befreiungsbewegungen, Township-Revolten,15 Anti-Pass-Kampagnen,16 Streiks und Boykotten17 oder von Mobilisierungen gegen soziale Einschnitte nach der Apartheid18 spielen in „unpolitischen“ Gewalträumen visionsgeleitete Führungsfiguren nur selten eine Rolle. Intellektuelles Wirken interessiert im Folgenden lediglich als distanziertes, moralisierendes Perspektivnehmen auf diese Räume. In der Empörung über Shebeens und Bad Buildings verwischen Trennlinien zwischen regierungstreuen und -kritischen Aktivisten, zwischen afrikanischen Intellektuellen und weißen Magistraten, zwischen Polizeikommissaren und Journalisten. Über soziale Positionen hinaus zeichnen die Verwalter und Experten ein erstaunlich kohärentes Bild „ihrer“ Gewaltorte.

2. Gewalt in „anderen“ Räumen: „Shebeens“ und „Bad Buildings

Als Negativ-Räumen kommt Shebeens und Bad Buildings eine vergleichbare Rolle im jeweiligen staatlich-urbanen Setting der Küstenmetropole Durban zu. Die Stadt war sowohl in der Phase von 1908 bis 1930 als auch in der Zeit nach 1994 Schauplatz einer Stadtentwicklung im Kontext eines neuen Staatswesens (1910: Gründung der Union of South Africa19) bzw. eines sich ganz neu definierenden Staats (1994: erste demokratische Wahlen). Damit verbunden sind in beiden Fällen einschneidende demographische Veränderungen: in der Vor-Apartheid-Zeit die als „temporär“ geplante Migration schwarzer männlicher Arbeiter aus der ländlichen Umgebung und in der Nach-Apartheid-Periode die neue Nutzung der nunmehr für alle Bevölkerungsgruppen freigegebenen Innenstadt. Negative Begleitphänomene dieser politischen und demo-graphischen Umbrüche scheinen in Shebeens und Bad Buildings gebündelt und potenziert zu sein. Im Folgenden wird die Wahrnehmung dieser Orte seitens ihrer Analysten und Manager untersucht. Es soll aufgezeigt werden, wie Gewalt verstanden, verwaltet und „verkapselt“ wird und wie aus Orten, an denen (auch) Gewalttaten passieren, Gewaltorte sui generis mit ganz eigenen kriminogenen Eigenschaften werden.

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2.1. „Shebeens“ und Prä-Apartheid-Stadt. Im beginnenden 20. Jahrhundert drängten Tausende aus den Ländereien der Provinz Natal vertriebene afrikanische Arbeiter in die Metropole Durban, um sich als Arbeitskräfte am Hafen, im Bergbau, in der Zuckerrohrindustrie oder in Haushalten der europäischen Stadtbewohner zu verdingen.20 Die Stadt, lange als exklusive Domäne der Weißen verstanden, veränderte sich drastisch. Europäische Stadtregenten und die meisten afrikanischen Intellektuellen21 waren besorgt - teils um die Stadt, teils um die afrikanischen Arbeiter. Durban, so hieß es in zahlreichen Stellungnahmen, „verderbe“ die Menschen vom Land. „The noble minded Zulu gentleman of olden times“22 - oder die Vorstellung davon - verwandelte sich buchstäblich in den stadttrunkenen Gewalttäter.

„Gradually but surely“, schrieb der Magistrat des Verwaltungsbezirks Alexandra in der Nähe von Durban, „he [‚the native‘] was ultimately drawn to our towns, where there is a total absence of restraint, and it is this very absence of restraint, when he mixed with the heterogeneous mass of low class Europeans and Natives of other countries with habits foreign to his nature, that has proved to be his downfall. [...] It is from and through this class he picks up his code of ‚new‘ morals leading to disease and destruction, learns to speak to him, to swear and to treat the European with disrespect, and cultivates a taste for rum and doctored hop beer tending to self degradation and loss of vitality.“23 Die Stadt, als Ort der Reize und Vermischungen, erzeuge Degeneration. Die „ungeübten“ Individuen vom Land, so die Vorstellung der „Geübten“, würden in den urbanen „Zentren des Übels“ regelrecht verführt, wie der Magistrat wusste: „Lured away from his old primeval haunts and conventions, away from his simple surroundings and happy associations, he [‚the native‘] was thrown into a churning cauldron of folly, vice and riotous dissipation he was totally unfitted to withstand.“24

Inbegriff des von staatlicher und kirchlicher Seite beklagten „afrikanischen Verfalls“ in den Städten war der ausschweifende Alkoholgenuss in populären Hinterhof- oder Wohnzimmerbars, den Shebeens. Verkauft wurde dort das so genannte Zulubier, ein niedrigprozentiges, von illegal in die Stadt kommenden Zulu-Frauen hergestelltes Hirsegebräu, dessen Alkoholgehalt oft durch extralange Gärung erhöht und in „deadly mixtures“ verwandelt wurde.25 Shebeens waren keinesfalls ein neues Phänomen - auch auf dem Land waren sie weit verbreitet. Nur schienen sie dort in ein dichteres System sozialer Kontrolle eingebettet zu sein und waren für die auf Städte fixierten kolonialen bzw. staatlichen Regulatoren deshalb nur von beschränktem Interesse.26 Mit der neuen Migrationswelle gelangte die sonst naturalisierte und wenig problematisierte „Rohheit“ der neuen Stadtbewohner jedoch mitten in das Herz der „Zivilisation“; sie wurde zum Thema zahlreicher Debatten unter afrikanischen Intellektuellen, europäischen Magistraten und Journalisten.
 

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Shebeen in Durban: „Men drinking & playing music at a shebeen in Cato Manor“. Das Foto stammt wahrscheinlich aus den frühen 1950er-Jahren. Durch die Apartheid-Zeit hindurch waren Shebeens Orte des geselligen Zusammenseins, an denen trotz der ständigen Bedrohungen durch Polizeirazzien Musik, Poesie und Tanz florierten. Bierbrauerinnen, oft als „Shebeen Queens“ romantisiert (hier im Hintergrund), stellten das Hirsebier und die stärkeren „Concoctions“ heimlich in den Hinterhöfen der Shebeens her.
(Local History Museum Collection, Durban)
 

Weiße Fabrikbesitzer beklagten, dass ihnen die Arbeitskräfte durch Alkolholvergiftungen oder plötzlich auftauchende Arbeitslethargien dahinschwanden. Aus Sicht der in Missionsstationen gebildeten afrikanischen Lehrer, Priester und Übersetzer wiederum war moralische und körperliche (Selbst-)Degradierung der Zulu-Bevölkerung ein Hindernis für die von ihnen eingeleiteten Bestrebungen eines „self-upliftment“27 der Afrikaner. Sie sahen sich in der Pflicht, ihren Landsleuten zu sozialem und wirtschaftlichem Aufstieg sowie zu politischen Rechten zu verhelfen - ein Vorhaben, für welches das Image des (gewalt)trunkenen städtischen Zulu überaus schädlich war. In der Zulu-Intellektuellenzeitschrift „Ilanga Lase Natal“28 wurde beklagt, man könne fast keinen Zulu mehr antreffen, der nicht durch die in Shebeens verkauften giftigen Gebräue physisch ruiniert sei.29

Schlägereien, Prostitution und Bandentum waren über Selbstdegradierung hinausreichende Probleme. Der Polizeichef meldete regelmäßige Trinkorgien und Schlägereien und diagnostizierte einen generellen Verfall.30 In den Zeitungen war die Rede von „unmoralischen Frauen“, die in den Shebeens ihre Dienste anboten,31 von so genannten „Amalaita-Gangs“, die sich alkoholisiert Straßenkämpfe lieferten, Haschisch rauchend herumlungerten, weiße Stadtbe-wohner überfielen und schwarze Polizisten mit Messern bedrohten.32 Schwarze christliche Organisationen, die sich die Mäßigung des afrikanischen Alkoholkonsums zum Ziel gemacht hatten, stimmten in den Tenor der weißen Stadtregenten ein und beschrieben ihrerseits, wie Jungen im Hinterhof der Shebeens Amok liefen und wild um sich stachen.33 Die mit Shebeens in Zusammenhang gebrachte Gewalt zog dabei konzentrische Kreise und entlud sich auch an anderen Orten, beispielsweise zu Hause, wo betrunkene Männer schwächere Familienmitglieder misshandelten. Solche Orte galten jedoch als Satelliten ein und desselben Gewaltmittelpunkts: der Shebeens. Diese von „Irrationalität und Trieb“34 durchzogenen, zu Gewalt verleitenden, afrikanisch35 und männlich36 codierten Räume hatten keinen Ort in der aufstrebenden, sich modernisierenden Metropole, in welcher der Staat zunehmend das Leben der „Bürger und Subjekte“37 zu organisieren suchte. Bezogen auf das neue Stadtprojekt waren sie „andere“, negative und staatsferne Räume.
 

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Cato Manor Beerhall in Durban. Auch dieses Foto stammt wahrscheinlich aus den 1950er-Jahren. Afrikanische Trinkkultur sollte ab 1908 in „nüchterneren“ Gefilden ihr Zuhause finden. Die (beträchtlichen) Einnahmen aus dem Bierverkauf investierte die Stadtverwaltung unter anderem in die Gehälter der lokalen Polizei.
(Local History Museum Collection, Durban)
 

Die Staatsferne der Shebeens sollte im so genannten „Durban System“ pragmatisch angegangen werden. Nicht etwa das Trinken selbst sollte verboten, sondern die Shebeens als Orte sollten abgeschafft werden. Ab 1908 wurde das „Bier der Einheimischen“ nur noch in der städtischen Sorghumbrauerei hergestellt, und die afrikanischen Arbeiter tranken von nun an in einer der ungemütlichen und panoptisch organisierten Bierhallen der Stadt, von den Arbeitern oft als „Käfig“ bezeichnet.38 Durch Überwachung und strenge Maßregelung sollten die afrikanischen Biertrinker an Disziplin gewöhnt werden.39 Die Unübersichtlichkeit der dreckigen Hinterhöfe und Wohnzimmer sollte in die Übersichtlichkeit der Bierhallen überführt werden. Der von der Stadt eigens dafür eingesetzte Aufpasser, so hieß es in einem Bericht über das Biermonopol, „is thereby enabled to exercise effective oversight and detect any loitering or disorderly conduct and thus supervise and prevent any from indulging in excess“.40

Staatsferne Vergnügungsräume nach altem Muster sollte es nicht mehr geben. Neue, diesmal von staatlichen Regeln durchherrschte, aber dennoch für „Nichtbürger“ geschaffene Räume wurden kreiert. Zivilisierung und der Glaube an die Lernfähigkeit der „zügellosen Subjekte“ waren die treibenden Mechanismen im Umgang mit den Trinkenden. Die Bierhallen wurden darüber hinaus zentrale Institutionen eines ausgeklügelten Systems sozialer Kontrolle, in dem sich Gewalt in anderen Formen fortsetzte. Die Einnahmen aus dem Bierkonsum der Arbeiter, die nur in den extra für sie errichteten Bierhallen trinken durften, investierte die Stadtverwaltung für den Aufbau von Wohnbaracken41 und lokalen Polizeistrukturen „für“ die afrikanischen Migranten. Ein Arbeiter, der zum Feierabend in der Bierhalle trank, finanzierte sozusagen den Polizisten, der ihn auf dem Nachhauseweg wegen Bagatellen verhaften würde. In den Worten des Historikers David Hemson: „The cost of control and repression came from the pockets of those who were the butt of these official actions.“42

Die Versuche, die Shebeens für immer abzuschaffen, schlugen jedoch fehl: Einige Shebeens wurden nicht entdeckt, regenerierten sich nach Polizeirazzien beständig oder wurden an anderen Orten wieder eröffnet. Sie florierten illegal durch die Apartheidzeit hindurch in den Townships und gelten heute noch immer als „breeding grounds of crime“.43 Gleichzeitig werden Shebeens durch Legalisierungsbemühungen des Alkoholkontrollrats zunehmend als Gegenstand erfolgreichen Unternehmertums und afrikanischen Kulturguts umgedeutet.44 Die Shebeens der Innenstädte werden Schritt für Schritt aufpoliert. Sie sind nicht länger Inbegriff des „Darkest Durban“.45 Dieser Platz wird nunmehr von einer anderen Negativ-Ikone städtischen Verfalls eingenommen: den so genannten Bad Buildings.

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2.2. „Bad Buildings“ und Post-Apartheid-Stadt. Seit dem Ende der Apartheid passiert in Durban das, was Zygmunt Bauman für die Spätmoderne metaphorisch als „melting the solids“ beschrieben hat:46 die Aufweichung einer restriktiven, diskriminierenden städtischen Landschaft. Vormals ausgeschlossene Bewohner der so genannten „selbst verwalteten“ Homelands und der Townships sowie Migranten aus benachbarten afrikanischen Ländern sind in die neuen Möglichkeitsräume der nunmehr offenen Stadt geströmt.47 Doch die neue Stadt hat auch ihre hässlichen Seiten. Inbegriff dessen sind so genannte Bad Buildings, auch Dysfunctional Buildings genannt. Bad Building ist kein juristischer Terminus, sondern eher eine allseits genutzte Chiffre für eine Reihe verschiedener Phänomene: verlassene Häuser, Drogenumschlagplätze, heruntergekommene Nachtclubs oder illegale Arbeitsstätten für Prostituierte. Bad Building ist in seiner Schlichtheit ein Begriff, der - hört man Journalisten und Stadtplanern zu - keiner Erklärung mehr bedarf. Das Attribut „schlecht“ steht für den physischen Verfall, für das Verhalten der Bewohner und für die illegale oder kriminelle Nutzung. Wie ein Gebäude zum Bad Building wird, darüber herrscht bei den verschiedenen Experten Übereinstimmung: Unverantwortliche Hausbesitzer verlassen ihr Gebäude, oder sie bezahlen nicht die Abgaben für Gas, Wasser und Elektrizität. Die Leistungen werden nicht mehr erbracht, das Gebäude wird nicht länger kontrolliert, es beginnt „auseinanderzufallen“. Wie ein Verantwortlicher der Better Buildings Initiative48 erklärt: „[...] so what happens is that the building starts to fall apart. See? You got all sort of criminal element that move in, you’ve got these drug lords that move into buildings, they then actually hijack the building, they take over the building and they hold people to ransom.“49

Im Unterschied zu den Shebeens beginnt die Problematisierung hier nicht mit den Afrikanern in der Stadt und deren Zügellosigkeit, sondern mit einem Ort, der sich verändert: Ein Gebäude wird nicht mehr instandgehalten, wird (zweck)entfremdet und „entführt“. „Street children in the area then used it to sleep in at night and then people [...] broke in from the back. And they would rob people and run into the building. [...] It was horrific of what was actually going on inside, a woman was raped inside there. [...] they robbed two cripple guys outside, right outside the place.“50

„Entführt“ werden die meisten Bad Buildings laut der Berichte lokaler Sicherheitsexperten von „illegalen Leuten“ („hijacked by illegal people“).51 Dies bezieht sich in der Regel auf Migranten, unabhängig von ihrem Status. Wie ein Verantwortlicher der Better Buildings Initiative berichtet: „[...] the people from the DRC, Congo, they started moving in. And they obviously threatened existing owners and tenants, ganged up against them and then slowly took over the building.“52 Die Kidnapper der Gebäude sind also Fremde.

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Dabei schwingt in vielen Beschreibungen der Durbaner Gewaltkarthographen ein interessanter Unterton mit: Wie über Bad Buildings geredet wird, könnte auch über Menschen geredet werden. So hat ein Bad Building Prostituierte und Straßenkinder,53 es gewährt Kriminellen Unterschlupf („harbouring criminals“54), es wird gekidnapped. Entführt wird üblicherweise etwas, das bewegt werden kann: ein Mensch, ein Flugzeug, ein Auto. Wenn ein Haus gekidnappt wird, wird es nicht von der Stelle gerückt - wohl aber „entgegen seiner Bestimmung“ zum „Schlechten“ hin bewegt. Die Bildsprache setzt sich fort, wenn es darum geht, das „gekidnappte Haus“ zurückzugewinnen: So berichtet ein Gesundheitsverantwortlicher von der „Befreiung“ des Gebäudes („freeing the building“55). Die Verwendung von menschlichen Attributen zur Beschreibung der Bad Buildings (entweder als „Opfer“ entführt oder als „Täter“ die Stadt übernehmend) spricht von Leidenschaftlichkeit gegenüber diesen Häusern. Gebäude in Not, ähnlich wie Menschen in Not, müssen gerettet werden; Ausnahmeregelungen müssen her. Die Gebäude selber (und nicht die sie nutzenden Individuen) erscheinen als die zentrale Zielscheibe der Maßnahmen.

Die Imagination der Bad Buildings als menschenähnlich geht mit einer Betrachtung ihrer Bewohner als tierähnlich einher. Ein Manager des innenstädtischen Urban Improvement Precinct berichtet über die Säuberung eines Gebäudes, das er als „rat breeding colony“ bezeichnet. Er spricht zunächst über Ratten, aber dann verfließen die Kategorien. „These rats had got to stage that were chasing cats, and let me tell you, they were huge and we managed [...] to get this Crush and Run spread it over the side and we killed all the rat infestation. We got rid of the criminal element, we got rid of the street children, we got rid of the vagrants and finally we got rid of the rats.“56 Hier wird zwischen Menschen, Ratten und Schmutz so schnell hin und her gewechselt, dass am Ende unscharf wird, wo die Trennlinien sind.57 Zur tierisch-menschlichen Bildersprache passen schließlich die Bezeichnungen von Bad Buildings als „Höhlen“ sowie die immer wieder erzählten Horrorgeschichten darüber, wie die in Bad Buildings hausenden Straßenkinder eine „Mauer“ aus Fäkalien um die Räume ziehen, die unliebsame Eindringlinge (zum Beispiel Polizei) davon abhalten soll, ihr „Revier“ zu betreten.

Aber Bad Buildings sind nicht nur für sich genommen „schlecht“, sondern auch „schlecht“ für die Umgebung. Die städtische Organisatorin der Fußballweltmeisterschaft 2010 beschreibt Bad Buildings als einen „Krebs, der sich in der ganzen Gegend verbreitet“.58 Lärm, Schießereien, Diebstahl, Drogenhandel, Ausbeutung von Kindern für Prostitution werden direkt auf den Einfluss von Bad Buildings bezogen. Ähnlich wie die Shebeens hinterlassen die Bad Buildings Spuren in ihrer Umgebung. Die Ausbreitung der negativen Effekte bekommt hier jedoch noch einen neuen Aspekt. Die Öffentlichkeit der Bad Buildings, die Nähe zum prestigereichen Strand, dem Konferenzzentrum und dem Geschäftsviertel machen die mit Bad Buildings in Verbindung gebrachten Dynamiken für die Stadtverwalter besonders ärgerlich. Die Wirkungen beziehen sich dabei nicht nur auf die Stadt selbst, sondern reichen auch über die Grenzen Südafrikas hinaus. In einer Diskussion um Touristen und Bad Buildings bemerkte ein Verantwortlicher für die Better Buildings Initiative: „We don’t want tourists walk down the streets and get stabbed. [...] You know, it’s not good for us.“59
 

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Bad Building in der Innenstadt von Durban - eines der Gebäude, welches durch die „Better Buildings Initiative“ kürzlich abgerissen wurde.
(Better Buildings Initiative, Durban)
 

Die Sichtbarkeit der Bad Buildings und die potentiell globale Ausbreitung eines schlechten Images sind neue Motive der Besorgnis im Vergleich zu den Shebeens, bei denen die als barbarisch bezeichneten Verhaltensweisen der Afrikaner als Hauptprobleme galten. Die gegenwärtige Akzentuierung von Imageschäden verweist auf einen neuen Pragmatismus der Oberfläche, der sich deutlich von der früheren Frage abhebt, wie man die afrikanischen Städter im beginnenden 20. Jahrhundert am besten zivilisieren könne.

Diese neue Oberflächlichkeit im Management städtischer Gewaltprobleme60 zeigt sich auch im Umgang mit den Gebäuden. Es geht bei den Bad Buildings nicht mehr darum, ihren Nutzern/Bewohnern gute Manieren beizubringen - ganz im Gegensatz zu den Gängelungen, die den Shebeen-Besuchern des frühen 20. Jahrhunderts auferlegt wurden. Vielmehr richten sich die Handlungen im Zusammenhang mit den Bad Buildings fast ausschließlich auf den physischen Gewaltraum selbst: Dieser wird, je nach Verfallsstatus, „versiegelt“, „aufgeräumt“ oder „abgerissen“; die „Kidnapper“ werden vertrieben. Die Better Buildings Initiative führt regelmäßig so genannnte „special operations“ durch, um das betreffende Gebäude „aufzuräumen“. Die Einsatzbrigade entfernt die Indizien für die illegale Besiedlung der Gebäude und ihrer Umgebung (Sofas, Decken, Drogenbesteck). „Hijack-Versuche“ sollen in ihren Anfängen gestoppt werden. Wenn das Gebäude schon so heruntergekommen ist, dass es nicht zu retten ist, wird es abgerissen. Manchmal muss es verriegelt werden - doch das ist nicht einfach, wie ein Spezialist mitteilt: „There are all different ideas on how to seal the building: burglar bars, bricks, glass and whatever, but a lot of those things can be broken into again. The mortar got to set for twenty-eight days, before it hardens ready and they just kick it through. So we came up with the idea of just having straight flat metal, of which we just bolted to the windows, doors and front, back, painted it up and that’s it. [...] Because those people who were there, have just been relocated.“61

Bemerkenswert ist dabei, wie das Problem als ein rein technisches präsentiert wird, das mit dem richtigen Material oder den passenden Maschinen behoben werden könne. Nicht die Ursachen für Vergewaltigungen, organisierte Kriminalität, Klebstoff schnüffelnde Kinder werden gesucht, sondern deren Effekte kosmetisch behandelt. Die Regulierung eines sozialen Raumes wird als Kontrolle eines physischen Raumes verstanden; soziale Probleme werden nicht an ihrer Wurzel angegangen, sondern in ausgewählten Orten pragmatisch und oberflächenbezogen gemanagt.62

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2.3. Vom „verdorbenen Zulu“ zum „dysfunktionalen Innenstadtraum“. Shebeens und Bad Buildings werden in den Diskursen und Praktiken ihrer Experten auf je eigene Weise pathologisiert. Die Unterschiede beginnen damit, wie das Problem dieser Orte definiert wird. Im frühen 20. Jahrhundert setzt die Problematisierung nicht bei den Shebeens selbst an, sondern bei den Afrikanern in der Stadt („entwurzelte“ männliche Zulus). Im frühen 21. Jahrhundert ist der Beginn der Narration ein Raum, der „auseinanderfällt“ oder „gekidnappt“ wird. Dieser Topos unterstellt eine vormals intakte räumliche Umgebung (das Auseinanderfallende war einmal zusammen, das Dysfunktionale war funktional, das Schlechte war gut etc.).

Während darüber hinaus in den Anfängen der Apartheid noch bedenkenlos von „Eingeborenen“ die Rede war, die mit der Freiheit der Stadt nicht umgehen könnten, gelten solche von „Rasse“ ausgehenden Narrationen nach der Apartheid nicht länger als angemessen. Es werden nicht mehr spezifische Gruppen als gewalttätig ausgemacht, sondern räumliche Kapseln als gewaltsam ‚entdeckt‘ und verwaltet. Es geht nicht mehr um die Verführung der Afrikaner durch die Stadt, sondern um die Entführung der Stadt (oder ihrer Gebäude) durch unliebsame Eindringlinge. Als solche identifiziert werden diesmal nicht einheimische Schwarze, sondern „Illegale“ oder „Nigerianer“.

Die Leidenschaftlichkeit, mit der die Verwalter den Bad Buildings begegnen, bezieht sich - anders als bei den Shebeens - weniger auf die Gewalttäter als auf den Gewaltraum. Dass die Abriegelung oder Zerstörung dieser Orte oft theatralisch für die Öffentlichkeit inszeniert wird, etwa wenn Bürger zu polizeilichen Razzien oder Journalisten zur feierlichen Zerstörung eingeladen werden, zeugt von einem neuen Sinn für Spektakel im Umgang mit den Bad Buildings.63 Die für die Vormoderne bei Foucault beschriebene öffentliche Marter des Gewalttäters weicht der öffentlichen Marter des Gewaltraumes. Ein mit den ab 1908 existenten panoptischen Bierhallen vergleichbares Zivilisierungsprojekt gibt es in Bezug auf die Verwahrlosung der Bad Buildings nicht. Polizei und Stadtmanager üben sich nur im Zugriff auf die Häuser selbst, nicht aber in der Moralisierung (oder Unterstützung) ihrer Bewohner. Stärker als vor 100 Jahren tritt hier ein pragmatisches Management aus spektakulärer Zerstörung, Abriegelung und Razzien zutage, nicht aber ein größeres Interesse für die „Nutzer“ dieser Räume. Bezeichnend sind dabei auch die Programme, die für die jeweiligen Problemräume ins Leben gerufen wurden. Die Better Buildings Initiative trägt ihr Programm bereits im Namen: die „Verbesserung“ der Gebäude. Die Black Self Upliftment Initiative afrikanischer Intellektueller und die mit den Bierhallen verbundenen Disziplinierungsprojekte des Kolonialstaats verdeutlichen dagegen, dass hier vor allem die Zulus „verbessert“ werden sollten. Bemerkenswert ist, dass in beiden Fällen Gewalt nicht direkt angegangen wird. Die Verwalter interessieren sich nicht für Gewalt als solche, sondern für disziplinlose Subjekte oder heruntergekommene Gemäuer, in denen sich Gewalt entfalten kann.

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3. Gewalt in „anderen“ Zeiten:
Die Gegenwart als Ausnahmezustand

Der Blick in die Unterwelten der Shebeens und Bad Buildings zeigt, wie Gewalt auf „andere“ Räume projiziert wird, in welchen Gewalt entweder von Zulu-Provinzlern, nigerianischen Drogenhändlern oder ganz abstrakt von „Illegalen“ „mitgebracht“ wird. Gemäß Jan Philipp Reemtsmas Beobachtungen über die „Selbstverkennung der Moderne“ wird Gewalt als Ausnahmefall dargestellt, der pathologisiert, verrätselt oder wegerklärt werden muss.64

Gleichzeitig stellt sich Gewalt für viele Menschen in Südafrika als allgegenwärtig dar, als Phänomen, dem sich auch durch Meidung der als besondere gefährlich markierten Räume nicht entrinnen lässt. Gewalt ist ein Topos, der Zeitungsberichte, Ratgeber, Internetblogs und Alltagsgespräche durchzieht. Der Kriminologe Antony Altbeker rechnet vor, dass die Brutalität der südafrikanischen Kriminalität im internationalen Vergleich nur noch von Bürgerkriegsgesellschaften übertroffen werde.65 Wenn Südafrika jetzt „brennt“66 und der „Regenbogen zerbricht“,67 Migranten massakriert und vertrieben werden, lässt sich kaum noch glaubhaft behaupten, dass Gewalt in „anderen“ Räumen wohne. Sie präsentiert sich vielmehr als strukturierendes Element im sozialen Gefüge.

Dieser Blick auf Gewalt als omnipräsentes Phänomen steht zunächst im Widerspruch zu der Annahme von Inseln der Gewalt, die in Form der Shebeens und Bad Buildings debattiert wurde. Dieser Widerspruch löst sich jedoch auf, wenn man in Betracht zieht, dass die Experten nicht nur in räumlichen, sondern auch in zeitlichen Kapseln über Gewalt nachdenken. Durch den Rückgriff auf eine andere Zeit (und ein anderes politisches Regime) erscheint die gesamte Gegenwart als Ausnahmezustand. Dies geschah bereits während der Migrationswelle des frühen 20. Jahrhunderts und in Form nostalgischer Gefühle für den „guten Zulu der alten Zeiten“. Eine solche Betrachtung der Gegenwart mit Verweis auf eine angeblich friedvolle Vergangenheit soll hier am Beispiel der „Apartheid Nostalgia“68 kurz nachvollzogen werden.

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Ein Sicherheitsmanager, verantwortlich für den städtischen Strand in Durban, erklärt sein Verständnis von Gewalt im gegenwärtigen und im „alten Regime“: „Because, I don’t know why, before 1994, it is not that I am a racist or from the old regime or whatever, I could walk on the beachfront. [...] It was safe, I could walk there, there was still a death penalty. You knew you gonna be killed as well. It was much [...] safer, people didn’t sleep all over the whole world. I think let’s go back in national stats and look at mugging tourists in the country before 1994 and after the year 2000. Then obviously you see the difference.“ Auf die Frage, wer vor den 1990er-Jahren überhaupt das Recht hatte, den Strand zu benutzen, antwortet er: „You know, at one stage, you’re right, I don’t know if it was before 1994, only whites were allowed to the beachfront. I think that changed in 1994, before ‘94, no, you’re correct there. Only whites had the right to go to the beach before 1994. [...] Which is maybe wrong. I don’t approve of that. Surely that was wrong. But if we go to the beach, we go to the beach to enjoy ourselves and to have a good life, or do we go there to get killed? That is what’s changed. We’ve changed this thing about racism and everything, but now people get killed.“69

Die Ausführungen des Sicherheitsmanagers sind in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich: Zunächst schreibt er den Statistiken Wahrheit zu, dann scheint er in seiner anfänglichen Argumentation schlicht vergessen zu haben, dass im früheren System der Zugang zum städtischen Strand für die Mehrheit der Bevölkerung untersagt war. Und schließlich wägt er Rassismus gegen Morden ab, mit dem Ergebnis: Morden ist schlimmer. Alle drei Aspekte seiner Argumentation treffen einen starken Nerv im aktuellen Gewaltverständnis und sollen kurz erläutert werden. Das Sichtbar- und Unsichtbarmachen von Gewalt bildet dabei eine zentrale Achse in der Diskussion um vergangene und gegenwärtige Gewalt.

Erstens muss die Frage von Statistiken und Wahrheit in Südafrika, wie in jedem Staat, politisch kontextualisiert werden.70 Während in der Post-Apartheid-Periode eine Zahlenlawine die Debatte um Gewalt überrollt, galt das Interesse der Apartheid-Regierung vor allem Gewaltakten gegen Weiße, Angriffen auf den Staat an sich und als politisch gewerteten Ordnungswidrigkeiten. Räumlich gesehen heißt dies, dass Stadtzentren, Produktionsstätten und weiße Wohngegenden die Aufmerksamkeit der Polizei fanden, kaum aber der Rest.71 John Brewer hat dies in seinem Buch über die südafrikanische Polizei für die Townships der 1950er-Jahre gezeigt: „Passes and documents were checked, raids for illicit liquor conducted and illegal squatters evicted, all while murder, rape and gangsterism flourished.“72 Auch und gerade der Apartheidstaat hat bei der Sicherung des Gewaltmonopols für die Mehrheit der Südafrikaner „versagt“, nur wurde und wird dies anders kommuniziert.73

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Wenn, zweitens, frühere und heutige Innenstadträume gegeneinander gehalten werden, wird oft ausgeblendet, dass hier nicht dieselbe Art von Stadt verglichen wird. In der segregierten Stadt vor 1994 war die Mehrheit von der Nutzung der Innenstadt ausgeschlossen. Mit der Abdrängung der schwarzen Bevölkerung in so genannte „Homelands“, die sie zu Nichtbürgern Südafrikas machte, vollzog sich auch ein Ausschluss der Schwarzen aus dem „Projekt der Moderne“, das der restliche Teil Südafrikas weiter verfolgte.74 Gewalt, die in den Homelands stattfand, gehörte einer anderen Sphäre an. So lässt sich erklären, dass kriminelle Gewalt nach dem Ende der Apartheid scheinbar plötzlich auftaucht.

Der dritte Aspekt, die Dichotomie von „Rassismus“ (früher) gegen „Morden“ (heute), blendet aus, dass auch Apartheid eine direkte Form der Gewalt darstellte - wenn etwa die schwarze Bevölkerung Polizeischikanen und Zwangsumsiedlungen ausgesetzt war oder „Regimegegner“ zu Tausenden eingesperrt, gefoltert und umgebracht wurden. Das Gegensatzpaar „Rassismus“ (unkonkret benannt als „this thing about racism“) und Töten (sehr konkret), welches der Strandmanager verwendet, deutet auf das (Un-)Sichtbarmachen hin, das sich durch zahlreiche Debatten um Gewalt in Südafrika zieht. Zum anderen unterschätzt eine solche Dichotomie den (kausalen) Zusammenhang zwischen beiden, d.h. Apartheid als Quelle der heutigen Gewalt. Verschiedene Autoren haben argumentiert, dass die Apartheid-Ära mit dem System der Migrant Labour, welches „permanent auf Zeit“ funktionierte und Familienstrukturen zerstörte, mit den Restriktionen für ein selbstbestimmtes Leben, bei Bildung, Mitbestimmung und Perspektiven, eine „kranke“ Gesellschaft entstehen ließ, in der Gewalt eine nicht ungewöhnliche Option sozialen Handelns wurde.75

Auch wenn, wie der Kriminologe Antony Altbeker argumentiert, die „Apartheid-did-it-These“ nicht für alle Brutalität der Gegenwart herhalten kann,76 so verrätselt das Abschneiden der historischen Verbindungslinien gegenwärtige Gewalt immer weiter. Gewalt in zeitlichen und räumlichen Kapseln zu denken trübt den Blick auf die weite und tiefe Streuung von Gewaltphänomenen, auf ihre Ursachen und die Verbindungen zwischen ihnen. Das Denken über Gewalt in Inseln ohne Umgebung, in Zeiten ohne Vergangenheit ordnet Gewalt immer einer fremden Welt zu - sogar wenn das die Welt ist, in der die Experten leben.

Anmerkungen: 

1 Interview mit Gesundheitsmanager, Durban 22.5.2007.

2 Ebd.

3 Interview mit WM-Organisatorin, Durban 13.6.2007.

4 Die kanadische Kriminologin Mariana Valverde macht auf Dynamiken der Verselbstständigung in der Genese solche Orte aufmerksam: „Once a certain kind of space has been repeatedly associated with bad people or bad events (either through real-life events or through repeated representations), the characteristic features of such a space become signs in and of themselves.“ Mariana Valverde, Law and Order. Images, Meanings, Myths, Abingdon 2006, S. 133. Siehe auch Bernd Belina, Räumliche Strategien kommunaler Kriminalpolitik in Ideologie und Praxis, in: Georg Glasze/Robert Pütz/Manfred Rolfes (Hg.), Diskurs - Stadt - Kriminalität. Städtische (Un-)Sicherheiten aus der Perspektive von Stadtforschung und Kritischer Kriminalgeographie, Bielefeld 2005, S. 137-166.

5 Darkest Durban. Native ‚Public Houses‘, in: Natal Mercury, 19.5.1908.

6 Die Shebeens und ihre städtische Umgebung des frühen 20. Jahrhunderts erschließen sich vor allem aus Polizei- und Magistratsberichten, Intellektuellenzeitschriften, Stadtplanungspapieren und Tageszeitungen. Die Bad Buildings der Post-Apartheid-Zeit lassen sich vor allem in Interviews mit Kriminalitätsanalysten, Sicherheitspersonal, Stadtplanern sowie in Zeitungsberichten und „Ausflügen“ vor Ort erforschen.- Ich danke Ulf Engel, Heather Cameron, Susanne Krasmann, Jana Hönke und Conny van Heemstra für Kommentare zu früheren Fassungen dieses Textes sowie Jan Philipp Reemtsma für die großzügige Unterstützung des Forschungsprojektes „Intellektuelle und Gewalt“.

7 Foucault nennt solche „anderen“ Räume „Heterotopien“: Orte, in denen „all die anderen realen Orte, die man in der Kultur finden kann, zugleich repräsentiert, in Frage gestellt und ins Gegenteil verkehrt werden“. Michel Foucault, Von anderen Räumen [1967], in: Jörg Dünne/Stephan Günzel (Hg.), Raumtheorie. Grundlagentexte aus Philosophie und Kulturwissenschaften, Frankfurt a.M. 2006, S. 317-329, hier S. 320.

8 Dass Shebeens beispielsweise auch Orte afrikanischer Populärkultur waren, in denen etwa Musik, Tänze und Poesie vorgetragen wurden, wird in diesen problematisierenden Diskursen ausgelassen. Vgl. David Coplan, The Emergence of an African Working-class Culture, in: Shula Marks/Richard Rathbone (Hg.), Industrialisation and Social Change in South Africa. African Class Formation, Culture and Consciousness, 1870-1930, London 1982, S. 358-375; Veit Erlmann, But Hope does not kill: Black popular music in Durban, 1913-1939, in: Paul Maylam/Ian Edwards (Hg.), The People’s City. African Life in Twentieth Century Durban, Pietermaritzburg 1996, S. 67-101.

9 Hans-Georg Soeffner, Gewalt als Faszinosum, in: Wilhelm Heitmeyer/Hans-Georg Soeffner (Hg.), Gewalt. Entwicklungen, Strukturen, Analyseprobleme, Frankfurt a.M. 2004, S. 62-85.

10 Jan Philipp Reemtsma, Hässliche Wirklichkeit und liebgewordene Illusionen, in: Süddeutsche Zeitung, 25.1.2008, S. 14; ders., Vertrauen und Gewalt. Versuch über eine besondere Konstellation der Moderne, Hamburg 2008.

11 Mike Hough, Urban Terror in South Africa: A new Wave?, in: Terrorism and Political Violence 12 (2000) H. 2, S. 67-75.

12 Send troops into chats! Crime ridden township declares ‚state of emergency‘, in: Sunday Times, 19.3.2006, S. 1.

13 Shula Marks, The Ambiguities of Dependence in South Africa. Class, Nationalism, and the State in Twentieth-century Natal, Johannesburg 1986; Edward Roux, Time Longer Than Rope. The Black Man’s Struggle for Freedom in South Africa, London 1948.

14 Gary Kynoch, We are fighting the world. A History of the Marashea Gangs in South Africa, 1947-1999, Athens 2005, S. 6.

15 Philip Bonner/Tom Lodge, Introduction, in: dies. (Hg.), Holding their ground. Class, Locality and Culture in 19th and 20th Century South Africa, Johannesburg 1989, S. 1-18; Belinda Bozzoli, The Taming of the Illicit: Bounded Rebellion in South Africa, 1986, in: Society for Comparative Study of Society and History 46 (2004), S. 326-353; Raymond Suttner, The Character and Formation of Intellectuals within the ANC-led South African Liberation Movement. Paper presented to the African Studies/History Seminar, University of KwaZulu-Natal, Durban, 3.3.2003.

16 Sifiso Mxolisi Ndlovu, Johannes Nkosi and the Communist Party of South Africa: Images of ‚Blood River’ and King Dinganes in the late 1920s - 1930, in: History and Theory 39 (2000), S. 111-132.

17 Paul La Hausse, The Struggle for the City: Alcohol, the Ematsheni and Popular Culture in Durban 1902-1936, unveröff. MA Thesis, Cape Town 1984; David Hemson, Class, Consciousness and Migrant Workers: Dockworkers of Durban, unveröff. Ph.D. Thesis, University of Warwick, Killie Campbell Library, Durban 1979.

18 Ashwin Desai, We Are The Poors. Community Struggles in Post-Apartheid South Africa, New York 2002; Patrick Bond, Elite Transition. From Apartheid to Neoliberalism in South Africa, Durban 2005.

19 Aus den zuvor separaten Kolonien Cape, Natal, Transvaal und Orange Free State.

20 Durban hatte im Jahr 1900 eine Bevölkerung von 55.700 Menschen, davon 14.600 Afrikaner. Schon im Jahr 1921 war die Gesamtbevölkerung auf 90.500 und diejenige der Afrikaner auf 28.400 gestiegen. Vgl. Paul Maylam, Introduction. The struggle for space in twentieth century Durban, in: ders./Edwards, The People’s City (Anm. 8), S. 1-30, hier S. 3.

21 Als „afrikanische Intellektuelle“ in der Provinz Natal der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden zumeist männliche Zulus bezeichnet, die ihre Schulausbildung in Missionsstationen erhielten. Sie waren mit den Werten des Christentums und des viktorianischen Englands oft intensiver vertraut als mit den ländlichen Traditionen ihrer Umgebung. In der Literatur wird die Rolle dieser Intellektuellen in der Regel marxistisch gedeutet. Sie gelten entweder als „Black Petty Bourgeoisie“, „Zulu-Intelligentsia“, „African Middle Class Elite“ oder „Zulu Petit Bourgeoisie“. Vgl. Paul La Hausse, So who was Elias Kuzwayo? Nationalism, collaboration and the Picaresque in Natal, in: Philip Bonner/Peter Delius/Deborah Posel (Hg.), Apartheid’s Genesis, Johannesburg 1993, S. 195-228; Coplan, Emergence (Anm. 8); Thomas E. Nyquist, African Middle Class Elite, Rhodes University Institute of Social and Economic Research, Occasional Papers No 28, Grahamstown 1983; Nicholas Cope, The Zulu Petit Bourgeoisie and Zulu Nationalism in the 1920s: Origins of Inkatha, in: Journal of Southern African Studies 16 (1990), S. 431-452.

22 Magistrate of Alexandra, Annual Report on Native Affairs, Alexandra Division, 1906, S. 18, Natal Archives Repository.

23 Ebd., S. 28.

24 Ebd., S. 15.

25 La Hausse, The Struggle for the City (Anm. 17).

26 Vgl. auch Helen Bradford, A Taste of Freedom. The ICU in Rural South Africa 1924-1930, New Haven 1987; Anthony Minnaar, Conflict and Violence in Natal/KwaZulu. Historical Perspectives, Pretoria 1991.

27 Paul la Hausse, Restless Identities. Signatures of Nationalism, Zulu Ethnicity and History in the Lives of Petros Lamula (c. 1881-1948) and Lymon Maling (1889 - c. 1936), Pietermaritzburg 2000.

28 Ilanga Lase Natal („Die Sonne Natals“) wurde als erste Zulu-Zeitschrift 1903 in Durban von John L. Dube gegründet und veröffentlichte Artikel zu politischen, literarischen und gesellschaftlichen Themen in Zulu und Englisch.

29 Cry against beer halls so much nonsense, in: Ilanga Lase Natal, 1.5.1931, S. 9.

30 Chief Constable, Appendum to the comparative return of drunkenness for the borough of Durban, Durban Borough Police, 3/DBN Town Clerks Office, Kaffir Beer vol. 3, 4/1/2/338, 1929, Durban Archives.

31 Darkest Durban (Anm. 5).

32 Paul La Hausse, The Cows of Nongoloza: Youth, Crime and Amalaita Gangs in Durban, 1900-1936, in: Journal of Southern African Studies 16 (1990), S. 79-112.

33 Report of the Unofficial Commission appointed by the South African Temperance Alliance and the South African Institute of Race Relations, The illicit liquor problem on the Witwatersrand, Bourquin Papers on social problems, File 21, KCM55409, 1935: Killie Campbell Library, S. 18.

34 Über das „Irrationale“, das „Unheimliche“ und das „Triebgesteuerte“ als Feindbilder der „Moderne“ sowohl in der Politik als auch in der Sozialwissenschaft siehe Soeffner, Gewalt als Faszinosum (Anm. 9), S. 65. Vgl. auch Reemtsma, Vertrauen und Gewalt (Anm. 10), S. 256ff.

35 Afrikaner waren angeblich besonders anfällig für die negativen Effekte von Alkohol. Vgl. Jonathan Crush/Charles Ambler, Alcohol in Southern African Labor History, in: dies. (Hg.), Liquor and Labor in Southern Africa, Ohio 1992, S. 1-55, hier S. 6. Viele afrikanische Gelehrte teilten solche Ansichten und fanden sich in verschiedenen „Temperance Movements“ zusammen. Der Chef des Natal Native Congress, Gumede, verkündete beispielsweise 1923 auf einer Versammlung, dass die Afrikaner der „Regierung danken sollten“, dass diese ihnen den Verkauf und den Konsum von „giftigem Alkohol“ verbiete. Vgl. Alan Gregor Cobley, Liquor and Leadership: Temperance, Drunkness and the African Petty Bourgeoisie in South Africa, in: South African Historical Journal 31 (1994), S. 128-148, hier S. 131, und Paul La Hausse, Brewers, Beerhalls and Boycotts. A History of Liquor in South Africa, Johannesburg 1988, S. 20.

36 Als männliche Orte in überwiegend „männlichen Umgebungen“ (das Verhältnis zwischen Männern und Frauen betrug in Durban etwa 6:1) würden sie Prostituierte anziehen.

37 Mahmood Mamdani, Citizen and Subject. Contemporary Africa and the Legacy of Late Colonialism, Princeton 1996.

38 La Hausse, The Struggle for the City (Anm. 17).

39 „The experiment of beer control was designed to [...] teach (the native) moderation as well as guard against his acquiring a taste for stronger liquor“, erklärte ein Bericht über das Biermonopol im Jahr 1923. Report on the Working of the Monopoly System in Durban as provided for under section 21, of the Natives (urban areas) act, 21 of 1923, S. 1-38, hier S. 4.

40 Ebd., S. 5.

41 Noch 1914 lebten lediglich ein Viertel der afrikanischen städtischen Bevölkerung in von der Lokalverwaltung gestellten Behausungen. Dies änderte sich im Laufe der 1920er-Jahre rapide. Viele der Arbeiter empfanden die von der Stadt bereitgestellten Wohnbaracken als Zumutung. Vgl. Maylam, Introduction (Anm. 20), sowie John Lambert/Robert Morrell, Domination and Subordination in Natal, 1890-1920, in: Robert Morell (Hg.), Political Economy and Identities in KwaZulu Natal, Durban 1996, S. 63-95.

42 David Hemson, In the Eye of the Storm. Dock-Workers in Durban, in: Maylam/Edwards, The People’s City (Anm. 8), S. 145-173.

43 Judge Thumba Pillay, Sentence. The State versus Velu Mari. High Court of South Africa. Durban and Coasl Local Division. Case No 16/06 2006.

44 Eine durch die Apartheid hindurch existierende Untergrund-Ikonisierung der Shebeens in populären afrikanischen Trendmagazinen, in Liedern, Gedichten etc. hat nunmehr ihren Weg in einen breit unterstützten Diskurs gefunden, der sich seinen Platz allerdings mit dem der Shebeens als Gewaltort teilen muss. Die Shebeens sind Positiv- und Negativ-Ikonen zugleich. Und beide Zuschreibungen sind Teil der Mainstream-Konstruktionen dieser Institutionen geworden.

45 Darkest Durban (Anm. 5).

46 Zygmunt Bauman, Liquid Modernity, London 1999, S. 6.

47 Linke Kritiker argumentieren, dass auch die heutige städtische Landschaft zahlreiche Restriktionen für die Bewegung und den Aufenthalt von Menschen bereithalte. Es herrsche eine neue Segregation, die sich nicht mehr (primär) auf Ethnizität beziehe, sondern auf das Einkommen. Vgl. Bond, Elite Transition (Anm. 18).

48 Die Better Buildings Initiative ist eine Initiative des Stadtrates mit dem Ziel, Bad Buildings in Better Buildings zu verwandeln. Die hierbei von Stadtplanern, Gesundheitsinspektoren, Polizei und Anwälten betriebenen Aktivitäten kreisen in der Regel um Abriss, Renovierung, Strafverfolgung und Razzien.

49 Interview mit Better Buildings Initiative a, Durban 27.9.2007.

50 Interview mit Better Buildings Initiative b, Durban 21.9.2007.

51 Interview mit Gesundheitsmanager (Anm. 1).

52 Interview mit Better Buildings Initiative b, Durban 22.5.2007.

53 Interview mit Business Against Crime, Durban 8.6.2007.

54 Interview mit Crime Prevention Officer, South African Police Service, Durban 15.6.2007.

55 Interview mit Gesundheitsmanager (Anm. 1).

56 Interview mit Urban Improvement Precinct Manager, Durban 31.5.2007.

57 „The grime produces the crime“ ist ein oft ausgesprochener Satz in Südafrika. Die Verbindung zwischen Kriminalität und Schmutz ist also üblich, diejenige zwischen Tieren und Hausbewohnern jedoch außergewöhnlich.

58 Interview mit WM-Organisatorin (Anm. 3). Die Assoziation mit Krankheiten ist ein beständig wiederkehrendes Bild. Vgl. auch Molly Margaretten, Point Taken: Durban’s Street Youth and the Creation of Informal Shelters, Presentation given at the Ethnography and Social Theory Colloquium, Department of Anthropology, Yale University, 24.1.2005.

59 Interview Better Buildings Initiative b (Anm. 50).

60 Zu Oberflächentechnologien in der Regulierung von Kriminalität und Gewalt siehe beispielsweise Susanne Krasmann, Die Kriminalität der Gesellschaft. Zur Gouvernementalität der Gegenwart, Konstanz 2003, S. 245.

61 Interview Better Buildings Initiative b (Anm. 50).

62 Malcom Feeley/Johnathan Simon, The New Penology: Notes on the New Emerging Corrections and its Implications, in: Criminology 30 (1992), S. 449-474; siehe auch Robert Castel, Von der Gefährlichkeit zum Risiko, in: Manfred Max Wambach (Hg.), Der Mensch als Risiko. Zur Logik von Prävention and Früherkennung, Frankfurt a.M. 1983, S. 51-74.

63 John und Jean Comaroff haben argumentiert, dass sich im gegenwärtigen Umgang mit Kriminalität und Gewalt in Südafrika eine Form von „passionate politics“ der Post-Kolonie darbiete, mit einem ausgeprägten Sinn für Spektakel und Leidenschaft. Anders als von ihnen beschrieben richtet sich die Passion der Experten in gegenwärtigen städtischen Kontexten jedoch auf Gewalt-räume. Vgl. John and Jean Comaroff, Criminal Obsessions, After Foucault: Postcoloniality, Policing and the Metaphysics of Disorder, in: Critical Inquiry 30 (2004), S. 800-824.

64 Reemtsma, Vertrauen und Gewalt (Anm. 10), S. 196, S. 267.

65 Antony Altbeker, A country at War with itself. South Africa’s crisis of crime, Johannesburg 2007.

66 South Africa is burning its self again (21.5.2008), online unter URL: ... (Anm. der Red.: Link nicht mehr verfügbar).

67 Bartholomäus Grill, Der Regenbogen zerbricht, in: ZEIT, 29.5.2008, S. 3.

68 Laut Studien des Historikers Gary Kynoch nehmen nicht nur weiße Nostalgiker, sondern auch schwarze Township-Bewohner die Apartheid-Zeit rückblickend oft als kriminalitätsfrei, weniger gefährlich und berechenbarer wahr. Vgl. Gary Kynoch, Apartheid Nostalgia. Personal Security Concerns in South African Townships, in: SA Crime Quarterly 5 (2003), S. 7-10.

69 Interview mit Strandsicherheitsmanager, Durban 19.5.2007.

70 „The process of creating crime statistics in any country is not unrelated to the political power structure within which definitions of crime and criminality are formulated.“ Mana Slabbert, zit. in Shula Marks/Neil Anderson, The Epidemiology and Culture of Violence, in: Noel Chabani Manganyi/André du Toit (Hg.), Political Violence and the Struggle in South Africa, New York 1990, S. 29-69, hier S. 55. Zur Rolle von Statistiken im Verständnis von Kriminalität und Unordnung im Post-Apartheid-Südafrika siehe John und Jean Comaroff, Figuring Crime: Quantifacts and the Production of the Un/Real, in: Public Culture 18 (2006), S. 209-245.

71 William Beinart, Political and collective violence in Southern African historiography, in: Journal of Southern African Studies 18 (1992), S. 455-487.

72 John Brewer, Black and Blue: Policing in South Africa, Oxford 1994, S. 200. Vgl. auch Kynoch, We are fighting (Anm. 14), und Clive Glaser, Whistles and Sjamboks: Crime and Policing in Soweto, 1960-1976, in: South African Historical Journal 52 (2005), S. 119-139.

73 Über die Kommunikation von Gewaltphänomenen siehe Mary Jackman, Violence in Social Life, in: Annual Review of Sociology 28 (2002), S. 387-415, und André du Toit, Discourses on Political Violence, in: Manganyi/du Toit, Political Violence (Anm. 70), S. 87-130, hier S. 95.

74 Vgl. auch Michael MacDonald, Why race matters in South Africa, Durban 2006.

75 Marks/Anderson, The Epidemiology (Anm. 70), S. 44.

76 Altbeker, A country at War (Anm. 65).

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