Ein Regimetypus sui generis

Der Autoritarismus im Verständnis des Politikwissenschaftlers Juan J. Linz (1975/2000)

1932 erschienene Übersetzungen: »Hitlers Weg« auf Schwedisch, Niederländisch und Italienisch
Juan J. Linz, Totalitarian and Authoritarian Regimes,
in: Fred I. Greenstein/Nelson W. Polsby (Hg.), Handbook of Political Science,
Bd. 3: Macropolitical Theory, Reading: Addison-Wesley 1975, S. 175-411.
Als selbstständiges Werk: Totalitarian and Authoritarian Regimes.
With a major new introduction, Boulder: Lynne Rienner 2000;
dt.: Totalitäre und autoritäre Regime,
hg. und übersetzt von Raimund Krämer,
Berlin: Berliner Debatte Wissenschaftsverlag 2000,
3., überarb. und ergänzte Aufl. Potsdam: WeltTrends 2009.
Die Seitenzahlen der Zitate im Text folgen der letztgenannten Ausgabe.

Anmerkungen

Selten kommt es vor, dass ein Text 25 Jahre nach seinem erstmaligen Erscheinen ins Deutsche übersetzt wird. Das ist beim Mammutaufsatz von Juan José Linz über »Totalitarian and Authoritarian Regimes« aus dem Jahr 1975 der Fall. Und was das Erstaunen noch größer macht: Der deutsche Herausgeber und Übersetzer war Raimund Krämer, ein in der DDR am Potsdamer Institut für Internationale Beziehungen der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR ausgebildeter Wissenschaftler, der sich 1985 dort habilitiert hatte.1 Ausgerechnet einem Mitglied der einstigen Diplomatenschule der DDR, das einen engen Austausch mit Linz während dessen Georg-Simmel-Gastprofessur an der Humboldt-Universität zu Berlin 1997 gepflegt hatte,2 kommt nun das Verdienst zu, das Gedankengut des Hispano-Amerikaners im deutschen Wissenschaftsbetrieb stärker bekanntgemacht zu haben. Krämer gefiel die sachliche Analyse, die einen vordergründigen Moralismus mied, und das beiderseitige Interesse für latein- und mittelamerikanische Regierungssysteme dürfte die kollegiale Verbundenheit noch gefördert haben.

Juan J. Linz (1926–2013), als Sohn einer Spanierin und eines Deutschen in Bonn geboren, ging mit der Mutter 1932 nach Spanien, von wo er nach dem Studium der Wirtschafts-, Rechts- und Politikwissenschaft (1943–1948) im Jahr 1950 zu weiterer Forschung im Bereich der politischen Soziologie in die USA aufbrach. An der Columbia University, New York, folgte Ende der 1950er-Jahre die ungedruckt gebliebene, ellenlange Promotion bei Seymour M. Lipset (»The Social Basis of Political Parties in West Germany«).3 Ein Text von 19644 bildete in konzeptioneller Hinsicht den Kern seiner großen Studie von 1975. Die Beschäftigung von Linz, der als Kind den Spanischen Bürgerkrieg erlebt und Ende der 1950er-, Anfang der 1960er-Jahre zu Forschungszwecken wieder spanischen Boden betreten hatte, gerade mit dem Franco-Regime lag auf der Hand.5 1963 präsentierte er auf einer Tagung der Internationalen Soziologenvereinigung in Tampere (Finnland) sein Resultat. Die Veröffentlichung ein Jahr später wartete bereits mit der zentralen Aussage seines späteren Werkes auf: »Autoritäre Regime sind politische Systeme mit begrenztem, nicht verantwortlichem politischen Pluralismus; ohne formulierte und leitende Ideologie (aber mit bestimmten Mentalitäten); ohne intensive und extensive politische Mobilisierung (mit Ausnahme bestimmter Momente in der Entwicklung dieser Regime); und in denen ein Führer (oder manchmal auch eine kleine Gruppe) innerhalb formal ungenau bestimmter, aber ziemlich vorhersagbarer Grenzen die Herrschaft ausübt.«6 Allerdings griff Linz den vierten Punkt (»Grenzen der Herrschaft«) in seinem großen Werk nicht mehr auf – vielleicht deshalb nicht, weil ihm die Abgrenzung zum ersten (»limitierter Pluralismus«) als zu wenig trennscharf erschienen war.

Die Schrift »Totalitarian and Authoritarian Regimes« hat also eine lange Vor­geschichte. Der deutschen Fassung ist in der ersten Auflage aus dem Jahr 2000 ein ausführliches (55 Seiten) und in der zweiten Auflage von 2003 ein kürzeres Vorwort des Verfassers (18 Seiten) voran- sowie ein Nachwort des Übersetzers für alle drei Auflagen nachgestellt. Im ersten Vorwort bietet Linz eine stupende Tour d’Horizon durch die einschlägige Literatur. Er sieht sein Werk als »das Mittelstück eines Triptychons […], das zwischen ›Breakdown of Democratic Regimes‹ aus dem Jahre 1978 und dem mit Alfred Stepan geschriebenen ›Problems of Democratic Transition and Consolidation‹ aus dem Jahre 1996 steht« (S. I, Hervorhebungen im Original). Einerseits wird der eigene Ansatz verteidigt, andererseits kommen ein paar Defizite zur Sprache, so die etwas vernachlässigte Rolle der Ideologie. Das zweite Vorwort breitet die Lesefrüchte des Autors zum Thema Demokratie aus.

Linz, der von Ende der 1960er- bis Ende der 1990er-Jahre an der Yale University in New Haven lehrte, macht einleitend sein Ziel deutlich: nicht-demokratische Systeme zu analysieren. Der Autor widerspricht der (freilich nur selten vertretenen) These, eine Zweiteilung politischer Systeme (demokratisch versus totalitär) genüge. Während sich eine Demokratie klar von einer Nicht-Demokratie unterscheiden lasse, falle es weitaus schwerer, innerhalb der nicht-demokratischen Regime zwischen autoritären und totalitären zu differenzieren. Das traf seinerzeit zu, doch mittlerweile, nach fast einem halben Jahrhundert, hat sich das Bild verändert. Zum einen verwischen in vielen Fällen die Grenzen zwischen Demokratien und Diktaturen, gibt es fließende Übergänge, zum anderen sind totalitäre Diktaturen im ursprünglichen Verständnis heute nahezu verschwunden, vom Sonderfall Nordkorea abgesehen. »Traditionelle Autorität und persönliche Herrschaft«, zwischen den beiden Hauptteilen »Totalitäre Systeme« und »Autoritäre Regime« angesiedelt, betrifft Herrschaftsformen (Caudillismo, oligarchische Demokratie, Sultanismus), die nach Linz nicht als demokratisch, autoritär oder totalitär gelten können. Diese (wenig triftige) Residualkategorie ist von der Forschung zu Recht weithin ignoriert worden. Warum sind solche Systeme, die auf Ideologie verzichten und auf persönliche Bereicherung setzen, nicht als eine Unterform des Autoritarismus anzusehen, zumal Linz selber von einem »sultanistischen Autoritarismus« (S. 128) spricht? Die Begründung, die Wurzeln wie das Funktionieren dieser Regime seien »fundamental anders« (S. 113), überzeugt wenig. Schließlich trifft dies zugleich für die unterschiedlichsten Formen autoritärer Herrschaft zu.

Im ersten Hauptkapitel »Totalitäre Systeme« arbeitet der Verfasser die aus seiner Perspektive drei kennzeichnenden Charakteristika heraus: monistisches Macht­zentrum; exklusive Ideologie; Mobilisierung der Massen. Damit sieht Linz, im Gegensatz zu Autoren wie Hannah Arendt, die Rolle des Terrors nicht als charakteristisch für ein totalitäres System an. Das ist eine problematische Sicht, denn die zeitweilige Stabilität totalitärer Systeme fußte nicht nur auf der Überzeugung der Untertanen, sondern auch auf der Furcht vor Repressionen. Linz selbst schreibt, es sei der Terror, »der totalitäre Systeme von anderen nichtdemokratischen Regimen unterscheidet« (S. 28). Dann wiederum heißt es: Da »Totalitarismus ohne Terror« (S. 64) existiere und ebenso Terror ohne Totalitarismus, verbiete es sich, Terror als ein Definitionsmerkmal für Totalitarismus anzusehen. Die verbreitete Kritik am Totalitarismusbegriff bewog Linz nicht zu einem Verzicht auf ihn. Diesen Abschnitt griff die Forschung weit weniger auf7 als denjenigen über autoritäre Systeme.

Dort betritt Linz weithin Neuland. Wenngleich seine Studie nicht die erste zum Thema Autoritarismus war – hier hat sich der deutsch-amerikanische Jurist und Politikwissenschaftler Karl Loewenstein große Meriten erworben8 –, gebührt ihm das Verdienst, als erster eine Schneise in das Dickicht der Vielzahl undemokratischer, aber nicht totalitärer Staaten geschlagen zu haben. Damit drängte Linz implizit den ubiquitären Faschismusbegriff zurück. Das autoritäre Regierungssystem gilt als Typ »sui generis, der nicht lediglich auf dem Kontinuum zwischen Demokratie und Totalitarismus zu verorten ist« (S. 6, Hervorhebung im Original). Es ist im Vergleich zum totalitären System durch folgende, bereits erwähnte drei Kriterien gekennzeichnet: begrenzter Pluralismus (statt Monismus), traditionelle Mentalität (statt exklusive Ideologie), De-Politisierung (statt Massenmobilisierung). Jedoch ist der Ursachenkomplex für den Umschlag von einem totalitären in ein autoritäres System nicht immer klar erkennbar – und vice versa.

Aus der herkömmlichen Dichotomie (Demokratie versus Autokratie) wird mithin eine Trias: Demokratie – Autoritarismus – Totalitarismus. Allerdings ist dies kein völliger Gegensatz. Zuvor differenzierte die Forschung bei den Autokratien auch zwischen autoritären und totalitären Systemen, und Linz wiederum leugnet nicht den Unterschied zwischen demokratischen und nicht-demokratischen Systemen, ungeachtet seines Herzstückes Autoritarismus. Der Autor verwirft bei der Subtypenbildung eine an ideologischen Elementen ausgerichtete Klassifikation (damit unterläuft er stark politisch motivierte Kritik) und orientiert sich stärker am Kriterium des begrenzten Pluralismus. Den folgenden sieben Subtypen autoritärer Herrschaft – es handelt sich um Ländergruppen – lässt er jeweils eine breite Erörterung angedeihen: bürokratisch-militärische Regime; organischer Staat mit starkem Korporatismus; mobilisierende autoritäre Regime in postdemokratischen9 Gesellschaften; postkoloniale Mobilisationsregime; Rassen- oder ethnische »Demokratien«; »unvollkommene« und »prätotalitäre« politische Regime; posttotalitäre Regime. Hätte Linz bei den totalitären Regimen ebenfalls Subtypen gebildet, wären die beiden letzten Formen wohl dort aufgenommen worden.10

Abschließend versucht der Verfasser einen naheliegenden Kritikpunkt zu entkräften. Eine weitere Operationalisierung der drei Dimensionen – Monismus versus limitierter Pluralismus, Mobilisierung versus Entpolitisierung, Ideologie versus Mentalität – wäre zwar ebenso wünschenswert wie die Bildung von Indikatoren für diese Dimensionen, um die Länder besser in Subtypen einordnen zu können. Aber das Unterfangen wird nicht zuletzt deshalb verworfen, weil Linz, einem quantifizierenden Szientismus abhold, solche Exaktheit vorgaukelnden Messungen als trügerisch ansieht. Das ist nachvollziehbar, weniger jedoch der Umstand, dass seine Analyse der autoritären Systeme nur am Rande auf den drei Dimensionen fußt. Autoritäre Systeme würden leichter gedeihen als demokratische oder totalitäre. Die Fortdauer derartiger Herrschaftsformen sei wahrscheinlich – er hatte damit Unrecht (zunächst) und Recht (nunmehr).

Linzʼ Beitrag erblickte das Licht der wissenschaftlichen Öffentlichkeit in einer Phase, als zum einen die Kritik am Totalitarismuskonzept weltweit am stärksten war und zum anderen eine »dritte Welle« der Demokratisierung begann11 (mit den Umbrüchen in Griechenland, Portugal und Spanien), ungeachtet einiger Rückschläge wie in Chile 1973. Beide Entwicklungen behinderten die Rezeption des Werkes. Die Forschung sprach zumal nach 1990 vielfach von »Demokratien mit Adjektiven« (u.a. defekte, illiberale, delegative, exklusive, gelenkte Demokratie). Doch bald drifteten solche Staaten immer mehr vom Demokratietypus weg. Der »dritten Welle« folgte ein Backlash. Nun hieß es: »Autoritarismen mit Adjektiven« (u.a. geschlossene, hegemoniale, kompetitive). Diese Vorgänge, die das Wort vom »Ende der Geschichte« (Francis Fukuyama) dementierten, machten das Linz-Werk auf den ersten Blick politisch und politikwissenschaftlich wieder relevant.

Als ich seinen Text 1983 das erste Mal gewürdigt habe,12 galt meine Faszination der differenzierten Analyse der vielen autoritären Systeme, und als ich ein Jahrzehnt später in meiner Antrittsvorlesung die Frage nach dem autoritären bzw. totalitären Charakter der DDR in ihren verschiedenen Phasen verfolgte, war mir das Linzʼsche Kategoriengerüst höchst willkommen.13 Doch wer heute die gewandelte Staatenwelt mit ihren autoritären Systemen analysiert, kann die Linz-Studie, fixiert auf die Abgrenzung zwischen autoritär und totalitär, schwerlich als Referenzwerk heranziehen. Die Aufgabe besteht vielmehr darin, ein Kriterienraster für die Abgrenzung zwischen demokratischen und autoritären Systemen zu finden. Auch für die Geschichtswissenschaft, die eher idiographisch arbeitet, ist der vornehmlich nomothetische Ansatz der Linz-Studie anschlussfähig. Umgekehrt wäre es für den vergleichenden Politikwissenschaftler kein Nachteil gewesen, stärker die Rolle von Individuen einzubeziehen,14 die schließlich die Vielgestaltigkeit und den Wandel der Herrschaftsformen ebenso prägen. Insofern kann der Gegensatz zwischen Geschichts- und Politikwissenschaft ein künstlicher sein, verbietet sich doch jedes Revierverhalten.

Was paradox erscheint: Linzʼ in einem Handbuch »versteckter« Beitrag wurde lange wenig wahrgenommen, obwohl er bei seinem Erscheinen höchst aktuell war. Größere Aufmerksamkeit fand er erst, als die Zahl der (totalitären und autoritären) Diktaturen stark zurückgegangen war. Am Linzʼschen Opus magnum übten etwa – bei allem Respekt vor der Leistung des Autors – Steffen Kailitz/Patrick Köllner und Wolfgang Merkel im Kern einleuchtende Kritik wegen der nicht immer systematischen Typologie.15 Dieser Umstand hängt wohl mit Linzʼ induktivem Ansatz zusammen, der eine Stärke und Schwäche zugleich ist: Der Autor konzentriert sich strikt auf die politischen Strukturen, blendet mithin religiöse, kulturelle, soziale und wirtschaftliche Faktoren aus, schweift allerdings wiederholt von seinem eigentlichen Ziel ab. Der Hamburger Politikwissenschaftler Jürgen Hartmann hält Linzʼ Grundidee nach wie vor für fruchtbar, wiewohl seine »klassifizierten Diktaturtypen […] von den meisten autoritären Regime dieser Tage weit entfernt« sind.16 Arbeiten wie diejenigen von Steven Levitsky/Daniel Ziblatt und Anne Applebaum, die auf Gefahren für Demokratien abstellen, erfassen das Abgleiten in Autoritarismus besser.17 Aber dies war auch nicht das Anliegen von Linz, zumindest nicht in der hier präsentierten Studie.

Ungeachtet aller Einwände: Das weitumspannende Werk eines weltweit bedeutenden Sozialwissenschaftlers18 liefert ein so faszinierendes wie facettenreiches Bild der nicht-demokratischen Staatenwelt aus der Sicht der 1970er-Jahre. Es besticht dank ausgezeichneter Kenntnis der Literatur in mehreren Sprachen durch geradezu enzyklopädisches Wissen, durch souveräne Verknüpfung beim Vergleich von Systemen sowie durch differenzierte, über bloße Deskription weit hinausgehende Analyse, schließlich durch eine Urteilskraft, die erhellt, dass Politikwissenschaft mehr ist als die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Der Klassiker, längst als Standardwerk anerkannt, hat eine Vielzahl an Publikationen inspiriert.19 Was Carl J. Friedrich für die Totalitarismusforschung bedeutet, ist Juan J. Linz erst recht für die Autoritarismusforschung.

Auch wenn die Pionierstudie angesichts der tektonischen Vorgänge mit dem Dahinscheiden des Kommunismus in den empirischen Teilen überholt sein mag (schon durch das Entstehen neuer Staaten), gilt das nicht für die Herausarbeitung und Begründung dreier Dimensionen, die den Unterschied von autoritären und totalitären politischen Systemen einfangen. Auf diese Weise kann das Werk den Charakter von nicht-demokratischen Regierungssystemen näher bestimmen, ohne irgendeiner Form des Essentialismus das Wort zu reden.20


Anmerkungen:

1 Vgl. die auf der Habilitationsschrift fußende Studie von Raimund Krämer, Mittelamerika. Revolution, Intervention und Dialog, Berlin (Ost) 1987.

2 Juan J. Linz beteiligte sich mit einem Geleitwort an der Festschrift des langjährigen Chefredakteurs der Zeitschrift »WeltTrends«. Vgl. ders., Grußwort, in: Lutz Kleinwächter (Hg.), In concreto. Zum 60. Geburtstag von Raimund Krämer, Potsdam 2012, S. 7.

3 Vgl. Elisabeth Noelle-Neumann, Juan Linz’s Dissertation on West Germany: An Empirical Follow-Up, Thirty Years Later, in: Houchang E. Chehabi/Alfred Stepan (Hg.), Politics, Society, and Democracy. Comparative Studies. Essays in Honor of Juan J. Linz, Boulder 1995, S. 13-41.

4 Juan J. Linz, An Authoritarian Regime: Spain, in: Erik Allardt/Yrjö Littunen (Hg.), Cleavages, Ideologies and Party Systems. Contributions to Comparative Political Sociology, Helsinki 1964, S. 291-341. Nachdruck u.a. in: Erik Allardt/Stein Rokkan (Hg.), Mass Politics. Studies in Political Sociology, New York 1970, S. 251-283, S. 374-381. Der Text, der bereits 1974 auch auf Spanisch erschien, wurde von Raimund Krämer und Christoph Sebastian Widdau übersetzt. Er kam zum 85. Geburtstag von Juan J. Linz als selbstständige Veröffentlichung heraus: Juan J. Linz, Ein autoritäres Regime. Der Fall Spanien, hg. von Raimund Krämer und Christoph Sebastian Widdau, Potsdam 2011.

5 Vgl. Juan J. Linz, Nations and Disciplines. Personal Experiences and Intellectual Understanding of Societies and Political Regimes, in: Hans Daalder (Hg.), Comparative European Politics. The Story of a Profession, London 1997, S. 101-114; ders., Totalitarianism and Authoritarianism. My Recollections on the Development of Comparative Politics, in: Alfons Söllner/Ralf Walkenhaus/Karin Wieland (Hg.), Totalitarismus. Eine Ideengeschichte des 20. Jahrhunderts, Berlin 1997, S. 141-157.

6 Linz, Ein autoritäres Regime (Anm. 4), S. 19f.

7 Zuletzt Thomas Lindenberger, Einführung, in: Totalitarismus und Demokratie 17 (2020), S. 147-156, hier S. 147. Der Autor bezeichnet Linzʼ Hinweis auf Freiwilligen-Vereine in totalitären Systemen als »luzide Beobachtung«.

8 Vgl. Karl Loewenstein, Brazil under Vargas, New York 1942 – mit dem Ergebnis, das damalige Brasilien sei nicht faschistisch und nicht totalitär, sondern autoritär. Ferner ders., Verfassungslehre, Tübingen 1959, 2. Aufl. 1975, S. 50-66 (Kapitel »Regierungstypen in der Autokratie«). Der Autor sah autoritäre Staaten nur als einen Subtyp innerhalb der nicht-demokratischen Regierungssysteme an, nicht als eigenständigen Typ. In der Schrift von Heinz O. Ziegler (Autoritärer oder Totaler Staat, Tübingen 1932) wohnte dem autoritären Staat, der sich vom demokratischen und vom totalen Staat mit seiner Trennung zwischen Staat und Gesellschaft gleichermaßen absetze, eine positive Konnotation inne.

9 Dieser Begriff wird rein temporal verstanden; damit unterscheidet er sich grundlegend vom heutigen Verständnis im Sinne des Nachlassens der Partizipation und der Kommunikation zugunsten der Politikverdrossenheit. Das Referenzwerk stammt von Colin Crouch, Postdemokratie, Frankfurt a.M. 2008.

10 In der Neuauflage von 2000 ist eine Passage aus einem anderen Werk (Juan J. Linz/Alfred Stepan, Problems of Democratic Transition and Consolidation. Southern Europe, South America, and Post-Communist Europe, Baltimore 1996) eingefügt worden (S. 245-256). Wie aus ihr hervorgeht, rückte Linz nunmehr davon ab, die posttotalitären Systeme weiterhin als »autoritär« zu klassifizieren.

11 Vgl. dazu Samuel P. Huntington, The Third Wave. Democratization in the Late Twentieth Century, Norman 1991.

12 Vgl. Eckhard Jesse, Renaissance der Totalitarismuskonzeption? Zur Kontroverse um einen strittigen Begriff, in: Neue Politische Literatur 28 (1983), S. 459-492, insbes. S. 480f.

13 Vgl. ders., War die DDR totalitär?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 44 (1994) H. 40, S. 12-23.

14 Vgl. aus politikwissenschaftlicher Sicht Jürgen Hartmann, Persönlichkeit und Politik, Wiesbaden 2007.

15 Steffen Kailitz/Patrick Köllner, Zur Autokratieforschung der Gegenwart: Klassifikatorische Vorschläge, theoretische Ansätze und analytische Dimensionen, in: dies. (Hg.), Autokratien im Vergleich, Baden-Baden 2013, S. 9-34, insbes. S. 12-14; Wolfgang Merkel, Systemtransformation. Eine Einführung in die Theorie und Empirie der Transformationsforschung, Opladen 1999, 2., überarb. und erweiterte Aufl. Wiesbaden 2010, insbes. S. 41-48. Merkels Vorschlag, der sich am Kriterium »Herrschaftsträger« ausrichtet und zehn Grundtypen autoritärer Herrschaft umfasst, ist in der Tat konsistenter als Linzʼ überkomplexe Typologie.

16 Jürgen Hartmann, Demokratie und Autokratie in der vergleichenden Demokratieforschung. Eine Kritik, Wiesbaden 2015, S. 112.

17 Vgl. Steven Levitsky/Daniel Ziblatt, Wie Demokratien sterben. Und was wir dagegen tun können, München 2018; Anne Applebaum, Die Verlockung des Autoritären. Warum antidemokratische Herrschaft so populär geworden ist. Aus dem Englischen übersetzt von Jürgen Neubauer, München 2021.

18 Bei der Frage nach den weltweit wichtigsten Politikwissenschaftlern gelangte Juan J. Linz im Urteil deutscher Fachvertreter 1996/97, also noch vor der Übersetzung von »Totalitarian and Authoritarian Regimes«, auf den achten Platz – hinter Samuel P. Huntington und Seymour M. Lipset, vor Giovanni Sartori und Klaus von Beyme. Vgl. Jürgen Falter/Hans-Dieter Klingemann, Die deutsche Politikwissenschaft im Urteil der Fachvertreter, in: Michael Th. Greven (Hg.), Demokratie – eine Kultur des Westens? 20. Wissenschaftlicher Kongreß der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft, Opladen 1998, S. 305-341, hier S. 330.

19 Um nur einen deutschsprachigen Band zu nennen: Holger Albrecht/Rolf Frankenberger (Hg.), Autoritarismus Reloaded. Neuere Ansätze und Erkenntnisse der Autokratieforschung, Baden-Baden 2010.

20 Vgl. für die DDR etwa die politikwissenschaftliche Dissertation von Florian Gräßler, War die DDR totalitär? Eine vergleichende Untersuchung des Herrschaftssystems der DDR anhand der Totalitarismuskonzepte von Friedrich, Linz, Bracher und Kielmansegg, Baden-Baden 2014, S. 53-63, S. 235-255.

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