Zu diesem Heft
»Über den Wert eines Buches entscheidet nicht die erste, darüber entscheidet die zweite Lektüre«, betont der Soziologe Wolf Lepenies in einer »kleinen Kulturgeschichte der Relektüre«.1 In der Rubrik »Neu gelesen« haben wir mittlerweile 100 Beiträge veröffentlicht.2 Nicolas Bergs Text über Victor Klemperers »LTI. Notizbuch eines Philologen« (Erstausgabe 1947) hat im vorigen Heft erneut gezeigt, wie ergiebig es ist, der Entstehungs-, Publikations- und Rezeptionsgeschichte älterer Werke genauer nachzugehen und sie aus aktuellen Perspektiven neu zu betrachten.3 Nicht immer sind es solche vielzitierten »Klassiker«, die in dieser Rubrik vorgestellt und diskutiert werden. Eine Relektüre verdienen auch Bücher und Aufsätze, die bei ihrer Erstpublikation weniger beachtet wurden, aber im Lichte heutiger Fragen stärkere Aufmerksamkeit finden. Für die Autor:innen der Beiträge kann »Neu gelesen« eine Wiederbegegnung mit Werken bedeuten, die sie in einer früheren Lebensphase schon einmal intensiv studiert haben; es können jedoch auch Reflexionen über Publikationen sein, bei denen die Neulektüre eine persönliche Erstbegegnung ist. In jedem Fall hat sich die Rubrik als so anregend erwiesen, dass wir sie selbstverständlich fortsetzen werden – im aktuellen Heft nun gleich mit vier Beiträgen.
Zu den Werken, mit denen man in einem positiven Sinne nicht fertig wird, gehört Max Horkheimers und Theodor W. Adornos im US-amerikanischen Exil entstandene »Dialektik der Aufklärung«, deren Erstausgabe in Buchform 1947 erschien, also im selben Jahr wie Klemperers »LTI«. Jörg Später betont in seinem Beitrag besonders die in der »Dialektik der Aufklärung« angelegte Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus, die für heutige Debatten auf neue Weise relevant ist. Einige Leser:innen mögen sich erinnern, dass es zu diesem Buch schon im ersten Jahrgang unserer Zeitschrift einen kurzen Text gab.4 Der Vergleich beider Artikel führt vor Augen, wie sich im Abstand von 20 Jahren Perspektiven und Prioritäten verschieben können.5 Ein anderer Autor, der in der Rubrik »Neu gelesen« bereits früher einmal vorkam, ist Günther Anders – im Zentrum steht diesmal aber nicht »Die Antiquiertheit des Menschen«,6 sondern die Essaysammlung »Endzeit und Zeitenende« von 1972 (ab 1981 unter dem Titel »Die atomare Drohung«). Christian Dries und Sara Walker finden darin »Bausteine einer anthropologisch grundierten negativen politischen Theorie der Nuklearmoderne«. Der Friedensnobelpreis 2024 für die japanische Anti-Atomwaffen-Organisation Nihon Hidankyō unterstreicht noch einmal, dass solche philosophischen und politischen Diskussionen in der Gegenwart wieder hochbrisant sind. Die Friedensorganisation wurde 1956 gegründet, in eben jenem Jahr, als Andersʼ Hauptwerk »Die Antiquiertheit des Menschen« erschien.
Die historisierende und zugleich aktualisierende Neubetrachtung älterer Literatur erreicht inzwischen auch die 1990er-Jahre. Eric Hobsbawms Buch »Das Zeitalter der Extreme« war 1994/95 eine der ersten großen Überblicksdarstellungen zur Geschichte des 20. Jahrhunderts. Der »Nexus zwischen Wirtschaftswachstum und Umweltzerstörung« stand in der frühen Rezeption des Buches noch nicht im Vordergrund, war bei Hobsbawm als kritischer Impuls aber durchaus angelegt, wie Eva Bischoff argumentiert. Eine »Geschichtswissenschaft im Zeitalter des Anthropozäns« könne und müsse dies ausbauen. Ein anderes vielzitiertes Werk der 1990er-Jahre, dessen Titel zum Slogan wurde, ist Richard Sennetts Buch »Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus« (Erstausgabe 1998). Der amerikanische Originaltitel »The Corrosion of Character. The Personal Consequences of Work in the New Capitalism« traf den Inhalt präziser. Sennett entwarf in diesem soziologisch-zeitdiagnostischen Essay keine Theorie der Flexibilisierung und erst recht keine Zeitgeschichte des Kapitalismus, verstand es aber, das um die Jahrtausendwende omnipräsente Schlagwort »Flexibilität«7 im Hinblick auf individuelle Berufsbiographien und Entfremdungserfahrungen zu konkretisieren, wie Lukas Doil zeigt.
In der Rubrik »Neu gesehen« führt der Beitrag von Mathias Häußler in die Zeit um 1960. Mit dem Film »G.I. Blues« (deutscher Titel: »Café Europa«) vollzog der Sänger Elvis Presley einen »Image-Wandel […] vom jugendlichen Rock-Rebellen hin zum breit akzeptierten amerikanischen Patrioten und Mainstream-Entertainer«. Anschaulich schildert Häußler »die Wechselwirkungen zwischen den medialen Inszenierungen von Presleys tatsächlichem Militärdienst [im hessischen Friedberg] und dessen anschließender filmischer Verklärung«. Ein Foto, das im Februar 1960 in Friedberg entstand und eines von vielen Dokumenten dieser Inszenierungen ist, findet sich auf unserem Heftcover. Der Film und die parallel produzierten Platten waren kommerziell höchst erfolgreich; trotz der schon damals geäußerten Kritik an Klischees waren diese Medien für eine transatlantische, deutsch-amerikanische Popkultur (oder auch: Kulturindustrie) sehr prägend.
Zeitgleich war die Skepsis gegenüber der »Massenkultur« in der frühen Bundesrepublik zumindest unter Intellektuellen recht stark. Die preiswerte Publikationsform Taschenbuch, die sich dank Rowohlt und weiteren Verlagen ab Anfang der 1950er-Jahre rasch verbreitete, war zunächst mit dem kritischen Vorbehalt belegt, dass das Kulturgut Buch hier zur billigen Ware degradiert werde. Aber wie Ute Schneider in ihrem Aufsatz eingehend darstellt, verstanden es die Verlage, mit inhaltlich hochwertigen Reihen einen ganz neuen Markt zu schaffen. Anhand des »Fischer Lexikons A-Z« kann die Autorin belegen, wie führende Vertreter aller damals als wichtig geltenden Disziplinen am breiten Spektrum dieser Reihe mitwirkten und Popularisierung von Wissen keineswegs als Simplifizierung verstanden. Aus heutiger Sicht erscheinen die Verkaufs- und Auflagezahlen der Lexikonbände geradezu atemberaubend. Der Erfolg verdankte sich einer wachsenden Kaufkraft, vor allem aber dem Lektürehunger eines breiten Publikums und der Hoffnung auf sozialen Aufstieg durch Bildung, die sich auch in der Hochschulexpansion ausdrückte.
Anna von der Goltz hebt in ihrem Aufsatz über die CDU/CSU-Wahlkampagne »Black is beautiful« hervor, wie freihändig die konservative Partei vor allem in den 1970er-Jahren auf Versatzstücke aus der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung zurückgriff, um sich ein jugendlicheres, »moderneres« Image zu geben. Die Nonchalance, mit der mögliche Bezüge zur Geschichte und Gegenwart von Rassismus in der Kampagne übergangen wurden, ist bezeichnend und war wohl nicht auf eine Partei beschränkt. Noch überraschender ist indes, dass der Slogan »Black is beautiful« bei der CDU/CSU fast bis in die Gegenwart zumindest punktuell weiter zum Einsatz kam.
Die gesellschaftlichen Konflikte in den USA, die in der bundesdeutschen Parteienlandschaft höchstens auf indirekte, verschobene Weise wirksam wurden, rücken beim Aufsatz von Jürgen Martschukat, Alexander Obermüller und Lisa Patt ins Zentrum der Analyse: Der Beitrag verfolgt das »Aufeinanderprallen emanzipatorischer und reaktionär-hegemonialer Identitätspolitiken« seit den 1970er-Jahren. Das Interesse gilt Fragen von Geschlechterbeziehungen und Sex, die in den »Kämpfen um Demokratie, Teilhabe und Hegemonie« immer wieder konfliktauslösend oder -verstärkend gewesen sind. Familienbilder, queere Lebensformen, Adoptions- und Abtreibungsrechte sowie seit den 1980er-Jahren auch der Umgang mit Aids-Erkrankungen waren maßgebliche Streitthemen. Die konkurrierenden politischen Lager beriefen sich gleichermaßen auf »Identität«, taten dies aber in strukturell unterschiedlicher Weise – so eine These des Aufsatzes.
Damit ist die starke Polarisierung angesprochen, die die Gesellschaft, Politik und Kultur der USA schon seit den 1960er-Jahren in verschiedenen Wellen geprägt hat.8 Constantin M. März erinnert in seinem Essay an eine historische Konstellation, die lange her ist und doch unheimlich bekannt vorkommt: die Präsidentschaftskandidatur des Republikaners Barry M. Goldwater (1964), der durch rhetorische Extrempositionen und das Versprechen »einfacher Lösungen« selbst viele Anhänger:innen der eigenen Partei abschreckte und unter Psychiater:innen eine Debatte über seine geistige Gesundheit auslöste. Seine politischen Gegner:innen überzogen allerdings, wenn sie vor »Hitlerismus« oder »Faschismus« warnten, und verstärkten ihrerseits die Lagerbildung. Zwar verlor Goldwater die Wahlen gegen Lyndon B. Johnson deutlich, aber die Republikaner sammelten in der Kampagne viele Erfahrungen, die später wirksam wurden – etwa die Erkenntnis, dass ein eigenes Medienuniversum nützlich sein kann, um die Effektivität von Wahlpropaganda zu steigern.
Mit Blick auf die USA in der Gegenwart mag man sich an den Song »Democracy« erinnert fühlen, den Leonard Cohen 1992 auf seinem Album »The Future« veröffentlichte. In Cohens typischer Mischung aus Ironie und Utopie hieß es dort etwa:9
Iʼm sentimental, if you know what I mean
I love the country but I canʼt stand the scene
And Iʼm neither left or right
Iʼm just staying home tonight
Getting lost in that hopeless little screen
But Iʼm stubborn as those garbage bags
That time cannot decay
Iʼm junk but Iʼm still holding up
This little wild bouquet
Democracy is coming to the U.S.A.
Schließlich zwei Hinweise in eigener Sache: Wie auf der Website der »Zeithistorischen Forschungen« schon erwähnt, hat Jürgen Danyel unsere Redaktion im Frühjahr 2024 verlassen und wurde im Herbst nun auch als stellvertretender Direktor des ZZF feierlich verabschiedet. Als Senior Fellow wird er dem Institut verbunden bleiben. Wir danken ihm hier noch einmal herzlich für sein Engagement bei der Gründung und Entwicklung dieser Zeitschrift! In die Redaktion neu aufgenommen haben wir Michael Homberg, der am ZZF auch Jürgen Danyels Nachfolge in der Abteilungsleitung angetreten hat und unseren Leser:innen bereits durch seinen vielbeachteten Aufsatz zur »Computerliebe« bekannt sein dürfte.10
In den bisherigen 20 Jahrgängen sind die »Zeithistorischen Forschungen« mit jeweils drei Heften erschienen. Ab dem Jahrgang 21 (2024) stellen wir den Rhythmus nun auf zwei Hefte pro Jahr um. Diese Entscheidung ist Redaktion, Herausgebern und Beirat nicht leichtgefallen. Sie hat sich im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten als notwendig erwiesen, um ein regelmäßiges Erscheinen in der gewohnten und gewünschten Qualität zu sichern. Damit ist das Bekenntnis verbunden, dass der gemeinsame Weg zur Publikation ebenso wichtig ist wie das fertige Produkt – also der Austausch über Ideen und Konzepte, die Arbeit an Manuskripten, die Organisation des Begutachtungsverfahrens, die Beratung und Recherche bei der Bildauswahl, die Sorgfalt in der Druckvorbereitung und einiges mehr. Trotz vieler technischer Hilfsmittel beim Forschen und Schreiben lässt sich das Denken kaum beschleunigen. In ihrer Dankrede bei der Verleihung des Hamburger Aby-Warburg-Preises kritisierte die Soziologin Eva Illouz jüngst die Tendenz zum »Fast Thought«: »Denken muss langsam sein – sowohl im Sinne von Slow Food, das mit Geduld und Liebe zubereitet wird, als auch in dem Sinne, den Daniel Kahneman dem langsamen Denken gegeben hat: als ein kognitiver Prozess, der sich der Intuition und spontanen Assoziationen widersetzt, der versucht, Irrtümer zu entdecken, verschiedene Interpretationswege zu erkunden, der Argumente mit Fakten verknüpft, sich selbst hinterfragt und der auf die Mehrdimensionalität sozialer Phänomene achtet.«11 Diesem Denken, diesem wissenschaftlichen Anspruch werden wir in den »Zeithistorischen Forschungen« weiterhin Raum geben. Wir laden alle Interessierten ein, daran lesend und schreibend mitzuwirken.
Jan-Holger Kirsch für die Redaktion
Anmerkungen:
1 Wolf Lepenies, Und NOCHMAL!, in: Welt, 7.11.2022, S. 18-19, hier S. 18.
2 Das umfangreiche Register findet sich hier. Hinzuzurechnen sind noch zwei Aufsätze, die ausgehend von einem Bestseller jeweils ein breiteres Panorama entfalten: Sven Reichardt, Klaus Theweleits »Männerphantasien« – ein Erfolgsbuch der 1970er-Jahre, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 3 (2006), S. 401-421; Frank Biess, »Ganz unten«. Günter Wallraff und der westdeutsche (Anti-)Rassismus der 1980er-Jahre, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 19 (2022), S. 17-47.
3 Nicolas Berg, Sprachkritik und Autobiographie. Über Victor Klemperers »LTI. Notizbuch eines Philologen« (1947), in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 20 (2023), S. 331-345.
4 Clemens Albrecht, Die Dialektik des Scheiterns. Aufklärung mit Horkheimer und Adorno, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 1 (2004), S. 318-323.
5 Für einen breiteren begriffsgeschichtlichen Überblick, bei dem die »Dialektik der Aufklärung« auch eine Rolle spielt, siehe jetzt Ernst Müller, Aufklärung/Gegenaufklärung, in: ders./Barbara Picht/Falko Schmieder (Hg.), Das 20. Jahrhundert in Grundbegriffen. Lexikon zur historischen Semantik in Deutschland, o.D.
6 Siehe dazu Daniel Morat, Die Aktualität der Antiquiertheit. Günther Anders’ Anthropologie des industriellen Zeitalters, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 3 (2006), S. 322-327.
7 Siehe etwa Thomas Lemke, Flexibilität, in: Ulrich Bröckling/Susanne Krasmann/Thomas Lemke (Hg.), Glossar der Gegenwart, Frankfurt a.M. 2004, S. 82-88.
8 Zum Begriff und Problem der Polarisierung siehe jüngst auch Manfred Berg, Das gespaltene Haus. Eine Geschichte der Vereinigten Staaten von 1950 bis heute, Stuttgart 2024, S. 17-20 (und öfter).
9 <https://www.youtube.com/watch?v=DU-RuR-qO4Y>. Am 7. November 2016 starb Leonard Cohen, am 8. November gewann Donald Trump die Präsidentschaftswahlen in den USA. Diese Konstellation prägte den Nachruf von Rüdiger Schaper, Sag zum Abschied leise Hallelujah, in: Tagesspiegel, 12.11.2016, S. 25. Der Songtext von »Democracy« war in einer Randspalte abgedruckt. Zur Faszination von Cohens Texten und seiner Musik siehe jetzt Caspar Battegay, Leonard Cohens Stimme, Berlin 2024.
10 Michael Homberg, Computerliebe. Die Anfänge der elektronischen Partnervermittlung in den USA und in Westeuropa, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 17 (2020), S. 36-62.
11 Eva Illouz, Eure Fast-Food-Argumente, in: Süddeutsche Zeitung, 15.10.2024, S. 9. Illouz wendet sich hier gegen Vereinfachungen in der Bewertung des Nahostkonflikts; das zitierte Plädoyer ist aber verallgemeinerbar.
In this Issue
As the sociologist Wolf Lepenies asserts in his ›Brief Cultural History of Re-reading‹, ›The second reading – not the first – determines the value of a book.‹1 We have now published one hundred articles under the ›Literature Revisited‹ rubric.2 Nicolas Berg’s text in our previous issue, which re-examined Victor Klempererʼs The Language of the Third Reich. LTI: Lingua Tertii Imperii. A Philologist’s Notebook (first published in 1947), showed once again how fruitful it can be to take a closer look at the history of the creation, publication and reception of older works, and to view them anew from current vantage points.3 ›Literature Revisited‹ is not limited solely to the presentation and discussion of oft-cited classics; we also re-read books and essays that may have received less attention upon their original publication, yet, in light of current issues and questions, have earned more focused attention. For the authors of these contributions, ›Literature Revisited‹ can provide an opportunity for renewed engagement with works that the authors, in their early careers, may have already subjected to intense scrutiny; however, some authors are reflecting on publications that they are encountering for the first time. In any case, this format has proved so stimulating that we will of course continue it – with four articles in the current issue.
One work that rewards multiple readings is Max Horkheimer and Theodor W. Adorno’s Dialectic of Enlightenment, which was written in exile in the USA and first published in book form in 1947 (the same year as Klemperer’s LTI). In his contribution, Jörg Später delves into the examination of antisemitism in Dialectic of Enlightenment, which has become relevant in new ways for contemporary debates. Some readers may recall that there was a brief text on this work in the first volume of our journal.4 A comparison of both articles illuminates how perspectives and priorities can shift over an interval of twenty years.5 Another author whose work was re-examined in ›Literature Revisited‹ is Günther Anders. This time, however, we do not return to The Obsolescence of Man;6 instead, we take a look at Anders’s 1972 essay collection, ›Endzeit und Zeitenende‹ (›End-Times and the End of Time‹; as of 1981 under the title, ›Die atomare Drohung‹ [›The Nuclear Threat‹]), in which Christian Dries and Sara Walker identify ›the building blocks of an anthropologically informed negative political theory of nuclear modernity‹. The Nobel Peace Prize for 2024 – awarded to the Japanese organisation Nihon Hidankyō, which campaigns against nuclear weapons – underscores the fact that such philosophical and political discussions have once again become highly explosive at the present time. Nihon Hidankyō was founded in 1956, in exactly the same year in which Anders’s magnum opus, The Obsolescence of Man, appeared.
The historicization and reappraisal of older literature has now reached the 1990s. Eric Hobsbawm’s book, The Age of Extremes, published in 1994–95, was one of the first major overviews of twentieth-century history. As Eva Bischoff argues, the ›nexus between economic growth and environmental destruction‹ was not yet in the foreground in early reception of the book, but was certainly present in Hobsbawm as a critical impulse, one that the work of ›writing history in the Anthropocene‹ can, and must, take up and carry forward. Another oft-cited work from the 1990s is Richard Sennett’s The Corrosion of Character. The Personal Consequences of Work in the New Capitalism (1998). As Lukas Doil shows, Sennettʼs seminal work proffered a sociological diagnosis of a specific moment in time. Even though Sennett did not develop a theory of flexibilization, and certainly not a contemporary history of capitalism, he was nonetheless able to establish the buzzword ›flexibility‹, which was omnipresent at the turn of the millennium,7 with regard to individual professional biographies and experiences of alienation.
The article by Mathias Häußler in the ›Film & TV Revisited‹ rubric takes us to the time around 1960. With the film G.I. Blues (German title: Café Europa), the singer Elvis Presley completed a ›transformation of his image [...] from a youthful rock rebel to a widely accepted American patriot and mainstream entertainer‹. Häußler vividly describes ›the interactions between the media stagings of Presley’s actual military service [in Friedberg, Hesse] and its subsequent cinematic glorification‹. A photo taken in Friedberg in February 1960, one of many documents of these stagings, can be found on the cover of this issue. The film and the records produced at the same time were highly successful commercially; despite the criticism of clichés that was already being expressed at the time, these media were very influential for a transatlantic, German-American pop culture (or: culture industry).
Meanwhile, there was a high level of scepticism about ›mass culture‹ in the early Federal Republic, at least among intellectuals. The affordable paperback format, which thanks to Rowohlt and other publishers spread rapidly beginning in the early 1950s, was initially met with the critical reservation that the book as a cultural object was being degraded to a cheap commodity. Yet as Ute Schneider describes in detail, publishers were able to create a whole new market with high-quality series. In her analysis of the Fischer Lexikon A-Z, Schneider shows how leading representatives of all the disciplines considered important at the time contributed to the broad spectrum of this series, and that they did not at all view the popularization of knowledge as a simplification. From today’s perspective, the sales and circulation figures for the encyclopaedia volumes are nothing short of breathtaking. This success was due to a growing purchasing power, but above all to the hunger for reading among a broad public and the hope of social advancement through education, which was also expressed in the expansion of higher education.
In her article on the CDU/CSU election campaign ›Black is beautiful‹, Anna von der Goltz highlights how freely the conservative party drew on elements from the US civil rights movement, especially in the 1970s, to give itself a more youthful, ›modern‹ image. The nonchalance with which possible references to the history and contemporaneity of racism were ignored in the campaign is telling and was probably not limited to one party. Even more surprising, however, is the fact that the CDU/CSU used the slogan ›Black is beautiful‹ almost up to the present, at least in some cases.
The article by Jürgen Martschukat, Alexander Obermüller, and Lisa Patt focuses on social conflicts in the United States, which have only indirectly and belatedly affected the German party landscape. Their contribution traces the ›clash of emancipatory and reactionary-hegemonic identity politics‹ since the 1970s. The analysis revolves around questions of gender relations and sex, which have repeatedly been a source of conflict, or intensified existing conflicts, in the ›struggles for democracy, participation and hegemony‹. Key issues have included family images, queer ways of life, adoption and abortion rights, and, since the 1980s, how to deal with AIDS. According to one of the article’s theses, competing political camps invoked ›identity‹ in equal measure, but they did so in structurally different ways.
This leads us to the strong polarization that has shaped US society, politics and culture in various waves since the 1960s.8 In his essay, Constantin M. März recalls a historical constellation that happened a long time ago and yet seems uncannily familiar: the 1964 presidential candidacy of Republican Barry M. Goldwater, who, by taking extreme rhetorical positions and promising ›simple solutions‹, alienated even many supporters of his own party and sparked a debate among psychiatrists about his mental health. However, his political opponents overstepped the mark when they warned of ›Hitlerism‹ or ›fascism‹, thereby reinforcing the polarization. Although Goldwater lost the election to Lyndon B. Johnson by a wide margin, the Republicans gained a lot of experience during the campaign that came in useful later on – for example, the realization that a separate media universe can be helpful to increase the effectiveness of election propaganda.
Looking at the USA today, one might be reminded of the song ›Democracy‹, which Leonard Cohen released on his 1992 album The Future. In Cohen’s typical blend of irony and utopia, he sings:9
Iʼm sentimental, if you know what I mean
I love the country but I canʼt stand the scene
And Iʼm neither left or right
Iʼm just staying home tonight
Getting lost in that hopeless little screen
But Iʼm stubborn as those garbage bags
That time cannot decay
Iʼm junk but Iʼm still holding up
This little wild bouquet
Democracy is coming to the U.S.A.
Finally, two notes on our own behalf. As already mentioned on the Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History website, Jürgen Danyel left our editorial team in spring 2024 and was bid farewell in a ceremony in the fall as deputy director of the ZZF. He will remain connected to the institute as a senior fellow. We would like to take this opportunity to once again thank him for his commitment to the founding and development of this journal! We are pleased to welcome Michael Homberg to the editorial team. He has also taken over from Jürgen Danyel as head of department at the ZZF and is likely already known to our readers through his highly regarded article on ›Computer Love‹.10
In the previous twenty volumes, we published Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History with three issues each. Starting with Volume 21 (2024), we are now changing the rhythm to two issues per year. This decision was not an easy one for the editorial team, editors and editorial board, but it is necessary, given our available capacities, in order to ensure regular publication in the accustomed and desired quality. This also acknowledges that the joint path to publication is just as important as the finished product – that is, the exchange of ideas and concepts, the work on manuscripts, the organization of the review process, the advice and research in the selection of images, the care taken in preparing for printing, and much more. Despite the many technical aids available for research and writing, thinking can hardly be accelerated. In her acceptance speech at the Hamburg Aby Warburg Prize award ceremony, sociologist Eva Illouz recently criticized the trend towards ›fast thought‹: ›Thinking must be slow – both in the sense of slow food, which is prepared with patience and love, and in the sense that Daniel Kahneman has given to slow thinking: as a cognitive process that resists intuition and spontaneous associations, that attempts to detect fallacies, explore different avenues of interpretation, link arguments to facts, question itself, and pay attention to the multidimensionality of social phenomena.‹11 We will continue to provide space for this kind of thinking, this scientific approach, in Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History. We invite all interested parties to participate by reading and writing.
Jan-Holger Kirsch for the editorial team
(Translated from the German by Lee Holt)
Notes:
1 Wolf Lepenies, Und NOCHMAL!, in: Welt, 7 November 2022, pp. 18-19, here p. 18.
2 The extensive index can be found here. In addition, there are two articles that each unfold a broader panorama based on a bestseller: Sven Reichardt, Klaus Theweleits »Männerphantasien« – ein Erfolgsbuch der 1970er-Jahre, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 3 (2006), pp. 401-421; Frank Biess, »Ganz unten«. Günter Wallraff und der westdeutsche (Anti-)Rassismus der 1980er-Jahre, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 19 (2022), pp. 17-47.
3 Nicolas Berg, Sprachkritik und Autobiographie. Über Victor Klemperers »LTI. Notizbuch eines Philologen« (1947), in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 20 (2023), pp. 331-345.
4 Clemens Albrecht, Die Dialektik des Scheiterns. Aufklärung mit Horkheimer und Adorno, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 1 (2004), pp. 318-323.
5 For a broader conceptual-historical overview, in which the Dialectic of Enlightenment also plays a role, see Ernst Müller, Aufklärung/Gegenaufklärung, in: Barbara Picht/Falko Schmieder (eds), Das 20. Jahrhundert in Grundbegriffen. Lexikon zur historischen Semantik in Deutschland, n.d.
6 Daniel Morat, Die Aktualität der Antiquiertheit. Günther Andersʼ Anthropologie des industriellen Zeitalters, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 3 (2006), pp. 322-327.
7 See e.g. Thomas Lemke, Flexibilität, in: Ulrich Bröckling/Susanne Krasmann/Thomas Lemke (eds), Glossar der Gegenwart, Frankfurt a.M. 2004, pp. 82-88.
8 On the concept and problem of polarization, see also the recent work by Manfred Berg, Das gespaltene Haus. Eine Geschichte der Vereinigten Staaten von 1950 bis heute, Stuttgart 2024, pp. 17-20 (and throughout the book).
9 <https://www.youtube.com/watch?v=DU-RuR-qO4Y>. Leonard Cohen died on 7 November 2016, and on 8 November, Donald Trump won the US presidential election. This convergence shaped Rüdiger Schaperʼs obituary, Sag zum Abschied leise Hallelujah, in: Tagesspiegel, 12 November 2016, p. 25. The lyrics to ›Democracy‹ were printed in a sidebar. For more on the fascination of Cohen’s lyrics and music, see Caspar Battegay, Leonard Cohens Stimme, Berlin 2024.
10 Michael Homberg, Computerliebe. Die Anfänge der elektronischen Partnervermittlung in den USA und in Westeuropa, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 17 (2020), pp. 36-62.
11 Eva Illouz, Eure Fast-Food-Argumente, in: Süddeutsche Zeitung, 15 October 2024, p. 9. Illouz is here opposed to simplifications in the assessment of the Middle East conflict; the quoted plea, however, is generally applicable. [Translator’s note: I was unable to locate the original English text of Illouz’s speech. The English text here is a re-translation of a translation into German by Moritz Baumstieger.]