Abfall als Denkobjekt

Eine Re-Lektüre von Michael Thompsons »Mülltheorie« (1979)

Anmerkungen

Michael Thompson, Rubbish Theory. The Creation and Destruction of Value. With a Foreword by E.C. Zeeman, Oxford: Oxford UP 1979;
dt. Ausg.: Die Theorie des Abfalls. Über die Schaffung und Vernichtung von Werten. Aus dem Englischen übersetzt von Klaus Schomburg, Stuttgart: Klett-Cotta 1981; Mülltheorie. Über die Schaffung und Vernichtung von Werten. Neu herausgegeben von Michael Fehr. Aus dem Englischen übersetzt von Klaus Schomburg, Essen: Klartext 2003.
Die Zitate im Text folgen der letztgenannten Ausgabe.

Michael Thompsons Buch »Mülltheorie« beginnt mit einem sehr unappetitlichen Rätsel zu »Rotz«. Es endet mit der Zusammenfassung einer im Buch Schritt für Schritt entwickelten Theorie, in der es darum geht, »Monster« (wie den »Rotz«) nicht aus der gesellschaftlichen Betrachtung und der wissenschaftlichen Theorie auszuschließen. Müll sei ein solches Monster, das in einem modernen Wissenschaftsverständnis ignoriert werde, da der Wert und die soziale Funktion von Müll mit »Null« gleichgesetzt werde. So beobachtete es Thompson in den 1960er- und 1970er-Jahren, als sein Buch entstand.

1979 wirkte ein Buch mit dem Titel »Rubbish Theory« zweifellos provozierend. Zwar hatte sich die Anthropologin Mary Douglas bereits Mitte der 1960er-Jahre mit Schmutz beschäftigt und dabei Müll als Dinge am falschen Ort bezeichnet – eine Beobachtung, die seitdem vielfach zitiert wurde.[1] Forschungen zum Thema Müll etablierten sich jedoch erst seit den 1990er-Jahren,[2] und damit noch später als die intensive wissenschaftliche Beschäftigung mit der materiellen Kultur. Um Müll als legitimes Thema der Geschichts- oder Kulturwissenschaft angehen zu können, bedurfte es zweifellos gesellschaftlicher Veränderungen. Erst unter dem Einfluss der Ökologiebewegung, der Konsumkritik, des immensen Anstiegs des Hausmülls und der Debatten um Recycling und Ressourcenknappheit[3] wurde Müll zu einem gesellschaftlich und wissenschaftlich relevanten Problem über Entsorgungsfragen hinaus.

Der Mathematiker und Anthropologe Michael Thompson zählte sicher zu den Pionieren eines neuen Forschungsfeldes. Allerdings geht es in diesem Buch nicht nur um Müll im Sinne der Waste Studies, nicht nur um eine Werttheorie von Dingen. Vielmehr entwickelte Thompson eine komplexe Gesellschaftstheorie, die zugleich Kritik an der zeitgenössischen Wissenschaft übte. Thompsons Buch entstand vor allem in Auseinandersetzung mit der Theorielandschaft der 1970er-Jahre, die damit beschäftigt war, konventionelle Denkweisen aufzubrechen. Denn der Blick auf Müll diente dem Autor dazu, einen Vorschlag für ein anderes, uneindeutiges Denken zu unterbreiten. Abfall als Metapher für das Nicht-Gesehene, Ausgeschlossene, Ignorierte war für ihn ein Brennglas auf soziale Prozesse und Ordnungen, gewissermaßen eine Perspektive, von der aus er Gesellschaft zu analysieren versuchte.

Thompson lieferte dabei eine komplexe Auseinandersetzung mit zeitgenössischen bzw. in den 1960er- und 1970er-Jahren breit rezipierten Theorien und Theoretikern wie Quine, Wittgenstein, Lévi-Strauss und dem Strukturalismus, mit semiotischen Ansätzen sowie Keynesʼ Wirtschaftstheorie oder auch mit Kuhn und Marx – um nur einige zu nennen. Das Ergebnis ist eine eigenständige Theorie, die gleichwohl den Zeitgeist atmet: Fundamentale Oppositionen werden aufgehoben, Hierarchien in vernetztem Denken aufgelöst, Stabilität wird in Dynamik überführt. Kausalität und Linearität sollen abgelehnt, Diskontinuitäten statt Kontinuitäten gedacht, Grenzziehungen und -verschiebungen untersucht sowie vor allem Ausgeschlossenes in die Theoriebildungen integriert und damit Widersprüche selbstverständlicher Teil des Denkens werden.

Thompson war stark geprägt von einer Mathematik, die nach logischen Widersprüchen, nach Nicht-Beschreibbarem und Paradoxien fragt. Der besondere Reiz der Mülltheorie bestand für ihn gerade darin, dass sie immer ins »Unlogische, Anomale und Paradoxe zu führen scheint« (S. 151). Sie sollte dazu dienen, »unsere Aufmerksamkeit auf die Art und Weise zu lenken, in der Objekte sozial bearbeitet werden«, und darauf hinweisen, »dass eine Beschreibung dieses Prozesses in der Antwort auf die Frage ›Wie ist Gesellschaft möglich?‹ enthalten sein sollte«. Wenn er »diese gewaltige Frage mit nur einem einzigen Wort beantworten müsste, würde es ›Widerspruch‹ heißen« (ebd.).

Während die Rezeption des Buches vor allem auf den Versuch abhob, eine Theorie der Werte von Dingen zu entwickeln, reichte dessen eigentliches Ziel weit darüber hinaus. Denn Thompson ging es nicht allein darum, die Schaffung und Vernichtung von Werten zu erklären, sondern er behandelte »Müll« als anschauliches Denkobjekt, um gesellschaftliche Mechanismen zu verstehen. Dabei entwarf er aus seiner Sicht als Anthropologe eine Gesellschaftstheorie, die Dinge als Teil des Gesellschaftlichen selbstverständlich mitdachte.

Gerade die Neu-Lektüre durch Historiker/innen kann das Buch aus seinem Zeitkontext heraus verstehen helfen: als Teil eines für die 1970er-Jahre charakteristischen, theoriebegeisterten intellektuellen Umfeldes, das um den Bruch mit etablierten Denkgewohnheiten bemüht war. Zudem bietet eine Neu-Lektüre die Möglichkeit, das Buch noch einmal in seiner Gänze zu lesen, einzuordnen und aufzuzeigen, wie verkürzt die komplexe, über weite Strecken zweifellos auch sperrig argumentierende Studie aufgenommen wurde. Eine ausführliche Geschichte seiner Rezeption und je zeitspezifischen Deutung kann hier nicht geleistet werden. Offensichtlich ist aber, dass Thompsons fundamentale Überlegungen zu einer Gesellschaftstheorie, zu einer umfassenden Erklärung des Sozialen kaum rezipiert wurden, obgleich er einen Theorieentwurf vorlegte, der mit anderen Ansätzen beispielsweise von Pierre Bourdieu oder Bruno Latour oder auch mit postmodernen Theorien zu vergleichen wäre.

Im Kontext des vorliegenden Themenheftes sollen an dieser Stelle Thompsons Ausführungen zur Theorie der Schaffung und Vernichtung von Werten näher betrachtet werden, die er besonders in den ersten beiden Kapiteln entfaltet. Dies ist zweifellos derjenige Teil des Buches, der am häufigsten rezipiert wurde und mit dem es heute noch in Verbindung gebracht wird. Weiter stellt sich die Frage, wie das Buch im aktuellen Kontext von Material-Culture-Forschungen einzuordnen ist. Abschließend ist zu überlegen, welche weiterführenden Anregungen es für sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Forschungen liefern könnte.

Ausgangspunkt von Thompsons Analyse war der damals gängige Dualismus von Güterkategorien. Güter galten entweder als vergänglich, indem sie sukzessive an Wert verlören, oder als dauerhaft, indem sie im Laufe der Zeit an Wert gewännen. Dem setzte Thompson eine dritte Kategorie entgegen, die er zwischen »vergänglich« und »dauerhaft« ansiedelte, nämlich die Kategorie des »Mülls« – wie er betonte, eine in der Theoriebildung bis dahin nicht existente Kategorie. »Das, was ausgeschieden, aber nicht sichtbar ist, bildet […], weil es nicht stört, überhaupt keine kulturelle Kategorie, es ist einfach ein ›Residuum‹ des ganzen Kategoriensystems.« (S. 111) Eine weitere Korrektur, die er vornahm, betrifft die Annahme, die Kategorien seien stabil und der Wert bestimme sich aus dem Objekt selbst, liege also in seinen physikalischen Eigenschaften begründet. Anhand anschaulicher Beispiele wie den Stevens-Bildern[4] aus dem 18. Jahrhundert oder auch Häusern und ganzen Stadtvierteln argumentierte Thompson, dass der Wert erstens nicht im Objekt liege, sondern ein Ergebnis sozialer und kultureller Konventionen sei. Einen Rohzustand der Dinge gebe es nicht. Zweitens betonte er, dass die Werte transitorisch und flexibel seien, sodass beispielsweise Müll zu einem dauerhaften Gut werden könne, das wieder an Wert gewinne. Seine Theorie wollte Thompson jedoch nicht nur auf Dinge angewendet wissen, sondern auf Jegliches, was verworfen, ausgegrenzt oder unsichtbar gemacht werde. Er erwähnte hier Konzepte, Ideen, wissenschaftliche Theorien, aber auch Menschen (Ausschluss von sozialen, ethnischen oder religiösen Gruppen).

Betrachtet man Thompsons Wert- und Dingtheorie heute, nach der Etablierung der Material Culture Studies seit den 1980er-Jahren,[5] so ist die Annahme, dass der Wert von Dingen (auch) eine Folge variabler kultureller Zuschreibungen ist und keineswegs im ökonomischen Wert aufgeht, inzwischen selbstverständlich. Auch die These des Vorübergehenden der Wertzuschreibungen, des transitorischen Status von Dingen, die Thompson differenziert erarbeitete, ist aufgrund konstruktivistischer Denkweisen seit langem wenig provozierend. Thompson vertrat allerdings keine radikalkonstruktivistische Position. Ihm ging es vielmehr darum, entgegen einer reduzierten ökonomischen Perspektive die kulturelle Dimension überhaupt erst in ihrer Bedeutung herauszuarbeiten. Zudem behielt er, ähnlich wie Bourdieu, immer eine enge Verbindung von kulturellen, ökonomischen und sozialen Kategorien bei. Verwies Bourdieu auf verschiedene Kapitalsorten, auf den Zusammenhang kultureller und ökonomischer Kategorien, so widmete auch Thompson diesen Fragen wichtige Passagen seines Buches – ohne sich allerdings explizit mit der Materialität, der Dinglichkeit der Dinge zu beschäftigen. Seine Analyse verblieb im Zusammenhang von sozialen, kulturellen und ökonomischen Kategorien, deren Wechselwirkung er aufzeigte.

So untersuchte er die Geschmackspräferenzen unterschiedlicher sozialer Gruppen bzw. Schichten an verschiedenen Beispielen. In Anlehnung an den Schriftsteller Alan Bennett bezeichnete er eine Mittelschicht aus »kreativen Pionieren« (S. 67) und Intellektuellen, die in den 1970er-Jahren in London in ehemals arme Stadtviertel zogen und dort die viktorianischen Häuser wieder »in« machten, also einen Gentrifizierungsprozess einleiteten, als »Knockers-Through«. Sie stießen auf die »Rons-and-Cliffs«, wie er die Arbeiterschicht in Anlehnung an häufige Vornamen nannte. Damit seien zwei »Stämme« (ebd.) mit unterschiedlichen Weltbildern und Handlungsmustern hinsichtlich der Bewertung und des Besitzes von Gütern miteinander konfrontiert. Thompson vertrat die These, dass nicht nur Weltbilder, Werte, Geschmackspräferenzen und soziale Schicht korrelierten, sondern dass auch die soziale Schicht in engem Zusammenhang stehe mit den drei Kategorien von Gütern: vergänglich, Müll, dauerhaft. Am Beispiel von Häusern argumentierte er, dass dauerhafte Häuser der Oberschicht vorbehalten, vergängliche Häuser der Mittelschicht zuzuordnen seien und Müllhäuser den unteren Schichten. Der Blick auf Dinge und deren Wertkategorie ist nach Thompson damit unverzichtbar, um Soziales zu erklären.

Thompsons »Müll-Dreieck«

Besonders in Kapitel 5 seines Buches widmet er sich solchen Fragen. Hier entwickelt er das »Müll-Dreieck« (S. 130), das zwischen den Spitzen »Kaste«, »Klasse« und »egalitär« aufgespannt ist. Es liefere »eine Beschreibung aller Möglichkeiten der Konzeptualisierungen der sich in einer beliebigen Gesellschaft in Umlauf befindlichen Güter und der Art der Beziehungen, die zwischen diesen Konzeptualisierungen und allen Varianten der fundamentalen Eigenschaften sozialer Systeme vorkommen können« (ebd.). Das »Müll-Dreieck« stelle »die sozialen Gesetze dar, die Güterverteilung und -austausch regieren« (ebd.). Mittels der Übergänge von dauerhaften Gütern, vergänglichen Gütern und Müll bzw. anhand der kulturellen Grenzziehungen, die solche Übergänge er- oder verunmöglichen, versuchte er soziale Prozesse und soziale Ordnungen zu erklären. Indem die »Knockers-Through« die viktorianischen Häuser neubewerteten, veränderten sie soziale Prozesse im Viertel. Thompson schrieb: »Das Kategoriensystem ›Vergänglich – Müll – Dauerhaft‹ gestattet die ungleiche Verteilung von Macht und Status innerhalb unserer Gesellschaft und ist die Grundlage für die kulturellen Unterschiede zwischen den Klassen, die entsprechend dieser Verteilung angeordnet sind.« (S. 129) Den Blick auf die Übergänge von einer Kategorie in eine andere sowie auf die Grenzziehungen und -verschiebungen verband er mit der Unterscheidung zwischen »Kaste« und »Klasse«. Innerhalb der Kasten bestünden gemeinsame Geschmackspräferenzen und Wertungen, die es schwierig machten, Dinge umzuwerten oder sich anders zu verhalten. So dominiere in der Kaste der »Rons-and-Cliffs« der Besitz vergänglicher Güter, denen eine höhere Priorität zugemessen werde als dauerhaften Gütern. Diese Geschmackspräferenz zu verletzen würde bedeuten, die eigene »Kaste« zu verlassen. Thompson führt an, dass »eine derartige Person […] sich sehr wohl dessen bewusst sein [mag], dass es, innerhalb ihres sozialen Kontextes, eine viel bessere Investition ist, für fünf Pfund alten oder potentiellen Freunden und Bekannten Drinks zu spendieren, als im Wert von fünf Pfund Aktienanteile zu kaufen« (S. 128). Dieser Kultur der Vergänglichkeit und des nicht investierenden Geldausgebens den Rücken zu kehren sei für die genannte Gruppe problematisch, wie Thompson auch an vielen anderen Beispielen veranschaulichte.

Solche Beobachtungen waren es, aus denen er das »Müll-Dreieck« entwickelte. Es eröffnet zudem die Beobachtung, dass Status und Macht getrennt sein können. Denn Status sei eine Kategorie der Kaste, Macht dagegen eine Kategorie der Klasse, was Thompson wiederum an einem konkreten Beispiel veranschaulichte, dieses Mal aus Indien: »Der fleischessende Prinz […] saß sicher an der Spitze der Machtstruktur, aber innerhalb der Kastenhierarchie stand er unter dem vegetarischen Brahmanen.« (S. 129) Der Prinz hatte mehr Macht als ein Brahmane, aber einen geringeren Status. Thompson sah dies als den entscheidenden Unterschied zwischen Kaste und Klasse. Mithin bezeichnet Kaste eine Welt kulturell-symbolischer Werte, während Klasse auf ökonomische Verhältnisse bezogen ist. Die Hierarchien innerhalb von Kaste und Klasse sind also unterschiedlich und von verschiedenen Wertungen abhängig. Thompson schlussfolgerte schließlich, es gebe »keinen Grund, nicht anzunehmen, dass Macht und Status nicht auch im Westen künftig unabhängig voneinander variieren können« (ebd.).

Dies stellt nur einen Ausschnitt aus Thompsons komplexen, strikt logisch argumentierenden Gedankengängen dar, in denen er die kulturellen, sozialen und ökonomischen Dimensionen im Hinblick auf den Gebrauch von Gütern, ihre gesellschaftliche Verteilung und ihren Austausch verknüpfte. Es verweist zweifellos auf Ansätze Bourdieus – wohl nicht zufällig spricht Thompson von einer »Feldtheorie der Sozialwissenschaften« (S. 149), die sich mit dem ganzen Spektrum sozialer, kultureller und ökonomischer Phänomene befasse.

Mit seiner Ding- und Werttheorie liefert Thompsons Buch von 1979 heute allerdings kaum noch neue Impulse. Der Zusammenhang von Geschmackspräferenzen und sozialer Schicht, von Status und Dingbesitz sowie die kulturelle Wandelbarkeit des Wertes von Dingen wurden seit den 1970er-Jahren vielfach aufgezeigt. Auch sein meines Erachtens unterschätzter Entwurf, eine Theorie des Gesellschaftlichen zu entwickeln, die Dinge als zentrale Elemente sozialer Verhältnisse denkt, ist heute angesichts der Material Culture Studies und vor allem der Actor Network Theory bereits eingängig und etabliert. Vielleicht liegt die Aktualität des Buches aber darin, an die enge Verbindung von Sozialem, Kulturellem und Ökonomischem zu erinnern. Gerade Letzteres, die Bedeutung des Ökonomischen, findet erst in jüngster Zeit wieder die ihm zustehende Aufmerksamkeit.

Allerdings wäre Thompsons Blick um ein Viertes zu erweitern. Denn nach der Dominanz kultur- und diskursgeschichtlicher Perspektiven, dem Blick auf die Symbolisierungen, kulturellen Zuschreibungen zu Dingen, kann es nicht um eine schlichte Rückkehr zu vernachlässigten Dimensionen des Sozialen oder Ökonomischen gehen. Vielmehr wäre die komplexe Verknüpfung kultureller, ökonomischer und sozialer Faktoren im Hinblick auf Dingumgang, -besitz und -verteilung, deren Zirkulationen und Wert-Konjunkturen zu betrachten, ohne dabei die Materialität der Dinge, ihre Dinghaftigkeit und besonders die darin liegenden Grenzen sozialer und kultureller Zuschreibungen sowie ökonomischer Verwertung außen vor zu lassen. Die von Thompson verschmähten physikalischen Eigenschaften von Dingen wären hinsichtlich ihrer Bedeutungen für Wertschaffung bzw. -vernichtung systematisch zu untersuchen.

Anzuknüpfen wäre hier an Arbeiten, die nach der Möglichkeit fragen, die materiale Dimension von Dingen theoretisch zu fassen und damit auch die Grenzen des Symbolischen auszuloten.[6] Denn Materialitäten ermöglichen und begrenzen Zuschreibungen gleichermaßen. Das »Müll-Dreieck« würde dann zum »Ding-Viereck«, das mit dem Blick auf Dinge Gesellschaft zu erklären beabsichtigt – eine nicht minder komplexe Angelegenheit als Thompsons wohlkomponiertes Buch.

Anmerkungen:

[1] Mary Douglas, Purity and Danger. An Analysis of Concepts of Pollution and Taboo, London 1966.

[2] Vgl. z.B. Susan Strasser, Waste and Want. A Social History of Trash, New York 1999; Martin Melosi, Garbage in the Cities. Refuse, Reform, and the Environment, Pittsburgh 2005; Carl A. Zimring/William Rathje (Hg.), Encyclopedia of Consumption and Waste. The Social Science of Garbage, Thousand Oaks 2012. In jüngster Zeit: Heike Weber, »Entschaffen«: Reste und das Ausrangieren, Zerlegen und Beseitigen des Gemachten, in: Technikgeschichte 81 (2014), S. 3-32.

[3] Reinhold Reith, Recycling – Stoffströme in der Geschichte, in: Sylvia Hahn/Reinhold Reith (Hg.), Umwelt-Geschichte. Arbeitsfelder – Forschungsansätze – Perspektiven, München 2001, S. 99-120; Contemporary European History 22 (2013) H. 3: Recycling and Re-use in the Twentieth Century, hg. von Heike Weber und Ruth Oldenziel.

[4] Es handelt sich hierbei um Bilder, die der Fabrikant Thomas Stevens auf dem Jacquard-Webstuhl herstellen ließ. Sie zeigten z.B. Landschaften oder Portraits. In Kapitel 2 seines Buches schildert Thompson den Übergang der Bilder zu Müll, also Unsichtbarem, und schließlich zu Dauerhaftem, Wertvollem.

[5] Vgl. exemplarisch: Dan Hicks/Mary C. Beaudry (Hg.), The Oxford Handbook of Material Culture Studies, Oxford 2010; Stefanie Samida/Manfred K.H. Eggert/Hans Peter Hahn (Hg.), Handbuch Materielle Kultur. Bedeutungen, Konzepte und Disziplinen, Stuttgart 2015.

[6] Lorraine Daston, Things that Talk. Object Lessons from Art and Science, New York 2004.

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