Das Deutsche als abgestorbene Sprache?

Jüdische Reaktionen auf George Steiners Essay »Das hohle Wunder« (1960/63)

  1. Einleitung:
    Literatur und NS-Vergangenheit zu Beginn der 1960er-Jahre
  2. Kritik der deutschen Sprache:
    Steiner, McCormick, Habe
  3. Übersetzungsdifferenzen von
    Steiners Essay »The Hollow Miracle«
  4. Jüdische Stimmen in der Debatte um
    »Das hohle Wunder«
  5. Das Vertrauen in die deutsche Sprache –
    und Steiners erneuerte Kritik
  6. »Sprachlos ist das Schicksal der Dichter«:
    Wolfgang Hildesheimers poetologische Sprachreflexion

Anmerkungen

1. Einleitung:
Literatur und NS-Vergangenheit zu Beginn der 1960er-Jahre

15 Jahre nach der militärischen Niederschlagung des NS-Regimes und der Befreiung der Lager schienen erste kulturelle Hypotheken, die die nationalsozialistische Ära hinterlassen hatte, im Bereich der deutschen Literatur abgezahlt. Werke von 1959 wie Heinrich Bölls »Billard um halb zehn«, Uwe Johnsons »Mutmaßungen über Jakob« und – besonders spektakulär, mit weltweitem Aufsehen – Günter Grassʼ »Die Blechtrommel« erweckten innerhalb und außerhalb Deutschlands den Eindruck, dass das »Klassenziel der Weltkultur«,1 an der deutsche Schriftstellerinnen und Schriftsteller zuvor lange unbestritten teilgehabt hatten, nun wieder erreicht sei. Hans Magnus Enzensberger formulierte diese Einschätzung 1968 mit ironischem Unterton – sein Diktum fand fortan Eingang in die wissenschaftliche und publizistische Literaturgeschichtsschreibung.2 Doch Enzensberger hatte dies gar nicht affirmativ, sondern kritisch gemeint und somit Vorbehalte zum Ausdruck gebracht. Die Rückkehr der deutschsprachigen Literatur in die Weltgemeinschaft war von Beginn an mit der Frage verknüpft, ob sie eine überzeugende Auseinandersetzung mit der jüngsten deutschen Geschichte bot. An dieser Verknüpfung zwischen den neuen Werken der Literatur und dem Geschichtsbewusstsein, das sie zeigten, wurde bei internationalen Preisverleihungen für deutschsprachige Autorinnen und Autoren (etwa bei der Vergabe von Literaturnobelpreisen) noch Jahrzehnte später festgehalten.3 In der Diskussion über die Qualität deutschsprachiger Literatur nach den NS-Verbrechen wurden deswegen von Beginn an gesellschaftliche, ästhetische und moralische Komponenten zusammen betrachtet. Internationale Beobachter sahen in den Werken deutscher Autorinnen und Autoren noch lange eine »vage und unspezifizierte Aura von Schuld«, die eher »künstlich angeeignet« schien.4 Eine solche Skepsis wiederum provozierte die deutschen Autoren. Wie sie den Vorbehalten zu begegnen suchten, verdeutlicht eine Szene von der Göhrder Tagung der Gruppe 47 im Oktober 1961, die Fritz J. Raddatz wie folgt überliefert hat: »Als einer nach der Lesung von Wolfdietrich Schnurres sehr gelungenem Romankapitel sagte, es sei bereits ein Verdienst des Autors, sein Thema (ein jüdisches Schicksal im Schicklgruber-Staat) gewählt zu haben, wurde durch den heftigen Protest deutlich, daß bei allen Divergenzen und Streitigkeiten doch der politische Instinkt dieser Schriftsteller-›Gemeinde‹ richtig ausschlägt. Grass: ›In dieser Gruppe ist das kein Verdienst, sondern selbstverständlich.‹«5

Der dekretistische Klang ist unüberhörbar. Mit offenkundiger Verärgerung und autoritativem Gestus reagiert Grass darauf, dass ein Teilnehmer der Tagung und Beobachter der Gruppe den Eindruck erhalten hatte, dass selbst in diesem Kreis die Auseinandersetzung mit den Nazijahren und ihren Folgen eher ungewöhnlich und daher lobenswert sei. Der »heftige Protest« offenkundig Vieler aus der Gruppe sucht authentisches Zeugnis davon abzulegen, dass es eben »kein Verdienst« sei, »ein jüdisches Schicksal« gewählt zu haben, »sondern selbstverständlich«, gleichsam Bestandteil des seelischen Basishaushalts. Die Beteuerungen deuten auf das Gegenteil: auf die Qualität des Gebots, der Auflage. Verschoben äußert sich dieser Sachverhalt sogar in der Überschrift von Raddatzʼ Bericht zur Tagung: »Eine Woche der Brüderlichkeit«.6 Der Soziologe Y. Michal Bodemann hat darauf hingewiesen, dass die seit 1952 von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit ins Leben gerufenen »Wochen der Brüderlichkeit« im Kontext von Adenauers Außenpolitik oft als Alibi-Veranstaltungen für eine vorgebliche westdeutsche Auseinandersetzung fungierten, während eine tatsächliche Konfrontation mit den Massenverbrechen der NS-Zeit im Zeichen der »Versöhnung« gerade unterblieb.7 Raddatz gebrauchte die Wendung als Titel für seinen Bericht ironisch, ohne Bezug auf das alles andere als unkomplizierte Verhältnis zwischen den jüdischen und den nichtjüdischen Mitgliedern der Gruppe 47.8

Anfang der 1960er-Jahre, als deutsche Schriftsteller bereits die Meinung vertraten, dass sie eine radikale intellektuelle Auseinandersetzung mit den Verbrechen im »Dritten Reich« angestoßen hätten, verdeutlichten der Eichmann-Prozess in Jerusalem9 und – etwas später – der Frankfurter Auschwitz-Prozess, dass eine breite gesellschaftliche Diskussion über das Erbe der NS-Zeit in Westdeutschland noch bevorstand. Besonders der Auschwitz-Prozess, bei dem erstmals deutsche Richter über Verbrechen in dem Vernichtungslager zu urteilen hatten, machte den Mord an den europäischen Jüdinnen und Juden in der Bundesrepublik zu einem öffentlichen Thema, und die Frage, wie normale Deutsche zu Tätern geworden waren, wurde von da an unabweisbar.10 Genau zu diesem Zeitpunkt – im Jahr 1963, noch vor Beginn, aber bereits in Kenntnis der Vorbereitungen des Frankfurter Prozesses – stellte die durch den Schriftsteller und Literaturkritiker Walter Höllerer (1922–2003) erst kurz zuvor gegründete, bis heute existierende Literaturzeitschrift »Sprache im technischen Zeitalter« drei Beiträge aus dem englischsprachigen Ausland vor, in denen Hans Habe (1911–1977), John McCormick (1918–2010) und George Steiner (1929–2020) äußerst skeptisch über die damalige deutsche Nachkriegskultur urteilten und dabei die deutsche Sprache ins Zentrum ihrer Kritik stellten.11

Das Heft 6/1963 der Zeitschrift »Sprache im technischen Zeitalter« bot als »Sonderheft« einen Schwerpunkt mit mehreren Reflexionen zur Situation und Kritik der deutschen Sprache. In den beiden folgenden Heften setzten Beiträge von Hans Habe (»Literaten – Feinde der Literatur?«) und Hilde Spiel (»Mangel an Instinkt«) diese Debatte noch fort. Das strenge, vom Text dominierte grafische Erscheinungsbild der Zeitschrift galt als Ausweis ihrer Ernsthaftigkeit und Modernität.
Das Heft 6/1963 der Zeitschrift »Sprache im technischen Zeitalter«
bot als »Sonderheft« einen Schwerpunkt mit mehreren Reflexionen
zur Situation und Kritik der deutschen Sprache.
In den beiden folgenden Heften setzten Beiträge von
Hans Habe (»Literaten – Feinde der Literatur?«) und
Hilde Spiel (»Mangel an Instinkt«) diese Debatte noch fort.
Das strenge, vom Text dominierte grafische Erscheinungsbild der
Zeitschrift galt als Ausweis ihrer Ernsthaftigkeit und Modernität.
»What brought death to the German language? That is a fascinating and complicated piece of history.« George Steiners Essay »The Hollow Miracle« erschien 1960 zuerst in dem New Yorker Magazin »The Reporter«. Von wem die Zeichnung stammt (die an Künstler wie George Grosz erinnern mag), ist leider unbekannt. (Excerpt from »The Hollow Miracle: Notes on the German Language« by George Steiner. First appeared in the February 18, 1960 issue of The Reporter. Copyright © 1968 by George Steiner. Reprinted by permission of Georges Borchardt, Inc., on behalf of the author’s estate.)
»What brought death to the German language?
That is a fascinating and complicated piece of history.«
George Steiners Essay »The Hollow Miracle« erschien 1960
zuerst in dem New Yorker Magazin »The Reporter«.
Von wem die Zeichnung stammt (die an Künstler wie
George Grosz erinnern mag), ist leider unbekannt.
(Excerpt from »The Hollow Miracle: Notes on the German Language«
by George Steiner. First appeared in the February 18, 1960 issue of The Reporter.
Copyright © 1968 by George Steiner. Reprinted by permission of
Georges Borchardt, Inc., on behalf of the author’s estate.)

Hier knüpfen die folgenden Überlegungen an. Nach einer kurzen Einführung zum Kontext der drei sprachkritischen Interventionen werden George Steiners Überlegungen im Mittelpunkt stehen (2.), sodann einige markante Übersetzungsdifferenzen, die sein Essay »The Hollow Miracle« (»Das hohle Wunder«) auf dem Weg vom Englischen ins Deutsche erfuhr (3.). Aufschlussreich sind auch die Reaktionen in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich auf seinen – später mehrfach nachgedruckten – Essay.12 Dabei rückt unser Beitrag die sehr verschiedenen Antworten jüdischer Kommentatoren in den Fokus der Diskussion, deren Besonderheit darin besteht, dass sie überwiegend widersprachen und stattdessen ihr Vertrauen in die deutsche Sprache bekundeten (4.). Ein Erklärungsversuch, warum Steiners Essay in Deutschland nur wenig Zustimmung fand, schließt sich an (5.). Der Beitrag endet mit einem Blick auf Wolfgang Hildesheimer, dessen Erfahrung mit dem Deutschen als Tätersprache sehr unmittelbar war und auf seiner mehrjährigen Tätigkeit als Übersetzer bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen basierte (6.).

2. Kritik der deutschen Sprache: Steiner, McCormick, Habe

So unterschiedlich der Romancier und Publizist Hans Habe, der Amerikanist John McCormick und der Komparatist George Steiner auch waren, alle drei störten sich an einer intellektuellen Genügsamkeit im westdeutschen Kulturbetrieb. Vorgestellt wurden sie 1963 als Vertreter der These, dass – so die Zusammenfassung ihrer Positionen in der Einleitung der Zeitschrift – »die deutsche Kultur und vor allem die Literatur durch eine Sprachverderbnis sondergleichen und durch eine unübersehbare, nur durch das äußere ›Wirtschaftswunder‹ kaschierte Erstarrung der Begriffe« gekennzeichnet und deshalb »nicht mehr in der Lage« seien, »neue und überdurchschnittliche Leistungen hervorzubringen«.13 Auch wenn mit diesen Sätzen die Stoßrichtung der drei Beiträge nicht unangemessen pointiert zusammengefasst wurde, erkennt man im »gekränkten Tonfall«14 der Einführung den Versuch, Unmut oder sogar Empörung in der Leserschaft zu provozieren, die in den Zeitungsfeuilletons und Kulturzeitschriften der zurückliegenden Jahre immer wieder über deutsche »Wunder« des wirtschaftlichen Aufbaus, aber auch der Literatur und Kultur unterrichtet worden war.

Leserinnen und Leser der Zeitschrift werden darüber hinaus ganz direkt kritisch gestimmt, wenn es wenige Zeilen darauf heißt: »Wir müssen bei der Mehrzahl dieser Aufsätze über voreilige Folgerungen und brüchige Schlüsse, auch über einige absichtliche Böswilligkeiten hinwegsehen.«15 Und sogleich wird ihnen – noch bevor die Aufsätze überhaupt vorgestellt oder einige ihrer Argumente referiert werden – eine Reihe von Gegenargumenten an die Hand gegeben: »Ist ›Erstarrung der Sprache‹ und ›Entleerung von humanen Denkinhalten‹ auf die deutsche Sprache beschränkt? Welchen Einfluß nimmt auf diese Entwicklung der immer schnellere Verschleiß der Worte durch Massenmedien und hochgetriebenes Publikations­wesen, wie er in allen Ländern zu beobachten ist? Wie fallen Vergleiche mit Reden auf internationalen Kongressen aus? – Sodann: Kann man eine Sprache mit einer Geschichte von mehreren tausend Jahren in den zwölf Jahren eines ›Tausendjährigen Reiches‹ so völlig zerstören?«16 Der Autor dieser Einleitung, Friedrich Handt respektive Walter Höllerer (dazu später mehr), zählt auch Büchner-Preisträger auf – etwa Wolfgang Koeppen, Paul Celan, Karl Krolow, Günter Eich und Hans Erich Nossack –, deren Werke zu dem »Versuch, sich mit den einzelnen gegenwärtigen Phänomenen zu befassen, beobachtend, sich neu vortastend und angemessene Bewältigungsmittel suchend […], manches beigebracht« hätten.17 Erst nach Vorbehalten wie diesen erfolgt die eigentliche Präsentation der drei Beiträge. Habes in deutscher Sprache verfasster kurzer Text mit dem Titel »Wenn es nur abstrakt ist« aus dem New Yorker »Aufbau« wird ungekürzt wiedergegeben; ausführlich referiert und zitiert werden Steiners Essay und McCormicks »The Frozen Country«, im Winter 1960 erstmals in »The Kenyon Review« publiziert.

Steiner zufolge war die deutsche Sprache seit der Reichsgründung 1871 in eine längere Phase der Deformation eingetreten, die im Verlauf des Ersten Weltkrieges ihren Tiefpunkt erreicht habe: »[Z]wischen dem deutschen Geist und den harten Tatsachen« sei, so Steiner, »eine Mauer aus Mythus und Fabel« errichtet worden,18 sodass der Nationalsozialismus in der deutschen Sprache »genau vor[fand], was [er] brauchte, um seiner Grausamkeit Stimme und Nachdruck zu verleihen. Hitler vernahm in seiner Muttersprache die latente Hysterie, das geistige Durch­einander, die Eigenschaft zur hypnotischen Trance, er tauchte mit untrüglichem Gespür ins Unterholz dieser Sprache, in jene Zone des embryonalen Aufschreis und der Finsternis, die der artikulierten Rede vorangehen und sich bilden, bevor das Wort sich einstellt […]. Ein Mann wie Hitler hätte in jeder Sprache ein Reservoir an Giftstoffen und moralischer Un­bildung vorfinden können, nur standen sie ihm nirgends so bequem zur Verfügung, lagen nirgends so nahe an der Oberfläche der Umgangssprache.«19 Als Folge ihres Gebrauchs im Nationalsozialismus seien die »starke[n] Lebens­reserven«20 der deutschen Sprache, die Steiner wie alle Sprachen als »lebendige Organismen« auffasst,21 bis an die Grenze ausgereizt worden, denn es gebe »eine Belastungsgrenze. Benutzt man eine Sprache dazu, um Belsen zu organisieren, zu ersinnen und zu rechtfertigen, benutzt man sie dazu, um den Menschen in zwölfjähriger wohlüberlegter Bestialität zu entmenschen – dann passiert etwas mit ihr […]. Etwas von der Lüge und dem Sadismus setzt sich im Mark der Sprache fest. […] Die Sprache gedeiht nicht mehr, sie frischt sich nicht mehr von innen auf, und sie erfüllt nicht mehr so gut wie sonst ihre beiden wesentlichsten Funktionen: die Übermittlung von menschlicher Ordnung, die wir Gesetz und Recht nennen, und die Vermittlung des Bestehenden im Menschengeist, was wir Anmut und Anstand nennen.«22

Das Fazit Steiners klang seinerzeit – und klingt heute – wie eine Sentenz: »Alles vergißt – nur die Sprache nicht. Ist sie erst einmal infiziert mit Falschheit, Lüge und Unwahrheit, kann sie nur mit Hilfe der kräftigsten und vollsten Wahrheit gereinigt werden. Stattdessen aber hat die deutsche Sprache nach dem Kriege einen Werdegang gehabt, der von Verstellung, Heuchelei und vorsätzlichem Vergessen gekennzeichnet war. Die Rückerinner­ung an das Grauen ist weitgehend getilgt worden, und dies um einen hohen Preis, den die deutsche Literatur heute schon bezahlt.«23 Steiner begründete seine Diagnose, dass die deutsche Gegenwartssprache »tot und abgestorben« wirke,24 also keineswegs ausschließlich mit ihren terminologischen Auswüchsen in den Jahren zwischen 1933 und 1945 (»Ungeziefer«, »Endlösung«), sondern auch dezidiert mit dem Hinweis auf den intellektuellen Umgang mit der NS-Zeit, das heißt mit dem, was er die »Vergeßlichkeits-Akrobatik« der jungen Bundesrepublik nannte.25

Steiners Sprachkritik weist einige verblüffende Parallelen zu zwei wichtigen Vorgängern auf, die er jedoch nicht zitierte: Mit Victor Klemperers »LTI« von 1947 – ein Werk, das Steiner eigenen Angaben zufolge beim Verfassen seines Textes noch nicht kannte26 – und der von Dolf Sternberger, Gerhard Storz und Wilhelm E. Süskind zusammengestellten Sammlung »Aus dem Wörterbuch des Unmenschen«27 teilte Steiner die Annahme einer tiefgehenden Prägung der deutschen Sprache durch das Nazireich, mit Klemperer darüber hinaus auch ein idealistisches, »kulturkundliches« Verständnis von Sprachlichkeit im Allgemeinen.28 Bei der Präsentation von Steiners Essay in »Sprache im technischen Zeitalter« 1963 fällt aus heutiger Sicht besonders auf, dass die beiden grundlegenden sprachkritischen Schriften, deren zweite in Westdeutschland sprichwörtlich wurde,29 in der Einleitung unerwähnt bleiben. Die auf diese Weise bewerkstelligte Isolation von verwandten, sozusagen heimischen Kritiken ermöglichte es dann Peter Rühmkorf in seiner Stellungnahme zu den drei Texten, Steiner herablassend als Einzelstimme zu markieren, als »einen, der sich von Amerika aus um das Thema Literatur und Gesellschaft sorgt«.30 So ließ sich Steiners Intervention als eine Art Einmischung in innere Angelegenheiten denunzieren.

3. Übersetzungsdifferenzen von
Steiners Essay »The Hollow Miracle«

Die erwähnte Externalisierung ist keineswegs die einzige Auffälligkeit der Präsentation von Steiners Essay in »Sprache im technischen Zeitalter«. Die oben zitierten Zeilen aus seinem Text stammen aus der von Steiner autorisierten Übersetzung durch Axel Kaun, die 1969 im Rahmen einer Sammlung von Aufsätzen Steiners unter dem Titel »Sprache und Schweigen. Essays über Sprache, Literatur und das Unmenschliche« bei Suhrkamp erschienen war.31 Als »Sprache im technischen Zeitalter« 1963 publiziert wurde, lag diese Ausgabe also noch nicht vor. Hier trat stattdessen Friedrich Handt als Verfasser eines zugleich als Einführung dienenden umfassenden »Bericht[s]«32 über die Texte von Steiner, Habe und McCormick auf; dieser »Bericht« hatte, wie bereits erwähnt, eher die Funktion einer vorangestellten scharfen Zurückweisung. Er bediente sich der Übersetzung umfassender Abschnitte der amerikanisch-sprachigen Texte durch den 1920 geborenen Gerhard Graband, der zu jener Zeit Lektor für Englische Sprache und Literatur an der Technischen Universität Berlin war.33 Auch wenn diese Übersetzung der späteren von Kaun in wesentlichen Aspekten nahe kommt, so fallen doch etliche charakteristische Abweichungen auf.

Augenzeugen einer Jagd auf Juden, bei Steiner ursprünglich als »a crowd of Germans« bezeichnet,34 werden in der Übersetzung der Zeitschrift – ohne die nähere nationale Bestimmung – als »eine Menschenmenge« beschrieben;35 Steiners Zeile in einer Inhaltsangabe von Albrecht Goesʼ Buch »Das Brandopfer« (1954), »the next day she is deported to the ovens«,36 lautet hier abstrakter »Am nächsten Tag wird sie fortgeschafft«37 – das Ziel dieses »Fortschaffens« bleibt ungenannt. Und auch die Übersetzung von Steiners deutlich wertender Feststellung »The major writers went into exile« kann schwerlich überzeugen, denn statt der wörtlichen Übertragung »Die bekanntesten [Schriftsteller aber] gingen ins Exil«38 las das Publikum von »Sprache im technischen Zeitalter« den abgeschwächten Satz: »Die meisten Schriftsteller gingen ins Exil.«39 Schwierigkeiten hatte offensichtlich auch die Übersetzung des folgenden Satzes bereitet: »How should the word ›spritzen‹ recover a sane meaning after having signified to millions the ›spurting‹ of Jewish blood from knife points?« Kaun übersetzte die Passage später wie folgt: »Und wie soll das Wort ›spritzen‹ je wieder gesunde Bedeutung gewinnen, nachdem es für Millionen Menschen das Kennzeichen für das vom Messer spritzende Judenblut war?«40 Steiner hatte hier, wie Kaun wusste, auf die antisemitische Liedzeile angespielt: »Wenn’s Judenblut vom Messer spritzt, dann geht’s nochmal so gut«. Sowohl Graband als auch Handt geben vor, diese Zeile nicht zu kennen, denn sie lautet in der Übersetzung der Zeitschrift umständlich und gewunden: »Wie sollte das Wort ›spritzen‹ jemals eine vernünftige Bedeutung wiedererlangen, nachdem es für Millionen das ›Spritzen‹ jüdischen Blutes, das durch Messerspitzen verursacht wurde, bedeutet hatte?«41

Tatsächlich verweisen diese Besonderheiten der Übertragung auf eine Dimension – wohl im Unbewussten angesiedelter – Fehlleistungen, die sich jedoch nicht auf die Qualität der Übersetzertätigkeit des hinzugezogenen Englisch-Lektors beschränkten. In Friedrich Handts biographischer Kurzinformation über George Steiner heißt es, dieser sei 1904 in Wien zur Welt gekommen. Tatsächlich jedoch wurde er 1929 in Paris geboren, wie dem »Merkur« 1962 zu entnehmen gewesen war, als sich Steiner dort mit seinem Aufsatz »Der Rückzug vom Wort« vorgestellt hatte.42 Die Zuordnung Steiners zu einer ganz anderen Generation schien diesen als vermeintliches Mitglied der um 1900 Geborenen eher in jene Repräsentanten einer »jüdischen Erinnerungs­sprache«43 zu fügen, die, wie etwa Theodor W. Adorno oder Hermann Kesten, bereits mehrfach ihre Zweifel an der vermeintlich wieder »auferstandenen Kultur«44 geäußert hatten. Dass eine Kritik wie die von Steiner formulierte nicht auf der Basis autobiographischer Erinnerung an die Jahre vor 1933 erfolgte, also gestützt auf subjektgeschichtlich genährte »Ressentiments«, wie der Auschwitz-Überlebende Jean Améry dies 1966 bezeichnet hat,45 war für Friedrich Handt offenkundig nicht vorstellbar. Dieser Irrtum ist umso erstaunlicher, als sich hinter dem pseudonymen Namen »Handt« wie erwähnt einer der besten Kenner der deutschsprachigen literarischen Szene und ihrer Zeitschriften verbarg, nämlich Walter Höllerer.46

George Steiner stellte die verzerrenden biographischen Fehlinformationen in einem Brief an die Redaktion der Zeitschrift richtig. Er korrigierte nicht nur die Angaben zu seinem Geburtsjahr und -ort. Zumindest verblüfft, wohl auch etwas irritiert, verwies er gleichzeitig darauf, dass er – anders als von Handt/Höllerer angegeben47 – »nicht aus Deutschland« stamme und auch »nie Deutsch an der Princeton University gelehrt« habe: »Ich spreche und schreibe Deutsch, aber das liegt an meiner Beschäftigung mit der Literatur und daran, daß auch meine Eltern deutsch sprechen. Aber auch sie sind nicht in Deutschland geboren, sondern in Prag und Wien.«48

Steiner erinnerte hier an nichts Geringeres als an die Selbstverständlichkeiten der Epoche vor 1933, die nun, nach 1945, nicht mehr geläufig zu sein schienen – auch dies ein Zeichen für den Grad der Zerstörung des Wissens über den Reichtum und die Verbreitung der jüdischen Diaspora in Europa. Als Steiner nur wenige Jahre nach Erscheinen der Auszüge aus seinem Essay in »Sprache im technischen Zeitalter« seine schon erwähnte Aufsatzsammlung bei Suhrkamp herausbrachte, stellte er ihr – belehrt über dieses Kenntnis-Vakuum – deshalb eine Vorrede »An den deutschen Leser« voran. In dieser teilte er seinem Publikum mit: »Mein Vater stammt aus einem kleinen Dorf nördlich von Prag. Er kam in jungen Jahren nach Wien, später machte er Karriere in Paris und New York. Diese Wanderschaft, diese Verquickung des Privaten mit den Weltkrisen, läßt seine persönliche Existenz als typisch für unser verworrenes Jahrhundert erscheinen. Er starb als ein Reisender. Meine Mutter ist Wienerin, ihre Vorfahren kommen teils aus Osteuropa, teils aus dem Elsaß, und die Vielfalt der Kulturen und Sprachen haben ihr Naturell geprägt. Ich wurde in Paris geboren und ging dort auf eine amerikanische Schule. In New York, wohin ich im Krieg übersiedelte, besuchte ich das französische Lyzeum, das damals, in dieser Periode des Exils, hervorragende Lehrer hatte. Beendet habe ich meine Ausbildung in Oxford, und seit einigen Jahren lebe ich meist in England.«49

Noch mehrere Jahrzehnte später, 2003, als der deutsche Außenminister Joschka Fischer eine Rede bei der Verleihung des Börne-Preises an George Steiner hielt, wurde der Geehrte öffentlich mit der Frage konfrontiert, ob er Amerikaner, Engländer oder Österreicher sei; immerhin erinnerte Fischers Laudatio im gleichen Atemzug daran, dass dem Preisträger »[j]egliche Form von Nationalismus […] fremd, ja zuwider« sei und es ein »unmögliches Unterfangen« darstelle, ihn »einer Nation zuordnen zu wollen«. So zitierte Fischer Steiners eigene Perspektive: »Er selbst sagt, daß er da zu Haus ist, wo seine Schreibmaschine steht und vielleicht ein Kaffeehaus in der Nähe. Letzteres spricht eindeutig für Europa. Fast könnte man also versucht sein«, so das Fazit des Laudators, »diese Selbstbeschreibung als das ›alteuropäische‹ Intellektuellen­ideal zu verorten.«50 Diese Perspektive aber fehlte in der frühen Bundesrepublik. Vorstellungen und Begriffe für eine andere, über- oder transnationale Lebensform, die für das frühe 20. Jahrhundert noch paradigmatisch gewesen war, waren im Deutschland nach dem Holocaust aus der kulturellen Erinnerung wie gelöscht. Gewiss, es gab »deutsche Juden«, auch »Wiener Juden« – daran hatte sich eine literarische Erinnerungsübung im Gruppe-47-Stil mittlerweile gewöhnt. Dass jedoch die diasporischen Lebenswelten des europäischen Judentums mit ihrer Mehrsprachigkeit eine genuine Europäizität abbildeten und repräsentierten,51 verstieß zu eklatant gegen jene national geprägten Denkmuster, die unterhalb einer politischen Agenda, auf der die staatliche Aussöhnung mit Frankreich, die Westbindung und die Europäische Wirtschaftsunion standen, nicht so rasch überwunden werden konnten.

Die Herkunft und die Sozialisation Steiners sind im Zusammenhang seiner Sprachkritik keine biographischen Privatsachen. Inzwischen sind sie auch durch viele Selbstaussagen in Reden und Interviews publizistisch breit dokumentiert.52 Sie bilden eine entscheidende Grundlage für die in »Das hohle Wunder« entwickelte Sicht auf die deutsche Sprache, die aus dieser Perspektive nicht den Deutschen und Deutschland allein gehörte, sondern einen transnationalen und kosmopolitischen, gerade nicht nationalstaatlichen Klang hatte.53 Steiner bezeichnet in »An den deutschen Leser« seinen »intellektuelle[n] Hintergrund« und seine »Empfindungsweise« explizit als »mitteleuropäisch«: »Mein Vater vertrat in seinem geistigen Habitus, in den intellektuellen wie psychologischen Werten, die er mir übermittelte, jenen spezifischen Humanismus, der von Lessing bis Freud reichte. […] Mit Marx, Freud und Einstein, mit Schönberg, Kafka und von Neumann schuf dieser mitteleuropäische Humanismus, in seiner jeweiligen Beziehung zu Berlin, Wien, Prag, Paris und Budapest, ein gut Teil des Stils und der geistigen Verfassung moderner Gesinnung.«54 Die Tatsache, »daß die Juden gerade im deutschen Bereich Möglichkeiten der Selbstverwirk­lichung fanden, wie sie ähnlich […] nur das arabische Spanien geboten hatte«,55 sei durch den Holocaust radikal in Frage gestellt worden: »Ein Schriftsteller kann das Thema, das ihn gefangen hält, nicht wählen; es wählt ihn. Meine ganze Arbeit dreht sich um die vordringliche Frage: verflechten sich die Wurzeln des Un­menschlichen mit denen der Hochzivilisation? […] Die Barbarei überfiel den modernen Menschen im Zentrum der Kultur, der Künste, der universellen Bildung und des naturwissen­schaftlichen Wunders. […] Kann es sein, daß Massenmord und jene Gleichgültigkeit gegen­über den Greueln, die dem Nazismus Vorschub geleistet hat, nicht Feinde oder Negationen der Zivilisation sind, sondern ihr gräßlicher[,] aber natürlicher Komplize?«56

Es ist diese in Steiner selbst zur Biographie gewordene Konstellation – die Erfahrung eines im Geiste »jene[s] spezifischen Humanismus« sozialisierten Juden aus dem Mitteleuropa der Vorkriegszeit –, vor deren Hintergrund sich der Autor »immer wieder mit Fakten des National­sozialismus und mit dem inneren Leben der deutschen Sprache« befasste.57 Dieser Hinter­grund war dem Lesepublikum der Zeitschrift »Sprache im technischen Zeitalter« 1963 überwiegend nicht nur nicht bekannt, sondern in Teilen regelrecht verstellt. Die nichtjüdische Sprach­kritik jener Jahre – etwa Karl Korns Buch »Sprache in der verwalteten Welt« – hatte demgegenüber einen viel forcierteren Ton der Modernekritik, der allgemeinen Skepsis über Medien, Bürokratisierung, Technisierung und das, was man seinerzeit »Massengesellschaft« nannte. In ihr standen keineswegs die von Steiner kritisierten Folgen der Sprache des Antisemitismus oder das menschenverachtende Vokabular der NS-Mörder oder die implizite Klage über einen verlorenen deutschsprachigen Kosmopolitismus im Zentrum der Kritik, sondern ganz allgemein »Das registrierte Leben«, »Die technische Norm« oder »Das Erlebnis als Konserve« – so etwa lauten drei Kapiteltitel von Korns Buch;58 eine Perspektive, die teilweise auch für das »Wörterbuch des Unmenschen« gilt, vor allem in den späteren Ausgaben.59

4. Jüdische Stimmen in der Debatte um »Das hohle Wunder«

Höllerer brachte nicht nur Habes Text sowie längere Passagen aus den Essays von Steiner und McCormick in seiner Zeitschrift, sondern versandte ihre Beiträge auch »ungekürzt«60 und unter seinem Klarnamen61 an eine Reihe von Autorinnen und Autoren, von deren Antworten neun in derselben Ausgabe zum Abdruck kamen. Im Heft finden sich somit der Linguist und Philologie-Professor Werner Betz (1912–1980), der Lektor und Herausgeber der »edition suhrkamp« Günther Busch (1929–1995), die Schriftstellerin und die Schriftsteller Hilde Spiel (1911–1990), Franz Mon (1926–2022) und Peter Rühmkorf (1929–2008) sowie die Kritiker Hans Weigel (1908–1991), Rudolf Krämer-Badoni (1913–1989), François Bondy (1915–2003) und Marcel Reich-Ranicki (1920–2013).

Das Spektrum der Urteile dieser Kommentatoren reicht von mit wissenschaftlicher Argumentation vorgetragenen Einwänden über abwägend-zustimmende Stellungnahmen bis hin zu einer polemisch-ironischen Abwehr, die im Falle von Busch, Krämer-Badoni und Rühmkorf sogar in einem obsessiven Ton vorgetragen wurde.62 An dieser Stelle sollen aber nicht erneut die Thesen Steiners im Lichte der von ihm und seinen Kritikern vorgetra­genen Argumenten geprüft und gewogen werden; auch die – gerade in ihrer Gegensätzlichkeit – aufschlussreichen Wortmeldungen Mons und Rühmkorfs sollen nicht in den Fokus rücken.63 Vielmehr sei ein etwas genauerer Blick auf die Statements jener Autorin und jener drei Autoren gerichtet, deren Judentum oder deren eigene Erfahrungs- und Familiengeschichte vermuten lassen könnte, dass ihnen die sprachkritische Ausgangsfrage, die sich in Steiners Perspektive auf das Deutsche ausdrückte, weniger fremd war als den nichtjüdischen Beteiligten von Höllerers Zeitschriftenheft.

Unter den insgesamt neun Persönlichkeiten aus Kultur und Wissenschaft teilten Hilde Spiel, Marcel Reich-Ranicki, François Bondy und Hans Weigel mit George Steiner das Jüdisch-Sein und damit eine Erfahrung der NS-Jahre, die sich kategorial von der Erfahrung der überwältigenden Mehrheit jener unterschied, die vor wie nach 1945 Deutsch sprachen und schrieben. Diese Differenz so gut wie nie explizit zu machen, gehörte zum Comment des damaligen deutschsprachigen Literaturbetriebs; in der Gruppe 47 war das Thematisierungsverbot dieser Differenz faktisch eine Zulassungsvoraussetzung.64 Eine historiographisch angemessene Bewertung dieses Tabus gebietet jedoch, nicht nur die Entlastungsfunktion wahrzunehmen, die es für die zahlreichen Ex-Landser, Ex-Parteimitglieder, Ex-Waffen-SS-Mitglieder und Ex-Mitläufer im deutschen oder österreichischen Literaturbetrieb der Nachkriegsjahrzehnte erfüllte. Man würde auch die konkrete Situation deutschsprachiger Jüdinnen und Juden nach 1945 auf deutschem Boden, im gesellschaftlichen Umgang mit nichtjüdischen Kolleginnen und Kollegen, verkennen, wollte man annehmen, dass nichts für sie drängender gewesen wäre als über ihr Jude-Sein und ihre Erfahrungen während der NS-Zeit zu sprechen. Das Gegenteil ist der Fall: Vielfach waren erste, sehr frühe Gespräche dieser Art schlicht gescheitert;65 andere Beteiligte wiederum begriffen sich keineswegs vorrangig als jüdisch; dritte gingen in dieser Frage ganz bewusst diskurstaktische Kompromisse ein, um ihre Teilhabe an deutschsprachiger Kultur nach der historischen Katastrophe überhaupt zu ermöglichen.66

Es ist diese komplexe, auch hinsichtlich der je individuellen Biographie durchaus unterschiedliche Gemengelage, vor deren Hintergrund die Kommentare oder Antworten von Spiel, Reich-Ranicki, Bondy und Weigel zu lesen sind. So unausgesprochen die erfahrungs- und subjektgeschichtliche Differenz einer »anderen Erinnerung«67 auch war, so lebendig war sie doch auf implizite Weise für alle, die sich an diesem Diskurs beteiligten. Weil die drei Beiträge von McCormick, Habe und Steiner (letzterer besonders eindringlich) auch die Gegenwärtigkeit der NS-Vergangenheit so stark betonten, rührte, ja zerrte ihre Bedeutung in besonderem Maß an der eingeübten Konvention, so zu tun, als ob ehemals Verfolgte und ehemalige Mitglieder der HJ, der Wehrmacht oder gar der SS paritätisch über das NS-Erbe in der deutschen Sprache und Literatur sprechen könnten und urteilen dürften. Bis in die späten 1990er-Jahre, bis zur sogenannten Walser-Bubis-Debatte von 1998/99 im Nachgang der Friedenspreisrede Martin Walsers, zieht sich die Kontinuität unterschiedlicher Erfahrungen und vermeintlich verschiedener Berechtigungen, über das Fortwirken der NS-Zeit zu sprechen und zu urteilen.68

Hilde Spiel war 1911 in Wien geboren und hatte die Verfolgung durch die Deutschen in London überlebt. Sie führte in ihrem Kommentar den von ihr beobachteten »Hang zur Verlebendigung, Vermenschlichung, ja Idolisierung der Sprache, wie ihn […] George Steiner zu erkennen gibt«, auf den Einfluss von Karl Kraus zurück. Womöglich folgte sie hier einer Fährte, die Höllerer/Handt mit dem Hinweis auf Steiners vorgebliche Herkunft aus der österreichischen Metropole und der Angabe eines falschen Geburtsjahrs (1904 statt 1929) gelegt hatte; so mochten diese biographischen Angaben eingedenk der enormen Wirkung von Kraus als Sprachkritiker – man denke nur an Elias Canetti69 – in den Jahren vor 1933 einen solchen Einfluss nahelegen. Doch auch dessen ungeachtet ist die Nähe von Steiners Ausführungen zu Krausʼ Sprachtheologie nicht von der Hand zu weisen. Spiel aber lehnte den »Sprachmythos« des Österreichers entschieden ab: »Treibt man den Glauben an das Eigenleben eines bloßen Ausdrucks- und Verständigungs­mittels so weit, um dem Satze beizustimmen, ›an den Schrecken des Nazismus war die deutsche Sprache nicht ohne Schuld‹, dann wird man auch Steiners Theorie vom Tod der deutschen Dichtung akzeptieren. Ist man aber der Meinung, daß die Sprache nicht mehr ist als ein Geflecht von Symbolen und Relationen, dessen sich der soziale Mitteilungsdrang wie die kreative Intuition bedient, muß man Versuche, ihr Seele, Geist und Verantwortungs­gefühl zuzuschreiben, als metaphysische Hirngespinste verwerfen.«70 Zudem verwies Spiel auf die neuere Produktion deutscher Literatur, die auch aus ihrer Sicht Steiners These zu widersprechen schien: »Ein Buch wie die Grass’sche ›Blechtrommel‹ läßt sich dem, was zur Zeit in Frankreich, England und Amerika geschrieben wird, sehr wohl an die Seite stellen. Ein Mann wie Doderer […] ist mit den großen Romanciers der vergangenen fünfzig Jahre durchaus zu vergleichen. Beide haben einen ›phantastischen Realismus‹ entwickelt, der gewissen Phänomenen des 20. Jahrhunderts den einzig adäquaten Ausdruck leiht.«71

Marcel Reich-Ranickis Einlassung war noch ablehnender. Er teilte mit, er könne »mit den Thesen von George Steiner […] beim besten Willen nichts anfangen. […] Das sind Behauptungen, für die in diesem Aufsatz nicht einmal der Schimmer eines Beweises zu sehen ist.«72 Dass Steiner Albrecht Goesʼ Erzählung »Das Brandopfer« als »eines der wenigen Werke großer Literatur« bezeichnete, »das sich mit dem ganzen Schrecken der Vergangenheit auseinandersetzt«, ließ Reich-Ranicki »wieder ganz ratlos« – angesichts der Romane und Erzählungen von Andersch, Böll, Grass, Koeppen, Lenz, Nossack, Schnurre und Walser. Mit einem maliziösen Unterton fragte Reich-Ranicki in seiner Antwort an Höllerer: »Halten Sie es für möglich, daß George Steiner bisher keine Gelegenheit hatte, sich mit den Arbeiten dieser Schriftsteller zu befassen?«73 Auch Steiners Formulierung »die deutsche Sprache macht nur noch ›Lärm‹« wies Reich-Ranicki mit der Bemerkung zurück: »Die nach 1945 geschriebenen Verse von Günter Eich und Peter Huchel, Paul Celan und Ingeborg Bachmann scheinen mir nicht ›Lärm‹ zu sein. Sie scheinen mir hingegen zu beweisen, daß auch die heutige deutsche Sprache ein ungewöhnlich feinfühliges Instrument sein kann.«74

François Bondy hingegen bezeichnete Steiners Text als »eine[n] Essay von Rang«. Er stimmte dem Autor in einem zentralen Punkt zu, nämlich in der Auffassung, dass Sprache, »wo sie nicht bloßes Verständigungsmittel, sondern Ausdruck ist, ihre Geschichte nicht abschütteln« könne: »Es ist wahr: viele gute und starke Worte sind durch ihren besonderen Gebrauch so kompromittiert, daß ein deutscher Schriftsteller sie nur in Anführungszeichen gebraucht, oder meidet.«75 Bondy gab aber auch zu bedenken, dass »jedes Dokument anständiger Gesinnung aus der Zeit Hitlers – ob Reck-Malleczewen, ob Hartlaub, ob Briefe Verurteilter – […] sich wie eine Wiederherstellung der geschändeten Sprache« lesen lasse.76 Methodenkritisch verwies er darauf, dass man sich »[e]rst durch Nebeneinanderstellen vieler Beispiele« – auch der französischen, englischen, italienischen Gegenwartsliteratur – »eine Meinung darüber bilden« könne, »ob wirklich die deutsche Sprache heute ein völlig anderes Gesicht hat als andere Kultursprachen«. Unter Hinweis auf seine Lektüre eines »greulichen französischen Romans über den Krieg in Algerien« argumentierte er, »daß sich das ›Wörterbuch des Unmenschen‹ in jede Sprache übertragen läßt«, um abschließend Steiners zentraler These einen überraschenden Aspekt abzugewinnen: »Vielleicht ist es sogar eine sehr positive Besonderheit der deutschen Sprache, daß es in ihr schwerer ist, gemein zu denken und sauber zu schreiben als in manch anderen Sprachen.«77

Mit Bondys vielschichtiger Position hatte die Stellungnahme von Hans Weigel nichts gemein. Er erhoffte sich eine »erforderliche Abfuhr der drei Artikelschreiber« und wähnte sich in einem »Zeitalter deutscher Selbstzerfleischung und deutscher Minder­wertigkeitsgefühle«, in dem »das Gerede vom Sprachzerfall erklärbare, aber unberechtigte maximale Dimensionen« erreicht habe.78 Tatsächlich sei es die Sprache »im Zeitraum zwischen den Weltkriegen« gewesen, die »erstarrt, verschlampt, journalisiert, vernachlässigt, unbetreut, degeneriert, heruntergekommen, im Verfall, in Auflösung« gewesen sei. Als »zentraleuropäisches Unglück« bezeichnete Weigel es ferner, »daß man aus begreiflicher Scheu, mißverstanden zu werden, all jenen, welche vom Nationalsozialismus, seiner Rassengesetzgebung und seinen Vernichtungsaktionen betroffen oder bedroht waren, ein Mittelding zwischen Narrenfreiheit und Denkmalschutz zuteil werden« lasse – so habe Werfel etwa »gemauschelt«, und Hofmannsthals Tragik habe darin bestanden, »daß er der deutschen Sprache nur in unzureichendem Maße mächtig« gewesen sei.79 Es komme »auch die Gerechtigkeit um die Feststellung nicht herum […], daß der rede- und wortmächtige Joseph Goebbels seine Muttersprache vermutlich besser beherrscht hat als etwa Franz Werfel«.80 In diametraler Entgegensetzung zu Steiners Interpretation des Entwicklungsgangs der deutschen Sprache und Literatur heißt es bei Weigel, mit dem »Jahr Null« – eine Bezeichnung, die er ohne Vorbehalt verwendete – sei tatsächlich »das Wunder« geschehen: »[E]ine Blütezeit sonder Beispiel begann […]. Eine Generation von Autoren deutscher Sprache erstand […]. Nach Jahrzehnten des Niedergangs und der Ratlosigkeit, des Verkommens und Verschlampens, nach Jahren des apokalyptischen Chaos waren sie auf einmal da, durch die Schulen der NS-Zeit und die Hölle der Kriegszeit hindurchgegangen wie Tamino und Pamina durch Wasser und Feuer, frierend, unbehaust, ungeleitet, und sie begannen zu schreiben. Gott sprach: Es werde Deutsch! Und es ward Deutsch!«81 Als Gewährsmänner und -frauen dieses »Wunders« nannte Weigel vor allem österreichische Schriftstellerinnen und Schriftsteller, etwa Ilse Aichinger, Ingeborg Bachmann, Marlen Haushofer und Ernst Jandl.82 Angesichts »eine[r] derartige[n] überraschende[n] und überwältigende[n] Blüte der deutschen Sprache in Österreich« könne es, so Weigel, »um diese Sprache, ihre Lebendigkeit, ihre Kraft, ihre Gegenwart und ihre Zukunft nicht ganz so übel bestellt sein, wie es gewisse Übelwollende beziehungsweise Masochisten aus der Ferne und in der Nähe wahrhaben wollen«.83

5. Das Vertrauen in die deutsche Sprache –
und Steiners erneuerte Kritik

Die vier Antworten zeigen, dass die persönliche Verfolgungserfahrung durch das NS-Regime, dessen Terminologie eine Grundlage dieser akuten existentiellen Gefahr gewesen war,84 keine ungebrochene Gewähr dafür bot, Steiners These einer tiefgreifenden Beschädigung des Deutschen zuzustimmen. Im Licht dieser Antworten, die Steiners Argumentation kritisierten, zurückwiesen oder abwägend-zustimmend beurteilten, lässt sich festhalten: Es war Steiner, der die Erfahrung der Verfolgung und Vertreibung nicht mit derselben Unmittelbarkeit teilte wie die hier angeführten drei Kommentatoren und die Kommentatorin. Doch anderes tritt hinzu.

Blickt man auf Argumente und Tonlage der zitierten Reaktionen auf Steiners Essay, so wird eine spezielle Konstellation deutlich, in der gerade jüdische Schriftstellerinnen und Schriftsteller das Deutsche gegen Kritik zu verteidigen suchten. Das Vertrauen, das Spiel, Reich-Ranicki, Bondy und Weigel in ihren Wortmeldungen weitgehend ungeschmälert in die deutsche Sprache setzten, mag auf den ersten Blick erstaunen. Doch es wurzelte in der langen Kulturgeschichte jüdischer Wertschätzung der deutschen Sprache als einem Bildungsideal, das einst genuin kosmopolitisch ausgerichtet gewesen war und von den Verheißungen der Aufklärung und der jüdischen Emanzipation untrennbar schien.85 Daraus hatte sich im Verlauf des 19. und frühen 20. Jahrhunderts ein – durchaus unterschiedlich bewusstes und begründetes – Wissen um eine deutsche Sprachkultur von Juden gebildet. Dieser lebendige, auch literarische Gebrauch der deutschen Sprache durch Juden war nicht identisch mit der standarddeutschen Umgangssprache der Mehrheitsgesellschaft. Beide Dispositive wurden von der Vergangenheits- und Versöhnungspolitik der Adenauer-Ära immer wieder instrumentalisiert – das Deutsche in Bismarcks Kaiserreich und in der Wilhelminischen Ära bis 1918 sowie das Deutsche jenseits des deutschen Nationalstaates, wie es in vielen Varianten nicht nur in Wien und Österreich gesprochen, literarisch geschrieben und gepflegt wurde, sondern auch im Elsaß oder, in anderen Traditionen, die von den Nazis ausgerottet wurden, in Prag und Lemberg (heute Lwiw, Ukraine), der Bukowina und generell in den Gebieten des ehemaligen Galiziens.

Weitere Faktoren verdienen Beachtung. Dazu zählt vor allem die soziale, aber auch ökonomische Zugehörigkeit der hier Befragten zu einem Literaturbetrieb, in dem das Deutsche das für sie zentrale Produktionsmittel bildete. Steiner zuzugestehen, dass die deutsche Sprache marode sei, hätte die berufliche Existenz der Schriftstellerin und der Schriftsteller bzw. der Kritiker infrage gestellt. Reich-Ranicki war erst 1958 aus Polen in die Bundesrepublik geflohen, mit nur vagen Zusagen deutscher Redaktionen, bei ihnen künftig als Literaturkritiker sich und seine Familie ernähren zu können; zum Zeit­punkt von Höllerers Anfrage befand er sich keineswegs in einer gesicherten beruflichen Position.86 Auch Spiel gab mit ihrer 1963 vollzogenen endgültigen Rückkehr nach Österreich aus dem Londoner Exil das Bekenntnis ab, dass für sie unter Österreichern wieder zu leben und in ihrer Sprache künstlerisch wertvolle Arbeit zu verrichten sei.

Bondy, Schweizer Staatsbürger eines mehrsprachigen Landes, konnte sich die von ihm dargelegte gemäßigte Position auch deswegen leisten, weil ihn der Identifikationsdruck mit der deutschen Sprache und ihrem kreativen Potential nicht im selben Maß traf wie Spiel und Reich-Ranicki. Weigels Polemik hingegen zielte auf mehr als die Absicherung der conditio sine qua non der eigenen Profession. Seine Auslassungen erscheinen – sowohl im Kontext der kulturkonservativen Grundausrichtung Weigels als auch vor dem Hintergrund der Literaturbetriebe in Westdeutschland und Österreich Anfang der 1960er-Jahre – kaum anders denn als planvolle Anpassungsgeste an jene »bundesdeutschen Kollegen«, von denen er sich die schon erwähnte »erforderliche Abfuhr der drei Artikelschreiber« erhoffte. Hier ging es um einen Schulterschluss im grenzüberschreitenden deutschsprachigen Literaturbetrieb, der jede Erwähnung der Massenverbrechen und der »Bewältigung der Vergangenheit« sorgfältig und umsichtig vorausschauend zu vermeiden trachtete, sowohl in Bezug auf eine radikale kritische Selbstbefragung der Schriftsteller als auch hinsichtlich der poetologischen Konsequenzen.

Dass die zwei Schriften, die schon vor Steiners Essay auf die einschneidenden Folgen des nationalsozialistischen Gebrauchs für die deutsche Sprache hingewiesen hatten – Klemperers »LTI« sowie das »Wörterbuch des Unmenschen« von Sternberger, Storz und Süskind –, in den Antworten unbekannt oder vergessen scheinen, wirkt im Rückblick fast wie eine Bestätigung von Steiners These, dass mit der Währungs­reform jener Wendepunkt eingetreten sei, ab dem der zuvor noch erkennbare deutsche Versuch, »zu einer realistischen Einsicht der Ereignisse aus der Hitlerzeit zu kommen«,87 eingestellt worden sei. Tatsächlich hatte 1963 nur Bondy das »Wörterbuch« erwähnt.88 Dessen Mitverfasser und -herausgeber Süskind hatte die Sprache im Nationalsozialismus als Mitglied der »Volksgemeinschaft« kennengelernt, genauer: als Mitarbeiter des von Goebbels gegründeten Blatts »Das Reich« und der »Krakauer Zeitung«.89 Nach dem Ende der NS-Zeit war Süskind als einer der wenigen Vertreter einer westdeutschen Zeitung, die eine Lizenz der Siegermächte für die Berichterstattung von den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen erhalten hatte, bei den Verhandlungen zugegen. Der Nürnberger Schwurgerichtssaal war ein einmaliger Schau- und Hör-Platz, um noch einmal zum Zeugen der nationalsozialistischen Sprache zu werden, diese als Berichterstatter der »Süddeutschen Zeitung« gleichsam zu studieren. Und nun, nach dem Ende der Diktatur, in einer Situation, wo diese Herrschaft sich vor Gericht verantworten musste, wurde es evident: Hier versuchten hohe und höchste Repräsentanten des Regimes die schwersten Verbrechen mit Leugnungs-, Verschleierungs- und Verschiebungs­vokabular zu marginalisieren, in einer euphemistischen Sprache, mit der noch kurz zuvor zehntausende Deutsche zur Mitwirkung an den Massenverbrechen hatten bewegt werden können.

Wie wenig Steiner sich durch die in »Sprache im technischen Zeitalter« 1963 publizierten Antworten widerlegt sah, verdeutlichte er einige Jahre später – nicht nur mit dem Wiederabdruck seines Essays in der Sammlung »Sprache und Schweigen«, sondern auch mit der erwähnten Anmerkung, in der es heißt: »Wenn ich ›Das hohle Wunder‹ in diesem Buche erneut vorstelle, so geschieht es, weil ich der Meinung bin, daß es sich bei den Wechselbeziehungen zwischen Sprache und politischer Unmenschlichkeit um einen Gegenstand von sehr ernster Bedeutung handelt; und weil ich glaube, daß sich dieses mit besonders tragischer Deutlichkeit ablesen läßt am Gebrauch der deutschen Sprache während der Nazi-Periode und an der Vergeßlichkeits-Akrobatik, die dem Sturz Hitlers nachfolgte.«90

Die »Auslegung« des Essays in Deutschland nennt Steiner an der gleichen Stelle »falsch«,91 und in seiner Einführung »An den deutschen Leser« beklagt er, dass sich »führende deutsche Autoren […] zum Schweigen entschließen, in einem Augenblick, da es so deutliche Anzeichen eines gewalttätigen Philistertums, eines neuen Angriffs auf die Werte von Bildung und Toleranz gibt«.92 Steiner beendet seine Einleitung 1969 mit einem Gedanken, der eklatant gegen den offiziellen Gestus des »Versöhnens« verstieß, weil er stattdessen ein Innehalten, einen ehrlichen Blick forderte: »Vielleicht sollten Deutsche und Juden nicht miteinander sprechen, sondern jeder mit sich selbst, so klar und unerbittlich wie nur möglich. Dann wird der andere zuhören. Und in diesem Hinhören ereignet sich vielleicht aufs neue das verlorene Wunder eines lebendigen Echos.«93 Mit dieser Intervention hatte Steiners Sprachkritik geradezu ein Paradox erreicht, indem er – hierin dem dialogischen Denken Martin Bubers verwandt und der Poetik Paul Celans teils wörtlich folgend – für einen Moment Sprechen und Reden voneinander zu trennen schien, stattdessen Zuhören und Nachdenken zusammenbrachte, aber so, dass keine Verhärtung, also nicht Abwehr dabei herauskäme, sondern Verstehen, ein neues »Hinhören«.94

6. »Sprachlos ist das Schicksal der Dichter«:
Wolfgang Hildesheimers poetologische Sprachreflexion

In Nürnberg war auch ein Bekannter und Nachbar von Süskind Zeuge der Sprachpraxis der Täter geworden: der Schriftsteller Wolfgang Hildesheimer (1916–1991), der die Verfolgung im englischen und palästinensischen Exil überlebt hatte. Zwar befand er sich während des Haupt­kriegsverbrecherprozesses, von dem Süskind berichtete, noch in London; doch ab März 1947 wirkte er dann als Dolmetscher in den kaum weniger bedeutsamen – und im Hinblick auf die Frage der Tätersprache kaum weniger ergiebigen – Folgeprozessen mit, nachweislich am Flick-, am Ärzte-, am IG Farben-, am Generals- und am Einsatzgruppen-Prozess, mit großer Wahrscheinlichkeit auch am Wilhelmstraßen-Prozess.95 Schon Süskind hatte in seinen Texten zur Artikelserie des »Wörterbuchs des Unmenschen«, für das er die Einträge »Kulturschaffende«, »Lager«, »Organisieren« und »Propaganda« beigesteuert hatte,96 »Hitlers Reden« und die »klirrende[n] Reden« anderer »Unmenschen«97 als besonders wirkmächtige Quellen benannt; und Hildesheimer, der im Exil deutlich weniger Originaltönen ausgesetzt gewesen war, hatte bei seinem Aufnahmetest in der US-amerikanischen Botschaft in London eine Hitler-Rede übersetzen müssen.98 Von 1947 bis 1949 war Hildesheimer in Nürnberg tätig – darunter fiel auch die redaktionelle Mitarbeit an zwei Dokumentenbänden. 1989, zwei Jahre vor seinem Tod in seinem schweizerischen Wohnort Poschiavo, nannte er auf die Frage, was ihn zu einem »Zeugen des Jahrhunderts« mache, »meine Eindrücke in Nürnberg bei den Gerichten, die Konfrontation mit den Kriegsverbrechern und mit den potentiellen Kriegsverbrechern, die ungeheure Varietät des Menschen«.99

Es ist unwahrscheinlich, dass Hildesheimer von Höllerer zu Steiners Essay befragt worden war;100 doch gerade sein Werk dokumentiert die erkenntnistheoretische Bedeutung des völkisch-antisemitischen und nazistischen Vokabulars eindrücklich. Hildesheimers Denken und Schreiben ist nachhaltig geprägt von der Überzeugung, dass Sprache einerseits eines der verräterischsten Kennzeichen jedes einzelnen Menschen bilde, dass sie andererseits aber in einem fortwährenden negativen Wandel, ja in einem Verfall begriffen sei, der ein Symptom für die umfassend fortschreitende Selbstzerstörung der menschlichen Gattung darstelle. Den eigenen Gebrauch seiner Muttersprache betrachtete Hildesheimer als unberührt von den Beschädigungen der NS-Nomenklatur und der in ihr enthaltenen Gewalt. Seine Vorfahren hatten religiös gelebt, mit ausgeprägten Interessen an der mitteleuropäischen Gegenwartskultur; in seinem Elternhaus wurden naturwissenschaftliche wie musische Interessen vergleichbar intensiv verfolgt. Hildesheimers Deutsch wurde in einem italienischen Nachruf einmal »das schönste Deutsch seiner Schriftstellergeneration« genannt.101 In diesem Deutsch verfasste Hildesheimer mit »Tynset« (Erstausgabe 1965) ein Buch, in dem eine jüdische Figur fortlaufend mit sich selbst spricht. Auf seine Weise macht Hildesheimer hier die Einladung zu jenem genauen Zuhören begreiflich, von dem Steiner in »The Hollow Miracle« schrieb. »Tynset« ist – nach einem Wort Hilde Domins – mit seiner Schilderung des »Leiden[s] an dem Nichts, das an die Stelle des Zentrums getreten ist«, der »Erschütterung und Vernichtung der menschlichen Bezüge« als Folge des »immer noch umgehende[n] Grauen[s] jener zwölf Jahre« ebenfalls eine Intervention und so »eines der zeitgenössischsten Bücher der ganzen deutschen Nachkriegsliteratur«.102

Doch eine Zukunftsfähigkeit der menschlichen Gattung vermochte Hildesheimer nach dieser Zäsur nicht länger zu erkennen. In seinem letzten Hörspiel »Endfunk« aus dem Jahr 1980 mündet die Ausstrahlung kulturindustriellen Sprachmülls aus Kochsendungen, Wasserstandsmeldungen, politischen Nachrichten und gymnastischen Anleitungen für die Hausfrau in nicht mehr dekodierbaren Geräuschen, die akustisch vom Untergang (zumindest des Senders) künden. Die Beschleunigung der technologischen Eingriffe in die Umwelt, so Hildesheimer 1975, erlaube keine angemessene literarische Verarbeitung mehr; stattdessen habe »[d]ieser Zustand […] unser Bewußtsein um eine furchtbare Dimension erweitert, ein ubiquitäres Element der Furcht«.103 Wenige Jahre später beendete Hildesheimer seine schriftstellerische Tätigkeit. In »Nachlese« findet sich eine um 1980 notierte resignative Formel, die für ihn den Fluchtpunkt dieser Entwicklung in Worte fasst: »Sprachlos ist das Schicksal der Dichter.«104

Dieses Bekenntnis war gerade nicht der Nähe zu Kraus oder zu einem anderen »Sprachmythos« geschuldet, wie Spiel es 1963 über Steiner gemutmaßt hatte, sondern es verdankte sich einer Radikalität poetologischer Reflexion über die geschichtliche Negativität der NS-Jahre, der seinerzeit nur wenige Schriftstellerkolleginnen und -kollegen zustimmten und mit der sich auch der westdeutsche Literaturbetrieb zu keinem Zeitpunkt ernsthaft auseinanderzusetzen gewagt hatte. Eine Beschädigung der deutschen Sprache durch den Nationalsozialismus, wie Steiner sie allgemein festgestellt hatte, erkannte Hildesheimer für sein eigenes Schreiben nicht an. Im Gegenteil: Ihm gelangen manche der eindrücklichsten literarischen Zeugnisse für die bedrängende Gegenwart und Nähe der Vergangenheit, ihrer Denkfiguren und Sprachformeln lange nach 1945. Doch es war sein sprachliches Sensorium, sein eigenes Deutsch, das ihm die Radikalität eines Blicks auf die Fortdauer der historischen Katastrophe ermöglicht hatte, die den meisten seiner Kollegen in Deutschland fremd blieb. Dieses Fremdbleiben war auch der von ihnen ererbten, nazistisch kontaminierten Sprache geschuldet, war ihr doch die tendenziöse Eintrübung der Realität105 als eine authentische Lebensäußerung gleichsam immanent geworden.


Anmerkungen:

1 Hans Magnus Enzensberger, Gemeinplätze, die Neueste Literatur betreffend, in: Kursbuch 15 (1968), S. 187-197, hier S. 190. Der vorliegende Aufsatz nimmt eine Sprachdebatte in den Blick, die vor allem in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich, nicht dagegen in der DDR stattfand.

2 Etwa: Ralf Schnell, Geschichte der deutschsprachigen Literatur seit 1945, Stuttgart 1993, 2., überarb. und erw. Aufl. 2003, S. 215; Volker Weidermann, 1959. Es war das Jahr, in dem die deutsche Literatur Weltniveau erreichte. So hat es Enzensberger beschrieben. Was ist davon geblieben?, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 25.1.2009, S. 25. Eine kritische Diskussion über das »Wunderjahr 1959« bietet Daniel Siemens, Von der bleiernen Nachkriegszeit zur Modernisierung im Wiederaufbau? Das gegenwärtige Bild der frühen Bundesrepublik in der Geschichtswissenschaft, in: Matthias N. Lorenz/Maurizio Pirro (Hg.), Wendejahr 1959? Die literarische Inszenierung von Kontinuitäten und Brüchen in gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten der 1950er Jahre, Bielefeld 2011, S. 23-44.

3 Vgl. Stephan Braese, Im Schatten der »gebrannten Kinder«. Zur poetischen Reflexion der Vernichtungsverbrechen in der deutschsprachigen Literatur der 90er Jahre, in: Corina Caduff/Ulrike Vedder (Hg.), Chiffre 2000. Neue Paradigmen der Gegenwartsliteratur, Paderborn 2005, S. 81-106, hier S. 81-86.

4 Joachim P. Bauke, Die Gruppe 47 in Princeton, in: New York Times Book Review, 15.5.1966; zit. nach Reinhard Lettau (Hg.), Die Gruppe 47. Bericht/Kritik/Polemik. Ein Handbuch, Neuwied 1967, S. 236-240, hier S. 240.

5 Fritz J. Raddatz, Eine Woche der Brüderlichkeit, in: Die Kultur, November 1961; zit. nach Lettau, Die Gruppe 47 (Anm. 4), S. 163-166, hier S. 165.

6 Ebd.

7 Y. Michal Bodemann, Staat und Ethnizität: Der Aufbau der jüdischen Gemeinden im Kalten Krieg, in: Micha Brumlik u.a. (Hg.), Jüdisches Leben in Deutschland seit 1945, Frankfurt a.M. 1986, S. 49-69; vgl. auch ders., Gedächtnistheater. Die jüdische Gemeinschaft und ihre deutsche Erfindung, Hamburg 1996; Josef Foschepoth, 70 Jahre Woche der Brüderlichkeit. Anfänge, Entwicklungen, Perspektiven, in: Münchner Beiträge zur Jüdischen Geschichte und Kultur 17 (2023) H. 1, S. 13-29.

8 Zum Kontext vgl. Klaus Briegleb, Mißachtung und Tabu. Eine Streitschrift zur Frage: »Wie antisemitisch war die Gruppe 47?«, Berlin 2003; Stephan Braese, Die andere Erinnerung. Jüdische Autoren in der westdeutschen Nachkriegs­literatur, Berlin 2001, 3. Aufl. München 2010; Ernestine Schlant, Die Sprache des Schweigens. Die deutsche Literatur und der Holocaust. Deutsch von Holger Fliessbach, München 2001.

9 Vgl. den Beitrag von Marc Volovici in diesem Heft.

10 Zum Kontext vgl. auch Katharina Stengel, Die Überlebenden vor Gericht. Auschwitz-Häftlinge als Zeugen in NS-Prozessen (1950–1976), Göttingen 2022, 2., durchges. Aufl. 2023.

11 Friedrich Handt [d.i. Walter Höllerer], Das hohle Wunder – Bericht über drei Aufsätze von George Steiner, John McCormick und Hans Habe, in: Sprache im technischen Zeitalter 3 (1963), S. 431-449. Mit Ausnahme des kurzen Texts von Hans Habe wurden die drei Aufsätze nicht komplett in deutscher Übersetzung abgedruckt, sondern teils referiert, teils in längeren Zitaten wiedergegeben.

12 George Steiner, Sprache und Schweigen. Essays über Sprache, Literatur und das Unmenschliche. Deutsch von Axel Kaun, Frankfurt a.M. 1973, S. 155-176. Nach dieser Ausgabe wird im Folgenden zitiert; die erste deutsche Buchausgabe erschien 1969 (der Essay »Das hohle Wunder« dort S. 129-146), eine Neuausgabe 2014, 2. Aufl. 2019 (alle bei Suhrkamp). Der Originalbeitrag Steiners trug den Titel »The Hollow Miracle. Notes on the German Language« und erschien in: Reporter, 18.2.1960, S. 36-41; Wiederabdruck in: ders., Language and Silence. Essays 1958–1966, London 1967, S. 117-132. Zu diesem Essay vgl. Amir Eshel, Die hohle Sprache. Die Debatte um George Steiners Das hohle Wunder, in: Stephan Braese u.a. (Hg.), Deutsche Nachkriegsliteratur und der Holocaust, Frankfurt a.M. 1998, S. 317-329; Marc Volovici, The Contamination of Language. George Steiner and the Postwar Fate of German and Jewish Cultures, in: Arndt Engelhardt/Susanne Zepp (Hg.), Sprache, Erkenntnis und Bedeutung – Deutsch in der jüdischen Wissenskultur, Leipzig 2015, S. 265-280; ders., The Language of Goethe and Hitler, in: ders., German as a Jewish Problem. The Language Politics of Jewish Nationalism, Stanford 2020, S. 200-228. Wie eine Langfassung von Steiners Essay wirkt heute der »Exkurs« »Die schreckliche deutsche Sprache«, in: Gordon A. Craig, Über die Deutschen. Ein historisches Porträt. Aus dem Englischen von Hermann Stiehl, München 1982, 342-368 (Steiner wird dort mehrfach zitiert).

13 Handt, Das hohle Wunder (Anm. 11), S. 431.

14 Eshel, Die hohle Sprache (Anm. 12), S. 318.

15 Handt, Das hohle Wunder (Anm. 11), S. 432.

16 Ebd. (dortige Hervorhebung).

17 Ebd.

18 Steiner, Das hohle Wunder, in: ders., Sprache und Schweigen (Anm. 12), S. 159.

19 Steiner, Das hohle Wunder (Anm. 12), S. 161.

20 Ebd., S. 164.

21 Ebd., S. 156: »Sprachen sind lebendige Organismen. Unendlich komplex in sich[,] doch nichtsdestoweniger zusammenhängende Organismen. In sich tragen sie eine bestimmte Lebenskraft sowie gewisse Kräfte zum Absorbieren und Wachsen. Aber sie können ebensogut auch verfallen und absterben.«

22 Ebd., S. 164f.

23 Ebd., S. 175.

24 Ebd., S. 155.

25 Ebd. Die besondere Hervorhebung, dass sein Essay beides adressiert habe, das »nebulöse Kauderwelsch« der NS-Weltanschauungssprache selbst und den fehlenden Umgang mit ihr im Nachkriegsdeutschland, nahm Steiner noch einmal in einer Anmerkung vor, die er dem Beitrag mitgab, als dieser erstmals in eine Essaysammlung aufgenommen wurde; vgl. Steiner, Das hohle Wunder, in: ders., Sprache und Schweigen. Essays über Sprache, Literatur und das Unmenschliche. Deutsch von Axel Kaun, Frankfurt a.M. 1969, S. 129-146, hier S. 129.

26 Ebd. Zu Klemperers »LTI« vgl. den Beitrag von Nicolas Berg in diesem Heft. Der Hinweis auf das längst zum Klassiker avancierte Werk Klemperers, das Steiner aber erst nach der Drucklegung von »The Hollow Miracle« gelesen hatte, erfolgt in derselben Anmerkung.

27 Dolf Sternberger/Gerhard Storz/Wilhelm E. Süskind, Aus dem Wörterbuch des Unmenschen, Hamburg 1957. Ob Steiner dieses Buch bei der Niederschrift seines Essays kannte, ließ er offen.

28 Zum Sprachkonzept Klemperers vgl. Heidrun Kämper, Das Sprach- und Kulturkonzept Victor Klemperers, in: Karl-Heinz Siehr (Hg.), Victor Klemperers Werk. Texte und Materialien für Lehrer, Berlin 2001, S. 53-69, hier S. 57. Eine »kulturkundliche« Sprachkritik, so Kämper, achtete »nicht nur auf die großen, die literarischen und philosophischen Ausdrucksformen des nationalen Geistes. Auch die kleinen Momente des Alltags sind ihm [d.h. Klemperer] wert, registriert und gedeutet zu werden.«

29 Während »LTI« in der Bundesrepublik tatsächlich erst 1966 (im Melzer-Verlag) publiziert wurde, war die Sammlung von Sternberger, Storz und Süskind schon 1945 bis 1948 als Artikelreihe in der Zeitschrift »Die Wandlung« erschienen; die Buchfassung von 1957 wurde als Taschenbuch 1962 für eine breite Öffentlichkeit wiederaufgelegt. Zu beiden Büchern und den Kontexten ihrer Entstehung vgl. einführend Heidrun Kämper, Kritik am Sprachgebrauch im Nationalsozialismus: LTI und WdU – Zwei frühe Beispiele für Sprachkritik nach 1945, in: Thomas Niehr/Jörg Kilian/Jürgen Schiewe (Hg.), Handbuch Sprachkritik, Berlin 2020, S. 49-56; zum »Wörterbuch«: Thomas Pegelow Kaplan, Macht und Geschichte der Wörter. Dolf Sternbergers »Wörterbuch des Unmenschen« als sprachkritisches Dokument der frühen Bundesrepublik, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 8 (2011), S. 156-160; William J. Dodd, Jedes Wort wandelt die Welt. Dolf Sternbergers politische Sprachkritik, Göttingen 2007; Heidrun Kämper, Der Schulddiskurs in der frühen Nachkriegszeit. Ein Beitrag zur Geschichte des sprachlichen Umbruchs nach 1945, Berlin 2005; Mark Fiedler, Sprachkritik am öffentlichen Sprachgebrauch seit 1945. Gesamtüberblick und korpusgestützte Analyse zum »Wörterbuch des Unmenschen«, Lübeck 2005.

30 Peter Rühmkorf, Schau- und Paradestücke eines Denkstils, in: Sprache im technischen Zeitalter 3 (1963), S. 469-472, hier S. 471.

31 Die Zusammenstellung der Aufsätze in der deutschen Ausgabe ist nicht identisch mit derjenigen in dem englischsprachigen Band: Steiner, Language and Silence (Anm. 12).

32 Handt, Das hohle Wunder (Anm. 11), S. 431.

33 Vgl. die Angaben unter »Anmerkungen«, in: Sprache im technischen Zeitalter 3 (1963), S. 506, S. 593.

34 Steiner, The Hollow Miracle, in: ders, Language and Silence (Anm. 12), S. 117-132, hier S. 130. In der Über­setzung Kauns lautet diese Stelle: »Ein Haufen Deutscher«; vgl. Steiner, Das hohle Wunder (Anm. 12), S. 173.

35 Handt, Das hohle Wunder (Anm. 11), S. 441.

36 Steiner, The Hollow Miracle (Anm. 34), S. 131; bei Kaun heißt es: »Am darauffolgenden Tag wird sie zu den Gaskammern abtransportiert.« Steiner, Das hohle Wunder (Anm. 12), S. 175.

37 Handt, Das hohle Wunder (Anm. 11), S. 441.

38 Steiner, The Hollow Miracle (Anm. 34), S. 124; ders., Das hohle Wunder (Anm. 12), S. 165.

39 Handt, Das hohle Wunder (Anm. 11), S. 436 (unsere Hervorhebung).

40 Steiner, The Hollow Miracle (Anm. 34), S. 122; ders., Das hohle Wunder (Anm. 12), S. 161f.

41 Handt, Das hohle Wunder (Anm. 11), S. 435. Zu Übersetzungsfehlleistungen im Zeitschriften- und Verlags-Betrieb der frühen Bundesrepublik beim Thema der NS-Verbrechen vgl. Georg Felix Harsch, Übersetzung als Erinnerung. Sachbuch-Übersetzungen im deutschen Diskurs um NS-Verbrechen in den 1950er-Jahren, Bielefeld 2021.

42 Vgl. George Steiner, Der Rückzug vom Wort, in: Merkur 16 (1962), S. 501-523 (die biographischen Angaben finden sich ebd., S. 600).

43 Klaus Briegleb, »1969«. Debatten im logischen Raum, in: ders., Unmittelbar zur Epoche des NS-Faschismus. Arbeiten zur politischen Philologie 1978–1988, Frankfurt a.M. 1989, S. 316-370, hier S. 329.

44 Vgl. Theodor W. Adorno, Die auferstandene Kultur [1949/50], in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 20/2, hg. von Rolf Tiedemann unter Mitwirkung von Gretel Adorno, Susan Buck-Morss und Klaus Schultz, Frankfurt a.M. 1986, S. 453-464.

45 Vgl. Jean Améry, Ressentiments, in: ders., Jenseits von Schuld und Sühne [1966]; hier zit. nach: ders., Werke, hg. von Irene Heidelberger-Leonard, Bd. 2: Jenseits von Schuld und Sühne / Unmeisterliche Wanderjahre / Örtlichkeiten, hg. von Gerhard Scheit, Stuttgart 2002, S. 118-148.

46 Vgl. Elefantenrunden. Walter Höllerer und die Erfindung des Literaturbetriebs. Ausstellungsbuch von Helmut Böttiger unter Mitarbeit von Lutz Dittrich, Literaturhaus Berlin 2005, S. 170. Der »Spiegel«, der dieser Sprachkritik-Debatte einen längeren Beitrag widmete, nannte Höllerer seinerzeit »Berlins Literatur-Impresario und Perpetuum mobile neudeutschen Schrifttums«: Der Wortschatz fror ein, in: Spiegel, 26.6.1963, S. 65-66, hier S. 65. Der Verleger Michael Krüger fragte jüngst im Höllerer-Kapitel seiner Erinnerungen, warum bisher noch niemand eine Biographie »über diesen Schriftstellerprofessorkulturunternehmer« geschrieben habe: Michael Krüger, Verabredung mit Dichtern. Erin­ner­ungen und Begegnungen, Berlin 2023, S. 162-166. Amir Eshel (Die hohle Sprache [Anm. 12]) kannte 1998 den Protagonisten hinter dem Pseudonym »Handt« noch nicht.

47 Vgl. Handt, Das hohle Wunder (Anm. 11), S. 432.

48 Zit. nach »Anmerkungen«, in: Sprache im technischen Zeitalter 3 (1963), S. 593.

49 George Steiner, An den deutschen Leser, in: ders., Sprache und Schweigen (Anm. 12), S. 7-11, hier S. 7. Diese Einleitung ist auch in der Ausgabe von 1969 bereits enthalten.

50 Joschka Fischer, Unentbehrliches Wunder, kummervolles Mirakel, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.5.2003, S. 40. Den Kontrast der Fischer-Laudatio für Steiner zeigt die Szene am Beginn der Lebenserinnerungen von Marcel Reich-Ranicki, der während eines Treffens der Gruppe 47 in den späten 1950er-Jahren von Günter Grass noch die impertinente Frage »Was sind Sie denn nun eigentlich – ein Pole, ein Deutscher oder wie?« gestellt bekam: Marcel Reich-Ranicki, Was sind Sie denn eigentlich?, in: ders., Mein Leben, Stuttgart 1999, S. 11-25, hier S. 11.

51 Vgl. Dan Diner, Imperiale Residuen. Zur paradigmatischen Bedeutung transterritorialer jüdischer Erfahrung für eine gesamteuropäische Geschichte, in: Daniel Weidner (Hg.), Figuren des Europäischen. Kulturgeschichtliche Perspektiven, München 2006, S. 259-274, hier S. 261.

52 Vgl. z.B. George Steiner, Pessimisten sind lächerlich. Ein Gespräch mit Iris Radisch, in: ZEIT, 16.4.2014, S. 14; seine Zugehörigkeit zu einem transnationalen Gesamt-Europa begründet Steiner darin wie folgt: »Hier spreche ich in meinen vier Sprachen. Ohne die kann ich nicht denken und nicht fühlen. Ich bin meine vier Sprachen. Das ist nur in Europa möglich.« Vgl. auch Susanne Matsudo-Kiliani, Sprache – Verstehen – Übersetzen. Der Übersetzungsbegriff George Steiners, Norderstedt 2004.

53 Zum Thema insgesamt vgl. Stephan Braese, Eine europäische Sprache. Deutsche Sprachkultur von Juden 1760–1930, Göttingen 2010.

54 Steiner, An den deutschen Leser (Anm. 49), S. 7, S. 8.

55 Ebd., S. 8.

56 Ebd., S. 9, S. 10.

57 Ebd., S. 10.

58 Karl Korn, Sprache in der verwalteten Welt, Frankfurt a.M. 1958; 2., erg. Aufl. Olten 1959; Tb.-Ausg. München 1962.

59 So heißt es in der Vorbemerkung zur Buchausgabe – etwas unvermutet, angesichts des Titels: »Das Wörterbuch des Unmenschen ist das Wörterbuch der geltenden deutschen Sprache geblieben, der Schrift- wie der Umgangssprache, namentlich wie sie im Munde der Organisatoren, der Werber und Verkäufer, der Funktionäre von Verbänden und Kollektiven aller Art ertönt.« Vgl. d.st. [Dolf Sternberger], Vorbemerkung 1957, in: ders./Gerhard Storz/Wilhelm E. Süskind, Aus dem Wörterbuch des Unmenschen, ungekürzte Ausg. (nach der erweiterten Ausg. 1967, 3. Aufl. 1968), Frankfurt a.M. 1986, S. 8-10, hier S. 8. Die 1957 so stark betonte Aktualität wird in der Taschenbuch-Auflage von 1986 erneut herausgestellt: »[D]iese Beharrlichkeit, diese fortwuchernde Ausbreitung hält auch heute an, und wenn es nicht durchweg dieselben Unwörter sind, wie vor vierzig, vor dreißig und vor zwanzig Jahren, so sind andere an ihre Stelle getreten, die nicht weniger plump oder schnöde oder auch süßlich anmuten.« Ders., Vorbemerkung 1986, in: ebd., S. 12f., hier S. 13.

60 Sprache im technischen Zeitalter 3 (1963), S. 450.

61 Das wird deutlich in den Antwortschreiben von Rudolf Krämer-Badoni, Handwerkliche Grundsätze, in: ebd., S. 460, sowie: Marcel Reich-Ranicki, Nicht der Schimmer eines Beweises, in: ebd., S. 464-466, hier S. 465.

62 Alle drei ereiferten sich über das Ansinnen, etwas zu kommentieren, was es – ihrer Meinung nach – gar nicht gebe. Busch sah in Steiner einen Falschspieler »mit gezinkten Karten«; Krämer-Badoni nannte den Text »Qualm«, verhöhnte Steiners eigene »Sprachohnmacht« und sah bei ihm ebenfalls keinerlei Sachkenntnis; Rühmkorf schimpfte über den »Pfusch« und den »methodischen Mumpitz«, der »gar nicht debattiert werden sollte«. Vgl. Busch, Anmerkungen zur Sprachkritik, in: ebd., S. 472; Krämer-Badoni, Handwerkliche Grundsätze, S. 460, S. 468; Rühmkorf, Schau- und Paradestücke eines Denkstils, S. 469.

63 Vgl. die Darstellung bei Eshel, Die hohle Sprache (Anm. 12), v.a. S. 320-326. Während Rühmkorf Steiners Essay verunglimpfte, sah Mon im Anliegen Steiners eine berechtigte Kritik; er kommentierte: »Möglicherweise stimmt diese Diagnose. […] Das Vernichtungs-KZ der Nazis war in diesem Sinne ›Sprache‹, ehe es in die ›Realität‹ einschlug. Die pseudobiologischen Formulierungen […], die zu Diensten der Gasöfen errichtet wurden, zeigen noch nichts von dem Grauen, das sie doch bereits enthalten. Die KZ sind ein Beispiel für das fatale Verhältnis zwischen Sprache und Reali­tät, und sie werden uns, je länger es dauert, desto weniger zur Ruhe kommen lassen, […] weil sie sich nicht einfach ins Faktische abschieben lassen, wie ein Erdbeben oder eine Krankheit, vielmehr als sprachentsprungen gegenwärtig bleiben, so lange gesprochen wird.« Vgl. Franz Mon, Sprache ohne Zukunft?, in: Sprache im technischen Zeitalter 3 (1963), S. 467-469, hier S. 467f. (dortige Hervorhebung).

64 Vgl. exemplarisch Stephan Braese, »… nicht uns zugehörig«. Hermann Kesten und die Gruppe 47, in: ders. (Hg.), Bestandsaufnahme. Studien zur Gruppe 47, Berlin 1999, S. 175-207.

65 Ein Beispiel hat Ruth Klüger in ihrer Autobiographie dokumentiert: Ruth Klüger, weiter leben. Eine Jugend, Göttingen 1992, Tb.-Ausg. München 2016, S. 199f., v.a. S. 213-220.

66 Diesen Punkt hob z.B. Marcel Reich-Ranicki hervor, in: ders., Mein Leben (Anm. 50), S. 387f.

67 Vgl. Braese, Die andere Erinnerung (Anm. 8).

68 Vgl. Martin Walser, Erfahrungen beim Verfassen einer Sonntagsrede, Frankfurt a.M. 1998; Frank Schirrmacher (Hg.), Die Walser-Bubis-Debatte. Eine Dokumentation, Frankfurt a.M. 1999. Der Satz Walsers, der die Auswüchse dieses Ringens um Sprecher-Rechte am deutlichsten dokumentiert, lautet: »Und, Herr Bubis, da muß ich Ihnen sagen, ich war in diesem Feld [gemeint ist: über Auschwitz nachzudenken und zu schreiben] beschäftigt, da waren Sie noch mit ganz anderen Dingen beschäftigt. Sie haben sich diesen Problemen später zugewendet […].« Zit. nach Schirrmacher, Walser-Bubis-Debatte, S. 442. Zu dieser Rede und den Reaktionen siehe u.a. Jan-Holger Kirsch, Identität durch Normalität. Der Konflikt um Martin Walsers Friedenspreisrede, in: Leviathan 27 (1999), S. 309-354. Über Walsers Beiträge zur NS-Zeit insgesamt: Matthias N. Lorenz, »Auschwitz drängt uns auf einen Fleck«. Judendarstellung und Auschwitzdiskurs bei Martin Walser, Stuttgart 2005.

69 Zur Bedeutung von Kraus für Canetti vgl. dessen Autobiographie: Elias Canetti, Die Fackel im Ohr. Lebensgeschichte 1921–1931, München 1980; außerdem: Josef Quack, Über Elias Canettis Verhältnis zu Karl Kraus. Ein kritischer Vergleich, in: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 23 (1998) H. 2, S. 118-141.

70 Hilde Spiel, Für und wider die deutsche Literatur, in: Sprache im technischen Zeitalter 3 (1963), S. 450-452, hier S. 450, S. 451.

71 Ebd., S. 452. Im nachfolgenden Heft der Zeitschrift antwortete Hans Habe vor allem auf Spiels Kritik; vgl. ders., Literaten – Feinde der Literatur?, in: Sprache im technischen Zeitalter 3 (1963), S. 589-593; hierzu wiederum ein Heft später die Replik von Hilde Spiel, Mangel an Instinkt, in: ebd., S. 681-683.

72 Reich-Ranicki, Nicht der Schimmer eines Beweises (Anm. 61), S. 465.

73 Ebd., S. 465; vgl. auch Eshel, Die hohle Sprache (Anm. 12), S. 321.

74 Reich-Ranicki, Nicht der Schimmer eines Beweises (Anm. 61), S. 466.

75 François Bondy, Die Sprache als Gefäß einer Geschichte, in: Sprache im technischen Zeitalter 3 (1963), S. 458-459, hier S. 459.

76 Hier bezog sich Bondy auf zwei Bücher der sogenannten »Inneren Emigration«, die in der Frühzeit der Bundesrepublik mit großer Zustimmung gelesen wurden: Friedrich Percyval Reck-Malleczewen, Tagebuch eines Verzweifelten, Stuttgart 1947 (Neuausgabe, mit einem Vorwort von Klaus Harpprecht, Stuttgart 1966; als Taschenbuch im Fischer-Verlag, Frankfurt a.M. 1971 u.ö.); Felix Hartlaub, Von unten gesehen. Impressionen und Aufzeichnungen, hg. von Geno Hartlaub, Stuttgart 1950 (Neuausgabe: ders., Im Sperrkreis. Aufzeichnungen aus dem Zweiten Weltkrieg, hg. von Geno Hartlaub. Erweiterte Ausgabe, Hamburg 1955; als Taschenbuch im Fischer-Verlag, Frankfurt a.M. 1984).

77 Bondy, Die Sprache als Gefäß einer Geschichte (Anm. 75), S. 459.

78 Hans Weigel, Blühende Sprache in einem aufgetauten Land, in: Sprache im technischen Zeitalter 3 (1963), S. 453-458, hier S. 453.

79 Ebd., S. 455. Zur langen Dauer der antisemitischen Rede vom vermeintlich jüdischen »Mauscheln« vgl. Hans Peter Althaus, Mauscheln. Ein Wort als Waffe, Berlin 2002; Martin Treml, »Mauscheln«, in: Falko Schmieder/Georg Toepfer (Hg.), Wörter aus der Fremde. Begriffsgeschichte als Übersetzungsgeschichte, Berlin 2018, S. 153-157.

80 Weigel, Blühende Sprache (Anm. 78), S. 456.

81 Ebd., S. 456f.

82 Ebd., S. 457.

83 Ebd., S. 458.

84 Vgl. hierzu die Beiträge von Lynn L. Wolff und Nicolas Berg über H.G. Adler und Victor Klemperer in diesem Heft.

85 Vgl. zum Thema insgesamt: Braese, Eine europäische Sprache (Anm. 53); Engelhardt/Zepp, Sprache, Erkenntnis und Bedeutung (Anm. 12); Shulamit Volkov, Sprache als Ort der Auseinandersetzung mit Juden und Judentum in Deutschland, 1780–1933, in: Wilfried Barner/Christoph König (Hg.), Jüdische Intellektuelle und die Philologien in Deutschland 1871–1933, Göttingen 2001, S. 223-238.

86 Vgl. Stephan Braese, »Es galt das schattenlose Jetzt«. Peter Zadek, Marcel Reich-Ranicki und Fritz J. Raddatz übersiedeln in die Bundesrepublik Deutschland, in: Günter Häntzschel/Sven Hanuschek/Ulrike Leuschner (Hg.), Die fünfziger Jahre im autobiographischen Rückblick, München 2013, S. 66-91.

87 Steiner, Das hohle Wunder (Anm. 12), S. 171.

88 Bondy, Die Sprache als Gefäß einer Geschichte (Anm. 75), S. 459.

89 Vgl. Robert André, Im Stillen. W.E. Süskind, der Nürnberger Prozess und die Sprache des »Unmenschen«, in: Stephan Braese (Hg.), Rechenschaften. Juristischer und literarischer Diskurs in der Auseinandersetzung mit den NS-Massenverbrechen, Göttingen 2004, S. 25-46.

90 Steiner, Das hohle Wunder (Anm. 12), S. 155. In dieser doppelt motivierten Aufmerksamkeit für die deutsche Sprache – das Verwaltungsdenken und seine Begrifflichkeiten während der NS-Herrschaft sowie die lange Zeit ganz fehlende Sprache der Anerkennung der Verbrechen nach ihrem Ende – ähneln sich Steiners Sprachkritik und die immer wieder beschriebene Grundhaltung des Holocaust-Historikers Raul Hilberg, der sich mehrfach auf Steiner bezieht; vgl. Nicolas Berg, Das Innere der Dokumente – Zur Lakonie von Raul Hilberg, in: Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus 35 (2019): Raul Hilberg und die Holocaust-Historiographie, hg. von René Schlott, S. 161-182, hier S. 170f.

91 Steiner, Das hohle Wunder (Anm. 12), S. 155.

92 Ders., An den deutschen Leser (Anm. 49), S. 10. Die Anspielung gilt neonazistischen Bewegungen: 1952 war in der Bundesrepublik zwar die rechtsextreme Sozialistische Reichspartei (SRP) verboten worden, aber 1964 wurde die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD, heute »Heimat«) gegründet.

93 Ebd., S. 11.

94 Die Referenz zu Buber liegt darin, Beziehung als paradoxe »Gegenseitigkeit« zu verstehen: »Mein Du wirkt an mir, wie ich an ihm wirke. Unsere Schüler bilden uns, unsere Werke bauen uns auf.« Vgl. Martin Buber, Ich und Du. Nachwort von Bernhard Casper, Stuttgart 1995 (zuerst Leipzig 1923), S. 16. Auch Celans »verzweifeltes Gespräch« klingt bei Steiner an; dessen Denkfiguren von einer »Atempause«, einer »Atemwende« (S. 52) und einem »Geheimnis der Begegnung« (S. 55) werden von Steiner implizit zitiert. Vgl. Paul Celan, Der Meridian und andere Prosa, Frankfurt a.M. 1988, 3. Aufl. 1994, S. 40-62. In seiner Büchner-Preisrede spricht Celan 1960 davon, dass das Gedicht »unverkennbar, eine starke Neigung zum Verstummen« aufweist (S. 54); aber im Verstummen ist das »absolute Gedicht«, das die Poetik Celans entwirft, auf der Suche nach seinem Adressaten: Celans Gedichte wollen »zu einem Andern, es braucht dieses Andere, es braucht ein Gegenüber. Es sucht es auf, es spricht sich ihm zu.« (S. 55) Und weiter heißt es bei Celan: »Das Gedicht wird – unter welchen Bedingungen! – zum Gedicht eines – immer noch – Wahrnehmenden, dem Erscheinenden Zugewandten, dieses Erscheinende Befragenden und Ansprechenden; es wird Gespräch – oft ist es verzweifeltes Gespräch.« (S. 56)

95 Zu Hildesheimer: Stephan Braese, Jenseits der Pässe. Wolfgang Hildesheimer – Eine Biographie, Göttingen 2016, 2. Aufl. 2017, S. 139. Zu den Nürnberger Nachfolgeprozessen siehe u.a. Kim Christian Priemel/Alexa Stiller (Hg.), Reassessing the Nuremberg Military Tribunals. Transitional Justice, Trial Narratives and Historiography, New York 2012; dies. (Hg.), NMT. Die Nürnberger Militärtribunale zwischen Geschichte, Gerechtigkeit und Rechtschöpfung, Hamburg 2013.

96 Sternberger/Storz/Süskind, Aus dem Wörterbuch des Unmenschen (Anm. 27), S. 56-63, S. 63-67, S. 82-87, S. 90-96.

97 Ebd., S. 32 (»Echt – einmalig«); ebd., S. 86 (»Organisieren«).

98 Wolfgang Hildesheimer, Ich werde nun schweigen. Gespräch mit Hans Helmut Hillrichs in der Reihe »Zeugen des Jahrhunderts«, hg. von Ingo Hermann, Göttingen 1993, S. 26.

99 Ebd., S. 109.

100 Im Wolfgang-Hildesheimer-Archiv der Berliner Akademie der Künste findet sich kein solcher Hinweis.

101 Camillo de Piaz, in: La Scariza. Periodico d’informazione, cultura, animazione 8 (1991) H. 6 (für die Übersetzung danke ich Christa Geitner-Vanriet).

102 Hilde Domin, Denk ich an Deutschland in der Nacht. Bemerkungen zu Wolfgang Hildesheimers »Tynset«, in: Neue Deutsche Hefte, Sept./Okt. 1965, S. 124-134, hier S. 124.

103 Wolfgang Hildesheimer, Das Ende der Fiktionen [1975], in: ders., Das Ende der Fiktionen. Reden aus fünfundzwanzig Jahren, Frankfurt a.M. 1988, S. 229-250, hier S. 247f.

104 Ders., Nachlese, Frankfurt a.M. 1987, S. 50.

105 Vgl. Braese, Jenseits der Pässe (Anm. 95), S. 524f.

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