- Organisierte Reisen bis 1970
- Der Durchbruch der Flugpauschalreisen in der Bundesrepublik
- Spanien als Ziel von Pauschalreisen
- Urlaubspraktiken der Pauschalreisenden und ihr Einfluss auf die Programme der Reiseveranstalter
- Fazit
Das Verhältnis zwischen standardisiertem Massenkonsum und dem Ausleben individueller Bedürfnisse wurde in den 1970er- und 1980er-Jahren breit diskutiert. Einflussreiche Soziologen wie Ulrich Beck machten eine zunehmende Individualisierung der Gesellschaft aus, die sich über Lebensstile anstatt über traditionelle Klassen und Schichten definiere.[1] Dabei kam dem Konsum als Mittel, den individuellen Lebensstil nach außen zu demonstrieren, eine entscheidende Rolle zu.[2] Bezogen auf den einsetzenden Massentourismus waren Kritiker der Meinung, dass die Form der Pauschalreisen ein individuelles Erleben des Urlaubs unmöglich mache. Die Reisenden konsumierten lediglich vorgefertigte, standardisierte Erlebnisangebote.[3]
Wie lässt sich die anscheinende Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach Individualisierung auf der einen Seite und der Standardisierung der Angebote auf der anderen Seite erklären? Um sich diesem Phänomen zu nähern, müssen die tatsächlichen Praktiken in den Blick genommen werden. Der Aufsatz beleuchtet deshalb anhand der Urlaubspraktiken von Pauschalreisenden nach Spanien Individualität unter den Bedingungen des Massenkonsums.
Den 1970er-Jahren kommt hinsichtlich der Reiseentwicklung eine wichtige Rolle zu. Erst seit Mitte des Jahrzehnts unternahm die Mehrheit der westdeutschen Bevölkerung überhaupt eine jährliche Urlaubsreise von mindestens fünf Tagen. Der Durchbruch von Flugpauschalreisen fällt ebenfalls in diese Zeit. Diese Entwicklung überrascht zunächst, denn sie widerspricht der vorherrschenden Lesart der jüngsten zeithistorischen Forschung, die 1970er-Jahre als eine Zeit »nach dem Boom« zu sehen.[4] Der Aufsatz geht deshalb auch der Frage nach, weshalb ein teures Konsumgut wie eine Urlaubsreise ins Ausland gerade in jenen Zeiten boomte, in denen sich das Wirtschaftswachstum als Folge der Ölpreiskrisen deutlich abschwächte.[5]
Um Antworten auf diese Fragen zu finden, greife ich auf eine breite Quellenbasis zurück. Das Historische Archiv zum Tourismus (HAT) an der Technischen Universität Berlin verfügt über umfangreiche Bestände unter anderem von Reiseprospekten und über die seit 1971 jährlich durchgeführte detaillierte Reiseanalyse (RA). Zudem stütze ich mich auf Recherchen in den Unternehmensarchiven der Reiseveranstalter Touristik Union International (TUI) und Deutsches Reisebüro (DER).[6] Da Pauschalurlauber nur wenige Reiseberichte verfassten, habe ich ergänzend einzelne Zeitzeugeninterviews geführt und private Fotografien hinzugezogen.
Wie ich im Folgenden zeige, ermöglichten Einkommenssteigerungen sowie Veränderungen in der Tourismusindustrie den starken Anstieg von Flugpauschalreisen ins Ausland seit den 1970er-Jahren. Die Franco-Diktatur förderte dabei Spaniens Entwicklung zum beliebtesten Ziel westeuropäischer Pauschalreisender massiv; insofern ist dieses Land als Beispiel besonders geeignet. Obwohl Pauschaltouristen auf standardisierte Angebote der Veranstalter zurückgriffen, zeige ich anhand der Reisepraktiken von Spanienurlaubern, dass diese zunehmend Wert auf ein breitgefächertes Angebot und eine individuelle Gestaltung im Rahmen der organisierten Reisen legten, worauf die Veranstalter in vielfältiger Weise reagierten.
Bisher mangelt es für die Zeit nach 1945/49 und insbesondere für das letzte Drittel des 20. Jahrhunderts an Studien, die sich dezidiert dem (west)deutschen Massentourismus widmen,[7] während die historischen Vorläufer vergleichsweise gut erforscht sind. Hinsichtlich konkreter Praktiken haben Forschungen, die alternative Reiseformen betrachtet haben, wichtige Impulse geliefert. Doch auch hier fehlen bislang Untersuchungen, die sich den Praktiken von Massen- und speziell Pauschalurlaubern widmen.[8]
1. Organisierte Reisen bis 1970
Schon die 1920er-Jahre wiesen eine Expansion des organisierten Reisens in Deutschland auf. Insbesondere die Zahl kommerzieller Reisebüros stieg in der Zwischenkriegszeit massiv an. Des Weiteren nahmen in der Weimarer Republik Versuche zu, einkommensschwachen Schichten eine Urlaubsreise zu ermöglichen. Dieser sogenannte Sozialtourismus wurde von sozialistischen Vereinigungen wie den Naturfreunden oder den Gewerkschaften organisiert.[9] Trotzdem verreiste in den 1920er-Jahren nur eine kleine Minderheit.
Während der Zeit des Nationalsozialismus änderte sich wenig daran, dass Menschen mit niedrigem Einkommen selten verreisten. Anders als es die Propaganda glauben machen wollte, stieg die Reiseintensität der breiten Bevölkerung kaum.[10] Die Teilnehmerzahlen des »Amts für Reisen, Wandern, Urlaub« von »Kraft durch Freude« (KdF) klingen auf den ersten Blick eindrucksvoll. So verzeichneten die »KdF«-Fahrten 1938 rund zehn Millionen Teilnehmer. Diese Zahl wird jedoch dadurch relativiert, dass 80 bis 90 Prozent der Reisenden lediglich an Kurzfahrten von meist einem Tag, maximal zwei Tagen teilnahmen. Zudem machten die Übernachtungen von »KdF«-Touristen nur 10 Prozent der Gesamtheit aller touristischen Übernachtungen in Deutschland aus.[11] Die überwiegende Mehrheit der Urlauber verreiste demnach auch in der NS-Diktatur privat bzw. mit kommerziellen Reiseanbietern. Ein Vergleich mit Großbritannien zeigt, dass die »KdF«-Reisen zusammen mit den kommerziellen Reisen deutlich hinter der Reiseintensität der Briten lagen. Dort verreisten vor dem Krieg bereits ein Drittel bis zwei Fünftel der Bevölkerung, während es in Deutschland weniger als ein Fünftel war.[12] Arbeiter etwa waren als Urlauber in einem britischen Seebad vor dem Zweiten Weltkrieg bereits stark vertreten, während sie in Deutschland nur zu einem sehr geringen Teil eine mehrtägige Urlaubsreise unternahmen.
Zum Durchbruch des massenhaften Verreisens kam es in Deutschland erst nach Gründung der Bundesrepublik. Noch 1960 unternahm weniger als ein Drittel der Bevölkerung eine Urlaubsreise von mindestens fünf Tagen. Auch die in den 1950er- und 1960er-Jahren medial stark orchestrierte Italienreisewelle spiegelte nicht die realen Verhältnisse wider. Die große Mehrheit der Reisenden verbrachte ihren Urlaub zunächst im Inland. Erst Ende der 1960er-Jahre übertraf die Anzahl der Auslandsreisen die Reisen innerhalb der Bundesrepublik. Das beliebteste Auslandsreiseziel war allerdings bis in die 1980er-Jahre hinein Österreich und nicht Italien.[13] In der Bundesrepublik war der Anteil der Bevölkerung, der eine jährliche Urlaubsreise unternahm, zudem weiterhin deutlich geringer als in Großbritannien. Allerdings fuhren bundesdeutsche Reisende wesentlich häufiger ins Ausland als britische. Die Auslandsreisen wurden dabei mehrheitlich individuell organisiert und mit dem eigenen Pkw unternommen. Bis in die 1970er-Jahre spielten Flugreisen nur eine marginale Rolle. Dies änderte sich jedoch in den folgenden zwei Jahrzehnten.
2. Der Durchbruch der Flugpauschalreisen in der Bundesrepublik
Die 1970er-Jahre bedeuteten in mehrfacher Hinsicht eine Dekade tiefgreifender Veränderungen sowohl in der bundesdeutschen Tourismusbranche als auch im Reiseverhalten der Bevölkerung. Mit der kontinuierlichen Zunahme von Auslandsreisen gingen Veränderungen in der Organisationsform der Reisen einher.[14] Der Anteil, der über einen Veranstalter gebucht wurde, stieg in den 1970er- und 1980er-Jahren auf mehr als das Doppelte und machte 1988 rund 40 Prozent aller Haupturlaubsreisen aus.[15] Eine weitere tiefgreifende und langfristige Veränderung betraf die Reiseverkehrsmittel. Ende der 1960er-Jahre verreisten 60 Prozent der Urlauber mit dem Pkw, während nur wenige flogen. Mit der Zunahme von Pauschalreisen gewann jedoch auch das Flugzeug an Bedeutung. Sein Anteil an den Reiseverkehrsmitteln verdoppelte sich in den 1970er-Jahren auf 16 Prozent. Im darauffolgenden Jahrzehnt nahm seine Bedeutung weiter zu, sodass Ende der 1980er-Jahre beinahe 25 Prozent aller Haupturlaubsreisen mit dem Flugzeug unternommen wurden.[16]
Gerade der Anstieg der Zahl von Flugreisen ist bemerkenswert. Denn durch die Ölpreiskrisen der 1970er- und frühen 1980er-Jahre verteuerte sich auch der Treibstoff für die Flugzeuge erheblich, was teilweise als kurzfristige Zusatzkosten an die Urlauber weitergegeben wurde. Nichtdestotrotz, und zum Erstaunen der Reiseveranstalter, ließen sich die Urlauber kaum von den wirtschaftlichen Turbulenzen beeindrucken. Nach einem leichten Einbruch 1974 im Zuge der ersten Ölpreiskrise erreichte die Reiseintensität der Westdeutschen im darauffolgenden Jahr Rekordhöhen. Dies ist erstaunlich, da die Bundesrepublik 1975 zum ersten Mal in ihrer Geschichte ein deutlich negatives Wirtschaftswachstum verzeichnete.
Auch in den folgenden Jahren und während der Rezession der frühen 1980er-Jahre blieb die Tourismusbranche, verglichen mit anderen Industrien, überaus stabil und verzeichnete in nahezu jedem Jahr Zuwächse. Dass selbst in wirtschaftlichen Krisenzeiten den Urlaubsreisen ein derart hoher Stellenwert zukam, unterstreicht, dass eine jährliche Reise für einen großen Teil der Bevölkerung inzwischen zum persönlichen Lebensstil gehörte.
Die 1970er-Jahre waren durch eine generelle Ausweitung des Konsums geprägt. Insbesondere weniger wohlhabende Haushalte verbesserten ihre Einkommenssituation und konnten sich dadurch erstmals auch teure Güter wie Pkws und Urlaubsreisen leisten.[17] Vor allem der Ausbau des Sozialstaats bis Mitte der 1970er-Jahre trug dazu bei, dass kinderreiche Familien und Alleinerziehende in höherem Maße an der Konsumgesellschaft teilhaben konnten.[18] So konnten auch alleinerziehende Mütter sich und ihren Kindern einen Urlaub im Ausland ermöglichen, was nur wenige Jahre zuvor unerschwinglich gewesen wäre. Die frühen 1970er-Jahre bis zur ersten Ölpreiskrise waren zudem durch hohe Einkommenssteigerungen geprägt, die teilweise mithilfe massiver Streiks durchgesetzt wurden.[19] Dies schlug sich im gleichen Zeitraum in den sehr hohen Zuwachsraten der Pauschalreisen ins Ausland nieder. Die Ölpreis- und Wirtschaftskrisen wirkten sich auf das Konsumverhalten der Bevölkerung hingegen nur kurzfristig aus. Lediglich 1974 war die Zahl von Pauschalreisen leicht rückläufig. Dies machte jedoch ein starker Anstieg im darauffolgenden Jahr mehr als wett.[20]
Neben den Einkommenssteigerungen schufen technische, politische und brancheninterne Entwicklungen in der Tourismusindustrie wichtige Voraussetzungen, die den Anstieg der Flugpauschalreisen ins Ausland ermöglichten. So kam es in den späten 1960er- und frühen 1970er-Jahren zu einem Konzentrationsprozess innerhalb der westdeutschen Tourismusbranche. Etablierte Reiseveranstalter wie Touropa, Scharnow-Reisen und Dr. Tigges-Fahrten schlossen sich 1968 zur TUI zusammen. Damit reagierten sie auf die zunehmende Konkurrenz durch Reiseveranstaltersparten großer Versand- und Kaufhäuser wie Neckermann und Reisen (NUR) und International Tourist Services (ITS) von Kaufhof.[21] Erst diese Konzentrationsprozesse ermöglichten es den Unternehmen, das hohe Kapital aufzubringen, das für die Etablierung eines kostengünstigen Flugpauschalreisemarkts nötig war. Die Veranstalter mussten teilweise erhebliche finanzielle Vorleistungen erbringen, um Charterflüge und Hotelkontingente zu reservieren.
Um möglichst preiswerte Reisen anbieten zu können, war, wie Rüdiger Hachtmann argumentiert, zudem ein fordistischer »Produktionsprozess« nötig: »Massentourismus setzt gleichfalls ›Massen‹- oder zumindest ›Serienproduktion‹ voraus.«[22] So mieteten die Reiseveranstalter etwa große Hotelkomplexe für die gesamte Saison an. Durch das Massenangebot verringerten sich die Kosten für Urlaubsreisen im Ausland signifikant.
Eine weitere Veränderung, die den Aufstieg von Flugpauschalreisen begünstigte, war die Liberalisierung des Flugmarkts. Bis in die 1970er-Jahre schränkten Richtlinien der International Air Transport Association (IATA) den Charterflugverkehr stark ein. Den jeweiligen Regierungen, darunter auch der westdeutschen und britischen, war daran gelegen, ihre nationalen, verstaatlichten Airlines (im bundesdeutschen Fall die Deutsche Lufthansa AG) vor der günstigeren Charterkonkurrenz zu schützen. Deshalb galt bis in die 1970er-Jahre die Bestimmung, dass Charterflüge nur im Rahmen einer Pauschalreise gebucht werden durften, und diese durften nicht günstiger sein als ein Hin- und Rückflugticket der jeweiligen staatlichen Airline.[23] Aufgrund der besseren Kalkulationsmöglichkeiten und der höheren Auslastung der Charterflüge waren Reiseveranstalter in der Lage, den Flugpreis, der einen der größten Posten bei den Auslandspauschalreisen darstellte, gegenüber normalen Flugpreisen sehr gering zu halten. Dadurch vergünstigten sich die gesamten Pauschalreisearrangements erheblich.
Neben der Deregulierung förderten auch technische Innovationen im Flugverkehr die Expansion der Pauschalreisen. Düsenflugzeuge ermöglichten deutlich kürzere Flugzeiten, da etwa auf einem Flug nach Mallorca keine Zwischenlandung zum Auftanken mehr nötig war. Dadurch konnten die Flüge wesentlich enger getaktet werden, und Reiseveranstaltern war es möglich, mehr Flüge zu günstigeren Preisen anzubieten.[24] Eine weitere signifikante Entwicklung war die Inbetriebnahme der Boeing 747, des Jumbo-Jets, im Jahr 1971. Der Jumbo fasste mehr als doppelt so viele Passagiere wie das bis dahin größte Passagierflugzeug.[25] Aufgrund ihrer hohen Kapazität eignete sich die Boeing 747 insbesondere als Ferienflieger, da Reiseveranstalter die Auslastung besser kalkulieren konnten als reguläre Airlines. So setzte die bundesdeutsche Charterfluggesellschaft Condor den Jumbo bereits 1971 ein. Der erste Flug ging nach Palma de Mallorca.[26] Im selben Jahr warben westdeutsche Reiseveranstalter mit der »Jumbo-Premiere« und stellten es als besonderes Erlebnis für die Urlauber heraus, zu den ersten zu gehören, die in den Genuss des neuen Flugerlebnisses kamen.
Eine Flugreise war für eine Vielzahl der Urlauber in den 1970er-Jahren etwas völlig Neues. Deshalb war es üblich, dass ein professioneller Fotograf sie beim Verlassen der Maschine knipste und sie anschließend einen Abzug davon erwerben konnten. Dabei ähnelten die Aufnahmen bewusst den Bildern berühmter Persönlichkeiten aus der Politik und Glamour-Welt, die beim Ein- und Ausstieg von Journalisten fotografiert wurden. So bekamen auch Pauschaltouristen einen Hauch des Jet-Set-Gefühls vermittelt.[27]
Pauschalreisen setzten sich in der Bundesrepublik – anders als etwa in Großbritannien – erst spät durch. Westdeutsche Urlauber verreisten in der Nachkriegszeit vornehmlich individuell, vor allem wenn sie über einen eigenen Pkw verfügten. Anders als im Vereinigten Königreich, wo die Insellage Individualreisen ins Ausland erschwerte, begünstigten die zentrale Lage auf dem europäischen Kontinent und die relative Nähe der Bundesrepublik zu Urlaubsorten in Österreich, Italien und Südfrankreich selbst organisierte Reisen.[28] Erst durch die hier skizzierten Entwicklungen, die zu massiven Preissenkungen von Flugreisen führten, nahmen Pauschalreisen ins Ausland auch in der Bundesrepublik zu. Sie waren nun mitunter billiger als eine Individualreise nach Italien oder Frankreich. Aufgrund der niedrigeren Preise und der Einkommenssteigerungen auch weniger wohlhabender Haushalte konnten die Veranstalter neue Zielgruppen erschließen, die mit einem Pauschalangebot zum ersten Mal ins Ausland reisten. Die zunehmende Beliebtheit von Pauschalreisen lässt sich auch an der Entwicklung der Teilnehmerzahlen der TUI ablesen: Bereits 1969, ein Jahr nach seiner Gründung, verzeichnete das Unternehmen mehr als eine Million Reisende. Diese Zahl verdreifachte sich nahezu bis zum Ende der 1980er-Jahre. Flugreisen machten dabei schon zu Beginn fast die Hälfte aller gebuchten Reisen aus. 20 Jahre später lag ihr Anteil bei 85 Prozent.[29]
Neben finanziellen Aspekten stellte die Sicherheit einen der Hauptgründe dar, eine Pauschalreise zu buchen. Dies traf vor allem auf auslandsunerfahrene Urlauber zu. Der Veranstalter übernahm sowohl die komplette Organisation der Reise als auch die Kommunikation mit den ausländischen Hoteliers. Dadurch, dass auch der Transfer zwischen dem Flughafen und dem Hotel vom Veranstalter organisiert war, wurden die Reisenden auf nahezu jeder Station betreut. Sie mussten kaum selbst mit dem Gastland interagieren. Daneben wirkte auch die Rechtssicherheit, die Pauschalreisen boten, als ein verkaufsförderndes Argument. Ging bei einer individuell gestalteten Reise etwas schief, hatten die Urlauber wenig Möglichkeiten, sich zu beschweren oder Schadensersatzansprüche zu stellen. Anders sah dies bei Pauschalreisen aus. In den 1970er-Jahren weitete sich der Konsumentenschutz auch in der Tourismusbranche stark aus. Die bundesdeutsche Rechtsprechung entschied zudem meist zugunsten der Urlauber und gegen die Reiseveranstalter.[30]
Bei den Urlaubsmotiven ließ sich ein Wandel erkennen. So nahmen während der 1970er- und 1980er-Jahre Aspekte wie das Interesse am Kennenlernen des Urlaubslandes und seiner Kultur zu. Der Fragenkatalog der jährlich vom Studienkreis für Tourismus (StfT) herausgegebenen Reiseanalyse[31] listete nun Reisemotive auf, die die gewandelten Interessen widerspiegelten. Motive wie »ganz neue Eindrücke gewinnen«, »viel herumfahren«, »andere Länder erleben« erhielten größere Relevanz. Das letztgenannte Motiv fand 1981 Eingang in den Fragenkatalog und erreichte in diesem Jahr einen Zustimmungswert von 25 Prozent. 1989 gaben bereits 40 Prozent der Befragten an, dass dies ein wichtiges Reisemotiv sei.[32]
Die Veranstalter griffen die gewandelten Ansprüche und Reisemotive auf. Sie bedienten sich – ähnlich wie die Konsumgüterindustrie insgesamt – immer stärker eines »Baukastensystems«. Dabei boten sie die Reise nicht mehr als Komplettpaket an, sondern die Kunden hatten die Möglichkeit, sich ihre Reise vermeintlich individuell zusammenzustellen; sie konnten etwa aus unterschiedlichen An- und Abreiseoptionen, verschiedenen Unterkunfts- und Verpflegungsarten wählen. Obwohl auch diese Bausteine durch einen standardisierten Produktionsprozess entstanden waren, boten sie den Reisenden ein höheres Maß an Gestaltungsfreiheit, worauf die Urlauber bei zunehmender Reiseerfahrung immer größeren Wert legten.[33]
Die Veranstalter erweiterten und differenzierten ihre Angebote außerdem massiv. So bot NUR mit dem Club 28 Reisen an, die speziell auf die Bedürfnisse junger Leute zugeschnitten waren.[34] Auch TUI behielt die unterschiedlichen Markennamen wie Dr. Tigges-Fahrten und Transeuropa bei, da diese sich an unterschiedliche Zielgruppen richteten. Das DER differenzierte seine »Hobby-Reisen«-Programme. Zahlungskräftige Interessierte konnten Helikopter-Skiing in Kanada oder Yoga-Reisen nach Indien unternehmen.[35] Parallel dazu kam es seit den späten 1960er-Jahren zu einer Gründungswelle von spezialisierten Reiseveranstaltern, etwa für FKK- oder Abenteuer- und Trekking-Reisen.[36] Zwar blieben die Angebote der Reiseveranstalter standardisierte Produkte, ihre Vielfalt und das Baukastensystem ermöglichten es den Verbrauchern jedoch, ihre individuellen Wünsche – mit Rücksichtnahme auf ihren Geldbeutel – in hohem Maße zu verwirklichen.
3. Spanien als Ziel von Pauschalreisen
Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich Spanien zum bevorzugten Ziel von Pauschalreisenden.[37] 1970 verbrachten nur 9 Prozent aller westdeutschen Auslandsreisenden dort ihren Urlaub. In den folgenden Jahren zog das Land immer mehr Reisende an. 1986 war Spanien dann erstmals das beliebteste Auslandsreiseziel der Bundesbürger: Knapp 20 Prozent der Auslandsurlauber reisten dorthin. Diese Position konnte das Land auch in den folgenden Jahren halten.[38] Anders als sonstige beliebte Mittelmeerziele wie Frankreich oder Italien war Spanien, aufgrund der recht großen Distanz von (nord)westeuropäischen starken Reisenationen wie der Bundesrepublik, Großbritannien, den Niederlanden und den skandinavischen Staaten, in geringerem Maße durch Individualtouristen geprägt, die mit dem eigenen Pkw anreisten. Erst die Entwicklung günstiger Flugreisen machte eine massentouristische Erschließung Spaniens profitabel. Die im Vergleich zu Frankreich und Italien sehr geringen Lebenshaltungskosten begünstigten ebenfalls die Expansion preiswerter Pauschalreisen.
Das Franco-Regime förderte den »boom tourístico« maßgeblich, da es in den späten 1950er-Jahren die Notwendigkeit ausländischer Devisen erkannte.[39] Zunächst schaffte die Regierung 1959 die Visapflicht für Westeuropäer ab. Sie vergab auch sehr günstige Kredite zum Bau von Hotels und hielt die Übernachtungskosten konstant auf einem niedrigen Niveau.[40] In den 1960er- und 1970er-Jahren erfolgte ein starker Ausbau massentouristischer Infrastruktur, was einen ebenso massiven Anstieg der Urlauberzahlen bewirkte: Zwischen 1960 und 1973 wuchs die Zahl der jährlichen Urlauber von 0,4 auf 3,6 Millionen. Ende der 1980er-Jahre waren es 6,5 Millionen. Die Anzahl der Übernachtungen allein auf den Balearen stieg von 5 Millionen 1960 auf 54 Millionen 1973. Dabei ist zu bedenken, dass die Urlauber fast ausschließlich in den Sommermonaten dorthin reisten.[41]
Die größte Expansion des Massentourismus fand demnach während der Franco-Diktatur statt. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Bedeutung es für die Urlauber und für die Reiseveranstalter hatte, dass die Reisen in eine Diktatur führten. Die Antwort darauf ist: nur eine sehr geringe. Die Veranstalter profitierten davon, dass das Regime den Ausbau des Tourismus offensiv betrieb. Autokratische Strukturen waren dabei teilweise förderlicher als demokratische. Die gängigen Reiseführer erwähnten das politische System höchstens am Rande. Vorgaben, wie sich die Touristen in dem streng katholischen Land verhalten sollten, fanden sich dort ebenfalls nur sehr wenige.
Offiziell galten jedoch strenge Regeln. So waren in der Öffentlichkeit Arme und Beine zu bedecken, und Bikinis waren ebenso verboten wie das Küssen in der Öffentlichkeit.[42] In den frühen 1960er-Jahren achtete die Guardia Civil noch stark darauf, dass auch Touristen diese Regeln weitgehend einhielten. So berichtete ein Reisender, dessen Freund ein Mädchen auf offener Straße geküsst hatte, dass die Guardia Civil sofort einschritt und die beiden trennte.[43] Aufgrund des stark steigenden Zustroms westeuropäischer Touristen, die nicht bereit waren, sich an die Verbote zu halten, und um den Tourismus nicht zu gefährden, ahndeten die Verantwortlichen Verstöße jedoch zunehmend seltener; nach und nach trat eine Lockerung der strengen Vorschriften ein. Die Tourismushochburgen entwickelten sich zu liberalen Zentren Spaniens. So eröffnete die erste Schwulenbar des Landes während der 1960er-Jahre im bei Touristen sehr beliebten Torremolinos (Andalusien). Zudem beeinflussten der Kleidungsstil und das Verhalten westeuropäischer Touristen spanische Jugendliche, die sich darin zunehmend den Touristen anpassten.[44]
Obwohl es aufgrund des rasanten Ausbaus der Infrastruktur wiederholt zu Problemen und Ärgernissen für die Reisenden kam, etwa durch nicht fertiggestellte oder überbuchte Hotels, hielt dies Touristen kaum davon ab, sich ihren langersehnten Traum vom Urlaub am Mittelmeer zu erfüllen.[45] Allerdings bemängelten zahlreiche Kritiker die Expansion des Massentourismus. Auslandsreisen waren über Jahrhunderte hinweg ein Konsumgut, das hohes Prestige genoss und der sozialen Distinktion diente. Die Ausweitung der Auslandsreisen auf immer breitere Schichten schmälerte ihren Prestigewert. Um sich weiterhin abgrenzen zu können, kritisierten distinktionsbewusste Reisende die Organisationsform der Pauschalurlaube. Nur individuell organisierte Reisen, abseits des Massentourismus, seien »richtiges« Reisen. Auf diese Weise versuchten sich die kritischen Individualtouristen den Prestigewert einer Auslandsreise zu erhalten. Ausschlaggebend war nicht mehr, wohin man reiste, sondern die Art und Weise, wie man reiste.[46]
Daraus erklären sich auch die geringschätzigen Beschreibungen, mit denen etwa Reisejournalisten die Praktiken von Pauschalreisenden mehrheitlich versahen, wie die folgende Schilderung der spanischen Tourismushochburg Benidorm von 1982 zeigt: »Weiter unten im Sand liegen die Braunbrüter reihenweise hingestreckt – wie tote Fische. […] Ob sie am Swimmingpool schweigend dösen und tapfer bräunen, ob sie ziellos durch die Straßen treiben oder an der Hotelbar ins Sangriaglas sehen, stets warten sie darauf, daß einer kommt, der sie aufrüttelt und mitreißt: Sie warten auf den Entertainer.«[47]
Eine sehr ähnliche stereotype Vorstellung des westdeutschen Spanienurlaubs verbreitete der »Spiegel« auf seiner Titelseite: Hier erschien der typische Pauschaltourist vor dem Hintergrund der küstennahen Bettenburgen als lethargischer Biertrinker und Bild-Zeitungs-Leser, der sich in Spanien breit mache. Massentourismuskritiker sprachen Pauschalreisenden zumeist ab, individuelle Wünsche und Vorstellungen im Urlaub zu haben. Sie beschrieben die Pauschalurlauber als passiv und in den festgefügten, standardisierten Rahmen der Reisen eingebettet, ohne sich aus diesem lösen zu wollen. In der Praxis trafen die verbreiteten Klischees allerdings kaum zu.
4. Urlaubspraktiken der Pauschalreisenden und ihr Einfluss auf die Programme der Reiseveranstalter
Urlaubsprospekten kam im Vorfeld der Reisen eine bedeutende Rolle zu. Sie waren zum einen Werbematerial der Veranstalter, die darin eine Idealvorstellung des Urlaubs abbildeten. Um erfolgreich zu sein, mussten sie dabei den Vorstellungen der Kunden so nah wie möglich kommen. So weisen Veränderungen in den Prospekten auch auf sich wandelnde Reisepraktiken der Urlauber hin, die die Veranstalter berücksichtigen mussten. Die Prospekte waren jedoch mehr als reines Werbematerial. Eine Vielzahl der Reisenden entschied sich ausschließlich anhand der Prospekte für einen bestimmten Urlaub. Anders als bei den meisten sonstigen Konsumgütern konnten die Kunden die Reise vorher weder ansehen noch testen. Neben den Empfehlungen von Freunden und Verwandten beeinflussten die Prospekte der Veranstalter demnach sowohl die Reiseentscheidung als auch die Erwartungen, die Reisende an den Urlaub stellten.[48]
Anhand der Praktiken der Pauschalreisenden lässt sich eine zunehmende Individualisierung des Urlaubs innerhalb der standardisierten Strukturen der Veranstalter während der 1970er- und 1980er-Jahre erkennen. Diese manifestierte sich in vielfältiger Weise, etwa bei der Verpflegung. Das Essen stellte einen zentralen Aspekt des Urlaubs dar. So hing der Erfolg oder Misserfolg einer Urlaubsreise nicht unerheblich davon ab, ob die Reisenden mit dem Essen zufrieden waren oder nicht. Die Urlauber konnten sich dem Gastland zudem über die Speisen nähern.[49] Ein Hauptkritikpunkt an Pauschalurlaubern war die vermeintliche Weigerung der Urlauber, sich auf das Reiseland hinsichtlich lokaler Speisen und Essensgewohnheiten einzulassen. Damit fungierte das Essen auch als ein Feld sozialer Distinktion.
Tatsächlich warteten beliebte Urlaubsorte mit einer Vielzahl von Gaststätten auf, die es den Reisenden ermöglichten, ihre »Heimatküche« im Urlaub wie gewohnt zu genießen. So konnten deutsche Touristen in Spanien etwa »Bei Heinz«, beim »Dicken Otto« oder bei »Onkel Willi« speisen.[50] Dass die Verpflegung im Urlaub eine heikle Angelegenheit war, spiegelte sich auch in den Beschwerden an die Reiseveranstalter wider. Ende der 1970er-Jahre stellte das Essen den Hauptkritikpunkt von Spanienurlaubern dar.[51] Den Geschmack des Gros der Urlauber zu treffen gestaltete sich für die Veranstalter und die Hotels vor Ort jedoch als schwierig. TUI-Reisende beschwerten sich mitunter über den »eintönigen Speiseplan«. Den Veranstalter erreichte jedoch auch der Wunsch nach »deutschem Filterkaffee« am Urlaubsort.[52] Besonders in den frühen 1970er-Jahren legten die Veranstalter viel Wert darauf, den Urlaubern in ihren Essgewohnheiten so weit wie möglich entgegenzukommen. Zum Beispiel betonte ein Reiseveranstalter, er habe mit den Hotels ein »Spezialfrühstück« vereinbart. Das in mediterranen Ländern übliche süße Frühstück wurde durch Wurst, Käse und Ei für die Urlauber ergänzt.[53] Pauschalreisende lernten während ihres Urlaubs jedoch auch neue Gerichte und Zutaten kennen. Eine Urlauberin wunderte sich etwa über »Gurken im gekochten Gemüse«. Diese stellten sich als Zucchini heraus. »Wer hat damals schon Zucchini und Auberginen gekannt? Niemand! Aber es hat uns gut geschmeckt.«[54]
Während der 1970er- und 1980er-Jahre wandelten sich die Essgewohnheiten westdeutscher Pauschalreisender. Sie ließen eine zunehmende Offenheit gegenüber Speisen des Gastlandes erkennen. Dies zeigte sich bereits in einer Verschiebung der Verpflegungsarten. Zu Beginn der 1970er-Jahre hatte noch mehr als die Hälfte der Pauschalurlauber Vollpension gebucht. Lediglich zehn Prozent hatten ein Halbpensionsarrangement, und nur vier Prozent verpflegten sich selbst. Ende der 1980er-Jahre nahm nur noch ein Viertel der Urlauber Vollpension in Anspruch. Mehr als ein Drittel der Reisenden hatte hingegen Halbpension gebucht; sie nahmen also mindestens eine Mahlzeit außerhalb des Hotels ein. Ein weiteres Viertel der Pauschalreisenden hatte gar keine Verpflegung gebucht. Sie versorgten sich demnach selbst und zogen statt der Hotelküche die Restaurants am Urlaubsort vor oder kauften in lokalen Supermärkten ein und kochten in ihren Ferienwohnungen.[55]
Die Veränderung in der Verpflegung ging einher mit einem Wandel der Unterkunftsarten, der ebenfalls eine Individualisierung der Reisenden markierte. Bei den Pauschalreisenden nahm der Anteil derjenigen stark zu, die nicht in einem Hotel übernachteten, sondern in Ferienwohnungen. Während 1971 nur fünf Prozent der Reisenden in einer gemieteten Ferienunterkunft wohnten, hatte sich der Anteil bis zum Ende der 1980er-Jahre verdreifacht.[56] Als einen der Hauptgründe für die Wahl einer gemieteten Unterkunft nannten Pauschalurlauber nicht primär den günstigeren Preis, sondern die Unabhängigkeit.[57]
Die Zunahme der Selbstverpflegung ist ein weiterer Beleg für die Emanzipation der Urlauber von den Strukturen der organisierten Reisen. So nannten sie als Hauptbeweggründe, sich selbst zu verpflegen, dass sie dadurch unabhängig sowohl hinsichtlich der Speisen als auch von vorgegebenen Essenszeiten seien.[58] Des Weiteren ist dies kennzeichnend für die steigende Bereitschaft und das zunehmende Interesse, das Gastland kennenzulernen und selbstständig mit Einheimischen zu interagieren. Zwar hatten die Urlauber durchaus die Möglichkeit, auch im Urlaub Gaststätten mit deutschen Speisen aufzusuchen. Allerdings lässt sich während des Untersuchungszeitraums eine zunehmende Akzeptanz gegenüber den Gerichten des Gastlandes ausmachen. Pauschalreisende, die bereits häufiger in Spanien ihren Urlaub verbracht hatten, wurden allmählich mutiger. »Dann haben wir auch mal Sachen probiert, die wir in Deutschland nicht gegessen hätten«, bilanzierte eine Pauschalreisende, die seit den 1970er-Jahren regelmäßig nach Spanien fährt. So steuerten sie und ihr Ehemann gezielt Lokale an, die von Einheimischen frequentiert wurden, und aßen dort beispielsweise Katzenhai.[59]
Auch die Reiseprospekte wiesen nicht mehr in erster Linie auf die deutschen Speisen hin, die das jeweilige Hotel bot, sondern betonten insbesondere spanische Gerichte wie Paella und Getränke wie Sangria. Diese Veränderung ging mit einer Diskursverschiebung in den nord- und westeuropäischen Staaten einher. Die »mediterrane Küche« galt seit den 1970er-Jahren als gesund, da sie fett- und cholesterinarm sei. Ihr wurde zugeschrieben, statt Fleisch vermehrt Gemüse und Fisch zu bieten und insgesamt deutlich leichter zu sein als die mitteleuropäische Küche.[60] Dieses Image der mediterranen Küche spiegelte sich auch in den Prospekten der Reiseveranstalter wider. Die Abbildungen, die das Essen im Hotel darstellen sollten, zeigten zunehmend frische Speisen wie Salate und Obst. Die Prospekte bewarben damit die »mediterrane Lebensweise« insgesamt.[61]
Einen »spanischen« Abend zu erleben gehörte für die meisten Pauschalreisenden zum Standardprogramm eines jeden Urlaubs. Nahezu jeder Reiseveranstalter bot ein »Hacienda-Fest« an, bei dem den Urlaubern ein traditioneller Grillabend versprochen wurde. So gab es Fleisch am Spieß und Getränke aus dem traditionellen Trinkgefäß Porrón. Der Abend fand zumeist in einer vermeintlich typischen Bauernscheune statt. Dabei ging es jedoch nicht um das tatsächliche Erleben spanischer Kultur, sondern in erster Linie um Unterhaltung, wozu auch der kostenlose Alkohol beitrug. Eine große Zahl von internationalen Touristen erreichte mit Reisebussen die zumeist extra für diesen Anlass errichtete »Scheune«, wo sie an langen Tischen das Essen, die Getränke und die ausgelassene Stimmung genossen. Dabei war den Reisenden durchaus bewusst, dass sie keinen authentischen spanischen Abend erlebten. So bilanzierte eine Reisende: »Die Stimmung beim Hacienda-Fest war toll. […] Alles spanisch, aber halt für Touristen.«[62] Wer tatsächlich ein authentisches Erlebnis erwartete, der wurde in hohem Maße enttäuscht, wie eine britische Urlauberin beklagte. Sie störte sich gerade an dem touristischen Charakter des Abends.[63]
Die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten der Pauschalreisen vergrößerten sich durch eine Erweiterung und Differenzierung des Unterhaltungsangebots im Laufe der 1970er- und 1980er-Jahre. Dies war Teil der sich generell wandelnden Angebote der Tourismusindustrie, die den individuellen Wünschen der Reisenden durch eine möglichst breit gefächerte Palette nachzukommen suchte. Zu Beginn der 1970er-Jahre offerierten Hotels nur vereinzelt abendliche Unterhaltung oder Sportmöglichkeiten. Diese Angebote weiteten sich signifikant aus, sodass sich Tanzabende und folkloristische Darbietungen zu einem zentralen Bestandteil der Programme entwickelten. Ebenso verhielt es sich mit den Sportangeboten. Seit den späten 1970er-Jahren nahmen die Sportmöglichkeiten in den Hotels stark zu, die sich zuvor auf Minigolf oder Tischtennis beschränkt hatten. Bereits auf den ersten Seiten eines Scharnow-Katalogs von 1978 erklärte der Veranstalter: »Die aktiven Scharnow-Gäste freuen sich über TUI-Segel, Surf-, Tauch-, und Tennisschulen. Scharnow-Gäste wollen nicht den ganzen lieben langen Urlaub im Sand und in der Sonne liegen.«[64] Bei den Sportangeboten der späten 1980er-Jahre fällt auf, dass insbesondere die Ferienclubs und großen Hotelketten ein sehr großes und vielseitiges Programm aufwiesen. Sportmöglichkeiten stellten damit auch ein Instrument der Distinktion von anderen Clubs oder Hotels dar. War die Nutzung der Sportmöglichkeiten in den frühen 1970er-Jahren noch limitiert oder mit recht hohen Kosten verbunden, so boten die Ferienclubs knapp 20 Jahre später wesentlich mehr Sportarten an – und diese noch dazu meist »inclusive«.[65]
Die Zunahme der Sportmöglichkeiten ging allerdings nur bedingt mit einer steigenden Bereitschaft der Urlauber einher, Sport zu treiben. Zwar verdoppelte sich während der 1970er- und 1980er-Jahre der Anteil der Reisenden, die angaben, Sport stelle eine wichtige Urlaubsaktivität dar. Allerdings lag sportliche Betätigung auf einem der hinteren Plätze der tatsächlichen Aktivitäten.[66] Selbst wenn die Urlauber nur einen geringen Teil des vielfältigen Angebots in Anspruch nahmen, erwarteten sie eine große Auswahl, um zumindest theoretisch die Möglichkeit zu haben, diese auch zu nutzen. Die Urlauber konnten so während ihres Aufenthalts neue und ausgefallene Sportarten probieren.
Einen zentralen Aspekt eines Spanienurlaubs stellten Ausflüge dar. Die Pauschalreisenden äußerten vielfach den Wunsch, »Land und Leute« kennenzulernen, was ihnen Kritiker pauschal absprachen.[67] Die Mehrheit der Reisenden unternahm zumindest einen Tagesausflug während ihres Urlaubs.[68] Die Reiseveranstalter organisierten daher eine Vielzahl von Ausflügen. Die Teilnehmer wurden morgens im Hotel abgeholt und in einem Reisebus gemeinsam mit anderen Urlaubern zu den Ausflugszielen transportiert. Diese Ziele entsprachen überwiegend den etablierten Sehenswürdigkeiten, die auch Individualtouristen ansteuerten. An der Costa Brava führten Ausflüge nach Barcelona, zum Kloster Montserrat und nach Andorra, an der Costa del Sol nach Grenada und Sevilla.[69]
Veranstalter wie TUI boten auch einwöchige Rundfahrten an, die in ihrem Programm einer Studienreise glichen.[70] Von den Kanarischen Inseln konnten Urlauber Kurztrips nach Marokko oder Tunesien unternehmen, die ebenfalls die klassischen Sehenswürdigkeiten beinhalteten. Im Lauf der 1970er- und 1980er-Jahre nahmen auch individuell organisierte Ausflüge unter den Pauschalreisenden zu. Davon zeugt unter anderem die wachsende Inanspruchnahme von Mietwagen während der Reise. Die Veranstalter reagierten darauf, indem sie Mietautos für ein bis zwei Tage zu bestimmten Zeiten kostenlos als Extras zur Verfügung stellten, damit »Sie Land und Leute auf eigene Faust und mit dem eigenen Leihwagen kennenlernen können«.[71] Auch die zunehmende Nutzung von Reiseführern spricht für ein steigendes Interesse am Urlaubsland.[72] Ein von TUI versuchsweise durchgeführter Tagesausflug unter dem Motto »Katalonien – Land und Leute«, der gerade nicht zu den etablierten Sehenswürdigkeiten führte, sondern einen Einblick in das »alltägliche« Leben der Bevölkerung geben sollte, erfreute sich großen Zuspruchs.[73] Allerdings zeigte die Organisation dieses Ausflugs, wie sehr selbst Programme, die sich von den üblichen Ausflügen abzuheben versuchten, in hohem Maße genormt und strukturiert waren, um sie den massentouristischen Erfordernissen anzupassen. So war die Abfolge der Ortsbesichtigungen ebenso festgelegt wie obligatorische zehnminütige Fotoaufenthalte an immer denselben Stellen. Außerdem gab es feste Essenszeiten und für den Reiseleiter bestimmte Zeitpunkte, zu denen er die landeskundlichen Informationen übermitteln sollte.[74]
Generell ist auffällig, dass die angebotenen Ausflüge stets mit Konsummöglichkeiten verbunden waren. Reisende des Veranstalters Transeuropa konnten etwa an einem »lustigen Eselritt« teilnehmen und im Anschluss daran »Paella und Rotwein« genießen. Die Fahrt ins Kloster Montserrat führte auch in die größte Sektkellerei Europas, inklusive Kostproben, wie die Beschreibung eigens betonte.[75] Das Konsumangebot auf den Ausflügen erfüllte zwei Funktionen. Erstens wurden dadurch auch Urlauber angesprochen, denen eine reine Besichtigungstour kultureller Sehenswürdigkeiten zu trocken erschien. Zweitens konnten die Veranstalter durch die im Preis inbegriffenen Konsumangebote die zusätzlichen Kosten für die Ausflüge rechtfertigen. Für weniger wohlhabende Schichten stellte eine Pauschalreise ins Ausland eine erhebliche finanzielle Belastung dar. So entschieden sich Reisende eher für einen Ausflug – der noch einmal zusätzliche Kosten verursachte –, wenn die Verpflegung oder die Unterhaltung bereits im Preis enthalten war. Dies galt umso mehr, wenn es sich dabei um vermeintlich typische Speisen und Getränke oder folkloristische Unterhaltung handelte. Die organisierten Ausflüge der Reiseveranstalter boten demnach zumeist ein kulturell leichteres Programm als eine klassische Studienreise. Allerdings gaben die Veranstalter einer Vielzahl von Pauschalreisenden so die Möglichkeit, wichtige Sehenswürdigkeiten des Gastlandes zu besuchen. Die Ausflüge stellten für die Reisenden einen Höhepunkt des Urlaubs dar.[76]
Ein organisierter Ausflug bot die Sicherheit, die gerade auslandsunerfahrene Reisende an Pauschalurlauben schätzten. Wie bei der Reise insgesamt mussten sie sich auch vor und während der Ausflüge um nichts kümmern. Der Transport und die Verpflegung waren organisiert. Eine individuelle Exkursion zur selben Sehenswürdigkeit hätte höhere Kosten verursacht, und der Organisationsaufwand wäre um ein Vielfaches größer gewesen. Die zunehmende Nutzung von Mietwagen war dann ein Resultat der steigenden Reiseerfahrenheit. Je vertrauter Reisende mit Urlauben im Ausland waren, desto mutiger wurden sie auch, das Land auf eigene Faust zu erkunden. Dass das Risiko, dass etwas schief ging, bei selbstorganisierten Ausflügen wesentlich größer war, erlebte ein Pauschalreisender, der selbstständig von seinem Urlaubsort mit dem Zug nach Barcelona fuhr, um einen Stierkampf zu sehen. Weil er den letzten Zug zurück verpasste, musste er am Bahnhof übernachten.[77]
Pauschalurlaube in Spanien galten und gelten als Inbegriff standardisierter Reisen. Ihre Untersuchung macht jedoch das ambivalente Verhältnis deutlich, das durch eine zunehmende Standardisierung des Massenkonsums bei gleichzeitig zunehmendem Wunsch nach einem individuellen Lebensstil geprägt war. Die Reiseveranstalter differenzierten und erweiterten ihre Programme im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts massiv und erfüllten so den Wunsch der Urlauber nach möglichst individuellen Angeboten – die sie sich selbst zusammenstellen konnten. Auch die Veränderungen der Reisepraktiken in den 1970er- und 1980er-Jahren verdeutlichen den Wunsch, einen individuellen, an den eigenen Bedürfnissen ausgerichteten Urlaub zu verbringen. So bevorzugten immer mehr Reisende gemietete Ferienunterkünfte und Selbstverpflegung, um von den Vorgaben der Hotels etwa hinsichtlich der Essenszeiten und der Kleiderordnung unabhängig zu sein.
Gleichwohl zeigt die Untersuchung der Pauschalreisen, dass es sich dabei um eine »begrenzte Pluralisierung« handelte.[78] So griffen die Pauschaltouristen weiterhin auf standardisierte und in Massen verfügbare Angebote zurück. Die hier ausgemachten Entwicklungen lassen sich für die Konsumgesellschaft dieser Zeit insgesamt feststellen.[79]
Die Pluralisierung der Konsumangebote, die den Urlaubern beim Essen oder den Sportmöglichkeiten Neues bot, diente auch dazu, bestimmte Lebensstile im Urlaub auszuprobieren und gegebenenfalls in den Alltag zuhause zu integrieren. Dies war besonders bei Nahrungsmitteln der Fall. Eine Vielzahl der Reisenden lernte etwa Zucchini, Knoblauch und Olivenöl im Urlaub kennen, bevor sich diese Lebensmittel langsam im bundesdeutschen Alltag etablierten.[80]
Die Untersuchung eines zentralen Konsumguts wie der Urlaubsreise trägt zudem zur Relativierung des »Nach dem Boom«-Narrativs bei, mit dem in der neueren Forschung Wachstumsschwächen, Gefährdungen des Sozialstaats und diverse weitere Krisensymptome hervorgehoben worden sind. Wie dies auch bei anderen Konsumgütern – etwa dem Pkw – der Fall war, boomten Reisen gerade in der Zeit ab den 1970er-Jahren.[81] Im Falle der Urlaubsreisen waren dafür neben den steigenden Einkommen Veränderungen in der Tourismusindustrie verantwortlich.
Daran anschließend lassen sich Parallelen zur Wirtschafts- und Finanzkrise seit 2008 ziehen. Wie bereits 30 Jahre zuvor schränkten die Deutschen ihr Reiseverhalten kaum ein, und die Reiseveranstalter verzeichneten weiterhin Gewinne.[82] Analog zur Schlagzeile von 1975 (»Aus der Flaute in die Ferien«) schrieb der »Spiegel« Ende 2014: »Die Reiselust der Deutschen scheint ungebrochen – allen Krisen zum Trotz.«[83] Es wäre irreführend, dies mit vordergründiger Konsumkritik als ein Zeichen von Eskapismus zu werten. Vielmehr gehören Auslandsreisen (und darunter weiterhin gerade Pauschalreisen) seit den 1970er-Jahren zu einer als »normal« betrachteten Lebensführung und zu einer Europäisierung im Alltag, der auch Konjunkturschwankungen vorerst wenig anhaben können. Dass diese Form der Massenmobilität neben vielen unbestreitbaren Vorteilen insbesondere ökologische Kosten hat, die im Preis von Auslands- und speziell Flugreisen bislang nur unzureichend zum Ausdruck kommen, steht auf einem anderen Blatt.
Anmerkungen:
[1] Vgl. Ulrich Beck, Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt a.M. 1986. Zur bereits zeitgenössischen soziologischen Differenzierung des Individualisierungsparadigmas vgl. Michael Vester u.a., Soziale Milieus im gesellschaftlichen Strukturwandel. Zwischen Integration und Ausgrenzung, Köln 1993.
[2] Andreas Wirsching, Abschied vom Provisorium. 1982–1990, München 2006, S. 456.
[3] Vgl. etwa Rosemarie Noack, Benidorm – Warten auf den Entertainer, in: Klaus Viedebantt (Hg.), Urlaubsziel Iberia, München 1982, S. 97-102; Historisches Archiv zum Tourismus (HAT) *Hey-17/Iberia-1.
[4] Anselm Doering-Manteuffel/Lutz Raphael, Nach dem Boom. Perspektiven auf die Zeitgeschichte seit 1970, 3., ergänzte Aufl. Göttingen 2012. Doering-Manteuffel und Raphael identifizieren Urlaubsreisen ebenfalls als ein Konsumgut, das nicht vom »Ende des Booms« betroffen war (S. 125).
[5] Der vorliegende Beitrag basiert auf meiner Dissertation, die in einem breiten Rahmen und vergleichend mit Großbritannien die Konsumpraktiken in den 1970er- und 1980er-Jahren untersucht. Vgl. Sina Fabian, Boom in der Krise. Konsum, Tourismus, Autofahren in Westdeutschland und Großbritannien (1970–1990), erscheint voraussichtlich Göttingen 2016.
[6] Das DER hatte bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs unter dem Namen MER (Mitteleuropäisches Reisebüro) firmiert. Während des Holocaust war es unter anderem für die Verrechnung der Kosten der Deportation der Juden in die Vernichtungslager zuständig. Nach dem Krieg änderte es deshalb seinen Namen in Deutsches Reisebüro. Vgl. Raul Hilberg, Sonderzüge nach Auschwitz, Frankfurt a.M. 1987, S. 45. Ich danke René Schlott für den Literaturhinweis.
[7] Vgl. dazu jüngst: Jörg Lesczenski, Urlaub von der Stange. Reiseveranstalter und der Wandel des Pauschaltourismus in beiden deutschen Staaten (1960–1990), in: Werner Plumpe/André Steiner (Hg.), Der Mythos von der postindustriellen Welt. Wirtschaftlicher Strukturwandel in Deutschland 1960 bis 1990, Göttingen 2016, S. 173-257. Einschlägig sind in diesem Zusammenhang zudem die Arbeiten von Cord Pagenstecher und Hasso Spode. Vgl. Cord Pagenstecher, Der bundesdeutsche Tourismus. Ansätze einer Visual History: Urlaubsprospekte, Reiseführer, Fotoalben 1950–1990, Hamburg 2003; Hasso Spode, Der Aufstieg des Massentourismus im 20. Jahrhundert, in: Heinz-Gerhard Haupt/Claudius Torp (Hg.), Die Konsumgesellschaft in Deutschland 1890–1990. Ein Handbuch, Frankfurt a.M. 2009, S. 114-131; Hasso Spode (Hg.), Goldstrand und Teutonengrill. Kultur- und Sozialgeschichte des Tourismus in Deutschland 1945 bis 1989, Berlin 1995, darin insbesondere der Aufsatz von Axel Schildt, »Die kostbarsten Wochen des Jahres«. Urlaubstourismus der Westdeutschen (1945–1970), S. 69-85; Hasso Spode (Hg.), Zur Sonne, zur Freiheit! Beiträge zur Tourismusgeschichte, Berlin 1991, darin insbesondere der Aufsatz von Hans-Werner Prahl, Entwicklungsstadien des deutschen Tourismus seit 1945, S. 95-108; Hans Walter Hütter (Hg.), Endlich Urlaub! Die Deutschen reisen, Köln 1996.
[8] Vgl. Isabel Richter, Alternativer Tourismus in den 1960er und 1970er Jahren, in: Alexander Gallus/Axel Schildt/Detlef Siegfried (Hg.), Deutsche Zeitgeschichte – transnational, Göttingen 2015, S. 155-178; Anja Bertsch, Alternative (in) Bewegung. Distinktion und transnationale Vergemeinschaftung im alternativen Tourismus, in: Sven Reichardt/Detlef Siegfried (Hg.), Das Alternative Milieu. Antibürgerlicher Lebensstil und linke Politik in der Bundesrepublik Deutschland und Europa 1968–1983, Göttingen 2010, S. 115-130; Axel Schildt, Across the Border: West German Youth Travel to Western Europe, in: ders./Detlef Siegfried (Hg.), Between Marx and Coca-Cola. Youth Cultures in Changing European Societies, 1960–1980, New York 2006, S. 149-161; Nikolaos Papadogiannis/Detlef Siegfried, Introduction, in: Comparativ 24 (2014) H. 2: Between Leisure, Work and Study. Tourism and Mobility in Europe from 1945 to 1989, S. 7-17.
[9] Vgl. Rüdiger Hachtmann, Tourismus-Geschichte, Göttingen 2007, S. 98-119; Christine Keitz, Reisen als Leitbild. Die Entstehung des modernen Massentourismus in Deutschland, München 1997, S. 130-172.
[10] Vgl. zum KdF-Tourismus und seiner Propaganda: Shelley Baranowski, Strength Through Joy. Consumerism and Mass Tourism in the Third Reich, Cambridge 2004.
[11] Vgl. Hasso Spode, Arbeiterurlaub im Dritten Reich, in: Carola Sachse (Hg.), Angst, Belohnung, Zucht und Ordnung. Herrschaftsmechanismen im Nationalsozialismus, Opladen 1982, S. 275-328, hier S. 289f.; Hachtmann, Tourismus-Geschichte (Anm. 9), S. 120-139, hier S. 124.
[12] John K. Walton, The British Seaside. Holidays and Resorts in the Twentieth Century, Manchester 2000, S. 58; Keitz, Reisen als Leitbild (Anm. 9), Tabelle 25, S. 336.
[13] Studienkreis für Tourismusforschung (StfT) (Hg.), Urlaubsreisen 1954–1988. 35 Jahre Erfassung des touristischen Verhaltens der Deutschen durch soziologische Stichprobenuntersuchungen, Starnberg 1988, Tabelle 6, o.S. Zum Italienurlaub: Till Manning, Die Italiengeneration. Stilbildung durch Massentourismus in den 1950er und 1960er Jahren, Göttingen 2011; Birgit Mandel, »Amore ist heißer als Liebe«. Das Italien-Urlaubsimage der Westdeutschen in den 1950er und 60er Jahren, in: Spode, Goldstrand und Teutonengrill (Anm. 7), S. 147-162.
[14] StfT, Urlaubsreisen 1954–1988 (Anm. 13), Tabelle 5, o.S. Vgl. zu den Veränderungen in der Tourismusindustrie auch Pagenstecher, Der bundesdeutsche Tourismus (Anm. 7), S. 141-156.
[15] StfT, Urlaubsreisen 1954–1988 (Anm. 13), Tabelle 9, o.S.
[16] Ebd., Tabelle 7, o.S.
[17] Vgl. Alfred Reckendrees, Konsummuster im Wandel. Haushaltsbudgets und Privater Verbrauch in der Bundesrepublik Deutschland 1952–98, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 48 (2007) H. 2: Die bundesdeutsche Massenkonsumgesellschaft 1950–2000, hg. von Toni Pierenkemper und Alfred Reckendrees, S. 28-61; Wolfgang König, Die siebziger Jahre als konsumgeschichtliche Wende in der Bundesrepublik, in: Konrad H. Jarausch (Hg.), Das Ende der Zuversicht? Die siebziger Jahre als Geschichte, Göttingen 2008, S. 84-99.
[18] Vgl. Ursula Münch/Walter Hornstein, Familien-, Jugend-, und Altenpolitik, in: Martin H. Geyer (Hg.), Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland seit 1945, Bd. 6: Bundesrepublik Deutschland 1974–1982. Neue Herausforderungen, wachsende Unsicherheiten, Baden-Baden 2008, S. 637-692, hier S. 658ff.
[19] Hans Günter Hockerts, Rahmenbedingungen: Das Profil der Reformära, in: ders. (Hg.), Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland seit 1945, Bd. 5: Bundesrepublik Deutschland 1966–1974. Eine Zeit vielfältigen Aufbruchs, Baden-Baden 2006, S. 1-155, hier S. 132-138.
[20] Vgl. dazu Fabian, Boom in der Krise (Anm. 6).
[21] Vgl. Christopher Kopper, Die Reise als Ware. Die Bedeutung der Pauschalreise für den westdeutschen Massentourismus nach 1945, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 4 (2007), S. 61-83, hier S. 75-78; Lesczenski, Urlaub von der Stange (Anm. 7).
[22] Rüdiger Hachtmann, Tourismus und Tourismusgeschichte, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 22.12.2010, URL: <http://docupedia.de/zg/Tourismus_und_Tourismusgeschichte>. Zum Fordismus vgl. das Themenheft 2/2009 dieser Zeitschrift: <http://www.zeithistorische-forschungen.de/2-2009>.
[23] Hasso Spode, Von der Luftpolitik zur Deregulierung: Das Flugzeug und der Massentourismus, in: Ralf Roth/Karl Schlögel (Hg.), Neue Wege in ein neues Europa. Geschichte und Verkehr im 20. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 2009, S. 491-515, insbesondere S. 506ff.
[24] Peter Lyth, »Gimme a Ticket on an Aeroplane…«. The Jet Engine and the Revolution in Leisure Travel, 1960–1975, in: Laurent Tissot (Hg.), Construction d’une industrie touristique aux 19e et 20e siècles. Development of a Tourist Industry in the 19th and 20th Centuries: International Perspectives, Neuchâtel 2003, S. 111-122, hier S. 115f.; ders., Flying Visits: The Growth of British Air Package Tours, 1945–1975, in: Luciano Segreto/Carles Manera/Manfred Pohl (Hg.), Europe at the Seaside. The Economic History of Mass Tourism in the Mediterranean, New York 2009, S. 11-31.
[25] Kerstin Schumann, Grenzübertritte – das »deutsche« Mittelmeer, in: Hütter, Endlich Urlaub! (Anm. 7), S. 33-43, hier S. 39.
[26] Spode, Von der Luftpolitik zur Deregulierung (Anm. 23), S. 510.
[27] Ich danke Christine Bartlitz (Redaktionsmitglied dieser Zeitschrift) für die freundliche Erlaubnis, Aufnahmen aus ihrem privaten Fotoalbum verwenden zu dürfen. Zu Fotoalben vgl. Cord Pagenstecher, Private Fotoalben als historische Quelle, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 6 (2009), S. 449-463. Zu visuellen Quellen in der historischen Tourismusforschung allgemein vgl. ders., Reisekataloge und Urlaubsalben. Zur Visual History des touristischen Blicks, in: Gerhard Paul (Hg.), Visual History. Ein Studienbuch, Göttingen 2006, S. 169-187.
[28] Vgl. Christopher Kopper, Eine komparative Geschichte des Massentourismus im Europa der 1930er bis 1980er Jahre. Deutschland, Frankreich und Großbritannien im Vergleich, in: Archiv für Sozialgeschichte 49 (2009), S. 129-148.
[29] Vgl. Bericht zum Geschäftsjahr 1971/72, S. 4, in: Zentralarchiv der TUI Deutschland AG (TUI-ZA), Akte 1771; Bericht zum Geschäftsjahr 1987/88, S. 24, in: ebd., Akte 1773.
[30] Vgl. Armin Ganser, »Das Essen war schlecht, und die Fischer singen zu laut«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 18.4.1974, S. 3R (Reisebeilage); Urlaub mit viel Ärger ist ohne Erholungswert, in: FAZ, 12.7.1973, S. 7; Verdorbener Urlaub an der Adria, in: FAZ, 18.6.1971, S. 34. Vgl. dazu auch Kopper, Die Reise als Ware (Anm. 21), S. 80f.
[31] Die Reiseanalyse wurde seit 1971 im Auftrag des StfT durchgeführt. Die umfangreiche Befragung gibt einen Einblick in die Motive und Praktiken westdeutscher Reisender. Zwar waren wechselnde Marktforschungsinstitute für die Umfragen verantwortlich, aber die Methoden sowie die Fragebögen blieben weitgehend konstant und somit vergleichbar. Die Reiseanalyse wurde und wird von einem Zusammenschluss verschiedener Tourismusunternehmen finanziert und dient primär ihrer Marktforschung.
[32] StfT (Hg.), Reiseanalyse 1981, Starnberg 1982, S. 32, in: GESIS Datenarchiv, Köln ZA1149, und StfT (Hg.), Reiseanalyse 1989, Starnberg 1990, S. 22, in: GESIS Datenarchiv, Köln ZA1823.
[33] Hachtmann, Tourismus und Tourismusgeschichte (Anm. 22).
[34] Vgl. NUR-Club 28: Jazzsession auf Mallorca, in: ZEIT, 5.12.1975; vgl. außerdem den Prospekt: Der Urlaub für junge Leute. Club 28 Reisen, Sommer 1990, in: HAT REPR/PRO/*D06/74-90/NUR.
[35] Hobby Reisen Aktivurlaub, Winter 1975/76, in: Hessisches Wirtschaftsarchiv (HWA) 190/57.
[36] Vgl. dazu: Lesczenski, Urlaub von der Stange (Anm. 7), S. 228-238; Otto Schneider, Die Ferien-Macher. Eine gründliche und grundsätzliche Betrachtung über das Jahrhundert des Tourismus, Hamburg 2001, S. 290ff.
[37] Vgl. dazu in einer längeren historischen Perspektive: Anne-Katrin Becker/Margarete Meggle-Freund (Hg.), ¡Viva España! Von der Alhambra bis zum Ballermann. Deutsche Reisen nach Spanien, Karlsruhe 2007.
[38] StfT (Hg.), Reiseanalyse 1988, Berichtsband, Starnberg 1989, S. 82, in: HAT FV-X/STFT-RA-988...STAT; StfT, Urlaubsreisen 1954–1988 (Anm. 13), Tabelle 6, o.S.
[39] Vgl. zum Verhältnis von Franco-Diktatur und Tourismus ausführlich: Sasha D. Pack, Tourism and Dictatorship. Europe’s Peaceful Invasion of Franco’s Spain, New York 2006; Justin Crumbaugh, Destination Dictatorship. The Spectacle of Spain’s Tourist Boom and the Reinvention of Difference, Albany 2009.
[40] Michael Barke/Lesley A. France, The Costa del Sol, in: Michael Barke/John Towner/Michael T. Newton (Hg.), Tourism in Spain. Critical Issues, Wallington 1996, S. 265-309, hier S. 269.
[41] Richard J. Buswell, Mallorca and Tourism. History, Economy and Environment, Bristol 2011, S. 58f.
[42] Pack, Tourism and Dictatorship (Anm. 39), S. 144.
[43] Gespräch mit Richard D. am 23.6.2013.
[44] Pack, Tourism and Dictatorship (Anm. 39), S. 143-147.
[45] Vgl. dazu die »Spiegel«-Titelgeschichte: »Spanien: Alptraum Tourismus«, in: Spiegel, 27.8.1973, S. 72-87.
[46] Vgl. auch Hachtmann, Tourismus-Geschichte (Anm. 9), S. 12f. Reisen zum Vergnügen stellten schon immer ein Mittel sozialer Distinktion dar. Ebenso alt ist die Kritik an einer Ausweitung dieses Reiseprivilegs. Mit teilweise frappierend ähnlichen Äußerungen kritisierten Adelige im frühen 19. Jahrhundert die Ausweitung des Reiseprivilegs auf das Großbürgertum. Vgl. James Buzard, The Beaten Track. European Tourism, Literature, and the Ways to Culture, 1800–1918, Oxford 1993.
[47] Noack, Benidorm – Warten auf den Entertainer (Anm. 3), S. 98f., S. 101. Vgl. dazu mit sehr ähnlichen Aussagen: Heinz Josef Herbort, Mallorca. Leere Strände im August, in: Ferdinand Ranft (Hg.), 2 Wochen auf… Europäische Inseln laden ein, München 1981, S. 165-177; HAT *HEY-7/Inseln -1.
[48] Vgl. zur Funktion von Reiseprospekten: Kopper, Reise als Ware (Anm. 21); Pagenstecher, Reisekataloge und Urlaubsalben (Anm. 27); ders., Der bundesdeutsche Tourismus (Anm. 7), S. 159-188.
[49] Thomas Kleinspehn, Reisen, Essen und die Sehnsucht nach dem Vertrauten, in: Voyage – Jahrbuch für Reise- und Tourismusforschung 5 (2002), S. 49-59. Maren Möhring sieht auch in den ausländischen Gaststätten »entscheidende Orte der massenkulturellen Gewöhnung an das Fremde«: Maren Möhring, Fremdes Essen. Die Geschichte der ausländischen Gastronomie in der Bundesrepublik Deutschland, München 2012, S. 35-42, hier S. 42.
[50] Vgl. zu den Gaststätten mit diesen Namen: »Spanien: Alptraum Tourismus« (Anm. 45), S. 84; Jan Herchenröder, Teneriffa kennen und lieben, Lübeck 1971, 5. Aufl. 1984, S. 39; HAT *LN-15/Teneriffa-5.
[51] Urlaubsreisen 1978/79, in: Archiv der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), Akte S 1979 169.
[52] Geschäftsbericht 1969/70, in: TUI-ZA, Akte 1769; Scharnow Sommer 78, S. 11, in: HAT REPR/PRO/*D06/70-80 SCHARNOW.
[53] Hertie Reisen Sommer 73, S. 7, in: HAT REPR/PRO/*D06/61-80.
[54] Gespräch mit Gisela F. am 3.3.2014.
[55] StfT (Hg.), Reiseanalyse 1971, Berichtsband, Starnberg 1972, S. 66, in: HAT FV-X/STFT-RA-971-2...STAT; StfT (Hg.), Reiseanalyse 1988, Berichtsband, Starnberg 1989, S. 455f., in: HAT FV-X/STFT-RA-989...STAT.
[56] StfT (Hg.), Reiseanalyse 1971, Berichtsband, Starnberg 1972, S. 65, in: HAT FV-X/STFT-RA-971-2...STAT; StfT (Hg.), Reiseanalyse 1988, Berichtsband, Starnberg 1989, S. 441, in: HAT FV-X/STFT-RA-989...STAT.
[57] StfT (Hg.), Reiseanalyse 1984, Starnberg 1985, S. 177, in: GESIS Datenarchiv, Köln ZA1427.
[58] StfT (Hg.), Reiseanalyse 1974, Starnberg 1975, S. 74, in: GESIS Datenarchiv, Köln ZA0831.
[59] Gespräch mit Hannelore D. am 20.9.2015.
[60] Siehe Bertram M. Gordon, Essen wie Gott in Frankreich. Kulinarische Reisen im Spiegel der englischsprachigen Presse vom 18. Jahrhundert bis heute, in: Voyage – Jahrbuch für Reise- und Tourismusforschung 5 (2002), S. 64-77, hier S. 71, sowie Möhring, Fremdes Essen (Anm. 49), S. 279.
[61] Vgl. Patrick Bernhard, »Dolce Vita«, »Made in Italy« und Globalisierung, in: Oliver Janz/Roberto Sala (Hg.), Dolce Vita? Das Bild der italienischen Migranten in Deutschland, Frankfurt a.M. 2011, S. 62-81, insbesondere S. 74f.
[62] Gespräch mit Gisela F. am 3.3.2014.
[63] SxMOA2/1/23 O1137, in: Mass Observation Archive, University of Sussex.
[64] Scharnow Sommer 78, S. 2, in: HAT REPR/PRO/*D06/70-80 SCHARNOW.
[65] Club 28 Sommer 1990, S. 6, in: HAT REPR/PRO/*D06/74-90/NUR.
[66] StfT (Hg.), Reiseanalyse 1971, Starnberg 1971, S. 65, S. 32, in: GESIS Datenarchiv, Köln ZA0828; StfT (Hg.), Reiseanalyse 1989, Starnberg 1990, S. 78, S. 19, in: GESIS Datenarchiv, Köln ZA1823.
[67] Gespräch mit Christine B. am 28.9.2015; Hannelore D. am 20.9.2015; Gisela F. am 3.3.2014.
[68] Vgl. Touristische Informationen, Tabelle 21, in: GfK-Archiv 1977-062; StfT (Hg.), Reiseanalyse 1988, Berichtsband, Starnberg 1989, S. 680ff., in: HAT FV-X/STFT-RA-988...STAT.
[69] Vgl. Scharnow Sommer 78, S. 60, in: HAT REPR/PRO/*D06/70-80 SCHARNOW; Hertie Reisen Sonne 73, S. 13, in: HAT REPR/PRO/*D06/61-80.
[70] Scharnow Sommer 78, S. 4, in: HAT REPR/PRO/*D06/70-80 SCHARNOW.
[71] Scharnow Flugreisen 1980, S. 5, in: HAT REPR/PRO/*D06/80-90 SCHARNOW.
[72] Vgl. StfT (Hg.), Reiseanalyse 1977, Starnberg 1978, S. 41, in: GESIS Datenarchiv, Köln ZA0834; StfT (Hg.), Reiseanalyse 1989, Starnberg 1990, S. 32, in: GESIS Datenarchiv, Köln ZA1823.
[73] Egbert Waschulewski, Beschreibung der länderkundlichen Praxis in drei exemplarischen Feriengebieten, in: Animationsmodell Länderkunde, in: TUI-ZA, befindet sich im Ordner »Chronik TUI«, ohne Signatur.
[74] Vgl. ebd.
[75] Transeuropa Sommer 87, S. 103, S. 126, in: HAT REPR/PRO/*D06/87-87/TUI.
[76] Reinhard Schober, Tätigkeiten und Stimmungen während des Urlaubs, in: StfT (Hg.), Reisemotive, Länderimages, Urlaubsverhalten, Starnberg 1981, S. 203, in: HAT FV-X/STFT-981; vgl. auch Gespräch mit Christine B. am 28.9.2015; Judith F.-J. am 23.2.2014; Hannelore D. am 20.9.2015.
[77] Gespräch mit Richard D. am 23.6.2013.
[78] Frank Bösch, Grenzen der Individualisierung. Soziale Einpassungen und Pluralisierungen in den 1970er/80er Jahren, in: Thomas Großbölting/Massimiliano Livi/Carlo Spagnolo (Hg.), Jenseits der Moderne? Die Siebziger Jahre als Gegenstand der deutschen und der italienischen Geschichtswissenschaft, Berlin 2014, S. 123-140, hier S. 129.
[79] Vgl. Christopher Neumaier/Andreas Ludwig, Individualisierung der Lebenswelten. Konsum, Wohnkultur und Familienstrukturen in Ost- und Westdeutschland, in: Frank Bösch (Hg.), Geteilte Geschichte. Ost- und Westdeutschland 1970–2000, Göttingen 2015, S. 239-282.
[80] Vgl. dazu auch Maren Möhring, Veränderungen der bundesdeutschen (Ess-)Kultur durch Migration und Tourismus. Das Beispiel der ausländischen Gastronomie, in: Friedrich Kießling/Bernhard Rieger (Hg.), Mit dem Wandel leben. Neuorientierung und Tradition in der Bundesrepublik der 1950er und 60er Jahre, Köln 2011, S. 157-183.
[81] Vgl. Fabian, Boom in der Krise (Anm. 5); Reckendrees, Konsummuster (Anm. 17).
[82] Der deutsche Reiseverband (Hg.), Fakten und Zahlen 2013 zum deutschen Reisemarkt, URL: <https://www.drv.de/fachthemen/statistik-und-marktforschung/fakten-und-zahlen-zum-reisemarkt.html>.
[83] Tourismus-Studie: Deutsche sind so reiselustig wie nie zuvor, in: Spiegel Online, 19.12.2014.