- US-Soldaten als Grenzgänger
- Shopping, Dining & Sightseeing – die Aufenthalte in Ost-Berlin
- Reaktionen in Ost und West
- Fazit
Am 2. August 1989 berichtete die im Ostteil der Stadt erscheinende »Berliner Zeitung« unter Rückgriff auf eine Meldung der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass die Ost-Berliner sich über die Besuche alliierter Soldaten aus dem Westen ärgern würden: »Wer etwa an Samstagen das Umfeld des ›Centrum‹-Warenhauses am Hauptbahnhof erkundet, findet ohne Mühe mehrere britische Privatwagen und britische Militärbusse. Vor dem ›Centrum‹-Kaufhaus am Alexanderplatz stehen zwei französische Militärbusse und drei amerikanische. Und dann marschieren, mit Schottenrock und strammen Waden, ein paar ›Highlander‹ durchs sozialistische Konsumparadies.«[1]
Pelze, Kameras, Lampen, Teppiche, Porzellan, Bettwäsche, Gardinen, Kinderkleidung und Spielzeug, aber auch Hausrat sowie Lebensmittel würden die Soldaten massenweise »im Kofferraum und unterm Sitz ihres Wagens verstauen«. Ein »mehrgängiger Abendschmaus« und Krimsekt locke die Westalliierten zudem regelmäßig in die »feinen Restaurants der Nobelhotels«. Insbesondere die US-Soldaten würden bei ihren Besuchen »den dicken Maxe machen«, so zitierte die Tageszeitung einen Ost-Berliner, der »täglich mit ihnen zu tun« habe. Vier Fotos von mit Einkäufen beladenen Soldaten begleiteten den Artikel. Fast wie eine schelmische Ironie der Geschichte erscheinen die Bilder dem rückblickenden Betrachter, erinnern sie doch an jene Fotos, die nur wenige Monate später, nach der Grenzöffnung am 9. November 1989, auf der anderen Seite der Berliner Mauer entstanden. Der Zeitungsartikel wirft die Frage auf: Wie war es möglich, dass jene Soldaten, die doch eigentlich West-Berlin im Falle einer sowjetischen Aggression verteidigen sollten, genüsslich in Ost-Berlin einkaufen gingen? Und dies zu einer äußerst unruhigen Zeit, als in den westlichen Medien über Botschaftsbesetzungen, Massenflucht und erste Demonstrationen in der DDR berichtet wurde und sich auch Experten nicht sicher waren, wie die Sowjetunion auf die Entwicklungen reagieren werde.
Mein Aufsatz widmet sich – inspiriert durch Zeitzeugen-Erzählungen und basierend auf Überlieferungen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), der Berliner Senatskanzlei und der amerikanischen Berlin Brigade[2] sowie auf zeitgenössischen Presseartikeln – einer besonderen Gruppe von Grenzgängern: den in West-Berlin stationierten US-Soldaten. Für sie (wie auch für die Soldaten der britischen und französischen Armee) markierte die Mauer einerseits die Front des Kalten Krieges, andererseits durften sie diese aber ohne große Kontrollen passieren und ihre Freizeit in Ost-Berlin verbringen. Der Beitrag schildert damit schlaglichtartig einige Konsequenzen des Berliner Sonderstatus, der aus heutiger Sicht überraschende Praktiken hervorbrachte. Es ist eine Geschichte der Normalisierung des Anomalen, der Routinisierungen im Alltag der Teilung. Im Vordergrund stehen hierbei vier Fragen: Wer durfte wann und wie nach Ost-Berlin? Womit verbrachten die GIs ihre Zeit jenseits der Mauer? Wie wurde in Ost und West auf diese Grenzüberquerungen reagiert? Welche Rückschlüsse lassen sich aus den Befunden ziehen?
1. US-Soldaten als Grenzgänger
Zu den Eigentümlichkeiten des Kalten Krieges gehörte der Status des geteilten Berlins, über den sich die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges bis 1990 nicht einigen konnten. Eine Geschichte der Amerikaner in Berlin wäre deshalb unvollständig, würde sie nicht auch einen Blick über die Mauer werfen. Sie markierte die Systemgrenze zwischen Ost und West; auf der anderen Seite saß der potentielle Gegner. Tägliche Patrouille-Fahrten, auch »Flag-Tours« oder Inspektionsfahrten genannt, führten die Westalliierten nach Ost-Berlin und die sowjetischen Streitkräfte nach West-Berlin. Immer wieder kam es hierbei zu Zwischenfällen und Konfrontationen.[3] Zugleich war es den Mitgliedern der alliierten Militärgemeinden möglich, die Grenze über den Checkpoint Charlie unkontrolliert zu passieren und die östliche Stadthälfte privat zu besuchen, um dort in die Oper zu gehen, einzukaufen oder im Restaurant zu essen. Die alliierten Rechte und Zuständigkeiten bezogen sich – so die westliche Interpretation des Potsdamer Abkommens von 1945 – auf Groß-Berlin und nicht nur auf West-Berlin.[4] Insbesondere die USA legten Wert auf die Einhaltung und regelmäßige Demonstration dieser Rechte und ließen es im Oktober 1961 sogar zu einer Panzerkonfrontation am Checkpoint Charlie kommen, um die freie Passage durchzusetzen. Während dieser Vorfall seinen festen Platz im kulturellen Gedächtnis hat, so ist der Auslöser nur noch wenigen bekannt: Allan Lightner, stellvertretender Chef der US-Mission, wollte am Abend des 22. Oktober 1961 mit seiner Frau eine Theateraufführung in Ost-Berlin besuchen. Die Aufforderung der DDR-Grenzposten, er möge sich ausweisen, und die Weigerung, das Paar unkontrolliert passieren zu lassen, führte zu einem mehrtägigen amerikanisch-sowjetischen Kräftemessen.[5] Die Konfrontation bezeugt daher nicht nur, wie schnell die Situation in Berlin eskalieren konnte, sondern auch, wie selbstverständlich die Grenze zwischen Ost und West täglich überquert wurde – sogar wenige Wochen nach dem Bau der Mauer. Vor diesem Hintergrund erscheinen die eingangs zitierten Ausflüge nach Ost-Berlin weniger seltsam, und es deutet sich eine Kontinuität an.
Obwohl prinzipiell erlaubt, waren private Aufenthalte in Ost-Berlin seitens der US-Armee nicht zu jedem Zeitpunkt erwünscht und nicht jedem US-Amerikaner gestattet. Die entsprechenden Regeln änderten sich über die Jahrzehnte hinweg mehrfach und waren stets von der politischen Großwetterlage abhängig. In den 1950er- und 1960er-Jahren betrieben die USA im Hinblick auf die DDR eine »rigorose Nichtanerkennungspolitik«.[6] Der sozialistische Staat galt als sowjetischer Satellit, der sich nur im Hinblick auf die spezifische deutsche Situation der Teilung von anderen Ländern des Ostblocks unterscheide. In den 1950er-Jahren wurden die Soldaten deshalb gebeten, sich möglichst nicht in Ost-Berlin aufzuhalten.[7] Die entsprechenden Regularien bezeichneten einen Aufenthalt im sowjetischen Sektor als »inadvisable«; lediglich ein Besuch im Rahmen einer durch die Special Services Division organisierten Stadtrundfahrt war »recommended and encouraged«.[8] Wer sich dennoch eigenständig auf eine Erkundungstour durch Berlin begab, sollte die S-Bahn gar nicht und die U-Bahn höchstens »with caution« benutzen.[9] Da sich die Sonderrechte der westlichen Alliierten nur auf das Gebiet von Ost-Berlin, nicht aber auf die DDR erstreckten, bestand für ortsunkundige (oder betrunkene) Soldaten die Gefahr, bei einer Fahrt mit der S-Bahn auf Territorium zu geraten, für das sie eigentlich eine besondere Genehmigung benötigt hätten.
Der Mauerbau vom August 1961 änderte nichts an den sektorenübergreifenden Rechten der Alliierten. Dennoch sank zwischen Herbst 1961 und Sommer 1965 die Zahl der privaten Grenzüberquerungen, da es zwischen den vier Siegermächten Streit über das Prozedere bei der Einreise gab.[10] Trotz der alliierten Uneinigkeit blieb ein Besuch Ost-Berlins für amerikanisches Militärpersonal »in uniform […] either as a pedestrian, by public transportation, or by private automobile« weiterhin möglich – es sei denn, es fanden gerade »Communist celebrations« in Form von Massendemonstrationen statt, wie zum Beispiel am 1. Mai. Wer zuvor aufgrund eines Vergehens bestraft worden war, musste indes vorab eine armeeinterne Prüfung seines Reisewunsches beantragen. Offiziere brauchten keine Genehmigung, mussten aber ihren Vorgesetzten vor Reiseantritt informieren. Militärangehörige, die als Geheimnisträger eingestuft waren oder als »incident prone« galten, waren vom Grenzverkehr ausgeschlossen. Familienangehörige sowie Zivilangestellte der Berlin Brigade wurden 1963 gebeten, die Grenze nicht zu überqueren; außerhalb von Berlin stationiertes Personal und deren Angehörige wurden »neither encouraged nor discouraged«, die östliche Stadthälfte zu betreten.[11] Amerikanischen Touristen wurde von einem Besuch Ost-Berlins abgeraten, da die USA zu jenem Zeitpunkt noch keine diplomatischen Beziehungen zur DDR pflegten und daher nicht in der Lage waren »to extend to American citizens the consular and protective services customarily available to travelers abroad«. Dennoch interessierte Reisende wurden gewarnt, dass stets ein »element of risk« bestehe: »East Berlin police have proved capable of arbitrary and crude behavior in their treatment of Americans.«[12]
Erst ab Anfang der 1970er-Jahre ermutigte die US-Armee ihre Soldaten und deren Angehörige, den Ostteil der Stadt auch privat zu besuchen, um »die US-Präsenz im Sowjetsektor Berlins zu verstärken« und den Soldaten sowie ihren Familien den Besuch von »Museen, Restaurants, Opernhäusern und Theatern« vor Ort zu ermöglichen.[13] Der erste Teil der Begründung dürfte sich auf den Wunsch bezogen haben, insbesondere während der Verhandlungen über das Viermächteabkommen demonstrativ zu zeigen, dass man an der Verantwortung der Siegermächte für ganz Berlin festhalten werde. Der zweite Teil der Begründung, der sich auf die Freizeitgestaltung der in Berlin lebenden US-Amerikaner bezieht, verweist darauf, dass West-Berlin als Stationierungsort immer teurer wurde. Als die Nixon-Regierung im Sommer 1971 auch noch die Goldkonvertibilität des Dollars aufgab, sank der Lebensstandard der in Deutschland stationierten US-Soldaten rapide. Die Dollarschwäche[14] traf sie in einem Ausmaß, dass die US-Armee selbst von einer »poverty crisis« sprach.[15] Die Höhe ihres Einkommens war nun faktisch von der Börse abhängig – und dort schwankte der Wert des Dollars in den nächsten zwei Jahrzehnten zwischen 3,65 DM und 1,62 DM.[16] Dies machte Ost-Berlin zu einem attraktiven Ausflugsziel, das viel Vergnügen für wenig Geld versprach. Ab Mitte der 1970er-Jahre sorgte zudem die diplomatische Annäherung zwischen den USA und der DDR für eine gewisse Entspannung. Nachdem die Sowjetunion in Form des Viermächteabkommens über Berlin die Rechte der Westalliierten anerkannt hatte (1971), war von amerikanischer Seite auf die Dialogbereitschaft des neuen SED-Generalsekretärs Erich Honecker (und dessen Wunsch nach internationaler Anerkennung) rasch mit Gesprächen reagiert worden; am 4. September 1974 nahmen die USA als 110. Staat der Welt diplomatische Beziehungen zur DDR auf.[17] Aufenthalte jenseits der Mauer galten nun als weniger gefährlich, da es in Form der Botschaft der USA bei der DDR in der Neustädtischen Kirchstraße 4-5 in Berlin-Mitte bald auch eine diplomatische Vertretung vor Ort gab.
Die Zahl der Grenzüberquerungen stieg nun kontinuierlich – allein zwischen 1977 und 1987 von 30.962 auf 110.619 pro Jahr.[18] In den späten 1980er-Jahren notierten die DDR-Grenzposten zusätzlich zu den täglichen Kontrollfahrten und dem Diplomatenverkehr pro Monat bis zu 13.000 über die Grenzübergangsstelle (GÜSt) Zimmer-/Friedrichstraße einreisende US-Bürger – im Schnitt bis zu 400 Personen pro Tag.[19] An manchen Feiertagen nahm der Grenzverkehr ein kaum zu bewältigendes Ausmaß an; 1986 nutzen so viele GIs den Veterans Day für einen Ausflug in die andere Stadthälfte, dass sich eine Schlange bildete, die zeitweise vom Checkpoint Charlie bis zur vier Kilometer entfernten Urania reichte.[20] Die Statistiken des MfS[21] zeigen, dass zumeist mehr US-Soldaten als Briten und Franzosen die Grenze überquerten, was indes auch darin begründet ist, dass die US-Armee in West-Berlin mit im Schnitt 6.000 Soldaten deutlich stärker vertreten war als Großbritannien und Frankreich mit jeweils ungefähr 3.000 Soldaten.[22] Sie zeigen zudem, dass die Zahl der Fahrten in der Adventszeit zunahm und im Januar drastisch sank. Während in den Sommermonaten viele einen Ausflug nach Ost-Berlin unternahmen, wurde es im Herbst stets wieder etwas ruhiger.[23]
Wie ging die Grenzpassage nun konkret vonstatten? Zunächst kann festgehalten werden: Die private Fahrt von West- nach Ost-Berlin war nicht durch Kontrollen seitens der DDR und der Sowjetunion ein kompliziertes Unterfangen, sondern aufgrund amerikanischer Sicherheitsvorkehrungen. Militärangehörige, die individuell nach Ost-Berlin reisten, mussten im Besitz bestimmter Papiere sein: Sie hatten ihre ID-Card und Soldaten unterhalb des Offiziersranges zusätzlich einen Special Pass für den sowjetischen Sektor mitzuführen, Zivilangestellte des Verteidigungsministeriums ihren Pass oder die Uniformed Services Identification. Informationsschreiben und Regularien klärten vorab über Ge- und Verbote auf: Militäreinrichtungen oder Militärangehörige der DDR und der Sowjetunion durften nicht fotografiert werden. Dokumente der US-Armee wie Karten oder Zeichnungen sollten nicht mitgenommen werden. Einkäufe waren nur für den Eigenbedarf gestattet; Geld musste bei Banken oder offiziellen Wechselstuben getauscht werden. Ein Aufenthalt nach 24 Uhr war nur mit Ausnahmegenehmigung möglich. Gastronomische Einrichtungen durften nur besucht werden, wenn dort nicht primär Alkohol ausgeschenkt wurde.[24] Jeder US-Soldat musste eine Erklärung unterschreiben, dass er über diese Regularien informiert worden war und sich an die Straßenverkehrsordnung halten werde. Diese Erklärung wurde in einen Umschlag gesteckt (Travel Briefing Slip) und am Checkpoint Charlie abgegeben. Der Umschlag enthielt zudem ein weiteres Dokument, auf dem Name und Rang des Soldaten, Anlass der Grenzüberquerung sowie eine Beschreibung des benutzten Privatfahrzeugs und dessen Kennzeichen notiert wurden – eine Sicherheitsmaßnahme, sollte der Fahrer nicht rechtzeitig zurückkehren.[25]
Zwei weitere Dokumente – die Entry and Exit Instructions sowie die Special Instructions for Travel to East Berlin – beschrieben detailliert, was bei der Grenzpassage geschehen werde und wie man sich in einer Konfliktsituation zu verhalten habe.[26] Besonders wichtig war die Vorgabe, jegliche Aufforderung sich auszuweisen zu verweigern und nach einem sowjetischen Gesprächspartner zu verlangen. Die Uniform diente als Beleg für die Zugehörigkeit zu den Alliierten, weitere Kontrollen waren verboten. Reisten US-Soldaten in ziviler Kleidung nach Ost-Berlin, mussten sie zwar ihre ID-Card vorzeigen, durften sie jedoch niemals aus der Hand geben. War nach fünf Minuten der Schlagbaum noch immer nicht offen und auch kein sowjetischer Offizier anwesend, hatte man unverzüglich zum Checkpoint Charlie zurückzukehren. Unter keinen Umständen durfte das Fahrzeug verlassen werden. Kam es während des Aufenthaltes in Ost-Berlin zu einem Verkehrsunfall oder zu anderen Problemen, galten ähnliche Regeln: Die US-Soldaten hatten auch hier auf einem uniformierten sowjetischen Offizier als Gesprächspartner zu bestehen, den Checkpoint Charlie zu informieren und am Wagen zu warten.[27] Mit Verweis auf die Viermächte-Verantwortung für Groß-Berlin wurden den DDR-Sicherheitsorganen keinerlei Befugnisse zugestanden, und jeder noch so kleine Vorfall erforderte das Hinzuziehen des sowjetischen Militärs.[28] Das MfS versuchte mehrfach vergeblich, etwas an diesem Umstand zu ändern, doch auch die Sowjetunion hielt an der etablierten Praxis fest.[29]
Verlief der Besuch ohne weitere Zwischenfälle, entsprach die Ausreise weitestgehend der Einreise: US-Soldaten passierten den DDR-Kontrollpunkt Friedrichstraße/Ecke Krausenstraße, hatten am Checkpoint Charlie mögliche Vorkommnisse zu melden und die Reiseinstruktionen wieder abzugeben.[30] Diese Regeln galten im Grundsatz bis 1990.[31]
Für amerikanische Touristen war die Einreise weitaus weniger kompliziert: Sie benötigten lediglich ihren Pass und konnten die Grenze zu Fuß oder im Auto am Checkpoint Charlie oder (wenn auch seitens der US-Botschaft nicht erwünscht) mit den öffentlichen Verkehrsmitteln am Bahnhof Friedrichstraße überqueren. Wer andere Orte in der DDR besuchen wollte, musste sich allerdings vorab in ausgewiesenen Reisebüros ein Visum besorgen, die geplante Reiseroute sowie gewünschte Unterkünfte angeben und diese teils im Voraus bezahlen. Die Bearbeitung eines solchen Antrags konnte bis zu drei Wochen in Anspruch nehmen. Darüber hinaus wurde dazu geraten, sich vorher durch ein Konsulat der USA beraten zu lassen und eine Kontaktadresse in der DDR sowie das An- und Abreisedatum anzugeben, damit auf einen eventuellen Zwischenfall schnellstmöglich reagiert werden könne.[32]
2. Shopping, Dining & Sightseeing –
die Aufenthalte in Ost-Berlin
Die meisten US-Soldaten besuchten Ost-Berlin erstmals im Rahmen einer Stadtrundfahrt. Hier lernten sie – zusätzlich zu den Empfehlungen durch andere, bereits länger vor Ort lebende Militärangehörige – mögliche Ziele jenseits der Mauer kennen. Ein Besuch Ost-Berlins war Teil der regulären Troop Orientation Tour, an der jeder nach Berlin kommende US-Soldat teilzunehmen hatte. Zusätzlich wurde in den 1960er-Jahren drei Mal wöchentlich eine dreistündige East Berlin Tour angeboten, an der auch Familienangehörige teilnehmen konnten.[33] Solche grenzübergreifenden Stadtrundfahrten existierten ununterbrochen zwischen 1945 und 1990 und dienten primär dazu, dem Personal der US-Armee die eigene Mission zu verdeutlichen; selbst während des Mauerbaus fanden sie statt.[34] Sie führten die Amerikaner unter anderem durch die Straße Unter den Linden und die Leninallee (heutige Landsberger Allee) bis zum Märchenbrunnen, vorbei am Volkspark Friedrichshain und am Ostbahnhof zum Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park.[35] Was aus heutiger Perspektive wie eine klassische Stadtrundfahrt mit historischem Schwerpunkt anmutet, war in jener Zeit vor allem eine Besichtigung von Institutionen und Symbolorten des Gegners im Kalten Krieg. Demnach thematisierte der begleitende Reiseführer nur knapp die Kulturschätze der Museumsinsel. Hingewiesen wurde stattdessen unter anderem auf den Sitz des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) und der SED, die Häuser der sowjetischen Wissenschaft und Kultur und der deutsch-sowjetischen Freundschaft, die Zentrale der FDJ und die sowjetische Botschaft.[36]
Die in den 1980er-Jahren vom Information, Tour and Travel Office (ITT)[37] angebotenen Fahrten steuerten indes nicht mehr nur Sehenswürdigkeiten an. Wann genau das Programm um Shopping-Touren erweitert wurde beziehungsweise bei Stadtrundfahrten einzelne Geschäfte als Ziele hinzukamen, ist nicht klar zu ermitteln. Die früheste Erwähnung findet sich 1983 in einem Artikel der Zeitschrift »Stars and Stripes«, der das Phänomen allerdings bereits als Problem schildert, über die »unreasonable and excessive shopping practices« klagt und darauf hinweist, das Einkaufen im Ostteil Berlins »has reached such proportions that a positive image of the U.S. servicemember in East Berlin is threatened«. Die Verfasserin informierte ihre Leser, dass die reinen Shopping-Touren deshalb von drei auf zwei pro Woche und die Zahl der eingesetzten Busse pro Fahrt von zwei auf einen reduziert worden seien. Das Mitnehmen von Einkaufswagen und Koffern sei nun verboten.[38]
Drei Jahre später bot ITT allerdings nicht mehr nur Einkaufsfahrten, sondern zu den Osterfeiertagen auch Dining in East Berlin an: Für fünf US-Dollar übernahm das Büro die Reservierung und den Transport.[39] Das MfS ermittelte 1987 gleich mehrere Touren, die gezielt Geschäfte ansteuerten: die Centrum-Warenhäuser am Alexanderplatz und am Ostbahnhof sowie weitere Einkaufsmöglichkeiten in der Klement-Gottwald-Allee in Weißensee und der Frankfurter Allee sowie der Grünberger Straße im Friedrichshain. Montags bis donnerstags würden jeweils zwei bis vier Fahrten erfolgen, freitags drei bis sechs, samstags sechs bis zehn und sonntags maximal eine. Während der Adventszeit würden zudem täglich vier bis sechs Fahrten zum Ost-Berliner Weihnachtsmarkt durchgeführt.[40] Der »Berlin Observer« warb 1988 für eine dienstags und freitags stattfindende East Berlin Bummel Tour sowie für weitere Termine der Dining in East Berlin Tour.[41]
Neben diesen Fahrten existierten kommerzielle Stadtrundfahrten, die ebenfalls einen Besuch Ost-Berlins ermöglichten, aber durch ostdeutsche Stadtführer kommentiert wurden. Von Michelle A. Standley als »Cold War Tourism« bezeichnet, halfen diese Reisen, die imaginierten Grenzen des globalen Konflikts zu bestätigen, und ermöglichten es den Teilnehmern, sich als Angehörige der Gemeinschaft der »freien Welt« zu fühlen. Zugleich bekräftigte der Aufenthalt jenseits der Mauer ihre Wahrnehmung West-Berlins – im Vergleich zum Ostteil der Stadt – als freier, moderner und wohlhabender.[42]
Von ihrer grenzübergreifenden Freizeitgestaltung berichten amerikanische Veteranen nur auf Nachfrage. Die einst alltägliche Praxis passt nicht in ihre stolze Erzählung von der »Schutzmacht«, die jahrzehntelang mutig den »Vorposten der Freiheit« gegen eine kommunistische Vereinnahmung verteidigt habe. Dennoch hinterließen die Grenzüberquerungen Spuren, die Fragen aufwerfen. In dem Vorlass eines US-Soldaten im U.S. Army Heritage and Education Center in Carlisle liegen wie selbstverständlich ein Aufkleber mit dem Logo der SED und Quittungen von Ost-Berliner Restaurants.[43] Eine Umfrage unter den Mitgliedern der Berlin U.S. Military Veterans Association (BUSMVA) ergab zudem, dass fast alle den Alexanderplatz und die Straße Unter den Linden besucht hatten. Auf die Nachfrage, was sie denn in Ost-Berlin gemacht hätten, antwortete ein Mitglied: »[…] we could exchange our dollars on the ›black market‹ for East Marks, at about 20 EM [East Mark] to the dollar, almost 10 times the official exchange rate. So, even a low ranking soldier could live well in East Berlin, if you were not too obvious. Another attraction was that an American soldier, in uniform, was a novelty. It was not uncommon for tourists from the Communist bloc to talk and have photographs made with an American. It was an opportunity to meet and talk with pretty girls from exotic places. Many soldiers told of East German girls asking to be smuggled into West Berlin.«[44]
Billig einkaufen, bewundert werden, etwas Nervenkitzel – Ost-Berlin als alliiertes Ausflugsziel? Auch wenn die organisierten Einkaufsfahrten erst in den 1970er-/1980er-Jahren eingeführt wurden, gibt es historische Kontinuitäten. Vor allem in den 1950er-Jahren waren die Grenzgänge und der damit einhergehende grenzübergreifende Konsum der Berliner Bevölkerung ein Politikum und boten immer wieder Anlässe für Auseinandersetzungen und Propaganda-Kampagnen. Während sich in West-Berlin insbesondere Kleinstunternehmen über »Herrn Schimpf und Frau Schande« beklagten, die ihre Brötchen billig im Ostteil kauften und dort zum Friseur gingen, führte die DDR einen speziellen Einkaufsausweis für in Ost-Berlin tätige West-Berliner ein. »Schieber und Spekulanten« wurden bezichtigt, illegal Geld zu tauschen und sich auf Kosten der DDR-Bürger zu bereichern.[45] Schon damals ging es auch um die Einkäufe der Alliierten. In einem Bericht an Walter Ulbricht beschwerte sich Erich Mielke wenige Monate vor dem Mauerbau über die Mitarbeiter der Militärverbindungsmissionen (MVM): »Noch bedeutend höher [als der Einkauf von Lebensmitteln] liegt der Ankauf optischer Geräte, Meißner Porzellan und ähnlichen Wertgegenständen zur Spekulation und unter Ausnutzung des Schwindelkurses.«[46] Dass der Mauerbau keine Zäsur darstellte, belegt ein weiterer Bericht des MfS aus dem Jahr 1969, der »die Ausnutzung des Besuchs der Hauptstadt der DDR zum Einkauf und zur illegalen Ausfuhr von hochwertigen Erzeugnissen der DDR« durch Mitarbeiter der westlichen Alliierten beklagte.[47] Speziell »Porzellan-, Kristall- und andere Glas- und Keramikwaren«, aber auch Fotoartikel, Bekleidung, Briefmarken, Schallplatten und Möbel, »Fleisch- und Wurstwaren sowie Langusten« würden en masse gekauft.[48] Die Amerikaner zahlten mit DDR-Mark, was Waren des täglichen Bedarfs aufgrund der subventionierten Preise zum Schnäppchen und Luxuswaren erschwinglich werden ließ. Wer regulär bei einer West-Berliner Bank tauschte, erhielt für einen Dollar zwischen 8 und 11 Mark; wer auf dem Schwarzmarkt tauschte – wie der oben zitierte Veteran –, bis zu 20 Mark.[49]
Neben dem Shopping war auch das Dinieren in Ost-Berlin beliebt: So stellte das MfS 1978 fest, dass die bevorzugten Aufenthaltsorte der Amerikaner aufgrund »der niveauvollen Einrichtung und des guten Angebots« die Speisegaststätte Stockinger in der Schönhauser Allee und die Offenbachstuben in der Stubbenkammerstraße im Bezirk Prenzlauer Berg waren.[50] Beide Adressen waren auch bei der lokalen Künstlerszene beliebt und stellten kleine, bunte Oasen inmitten der Hauptstadt der DDR dar. Die Journalistin und Schriftstellerin Jutta Voigt erinnert sich an die Atmosphäre: »Pariser Leben in den Offenbachstuben im Prenzlauer Berg. […] Das Publikum an den weiß gedeckten kleinen Tischen – ein schillernder Weltenmix. Leonard Bernstein, Countertenor Jochen Kowalski, Chansonnier Jürgen Walter. Die Ständige Vertretung mit Bahr und Bräutigam, die britische Militärmission im Schottenrock, die Exzellenzen der italienischen, französischen, amerikanischen Botschaft. Bibi Johns, Roy Black, Allendes Leibarzt Dr. Bartulín und ein Siegfried vom Zentralrat der FDJ. Alfred Hrdlicka, Günter Grass und die Kessler-Zwillinge, später noch Mitterrand. Dazu Evelyn Künnecke, die homosexuellen Freunde der Kellner, die Bohèmegeliebten der Serviererinnen und die Nachbarn aus der Stubbenkammerstraße. Die Utopie der sozialistischen Menschengemeinschaft im Zwielicht der Verhältnisse.«[51]
Darüber hinaus hielten sich die amerikanischen Gäste Ost-Berlins häufig in den Bars und Restaurants der nach und nach eröffnenden noblen Interhotels auf: im Hotel Stadt Berlin (ab 1970), im Hotel Metropol (ab 1977), im Palasthotel (ab 1979) oder im Grand Hotel (ab 1987).[52] Auch das Weinlokal Ganymed war beliebt, wie eine Gästeliste des MfS aus dem Frühling 1989 bezeugt: Lehrer der amerikanischen Schule und Botschaftsangehörige speisten hier, eine Gruppe von 28 Militärs feierte einen Abschied, der US Skyriders Club schaute mehrfach vorbei, und das Heidelberger US-Hauptquartier ließ 51 Gäste bewirten.[53]
Es ergeben sich weitere Fragen: Wie verhielten sich die US-Amerikaner in Ost-Berlin? Was verrät ihr Verhalten über ihre Vorstellungen von der DDR und auch von ihrer eigenen Rolle in Berlin? Kam es zu Kontakten zwischen US- und DDR-Bürgern? Veränderten die Besuche das USA-Bild der DDR-Bürger? Die überlieferten Archivquellen erlauben hier nur begrenzte Antworten, sodass weitere Zeitzeugengespräche nötig wären. Auf Basis der vorhandenen Hinweise können dennoch erste Deutungsangebote gemacht werden.
Im ersten Quartal 1966 registrierte die Hauptabteilung VIII des MfS, unter anderem zuständig für die operative Beobachtung der Westalliierten, insgesamt drei Kontakte zwischen US- und DDR-Bürgern. Die von den Amerikanern angesprochenen Personen wurden ermittelt und anscheinend auch zu den Gesprächsinhalten befragt. Lediglich in einem Fall war es zu weiteren – aus Sicht der befragten DDR-Bürgerin allerdings »harmlosen« – Treffen gekommen, zu denen die Amerikaner »gelegentlich Südfrüchte« für ihre Kinder mitgebracht hatten.[54] Zwei Jahre später erfuhr das MfS von insgesamt 31 Kontaktaufnahmen und konnte 24 involvierte DDR-Bürger identifizieren. Darüber hinaus hielt der Jahresbericht 1968 fest, die alliierten Besucher würden »durch freundliches Zuwinken und Zurufen« versuchen, Sympathiebekundungen der »Bewohner der Hauptstadt« zu provozieren. Allerdings musste man sich eingestehen, dass die Kontaktaufnahme auf der Straße oder in Gaststätten zumeist von den eigenen Landsleuten ausging.[55] Auch das Verkaufspersonal in den Ost-Berliner Geschäften begegne den Gästen aus West-Berlin »besonders höflich und hilfsbereit«, da sie »den Geschäften einen großen Umsatz einbringen« und vereinzelt sogar zum »ständigen Kundenkreis« gehören würden, woraus »ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen Geschäftsinhaber bzw. Verkäufer und Kunden« erwachsen sei.[56]
Um herausfinden zu können, ob derartige Verbindungen auch dem Zweck der Spionage dienen, etablierte das MfS im darauffolgenden Jahr ein neues, gezielteres Beobachtungssystem und versuchte, weitere Informanten zu gewinnen. Obwohl nun deutlich mehr Kontaktaufnahmen ermittelt wurden, konnte »in keinem Fall die Ausnutzung […] für nachrichtendienstliche Zwecke« nachgewiesen werden. Stattdessen würden die Kontakte der »Wahrnehmung spekulativer Geschäfte« und der »Informationsabschöpfung« dienen – womit indes auch die simple Frage nach dem Weg gemeint sein konnte. In einigen Fällen habe es sich um »Familientreffs« zwischen als »republikflüchtig« bekannten DDR-Bürgerinnen, deren Eltern und ihren alliierten Ehegatten gehandelt. In anderen Fällen hätten die westlichen Militärs angeblich »Kontakte zu labilen weiblichen Personen« aufgenommen, »um sexuellen Vergnügungen nachzugehen«. Als bemerkenswerte »Sondererscheinung« wurden »Sympathiebezeugungen« von motorisierten DDR-Bürgern notiert, die US-Fahrzeuge durch das »Zublinken mittels Lichthupe« grüßen würden. Die »Blinker« wurden umgehend in eine eigens eingerichtete Kartei aufgenommen.[57] Im Vergleich ergaben die MfS-Untersuchungen zudem, dass die Amerikaner deutlich kontakt- und auch einkaufsfreudiger waren als die Franzosen und Briten: Von 71 Kontaktaufnahmen entfielen 56 auf eingereiste US-Bürger, von 592 registrierten »Einkaufshandlungen« wurden ihnen 495 zugeschrieben.[58]
Anfang der 1970er-Jahre kam das MfS dann in den Besitz der amerikanischen Reise-Regularien und kommentierte sie basierend auf dem beobachteten Verhalten.[59] So wurde unter anderem festgestellt, dass die Amerikaner (entgegen den Vorschriften der US-Armee) oft DDR-Bürger – aber auch West-Berliner und Westdeutsche – streckenweise in ihren Fahrzeugen mitnehmen würden.[60] Dabei wurde davon ausgegangen, dass die kurz zuvor erlassene Aufforderung an die US-Soldaten, vermehrt die östliche Stadthälfte zu besuchen, Teil einer »Globalstrategie« sei, um »Kontaktpolitik, politisch-ideologische Diversion, Menschenhandel, Geheimdienstaktivität« intensivieren zu können: »Die Bevölkerung der Hauptstadt der DDR einschließlich der staatlichen Organe soll sich an die Anwesenheit von Angehörigen der US-Armee gewöhnen und diese als normal hinnehmen bzw. betrachten.«[61] Dass die US-Soldaten aus eigenem Antrieb handelten, ohne einer zentralen Anweisung zu folgen, kam den MfS-Mitarbeitern nicht in den Sinn.
In einem früheren MfS-Bericht hieß es, dass GIs Zigaretten an DDR-Bürger oder Süßigkeiten an Kinder verteilen würden.[62] Dies erinnert an Erzählungen aus dem West-Berlin der ersten Nachkriegsjahre: GIs als Repräsentanten der westlichen Konsumkultur, die insbesondere Kindern mit Großzügigkeit begegnen. Das Verschenken von »cigarettes and candy« legt die Deutung nahe, dass die US-Soldaten eine im West-Berlin der Nachkriegsjahre übliche Praktik auf Ost-Berlin transferierten. Der wohlhabende GI, der Kinder mit Geschenken erfreut, dominiert als symbolische Figur bis heute die Erinnerungsberichte vieler Zeitzeugen. Kimberly A. Redding arbeitete in einer Oral-History-Studie heraus, dass »vivid descriptions of the American influence« insbesondere die Erzählungen jener Deutschen prägen, die 1945 Kinder waren: »To young Germans […] the GIs – who raced their jeeps through rubble-lined streets and tossed candy to local children – epitomized freedom and prosperity.«[63] Das Verteilen von Süßigkeiten in Berlin verweist darüber hinaus auf die heroische Erzählung von Gail Halvorsen, dem »Candy Bomber«, der während der Luftbrücke kleine Schirme mit Schokolade über den Westsektoren der Stadt abgeworfen hatte. Amerikanische Zigaretten, als wichtiges Zahlungs-, Kontakt- und Tauschmittel der Nachkriegszeit, gehören zu den zentralen Erinnerungen älterer Zeitzeugen.[64] Die US-Soldaten griffen demnach tradierte Praktiken auf – allerdings erschien ihnen nun Ost-Berlin als adäquater Anwendungsort. Dies erlaubt einerseits Rückschlüsse auf ihre Wahrnehmung der östlichen Stadthälfte als bedürftig; andererseits zeigt es, dass sie DDR-Bürger nicht als bedrohliche »Feinde« wahrnahmen.
Wie jene über den Besuch aus West-Berlin dachten, ist schwer zu rekonstruieren. Generell speiste sich das Amerika-Bild der DDR-Bürger zum einen aus staatlichen Informationsquellen, zum anderen aus der Rezeption westlicher Medien.[65] Obwohl die USA im öffentlichen Diskurs lange Zeit der politische »Hauptfeind« blieben, ließen die Solidaritätsbekundungen gegenüber der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung oder auch der zunehmend entspanntere Umgang mit der amerikanischen Popkultur eine differenziertere Lesart zu. Die durch die Radiosender RIAS oder AFN auch in der DDR breit rezipierte amerikanische Musik, Spielfilme wie »Blutige Erdbeeren« (1970), »Beat Street« (1984) oder »Dirty Dancing« (1987), aber auch TV-Serien der 1980er-Jahre wie »Der Denver-Clan« und »Dallas« beeinflussten die Vorstellungen der DDR-Bürger vermutlich ohnehin weitaus mehr als die Propaganda der Staatspartei: »Gerade ihre Tabuisierung durch die Parteiführung machte die Vereinigten Staaten zu einem Objekt der Begierde, besonders weil das Korrektiv realer Erfahrung mit dem dortigen Leben fehlte.«[66] Zwischen »Faszination und Erschaudern« schwankend kritisierten junge DDR-Bürger zwar mehrheitlich die US-Außenpolitik, empfanden amerikanische Kulturprodukte aber zugleich als attraktiver und sprachen dem Land mehr »Innovationskraft« als dem eigenen Staat zu.[67] Die über den Alexanderplatz schlendernden US-Soldaten waren deshalb exotische Repräsentanten eines fernen Sehnsuchtsortes und stets eine kleine Attraktion, wenn man sie sah. Zudem verfügten sie über westliche Währung, was sie aus Sicht der Ost-Berliner Kellner, Verkäufer und Taxifahrer zu besonders attraktiven Kunden machte.
In West-Berlin hatte sich die Einstellung der Bevölkerung gegenüber den Alliierten indes verändert – ab Mitte der 1960er-Jahre, vor allem aber im Verlauf der 1980er-Jahre. Immer häufiger wurden gerade Einrichtungen der USA in West-Berlin und der Bundesrepublik zum Ziel von Protesten und Gewalt.[68] In den späten 1970er-Jahren begannen schließlich auch ihren »Schutzmächten« eigentlich wohlgesonnene West-Berliner, sich über Umweltschäden und Lärm durch Truppenübungen oder alliierte Bauvorhaben zu beschweren.[69] Der alte Konsens, dass diese alltäglichen Belastungen ein Preis für die Verteidigung der Freiheit West-Berlins seien, erodierte zusehends. Die Dollarkrise war zudem ausschlaggebend für einen Rollentausch, wie der »Spiegel« 1972 zu berichten wusste: War dem »Otto Normalverbraucher«, der »Kippen sammelte und hamstern ging«, in den späten 1940er-Jahren jeder US-Soldat wie ein »Weihnachtsmann im olivfarbenen Tarnanzug« erschienen, so würden sich die Amerikaner nun wie »Unterprivilegierte« fühlen, was Anlass für »Neid und Verdruß« sei.[70] Acht Jahre später stellte das Nachrichtenmagazin »U.S. News and World Report« fest, dass sich die Situation nicht verbessert habe: »The good old days are long gone. Money woes, loneliness and friction with their host make it a tough life for many Americans overseas.«[71] Vermutlich hofften einzelne Soldaten in Ost-Berlin jene Bewunderung zu erfahren, die ihnen im Westteil der Stadt nur noch bedingt zuteilwurde. Dass es zu zahlreichen intensiven Kontakten zwischen Ost-Berlinern und US-Amerikanern kam, ist aufgrund der Sprachbarriere dennoch zu bezweifeln.[72]
Den Erzählungen vom großzügigen Verhalten einiger US-Soldaten stehen Überlieferungen entgegen, die dokumentieren, dass andere in Ost-Berlin eher nach einem gewissen Nervenkitzel suchten. Zahlreiche MfS-Akten dokumentieren kleinere Konfrontationen zwischen amerikanischen und sowjetischen Soldaten oder ostdeutschen Volks- und Bereitschaftspolizisten: US-Soldaten seien mit bis zu 120 km/h durch die Innenstadt gerast und hätten dabei konsequent Verkehrsschilder ignoriert; andere hätten neun Mal einen Kreisverkehr umrundet, um die Volkspolizisten zu verhöhnen. Mehrfach seien DDR-Staatsflaggen sowie andere Fahnen als Souvenirs mitgenommen worden. Zudem wurde immer wieder festgehalten, die Amerikaner würden insbesondere während der täglichen Aufklärungsfahrten der Alliierten gezielt durch abgesperrte Straßen fahren.[73] Es scheint, als suchten sie nach jenen »Abenteuern«, die sie sich von einer Stationierung an der einst heißesten Front des Kalten Krieges versprochen hatten und in Zeiten der Entspannung und Annäherung kaum mehr vorfanden. Schon Anfang der 1960er-Jahre hatten sich erste US-Soldaten in der Zeitschrift »Army in Europe« beklagt, lediglich Teil einer »show of strength« zu sein. Ihr Alltag sei »one of spit-polished boots and close haircuts, of dusting wall-lockers and mopping floors, where the vital thing is not staying alive for one more day, but preparing for the visit of a General […] – little chance for pride«.[74] Die zunehmende Normalität in der Anomalität nach dem Mauerbau ließ aus der einstigen Frontstadt West-Berlin einen Ort werden, der zwar weniger gefährlich war, aber auch nur noch eingeschränkt die Möglichkeit der Identifikation mit einer ruhmreichen Mission bot. Die Auseinandersetzungen mit Vertretern der Sicherheitsorgane in der DDR können deshalb als eine Art Ventil interpretiert werden. Das Verhalten mancher US-Soldaten störte die DDR-Sicherheitsorgane massiv, aber sie konnten kaum etwas dagegen unternehmen. Penibel dokumentierten sie dennoch alle Vergehen, damit die Informationen von anderen Stellen für Protestnoten oder Zeitungsartikel genutzt werden konnten.[75] Diese kleineren und größeren Provokationen stellten für die DDR-Behörden allerdings nicht das größte Ärgernis dar. Gravierender wog der – mehrfach bestätigte – Verdacht, dass einzelne GIs sich auch aktiv an »Schleusungen« von DDR-Bürgern beteiligen würden.[76]
An die bisherigen Befunde knüpft die Frage an, wie man in Ost und West auf die grenzübergreifende Freizeitgestaltung der alliierten Soldaten reagierte. Hier lässt sich bei einem Blick in die DDR-Tageszeitungen zunächst feststellen, dass das Phänomen in der Ära Honecker – anders als in den 1950er-Jahren – nicht instrumentalisiert wurde, um die USA, die Bundesrepublik oder West-Berlin zu diskreditieren. Stattdessen lockte man gezielt ausländische Gäste nach Ost-Berlin und rühmte sich mit dem zunehmend internationalen Flair. Konrad Naumann, 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Berlin, verkündete im März 1976 stolz in der »Berliner Zeitung«: »Auch das Echo der Gäste aus dem kapitalistischen Ausland, deren Zahl in den letzten fünf Jahren um das Zwanzigfache anstieg, zeigt: Berlin, die Hauptstadt der DDR, ist eine aufblühende Weltstadt, die von den souveränen Bürgern des sozialistischen deutschen Arbeiter-und-Bauern-Staates immer wirkungsvoller repräsentiert wird.«[77] Die Zahlen waren in der Tat beeindruckend: Im Vormonat waren insgesamt 37.699 Einreisen aus der Bundesrepublik, 45.484 aus West-Berlin und 19.568 von Bürgern anderer nichtsozialistischer Staaten in die DDR verzeichnet worden.[78] Deutlich höher waren die Zahlen (wie üblich) zur Weihnachtszeit gewesen, als 83.985 Einreisen von Westdeutschen, 67.580 von West-Berlinern und 21.526 von Touristen aus westlichen Staaten notiert wurden.[79] In Ost-Berlin wurden über Weihnachten sowie zum Jahreswechsel 115.799 Besucher aus der Bundesrepublik und West-Berlin registriert.[80] Den insgesamt 318.893 Einreisen von West-Berlinern im gesamten Monat Dezember 1975 standen lediglich 5.256 registrierte Einreisen von »Besatzern« gegenüber.[81]
Mit den am 3. Februar 1976 vom Politbüro beschlossenen »Aufgaben zur Entwicklung der Hauptstadt der DDR, Berlin« sollte bis 1990 der Ausbau Ost-Berlins als »politisches, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum der DDR« erfolgen.[82] Das SED-Regime hoffte auf internationale Anerkennung und höhere Devisen-Einnahmen durch den verstärkten Tourismus.[83] Insbesondere die touristische Infrastruktur und die gastronomischen Einrichtungen in der Stadtmitte wurden massiv ausgebaut und luden zu ausschweifenden Nächten ein: Am Wochenende waren mehrere Bars bis 4 Uhr in der Nacht geöffnet; die Panorama-Bar des Hotel Stadt Berlin, die Bar der HO-Gaststätte Moskau sowie das Mainzer Eck sogar unter der Woche. Die westlichen Besucher waren dort gern gesehene Gäste, da sie oft ein Trinkgeld in D-Mark oder Dollar hinterließen. Überliefert ist deshalb lediglich ein einziger Versuch der Beschränkung: Eine unbenannte Komplexdirektorin habe »Anfang Dezember 1988 das Weinrestaurant ›Ganymed‹« am Schiffbauerdamm angewiesen, »keine alliierten Militärbestellungen mehr entgegenzunehmen«, da es »eine DDR-Gaststätte für DDR-Bürger und kein ›Ami-Nest‹« sei. Nachdem die Leiterin des Restaurants sich unter Protest an »nicht näher bekannte Stellen« gewandt hatte, war die Weisung allerdings rückgängig gemacht worden.[84] Auf die zahlungskräftige Kundschaft wollte man im Ganymed nicht verzichten.
Auf der anderen Seite der Mauer begann die Kritik an dem grenzübergreifenden Amüsement Mitte der 1980er-Jahre. Das Magazin »stern« informierte seine Leser 1986, dass Angehörige der Alliierten es sich in Ost-Berlin schmecken ließen, denn ein Steak im Restaurant Stadt Berlin koste sie weniger als ein Hamburger im West-Berliner McDonalds.[85] Das West-Berliner Stadtmagazin »Zitty« berichtete 1988 von ähnlichen Zuständen im Café Moskau: An »manchen Sonntagen« fühle man sich hier inzwischen wie in »einem besseren Eßlokal einer Kleinstadt im mittleren Westen der USA«.[86] Die amerikanische Armee-Zeitung »Stars and Stripes« hatte schon 1983 die »shopping-spree mentality« der eigenen Soldaten angeprangert und ihren Lesern erklärt, dass die sozialistische Planwirtschaft die Alliierten als Konsumenten nicht berücksichtige und daher unter diesem Phänomen leide.[87]
Schließlich sahen sich die West-Berliner Senatskanzlei und die Ständige Vertretung (StäV) dazu veranlasst, den US-Stadtkommandanten darauf hinzuweisen, dass dieses Verhalten »nachteilig für das Ansehen der USA« sei.[88] Darüber hinaus würden die Großeinkäufe in Ost-Berlin »großen Unmut bei der dortigen Bevölkerung hervorrufen«.[89] Das MfS notierte in einem als »streng geheim« eingestuften Bericht, »diplomatische Kreise der BRD verbreiten gezielt«, man habe die USA wissen lassen, dass das Verhalten der eigenen Soldaten »bei der DDR-Bevölkerung durchweg auf äußerstes Befremden, ja zum Teil auf Empörung stößt«; der US-Kommandant in Berlin bezweifle jedoch, dass er seine Soldaten diesbezüglich disziplinieren könne. Neben dem geringen Bildungsstand habe er als Argument angeführt, dass sie sich wie »normale amerikanische Konsumenten« verhalten würden, »die stets dort kauften, wo die Waren billig und gut seien. Alles andere sei ihnen völlig gleichgültig«.[90] Mit dieser Einschätzung lag er gar nicht falsch. Meredith H. Lair hat in ihrer Studie »Armed with Abundance« ein durchaus vergleichbares Verhalten während des Vietnamkrieges festgestellt. Sie hinterfragte weitverbreitete Vorstellungen von Kriegserfahrungen, indem sie sich dem von Langeweile geprägten Alltag jener deutlichen Mehrheit der vor Ort stationierten Soldaten widmete, die nicht an Kämpfen beteiligt waren, sondern als Support Troops auf den Militärbasen arbeiteten: »American consumer culture thrived in this environment, as soldiers snapped up goods and services to improve their living and working conditions, fill their leisure time, assuage their loneliness, and fulfill social and material aspirations with purchases that were out of reach in civilian life. […] As morale within the military fell, consumption seemed a facile way to stop the slide.«[91]
Ein ähnlicher Verfall der »morale«, des Kampfgeistes, lässt sich im West-Berlin der 1970er- und 1980er-Jahre feststellen. Das amerikanische Interesse an dem einst mit viel Aufmerksamkeit bedachten »Outpost of Freedom« hatte nach dem Mauerbau und mit Beginn des Krieges in Vietnam generell stark abgenommen.[92] Hinzu kamen akute Probleme innerhalb der Armee. Im April 1972 hatte der Oberbefehlshaber der U.S. Army Europe, Michael S. Davison, in einem Interview mit dem »Spiegel« die Situation in Deutschland drastisch beschrieben: Die US-Armee kämpfe infolge des Vietnamkrieges mit Budgetkürzungen, verfallenen Kasernen, Rauschgiftproblemen, Rassenhass, Gewalt, Desillusionierung, Disziplinlosigkeit und Desertion; die Soldaten würden nicht verstehen, warum die Deutschen sie überhaupt noch bräuchten.[93] Wenige Monate nach dem Interview wurde in den USA die Wehrpflicht abgeschafft. Während die Umstellung heute als erfolgreich eingeschätzt wird,[94] brachte sie zunächst zahlreiche Probleme mit sich.[95] Im Durchschnitt waren die US-Soldaten nun jünger, weniger gebildet, meist verheiratet und stammten überproportional häufig aus kleinen Orten in den amerikanischen Südstaaten; viele von ihnen waren nie zuvor im Ausland gewesen.[96] Aus dieser Konstellation erwuchsen neue Schwierigkeiten: Soldaten eines Berufsheeres tendieren dazu, den Ort ihrer Stationierung nur als einen Einsatzort unter vielen zu betrachten und sich kaum mit ihm zu identifizieren; zudem verbringen sie ihre Freizeit bevorzugt innerhalb der eigenen Militärgemeinde.[97] Um dieser zu entkommen, braucht man allerdings auch Geld – und eben daran mangelte es aufgrund der Dollarkrise seit Anfang der 1970er-Jahre, was viele Familien von Soldaten vermehrt nach Ost-Berlin fahren ließ.[98]
Der wiederholt als Argument gegen die alliierten Einkaufsfahrten ins Feld geführte Unmut der DDR-Bürger resultierte zum einen aus der immer schlechteren Versorgung mit Konsumgütern in den 1980er-Jahren und einem breiten Ungerechtigkeitsempfinden, da seit Mitte der 1970er-Jahre der Besitz von Devisen immer mehr zur Voraussetzung für gehobenen Konsum geworden war.[99] Wer keine DM im Portemonnaie hatte, dem blieben die Türen der Intershops verschlossen; wer keine West-Verwandtschaft hatte oder nicht aus beruflichen Gründen über Valuta verfügte, kam nicht in den Genuss der Angebote des Genex-Versandhandels. Die Delikat- und Exquisit-Geschäfte trösteten kaum, da regelmäßige Einkäufe dort nur für Personen mit höherem Einkommen möglich waren.[100] Die mit Einkaufstüten beladenen alliierten Soldaten trafen somit auf wenig Verständnis: Warum kauften sie die wenigen DDR-Luxuswaren, die es überhaupt gab, wenn sie doch Zugang zur westlichen Warenwelt hatten? Schließlich wurden auch Vergleiche mit den Folgen des zeitweise visafreien Reisens zwischen der DDR und Polen gezogen.[101] Ein von der Zentralen Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) des MfS archivierter Artikel der »Saarbrücker Zeitung« zitierte einen Ost-Berliner demgemäß: »Früher haben uns die Polen leergekauft, heute tun es die Amerikaner aus West-Berlin.«[102] Derartige Vorbehalte spielten der SED argumentativ in die Hände: War bereits »der Mauerbau mit dem drohenden Ausverkauf der DDR durch Westberliner begründet worden, so boten sich in den achtziger Jahren wiederum Touristen und Ausländer als Sündenböcke an«; ihre Einkäufe würden »der DDR-Bevölkerung Waren entziehen« und seien daher ausschlaggebend für den wahrgenommenen Mangel.[103]
Im Sommer 1989, als es bereits überall in der DDR rumorte und die westdeutschen Abendnachrichten regelmäßig über Botschaftsbesetzungen in Polen, der ČSSR und Ungarn berichteten, klagten schließlich mehrere DDR-Zeitungen über die Einkaufstouren von Soldaten der Westalliierten.[104] Sie zitierten allerdings primär westdeutsche Meldungen und ließen die Texte (und teilweise Fotos) weitestgehend für sich sprechen. Ergänzt wurde nur der Hinweis, dass der DDR-Führung die Währungsgeschäfte »ein Dorn im Auge« seien, es aber auch Hoffnung auf Besserung gebe, da die USA Einschränkungen angekündigt hätten.[105] Hier wurde ein Spagat versucht: Einerseits suggeriert man, dass der Mangel durch Käufer aus West-Berlin verursacht werde, andererseits wollte man weder die USA noch die Bundesrepublik verärgern und übte sich in Zurückhaltung.
Die US-Armee versuchte die Einkäufe immer wieder zu regulieren, wenn auch eher halbherzig. Der stetige Anstieg des Höchstbetrags für Warenexporte zeigt allerdings, dass die Regeln eher den soldatischen Praktiken angepasst wurden, als diese einzuschränken. In den 1970er-Jahren waren nur Einkäufe in Höhe von insgesamt 100 Ost-Mark gestattet.[106] Anfang der 1980er-Jahre sollten Warenkäufe im Wert von über 200 Ost-Mark auf einem Declaration of Purchase Form notiert werden. Zudem wurden aus Ost-Berlin zurückkehrende Fahrzeuge vereinzelt durch die eigene Militärpolizei am Checkpoint Charlie überprüft; wer keine Quittungen für die Einkäufe sowie einen Beleg für den legalen Währungstausch vorlegen konnte oder Waren mit sich führte, die nicht nur als kleines Geschenk oder für den persönlichen Gebrauch dienten, musste mit einer Disziplinarstrafe rechnen.[107] Da die Kontrollen aber lediglich in Form von Stichproben erfolgten, oblag die Einhaltung der Anweisungen dem einzelnen Soldaten.[108] Im Sommer 1989 legte die US-Armee dann ein Limit von 700 Ost-Mark für die Einkäufe jenseits der Mauer fest; die Soldaten wurden zudem ermahnt, keine knappen Waren wie Lebensmittel und Babykleidung zu kaufen.[109] Eine spezielle Dienstanweisung erklärte ihnen noch einmal den Unterschied »zwischen der konsumorientierten Wirtschaft in den Westsektoren der Stadt und der zentral kontrollierten Wirtschaft im Ostsektor«.[110] Die Maßnahmen waren jedoch wenig wirkungsvoll – und schon bald auch nicht mehr nötig.
Für US-amerikanische Besucher erwies sich Ost-Berlin besonders in den 1980er-Jahren als Ort, an dem man zugleich den Feind treffen und auf Schnäppchenjagd gehen konnte. Die Stadtrundfahrten für Militärangehörige und ihre Familien erscheinen im Rückblick als eine Mischung aus Politik-, Einkaufs- und Elendstourismus, motiviert durch die Neugier, einen Blick hinter den Eisernen Vorhang zu werfen und den Sozialismus als »real existierenden« Alltag sehen zu wollen. Ähnlich den Besuchern eines Museums wurden die Amerikaner jahrzehntelang durch die östliche Stadthälfte geleitet, und das Gesehene wurde für sie interpretiert. Welche Rolle spielten die Fahrten demnach für das DDR-Bild und damit für das Bild vom Kommunismus der amerikanischen Touristen? In den Erzählungen amerikanischer Veteranen dominieren die klassischen Erzählmuster des »Diktaturgedächtnisses«;[111] die Einkäufe in Ost-Berlin finden zumeist nur Erwähnung, wenn explizit danach gefragt wird. Berichtet wird stattdessen von schrulligen Volkspolizisten, dem schlechten Zustand der Häuser, trostlosen Straßen, misstrauischen Bürgern, omnipräsenter Überwachung und dem unguten Gefühl, das man verspürte. Stets sind die Berichte mit ähnlichen Adjektiven verbunden: grau, dunkel, schäbig, deprimierend. Dies war auch das Bild, das die US-Armee vermitteln wollte, und so begannen die Stadtrundfahrten teilweise mit einem Besuch des Mauermuseums am Checkpoint Charlie. Noch bevor die Amerikaner Ost-Berlin tatsächlich sahen, wurde ihnen hier bereits ein Deutungsangebot gemacht bzw. wurden existente Meinungen bekräftigt. Das Bild vom repressiven Mauerstaat sorgte bei vielen für Mitleid und Erschütterung, andere fühlten sich herausgefordert oder waren schlicht neugierig bis abenteuerlustig. Dies zeigt sich in den Verhaltensweisen bei späteren privaten Fahrten nach Ost-Berlin: Es wurden Zigaretten und Süßigkeiten verteilt, aber auch Konfrontationen mit dem Feind jenseits der Mauer gesucht – häufig in Form kleinerer Konflikte mit Repräsentanten der DDR-Staatsorgane, teils in Form der Unterstützung von Fluchtversuchen einzelner DDR-Bürger.[112] Beide Verhaltensweisen spiegeln das Selbstverständnis sowie das Berlin-Bild der US-Soldaten, entsprachen jedoch keinesfalls dem Wunsch der US-Armee, die direkte Kontakte eher fürchtete, da jegliches Fehlverhalten seitens der DDR zu Propagandazwecken genutzt werden konnte. Ein Artikel der Soldatenzeitung »Berlin Observer« zum Thema Ausflüge nach Ost-Berlin betonte dementsprechend: »Don’t engage in any activity or conduct embarrassing to the U.S. government […]. Above all, remember your conduct reflects upon the United States, so act and dress in good taste.«[113]
Aus der Perspektive der DDR-Regierung stellten die alliierten Grenzgänge stets die territoriale Souveränität des eigenen Staates infrage, demonstrierten sie doch, dass ausgerechnet der Status der Hauptstadt prekär war. Das geteilte Berlin erscheint insofern als eine »frontier city«, geprägt durch Konflikte, Migrationsprozesse sowie »complex specialized and often overlapping borders between diverse jurisdictions and cultural groups«.[114] Für das SED-Regime war dieser Zustand besonders problematisch: Eine Hauptstadt soll die Nation und somit territoriale Geschlossenheit und Eindeutigkeit repräsentieren.[115] Die regelmäßigen, weitestgehend unkontrollierten Grenzpassagen der Amerikaner, Franzosen und Briten sowie der Umstand, dass die eigenen Sicherheitsorgane keinerlei Befugnisse im Umgang mit ihnen hatten, demonstrierten die eigentlichen Machtverhältnisse in der Stadt. Obwohl Abgrenzung ein zentrales Element der politischen Kultur der DDR war, ließ sich eine totale Abschottung gen Westen nicht durchsetzen; Berlin blieb ein Grenzraum, in dem verschiedene Interaktionen an der Tagesordnung waren.[116]
Da die DDR-Regierung die alliierten Grenzübertritte nicht verhindern konnte, versuchte sie zum einen, jegliche Kontakte zwischen den eigenen Bürgern und den Besuchern aus dem Westen mit Hilfe des MfS zu überwachen. Zum anderen wollte sie von dem unliebsamen Tourismus finanziell profitieren – zum Beispiel durch erhöhte Einnahmen in Geschäften und Gaststätten. Hier zeigt sich die Ambivalenz der Ära Honecker: das Bedürfnis nach internationaler Anerkennung und die damit einhergehende partielle Öffnung – die jedoch durch einen massiven Ausbau des Sicherheitsapparates begleitet war, um die Folgen kontrollieren zu können.[117] Die schleichende Erosion der Sinnwelten des Kalten Krieges trug zudem auf beiden Seiten dazu bei, dass man sich in der Anomalität einrichtete und dass schließlich auch aus heutiger Perspektive ungewöhnliche Praktiken alltäglich wurden – wie zum Beispiel amerikanische Shopping-Touren in der sozialistischen Mangelwirtschaft als von der US-Armee toleriertes, teils sogar organisiertes Freizeitvergnügen.
Die geschilderten Konstellationen und Konflikte infolge der alliierten Grenzgänge weisen indirekt darauf hin, wie wenig über das innerstädtische Grenzgängertum nach 1961 bisher bekannt ist.[118] Sie zeigen am Sonderfall Ost-Berlin auch das Potential einer Geschichte des Reisens in die DDR.[119] In der Honecker-Ära stieg die Zahl der Reisenden von West nach Ost fast kontinuierlich: In den 1980er-Jahren besuchten jährlich circa 3,5 Millionen Bundesbürger die DDR, hinzu kam der »kleine Grenzverkehr« zwischen West- und Ost-Berlin. Die politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und alltagsgeschichtlichen Dimensionen und Implikationen dieser millionenfachen Grenzüberquerungen sind noch weitgehend unerforscht.[120] Zu fragen wäre nach den anvisierten Zielen und unerwünschten Folgen der zunehmenden Öffnung der DDR, nach staatlichen Regulierungsversuchen und Formen gesellschaftlichen Eigen-Sinns sowie nach der Ambivalenz von Außenintegration und Binnenerosion, die die wachsende Durchlässigkeit des »Eisernen Vorhangs« zeitigte. Zudem wäre zu analysieren, ob die Begegnungen zwischen Ost und West eine Modifikation der »Bilder vom Anderen« und somit das Hinterfragen erlernter Feindbilder zur Folge hatten oder Vorurteile eher verstärkten.
Anmerkungen:
[1] Hier und im Folgenden: dpa-Korrespondent Bernd Kubisch: Einkaufstouren der US-Soldaten verärgern viele Ost-Berliner, in: Berliner Zeitung, 2.8.1989, S. 2.
[2] Quellen zur US-Armee in Berlin finden sich in den verschiedenen Dependancen der U.S. National Archives and Records Administration (NARA), hauptsächlich am Standort College Park, Maryland. Ebenfalls konsultiert wurden die Archive des U.S. Army Heritage and Education Center (USAHEC) in Carlisle, PA und des U.S. Army Center of Military History (CMH) in Washington, DC. Viel verdankt dieser Beitrag auch den Gesprächen mit Mitgliedern der Berlin U.S. Military Veterans Association (BUSMVA) und der intensiven Beratung durch Craig Ellefson (Richard Nixon Presidential Library and Museum).
[3] Vgl. Friedrich Jeschonneck/Dietmar Riedel/William Durie, Alliierte in Berlin 1945–1994. Ein Handbuch zur Geschichte der militärischen Präsenz der Westmächte, Berlin 2002, S. 258f. Zu den Tätigkeiten der Militärverbindungsmissionen: Christopher Winkler, Die NVA im Blick westalliierter Militärs? Die Militärverbindungsmissionen, in: Hans Ehlert/Matthias Rogg (Hg.), Militär, Staat und Gesellschaft in der DDR. Forschungsfelder, Ergebnisse, Perspektiven, Berlin 2004, S. 97-112; Dorothee Mussgnug, Alliierte Militärmissionen in Deutschland. 1946–1990, Berlin 2002.
[4] Zum rechtlichen Status und den daraus resultierenden Schwierigkeiten: Udo Wetzlaugk, Die Alliierten in Berlin, Berlin 1988, S. 31-38; Ernst R. Zivier, Verfassung und Verwaltung von Berlin, 2., aktualisierte u. erweiterte Aufl. Berlin 1992; Dieter Schröder (Hg.), Das geltende Besatzungsrecht, Berlin 1990; Gerd Langguth (Hg.), Berlin vom Brennpunkt der Teilung zur Brücke der Einheit, Köln 1990.
[5] Hierzu: William Smyser, Zwischen Erleichterung und Konfrontation. Die Reaktionen der USA und der UdSSR auf den Mauerbau, in: Hans-Hermann Hertle/Konrad H. Jarausch/Christoph Kleßmann (Hg.), Mauerbau und Mauerfall. Ursachen – Verlauf – Auswirkungen, Berlin 2002, S. 147-157.
[6] Christian F. Ostermann, Die USA und die DDR (1949–1989), in: Ulrich Pfeil (Hg.), Die DDR und der Westen. Transnationale Beziehungen 1949–1989, Berlin 2001, S. 165-184, Zitat S. 165f.; Jürgen Große, Amerikapolitik und Amerikabild der DDR 1974–1989, Berlin 1996, S. 21-108.
[7] HQ Berlin Command, Berlin Command Garrison Regulations, 15.5.1957, in: NARA, RG 549, Records of U.S. Army Europe, U.S. Army Berlin, Berlin Brigade, Chief of Staff, Publications Record Set 1954–60, Regulations 1957–59, Box 7, S. 39f.
[8] HQ Berlin Command, Circular No. 600-2, 20: Personnel. Travel in Soviet Controlled Areas, Oktober 1955, in: NARA, RG 549, Records of U.S. Army Europe, U.S. Army Berlin, Berlin Brigade, Chief of Staff, Publications Record Set 1954–60, Circulars 1961, Box 9.
[9] Berlin Command Garrison Regulations, 15.5.1957 (Anm. 7).
[10] Amerikaner und Franzosen zeigen Grenzposten ihre Pässe, in: Tagesspiegel, 26.6.1965.
[11] HQ Berlin Brigade, Regulation No. 632-2, Standards of Conduct: For Travel in or near Soviet Controlled Areas, 6.2.1963, in: NARA, RG 549, Records of U.S. Army Europe, U.S. Army Berlin, Berlin Brigade, Chief of Staff, Publications Record Set, 1954–60, General Orders 1954–63, Box 5, S. 4-10. Die zwei Jahre später ausgegebenen Regulations besagten, dass Offiziere sich von ihrem Staff Divisions Director eine Travel Authority holen mussten. Vgl. Office of the U.S. Commander Berlin, Regulation No. 550-180: Travel To and From Berlin, 11.3.1965, in: NARA, RG 549, Records of U.S. Army Europe, U.S. Army Berlin, Publications Record Set 1951–66, General Orders, Box 1, S. 4. Ein Schreiben aus dem Jahr 1967 verlangte von allen Mitarbeitern der Berliner US-Mission (USBER) sowie von ihren Angehörigen, eine Genehmigung durch den POLAD (Political Advisor) einzuholen und Vertreter der US-Armee (Abteilung G-2 oder den diensthabenden Offizier) vor Antritt der Reise zu informieren. Die weiteren Anweisungen entsprachen weitestgehend denen für Angehörige der US-Armee. Vgl. Memo von William C. Jones III an All American USBER Personnel, Subject: Instructions for Travel to East Berlin, 1.3.1967, in: NARA, A City Divided. Life and Death in the Shadow of the Wall, Document Collection, 16.10.2013.
[12] United States Mission Berlin, Information for Visitors to East Berlin and the Soviet Zone, undatiert [vermutlich von 1970/71], in: BStU, MfS, HA II, Nr. 30024, Bl. 36f. Derartige Überlieferungen in den Akten des MfS resultieren aus dem Versuch, so viele Informationen wie möglich über die Alliierten in West-Berlin zu sammeln. Zur Überwachung alliierter Aktivitäten in der DDR und in Ost-Berlin siehe Söhnke Streckel, Lizenzierte Spionage. Die alliierten Militärverbindungsmissionen und das MfS, Magdeburg 2008.
[13] Rohübersetzung der USCOB-Regulation No. 550-180 vom 6.5.1971 samt Anhänge, in: BStU, MfS, HA VIII, Nr. 5819, Bl. 46-99, hier Bl. 58.
[14] Vgl. Der Offenbarungseid, in: Spiegel, 23.8.1971, S. 19-29.
[15] Vgl. »Wir mußten die 7. Armee ruinieren«, in: Spiegel, 17.4.1972, S. 64-81.
[16] Vgl. Jährliche Entwicklung des Wechselkurses des US-Dollars gegenüber der D-Mark von 1953 bis 1998 (in D-Mark).
[17] Vgl. Ostermann, Die USA und die DDR (Anm. 6).
[18] Zwischen 1976 und 1978 stieg die Zahl der Einreisen von US-Militärangehörigen von 27.228 auf 34.560 pro Jahr. Vgl. Übersicht zur Anzahl der Einreisen von Angehörigen der in Westberlin stationierten Besatzungstruppen der USA, Großbritanniens und Frankreichs in die Hauptstadt der DDR, Berlin, in den Jahren 1976, 1977 und 1978, undatiert, in: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 3002, Bl. 2. Im Jahr 1979 lag die Zahl der Einreisen bei 43.331, im Jahr darauf bei 51.790. Vgl. die tabellarische Übersicht »Besatzer USA«, undatiert, in: BStU, MfS, HA VI, Nr. 15741, Bl. 53. Ende der 1980er-Jahre lag die Zahl der jährlichen Einreisen schließlich bei über 100.000 (1986: 79.811, 1987: 110.619; 1988: 123.363; Januar bis November 1989: 119.818 Einreisen). Vgl. die tabellarischen Übersichten in: BStU, MfS, HA VI, Nr. 15079.
[19] Vgl. die monatlich erstellten Tabellen in: BStU, MfS, HA VI, Nr. 15079.
[20] Zehntausende stecken im Stau vor dem Checkpoint Charlie, in: B.Z., 12.11.1986.
[21] Die für Passkontrolle und Tourismus zuständige Hauptabteilung (HA) VI des MfS führte täglich Protokoll, welches KFZ wann ein- und wieder ausreiste. Auch der Grund der Reise wurde notiert, falls bekannt. Darüber hinaus wurden ab Mitte der 1970er-Jahre zusammenfassende Tabellen durch die Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) erstellt. Der Anteil von Touristen aus den USA dürfte eher gering gewesen sein, lässt sich aber nicht genau ermitteln, weil die vorliegenden Statistiken die Einreisenden aus den nichtsozialistischen Ländern zusammenfassen. Da einzelne Personen der US-Mission und der US-Armee während ihres Aufenthaltes observiert wurden, lassen sich die Aktivitäten der Amerikaner in Ost-Berlin zudem exemplarisch nachvollziehen.
[22] Vgl. Wetzlaugk, Die Alliierten in Berlin (Anm. 4), S. 130, S. 134.
[23] Vgl. die entsprechenden Zahlen in: BStU, MfS, HA VI, Nr. 15079.
[24] HQ Berlin Brigade, Regulation No. 632-2; Regulation No. 550-180 (beide Anm. 11).
[25] Regulation No. 550-180 (Anm. 11); Acknowledgement, Anhang 1 zu Regulation No. 550-180; Subject: Travel Briefing Slip, To: OIC Checkpoint Charlie, Annex B zu Regulation No. 550-180. Diese Hinweise von 1965 galten weitestgehend auch noch in den 1970er- und 1980er-Jahren.
[26] Hier und im Folgenden: Entry and Exit Instructions No. 1 (East Berlin), Annex C to Regulation No. 550-180, 11.3.1965, in: NARA, RG 549, Records of U.S. Army Europe, U.S. Army Berlin, Publications Record Set 1951–66, General Orders, Box 1.
[27] Ebd.
[28] Das MfS konnte den alliierten Grenzverkehr dementsprechend auch nur eingeschränkt kontrollieren und dokumentieren. Vgl. HA VI: Instruktion, 29.12.1976, in: BStU, MfS, HA VI, Nr. 16489, Bl. 3-21. Zum 1. Oktober 1980 führte die HA VI ein neues Karteikartensystem ein. Auf den Karten sollten nun sämtliche Beobachtungen notiert werden – unter anderem Dienstgrad, Geschlecht, Alter, Größe, Gestalt oder Haarfrisur der Einreisenden sowie, wenn feststellbar, die durch sie getätigte Warenausfuhr. Den Karten sollten Polaroid-Fotos von zu Fuß Einreisenden beigefügt werden. Vgl. HA VI, Weisung zur Durchführung der Registratur des Besatzerverkehrs auf Karteikarten ab 1.10.1980, 3.1.1980, in: BStU, MfS, HA VI, Nr. 16489, Bl. 19-24.
[29] Das MfS notierte diesbezüglich 1974: »Die Westmächte halten fest an der ›Viermächteverantwortung‹ für ›ganz Berlin‹ (Viermächtestatus) und verlangen, daß die ›entsprechenden Vereinbarungen und Beschlüsse der vier Mächte aus der Kriegs- und Nachkriegszeit‹ auch auf die Hauptstadt der DDR angewandt werden. […] Die Sowjetunion hat dagegen nur die ›vierseitige Verantwortung‹ für Westberlin anerkannt. In der Praxis hat sie jedoch bis jetzt einige Rechte des ›Viermächtestatus‹ in der Hauptstadt der DDR bei Aufrechterhaltung ihrer gegenseitigen Rechtsauffassung hingenommen. Dazu gehören u.a. [...] die von den Organen der DDR faktisch nicht kontrollierte Bewegungsfreiheit der westlichen Militärangehörigen in der Hauptstadt der DDR [...] [sowie] die Weigerung dieses Personenkreises, sich der Gerichtsbarkeit der DDR und anderen Maßnahmen staatlicher Organe der DDR zu unterwerfen.« Rechtsstelle des MfS: Zur Gerichtsbarkeit der DDR über Personen, die sich auf ihrem Territorium befinden, 11.9.1974, in: BStU, MfS, HA IX, Nr. 3085, Bl. 128ff., Zitat Bl. 128f. Siehe auch: Möglichkeiten der Untersuchung von Straftaten von Militärangehörigen der 3 Westmächte gegen die DDR, Niebling für Erich Mielke, September 1974, in: BStU, MfS, HA IX, Nr. 3085, Bl. 55f., Zitat Bl. 145-148.
[30] Annex C to Regulation No. 550-180 (Anm. 26), S. 5f.
[31] Erst im Juli 1990 entfiel ein Großteil der bisherigen Regelungen. Vgl. U.S. Information Service: US Changes Regulations for Travel from and to Berlin, in: Landesarchiv Berlin (LArch), B Rep. 002, Nr. 24535, Bl. 84.
[32] United States Mission Berlin, Germany: Information for Visitors to East Berlin and the Soviet Zone of Germany, undatiert [vermutlich um 1970], in: BStU, MfS, HA II, Nr. 30024, Bl. 36-39.
[33] Regulation No. 550-180 (Anm. 11), S. 7.
[34] Zu sehen in einem Film vom 23. August 1961.
[35] Instructions For OIC of East-Berlin Tour, Anhang zu: HQ Berlin Brigade, Regulation No. 28-5, Welfare, Recreation and Morale. Berlin Tours, 5.7.1966, in: NARA, RG 549, Records of U.S. Army Europe, U.S. Army Berlin, Berlin Brigade, Chief of Staff, Publications Record Set 1954-60, Regulations 1965–66, Box 8.
[36] HICOG Berlin Element, Berlin Brigade Special Services Division presents Berlin, Berlin 1964, S. 17-29 [Ausgabe im Archiv d. Verf.].
[37] ITT steht heute für »Information, Tickets and Travel« und dient als eine Art Reise- und Ticketbüro für US-Soldaten in aller Welt. Das Angebot wurde in den 1980er-Jahren nach einer Debatte über die Bedeutung der Familie für das Wohlbefinden der Soldaten ausgeweitet. Vgl. Jennifer Mittelstadt, The Rise of the Military Welfare State, Cambridge 2015.
[38] Linda Kozaryn, GI buying junkets to East Berlin cut, in: Stars and Stripes, 28.5.1983, S. 2.
[39] ITT, in: Berlin Observer, 21.3.1986, S. 8.
[40] Genannt werden unter anderem folgende Touren: 1) GÜSt – Unter den Linden – Alexanderplatz – Karlshorst – Treptower Park – GÜSt, 2) GÜSt – Alexanderplatz – GÜSt, 3) GÜSt – Alexanderplatz – Ostbahnhof – Frankfurter Allee – Treptower Park – GÜSt, 4) GÜSt – Grünberger Straße – Ostbahnhof – GÜSt. Vgl. Einschätzung zum Einsatz der Aktion »Bus« mit Stand vom 31.1.1987, 19.2.1987, in: BStU, MfS, AGM, Nr. 1780, Bl. 6-13. Eine Ausgabe des Berlin Observer aus demselben Jahr erwähnt eine wöchentliche Kombi-Tour, die Sightseeing und Shopping zum Preis von 8 US-Dollar bot sowie regelmäßige Fahrten zum Alexanderplatz für 7 US-Dollar. Vgl. Sightseeing, shopping tours, in: Berlin Observer, 20.11.1987, S. 8.
[41] Destination unlimited tours, in: Berlin Observer, 11.11.1988, S. IV.
[42] Standley verweist auf eine Studie aus dem Jahr 1965, die angibt, dass die Mehrzahl der Berlin-Besucher auch die östliche Stadthälfte besucht hätten. Michelle A. Standley, From Bulwark of Freedom to Cosmopolitan Cocktails. The Cold War, Mass Tourism and the Marketing of West Berlin as a Tourist Destination, in: Tobias Hochscherf/Christoph Laucht/Andrew Plowman (Hg.), Divided, but Not Disconnected. German Experiences of the Cold War, New York 2010, S. 105-118, Zitat S. 110.
[43] Siehe Kevin M. Born Papers, 1984–1997, in: USAHEC, Berlin Brigade Collection, Box 1.
[44] Korrespondenz d. Verf. mit G. Young, 2011/12.
[45] Vgl. Katherine Pence, Herr Schimpf und Frau Schande. Grenzgänger des Konsums im geteilten Berlin und die Politik des Kalten Krieges, in: Burghard Ciesla/Michael Lemke/Thomas Lindenberger (Hg.), Sterben für Berlin. Die Berliner Krisen 1948 : 1958, Berlin 2000, S. 185-202; Anna Kaminsky, Konsum als Blockkonfrontation, in: Michael Lemke (Hg.), Konfrontation und Wettbewerb. Wissenschaft, Technik und Kultur im geteilten Berliner Alltag (1948–1973), Berlin 2008, S. 353-369.
[46] Bericht Nr. 62/61 über die feindliche Tätigkeit der westlichen Militärverbindungsmissionen (MVM) im Gebiet der DDR, 10.2.1961, in: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 373, Bl. 1-23.
[47] E.I. über die Ausnutzung des Besuchs der Hauptstadt der DDR zum Einkauf und zur illegalen Ausfuhr von hochwertigen Erzeugnissen der DDR sowie zur Organisierung und Durchführung von Schiebergeschäften durch Angehörige der in Westberlin stationierten Streitkräfte der drei westlichen Besatzungsmächte, 9.5.1969, in: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 1684, Bl. 1-6.
[48] Ebd., Bl. 2f.
[49] Vgl. Kozaryn, GI buying junkets to East Berlin cut (Anm. 38); Heimlicher Handel, in: Spiegel, 2.2.1987, S. 90-92.
[50] Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Berlin, AIG: Berichterstattung über Konzentrationen von Ausländern im Bereich der Hauptstadt der DDR, Berlin, 15.8.1978, in: BStU, MfS, Nr. 32471, Bl. 8-19, hier Bl. 12.
[51] Jutta Voigt, Stierblutjahre. Die Bohème des Ostens, Berlin 2016, S. 209f.
[52] Vgl. HA VIII, Abt. 5 an HA II AKG: Information: Hinweise zu Aufenthalten von US-Militärangehörigen und US-Botschaftspersonal im Weinrestaurant Ganymed, Berlin-Mitte, Schiffbauerdamm, 19.4.1988, in: BStU, MfS, HA II, Nr. 31005.
[53] HA VIII, Abt. 5 an HA II, AKG, Information: Aufenthalt von US-Militärangehörigen/US-Botschaftspersonal in der HO-Gaststätte »Ganymed«, 29.6.1989, in: BStU, MfS, HA II, Nr. 31007, Bl. 27f.
[54] HA VIII: Bericht über Vorkommnisse mit den Angehörigen der drei westlichen Militärinspektionen bei ihren Fahrten auf dem Gebiet der Hauptstadt der DDR vom 1. Januar 1966 bis 31. März 1966, 21.4.1966, in: BStU, MfS, HA VIII, Nr. 11336, Bl. 5-36.
[55] HA VIII: Jahresbericht über die Tätigkeit und Wirksamkeit der drei westlichen Militärinspektionen für das Jahr 1968, 6.1.1969, in: ebd., Bl. 63-86.
[56] HA VIII: Halbjahresbericht über die Tätigkeit und Wirksamkeit der drei westlichen Militärinspektionen für das 1. Halbjahr 1968, in: ebd., Bl. 41-62.
[57] Jahresbericht für das Jahr 1969 über Feststellungsergebnisse bei der Aufklärung der Feindtätigkeit der Angehörigen der drei westlichen Besatzungsmächte während ihres Aufenthaltes in der Hauptstadt der DDR im Jahre 1969, 21.1.1970, Bl. 132-144.
[58] Vgl. Tabellen im Anhang zu ebd., Bl. 146-148.
[59] Siehe die verschiedenen Auswertungen und Stellungnahmen in: BStU, MfS, HA VIII, Nr. 5819.
[60] Leiter der HA VIII: Stellungnahme zur Vorschrift 550-180 des US-Berlin-Kommandos vom 6.5.1971, 20.7.1971, in: BStU, MfS, Nr. 5819, Bl. 25-30, hier Bl. 29.
[61] Ebd., Bl. 26.
[62] Provokatorisches Verhalten von Angehörigen der westlichen Besatzungsmächte bei Fahrten mit Militärfahrzeugen im demokratischen Berlin, 1963, in: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 722.
[63] Kimberly A. Redding, Growing Up in Hitler’s Shadow. Remembering Youth in Postwar Berlin, Westport 2004, S. 37.
[64] Zur Zigarette als »Kollektivsymbol« der frühen Nachkriegszeit siehe Malte Zierenberg, Stadt der Schieber. Der Berliner Schwarzmarkt 1939–1950, Göttingen 2008, S. 279-287.
[65] Vgl. Uta A. Balbier/Christiane Rösch (Hg.), Umworbener Klassenfeind. Das Verhältnis der DDR zu den USA, Berlin 2006; Rainer Schnoor, Zwischen privater Meinung und offizieller Verlautbarung: Amerikabilder in der DDR, in: Detlef Junker (Hg.), Die USA und Deutschland im Zeitalter des Kalten Krieges. Ein Handbuch, 1968–1990, Stuttgart 2001, S. 775-785.
[66] Konrad H. Jarausch, Die USA und die DDR. Vorüberlegungen zu einer asymmetrischen Beziehungsgeschichte, in: Balbier/Rösch, Umworbener Klassenfeind (Anm. 65), S. 26-31, Zitat S. 27f.
[67] Große, Amerikapolitik und Amerikabild der DDR (Anm. 6), S. 332-340, Zitate S. 337, S. 340.
[68] Vgl. die Berichte an den Innensenator in: LArch, B Rep. 002, Nr. 24622. Hinzu kamen Ängste infolge des nationalen und internationalen Terrorismus – erst aufgrund der Aktivitäten der Roten Armee Fraktion und der Revolutionären Zellen, später infolge der Anschläge auf das Kulturzentrum Maison de France (1983) und die Diskothek La Belle (1986).
[69] Exemplarisch: Beschwerden und Petitionen, in: LArch, B Rep. 002, Nr. 25732. Für die Jahre zwischen 1966 und 1975 konnte in den deutschen Akten kein einziger Beschwerdebrief gefunden werden. In den 1980er-Jahren häuften sie sich.
[70] »Wir mußten die 7. Armee ruinieren« (Anm. 15), Zitate S. 69-72.
[71] For Today’s GI, Germany is a Hardship Post, in: U.S. News and World Report, 8.7.1980; zit. nach LArch, B Rep. 002, Nr. 24620.
[72] In den Schulen der DDR wurde als erste Fremdsprache Russisch gelehrt. Englisch wurde zumeist als zweite Fremdsprache ab der siebten Klasse angeboten, vielen Lehrern fehlte jedoch mangels Auslandsaufenthalten die nötige Sprachpraxis. Die meisten US-Soldaten waren nur für 18 bis 36 Monate am Ort und konnten wenig Deutsch, obwohl die Armee wie auch die West-Berliner Volkshochschulen Sprachkurse für sie anboten.
[73] Provokatorisches Verhalten der in Westberlin stationierten Angehörigen der westlichen Besatzungsmächte bei Fahrten mit Militärfahrzeugen in der Hauptstadt der DDR, in: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 1283, Bl. 1f. Zahllose Beispiele aus den 1970er- und 1980er-Jahren finden sich in den erst monatlich, dann quartalsweise angefertigten Berichten der ZAIG zu »Informationen über Aktivitäten, Vorkommnisse und rechtswidrige Handlungen von Angehörigen der in Westberlin stationierten westlichen Besatzungstruppen bei der Einreise und dem Aufenthalt in der Hauptstadt der DDR, Berlin«. Zu den Aufklärungsfahrten siehe auch Christian Halbrock, Mielkes Revier. Stadtraum und Alltag rund um die MfS-Zentrale in Berlin-Lichtenberg, Berlin 2011, S. 211-216.
[74] PFC James Hardin, Meeting the Peacetime Challenge, in: Army in Europe, November 1963, S. 33-36, Zitate S. 33f.
[75] Exemplarisch: Übergriffe der Besatzer, in: Neues Deutschland, 13.10.1963; ND kommentiert: Besatzergangster, in: Neues Deutschland, 9.10.1964; Ami-Besatzer spielen Wildwest, in: Berliner Zeitung, 5.9.1968.
[76] Allein zwischen 1979 und 1982 ermittelte das MfS insgesamt 17 US-Bürger, die teils mehrfach als Fluchthelfer aktiv geworden seien. Vgl. Grundlagenmaterial für einen Protest des MfAA gegenüber der Botschaft der USA in der DDR, in: BStU, MfS, HA IX, Nr. 1309, Bl. 8-10. Siehe auch: Oberst Coburger an Generalmajor Neiber, Juni 1980, Anhang zur Anlage: Zur Rechtsstellung von Angehörigen der Streitkräfte der drei Westmächte in der DDR-Verfahrensweise zur Unterbindung und Untersuchung von gegen die DDR gerichteten Straftaten und anderen operativ relevanten Vorkommnissen durch diese Personen, in: BStU, MfS, HA IX, Nr. 308, Bl. 60-73.
[77] Weitreichende Perspektiven und große Aufgaben für Berlin, in: Berliner Zeitung, 27.3.1976, S. 3.
[78] Eine weitere Aufschlüsselung nach Herkunftsstaaten ist nicht gegeben. Information Nr. 197/76 über den Umfang des grenzüberschreitenden Verkehrs im Monat Februar 1976, 18.3.1976, in: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 2629, Bl. 29-31.
[79] Information Nr. 52/76 über den Umfang des grenzüberschreitenden Verkehrs im Monat Dezember 1975, 19.1.1976, in: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 2629, Bl. 16-18.
[80] Information Nr. 11/76 über den Umfang der Einreisen von Personen aus nichtsozialistischen Staaten und mit ständigem Wohnsitz in Westberlin in die Hauptstadt der DDR, Berlin, im Zeitraum vom 22. bis 26. Dezember 1975 und vom 29. Dezember 1975 bis 1. Januar 1976, 5.1.1976, in: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 2629, Bl. 1-3.
[81] Tabelle: Einreisen von Besatzern in die Hauptstadt, in: BStU, MfS, HA VI, Nr. 15741, Bl. 49; Einreisen von Bürgern Westberlins – insgesamt, in: ebd., Bl. 80. Die Steigerung im Vergleich zum Vorjahr betrug 9 Prozent und im Vergleich zu 1973 knapp 77 Prozent. Vgl. ebd., Bl. 81.
[82] Für Berlin ein großes Programm, in: Berliner Zeitung, 6.9.1979, S. 9.
[83] In vielen Interhotels musste mit frei konvertierbarer Währung bezahlt werden.
[84] HA VIII, Abt. 5 an HA II AKG: Information: Aufenthalte von US-Militärangehörigen/US-Botschaftspersonal im Weinrestaurant Ganymed, Berlin-Mitte, Schiffbauerdamm, 13.4.1989, in: BStU, MfS, HA II, Nr. 31014, Bl. 47. Im Gebäude des Ganymed befand sich auch die »Pension Zappel«, eines von sechs noch vorhandenen Ost-Berliner Privathotels.
[85] Peter Pragal, Ausverkauf am »Alex«, in: stern, 17.7.1986, S. 114.
[86] Peter Gärtner, Unbeliebte »Gäste« in Ost-Berlin: Ausverkauf am Alex, in: Zitty 25/1988, S. 24-25.
[87] Kozaryn, GI buying junkets to East Berlin cut (Anm. 38).
[88] Sprechzettel für den CdS [Chef der Senatskanzlei] für das Gesandtenessen am 7.8.1989, 4.8.1989, in: LArch, B Rep. 002, Nr. 13936.
[89] Vermerk Kunze, Betreff: Gespräch zwischen den Verbindungsoffizieren der Alliierten Kommandantur und Senatsdirigent Kunze am 21.3.1989, 22.3.1989, in: LArch, B Rep. 002, Nr. 13936.
[90] Streng geheim: Wertungen zum Einkaufsverhalten der amerikanischen Militärangehörigen bei DDR-Besuchen, undatiert [vermutlich vom Juli 1989], in: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 15773, Bl. 4-5.
[91] »In Vietnam, consumerism was a force so powerful that military authorities could not excise from the lives and will of the soldiers they led; they did not even try.« Meredith H. Lair, Armed with Abundance. Consumerism and Soldiering in the Vietnam War, Chapel Hill 2011, hier S. 147. Eine interessante Frage wäre, ob die in Vietnam gemachten Erfahrungen ausschlaggebend für die Umstellung der Berliner Stadtrundfahrten waren, denn hier warben die US-Streitkräfte anscheinend erstmals mit der Möglichkeit, sich an exotischen Plätzen dem Konsum hinzugeben.
[92] Vgl. David E. Barclay, A »Complicated Contrivance«. West Berlin behind the Wall 1971–1989, in: Marc Silberman/Karen E. Till/Janet Ward (Hg.), Walls, Borders, Boundaries. Spatial and Cultural Practices in Europe, New York 2012, S. 113-130.
[93] »Wir mußten die 7. Armee ruinieren« (Anm. 15).
[94] Vgl. Bernard Rostker, I want you! The Evolution of the All-Volunteer Force, Santa Monica 2006, S. 5-9.
[95] Vgl. Beth Bailey, America’s Army. Making the All-Volunteer Force, Westport 2008.
[96] Vgl. Larry H. Ingraham, The Boys in the Barracks. Observations in American Military Life, Philadelphia 1984, S. XIII; John P. Hawkins, Army of Hope, Army of Alienation. Culture and Contradiction in the American Army Communites of Cold War Germany, Westport 2001, S. 174-178.
[97] Maria Höhn, GIs and Fräuleins. The German-American Encounter in 1950s West Germany, Chapel Hill 2002, S. 225f.
[98] Hawkins, Army of Hope (Anm. 96), S. 214-221. Siehe auch: For Today’s GI, Germany is a Hardship Post, in: U.S. News and World Report, 8.7.1980; zit. nach LArch, B Rep. 002, Nr. 24620.
[99] Zum Thema soziale Ungleichheit in der DDR: Jens Gieseke, Die egalitäre DDR? Staatssozialistische Intersektionalität und der lange Schatten des Intershops, in: Eva Gajek/Christoph Lorke (Hg.), Soziale Ungleichheit im Visier. Die Wahrnehmung von Armut und Reichtum in Europa und den USA nach 1945, Frankfurt a.M. 2016, S. 163-180; ders., Soziale Ungleichheit im Staatssozialismus. Eine Skizze, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 10 (2013), S. 171-198.
[100] Vgl. Jörg Roesler, Massenkonsum in der DDR: zwischen egalitärem Anspruch, Herrschaftslegitimation und »exquisiter« Individualisierung, in: PROKLA. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft 35 (2005), S. 35-51.
[101] Vgl. Jonathan R. Zatlin, »Polnische Wirtschaft« – »deutsche Ordnung«? Zum Umgang mit Polen in der DDR, in: Christian Th. Müller/Patrice G. Poutrus (Hg.), Ankunft – Alltag – Ausreise. Migration und interkulturelle Begegnung in der DDR-Gesellschaft, Köln 2005, S. 295-315; Mark Keck-Szajbel, Shop Around the Bloc: Trader Tourism and Its Discontents on the East German-Polish Border, in: Paulina Bren/Mary Neuburger (Hg.), Communism Unwrapped. Consumption in Cold War Eastern Europe, Oxford 2012, S. 374-392.
[102] Bei diesen Preisen mundet es – West-Alliierte kaufen gern und viel in Ost-Berlin ein, in: Saarbrücker Zeitung, 30.7.1989; zit. nach ADN-Information vom 31.7.1989, in: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 20322, Bl. 7f., Zitat S. 7.
[103] Annette Kaminsky, »Nieder mit den Alu-Chips«. Die private Einfuhr von Westwaren in die DDR, in: Lothar Mertens (Hg.), Unter dem Deckel der Diktatur. Soziale und kulturelle Aspekte des DDR-Alltags, Berlin 2003, S. 91-111, Zitate S. 109f. Siehe auch Katarzyna Stokłosa, VR Polen und die DDR: Die Bedeutung der Grenze für das »Freundschaftstheater«, in: Mike Schmeitzner/Katarzyna Stokłosa (Hg.), Partner oder Kontrahenten? Deutsch-polnische Nachbarschaft im Jahrhundert der Diktaturen, Münster 2008, S. 193-203.
[104] PPP-Korrespondenz: »Going East« als Konsum-Trip, in: Neues Deutschland, 22.6.1989, S. 2. Der Beitrag wurde am selben Tag unter eben diesem Titel auch abgedruckt in der Berliner Zeitung (S. 2) sowie in der Neuen Zeit (S. 2/B).
[105] Kubisch: Einkaufstouren (Anm. 1).
[106] Leiter der HA VIII: Stellungnahme zur Vorschrift 550-180 des US-Berlin-Kommandos vom 6.5.1971, in: BStU, MfS, HA VIII, Nr. 5829, Bl. 25-30.
[107] Kozaryn, GI buying junkets to East Berlin cut (Anm. 38).
[108] Gesprächsnotiz, Hinkefuß (Senatskanzlei) mit den Verbindungsoffizieren der AK am 4.8.1983, 5.8.1983, in: LArch, B Rep. 002, Nr. 13936.
[109] US-Soldaten sollen bald nur noch 700 Mark bei Einkäufen in Ost-Berlin ausgeben, in: B.Z., 7.6.1989.
[110] US-Soldaten sollen Einkäufe in Ost-Berlin einschränken, in: Tagesspiegel, 6.9.1989.
[111] Martin Sabrow, Die DDR erinnern, in: ders. (Hg.), Erinnerungsorte der DDR, München 2009, S. 11-27.
[112] Ausführlich zum Thema Fluchthilfe: Marion Detjen, Ein Loch in der Mauer. Die Geschichte der Fluchthilfe im geteilten Deutschland 1961–1989, Berlin 2005; Monika Tantzscher, Die verlängerte Mauer. Die Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste bei der Verhinderung von »Republikfluchten« über andere Ostblockstaaten, in: Heiner Zimmermann (Hg.), Die DDR – Erinnerung an einen untergegangenen Staat, Berlin 1999, S. 91-122.
[113] Linda Jach, Traveling to East-Berlin, in: Berlin Observer, 14.8.1981, S. 3.
[114] Liam O’Dowd, Contested States, Frontiers and Cities, in: Thomas M. Wilson/Hastings Donnan (Hg.), A Companion to Border Studies, Malden 2012, S. 158-176, hier S. 162.
[115] »A functioning capital is a necessary if not sufficient condition for a functioning state. The state’s capacity to control the capital city militarily, even if it does not wield effective sovereignty in the rest of the state’s territory, is a sine qua non for the recognition of the state to be institutionalized within the interstate order.« Ebd., S. 171.
[116] Thomas Lindenberger, Divided, but Not Disconnected. Germany as a Border Region of the Cold War, in: Hochscherf/Laucht/Plowman, Divided, but Not Disconnected (Anm. 42), S. 11-33, hier S. 14, S. 17.
[117] Vgl. Jens Gieseke, Die Stasi 1945–1990, 3. Aufl. München 2011, S. 86-94.
[118] Zu den Grenzgängern bis 1961 siehe Frank Roggenbuch, Das Berliner Grenzgängerproblem. Verflechtung und Systemkonkurrenz vor dem Mauerbau, Berlin 2008.
[119] Bisherige Studien zur Tourismusgeschichte widmen sich den Reisen der DDR-Bürger: Christopher Görlich, Urlaub vom Staat. Tourismus in der DDR, Köln 2012; Heike Wolter, »Ich harre aus im Land und geh, ihm fremd«. Die Geschichte des Tourismus in der DDR, Frankfurt a.M. 2009; Studien zu Reisen in die DDR fehlen bis dato weitestgehend. Zu den wenigen Ausnahmen zählen: Eva Kübler, Organisierte Reisen junger französischer Gewerkschafter in die DDR der 1970er Jahre, in: Anne Kwaschik (Hg.), Die DDR in den deutsch-französischen Beziehungen, Brüssel 2013, S. 219-236; Philipp Springer, Bahnhof der Tränen. Die Grenzübergangsstelle Berlin-Friedrichstraße, Berlin 2013; Jens Niederhut, Frohe Ferien in der DDR. Kommunismus und Antikommunismus in den 1950er-Jahren, in: Deutschland Archiv 44 (2011), S. 552-560. Zudem existieren einige wenige Reiseberichte von Bundesbürgern, die die DDR besucht haben: Theo Sommer (Hg.), Reise ins andere Deutschland, Hamburg 1986; Per Ketmann/Andreas Wissmach, Anders reisen – DDR. Ein Reisebuch in den Alltag, Hamburg 1985; Wolfgang Geisler, Sieben Tage DDR. Eine Klassenfahrt, Darmstadt 1985; Martin Hülsmann, Drüben bei uns. Eine Begegnung mit der DDR, Würzburg 1984. Zum Aufeinandertreffen von Ost und West in Drittstaaten: Jürgen Haase/János Can Togay (Hg.), Deutsche Einheit am Balaton. Die private Geschichte der deutsch-deutschen Einheit, Berlin 2009; Stefan Appelius, Das Reisebüro der DDR, in: Deutschland Archiv, 19.7.2011.
[120] Vgl. Maren Möhring, Mobilität und Migration in und zwischen Ost und West, in: Frank Bösch (Hg.), Geteilte Geschichte. Ost- und Westdeutschland 1970–2000, Göttingen 2015, S. 369-410, insb. S. 380-382.