Three processes provided a dynamic of violence that involved the whole continent of Europe in varying degrees. First, “total war” meant the escalation of violence applied to the entire population of enemy states. Second, “totalitarian” ideologies drew on the experience of war and sought to annihilate their own projected antagonists. Third, the tension between territory, peoples, and nation-states was resolved through ethnic violence. The worst episodes of violence, especially the Holocaust, combined all three processes. Democratic states were affected by the same violence but to a much lesser extent, due to inbuilt restraints. Determining whether this dynamic of violence was distinctively European or one dimension of a wider modernity means rethinking European history in a global historical context.
 ∗       ∗       ∗
Drei Prozesse bewirkten im 20. Jahrhundert eine Dynamik der Gewalt, die Europa als ganzen Kontinent in unterschiedlichem Maße erfasste. Erstens: „Totaler Krieg“ bedeutete eine Gewalteskalation, die sich gegen die ganze Bevölkerung der jeweiligen Feindstaaten richtete. Zweitens: „Totalitäre“ Ideologien stützten sich auf die Kriegserfahrung und waren bestrebt, ihre vermeintlichen Gegner auszulöschen. Drittens: Die Spannung zwischen Territorium, Völkern und Nationalstaaten wurde durch ethnische Gewalt zu lösen versucht. Die schlimmsten Gewaltereignisse, besonders der Holocaust, beinhalteten alle drei Prozesse. Demokratische Staaten waren an der Gewalt ebenfalls beteiligt, aufgrund systemspezifischer Kontrollmechanismen aber in viel geringerem Ausmaß. Die Frage, ob die Dynamik der Gewalt charakteristisch für Europa war oder eher Teil allgemeinerer Konfliktlagen der Moderne, rückt die europäische Zeitgeschichte dabei in einen globalgeschichtlichen Zusammenhang.

Die Geschichte und Rezeptionsgeschichte von Spielfilmen in der Bundesrepublik Deutschland lässt sich als eine Konfliktgeschichte beschreiben. Der Beitrag gibt einen Überblick zum Forschungsstand und nimmt mit dem Skandal um Ingmar Bergmans „Das Schweigen“ (1963) einen der Höhepunkte der filmischen Skandalgeschichte in den Blick. Zeitgenössische Kommentatoren sahen die westdeutsche Aufregung um den Film, die sich insbesondere in der Aktion „Saubere Leinwand“ ausdrückte, im internationalen Vergleich als außergewöhnlich an. Eine nähere Betrachtung der internationalen Reaktionen auf „Das Schweigen“ zeigt demgegenüber, dass die bundesdeutsche Empörung keineswegs aus dem Rahmen fiel. Die Darstellung von Sexualität in „Das Schweigen“ wurde länderübergreifend in ganz Europa als ein Tabubruch empfunden. Entscheidend für die unterschiedlichen Rezeptionsweisen war allerdings, in welcher Länge (d.h. mit welchen Schnitten) Bergmans Werk jeweils in die Kinos kam.
 ∗       ∗       ∗
The history of film and film reception in the Federal Republic of Germany can be described as a history of conflicts. This essay presents an overview of current research and focuses on the scandal surrounding Ingmar Bergman’s ‘The Silence’ (1963), one of the most controversial events in the history of film in the Federal Republic. Contemporary commentators considered that the response to the film in this country, especially the so-called ‘“Clean Screen” Campaign’ (Aktion ‘Saubere Leinwand’), was unique. Yet a comparison of international reactions to the film shows that the outrage in the Federal Republic was not unique. All over Europe the portrayal of sexuality in the ‘The Silence’ was experienced as the breaking of a taboo. However, what did have a decisive influence on the different ways in which the film was understood in each country was the length of the particular version of the work (i.e. the way in which it was edited) that was shown in the various countries.

As a striking phenomenon of Soviet consumption, Beriozka stores appeared in the late 1950s and existed until the end of the 1980s. This chain of stores was a state trade organization selling goods that were otherwise in short supply (cars, fashionable clothes, household appliances, etc.) for special ‘checks’ used as equivalents of foreign currency by special groups of Soviet citizens. Similar stores existed in other socialist countries. The article shows that these stores on the one hand became an element of the existing system of state-granted entitlements. The customers were Soviet citizens who earned money abroad as well as people who did not go abroad but received remittances from foreign sources. On the other hand, the development of the black market (barely persecuted by the state) made it possible to purchase Beriozka checks for roubles; so it granted access to sought-after goods (among them even goods from the West) to a wide range of consumers. Paradoxically, Beriozka was criticized and much frequented at the same time.
 ∗       ∗       ∗
Seit den späten 1950er-Jahren waren die so genannten Beriozka-Geschäfte ein auffälliges Phänomen des Konsums in der UdSSR. Getragen vom Ministerium für Außenhandel, verkauften sie begehrte Konsumgüter wie Autos, modische Kleidung und Haushaltsgeräte gegen Devisen bzw. spezielle Schecks. Ähnliche Geschäfte gab es auch in anderen sozialistischen Ländern. Der Aufsatz zeigt, dass solche Läden auf der einen Seite zum sowjetischen Privilegiensystem gehörten. Die Kunden waren Sowjetbürger, die entweder selbst im Ausland arbeiteten oder aber von dort Einkünfte bezogen. Auf der anderen Seite konnten Beriozka-Schecks auf dem (vom Staat kaum sanktionierten) Schwarzmarkt gekauft werden, was den Zugang zu diesen Geschäften und den dortigen (auch westlichen) Waren stark erweiterte. Paradoxerweise wurde das Beriozka-System von den Konsumenten ebenso kritisiert wie häufig genutzt.

Wie kann man die beiden getrennten deutschen Nachkriegsgeschichten integrieren? Dieser für die neuere Zeitgeschichte grundsätzlichen Frage will sich der Aufsatz stellen. Er geht von den Defiziten bisheriger Versuche gemeinsamer Narrative aus und stellt dann eine plurale Sequenzperspektive mit sieben Stufen vor, welche die wechselnden Problemkonstellationen der Jahre 1945 bis 1990 betont. Aus einem für jede der Stufen zentralen Erfahrungsbeispiel leitet der Essay schließlich wechselnde, methodisch vielfältige Analysevorschläge ab, die den verschiedenen Gegenständen angemessen erscheinen. Der Königsweg zu einer gemeinsamen deutschen Nachkriegsgeschichte ist daher nicht die Fortschreibung einer latenten Nationalgeschichte, sondern ein multiperspektivischer Ansatz, der sowohl der Eigendynamik der Teilung wie den weiter bestehenden Verflechtungen und blockübergreifenden Problemlagen gerecht wird – und nicht zuletzt auch den biografischen Erfahrungen der beteiligten Menschen.
 ∗       ∗       ∗
How can one integrate the two separate German histories of the post-war period? The article attempts to address this question, which is fundamental for the writing of contemporary history. It starts by identifying some deficits in the leading examples of common narratives and proposes a perspective of plural sequences with seven stages, which emphasizes the changing problem constellations between 1945 and 1990. Based on one example of experiences for each of the stages, the essay then suggests a variety of analytical approaches that appear suitable for the changing subject matter. The solution for the problem of constructing a joint history is therefore not the continuation of a latent national narrative, but a multiple perspective, which does justice not only to the dynamics of division, but also to the continuing ties between the two Germanies as well as the problems that transcend their borders – and last but not least to the biographical experiences of the people involved.

How did the technological ability to manipulate the sounds of weapons affect warfare in Europe during the twentieth century? The article first observes the role of warfare sounds in Europe prior to the First World War. The focus here is on the connection between the large-scale use of artillery and rapid-fire technologies and the development of sonic perceptions of ‘sounded power’ during the late nineteenth century. The second part discusses the introduction of ‘soundless weapons’ during the First World War. The horror of ‘silenced power’ as a force undermining the long-term tradition of ‘sounded power’ on the battlefield is exemplified by the case of gas warfare in the First World War and its long-term influence in Germany during the Weimar Republic and National Socialism. The paper points to existing gaps in research regarding the role of sound and silence on the battlefield, and further argues that although the notion of ‘silenced power’ was more prevalent in the first half of the twentieth century its potential horror could not be ignored after 1945.
 ∗       ∗       ∗
Wie hat die technische Möglichkeit der Manipulation von Waffengeräuschen die Kriegführung im 20. Jahrhundert beeinflusst? Der Artikel beschäftigt sich zunächst mit der Rolle von Kriegsgeräuschen in Europa vor 1914. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Verbindung zwischen dem umfänglichen Einsatz von Artilleriefeuer und der auditiven Wahrnehmung klanglicher Macht (sounded power) im 19. Jahrhundert. Sodann wird die Einführung geräuschloser Waffen im Ersten Weltkrieg diskutiert. Die schreckliche Wirkung schallgedämpfter Macht (silenced power) wird am Beispiel des Gaskriegs im Ersten Weltkrieg und dessen Nachwirkungen während der Weimarer Republik und der NS-Herrschaft erläutert. Der Artikel nennt zudem Lücken in der Forschung zur Rolle von Klang und Stille auf dem Schlachtfeld und argumentiert, dass die erschreckende Bedeutung schallgedämpfter Macht, die vor allen Dingen in der ersten Jahrhunderthälfte präsent war, auch nach 1945 nicht ignoriert werden konnte.