1. Können Computer denken?
Überlegungen zum Einsatz der Computer in den 1950er- und 1960er-Jahren
2. Ein (west)deutscher Sonderweg zur Informationsgesellschaft?
3. Der Weg der Computer in die Unternehmen
4. Diskurse über die Zukunft der Arbeit
5. Mensch und Maschine: Soziale Folgen der Computerisierung
Werkhalle des Unternehmens Buderus (Blechverarbeitung und Heizkesselhersteller), 1979
(HNF Heinz Nixdorf MuseumsForum, Paderborn)
„Im Betrieb überleben mit der neuen Technik“: Unter diesem Titel veröffentlichte das Wissenschaftszentrum Berlin im Jahr 1980 eine Studie über die Erfahrungen von Arbeitern einer Maschinenbaufirma nach der Einführung von CNC-gesteuerten Werkzeugmaschinen.1 In der Fachliteratur, so der Autor, herrsche angesichts der neuen computergesteuerten Produktionsprozesse eine „technische Euphorie“ vor. Wie sich jedoch der Alltag im Unternehmen sowie die Produktions- und Lohnbedingungen der Arbeiter im Zuge der Computerisierung ihrer Arbeitsplätze veränderten, wurde kaum thematisiert. Im Zentrum der recht schmalen Untersuchung stand ein Interview mit dem 39-jährigen Dreher Klaus F. Die Auskünfte, die dieser dem Soziologen Eckart Hildebrandt gab, stützen jene Vorstellungen, die wir noch heute von der Computerisierung der Arbeitswelt haben: Der Zeitdruck, unter dem die Beschäftigten standen, erhöhte sich durch eine schnellere und kaum mehr beeinflussbare Taktfolge der Maschinen. Qualifikation und Erfahrungswissen büßten an Wert ein. Nach kurzen Einarbeitungszeiten konnten nun auch Berufsanfänger auf die gleiche Stückzahl kommen. Produktionsergebnis und persönliche Leistung verloren so ihren Zusammenhang. Pausen, die sich früher in den Zeiten des Maschineneinstellens und -putzens ergaben, entfielen – und damit auch die Kommunikation zwischen den Kollegen. Alles geschah in Eile. Es entstanden Konflikte zwischen der neuen Berufsgruppe der Programmierer, die den Maschinentakt vorgaben, und den Drehern; man warf sich gegenseitig vor, von der Arbeit des jeweils anderen nichts zu verstehen. Der Arbeitsstress stieg, der Lohn blieb in der Regel gleich. Zudem wurde das allgemein unbeliebte Dreischichtsystem eingeführt. Eine Arbeitserleichterung konnte der befragte Dreher nicht feststellen, dafür jedoch einen Verlust an Stolz auf seine Qualifikation und seine langjährigen Erfahrungen: „Man hatte das Gefühl, nicht mehr unersetzlich zu sein.“2
Die Computerisierung der Arbeitswelt, deren Folgen der Berliner Maschinenbauer zu Beginn der 1980er-Jahre spürte, hatte bereits in den 1950er-Jahren begonnen und erfasste seitdem immer mehr Arbeitsbereiche in Industrie und Verwaltung. Obwohl es sich dabei um einen Prozess handelt, dessen gesellschaftliche Folgen bis heute wirksam sind, haben Zeithistoriker/innen dieser Entwicklung bislang kaum Aufmerksamkeit geschenkt.3 Lediglich zu Teilbereichen der Computerisierung liegen technikhistorische4 und (industrie)soziologische5 Studien vor. Diese Leerstelle verwundert umso mehr, da eine zeithistorische Perspektive die Untersuchung des technologischen und organisatorischen Wandels in Unternehmen und Verwaltungen um die Perspektive seiner gesellschaftlichen Begleitumstände und Folgen erweitern kann: Eine sozialhistorische Betrachtung der verschiedenen Akteure wie Unternehmensleitungen, Produzenten, Gewerkschaften und Medien könnte einen Beitrag leisten zur Diskussion um das „Ende des Fordismus“ bzw. um dessen Transformationen.6 Die Analyse der Computerisierung seit den 1960er-Jahren ist zudem hervorragend geeignet für den historischen Vergleich. Interessant wäre etwa die Erforschung der sozialen, politischen und kulturellen Bedingungen, unter denen sich technologische Innovationen jeweils durchsetzen konnten – und dies nicht nur in Westeuropa. Betrachtet man beispielsweise die gegenwärtigen Produktionsregime in den ehemaligen staatssozialistischen Ländern Ostmitteleuropas, in China oder in den so genannten Tigerstaaten, lassen sich zum einen unerwartete Grenzen des Transfers feststellen, zum anderen aber Entwicklungsgeschwindigkeiten beobachten, die aus westeuropäischer Perspektive immer wieder erstaunlich sind.
Im Verlauf der Computerisierung wurden und werden die Diskurse beherrscht von der Idee perfekter, störungsfreier Produktionsabläufe. In den 1950er- und frühen 1960er-Jahre wurden euphorisch Szenarien entworfen, die die Fehlerquelle Mensch ausschalten sollten. Zudem wurde die Einführung der Computertechnik in Ost und West mit dem Argument der „Humanisierung der Arbeit“ geradezu gefeiert. Andererseits steigerte die Computerisierung die Angst vor neuen Rationalisierungswellen in der Industrie und vor wachsender Arbeitslosigkeit. Nur wenig zeitversetzt bewegte auch die Automatisierung der Büroarbeit die Gemüter. Solche Diskussionen um die Grenzen und Möglichkeiten der neuen Technik, um die Überlegenheit des menschlichen Verstandes oder die Unfehlbarkeit der Technik wurden geführt, seit es die Idee der „Elektronengehirne“ gab, also bereits seit dem Ende der 1940er-Jahre. Die Euphorie angesichts der neuen Technologien und ihrer ungeahnten Potenziale dauerte etwa bis zum Ende der 1960er-Jahre an. Bis dahin schien alles möglich zu sein: das Apollo-Programm der USA und die Mondlandung, die Anwendung der Lasertechnik, die ersten Farbfernseher und scheinbar unerschöpfliche Energieressourcen durch die Atomkraft.
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So ließe sich ein Bogen spannen von den Erwartungen und Ängsten, die den Prozess der Computerisierung in Europa seit den späten 1950er-Jahren begleiteten, bis hin zu den aktuellen Debatten um technische Machbarkeiten in allen gesellschaftlichen Bereichen – sei es der Atomausstieg, die Präimplantationsdiagnostik oder die Bekämpfung der Folgen von Umweltkatastrophen. Eine historische Analyse der Computerisierung kann dazu beitragen, die Technikfolgen-Diskussionen zu versachlichen und Euphorien bzw. Ängste in einen Kontext zu stellen, der die permanente Revolutions-Rhetorik vom digitalen Wandel relativiert. Die folgenden Überlegungen sollen dafür erste Annäherungen und Befunde bieten. Im Zentrum steht dabei die Bundesrepublik Deutschland der 1950er- bis 1980er-Jahre. Die Notwendigkeit einer vergleichenden Perspektive ist evident; diese muss jedoch künftigen Forschungen vorbehalten bleiben. Hier werden zunächst drei Aspekte untersucht: die Entwicklung der Computerbranche in der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft, Erwartungen und Ängste im Prozess der Computerisierung sowie schließlich Erfahrungen von Beschäftigten im Umgang mit Computern an ihrem Arbeitsplatz.
Die Entwicklung der Computerbranche in der Bundesrepublik wird betrachtet vor dem Hintergrund der (Markt-)Dominanz amerikanischer Unternehmen wie IBM und der Skepsis deutscher Elektronik- und Büromaschinenhersteller gegenüber den Unwägbarkeiten einer Industrie, deren möglicher Nutzen in den 1950er-Jahren kaum abzuschätzen war. Vor allem im Bereich der Arbeitsorganisation waren mit der Einführung des Computers große Erwartungen verbunden. Erinnert sei hier an die Ideen vom „papierlosen Büro“ und „menschenleeren Fabriken“ oder von „intelligenten“ Bildschirmarbeitsplätzen und Telearbeit.7 Verfolgt man die Entwicklungsgeschichte der Computerindustrie bis hin zum tatsächlichen Einsatz des Computers in Produktion und Verwaltung, so zeigt sich, wie bedeutsam Erwartungen und Ängste der Zeitgenossen waren. Eine Geschichte der Computerisierung der Arbeitswelt (wie überhaupt aller technologischen Umwälzungen) bleibt ohne die Betrachtung dieser oft diffusen Gefühlslagen unverständlich und abstrakt. Schließlich wird die Praxis, d.h. der Umgang mit dem Computer am Arbeitsplatz, nicht nur von dessen Anwendungsmöglichkeiten bestimmt, sondern ebenso von Abwehr bzw. Begeisterung für die neue Technik – zumindest in den Anfängen der Computerisierung.
Die im Rahmen soziologischer Forschungsprojekte entstandenen Interviews mit Arbeitern und Angestellten aus den 1970er- und 1980er-Jahren geben Einblicke in Arbeitswelten nach der Einführung der Computer in Industrie8 und Verwaltung.9 Solche empirischen Studien sind heute nicht nur ergiebige Quellen für die Erforschung der Computerisierung der Arbeitswelt; sie bieten zudem Einblicke in die damalige soziologische Forschungslandschaft. Besonders interessant an diesen Arbeiten sind die Fragen der Soziologen, die das Phänomen der Computerisierung vor 30 bis 40 Jahren zu fassen versuchten. Dem Zeitgeist entsprechend wurde zunächst nach den sich verändernden Macht- und Kontrollmechanismen in den Betrieben und Unternehmen gefragt. Erst zeitversetzt untersucht wurden neue Qualifikationsanforderungen,10 veränderte Geschlechterverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt11 und der Wandel von Leitbildern innerhalb der Unternehmen. Analysiert wurde schließlich, ob sich die neuen Technologien als „Jobkiller“ erwiesen hätten oder ob sie vielmehr die Art und Organisation der Arbeit neu definierten.12
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Der Aufsatz gliedert sich in fünf Abschnitte: Zunächst wird der Diskurs um die Möglichkeiten und Grenzen des Computereinsatzes verfolgt (1.), um dann der Frage nachzugehen, ob es einen spezifisch (west)deutschen Weg in die Informationsgesellschaft gegeben hat (2.). Auf dieser Basis werden Vorstellungen und Erwartungen der Unternehmensleitungen beschrieben sowie der Einsatz der ersten Computer in bundesdeutschen Unternehmen (3.). Bereits vor der tatsächlichen Verbreitung von Computern begannen Diskurse über die Zukunft der Arbeit (4.). Anknüpfend an die soziologischen Forschungen der 1970er- und 1980er-Jahre werden schließlich Erfahrungen von Arbeitnehmer/innen im Umgang mit der neuen Technik beobachtet – und damit die Mikroebene der Computerisierung (5.).
1. Können Computer denken? Überlegungen zum Einsatz der Computer in den 1950er- und 1960er-Jahren
Bestaunte Technik: das „Elektronengehirn“ im britischen Pavillon auf der Deutschen Industrie-Ausstellung, Messegelände am Funkturm in West-Berlin, Oktober 1951. Das Modell „Nimrod“ der englischen Firma Ferranti war eine Maschine für das Spiel „Nim“. Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard soll auf der Messe bei drei Versuchen dreimal gegen den Rechner verloren haben. Siehe http://www.heise.de/newsticker/meldung/Vor-50-Jahren-fing-alles-an-das-erste-Elektronenhirn-in-Deutschland-51722.html (dort mit falschem Bildnachweis).
(Landesarchiv Berlin/Bert Saß, F_Rep_290_0014930.jpg)
„Die innovativen Unternehmen der nächsten Gesellschaft werden entdecken, dass Geistesgegenwart [...] im Umgang mit Menschen, Maschinen und Ideen die knappste Ressource von allen ist. Und sie werden entdecken, dass nur der Mensch diese Ressource bereitstellen kann. Dies wird die innere Organisation von Unternehmen grundlegend ändern.“13 So beschrieb der Kulturtheoretiker Dirk Baecker im Jahr 2007 die Idee des „innovativen Unternehmens“ der Zukunft. Ein solches Unternehmen werde nicht nach herkömmlichen Maßgaben der Betriebswirtschaftslehre gestaltet sein, sondern nach Kriterien der Sozialpsychologie. Baeckers Leitbild ist das der high-reliability organizations; es orientiert sich an der Arbeit von Krankenschwestern auf Intensivstationen, von GIs auf Flugzeugträgern und von Angestellten in Atomkraftwerken.14 In den genannten Berufen führe weder der Preismechanismus noch das Streben nach Nutzen, Umsatz oder Gewinn zur nötigen Effizienz. Wesentliches Produktionsmittel sei hier der „Rechner Mensch“, der eine hochgradig komplexe Einheit darstelle, wahrnehmungs- und lernfähig sei und in der Lage sei, zu kommunizieren.15
Rund 60 Jahre vor Baecker spekulierten die Befürworter rechnergesteuerter Arbeitsabläufe mit ähnlich utopischem Potenzial auf das genaue Gegenteil. Wenn es in den Debatten der 1950er-Jahre um die Unternehmensorganisation der Zukunft ging, lautete das oberste Ziel, die labile, schnell ermüdende, Fehler machende und eigensinnige Ressource Mensch bzw. deren Einfluss in Produktion und Verwaltung durch technologische Innovationen zu verringern. Begriffe wie „Computer“ und „Informatik“ waren noch nicht etabliert. In den damaligen Zukunftsvisionen tauchten vielmehr das „Elektronengehirn“ und der „Roboter“ auf. Häufig wurde der Einsatz der „Elektronengehirne“, zumindest außerhalb der Fachpresse, erwartungsvoll herbeigeredet – meist in Unkenntnis des tatsächlichen Entwicklungsstands der Rechnerbranche, zumal der deutschen. In der Fachpresse gab es neben den zum Teil phantastischen Berichten aus den USA indes auch skeptische Töne. Ob „Elektronengehirne“ tatsächlich die besseren Manager seien, wurde durchaus bezweifelt. So provozierte ein Artikel in der Zeitschrift „Das Rationelle Büro“16 aus dem Jahr 1953 mit der Frage: „Was sollen wir in unseren Betrieben mit Geräten anfangen, die mit ‚Lichtgeschwindigkeit‘ arbeiten?“17
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Sowohl Fachzeitschriften als auch populäre Medien wie der „Spiegel“ orientierten sich beim Thema Automatisierung an Nachrichten aus den USA. Dabei wurde selbst dort der Einsatz elektronischer Rechner für die Rationalisierung von Verwaltungen und Büros zu Beginn der 1950er-Jahre lediglich propagiert. Er beschränkte sich zunächst weitgehend auf die Automobil- und die Energieindustrie sowie auf Versicherungen und Banken.18 Während in den amerikanischen Industrieverwaltungen und Büros Anfang der 1950er-Jahre noch flächendeckend ohne Computer gearbeitet wurde, zeichnete sich der Vorsprung, der die deutschen Experten so beeindruckte, auf anderen Gebieten ab. Zum Beispiel erteilte die US Air Force bereits 1949 einen Forschungsauftrag für den ersten Prozessrechner im Werkzeugmaschinenbau, 1951 bereitete der Großrechner Univac I das Zahlenmaterial für die Volkszählung des Vorjahrs auf, und ab 1952 wurde das Platzreservierungssystem amerikanischer Fluggesellschaften mittels Computer bearbeitet. Erst sechs Jahre später gab es das erste derartige System im europäischen Flugverkehr (bei Scandinavian Airline, SAS).
CBS filmt erste Ergebnisse der amerikanischen Präsidentschaftswahlen 1952, die mit Hilfe des Computers „UNIVAC I“ der Firma Remington Rand hochgerechnet wurden. Der Wahlsieg Eisenhowers wurde auf Basis einer Stichprobe der abgegebenen Stimmen zutreffend prognostiziert.
(Hagley Museum and Library, HF_C032_009.tif)
1956 wurde der erste Rechner für eine Bank in der Bundesrepublik installiert. Es folgten Großprojekte wie das Quelle-System (1957), die Einführung von Systemen für die Lohnbuchhaltung (1958) sowie der Einsatz von Prozessrechnern in der Energieversorgung, in Eisenhüttenbetrieben und für Pipelines (1967/68). Ab 1967 speicherte das FBI seine kriminalpolizeilichen Informationen elektronisch; 1969/70 begann damit auch das Bundeskriminalamt.19
Noch 1959, sechs Jahre nach dem zitierten „Lichtgeschwindigkeits“-Artikel, reagierte der Betriebswirtschaftler Hanns Steinhaus gereizt auf die Phantasien von der Macht der „Elektronengehirne“. In einem Beitrag für die Wochenzeitschrift „Der Betrieb“20 kritisierte er: „Der erfahrene Fachmann hatte dabei den Eindruck, als wollten Übereifrige die konventionelle Lochkartentechnik bei lebendigem Leibe begraben und im Sturmschritt alles elektronisieren. [...] Es besteht dabei die Vorstellung, daß die führenden Männer eines Unternehmens täglich tausende von Ermessensentscheidungen treffen müßten. Diese sollten in Zukunft die ‚Elektronengehirne‘ die angeblich bis zu 4.000 ‚logische Entscheidungen‘ in einer Sekunde fällen können, den geplagten Managern abnehmen, so daß diese selbst nur noch die wenigen Entscheidungen zu fällen haben, die sich ‚nicht auf logische Weise‘ treffen lassen.“21
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Dem Betriebswirt Steinhaus ist nicht vorzuwerfen, er sei einer romantisierenden Technikaversion verfallen – schließlich hatte er sich schon zu Beginn der 1930er-Jahre mit den Vorzügen der Lohn- und Gehaltsabrechnungen mittels Lochkarten-Systemen beschäftigt.22 In welchem Maße jedoch die Computertechnik die Arbeit im Büro und in der Industrie revolutionieren würde, dass ganze Industriezweige wie die Uhrenindustrie oder das Druckgewerbe zwei Dekaden später nach völlig neuen Verfahren produzieren bzw. in ihrer traditionellen Form nicht mehr existieren würden – das konnten sich nur wenige Menschen vorstellen.
Allem Analysewillen zum Trotz überwog Ende der 1950er-Jahre angesichts der neuen Technik die Euphorie. Als der „Spiegel“ 1956 über die Einweihung des „größte[n] und schnellstdenkende[n] Elektronengehirn[s]“ berichtete, das die amerikanische Firma Remington Rand im Frankfurter Battelle-Forschungsinstitut installiert hatte, wurden die skeptischen Stimmen von der Begeisterung übertönt: „Maschinen, die Wirtschaftskrisen voraussagen, sind schon an der Arbeit und spucken Tag für Tag ihre Ergebnisse aus. Maschinen berechnen Planetenbahnen oder Reaktionen der Atomkerne und übertreffen dabei Armeen von Rechnern, denn sie rechnen im Tempo elektronischer Schaltgeschwindigkeiten. Sie lenken und beaufsichtigen industrielle Arbeitsvorgänge, ersetzen die Menschen, vertreiben sie aus den Büros und von den Arbeitsplätzen an den Fließbändern.“23 Die Manager von Remington Rand propagierten pflichtgemäß die zukünftigen Freiheiten des Menschen und dessen schöpferische Potenzen, die nun zum Zuge kommen würden.
Deutlich wird hier der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Entwicklung einer nationalen Computerindustrie und der Computerisierungs-Praxis. In der Bundesrepublik fehlte es in den 1950er-Jahren an Nachfragen von Seiten möglicher Anwender und einer institutionalisierten Förderpolitik durch große öffentliche Einrichtungen. Zudem war der Markt beherrscht von amerikanischen Büromaschinenherstellern wie IBM und Remington Rand, weshalb Impulse für die Entwicklung der Computerindustrie im Vergleich zu den USA relativ schwach blieben.
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2. Ein (west)deutscher Sonderweg zur Informationsgesellschaft?
So schien der Einstieg der Bundesrepublik in die Computerindustrie schleppend zu verlaufen. In seiner Dissertation aus dem Jahr 2010 widerspricht der Historiker Timo Leimbach jedoch der häufig vertretenen These eines technikgeschichtlichen deutschen Sonderwegs als Folge des Zweiten Weltkriegs und einer traditionellen Technikaversion der Deutschen. Er stellt fest, dass sich die Computertechnologie zwar verzögert habe; die Ursache dafür sei jedoch nicht kriegsbedingt, sondern liege in der überwiegend dezentralisierten bundesdeutschen Wirtschaft mit ihrer Vielzahl kleiner und mittelgroßer Betriebe. Hinzu kämen fehlende Nachfrageimpulse und Netzwerkstrukturen zwischen Herstellern, Anwendern und Forschungsinstituten, wie es sie in den USA längst gegeben habe, und schließlich ein Mangel an Fachkräften.24
Selbst wenn Leimbachs Argumentation grundsätzlich zuzustimmen ist, standen der Entwicklung einer westdeutschen Computerindustrie und einer daraus folgenden Computerisierung zunächst einige nachkriegsbedingte Probleme entgegen. So waren einzelne Wirtschafts- und Forschungsbereiche nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs durch die Kontrolle der Alliierten eingeschränkt, und der Fachkräftemangel wurde durch die Kriegsfolgen und den „Transfer“ von Spezialisten in die UdSSR und die USA verstärkt. Der Alliierte Kontrollrat verbot 1946 deutsche Forschungsarbeiten im Bereich der Luftfahrttechnik. Bis zur Erlangung der Souveränität der Bundesrepublik durch die Ratifizierung der Pariser Verträge im Oktober 1954 wurde zudem die Entwicklung elektronischer Geräte erschwert. Das Haupteinsatzgebiet von Rechenmaschinen im NS-Staat waren jedoch gerade die nun verbotenen Bereiche der Luftfahrtforschung und der Kernphysik gewesen. Beide Forschungsfelder waren in anderen Staaten ein wesentliches Moment für die Entwicklung der Rechentechnik.
Hinzu kam, dass relevante Firmen in großem Umfang demontiert und ihre Patente enteignet waren. Die daraus entstandenen finanziellen Engpässe verschärften sich noch durch die Währungsreform. Unternehmen wie Siemens, AEG und Telefunken waren zudem nicht bereit, hohe Investitionen in Bereiche zu lenken, die eine langjährige Entwicklungsarbeit und eben jenes fehlende Fachpersonal benötigten. Die Marktaussichten für die Rechentechnik galten als schwer einzuschätzen. Daher konzentrierten sich diese Firmen zunächst auf die Wiederaufnahme der traditionellen Produktion. Überhaupt fiel es der Mehrzahl der bundesdeutschen Unternehmer schwer, sich Anwendungsmöglichkeiten für die Rechentechnik außerhalb des militärischen Bereichs vorzustellen.25
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Die wichtigsten Hersteller der Rechentechnik, die schließlich auch in der Bundesrepublik genutzt wurde, waren zunächst amerikanische Büromaschinenkonzerne wie Remington Rand und IBM. Diese hatten bereits langjährige Erfahrungen in der Lochkartentechnik und der elektromechanischen Produktion. Unter Beibehaltung ihres Markts konnten sie nun elektronische Technologien entwickeln und verkaufen. Ähnlich große Unternehmen gab es im Nachkriegsdeutschland nicht oder nicht mehr.26 Aber auch in England und den USA benötigte man für die Erforschung und die Anwendung elektronischer Rechentechnik eine gewisse Anlaufzeit. Selbst die Befürworter der Rechentechnik konnten sich das Ausmaß des zukünftigen Bedarfs kaum vorstellen. Das Hauptproblem für die westdeutsche Rechnerentwicklung war jedoch, vergleicht man diese mit der Entwicklung in den USA, der Mangel an Anwendungen. So unterschieden sich beide Länder am Ende der 1950er-Jahre zwar nicht wesentlich hinsichtlich des Forschungsstands der Computertechnologie – die fehlende Praxis aber blockierte die Entwicklung in der Bundesrepublik und konnte somit kaum Anreize für die Unternehmen schaffen, in diese Technologien zu investieren.27
In dieser Situation übernahm der Staat im Wesentlichen die Initiative. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) kann hier als Schnittstelle zwischen Staat und Wissenschaft gelten. Bioklimatologie und die Entwicklung von Rechenanlagen wurden zu Beginn der 1950er-Jahre Förderschwerpunkte der DFG. Während die Bioklimatologie zunächst im Stadium der Forschungsplanung steckenblieb, nahm die Kommission für Rechenanlagen ihre Arbeit auf. Ein Motor dieser Entwicklung war unter anderem die wachsende Euphorie über künftige Fähigkeiten der „Elektronengehirne“. Hinzu kam die Förderung aus dem „European Recovery Program“ (ERP). Diese Mittel wurden ausdrücklich solchen Forschungsprojekten gewährt, die der Exportsteigerung dienten bzw. „Dollar-Importe“ verringerten.
In den sich verschärfenden Ost-West-Konflikt fügte sich das wachsende Interesse für die Rechnerentwicklung nahtlos ein. Mit dem Jahr 1955 war die Blockintegration beider deutscher Staaten besiegelt. Bundesdeutsche Außenpolitik wurde mehr und mehr zur verteidigungsrelevanten Sicherheitspolitik. In der ersten Hälfte der 1950er-Jahre bestand nicht nur ein hoher Grad an wirtschaftlicher Abhängigkeit von den USA, sondern auch ein gemeinsames Interesse in Rüstungsfragen. Als NATO-Mitglied (ab 1955) folgte die Bundesrepublik der 1957 entwickelten verteidigungspolitischen Doktrin der „massive retaliation“. Dahinter stand die Idee, sich im Falle eines Angriffs mit atomaren Waffen zu verteidigen.28 Die Frage der Wiederaufrüstung beherrschte damals die Bundestagsdebatten. Für die Rechnerentwicklung waren die Wiederaufrüstungsproblematik und die davon geprägten Haushaltsdebatten des Jahres 1956 entscheidend. Am Ende dieser Debatten stand fest, dass die Forschungen im Zusammenhang mit der Rechnerentwicklung aus Verteidigungsmitteln beglichen werden würden. Von den insgesamt acht Milliarden DM, die für den Verteidigungshaushalt bereitgestellt wurden, sollten 50 Millionen DM in die Forschung fließen. Davon erhielt die DFG zur Finanzierung ihres so genannten Großgeräteprogramms 37 Millionen. Trotz der Proteste aus den Reihen der SPD, die darin eine Gefährdung der Forschungsfreiheit und eine auftragsgesteuerte Forschung sah, wurden die entsprechenden Haushaltsgesetze verabschiedet.29
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Heinz Schappert, ein Mitarbeiter des Instituts für Praktische Mathematik der Technischen Hochschule Darmstadt, am Elektronenrechner IBM 650, 1956 in Sindelfingen
(Wikimedia Commons; GFHund, Schappert, Heinz 1956-08-11 IBM 650 Sindelfingen, CC BY 3.0)
Mit dem Großgeräteprogramm bekam die Rechnerentwicklung der Bundesrepublik einen enormen Schub und war gleichzeitig über Jahre hinaus an den Verteidigungsetat gebunden. Die Forschungszentren waren DFG-geförderte Institute in Göttingen, München und Darmstadt.30 Im selben Zeitraum organisierte die Gesellschaft für angewandte Mathematik und Mechanik (GAMM) auf Initiative der DFG eine internationale Tagung von Computerwissenschaftlern in Darmstadt. Hieran beteiligten sich erstmals Wissenschaftler aus der DDR (TU Dresden), der Sowjetunion und der ČSSR. Nach Ansicht des Technikhistorikers Hartmut Petzold wäre der Sputnikschock, der sich zwei Jahre nach der Tagung ereignete (1957), nicht so dramatisch ausgefallen, hätte man sich außerhalb der sehr begrenzten Fachkreise mehr für die Konferenz und die Beiträge aus der Sowjetunion interessiert.31
Ab Mitte der 1950er-Jahre waren wesentliche Weichen für die westdeutsche Rechnerentwicklung gestellt. Das Hauptproblem war die Tatsache, dass IBM mit seiner Serienfertigung Unternehmen wie Siemens, SEL und Telefunken bereits vom Markt verdrängt hatte, bevor diese mit einer relevanten Produktion überhaupt begonnen hatten. Auch die DFG mit ihren Mitteln aus dem Verteidigungshaushalt konnte die Finanzierung entsprechender Forschungen in den folgenden Jahren nicht mehr bewältigen. So übernahm ab dem Ende der 1950er-Jahre die Elektroindustrie die Entwicklung und den Bau von Rechnern. Im Jahr 1960 hatte immerhin etwa schon die Hälfte aller bundesdeutschen Hochschulen (inklusive West-Berlin) mittelgroße Rechenzentren.32 Gleichzeitig wurde der Mangel an Fachpersonal deutlich, so dass es nun die verzögerte Softwareentwicklung war, die eine raschere Computerisierung der Unternehmen behinderte.
3. Der Weg der Computer in die Unternehmen
Die Skepsis der Unternehmen in der ersten Hälfte der 1950er-Jahre erscheint verständlich, da die zukünftigen rechentechnischen Möglichkeiten noch wenig konkret waren. Angesichts der hohen Arbeitslosenzahlen war zudem kaum jemand an einer Automatisierungsdebatte interessiert. In der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre waren jedoch die „Arbeitskraftreserven der Bundesrepublik aufgebraucht“.33 Die Arbeitslosenquote betrug im Herbst 1959 nur 1,1 Prozent – das war die niedrigste Quote innerhalb der westeuropäischen Länder. Der zunehmende Arbeitskräftemangel gab sowohl der Automatisierung wie der allgemeinen Rationalisierungsdiskussion einen neuen Schub.34 Zur Bewältigung des Mangels gehörte zum einen die Anwerbung ausländischer Arbeitnehmer/innen, zum anderen die Idee, die Situation durch technischen Fortschritt zu entschärfen.35 Aber auch die Berichte über automatisierte Produktionsstrecken in den USA veränderten die Sicht einzelner Unternehmensleitungen.36 Entscheidend waren schließlich die ersten praktischen Anwendungen für Computer in bundesdeutschen Unternehmen,37 die wichtige Impulse für eine von nun an stetig steigende Nachfrage gaben.38
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Zu den frühen Anwendern gehörte das Versandhaus Quelle. Bereits 1951 begann Gustav Schickedanz mit den Planungen für ein neues Versandzentrum. Zu Beginn der 1950er-Jahre hatte das Versandhaus schon 1,5 Millionen Kunden. Man prognostizierte 3 Millionen Kunden ab 1956, wofür man eine effizientere Versandtechnik benötigte. Für die damalige Zeit typisch war die Idee, Problemlösungen in den USA zu suchen: Einer der Konstrukteure des neuen Quelle-Versands begab sich zunächst auf eine Reise durch die Versandhäuser der USA – in denen er offenbar kein praktikables Vorbild fand. Gesucht wurde ein Automatisierungsverfahren, das es ermöglichte, Katalogbestellungen zu serialisieren, die 1955 aus durchschnittlich fünf Einzelposten bestanden. Das bedeutete, einzelne Warenscheine zu drucken und die Bandsteuerung darüber zu informieren, wann die Einzelposten zu einer Sendung zusammengestellt werden mussten. Dieser Prozess sollte maximal 20 Sekunden dauern. Denn das Versandhaus hatte seit Mitte der 1950er-Jahre Probleme bei der Abwicklung der Bestellungen und des Versands, vor allem in der Vorweihnachtszeit.39
Die Firma Standard Elektrik Lorenz (SEL) wurde beauftragt, hierfür Lösungen zu entwickeln. Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft 1957 verfügte Quelle über eine digitale Anlage, die in den nächsten elf Jahren das Versandgeschäft fehlerfrei abzuwickeln half. Für über acht Millionen DM hatte SEL das Lager- und Versandwesen mit einem System aus Transportbändern, Rollbahnen und Rohrpost vollständig automatisiert.40 Die Bestellungen wurden nun im „Rechensaal“ von ca. 400 Arbeitskräften erledigt – das war ein Drittel des zuvor benötigen Personals.41 Im März 1958 berichtete der „Spiegel“ über das „Hirn“, wie der Rechner von den Angestellten des Versandhauses genannt wurde. Das Magazin sah das Quelle-System als „Musterbeispiel dafür, wieweit bei dem gegenwärtigen Entwicklungsstand der Elektronen-Technik große Verwaltungsapparate durch Automaten ersetzbar sind“.42
Das Quelle-System galt als Einstieg in das Gebiet der Informationsverarbeitung, und SEL ließ sich den Namen „Informatik“ schützen.43 Das „Informatik-System-Quelle“ fand vor allem deshalb weltweit Beachtung, weil es bewies, dass der Computer eben nicht nur rechnen, sondern „Prozesse steuern“ konnte. Mit dieser Erfahrung eröffneten sich vollkommen neue Möglichkeiten für den Einsatz der Computer in Industrie und Verwaltung. Etwa zeitgleich mit der Installierung des Quelle-Systems begann in Frankfurt am Main mit dem Aufbau des Univac-Rechners von Remington Rand der Einstieg in die Datenverarbeitung jenseits der Universitäten. In 35 Lehrgängen des Jahres 1957 wurden 500 „Operatoren“ ausgebildet.44 Kurz darauf wurde bei der Allianz-Versicherung der erste IBM-Rechner in Betrieb genommen.
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Nach der Etablierung des Quelle-Systems und der Gründung eines „Informatikwerks“ stand bei SEL die Entwicklung von Bausteinsystemen zur Automatisierung der Verwaltungsarbeiten im Fokus der Forschungen. Für diesen Zweck war allerdings ein völlig neuer Ansatz der Rechnerentwicklung nötig. Während mathematische Aufgaben in sich abgeschlossene Vorgänge waren, die die Rechner längst bewältigten, musste in der Verwaltungsarbeit immer wieder auf vorangegangene Abläufe zurückgegriffen werden. Erforderlich waren nun größere Speicher sowie leistungsfähige Ein- und Ausgabegeräte. Die Forderung der Computerspezialisten lautete: Jeder größere Betrieb und jede Verwaltung müsse in Zukunft klare Regeln und Arbeitsschritte definieren, damit diese programmierbar seien.45 Die „Mechanisierung der Büroarbeit“ wurde nun ein wichtiges Thema in den Verwaltungsetagen.
Rechenzentrum der August Thyssen-Hütte AG, Duisburg: „National“-Buchungsmaschinen in der Lochkartenabteilung, November 1958
(ThyssenKrupp Konzernarchiv, Duisburg; Foto: Ernst Schroeder, Werkfotograf der August Thyssen-Hütte AG)
Die Allianz AG setzte ab 1954 die Büroautomatisierung mittels Universalcomputer durch. Die Bayer AG verfügte bereits seit 1952/53 für ihre Massendatenverarbeitung über den IBM 650 und ersetzte das bisher übliche Lochkartensystem durch Magnetspeicher.46 Opel steuerte in Rüsselsheim mit einer von SEL entwickelten Fernschreibanlage die Massenfertigung von PKWs. Die dänische Staatsbahn erwarb 1957 ein elektronisches Platzreservierungssystem von SEL. Kurze Zeit später führte auch die Deutsche Bundesbahn ein automatisches Reservierungssystem ein.47
Die Diskussionen um den computer as manager, also um denjenigen Bereich, den man landläufig als „Elektronengehirn“ bezeichnete, wurden in den USA und in der Bundesrepublik bald abgelöst von der Debatte um den computer as clerk, den Computer als Büroangestellten. Zwar warnten betriebswirtschaftliche Fachzeitschriften in der Bundesrepublik vor einer „parforce-Marschroute“ bei der Einführung der Rechentechnik.48 Die Unternehmen lehnten diese Technik jedoch keineswegs grundsätzlich ab. Vielmehr ging es darum, die Wirtschaftlichkeit einer geplanten Anlage zu überprüfen und gegebenenfalls weitere Einsatzgebiete zu erschließen, damit sich die teuren Geräte bzw. deren Mietpreise amortisierten. Die monatliche Miete lag 1959 zwischen 12.000 DM für einfachere Rechner und 300.000 DM für große Geräte von IBM oder Remington Rand. Die Kaufpreise für Großrechenanlagen bewegten sich zwischen 2 und 6 Millionen DM. Hinzu kamen noch Ausgaben für die Rechnerumgebung: klimatisierte Räume bzw. Gebäude, deren Wände so verschiebbar waren, dass man sie bei Aufstellung der Rechner nicht einreißen musste, und deren Böden so konstruiert waren, dass sie nicht einbrachen – was anfangs offenbar vorgekommen war.49
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Ein wesentlicher Unterschied der Entwicklungsverläufe in den USA und in Westdeutschland blieb, trotz der einzelnen hier angeführten Beispiele, bis in die 1960er-Jahre hinein die niedrige Zahl von Anwendungen in der Bundesrepublik, was dazu führte, dass die Nachfrageimpulse weiterhin gering waren. Dies musste sich zwangsläufig auf die Entwicklung und Produktion der neuen Technik auswirken. So hatte Siemens die technologischen Probleme der neuen Rechentechnik schnell erkannt und beherrscht – die Suche nach Kunden jedoch bereitete große Probleme. In den USA dagegen gab es schon sehr früh Nachfragen aus dem öffentlichen Sektor (etwa vom Militär, den Universitäten und staatlichen Verwaltungen). Davon profitierten Firmen wie IBM und Remington Rand, die nun ihre Softwareproduktion vorantreiben mussten, um den unterschiedlichen Anforderungen der Nutzer gerecht zu werden.50 In der Bundesrepublik setzte das erwähnte DFG-Programm von 1956 gewisse Nachfrageimpulse. Im Zuge dieses Programms wurde zwar die technische Entwicklung von Computern und deren Anschaffung finanziert; vernachlässigt wurde jedoch die Entwicklung anspruchsvoller Computersysteme, die für den Einsatz in Produktion und Verwaltung notwendig gewesen wären. Die Zahl der Computer oder besser Rechenanlagen in der Bundesrepublik belief sich am Ende der 1950er-Jahre auf insgesamt 94 Exemplare, von denen sich die Mehrzahl in den Rechenzentren der Universitäten sowie in den Forschungszentren Göttingen, Darmstadt und München befand (1965: 1.618; 1969: 5.007; 1975: 20.860).51 In den USA arbeiteten 1959 schon 2.034 Computer, in Großbritannien 110 und in Frankreich etwa 20.52
Der Beginn der 1960er-Jahre war gekennzeichnet durch ein enormes Wirtschaftswachstum und eine ungeheure Umsetzungsgeschwindigkeit technologischer Entwicklungen. In der Computerindustrie begann die für die Unternehmen wichtige Entwicklung der so genannten Mittleren Datentechnik. Programmiersprachen und Systemsoftware wurden konzipiert; es entstanden Betriebssysteme und Datenbanken. Die neuen Technologien trugen wesentlich zu einer realistischen Kosten-Nutzen-Kalkulation der Unternehmen bei und damit zu einem höheren Grad an Investitionssicherheit. Neu entstandene Branchen und Institutionen wie Unternehmensberater, Fachverbände und Forschungseinrichtungen verringerten die Informationsasymmetrie zwischen Herstellern und Anwendern.53 Dennoch bedurfte es in der Bundesrepublik auch in den 1960er-Jahren staatlicher „Entwicklungshilfen“ für die Computerindustrie. Zwischen 1967 und 1982 förderte die Bundesregierung den Aufbau der Datenverarbeitung mit insgesamt vier Milliarden DM.54 Die Programme zielten darauf, eine eigenständige wettbewerbsfähige Computerbranche zu schaffen und die Wirtschaft durch die Nutzung von Computersystemen zu modernisieren.55 Im Rahmen dieser Förderprogramme wurde zudem das Fach Informatik an Hochschulen etabliert.
Gleichzeitig häuften sich jedoch die Klagen über eine als ungerecht empfundene Verteilung der Steuergelder. So übte der Bundesrechnungshof vehemente Kritik: Das Konzept des Programms sei weder transparent noch durch Marktanalysen abgesichert. Gefördert werde ohne Rücksicht auf die mittelständisch geprägte Wirtschaft allein die Entwicklung und Produktion von Großrechnern, obwohl ebenfalls im Auftrag der Bundesregierung eine Studie erstellt worden sei, die besage, dass Großrechner in Zukunft nur noch in begrenzter Zahl absetzbar seien. Im Kern lautete die Kritik, dass mit Hilfe hoher Summen aus dem Bundeshaushalt „ausschließlich firmenpolitisch orientierte Entscheidungen“ ohne Einflussnahme oder gar Sachkenntnis des zuständigen Ministers unterstützt würden.56 In der Tat gingen die Fördermittel hauptsächlich an Großunternehmen wie Siemens, AEG und Telefunken. Sie dienten dort der Entwicklung und dem Bau von Großrechnern, während die Entwicklung einer IT-Infrastruktur für mittlere und kleinere Unternehmen in diesem Zeitraum stagnierte.
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Ab Mitte der 1960er-Jahre nahm die Zahl der in Unternehmen installierten Computer stark zu. Dabei bildete sich eine Kluft zwischen wenigen Großanwendern wie Versicherungen und Banken einerseits sowie einer wachsenden Gruppe der Nutzer Mittlerer Datentechnik andererseits. Für die Phase bis zum Beginn der 1980er-Jahre gilt: Je größer ein Unternehmen, umso eher verfügte es über eine eigene Rechenanlage. Kleinere Unternehmen nutzten die Mittlere Datentechnik oder Rechenzentren außerhalb des Betriebs. Banken und Versicherungen dagegen waren Anwender von Großrechenanlagen, da die Branche insgesamt stark zentralisiert war.
In der Bundesrepublik hatten 77 Prozent der Unternehmen am Ende der 1970er-Jahre weniger als zehn Beschäftigte. Das waren 1,75 Millionen Betriebe, von denen nur 25.000 eigene Computersysteme besaßen. Insgesamt 500.000 dieser kleinen Betriebe nutzten externe Rechenzentren, Steuerberater und Lohnbuchhaltungen, die wiederum über Computertechnik verfügten. Von den Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten nutzten Ende der 1970er-Jahre 63 Prozent eigene Datenverarbeitungssysteme. Sämtliche Großunternehmen ab 500 Beschäftigten hatten in diesem Zeitraum eigene Datenverarbeitungsanlagen.57 Aus solchen Zahlenangaben lässt sich allerdings nicht herauslesen, wie die Systeme genutzt wurden oder welche Unterschiede sich zwischen Unternehmen mit und ohne DV-Anlagen zeigten. Auch die Frage, wie die Beschäftigten mit der neuen Technik umgingen, in welchem Umfang sie dazu qualifiziert wurden, welche Auswirkungen die Datenverarbeitung auf die Beschäftigungszahlen hatte, wer an dem Einsatz der neuen Technik bzw. an den Verhandlungen darüber beteiligt war und wie die Gewerkschaften reagierten, geht aus diesem Material nicht hervor. Hier müssten empirisch dichte Untersuchungen für ausgewählte Branchen und Betriebe ansetzen.
Zwei Beispiele für den Computereinsatz im Jahr 1978:
Kreiskrankenanstalten Grevenbroich und Barmer Ersatzkasse
(HNF Heinz Nixdorf MuseumsForum, Paderborn)
4. Diskurse über die Zukunft der Arbeit
Zeitgleich mit einem ungeheuren Technologieschub begannen Anfang der 1970er-Jahre widerstreitende Diskurse über die Zukunft der Arbeit. Aus heutiger Sicht allerdings erfassten die damaligen Vorstellungen die langfristigen strukturellen Veränderungen der Industriearbeit und des Arbeitsmarkts meist nur partiell. So wurde der Mikroelektronik, die ab 1970 verstärkt Impulse für eine allgemeine Computerisierung gab, einerseits das Potenzial zugeschrieben, aktuelle Probleme des Arbeitsmarkts, der Produktion, des Konsums und der sozialen Demokratisierung zu lösen. Andererseits wurde unter dem Stichwort „Computer-Integrated Manufacturing“ (CIM) das teils positiv, teils negativ konnotierte Szenario einer menschenleeren Fabrik entworfen58 – einer Fabrik, in der alle technischen Rationalisierungschancen ausgeschöpft wären, in der die Planung der Produktionsabläufe, die Konstruktion, Fertigung, Qualitätskontrolle und der Absatz vernetzt seien und zentral gesteuert würden. Dabei kann von einer Revolutionierung industrieller Arbeitsprozesse für die Bundesrepublik in jener Phase noch keine Rede sein. Noch in den 1980er-Jahren meinten Skeptiker, dass sich die technische Revolution lediglich im Bundeskriminalamt unter der Präsidentschaft Horst Herolds (1971–1983) vollzogen habe. Von der Angst vor dem Terrorismus getrieben, wurde dort die computergestützte Auswertung sämtlicher Kriminalakten eingeführt – was eine drastische Erhöhung der Zahl der Verdächtigen bewirkte.59
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Horst Herold und Hans-Dietrich Genscher im Labor des Bundeskriminalamts (BKA), 1973
(ddp images/AP/Dabrowski)
Die gesellschaftliche Wahrnehmung des technischen Wandels war zu Beginn der 1970er-Jahre ambivalent. Auch wenn eingehende Untersuchungen dazu noch fehlen, gibt es einerseits Anhaltspunkte, dass in allen westlichen Ländern ein relativ breiter Konsens über das Fortschrittsparadigma herrschte. Andererseits zeigte sich eine zunehmende Skepsis gegenüber technischen Veränderungen. Die Zahl derjenigen nahm zu, die bei ihrer Arbeit mit der Einführung und Anwendung neuer Technologien konfrontiert waren. Die Computerisierung in Industrie und Verwaltung führte zu wahrnehmbaren Veränderungen der Organisation und des Inhalts der Arbeit, und viele fürchteten den Verlust ihres Arbeitsplatzes. Anfang 1975 überschritt die Zahl der Arbeitslosen in der Bundesrepublik erstmals die Millionengrenze. Die damit verbundenen Ängste wurden medial noch verstärkt.60 So erklärte der „Spiegel“ 1978: „Winzige elektronische Bausteine bedrohen Millionen von Arbeitsplätzen in Industrie und Dienstleistungsgewerbe. Weder Regierung noch Gewerkschaften wissen, wie sie die Folgen des Fortschritts unter Kontrolle bringen können.“61
Dabei ging es, so die Techniksoziologen Meinolf Dierkes und Lutz Marz im Rückblick, nicht um die Ablehnung neuer Technologien oder des wissenschaftlich-technischen Fortschritts insgesamt, sondern um einen „Vertrauensverlust“ in jene politischen Strukturen, die diese Technologien steuern und sie in gesamtgesellschaftlich akzeptable Bahnen lenken sollten. Allgemein spürbar wurden im Verlauf der 1970er-Jahre die Differenzen zwischen technischen Visionen, Zielen und Möglichkeiten sowie sozialen und ökologischen Resultaten – was nicht der Technik an sich zugerechnet wurde, sondern primär den politischen Mechanismen, nach denen die Gesellschaft funktioniere.62
„Spiegel“-Titel vom 17.4.1978
Die „dritte technische Revolution“, so ein Vorstandsmitglied der IG Metall im bereits zitierten „Spiegel“-Leitartikel von 1978, führe direkt in eine „soziale Katastrophe“. Die britischen Gewerkschaftsführer standen den deutschen Gewerkschaftern mit ihrem Katastrophenszenario nicht nach und prophezeiten Ende der 1970er-Jahre für das Jahr 2000 den Verlust von 80 Prozent aller Arbeitsplätze – verursacht durch die Mikroelektronik.63 Dabei übersahen sie jedoch, dass sich der Arbeitsmarkt lange vor der Einführung der Computertechnologie verändert hatte, dass es bereits seit Beginn der 1970er-Jahre eine Sockelarbeitslosigkeit mit steigender Tendenz gab, dass die westdeutschen Löhne – bei gleichzeitig steigenden Sozialausgaben – ein strukturell kaum lösbares Problem darstellten und dass die Verlagerung von Industriearbeitsplätzen in Billiglohnländer schon in vollem Gange war.64
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In den Debatten und Prognosen ging es vorrangig um die Effekte der Computertechnologien für die Industriearbeit. Wenig Beachtung fand dagegen die „Revolution“ oder besser „Evolution“ der Arbeitswelt im Büro. So hatte die Automatisierung der Büroarbeit in den westdeutschen Sozialverwaltungen längst stattgefunden. Beschleunigt wurde dieser Prozess durch die Einführung individueller Berechnungsgrundlagen bei der Rentenermittlung. Seit Beginn der 1960er-Jahre wurden Ausfall- und Ersatzzeiten, Kriegsfolgen (Flucht und Vertreibung), selbstständige Tätigkeiten und viele weitere Variablen in die Rentenberechnungen einbezogen. Ab 1971 erfolgte die Vergabe von Versicherungsnummern und damit die vollständige Erfassung, Speicherung und Aufbereitung versicherungsrelevanter Daten. Interessant ist hierbei vor allem die Interdependenz zwischen der Einführung neuer Techniken und einer gesellschaftspolitischen Reform, die auf der Grundlage dieser neuen Technik zum Tragen kommen konnte. Erst die EDV-gestützte Berechnung ermöglichte eine derartige Ausdifferenzierung und Flexibilisierung des Sozialrechts. Ohne die Computerisierung der Sozialversicherungen wären weder individuelle Rentenberechnungen mit Beitragsäquivalenz möglich gewesen noch die Rentenauskunftsverfahren oder der Versorgungsausgleich bei Ehescheidungen.65
Die Arbeitsbedingungen der Angestellten von Rentenkassen und Krankenversicherungen veränderten sich vor dem Hintergrund der Büro-Automatisierung seit den späten 1950er-Jahren in hohem Maße, ohne dass dies von den Gewerkschaften, in den Feuilletons oder unter den Betroffenen zunächst reflektiert wurde. Chancen und Risiken der neuen Technologien sowie Entfremdungserfahrungen im Arbeitsprozess fanden erst in den 1970er-Jahren Eingang in die Diskurse einer breiteren Öffentlichkeit. Nun wurde das an die neue Technik gekoppelte Wohlstandsparadigma in Frage gestellt, und es entstanden Institutionen wie das staatliche Aktionsprogramm „Forschung zur Humanisierung des Arbeitslebens“.66
5. Mensch und Maschine: Soziale Folgen der Computerisierung
Was bewegte die Angestellten in den Verwaltungen und die Arbeiter in der Industrie, die vom Prozess der Computerisierung direkt betroffen waren? Die arbeits- und industriesoziologische Forschung der 1980er-Jahre füllt ganze Bibliotheken mit empirisch dichten Studien zu den Auswirkungen der Computerisierung in einzelnen Branchen. Aus zeithistorischer Sicht eignen sich solche Studien heute als interessante Quellen für eine Sekundärauswertung mit veränderten Fragen und Methoden. Eines der Forschungszentren, die sich seit den frühen 1970er-Jahren intensiv mit der Problematik beschäftigten, war das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB). Dort widmeten sich Arbeitsgruppen und Wissenschaftler/innen aus ganz Europa dem Thema – bis die „Computerisierung der Arbeitswelt“ gegen Ende der 1980er-Jahre vom Thema „Arbeitsmigration“ abgelöst wurde. Der Wandel der Arbeit wurde am WZB von Anfang an komparativ untersucht. Dazu gehörten Studien zur Automobilindustrie im deutsch-britischen Vergleich, zum Einsatz der Robotertechnik in Japan und Deutschland, zur Numerischen Steuerung (NC-Technik) im Maschinenbau, zur Veränderung der Frauenerwerbstätigkeit durch die Verwaltungsautomation sowie zur Qualifizierungsproblematik – um nur einige der Projekte zu nennen.
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Im Rahmen eines internationalen Forschungsverbunds mit dem Titel „Arbeitsprozess, Informationstechnologie und Leistungsqualität in sozialstaatlichen Institutionen“ wurden am WZB auch die Folgen der Automation in der Rentenversicherungsanstalt der Bundesrepublik untersucht.67 Im Ergebnis entstand ein umfangreicher Ländervergleich, der den Einfluss der Computerisierung der Sozialverwaltungen auf die Sozialsysteme in den verschiedenen Ländern und auf die Arbeitsbedingungen der Angestellten in den Verwaltungen untersuchte. Ein kurzer Einblick in das westdeutsche Fallbeispiel kann hier die Mikroebene der Computerisierung andeuten.
Die monotone Dateneingabe und -kontrolle war fast immer Frauenarbeit. Die Fotos stammen aus den Rechenzentren der Deutschen Rentenversicherung Bund (1950er- bis 1970er-Jahre).
(Bildarchiv Deutsche Rentenversicherung Bund)
Die Angestellten der Rentenkassen wurden bereits in den 1960er-Jahren mit der zentralisierten Massendatenverarbeitung konfrontiert. Die Notwendigkeit der Automatisierung ergab sich schon durch die Rentenreform 1957 und einen damit erhöhten Arbeitsaufwand. Die permanente Umstrukturierung der Arbeitsabläufe und die sozialpolitischen Veränderungen wirkten sich auf die Angestellten der Renten- und Sozialversicherungen besonders drastisch aus: Arbeitszusammenhänge wurden nach technisch bedingten Kriterien stark fragmentiert. Spezialisierung, Monotonie und partielle Dequalifizierung waren die Folge. Arbeitssparende Effekte wurden kompensiert durch ein ansteigendes Volumen der Arbeitsaufgaben; zwar wuchs nicht die Zahl der zu bearbeitenden „Fälle“, dafür aber die Komplexität jedes einzelnen Vorgangs.68 Aufgrund der zusätzlichen Anforderungen an einzelne (nicht an alle) Bearbeiter/innen entstand innerhalb der Branche im Verlauf der 1980er-Jahre ein neues Elitebewusstsein der in den höheren Dienst aufgestiegenen Angestellten. Eine Problemgruppe waren dagegen die inzwischen 45- bis 55-jährigen Frauen, die Anfang der 1970er-Jahre ohne Ausbildung eingestellt worden waren und für die es nun keine bzw. nur unzureichende Fortbildungsmaßnahmen gab.
In den Interviews der Soziologen mit den Angestellten der Rentenversicherungskasse ging es um die Veränderungen der Arbeit seit den 1960er-Jahren: Die Sachbearbeiter/innen betonten, dass es bis Ende der 1950er-Jahre möglich gewesen sei, einen Rentenvorgang an einem Tag zu erledigen – dazu habe es nicht einmal einer besonderen Qualifikation bedurft. Inzwischen (also in den 1980er-Jahren) sei dies eine „regelrechte Wissenschaft“, man verstehe seine eigene Arbeit nicht mehr. „Wenn man etwas verstehen will, muss man sich ständig auf dem Laufenden halten.“69 Offenbar verloren die Angestellten ihre Identifikationsmöglichkeiten mit dem Arbeitsplatz, denn wiederholt finden sich Klagen darüber, dass sie sich selbst nur noch als Hilfskräfte der Computerprogramme fühlten, in Schlüsselzahlen dachten und sich nicht mehr für genügend qualifiziert hielten. Bei der Eingabe der Daten „in die Maschine“ sei oft keine „Freigabe“ möglich (d.h. die Weiterleitung an den nächsten Abfragepunkt), und „dann wurde so lange gefummelt, bis die Freigabe kommt“ – ohne dass man verstanden habe, warum.70 Nicht selten vergaßen die Bearbeiter/innen aufgrund der kompletten Verschlüsselung der Daten mitten in einem Vorgang, worum es gerade ging. Aber auch diejenigen, die vor „dem Schalter“ saßen, mussten völlig neue Anforderungen bewältigen: Die oft komplexen und individuellen Probleme der Antragsteller/innen lagen nicht mehr in der Hand eines einzigen Sachbearbeiters, sondern waren in Teilaufgaben zersplittert. Der „Klient“ musste nun selbst die zergliederten Einzelelemente koordinieren. Nicht zufällig kam parallel zum Automatisierungsprozess in den Sozialverwaltungen ab den späten 1960er-Jahren die Diskussion um die „Bürgerferne“ der Verwaltungen auf.
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Die Folgen der Computerisierung waren hier wie insgesamt jedoch ambivalent. So finden wir partielle Dequalifizierung und fehlenden Kontakt zu den Klienten auf Seiten der Angestellten, aber auch eine mit der Massendatenverarbeitung einhergehende Verbesserung der originären Leistungen. Die „Treffgenauigkeit der sozialpolitischen Maßnahmen“ hatte zugenommen, womit die Folgen einer sich verhärtenden Sozialpolitik (Kürzung des Arbeitslosengeldes, Erhöhung der Krankenkassenbeiträge) für sozial schwache Gruppen zumindest teilweise aufgefangen werden konnten.71
Und dennoch: An der wachsenden Skepsis von Angestellten gegenüber der Computerisierung zeigt sich, dass die Rede von der schönen neuen Arbeitswelt, die den Technologiewandel anfänglich bestimmte, auf der Erfahrungsebene nicht eingelöst werden konnte. Man fühlt sich daran erinnert, wie Karl Marx Mitte des 19. Jahrhunderts die Entfremdung des Arbeiters von seinem Werkzeug beklagte: Der Arbeiter sei „geistig und leiblich zur Maschine herabgedrückt“, zum „Blödsinn“ und zur „Verkrüppelung“ verdammt.72 Inwieweit eine derart kulturpessimistische Perspektive auf die Computerisierung der Arbeitswelt angebracht ist, wäre näher zu diskutieren. Zumindest aber deutet die Historisierung dieses Prozesses an, dass der vermeintlichen Humanisierung durch computergestützte Rationalisierung eine neue Entfremdung der Angestellten entgegenstand. Symptomatisch ist dafür etwa die Etablierung von Großraumbüros in den 1960er-Jahren und die damit einhergehende Automatisierung der Büroarbeit. Als einen „Supermarkt der Informationen“ bezeichnete der „Spiegel“ 1965 das Großraumbüro. Flache Hierarchien, kurze Wege, ergonomischere Arbeitsplätze und erhöhte Effizienz kennzeichneten diese Form der Büroarbeit. Gleichzeitig fühle sich der Angestellte beobachtet und auswechselbar, überkomme ihn die Sehnsucht nach der Geborgenheit des kleineren Büroraums, fehle Einzelnen gar das motivationsfördernde Statussymbol: ein großes Zimmer mit Namensschild an der Tür. Etwa 20 funktionierende Großraumbüros existierten nach den Recherchen des „Spiegels“ 1965 in der Bundesrepublik.73
Großraumbüro der Württembergischen Feuerversicherung Stuttgart, Mitte der 1970er-Jahre
(HNF Heinz Nixdorf MuseumsForum, Paderborn)
Charakteristisch für den Prozess der Computerisierung von den 1950er-Jahren bis heute sind Ambivalenzen und Kontinuitäten. Die Ambivalenzen wurden erwähnt beim Wandel der Arbeit in der Sozialversicherung. Die Kontinuitäten dagegen werden deutlich, beobachtet man die aktuellen Diskussionen zur Zukunft der Arbeit vor dem Hintergrund von Debatten der 1950er- bis 1970er-Jahre. Wenn etwa der Arbeitswissenschaftler Udo-Ernst Haner in einem Interview aus dem Jahr 2011 erklärt, dass „Büro der Zukunft“ werde mobil, anregend und energiesparend sein, Einzelbüros seien nur noch in seltenen Ausnahmefällen sinnvoll, es müsse für ausreichend Licht und Sauerstoff gesorgt werden und es dürfe so wenig Papier wie möglich ausgedruckt werden, stellt sich ein Déjà-vu-Effekt ein zu den Diskussionen um die Büroautomatisierung in den 1960er-Jahren oder zur Idee des papierlosen Büros seit den 1980er-Jahren.74 Die Hypothese, seit den 1950er-Jahren habe ein tiefgreifender Technologiewandel mit Rückwirkungen auf die Arbeitswelt stattgefunden, ist somit nur teilweise richtig: Auch hier kann Reinhart Kosellecks geschichtstheoretische Grundannahme gelten, dass „Wiederholung und Innovation aufeinander bezogen“ bleiben.75
1 Eckart Hildebrandt, Im Betrieb überleben mit der neuen Technik. Arbeitserfahrungen eines NC- und CNC-Werkzeugmaschinenbedieners, Berlin 1980 (IIVG Papers, Veröffentlichungsreihe des Internationalen Instituts für Vergleichende Gesellschaftsforschung, Wissenschaftszentrum Berlin, IIVG/pre/80-206). Es handelte sich um CNC-Drehmaschinen, bei denen sämtliche Bewegungen mit einem speicherbaren Programm gesteuert und automatisch durchgeführt wurden (CNC = computerized numerical control).
2 Zit. nach ebd., S. 14.
3 Ausnahmen bilden hier: Timo Leimbach, Die Geschichte der Softwarebranche in Deutschland. Entwicklung und Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologie zwischen den 1950ern und heute, phil. Diss. München 2010, online unter URL: http://edoc.ub.uni-muenchen.de/12436/1/Leimbach_Timo.pdf; Printversion: Die Softwarebranche in Deutschland. Entwicklung eines Innovationssystems zwischen Forschung, Markt, Anwendung und Politik 1950 bis heute, Stuttgart 2011, und als Standardwerk die Dissertation von Hartmut Petzold, Rechnende Maschinen. Eine historische Untersuchung ihrer Herstellung und Anwendung vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik, Düsseldorf 1985. In der sozialhistorischen Forschung werden die Prozesse der Automatisierung und Computerisierung der Arbeit sowie der sie begleitenden Diskurse dagegen meist nur gestreift bzw. im Rahmen der Rationalisierungsgeschichte mit abgehandelt. Siehe z.B. Rüdiger Hachtmann, Gewerkschaften und Rationalisierung: Die 1970er-Jahre – Ein Wendepunkt?, in: Knud Andresen/Ursula Bitzegeio/Jürgen Mittag (Hg.), „Nach dem Strukturbruch“? Kontinuität und Wandel von Arbeitsbeziehungen und Arbeitswelt(en) seit den 1970er-Jahren, Bonn 2011, S. 181-209, hier S. 197. – Für wertvolle Hinweise bedanke ich mich bei Ralf Bülow.
4 Günther Ropohl (Hg.), Erträge der interdisziplinären Technikforschung. Eine Bilanz nach 20 Jahren, Berlin 2001; Wolfgang König, Der Streit um die Technik von der Industriellen Revolution bis zur Gegenwart, in: Humanismus und Technik, Jahrbuch 1994, 38 (1995), S. 1-17; ders., Technikakzeptanz in Geschichte und Gegenwart, in: ders./Marlene Landsch (Hg.), Kultur und Technik. Zu ihrer Theorie und Praxis in der modernen Lebenswelt, Frankfurt a.M. 1993, S. 253-275; Hans Sachsse, Technik und Gesellschaft, 3 Bde., München 1974/76.
5 Knud Andresen/Ursula Bitzegeio/Jürgen Mittag, Arbeitsbeziehungen und Arbeitswelt(en) im Wandel: Problemfelder und Fragestellungen, in: dies., „Nach dem Strukturbruch“? (Anm. 3), S. 7-23, hier S. 22. An dieser Stelle kann keine umfassende Bibliographie zum Thema abgebildet werden. Hervorzuheben sind jedoch die Veröffentlichungen, die das Internationale Institut für Vergleichende Gesellschaftsforschung (IIVG)/Arbeitspolitik am Wissenschaftszentrum Berlin im Laufe der 1980er-Jahre vorgelegt hat. Außerdem: Manuel Castells, Das Informationszeitalter, 3 Bde., Opladen 2001–2003; Dieter Balkhausen, Die dritte industrielle Revolution. Wie die Mikroelektronik unser Leben verändert, Düsseldorf 1978.
6 Siehe dazu etwa Adelheid von Saldern/Rüdiger Hachtmann, Das fordistische Jahrhundert: Eine Einleitung, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 6 (2009), S. 174-185.
7 Margret Schwarte-Amedick, Von papierlosen Büros und menschenleeren Fabriken, in: Claus Pias (Hg.), Zukünfte des Computers, Zürich 2005, S. 69-86.
8 Arndt Sorge u.a. (Hg.), Mikroelektronik und Arbeit in der Industrie. Erfahrungen beim Einsatz von CNC-Maschinen in Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt a.M. 1982; Hildebrandt, Im Betrieb überleben (Anm. 1).
9 So etwa für die Sozialversicherungen: Hagen Kühn, Arbeit und Automation in der Sozialverwaltung, Berlin 1987 (IIVG Papers, IIVG/re/87-217).
10 Thore K. Karlsen/Maria Oppen, Fachqualifikationen und die Grenzen der Verwaltungsautomation, Berlin 1987 (IIVG Papers, IIVG/re/87-210).
11 Sabine Gensior, Entwicklungsbedingungen der Frauenerwerbsarbeit beim Einsatz neuer Techniken im kommenden Jahrzehnt, in: Paul Kolm/Ina Wagner (Hg.), Frauen, Arbeit und Computerisierung, Schriftenreihe des Instituts für berufsbezogene Erwachsenenbildung an der Johannes Kepler Universität Linz 5 (1986) H. 2, S. 138-148.
12 Arndt Sorge, Arbeitsplatzbeschaffung oder Arbeitsplatzvernichtung durch Mikroelektronik?, in: Meinolf Dierkes/Burkhard Strümpel (Hg.), Wenig Arbeit – aber viel zu tun. Neue Wege der Arbeitsmarktpolitik, Opladen 1985, S. 36-47.
13 Dirk Baecker, Studien zur nächsten Gesellschaft, Frankfurt a.M. 2007, S. 21.
14 Karl E. Weick/Kathleen M. Sutcliffe, Managing the Unexpected. Assuring High Performance in an Age of Complexity, San Francisco 2001. Vgl. auch Baecker, Studien (Anm. 13), S. 20.
15 Baecker, Studien (Anm. 13), S. 20f.
16 „Das Rationelle Büro. Anwendermagazin der Bürokommunikation“ erschien erstmals 1950. Ab 1972 hieß die Zeitschrift „Das rationelle Büro und die EDV“, ab 1973 „Rationelles Büro + EDV“, ab 1975 „Büro und EDV“.
17 Zit. nach Petzold, Rechnende Maschinen (Anm. 3), S. 421.
18 Ebd. Siehe zeitgenössisch z.B. Günter Friedrichs (Hg.), Automation und technischer Fortschritt in Deutschland und den USA, Frankfurt a.M. 1963.
19 Erhard Ulrich/Manfred Lahner/Werner Jooß, Analyse der Entwicklung der Datenverarbeitung, in: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 3 (1970), S. 326-343.
20 Die Fachzeitschrift „Der Betrieb“ erschien erstmalig im Januar 1948, mit einer Auflage von 6.000 Heften. Inhaltlich bot sie eine Ergänzung zum „Handelsblatt“ und verstand sich als Informationsquelle für Unternehmen in Sachen Betriebswirtschaft, Steuern sowie Wirtschafts- und Arbeitsrecht. Die Zeitschrift existiert bis heute: http://www.der-betrieb.de.
21 Zit. nach Petzold, Rechnende Maschinen (Anm. 3), S. 420.
22 Hanns Steinhaus, Das Hollerith-Lochkarten-Verfahren. Veranlagung und Heberechnung bei Elektrizitäts-, Gas- und Wasserwerken, Berlin 1932.
23 Die Magie der Roboter, in: Spiegel, 3.10.1956, S. 42-53, hier S. 42.
24 Leimbach, Geschichte der Softwarebranche (Anm. 3), S. 64.
25 Vgl. Petzold, Rechnende Maschinen (Anm. 3), S. 436ff.
26 Ebd., S. 437.
27 Leimbach, Geschichte der Softwarebranche (Anm. 3), S. 64.
28 Christoph Kleßmann, Zwei Staaten, eine Nation. Deutsche Geschichte 1955–1970, 2. Aufl. Bonn 1997, S. 69.
29 Petzold, Rechnende Maschinen (Anm. 3), S. 411.
30 Ebd., S. 413; Friedrich Naumann, Computer in Ost und West. Wurzeln, Konzepte und Industrien zwischen 1945 und 1990, in: Technikgeschichte 64 (1997), S. 125-144, hier S. 130ff.
31 Petzold, Rechnende Maschinen (Anm. 3), S. 407; Naumann, Computer in Ost und West (Anm. 30), S. 128.
32 Petzold, Rechnende Maschinen (Anm. 3), S. 408, S. 415.
33 Friedrich Hoffmann, Die Einsatzplanung elektronischer Rechenanlagen in der Industrie, München 1961, S. 14.
34 Ebd.
35 Leimbach, Geschichte der Softwarebranche (Anm. 3), S. 71, S. 78.
36 Die Revolution der Roboter, in: Spiegel, 27.7.1955, S. 20-30.
37 Siehe etwa: Die Roboter von Hüls, in: Spiegel, 15.8.1956, S. 15f.
38 Werner Rammert, Wie sich Computer und Gesellschaft gegenseitig verändern, in: Neue Zürcher Zeitung, 18.5.2002. Vgl. zur Definition von Automation bzw. Computertechnik außerdem: Gerd Lauschke, Automation und Kybernetik. Wirtschaft und Gesellschaft im Wandel, Frankfurt a.M. 1968, S. 7-41.
39 Detlef Borchers, Versandhaus Quelle: Am Anfang war ein großer Fluss, in: c’t, 19.12.2009. Am Fachbereich Mathematik und Informatik der Universität Bremen entstand 2001 in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine sehr informative Homepage zum Thema „Frauen in der Geschichte der Informationstechnik“. Dort findet sich auch ein Beitrag zum Quelle-System: http://www.frauen-informatik-geschichte.de/index.php?id=84.
40 Leimbach, Geschichte der Softwarebranche (Anm. 3), S. 85.
41 Borchers, Versandhaus Quelle (Anm. 39).
42 Das Hirn, in: Spiegel, 5.3.1958, S. 54ff.
43 Petzold, Rechnende Maschinen (Anm. 3), S. 459ff.
44 Detlef Borchers, Vor 50 Jahren: Beginn der DV-Ausbildung in Frankfurt/Main, in: c’t, 19.10.2006.
45 Petzold, Rechnende Maschinen (Anm. 3), S. 466.
46 Leimbach, Geschichte der Softwarebranche (Anm. 3), S. 86f. [Anm. der Red., 6.3.2018: Die Angabe der Autorin im obigen Text ist nicht korrekt, dass die Bayer AG 1952/53 schon über IBM-Computer verfügte; Leimbach schreibt lediglich, dass das Unternehmen über die Anschaffung nachdachte (S. 87f.). Die ersten beiden IBM-Computer erhielt Bayer laut Petzold 1957/58. Freundlicher Hinweis von Martin Schmitt, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam.]
47 Petzold, Rechnende Maschinen (Anm. 3), S. 466.
48 Ebd., S. 424.
49 Ebd., S. 427.
50 Leimbach, Geschichte der Softwarebranche (Anm. 3), S. 92.
51 Aus: Diebold-Statistiken 1971, S. 199, in: Friedrich von Stachelsky, Aussenwirtschaftliche Bestimmungsfaktoren der staatlichen Forschungspolitik, Berlin 1978, S. 132. Seit 1959 wurde eine Bestandsaufnahme der EDV-Anlagen der Bundesrepublik geführt: die so genannte Diebold-Statistik. Vgl. dazu auch: P.[eter] Jansen u.a., Untersuchung des Einsatzes von Elektronischen Datenverarbeitungsanlagen in Deutschland. Stand und Entwicklungstendenzen, Karlsruhe 1969.
52 Leimbach, Geschichte der Softwarebranche (Anm. 3), S. 91.
53 Ebd., S. 101.
54 Eine genaue Auflistung der Fördersumme für die Jahre 1967 bis 1982 in: Bericht der Bundesregierung zur Förderung von Forschung und Entwicklung auf den Gebieten Datenverarbeitung, Informationstechniken. Drucksache 9/1556 vom 5.4.1982, S. 11. Bezeichnend war eine nachträgliche Berichtigung (Drucksache 9/1637 vom 11.5.1982): „In den Tabellen 1, 2 und 3 auf den Seiten 2 und 3 der Drucksache 9/1556 handelt es sich statt der dort angegebenen ‚Mio. DM‘-Beträge um Beträge in Milliarden DM.“
55 Leimbach, Geschichte der Softwarebranche (Anm. 3), S. 238.
56 Rechnungshof kritisiert DV-Programme, in: Computerwoche, 20.5.1977.
57 Leimbach, Geschichte der Softwarebranche (Anm. 3), S. 240ff.
58 Siehe etwa Dorothea Hilgenberg, Arbeit ohne Menschen, in: ZEIT, 24.7.1987.
59 Joachim Radkau, Technik in Deutschland. Vom 18. Jahrhundert bis heute, Frankfurt a.M. 2008, S. 351; David Gugerli, Die Suche nach dem Muster: Horst Herold, in: ders., Suchmaschinen. Die Welt als Datenbank, Frankfurt a.M. 2009, S. 52-69.
60 Meinolf Dierkes/Lutz Marz, Technikakzeptanz, Technikfolgen und Technikgenese. Zur Weiterentwicklung konzeptioneller Grundlagen der sozialwissenschaftlichen Technikforschung, in: Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Abteilung: Organisation und Technikgenese (Hg.), Die Technisierung und ihre Folgen. Zur Biographie eines Forschungsfeldes, Berlin 1993, S. 17-44, hier S. 18f.
61 „Uns steht eine Katastrophe bevor“, in: Spiegel, 17.4.1978, S. 80-100, hier S. 80.
62 Dierkes/Marz, Technikakzeptanz (Anm. 60), S. 19f. Vgl. auch Ernst Kistler, Die Technikfeindlichkeitsdebatte – Zum politischen Missbrauch von Umfrageergebnissen, in: Technikfolgenabschätzung. Theorie und Praxis 14 (2005) H. 3, S. 13-19.
63 „Uns steht eine Katastrophe bevor“ (Anm. 61), S. 80f.
64 Peter Hübner, Arbeitsgesellschaft in der Krise? Eine Anmerkung zur Sozialgeschichte der Industriearbeit im ausgehenden 20. Jahrhundert. Ein Themenschwerpunkt auf Zeitgeschichte-online, Januar 2010, online unter URL: http://www.zeitgeschichte-online.de/zol-industriearbeiter-2010.
65 Kühn, Arbeit und Automation (Anm. 9), S. 17.
66 Anne Seibring, Die Humanisierung des Arbeitslebens in den 1970er Jahren: Forschungsstand und Forschungsperspektiven, in: Andresen/Bitzegeio/Mittag, „Nach dem Strukturbruch“? (Anm. 3), S. 107-126.
67 Projektpartner des WZB waren die London School of Economics und die Universität Oslo. Das Projekt wurde von der Volkswagenstiftung gefördert. Zu den Ergebnissen siehe u.a. Kühn, Arbeit und Automation (Anm. 9); ders., Der automatisierte Sozialstaat. Arbeit und Computer in Sozialverwaltungen, Berlin 1989.
68 Kühn, Der automatisierte Sozialstaat (Anm. 67), S. 14.
69 Zit. nach ebd., S. 205.
70 Ebd., S. 207.
71 Ebd., S. 14.
72 Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte [1844], in: ders./Friedrich Engels, Werke, hg. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (MEW), Ergänzungsband, 1. Teil, Berlin (Ost) 1968, S. 465-588, hier S. 513.
73 Schrei der Damen, in: Spiegel, 22.9.1965, S. 70-73.
74 Neues aus der Rechnerwolke. Wie das Büro der Zukunft aus der Perspektive eines Arbeitswissenschaftlers aussieht, in: Süddeutsche Zeitung, 24./25.9.2011, S. V1/12. Zu den eher beunruhigenden Zukunftsszenarien des Büros von morgen vgl. auch Martin Hintze, Roboter unterm Wolkenhimmel, 18.4.2012, online unter URL: http://www.manager-magazin.de/lifestyle/hardware/0,2828,827907,00.html.
75 Reinhart Koselleck, Was sich wiederholt, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.7.2005, S. 6; ausführlich ders., Wiederholungsstrukturen in Sprache und Geschichte, in: Saeculum 57 (2006), S. 1-16.