- Systemnähe und Gesundheitsversorgung
- Offizielle und inoffizielle Versorgungswege
- »Nachentwicklungen« und Nebenwirkungen
- Gefährdeter »Lebensnerv« der Gesellschaft
Mitte der 1950er-Jahre feierte ein bundesdeutscher Film auch in DDR-Kinos Premiere: »Weil Du arm bist, mußt Du früher sterben« thematisierte im Gewand eines Sozialdramas die Mängel des Gesundheitssystems der Bonner Republik. Schon die Präsentation eines »Westfilms« an sich war keineswegs selbstverständlich. Darüber hinaus durfte der Streifen mit Bernhard Wicki in der Hauptrolle in der DDR gezeigt werden, obgleich als Drehbuch-Autor Ernst von Salomon verantwortlich zeichnete. Das Werk des Schriftstellers, der 1922 das Attentat auf Walter Rathenau mit vorbereitet hatte, stand eigentlich weitgehend auf dem politischen Index der DDR. Doch passte die radikale Kritik am bundesdeutschen Gesundheitswesen den Partei-Verantwortlichen hervorragend in ihr propagandistisches Konzept: Der Film sei geeignet, so das »Neue Deutschland«, »die Legende, die um den ›goldenen Westen‹ gewoben wird, zu zerstören und uns bewußt zu machen, wieviel Licht in unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat bereits ist, wo dort noch tiefe Dunkelheit herrscht«.1
Tatsächlich entwarf der Film ein dunkles, bundesdeutsches Gegenbild zum propagierten Selbstverständnis des DDR-Gesundheitswesens: Denn die Beseitigung der »Ungleichheit vor Krankheit und Tod«2 war als Ideal der Arbeiterbewegung auch ein explizites Ziel der SED-Gesundheitspolitik. Besonders in der Weimarer Republik hatte die Idee der »Sozialhygiene« zahlreiche Anhänger*innen in Wissenschaft und Politik gefunden, da sie versprach, nicht allein Infektionen und Epidemien zu bekämpfen, sondern vor allem die sozialen Ursachen von Krankheit zu ermitteln und auf eine politisch-administrative Verbesserung der Verhältnisse hinzuwirken. Während die Tradition der »Sozialhygiene« in der frühen Bundesrepublik bald bedeutungslos wurde, etablierte sich unter diesem Schlagwort in der DDR eine Leitwissenschaft, die dem Zusammenhang von gesundheitlicher und sozialer Lage systematisch nachgehen und praktische Abhilfe schaffen sollte.3 Der Grundsatz der »Gesundheit für alle« – mithin des gleichberechtigten Zugangs zu medizinischen Leistungen – sowie die Herauslösung der Ärzt*innen aus »kapitalistischen« Marktbeziehungen bildeten Kernelemente dieser sozialistischen Utopie.
Entschlossene Männer mit Format und kämpferischer Vergangenheit waren angetreten, den alten Traum der Sozialhygiene Realität werden zu lassen. Zwei ihrer wichtigsten Protagonisten widmeten ihr berufliches Leben bereits lange vor der Errichtung des »Arbeiter- und Bauernstaates« diesem Ziel. Wie zahlreiche ambitionierte Ärzte des 19. und 20. Jahrhunderts verabreichten sie nicht nur Heilmittel, sondern stritten Seite an Seite mit Revolutionären für eine gerechte soziale Ordnung als Grundlage des menschlichen Wohlergehens.4 Hierzu gehörte Maxim Zetkin (1883–1965), Sohn der sozialistischen Ikone Clara Zetkin, dem als weitgereistem und weltgewandtem jungen Arzt und Kommunist nahezu alle schreckenerregenden Seuchen von Pest bis Cholera begegnet waren. 1945 war er aus der Sowjetunion in die SBZ gekommen, um einige Lebensziele seiner Mutter zu verwirklichen. Eine politische Schlüsselfigur war ebenso Erwin Marcusson (1899–1976) – in der Wohnung seiner Eltern hatte Rosa Luxemburg 1919 die letzte Zuflucht vor ihrer Verhaftung und Ermordung gefunden. Er selbst widmete sich als Arzt in Thüringen und Berlin beharrlich der Eindämmung und Linderung von Armut und Krankheit. Bei einer »sozialen Anamnese« im Krankenhaus Berlin-Britz stellte er eine ebenso überzeugende wie erschütternde Diagnose des engen Zusammenhangs von Wirtschaftskrise, fortschreitender Verarmung und gesundheitlicher Verelendung in den späten 1920er- und frühen 1930er-Jahren. Wie Zetkin gehörte Marcusson zu den Pionieren des Gesundheitswesens in der SBZ/DDR.5
Die Gesundheitspolitik der DDR erscheint sowohl in herrschafts- wie auch in alltagshistorischer Perspektive als lohnender Untersuchungsgegenstand: Denn erstaunlicherweise gehört das Gesundheitswesen zu den wenigen Gesellschaftsbereichen des SED-Staates, die bis heute mit einer Vielzahl positiver Bewertungen und Konnotationen belegt werden.6 Laut einer Umfrage von 2009 hielten 84 Prozent der Ostdeutschen die Gesundheitseinrichtungen der DDR-Zeit für eine Errungenschaft, die »hätte bewahrt werden sollen« – interessanterweise wünschten sich auch 40 Prozent der Westdeutschen eine Realität der DDR-Medizin zurück, mit der sie selbst nie in lebensweltliche Berührung gekommen waren.7 Das Bild etwa der Polikliniken wirkt hier als ein positiver Anker der Lebenserfahrung vieler Ostdeutscher bzw. als Projektionsfläche eines Wunschdenkens nicht weniger Westdeutscher, die Bürgernähe, Niedrigschwelligkeit und Effizienz bei der Gesundheitsversorgung erwarten.
Die wichtigsten Unterschiede gegenüber dem bundesdeutschen Modell lagen in einer Einheitsversicherung, in der zentralen Planung und Lenkung des Gesundheitswesens sowie dem Ende der berufsständischen Autonomie der Ärzteschaft. Doch gelang es der DDR tatsächlich, durch die Ausklammerung privater Profitinteressen und den Einsatz zentraler Steuerungsinstrumente eine qualitativ bessere medizinische Grundversorgung zu gewährleisten? Nach welchen Kriterien erfolgte die Gewährung gesundheitspolitischer Leistungen oder die Allokation knapper Ressourcen in der »Fürsorgediktatur«?8
Das zentrale Gleichheitsversprechen, so wird im Folgenden zu zeigen sein, wurde in der Praxis nicht selten durch das Kriterium der politischen Systemnähe ausgehebelt. Zudem wirkte sich die handlungsleitende Projektion von ideologischen Freund- und Feindbildern kontraproduktiv auf die Versorgung der breiten Bevölkerung aus. Insofern waren es nicht allein organisatorische Mängel der Planwirtschaft, sondern bewusste politische Weichenstellungen, die zu Knappheiten und Ungleichgewichten in der Versorgung führten.
1. Systemnähe und Gesundheitsversorgung
»Soziale Ungleichheit im Staatssozialismus«9 war im Gesundheitswesen der DDR auf vielen Ebenen angelegt. Als erstes Beispiel seien hier die Folgen des Ärztemangels in den formativen Jahren der DDR genannt. Die Massenflucht von Mediziner*innen hatte vielfältige Gründe: Die Ablehnung des SED-Regimes und das schleichende Ende der Niederlassungsfreiheit waren hierbei zwei wesentliche Faktoren, gekoppelt mit der in den 1950er-Jahren kaum kaschierten Feindseligkeit der neuen Machthaber gegenüber bildungsbürgerlichen Schichten.10 Während die Bevölkerung unter dem Mangel an Ärzt*innen in manchen Regionen empfindlich zu leiden hatte, ja das Alleinlassen ihrer Patient*innen ein Kardinalvorwurf gegenüber den »Abtrünnigen« war, galt dieser Leidensdruck nicht für die Nomenklaturkader der SED, am allerwenigsten für die Angehörigen des Zentralkomitees und des Politbüros. Bereits in einem Beschluss Anfang des Jahres 1953 hatte die SED-Führung die Grundlinien ihrer hoch privilegierten medizinischen Betreuung im Regierungskrankenhaus sichergestellt, die für die nächsten Jahrzehnte Gültigkeit behielten. Hierzu gehörten der Einsatz von Ärztekonsilien und sowjetischen Fachärzten bei Operationen an »führenden Funktionären«, die namentliche Festlegung der dem Regierungskrankenhaus hauptamtlich und nebenamtlich (zwangs)verpflichteten Ärzt*innen – ausnahmslos die führenden Spezialist*innen der DDR – sowie nicht zuletzt die Belieferung der Apotheke des Regierungskrankenhauses mit Medikamenten »vorrangig vor allen anderen Apotheken«.11
Ein zweiter Bereich, der Ungleichheit in der DDR nachgerade institutionalisierte, war die Etablierung von Sonderversorgungen der Sozialversicherung, die sich zum Teil auf Gesundheitsleistungen erstreckten. Derartige Sonderversorgungen existierten für leitende Partei- und Staatsfunktionäre, die Angehörigen des Ministeriums für Staatssicherheit, der Deutschen Volkspolizei, der Organe der Feuerwehr und des Strafvollzugs, der Nationalen Volksarmee sowie der Zollverwaltung der DDR.12 Außerdem bestanden für einzelne Berufsgruppen exklusive Gesundheitseinrichtungen, sodass es nach dem Ende des Regimes im Jahr 1990 offenbar schwerfiel, überhaupt den Gesamtbestand an Kliniken zu erfassen.13 Sozialpolitik fungierte hier zielgruppenorientiert als »Mittel zum Erhalt der Systemloyalität«; belohnt wurde die »Leistung der Gesellschaftsmitglieder« aus der Perspektive ihrer »Funktionalität für den Aufbau der sozialistischen Gesellschaft«.14 Philip Manow-Borgwardt konstatiert insofern für die DDR den »Weg einer zunehmenden institutionellen und leistungsrechtlichen Zersplitterung«, die der offiziell egalitär ausgerichteten sozialpolitischen Linie der SED zuwiderlief.15 Während für den Bereich der Alterssicherung hier bereits ein vergleichsweise differenziertes Bild existiert, muss das Geflecht offizieller und verdeckt gehaltener Leistungen und Spezialeinrichtungen im Gesundheitsbereich der DDR noch näher ausgeleuchtet werden.
2. Offizielle und inoffizielle Versorgungswege
Die Entstehung neuer, politisch gewollter oder zumindest in Kauf genommener Asymmetrien bei den Zugangschancen zur gesundheitlichen Versorgung lässt sich deutlich am Beispiel der Arzneimittel in der Frühphase der DDR aufzeigen. Die Geschichte der Pharmazeutika, ihrer Entwicklung und Anwendung ist bislang nur in Teilen – etwa für die Impfstoffe – aus dem Blickwinkel der Gesellschafts- und Zeitgeschichte geschrieben worden,16 doch ist dieses Feld in verschiedener Hinsicht aufschlussreich: Als neuer, sozialistisch etikettierter Hoffnungsträger erschien seit den 1950er-Jahren die Nuklearmedizin mit ihren Präparaten und Apparaten am Horizont. Die »Kobaltkanone« wurde zum Synonym fortschrittlicher Heilmethoden im sozialistischen Staat. Zugleich dehnten sich Schattenbereiche unter der gesundheitspolitischen Oberfläche aus: zum einen in Gestalt der Anwendung pharmazeutischer Substanzen als Dopingmittel – hierzu gehörten Aufputschmittel oder die in der DDR hierfür eigens produzierten Anabolika. Zum anderen wandte sich die medizinische Forschung seit den 1960er-Jahren verstärkt der Entwicklung von Präparaten zu, die dem Schutz vor Kampfstoffen dienten, aber auch selbst zu militärmedizinischen und militärischen Zwecken einsetzbar waren, etwa als Psychopharmaka im Kampfgeschehen. Pharmazeutika und Medizintechnik spielten also keine geringe Rolle für die »Wehrhaftigkeit« der DDR – ein Feld, das noch systematisch auszumessen ist.17
Vor allem aber bildete die ausreichende Verfügbarkeit überlebensnotwendiger Medikamente für chronisch Kranke – wie Insulin für Diabetiker*innen – oder für akut Erkrankte – wie Antibiotika – einen Gradmesser der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems. Hier reichte die potentielle Wirkung hoher pharmazeutischer Standards über rein gesundheitliche Effekte hinaus: So ist eine gelungene Prävention oder die Perspektive guter Heilungschancen durch eine optimale medikamentöse Betreuung zweifellos geeignet, zu einem Gefühl von »Sicherheit« beizutragen, das mittlerweile als wichtige Bezugsgröße im Verhältnis der Bürger*innen zu ihrem Staat ausgemacht worden ist – nicht nur in Demokratien.18 Die DDR, die den Prophylaxe-Gedanken zu einem Herzstück ihres gesundheitspolitischen Handelns erhoben hatte, erreichte hierbei zum Teil glänzende Erfolge. SED-Gesundheitsfunktionäre agierten auf diesem Feld ebenso autoritär wie konsequent mit einer expansiven Impfpflicht, wodurch es der DDR in ihren frühen Jahren gelang, beträchtliche – im Vergleich zur Bundesrepublik erheblich schnellere und flächendeckendere – Fortschritte bei der Ausrottung bzw. Eindämmung von gefährlichen Seuchen wie Tuberkulose und Kinderlähmung zu erzielen.19
Allerdings entstanden gerade in der DDR immer wieder Engpässe bei lebenswichtigen pharmazeutischen Gütern. Wichtige Ursachen lagen in der weitgehenden Verstaatlichung der Apotheken sowie der Umstellung vom privaten auf den staatlichen Großhandel in den 1950er- und 1960er-Jahren, was zunächst eine Verlangsamung oder Störung der Lieferrhythmen für die einzelnen Apotheken mit sich brachte.20 Zudem fehlten Investitionen in Lagergebäude, Heiz- und Kühlvorrichtungen sowie Transportmittel, sodass erst während der 1980er-Jahre in den meisten Bezirken akzeptable Zustände herrschten.21 Nachteilig wirkte sich auch der neue, streng gehandhabte politische Imperativ der »Bedarfsplanung« aus, mit dessen Hilfe eine Produkt-Konkurrenz ähnlich wirkender Arzneien ausgeschaltet werden sollte. Während vor dem Zweiten Weltkrieg und in der Bundesrepublik die Pharmaindustrie weitgehend selbst Art und Vielfalt der Produktpalette festlegen konnte, griffen in der SBZ/DDR bereits früh rigide Maßnahmen zur »Bereinigung« des pharmazeutischen Sortiments. Im Ergebnis einer solchen Abgrenzung vom »Arzneimitteljahrmarkt«22 kapitalistischen Zuschnitts sank die Zahl der Hersteller und auch der Arzneimittel auf etwa ein Drittel.23 Sehr häufig gelang es der Planwirtschaft nicht, den vorab geschätzten Bedarf und die sich tatsächlich ergebende Nachfrage in Einklang zu bringen. Diese Inkongruenzen führten, in Kombination mit dem politisch ohnehin limitierten Sortiment, regelmäßig zu Engpässen in der Versorgung.24
Doch gingen die Ansprüche der DDR auf Kontrolle der pharmazeutischen Warenbewegung noch erheblich weiter: Die bereits seit den 1950er-Jahren angestrebte Autarkie im Arzneimittelwesen sollte den SED-Staat vor allem unabhängig von Westlieferungen machen, was im Wesentlichen der Logik einer möglichen Selbstversorgung im Spannungs- und Kriegsfall gehorchte. Insofern war dem Gesundheitswesen im Kalten Krieg immer auch der potentielle Ernstfall eines heißen Krieges eingeschrieben. Innerhalb des deutsch-deutschen Systemkampfes bedeutete die erstrebte Eigenversorgung mit Medikamenten vor allem, möglichst große Unabhängigkeit vom bundesdeutschen »Polarisierungszwilling« zu erlangen.25 Das stellte sich als schwierig heraus, weil der Großteil der pharmazeutischen Vorkriegs-Industrie in Westdeutschland bzw. West-Berlin lag. Bereits vor der Staatsgründung der DDR hatte SED-Gesundheitspolitiker Maxim Zetkin deshalb seiner »größten Besorgnis« Ausdruck gegeben und gewarnt, dass »die Bevölkerung nicht wird versorgt werden können, wie es sich gehört« und sich deren Unzufriedenheit »stürmisch äußern« werde. Eindringlich appellierte er im Juli 1949 an das Zentralsekretariat der SED, dass »nochmals ernstlich und im Bewusstsein der ganzen Verantwortung vor dem Volke geprüft wird, ob wir wirklich gar keine Möglichkeit haben, die erforderlichen Arzneimittel, die in unserer Zone noch nicht hergestellt werden, bei uns einzuführen«.26 Dennoch erfolgte 1951 eine Kürzung des Importplanes von 30 auf zunächst 5, später 10 Millionen Mark im innerdeutschen Handel.27
Zahlreiche DDR-Bürger*innen wussten sich während der 1950er-Jahre nur dadurch zu helfen, dass sie in der DDR ausgestellte Rezepte in die Bundesrepublik sandten und von dort private »Warensendungen« per Post erhielten – ein Phänomen, das immer weiter um sich griff und damit den Schein des sich selbstversorgenden SED-Staates jeden Tag stärker dementierte. Nach dem Mauerbau wurde auch dieser Weg abgeschnitten: Eine am 17. Oktober 1961 in Kraft getretene Verordnung untersagte den privaten Arzneimittel-Import aus Westdeutschland und West-Berlin auf dem Postweg.28 Hilfs-Warensendungen aus der Bundesrepublik in die DDR wurden nun angeprangert: Als einen »Abgrund des Kalten Krieges« bezeichnete etwa der Direktor des Physiologisch-Chemischen Institutes der Humboldt-Universität, Samuel Mitja Rapoport, den »Medikamentenschmuggel in sogenannten Geschenksendungen«. Der Arzneimittel-Versand gefährde nicht nur Leben und Gesundheit der Menschen, sondern widerspreche dem ärztlichen Ethos sowie internationalen staatlichen Abmachungen: »Diese Zustände sind mit dem Opiumkrieg vergleichbar, als die Kolonialisten das chinesische Volk durch Opium-Einfuhr unterwerfen wollten«, so Rapoport am Heiligabend des Jahres 1961.29
Derartige propagandistische Einlassungen stellten insofern eine Verzerrung der Wirklichkeit dar, als tatsächlich ein reger Schwarzhandel von West nach Ost existierte – doch wurde dieser im informellen Auftrag der DDR-Regierung organisiert. So schmuggelte ein dem Gesundheitsministerium unterstellter Apotheker im Auftrag der Behörde regelmäßig persönlich Medikamente für ausgewählte Ärzt*innen und Kliniken der Nomenklaturkader der SED. Über Jahre wurde dieser Regierungsapotheker, das ehemalige NSDAP-Mitglied Alfred Sprenger,30 nach West-Berlin entsandt, um mit einem Sonderetat an Devisen Spezial- und Noteinkäufe zu tätigen, gedacht für den exklusiven Kreis der Parteielite, für Nationalpreisträger und für »operative Aufgaben der Staatssicherheit«.31
Der SED-Staat griff zugleich radikal in das politisch nun verpönte »Hilfe zur Selbsthilfe«-System vieler Familien ein, indem der Zoll private Postsendungen mit Arzneien beschlagnahmte. Wegen der Häufung derartiger Fälle wurde Mitte der 1960er-Jahre der Aufbau einer geheimen Asservatenkammer notwendig, um die konfiszierten Präparate sachgerecht unterzubringen. Einige der einkassierten Arzneien plante man in staatliche Kanäle zu schleusen, doch wurden viele aufgrund der langen Lagerung unbrauchbar. Und so stellte sich am Schluss für das Gesundheitssystem, in diesem Fall für den Regierungsapotheker Sprenger, nur noch eine ebenso praktische wie zynische Frage: Wie konnte man die Präparate möglichst unauffällig vernichten? Von anfänglichen Vorstellungen, sie in Wismut-Schächten zu verschütten, über das Versenken in Tongruben im brandenburgischen Mittenwalde reichten die Pläne, bis man sich im Oktober 1967 entschloss, die Arzneien in einer Schutthalde in Rüdersdorf zu verbrennen.32 Die rücksichtslose Aneignung und Beseitigung der von Privatpersonen benötigten Medikamente offenbart die fatalen Prioritäten einer DDR-Gesundheitspolitik, die im Zweifelsfall das Image der DDR im Kalten Krieg höher bewertete als das gesundheitliche Wohlergehen der eigenen Bürger*innen.
3. »Nachentwicklungen« und Nebenwirkungen
Wegen des erzwungenen Verzichts auf Westimporte begann in der DDR »die große Welle der ›Nachentwicklungen‹«,33 also gezielt ohne Rücksicht auf Schutzrechte produzierte »Analoga« zu den nicht mehr eingeführten westlichen Präparaten. So wurden etwa die Bestseller unter den Tranquilizern, »Librium« und »Valium« der Firma Hoffmann-La Roche, nachentwickelt und als »Radepur« bzw. »Faustan« in der DDR 1967 und 1968 zugelassen.34 Der »Sonderbeauftragte« des Gesundheitsministeriums, Alfred Sprenger, der bei Messebesuchen in Leipzig regelmäßig auch offizielle Kontakte zu westlichen Herstellern pflegte, hielt die wenig erbaute Reaktion der betroffenen Firmen auf diese Nachahmungspraxis fest: Zum Beispiel beschwerte sich ein Hoechst-Mitarbeiter, dass die DDR keine Innovationen hervorbringe, sondern angebliche Neuheiten im Wesentlichen »Nachahmungen westlicher Erzeugnisse« seien. Was sein Unternehmen betreffe, sei etwa das Präparat Segontin im Osten »einwandfrei nachgebaut« worden. Ähnlich verhalte es sich mit P-Insulin, das jetzt in Grünau bei Ost-Berlin produziert werde. Der Hoechst-Vertreter brachte zum Ausdruck, dass der Verzicht der DDR auf den Import von Hoechst-Insulin »die Firma doch mächtig getroffen« habe und diese »deshalb auch vorsichtig geworden ist beim Verkauf und der Übergabe neuer Musterpräparate an die DDR«.35 Doch trotz der zahlreichen in der DDR in Verkehr gebrachten Gegenstücke zu bundesdeutschen Präparaten musste das Ministerium in der Bevölkerung immer wieder eine »Westmedikamentensucht« feststellen. Zudem hielten gravierende Engpässe bei der Versorgung mit inländischen und importierten Medikamenten an, die auch verzögerte Heilprozesse und gesundheitliche Schäden zur Folge hatten.36
Der hohe Druck zur Eigenproduktion sorgte außerdem für leichtfertig verkürzte Testphasen. Ein Beispiel ist die vertuschte Affäre um das Medikament Loranil: Das Sulfonamid-Präparat war von zwei in Dresden bei der Firma Heyden tätigen Chemikern entwickelt worden und wurde dringend als Ersatz für bisher vom Westen eingeführte Substanzen benötigt. Im Mai 1951, kurz nach der Zulassung, traten jedoch infolge von Nebenwirkungen mehrere Todesfälle bei Frauen und Kleinkindern auf. Die versuchte Einhegung des Desasters offenbart, wie zeittypische politische Prämissen allen Beteiligten ein sachgerechtes Handeln erschwerten. Das Gesundheitsministerium entsandte seinen Hauptabteilungsleiter für Heilwesen, den schon erwähnten Erwin Marcusson, nach Dresden, um die Gründe für die Unglücksfälle aufzuklären. Marcusson hatte in seiner politischen Laufbahn bereits traumatische Erfahrungen machen müssen. Von den Nationalsozialisten 1933 in »Schutzhaft« genommen, hatte er sich in die Emigration gerettet, die ihn 1936 gemeinsam mit seiner Frau in die Sowjetunion führte. Dort spürten ihn die Häscher des NKWD auf, die ihm Verrat an Rosa Luxemburg anlasteten. Zwar wurde diese Anklage schließlich fallengelassen, doch durchlebte er zwei Jahre Haft und gehörte in der frühen DDR zu jenen Funktionären, denen eisernes Schweigen über ihre Repressionserfahrung »verordnet« worden war.37 Bei seiner Recherche des Falls Loranil reproduzierte Marcusson nun selbst ideologische Feindbilder, indem er den verantwortlichen Wissenschaftlern Verrat und Sabotage vorwarf – ein verbreitetes stalinistisches Verschwörungs-Muster der 1950er-Jahre. Einer der betroffenen Chemiker floh daraufhin verängstigt in die Bundesrepublik. Für diesen Verlust einer schwer ersetzbaren Fachkraft wurde Marcusson nun seinerseits von Walter Ulbricht mit einem Parteiverfahren belegt – wegen Gefährdung des »Bündnisses mit der Intelligenz«. Das Signal war klar: Die ohnehin fatale Ärzte- und Wissenschaftlerflucht sollte durch solche Vorfälle nicht noch forciert werden.38 Die »Loranil-Angelegenheit« wurde insgesamt vertuscht, um das Bild des Gesundheitswesens nicht zu trüben. »Jeder Zwischenfall mit oder jeder entdeckte Mangel bei Arzneimitteln wurde […] als eine Art Geheimnis behandelt«, erinnert sich der ehemalige Leiter des Instituts für Arzneimittelwesen. Besonders die Meldung von Nebenwirkungen sei deshalb eine »Schwachstelle« des Systems geblieben.39 Im Fall Loranil nutzte die Geheimhaltung aber vor allem dem geflohenen Wissenschaftler, der seine Karriere nun unbelastet vom Schatten der schweren Havarie im Westen fortsetzen konnte.
4. Gefährdeter »Lebensnerv« der Gesellschaft
Die beschriebenen Eigenheiten der Arzneimittelversorgung in den ersten beiden Jahrzehnten der DDR offenbaren, dass ein verklärter Rückblick auf das DDR-Gesundheitssystem fehl am Platze ist. Die Schwierigkeiten erwuchsen aus unterschiedlichen Konstellationen: Zum einen stellte die Planwirtschaft mit ihrer »Bedarfsplanung« ein äußerst störanfälliges Regulativ dar. Zudem war, anders als die sich am Markt bildende Nachfrage kapitalistischer Wirtschaftsordnungen, der staatlicherseits festgestellte »Bedarf« kein rein ökonomisches, sondern ein eminent politisches Konstrukt. Denn die DDR war bestrebt, »subjektive Faktoren« zu eliminieren, die den »Bedürfnissen des Staates« vermeintlich entgegenstanden. In der Praxis hieß das, auf politisch als überflüssig eingestufte Präparate zu verzichten – in den 1950er- und 1960er-Jahren waren dies vor allem, wenn auch nicht nur, die verteufelten »Westmedikamente«.40 Eine systematische Sonderversorgung regimenaher Kreise – sei es verdeckt wie im Fall Sprenger oder ganz offensichtlich wie durch die Einrichtung des »Regierungskrankenhauses« – war hierbei für alle Jahrzehnte des zweiten deutschen Staates typisch.
Auch die »Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik« der Ära Honecker mündete schließlich in eine gesundheitspolitische Bankrotterklärung. Da seit den 1970er-Jahren »die investitions- und technikintensive Apparatemedizin den Charakter der Heilkunde bestimmte, verlor das Gesundheitswesen der DDR zunehmend den Anschluss an die internationale Entwicklung«.41 Dies offenbart auch die verheerende Bilanz, die die gesundheitspolitisch Verantwortlichen der späten DDR für den Zustand ihres eigenen Systems zogen.42 Eine Information des Ministeriums für Staatssicherheit im Jahr 1983 benannte als Schlüsselproblem die mangelnde Anwendung neuer diagnostischer und therapeutischer Verfahren. Auch Gesundheitsminister Ludwig Mecklinger gestand intern die »schwierige Lage für das Gesundheitswesen« ein, zumal »der Entwicklungsrückstand« der medizintechnischen Industrie der DDR »gegenüber führenden westlichen Herstellern immer größer« werde.43 Hinzu kamen der Verfall der Bausubstanz von Kliniken, notorische Engpässe bei Medikamenten, ein eklatanter Arbeitskräftemangel in den Krankenhäusern sowie die ungenügende Kapazität der Feierabend- und Pflegeheime.44 Auch in der Spätphase der DDR wurden jedoch strukturelle Defizite von der Parteispitze radikal politisch umgedeutet. So erklärte Honecker, im Gesundheitswesen herrschten »Erscheinungen der Aufweichung wie in keinem anderen gesellschaftlichen Bereich«, die Situation sei vor allem »die Folge einer ungenügenden politischen Arbeit«.45 Wie brisant es für die SED-Führung war, ausgerechnet auf diesem Feld ein systemisches Versagen einräumen zu müssen, fasste erst Klaus Thielmann, Gesundheitsminister in der Übergangsregierung von Hans Modrow, prägnant zusammen: »Gerade am Gesundheits- und Sozialwesen zu scheitern« bedeute, »Glaubwürdigkeit für eine Politik, die dem Menschen dienen und ihn vor elementaren Nöten schützen soll, zu verlieren. Es geht hier um einen Lebensnerv.«46 So wird es eine Aufgabe der DDR-Forschung bleiben, die Bedeutung dieses Lebensnervs für Stabilität und Erosion von Herrschaft und Gesellschaft im SED-Staat weiter auszuleuchten.
Anmerkungen:
1 Weil Du arm bist, mußt Du früher sterben. Mutige Aussage eines westdeutschen Films, in: Neues Deutschland, 6.10.1956.
2 Reinhard Spree, Soziale Ungleichheit vor Krankheit und Tod. Zur Sozialgeschichte des Gesundheitsbereichs im Deutschen Kaiserreich, Göttingen 1981.
3 Ralf Ahrens, Planwirtschaft, Prävention und Effizienz. Zur Wirtschaftsgeschichte des Gesundheitswesens in der Sowjetischen Besatzungszone und frühen DDR, in: Udo Schagen/Sabine Schleiermacher (Hg.), Sozialmedizin, Sozialhygiene und Public Health. Konzepte und Visionen zum Verhältnis von Medizin und Gesellschaft in historischer Perspektive, Berlin 2002, S. 41-52, hier S. 41.
4 Prominenteste Akteure in dieser Hinsicht waren Rudolf Virchow und die Protagonisten des englischen »Sanitary Movement«. Siehe Constantin Goschler, Rudolf Virchow. Mediziner – Anthropologe – Politiker, Köln 2002; Dorothy Porter/Roy Porter (Hg.), Doctors, Politics and Society. Historical Essays, Atlanta 1993.
5 Zu den Biographien beider vgl. meine demnächst erscheinende Monographie: Jutta Braun, Politische Medizin. Das Ministerium für Gesundheitswesen der DDR 1950 bis 1970, Göttingen 2021.
6 Gemäß einer Umfrage von 2014 werden in diesem positiven Licht das Schulsystem, die soziale Absicherung, die Gleichberechtigung von Frau und Mann, der Schutz vor Kriminalität und Verbrechen sowie das Gesundheitssystem gesehen. Infratest dimap, 25 Jahre Mauerfall: Systemvergleich BRD/DDR, September 2014.
7 Vgl. Alexander Wendt, Ein Paralleluniversum namens DDR. Jeder zweite Deutsche wünscht sich das DDR-Gesundheitssystem zurück, sagt eine Umfrage, in: Focus, 31.3.2009.
8 Konrad H. Jarausch, Fürsorgediktatur, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 11.2.2010. Zur Anwendung des Begriffs auf das Gesundheitssystem der DDR vgl. Malte Thießen, Immunisierte Gesellschaft. Impfen in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert, Göttingen 2017, S. 352.
9 Vgl. Jens Gieseke, Soziale Ungleichheit im Staatssozialismus. Eine Skizze, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 10 (2013), S. 171-198.
10 Anna-Sabine Ernst, »Die beste Prophylaxe ist der Sozialismus«. Ärzte und medizinische Hochschullehrer in der SBZ/DDR 1945–1961, Münster 1997.
11 Im Rahmen einer geheimen Verschluss-Sache hielt das Protokoll Nr. 7/1953 vom 10. Februar 1953 in der Anlage Nr. 8 die »Änderung der Arbeit im Regierungskrankenhaus« gemäß einem Beschluss des Politbüros vom gleichen Tag fest. Reinschrift: Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde (BArch) DY 30/J IV 2/2/261.
12 Bis zum Ende des SED-Regimes wurden Informationen über diese Sonderversorgungen geheimgehalten. Volker Meinhardt, Der Prozess der Angleichung im Bereich der sozialen Sicherung – 10 Jahre nach der Einführung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, in: Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung 69 (2000), S. 225-248, hier S. 228f.; Dierk Hoffmann, Sicherung bei Alter, Invalidität und für Hinterbliebene, Sonderversorgungssysteme, in: ders./Michael Schwartz (Hg.), Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland seit 1945, Bd. 8: 1949–1961. Deutsche Demokratische Republik. Im Zeichen des Aufbaus des Sozialismus, Baden-Baden 2004, S. 345-386, hier S. 362.
13 Philip Manow-Borgwardt, Die Sozialversicherung in der DDR und der BRD, 1945–1990: Über die Fortschrittlichkeit rückschrittlicher Institutionen, in: Politische Vierteljahresschrift 35 (1994), S. 40-61, hier S. 47. Vgl. hierzu auch Jürgen Wasem, Vom staatlichen zum kassenärztlichen System. Eine Untersuchung des Transformationsprozesses der ambulanten ärztlichen Versorgung in Ostdeutschland, Frankfurt a.M. 1997, S. 56, sowie Philip Manow, Entwicklungslinien ost- und westdeutscher Gesundheitspolitik zwischen doppelter Staatsgründung, deutscher Einigung und europäischer Integration, in: Zeitschrift für Sozialreform 43 (1997), S. 101-131, hier S. 117. Manow und Wasem unterscheiden in ihrer Begrifflichkeit bei »Versorgungssystemen« nicht eindeutig zwischen versicherungsrechtlichen Leistungen und gesundheitlichen Spezialeinrichtungen. Volpp hingegen meint mit »Health Systems« offenkundig vor allem Gesundheitseinrichtungen. Kevin Volpp, The Structure of Health Care Delivery in Communist East Germany, in: Medizin, Mensch, Gesellschaft 16 (1991), S. 3-13, hier S. 6.
14 Manow-Borgwardt, Sozialversicherung in der DDR und der BRD (Anm. 13), S. 47f.
15 Ebd., S. 55.
16 Vgl. Thießen, Immunisierte Gesellschaft (Anm. 8).
17 Braun, Das Ministerium für Gesundheitswesen (Anm. 5).
18 Eckart Conze, Die Suche nach Sicherheit. Eine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von 1949 bis in die Gegenwart, München 2009; Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 7 (2010) H. 2: Sicherheit, hg. von Tatjana Tönsmeyer und Annette Vowinckel.
19 Thießen, Immunisierte Gesellschaft (Anm. 8).
20 Hans Probst, Die Organisation des Apothekenwesens, in: 45 Jahre Pharmazie in Deutschland Ost. Beiträge zur Geschichte des Arzneimittel- und Apothekenwesens der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 2008, S. 41-80. Der Sammelband bündelt kritische Perspektiven ehemaliger Akteure des Arzneimittelwesens in der DDR.
21 Joachim Richter, Das Institut für Arzneimittelwesen, in: 45 Jahre Pharmazie (Anm. 20), S. 81-156, hier S. 139.
22 Wirksame Medizin statt Arzneimitteljahrmarkt, in: Berliner Zeitung, 8.8.1954.
23 Von 527 Arzneimittelherstellern fanden nur 218 (43 »volkseigene« und 175 private Hersteller) mit ihren Produkten Aufnahme in das 1. Arzneimittelverzeichnis der DDR vom 19.7.1950; von 5.000 Arzneien wurden nur 1.760 neu registriert. Winfried Noack, Die Arzneimittelproduktion, in: 45 Jahre Pharmazie (Anm. 20), S. 319-347.
24 Lutz Maier, Der pharmazeutische Großhandel, in: 45 Jahre Pharmazie (Anm. 20), S. 349-364, hier S. 360.
25 Begriff bei Hans Günter Hockerts, Einführung, in: ders. (Hg.), Drei Wege deutscher Sozialstaatlichkeit. NS-Diktatur, Bundesrepublik und DDR im Vergleich, München 1998, S. 7-25, hier S. 23.
26 Hauptverwaltung für Gesundheitswesen, der stellv. Leiter Prof. Dr. Zetkin an das Zentralsekretariat der SED, z.Hd. Genossen Lehmann, 19.7.1949. BArch DQ 1/20167.
27 Klaus Gerecke, Die Gestaltung des Arzneimittelsortiments, in: 45 Jahre Pharmazie (Anm. 20), S. 157-260, hier S. 168.
28 Vgl. Manfred Böhm, Die Arzneimittelgesetzgebung, in: 45 Jahre Pharmazie (Anm. 20), S. 23-39, hier S. 30.
29 Gefährliche Präparate. Prof. Dr. Rapoport zum Medikamentenschmuggel, in: Berliner Zeitung, 24.12.1961. Vgl. auch: Zustände wie im Opiumkrieg, in: Neue Zeit, 28.12.1961.
30 Alfred Karl Richard Sprenger, * 19.9.1909 in Berlin, † 17.7.1976. Apotheker, Pharmaziestudium in Berlin (1932–1934), Approbation 1937, Wehrmacht (1939–1945), ab 1951 als Oberpharmazierat Apothekenleiter im Haus der Ministerien, NSDAP-Mitglied (1937–1945), SED-Mitglied ab 1946. BArch DQ 1/24144.
32 BStU, MfS, AIM 10494/83. MfS, HA XX/1/IV, 31.10.1967, Treffbericht, Treff am 13.10.1967.
33 Noack, Arzneimittelproduktion (Anm. 23), S. 325.
34 Ulrike Klöppel/Matthias Hoheisel, »Wunschverordnung« oder objektiver »Bevölkerungsbedarf«? Zur Wahrnehmung des Tranquilizer-Konsumenten in der DDR (1960–1970), in: N.T.M. Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin 21 (2013), S. 213-244, hier S. 217.
35 BStU, MfS, AIM 10494/83. MfS, HA V/1/4, 13.3.1964, Treffbericht, Treff am 12.3.1964.
36 43. Sitzung des Ministerrats vom 17. Juni 1965. BArch DC 20 I/4/1143.
37 Carola Tischler, Die Sprache der Akten. Wie die SED das bezeichnete, was sie nicht benennen wollte, in: Wladislaw Hedeler (Hg.), Das verordnete Schweigen. Deutsche Antifaschisten im sowjetischen Exil, Berlin 2010, S. 30-37; Alexander Vatlin, »Was für ein Teufelspack«. Die deutsche Operation des NKWD in Moskau und im Moskauer Gebiet 1936 bis 1941, Berlin 2013, S. 36.
38 Zur Loranil-Affäre siehe Braun, Das Ministerium für Gesundheitswesen (Anm. 5). Vgl. auch Ulrich Meyer/Andreas Schuhmann, Zur Geschichte der oralen Antidiabetika, in: Geschichte der Pharmazie 53 (2001), S. 1-9 (Beilage zur Deutschen Apotheker Zeitung).
39 Richter, Institut für Arzneimittelwesen (Anm. 21), S. 135, S. 145.
40 Generell ging man auch gegen »Wunschverordnungen« vor, um angesichts knapper Ressourcen den Verbrauch zu senken. Klöppel/Hoheisel weisen darauf hin, dass das für markt- bzw. privatwirtschaftlich basierte Gesellschaften entwickelte Konzept des »Patienten« als »Konsument« in dieser Form »nicht anwendbar auf die DDR mit ihrem limitierten und zugangskontrollierten Medikamentenangebot« sei. Klöppel/Hoheisel, »Wunschverordnung« (Anm. 34), S. 231.
41 Winfried Süß, Gesundheitspolitik, in: Hockerts, Drei Wege deutscher Sozialstaatlichkeit (Anm. 25), S. 55-100, hier S. 81.
42 Vgl. hierzu auch Rainer Erices/Antje Gumz, »Hier läuft bald gar nichts mehr«. BStU-Quellen zur Entwicklung des Gesundheitswesens in der DDR, in: Andreas Frewer/Rainer Erices (Hg.), Medizinethik in der DDR. Moralische und menschenrechtliche Fragen im Gesundheitswesen, Stuttgart 2015, S. 15-27.
43 BStU, MfS, HA XX, Nr. 7113. MfS, HA XX/1, 13.6.1983, Bericht.
44 Am 11. August 1989 erkannte die SED-Führung in einer internen Analyse diese Missstände an. Vgl. Heidi Roth, Deutsch-deutsche Gesundheitspolitik im Einigungsprozess (I), in: Deutsches Ärzteblatt 106 (2009), S. A 1190-A 1193, hier S. A 1190f.
45 BStU, MfS, HA XX, Nr. 7113. MfS, HA XX/1, 31.8.1981, Vermerk über ein Gespräch mit dem Minister für Gesundheitswesen Genossen Mecklinger am 31.8.1981.
46 Thielmann an Modrow, 21.1.1990. Zit. nach Roth, Gesundheitspolitik (Anm. 44), S. A 1191.