- Schwarzsein, Körper und Mode
- Zur Geschichte afroamerikanischer Hair Politics
- Dashikis, Pimps und Hip-Hop in den 1970er- und 1980er-Jahren
- Style Politics in der Präsidentschaft Barack Obamas: Respektabilität, das Stereotyp der »angry black woman« und der Kapuzenpulli
- Fazit
Als Malia Obama, die damals 11-jährige Tochter des US-amerikanischen Präsidenten, 2009 ihre Eltern mit ungeglättetem Haar nach Rom begleitete, ahnte sie wohl nicht, dass diese Frisur immer noch zum Politikum werden konnte. Einige Kommentatoren auf der konservativen Website »Free Republic« monierten, das Mädchen sei ungeeignet, die USA zu repräsentieren, und machten dies an ihrem Hairstyle fest.[1] Selbst wenn solche Stimmen marginal blieben, rekurrierten sie auf bekannte Diskurse, die den Natural Hairstyle, auch bekannt unter dem Namen Afro, ähnlich wie schon in den 1950er- und 1960er-Jahren erneut mit Ungepflegtheit assoziierten.
In diesem Beitrag werfe ich einige Schlaglichter auf das Wechselverhältnis von Mode, Hairstyle und Schwarzsein und beleuchte die Komplexität dessen, was ich in Anlehnung an den Kulturwissenschaftler Kobena Mercer »Style Politics«[2] nenne. Zunächst beschäftige ich mich mit theoretischen Fragen von Körper, Schwarzsein, Hairstyle und Mode. Danach zeige ich anhand ausgewählter Beispiele, wie umkämpft die Sicht auf den schwarzen Körper in den vergangenen Jahrzehnten gewesen ist. Dabei ziehe ich einige zentrale Ereignisse und Debatten seit Mitte der 1970er-Jahre bis zur Präsidentschaft Barack Obamas heran. Dieser Zeitraum erscheint besonders lohnend, weil die Bürgerrechts- und Black-Power-Bewegung in den 1970er-Jahren endete und sich neue politische Strategien afroamerikanischer Gruppierungen und Parteien sowie neue kulturelle Entwicklungen auch in der Mode niederschlugen. Dabei markierte die Bürgerrechts- und Black-Power-Bewegung der 1960er-Jahre weiterhin einen wichtigen Referenzpunkt. Beide Bewegungen popularisierten Symbole wie den Afro oder die sogenannten Dashikis – bunte, weit geschnittene Hemden, die einen Bezug zum afrikanischen Kontinent herstellen sollten. Auf diese Symbole bezog man sich auch noch Jahrzehnte später, wenngleich dies teilweise nur in Abgrenzung zu neuen Styles geschah. Schließlich analysiere ich anhand der Hip-Hop-Kultur und den damit verbundenen Debatten um Hairstyle und bestimmte afroamerikanische Moden, wie schwarze Identität und Geschichte in der Wahl der Kleidung bis heute verhandelt werden.
Für die historische Betrachtung von Style Politics eignet sich eine Vielzahl von Quellen. Zunächst bieten sich Medien wie Fotos an, auf denen Mode zur Schau gestellt wird – sei es explizit, wie in der Modefotografie, oder implizit, wie auf Privatfotos. Weiterhin lassen sich aus Filmen und Musikvideos interessante Rückschlüsse auf Modetrends ziehen. Einerseits werden diese Medien von den Zuschauenden angeeignet und inspirieren sie zu neuen Ausdrucksformen. Andererseits greifen Filme oftmals zeitgenössische Modephänomene auf. Auch Schriftquellen bieten viel Stoff, um herauszuarbeiten, wie unterschiedlich Interpretationen von identischen Kleidungsstücken und Frisuren ausfallen können. Darüber hinaus sind Egodokumente wie Memoiren interessant, aber auch Meinungsbekundungen von Leserinnen und Lesern, beispielsweise in Form von Zuschriften an Zeitungen und Zeitschriften, weil hieraus die verschiedenen Motive für modische Konventionen und Präferenzen deutlich werden.
Der vorliegende Aufsatz versteht sich als ein Überblick zur politischen Alltagsgeschichte der Mode von African Americans seit den 1970er-Jahren. Nur kursorisch wird dabei die ökonomische Seite der afroamerikanischen Modeindustrie behandelt, sofern sie in die politischen Auseinandersetzungen um Mode hineinspielt.[3]
1. Schwarzsein, Körper und Mode
In vielen Theorien über Mode fällt auf, dass diese meist als vom Körper unabhängig konzeptualisiert wird. Die Kulturwissenschaftlerin Joanne Entwistle hat demgegenüber überzeugend gezeigt, dass Mode als übergeordnete Kategorie, die unterschiedlichste Kleidungsstücke umfassen kann, ein Mittel ist, dem Körper soziale Bedeutung zu verleihen.[4] Insofern plädiere ich dafür, Mode und Körper als etwas Zusammenhängendes zu begreifen. Ein Kleidungsstück allein macht noch kein Statement aus. Bedeutsam wird es erst durch die körperliche Performanz, mit der es getragen wird. Ebenso entscheidend ist, von wem und wann ein Kleidungsstück getragen wird und in welchem historischen, politischen und ästhetischen Kontext es situiert ist. Mode kann deshalb (auch) als Teil der Körpergeschichte begriffen werden.[5]
Das Verhältnis von schwarzem Körper und Mode kann allerdings nicht abgekoppelt von rassistischen Diskursen und damit verbundenen gesellschaftlichen Ausgrenzungen betrachtet werden. »For many people on the margins, style is not merely superficial decoration but an arena for the production of potentially oppositional identities. Sometimes the body is the most available surface for inscribing resistance.«[6] Die Amerikanistin Dorinne Kondo weist hier darauf hin, dass Mode ein Schauplatz für die Entstehung alternativer Identitätsentwürfe ist, vor allem für gesellschaftlich marginalisierte Gruppen. In der Geschichte der African Americans war der schwarze Körper durch die hegemoniale rassistische Ordnung der Weißen starken Beschränkungen unterworfen. Dementsprechend fand auch die Kleidungswahl von African Americans vor diesem Hintergrund statt. Im 19. Jahrhundert kam es sogar zu scharfen Reaktionen von einigen Weißen, die bis hin zu körperlichen Übergriffen reichten, wenn African Americans sich in einer bestimmten Art und Weise kleideten, die eigentlich nur Weißen vorbehalten war.[7] Weiße reagierten auch im 20. Jahrhundert jenseits der Rechtsprechung oftmals mit Gewalt oder anderen drastischen Maßnahmen, wenn sich African Americans in Sonntagskleidung zeigten.[8] Dies suggerierte nämlich, dass sich African Americans gegenüber den Weißen als ebenbürtig und gleichwertig empfanden, was gemäß der rassistischen Sicht sofort unterbunden werden musste.[9] Ein oftmals in Erscheinung tretender Überschwang und Prunk, der viele von African Americans getragene Accessoires, aber auch Moden des späten 19. und des 20. Jahrhunderts charakterisierte, kann in gewisser Weise immer noch als ein Aufbegehren gegen rassistische Restriktionen interpretiert werden, die den African Americans in der Zeit der Sklaverei, aber auch danach von Weißen auferlegt worden waren: »The black sense of the ornate carried political meanings that whites surely didn’t miss; they were insulted by good black dress because it meant that blacks had, however subtly, shredded social barriers.«[10]
Um bestimmte Aspekte der afroamerikanischen Geschichte zu verstehen, ist es wichtig, Körper, Frisuren und Mode einzubeziehen. Dieser Zusammenhang wurde bisher nur vereinzelt hergestellt.[11] Die Vielschichtigkeit unter anderem der Black-Power-Bewegung, aber auch anderer Aspekte schwarzer Geschichte lässt sich besser analysieren, wenn Style Politics einbezogen werden.[12] Unter Style Politics verstehe ich die Anordnung von Kleidungsstücken, Accessoires und Haaren, mit der Distinktionen verhandelt werden. Der Begriff Style Politics umfasst zudem performative Elemente. Das Politische des Styles besteht vornehmlich darin, dass er Zugehörigkeiten und Abgrenzungen markiert, die jedoch immer wieder verhandelt werden und nicht statisch sind.[13] Für African Americans besitzen Style Politics eine besondere Relevanz, wie die Historikerin Tanisha Ford betont: »[…] in substance and symbolically, soul and style politics writ large are more critical to the black liberation and women’s liberation struggles than we have previously recognized.«[14] Dies gilt auch für die Zeit seit den 1970er-Jahren. Style hat für African Americans eine herausgehobene Stellung. Alltagsrassismus spielt sich nicht zuletzt auf dem Schauplatz des Körpers, der Mode und der Art und Weise ab, wie das Haar getragen wird. Für African Americans gilt dies in besonderem Maße, weil sie bis Mitte des 20. Jahrhunderts aufgrund der rassistischen Gesetzgebung in den USA nicht nur bei der Ausübung ihrer politischen Rechte wie dem Wahlrecht gehindert wurden, sondern rassistische Diskurse und Bilder auch auf die Degradierung des schwarzen Körpers zielten. Insofern boten der eigene schwarze Körper und seine Ästhetisierung über Mode und Hairstyling unzählige Möglichkeiten für alltägliche widerständige Praktiken.[15]
Ich habe an anderer Stelle argumentiert, dass die Inszenierung des schwarzen Körpers mithilfe von als »schwarz« konnotierter Kleidung ein zentrales Element der politischen Intervention für Widerstandsorganisationen wie Nation of Islam, Black Panther Party for Self-Defense und Us war.[16] Wie ich im Folgenden zeige, gilt dies für die Phase nach dem Niedergang der Black-Power-Bewegung in gleichem Maße. Interne Querelen, staatliche Repression und eine strategische Neuorientierung auf parlamentarische Politik waren Gründe, die dazu führten, dass sich etliche Organisationen in den 1970er-Jahren auflösten oder in der Bedeutungslosigkeit verschwanden.[17] Die während der 1960er- und 1970er-Jahre geschaffene Ikonographie und ihre Style Politics bildeten jedoch weiterhin häufig den Referenzrahmen für viele neue Modekreationen.
2. Zur Geschichte afroamerikanischer Hair Politics
Für African Americans spielte das Styling der Haare immer eine wichtige Rolle. Es bietet sich deshalb an, Hair Politics im Zusammenhang mit Kleidung zu betrachten, da nicht nur die Haartextur, sondern auch die Stilisierung des Haares als Marker für Schwarzsein gesehen wurde. Ebenso wie die Kleidung waren die Assoziationen und Lesarten bestimmter Frisuren Gegenstand von Auseinandersetzungen um die gesellschaftliche Stellung von African Americans.
Verschiedene Arten, das Haar zu flechten, in Zöpfen zu arrangieren, zu kämmen oder zu schneiden wurden von schwarzen Sklavinnen und Sklaven in Anknüpfung an Traditionen ihrer afrikanischen Heimatländer fortzuführen versucht.[18] Afroamerikanisches Hairstyling wurde zum Austragungsort von Machtkämpfen um Repräsentation, in denen sich der Wille der Sklavinnen und Sklaven, selbstbestimmt über ihren Körper verfügen zu können, mit den Ansprüchen der Sklavenhalterinnen und Sklavenhalter konfrontiert sah. Diese demonstrierten ihre Macht über African Americans auch durch die Regulierung und das Verbot bestimmter Hairstyles.[19] Kämpfe um Style wurden in den USA noch im 20. Jahrhundert geführt, wobei der jeweilige geschichtliche Kontext diese Auseinandersetzungen deutlich beeinflusste.
Der Afro gilt häufig als das Emblem der Black-Power-Bewegung in der Mitte der 1960er-Jahre. Die Geschichte des Afros ist mit dieser Verbindung jedoch keinesfalls erschöpft.[20] Denn tatsächlich war der Afro schon lange vor der Black-Power-Bewegung bekannt. Zudem war er – genauso wie Hairstyling überhaupt – nicht nur ein »rassischer« Signifikant, sondern auch von anderen Faktoren wie Gender, Class, sexueller Orientierung sowie von regionalen Unterschieden beeinflusst.[21] Der Afro wurde nicht erst Mitte der 1960er-Jahre von männlichen Black-Power-Aktivisten »entdeckt«, sondern bereits Ende der 1950er-Jahre von schwarzen Frauen getragen, vor allem von Musikerinnen wie der Jazzsängerin Abbey Lincoln.[22] Zu diesem Zeitpunkt wurde der Hairstyle noch mit »downtown chic« verbunden, stand also für ein urbanes Modebewusstsein, hatte aber bereits eine politische Bedeutung: Bekannte Afro-Trägerinnen wie Miriam Makeba oder Nina Simone erklärten sich mit der Bürgerrechtsbewegung und afrikanischen Befreiungsbewegungen solidarisch und brachten dies auch über ihr Styling zum Ausdruck.[23]
Es lohnt sich, stets die verschiedenen, teilweise divergierenden Lesarten, welche es für einen bestimmten Hairstyle gibt, in die Betrachtung einzubeziehen. Denn sowohl die Bedeutung, die jemand seiner oder ihrer Frisur gibt, als auch der Kontext, innerhalb dessen ein Hairstyle getragen wird, wirken sich auf die Wahrnehmung durch andere aus. Zudem sind Hairstyles immer mit geschlechtlichen Konnotationen verknüpft.
So entbrannte um 1970 in der afroamerikanischen Modezeitschrift »Ebony«[24] eine Debatte darüber, welche Bedeutung der Afro nun habe. Ausgelöst wurde diese Auseinandersetzung durch den Leserbrief eines D.E. Wilson in der Ausgabe vom November 1969. Wilson argumentierte, der Afro sei mit einer verminderten Feminität schwarzer Frauen verbunden: »I go along with being black, thinking black and living black, but I don’t go along with the new Afro hair style on our women. Disagree all you want, but think. The men look great and masculine in their Afro hair styles – our women look great and masculine too.«[25] Die Konnotationen des Afro variierten also je nach der geschlechtlichen Identität der Person, die ihn trug. Es folgte eine hitzige Debatte in der Zeitschrift. Ein anderer Leserbriefschreiber las den Afro ähnlich wie Wilson: »Let’s face it, we blacks are trying to brainwash ourselves that the now popular Afro hairdo is beautiful. It’s becoming to the men, but makes our sisters look like our brothers. [...] I for one find it very difficult to become romantic with a boyish type female.«[26] Während der Afro Männer attraktiv mache, sei er bei Frauen unschön und ihrer Feminität abträglich. Es gab aber auch gegenteilige Stimmen: »If she cannot see herself as a beautiful woman naturally, then don’t put the reason on the brothers.«[27] Dieser Autor machte mangelndes Selbstwertgefühl schwarzer Frauen für den Umstand verantwortlich, dass einige von ihnen sich mit Afro nicht mehr als schön empfänden. Eine andere Leserbriefschreiberin sekundierte: »It is our duty as a race to try and help each other understand what pride is, because if we don’t love our hair then we don’t love ourselves and no matter how much we try to look white, those men who prefer white women don’t really love us either.«[28]
Der Afro-Hairstyle wurde hier in einen größeren Zusammenhang der kulturellen Wiedergeburt des schwarzen Amerikas gestellt. Nach der jahrhundertelangen Unterdrückung und der damit einhergehenden rassistischen Abwertungen des schwarzen Körpers sei es nun Aufgabe der African Americans, ihre Selbstliebe offensiv zu zeigen. Dies manifestiere sich nicht zuletzt im Afro als Symbol für schwarzen Stolz. Hairstyle ist, wie das Beispiel zeigt, in seiner Bedeutung vielschichtig – selbst wenn eine bestimmte Lesart durch historische Faktoren wie diskursiv und medial hergestellte Schönheitsstandards dominant zu sein scheint.
Dies lässt sich auch anhand des »Conks« demonstrieren, d.h. künstlich geglätteter Haare. Die hegemoniale Sichtweise auf den Conk, der vor allem in den 1950er-Jahren bis in die Mitte der 1960er-Jahre populär war, wurde besonders vom schwarzen Bürgerrechtler Malcolm X befördert.[29] In seiner Autobiographie schilderte er anschaulich, wie er sich in den 1940er-Jahren in einem schmerzhaften Prozess die Haare mit chemischen Mitteln geglättet hatte, um dem weißen Schönheitsstandard besser zu entsprechen.[30] Bis heute wird geglättetes schwarzes Haar häufig als Übernahme weiß kodierter Schönheitskriterien gesehen.[31] In einer Studie wurde dieser verbreiteten Lesart des Conks allerdings eine alternative Interpretation entgegengestellt. Das geglättete Haar ist demnach nicht allein als Ausdruck schwarzer Selbstentfremdung zu deuten, sondern der Conk kann auch – wie im Fall des radikalen schwarzen Aktivisten Eldridge Cleaver – Urbanität und die Abkehr von einer ländlichen Sozialisation signalisieren, ohne dass damit eine Distanzierung von Schwarzsein verbunden ist.[32] Ich folge deshalb dem von der Modesoziologin Maxine Craig vorgetragenen Plädoyer für eine jeweils kontextgebundene Analyse der Bedeutung von Hairstyles, die deren Facettenreichtum anerkennt.[33]
Dass bestimmte Gesten und Frisuren aus der Black-Power-Bewegung weiten Teilen der US-amerikanischen Öffentlichkeit bis heute sehr vertraut sind, zeigt das Beispiel von Angela Davis, der bekannten afroamerikanischen Aktivistin und Theoretikerin. Bereits in den 1960er-Jahren als Professorin an der UCLA und auch später als vom FBI gesuchte Person zog ihr Style große Aufmerksamkeit auf sich. Davisʼ Outfit inspirierte besonders die afroamerikanische Bevölkerung, weil es einen selbstbewussten und stolzen Bezug auf den schwarzen Körper herstellte. Tanisha Ford weist darauf hin, dass Davisʼ Style schon damals zu ihrer internationalen Bekanntheit zum Beispiel in Großbritannien oder Tansania beitrug (und auf etwas andere Weise auch in der DDR).[34] Davisʼ Afro avancierte zu einem ihrer Markenzeichen; sie nutzte die Frisur zur visuellen Akzentuierung ihrer radikalen Ansichten. In ihrem Text »Afro Images« aus den 1990er-Jahren reflektiert sie jedoch über die Ambivalenzen, die ihr bekannter Hairstyle in den 1970er-Jahren mit sich gebracht habe. Sie schildert dort eine Begegnung mit dem Bruder einer Bekannten, der zunächst mit ihrem Namen nichts anfangen kann, dann aber erkennend ausruft: »›Oh‹, he said, ›Angela Davis – the Afro.‹ Such responses, I find, are hardly exceptional, and it is both humiliating and humbling to discover that a single generation after the events that constructed me as a public personality, I am remembered as a hairdo. It is humiliating because it reduces a politics of liberation to a politics of fashion.«[35]
Die von Davis kritisierte Verengung des Afro auf ein unpolitisches Style-Accessoire ist Indikator für eine Rekontextualisierung und für neue Lesarten dieses Hairstyles, die bereits Anfang der 1970er-Jahre begannen. Denn der Afro wurde damals unter der afroamerikanischen Bevölkerung enorm populär und galt weiterhin als politisches Symbol für Subversion schlechthin. Gleichzeitig verlor er durch Vermarktungsstrategien von Pflegeproduktfirmen einen Teil seiner politischen Brisanz. In der Werbung wurde der Afro nun von schwarzem Aktivismus vielfach entkoppelt. Ein Afro bedürfe, so der Tenor etlicher Anzeigen, ebenso der Pflege wie andere Frisuren. Die Werbebotschaften, mit denen Bilder von Afros unterlegt oder begleitet wurden, stellten nun den Bezug zu Schwarzsein und politischer Radikalität in den Hintergrund; sie akzentuierten eher Modebewusstsein und Modernität.[36]
Ein weiteres Beispiel dafür, wie kontrovers die Bedeutung von afroamerikanischem Hairstyle bis in die Gegenwart hinein eingeschätzt und diskutiert wird, lieferte die afroamerikanische Theoretikerin bell hooks.[37] Sie hinterfragte in den 2000er-Jahren kritisch die Motive ihrer Studentinnen, die geglättete Haare trugen. Über die Gespräche, die sie diesbezüglich in Seminaren mit den jungen schwarzen Frauen führte, berichtet hooks: »Talking with groups of women at various college campuses and with black women in our communities there seems to be a general consensus that our obsession with hair in general reflects continued struggles with self-esteem and self-actualization. We talk about the extent to which black women perceive our hair as the enemy, as a problem we must solve, a territory we must conquer.«[38] Das Zitat zeigt, dass schwarzes Haar politisch stark aufgeladen war und ist, weil der schwarze Körper bis heute mit rassistisch kodierten Bildern überlagert wird.[39] bell hooks versucht ihren Studentinnen ein Bewusstsein für den historischen Kontext zu vermitteln. Zugleich ist ihre Interpretation in gewisser Weise auch unterkomplex, ist es doch Teil der Handlungsfähigkeit schwarzer Subjekte, sich selbstbewusst mit neuen Frisuren zu zeigen und neue Lesarten – eben auch in Bezug auf das geglättete Haar – hegemonial werden zu lassen, die nichts mit Subordination oder dem Wunsch nach der Imitation von Weißsein zu tun haben müssen, sondern ebenso für schwarzen Stolz stehen können.
3. Dashikis, Pimps und Hip-Hop in den 1970er- und 1980er-Jahren
Für große Teile der moderaten Bürgerrechtsbewegung war besonders in den 1950er- und 1960er-Jahren noch ein Ideal von Respektabilität handlungsleitend gewesen, das auch die Kleidungswahl maßgeblich bestimmte.[40] So dienten weiße Blusen und schwarze Röcke dazu, Frauen ein diszipliniertes, gepflegtes Erscheinungsbild zu geben, um rassistischen Vorurteilen vom ungepflegten, enthemmten Schwarzen zu begegnen.[41] Diese Respektabilität wurde nicht nur modisch hergestellt, sondern bedurfte auch eines genau orchestrierten Auftretens, das Würde verkörpern sollte. So waren die Sit-Ins – d.h. die Proteste gegen den in den 1950er- und 1960er-Jahren verbreiteten rassistischen Ausschluss der African Americans von Dienstleistungen in US-amerikanischen Warenhäusern und Restaurants – nicht nur gekennzeichnet durch die tadellosen Anzüge der protestierenden Männer sowie die weißen Blusen und Röcke der Frauen. Darüber hinaus bereiteten sich die Aktivistinnen und Aktivisten durch Rollenspiele, aber auch durch Vorgaben bezüglich der Kleiderwahl akribisch auf solche Demonstrationen vor.[42]
Wenngleich Organisationen wie Nation of Islam sich gegen den Gedanken der Integration von African Americans in die weiße US-amerikanische Gesellschaft wandten und offen einen radikalen Separatismus vertraten, richteten sie sich modisch mit ihren weißen Roben der Frauen bzw. den schwarzen Anzügen der Männer (mit Fliege) ebenfalls an einem Ideal der Respektabilität aus; damit ähnelten sie der Bürgerrechtsbewegung. Demgegenüber setzten sich Aktivistinnen und Aktivisten der Black-Power-Bewegung von diesem Ideal ab. Sie wollten durch Mode Militanz und einen Bruch mit einem als eurozentrisch empfundenen vestimentären Kanon markieren. Ein Mittel dazu waren die Dashikis: weit geschnittene, bunte Hemden aus Westafrika, die Mitte der 1960er-Jahre unter African Americans in den USA zum Trend wurden. Sie galten als Symbol für die Unabhängigkeitsbewegungen auf dem afrikanischen Kontinent und damit als »afrikanische« Kleidungsstücke. In vielen Großstädten wie New York nahmen Bekleidungsgeschäfte, die sich vornehmlich an eine afroamerikanische Kundschaft richteten, Dashikis in ihr Sortiment auf oder konzentrierten sich gar vollends darauf, wie etwa New Breed.[43]
Henry Delton Williams, der Betreiber des ersten Dashiki-Ladens in Oakland, beschrieb in einem Interview, wie er auf die Idee kam, Dashikis zu vertreiben: »I didn’t plan moving downtown Oakland opening up a dashiki shop. I started to be a designer tailor. I was gonna make slack suits and dresses and stuff like that. As soon as I got downtown, the Panthers and Martin Luther King and the [protests against the Vietnam] War and everybody wanted dashikis. At that time there was not one piece of African fabric in Oakland. I don’t even know how I even knew what African fabric looked like. But I knew so I got psychedelic fabric. And made dashikis out of it.«[44]
Dashikis wurden vor allem von jungen African Americans in Schulen und Universitäten getragen. Das Zitat macht außerdem deutlich, dass weder der Verkäufer noch seine Kunden genau wussten, wie Dashikis aussehen sollten. Wichtiger schien zu sein, dass sie als »afrikanische« Dashikis wahrgenommen wurden. Denn diese galten als eingängiges Symbol für die Solidarität der Trägerin oder des Trägers mit den Unabhängigkeitskämpfen in Afrika.[45] Ein weiterer Aspekt, der von einigen African Americans durch Dashikis zum Ausdruck gebracht werden sollte, war die innere Dekolonisation.[46] Während als »weiß-europäisch« konnotierte Mode bei African Americans darauf hindeute, dass sie sich noch nicht von selbstentfremdeten Gedanken freigemacht hätten, sei »afrikanisch« konnotierte Kleidung ein bewusster Akt – so die Überzeugung vieler Anhänger der Black-Power-Bewegung.
Maulana Karenga, Vorsitzender der radikalen kulturnationalistischen Organisation Us, kommentierte die Wahrnehmung des Kleidungsstiles seiner Gruppe so: »[…] many people, you know, wanted to portrait Us as people who just believed in symbolism. But our clothes, when we changed our clothes, and our names that was an act of self-determination.«[47] Die stolze Referenz auf die Geschichte und Kultur Afrikas mithilfe des Dashikis war somit eine widerständige Handlung, die Selbstbestimmung auch modisch markierte. African Americans bezogen sich mit Dashikis und anderen mit Afrika assoziierten Kleidungsstücken auf die eigenen Vorfahren. Die Versklavung und Unterdrückung der Schwarzen ging mit rassistischen Diskursen einher, die die afrikanischen Länder, aus denen die African Americans verschleppt worden waren, als primitiv abwerteten und schwarze Kultur als nichtexistent deklarierten.[48] In Abgrenzung dazu waren modische Reminiszenzen an Afrika ein deutliches Zeichen der Emanzipation von diesen Vorstellungen. Wer einen Dashiki trug, signalisierte damit auf visueller Ebene sofort, dass sie oder er um die traditionsreichen, stolzen Wurzeln der African Americans wusste und sich dazu bekannte.[49]
Die Hip-Hop-Kultur orientierte sich demgegenüber – im Vergleich zur von der Black-Power-Bewegung inspirierten Mode – stärker an Coolness. Hip-Hop als eigenständiges Musikgenre entstand in den späten 1970er-Jahren als schwarzer Musikstil in einem urbanen Kontext. Style Politics waren auch im US-amerikanischen Hip-Hop der 1980er-, 1990er- und 2000er-Jahre ein zentrales Element; sie wirkten über diese Musikszene hinaus weit in die Alltags- und Kleidungskultur nicht nur der USA, sondern global.[50] Levi-Straussʼ Konzept der Bricolage[51] kann in diesem Zusammenhang besonders auf die Mode des Hip-Hop produktiv angewendet werden. Denn auch Mode funktioniert so, dass ein origineller Style kreiert werden kann, indem man Kleidungsstücke aus unterschiedlichen Kontexten neu arrangiert. Aus der Bricolage wird damit eine Collage, die Elemente der alten Bedeutungen aufnimmt und zu einem neuen bzw. gewandelten Bedeutungsgehalt zusammenführt.
Schon die Black Panther Party (BPP) hatte in den späten 1960er-Jahren mithilfe unterschiedlicher modischer Stilelemente genau dieses Prinzip angewandt: Die für die Beatnik-Schriftsteller und deren Anhänger charakteristischen schwarzen engen Pullover standen für Intellekt und Nonkonformität.[52] Die schwarzen Baskenmützen waren eine Hommage an die Tracht der französischen Résistance.[53] Und die schwarzen Lederjacken waren von Marlon Brandos urban-rebellierender Maskulinität inspiriert. Diese Stilelemente entfalteten ihre volle Wirkung durch die einstudierte militante Choreographie, die die Mitglieder bei ihren öffentlichen Auftritten an den Tag legten. So bildeten die Panthers bei einem Protest in Washington 1969 auf den Treppenstufen des Kapitols eine als Raute angeordnete Formation mit erhobenen Gewehren. Die BPP vermittelte damit das Bild einer disziplinierten, radikalen und machtvollen Organisation.
Auch die Hip-Hop-Kultur zeichnet sich dadurch aus, dass aus unterschiedlichen Kontexten Kleidungsstücke frei kombiniert werden und so ein neuer Style entsteht. Dies wird unter dem Begriff der »culture of emulation« gefasst: »The culture of emulation created through hip-hop fashion begins with the striking remixing of clothing items associated with economically divergent lifestyles. For example, a typical hip-hop men’s outfit might pair an expensive ski jacket and hiking boots, oversized jeans, and a bandana. While the ski jacket and hiking boots are items designed for use in outdoors environments usually connected with leisure, privilege, and whiteness, oversized jeans and bandanas are common elements of urban fashion, particularly worn by youth of color.«[54]
Weite Hosen oder Sportschuhe, die vormals nur zur sportlichen Betätigung getragen wurden und nicht im Alltagsleben, drückten Lockerheit, aber auch Überschwang aus. Ein solcher Style lief zudem Mittelschichtsvorstellungen von »angemessener« Kleidung zuwider.[55] Wurden modische Hip-Hop-Accessoires zunächst nur in dieser Subkultur getragen, so stieg die Popularität von Baggy Pants, Goldketten und weiten Daunenjacken auch über Teile der schwarzen Community hinaus an; es entstanden daraus Massenphänomene mit globaler Resonanz. Auch weiße Jugendliche fanden die Rap-Musik und ihre Mode attraktiv und adaptierten sie in den 1980er-Jahren. Da die Rap-Mode bis dahin sowohl als »schwarz« wie auch als Zeichen der Unterschicht gelesen wurde, vollführten die weißen Jugendlichen auf diese Weise sogenannte »class acts«. Sie rebellierten einerseits gegen ihre soziale Herkunft und prangerten implizit ökonomische und soziale Missstände an. Zugleich waren diese »class acts« aber auch ambivalent, denn die Möglichkeit dazu beruhte andererseits auf der privilegierten sozialen Stellung dieser Jugendlichen und verkam in einigen Fällen zu einer bloßen Rite de Passage.[56]
Bei der Analyse der Mode und Inszenierungspraxen insbesondere des Gangsta-Rap, einem Hip-Hop-Subgenre, lohnt sich ein Rückblick auf einige Aspekte der afroamerikanischen Populärkultur aus den 1970er-Jahren. Im Gangsta-Rap findet sich nämlich ein häufiger Bezug auf die Blaxploitation-Filme dieser Zeit.[57] Die Style Politics von »Super Fly« und anderen Klassikern des Blaxploitation-Kinos wie »Shaft« und »Cleopatra Jones« müssen im gesellschaftlichen Kontext der Situation von African Americans in den 1970er-Jahren gesehen werden. Massive staatliche Repressionen reduzierten die Anhängerschaft von Gruppen wie der Black Panther Party.[58] Moderate Bürgerrechtsgruppen sahen das Hauptziel, die Beseitigung der gesetzlichen Diskriminierung, als weitestgehend erreicht an. Vor allem die ökonomische Situation vieler African Americans war jedoch weiterhin prekär – individuelles Fortkommen und das Sich-Erheben aus der eigenen Misere wurden deshalb immer attraktiver. Der Filmwissenschaftler Ed Guerrero spricht in diesem Zusammenhang von einer Ablösung der We-Generation durch die Me-Generation, die sich auch modisch an der Ablösung des militanten Black-Power-Styles durch den farbenfrohen Blaxploitation-Style nachvollziehen lasse.[59]
Das Styling der Hauptfigur Youngblood Priest im Film »Super Fly« (1972) markiert diese gewandelte soziopolitische Situation und das neue Pimp-Ideal. Youngblood Priest repräsentiert die im Blaxploitation-Genre immer wiederkehrende und heroisierte Figur des Pimp, des Zuhälters und Drogenbosses, der im Rotlicht- und Untergrundmilieu zuhause ist und seinen Reichtum stolz zur Schau trägt.[60] Der durch Überfluss gekennzeichnete Lebensstil zeigt sich in den vom Pimp getragenen Juwelen, seinem Ring, seinem Hut, aber auch in glänzenden und prunkvollen Autos.[61] Diese Botschaft wird bereits im Filmplakat von »Super Fly« vermittelt, wo Priest mit seinem charakteristischen Hut und Mantel abgebildet ist, neben sich ein funkelndes Auto, das Wohlstand verheißt.
Das Auftauchen der Pimp-Figur hatte einen starken Einfluss auf das Styling vieler junger African Americans, die sich von dieser schwarzen Populärkultur inspirieren ließen.[62] Allerdings gab es auch schon mit Beginn seines Aufkommens Kritik am Pimp-Look, nicht zuletzt von prominenten Theoretikern der Black-Power-Bewegung. Amiri Baraka, ein Aktivist und in der schwarzen Community sehr renommierter Schriftsteller, kritisierte die geglätteten Haare und den Pimp-Look insgesamt scharf: »We are short of black images now, constantly. No different from the Steppin Fetchers of 20 years ago; modern Steppin Fetchers; super-fly, even haired negroes return to the barber shop to straighten their hair. I’ve seen that the whole hair straightening thing has got back. And people have come back up for a new justification.«[63]
Eine andere Stoßrichtung hatten die Einwände von Judith Rollins, die sie 1974 in der Zeitschrift »Black World« gegen den Style der Blaxploitation-Filme erhob. Sie machte den Pimp-Look für eine »Entmännlichung« schwarzer Männer verantwortlich: »The more Black men embrace with gusto the clothes and an appearance often inspired by homosexual designers, the further they move away, on this superficial level, from their manhood. These clothes are impediments. Like women’s clothes, they bridle, immobilize, constrict. The constriction on the body becomes a constriction on the mind and spirit. Another way in which Black people carelessly allow themselves to subvert their strength. Another subtle, apparently frivolous, but effective means by which we continue our oppression.«[64]
Der Pimp-Look, also geglättetes Haar, aber auch die Hosen und der Hut, seien demnach homosexuell konnotiert. Interessanterweise wurde hier also Homosexualität als Gegensatz zu schwarzem Selbstbewusstsein und schwarzer Befreiung konstruiert. Doch trotz der von einem kleinen Teil der Black-Power-Bewegung geäußerten Bedenken wurde der Pimp-Look zu einem weit verbreiteten Kleidungsstil innerhalb der jungen männlichen afroamerikanischen Bevölkerung. Er verdrängte populäre, mit Black Power assoziierte Styles wie Dashikis und Afros. Viele Rap-Künstler verwendeten die Ikonographie der Blaxploitation-Filme auch nach dem Ende dieser Phase in ihren Videos oder traten als Pimp gestylt auf, wie etwa Snoop Doggy Dog, der den charakteristischen Hut und den typischen goldverzierten Gehstock in mehreren Videos trug.
Der Pimp-Style und auch die durch Hip-Hop inspirierte Mode wurden dadurch attraktiv, dass sie sich an einer Vorstellung von Coolness ausrichteten. Diese hing wiederum mit der Kategorie Class zusammen. Denn in das Verhältnis von Mode und Körper spielen nicht nur Race und Gender, sondern auch Class hinein. Style vermittelt stets einen (zutreffenden oder nur suggerierten) Eindruck der Zugehörigkeit zu einer Schicht. Die Gangsta-Rap-Kultur oszillierte dabei zwischen einer Ikonisierung der Arbeiterklasse, also niedrigem sozialem Status auf der einen Seite.[65] Auf der anderen Seite wurden aber auch Aspirationen auf Reichtum und den Status als nouveau riche mit entsprechenden Symbolen wie Luxuskarossen und Markenkleidung geltend gemacht. Ostentativ dargestellter Reichtum in Musikvideos und auch bei öffentlichen Auftritten von Gangsta-Rapperinnen und -Rappern war und ist bis heute deshalb vielfach ein charakteristisches Merkmal dieses Genres und schlug sich auch modisch nieder. Videos wurden in den 1980er-Jahren integraler Bestandteil der Vermarktung von Musik. Durch den Sender MTV befördert, investierten Musikerinnen und Musiker zunehmend nicht nur in die Komposition ihrer Lieder, sondern stimmten die Musik auch mit den Videos ab. Die dort gezeigte Mode war maßgeblich beteiligt an ihrer Popularisierung in der Bevölkerung. 1988 startete die Sendung »Yo! MTV Raps«, welche Rap-Musik und die damit verbundene Mode der breiten Masse bekannt machte.[66]
Die Inszenierungspraktiken, die die Rap-Musik mit sich brachte und zu denen beispielsweise Goldketten und Goldzähne gehörten, sollten einerseits finanziellen Überfluss signalisieren. Damit wurde versucht, die prekäre ökonomische Lage von Teilen der afroamerikanischen Community und die im Vergleich zur weißen US-amerikanischen Bevölkerung geringeren Möglichkeiten der gesamtgesellschaftlichen Einflussnahme zumindest symbolpolitisch zu überdecken. Der Mode kam in diesem Zusammenhang eine emanzipatorische Funktion zu: »In the absence of real power, decorating oneself can be both empowering and liberating.«[67] Aber auch innerhalb der afroamerikanischen Community diente ein neuer Style der Distinktion und konnte Erfolg und Wohlstand suggerieren.
Neben der Herausstellung des Schwarzseins wurde gleichzeitig eine geschlechtliche Komponente betont. Die Inszenierungspraktiken vieler Gangsta-Rapper in Videos oder auf Fotos mithilfe von Kleidung konstruierten eine Form von schwarzer Hypermaskulinität: »The wearing of ostentatious jewelry, including expensive chains, earrings, and ›grillz‹ (full-frontal dental overlays, often made of gold and encrusted with diamonds), tattoos, stylized athletic apparel or brand-name urban street wear, as well as the display of the shirtless torso are ways that visually display masculine power and sexuality by privileging the objectified and spectacularized body.«[68]
Teilweise wurden rassistische Bilder von der »Gefährlichkeit« und »Kriminalität« schwarzer Männer auch positiv stilisiert. Im Gegenzug dazu war die Art, wie sich Frauen auf den Covern und in Booklets von Schallplatten, CDs sowie in Videos kleideten, oftmals sehr freizügig, körperbetont, und sie wurden von den Rappern häufig sowohl durch die Liedtexte wie auch durch die Bildsprache als sexuell leicht verfügbar portraitiert. Dieser Umstand trug dazu bei, dass gegen Gangsta-Rapper immer wieder Sexismus-Vorwürfe erhoben wurden.[69] Allerdings gab es auch im Gangsta-Rap alternative Stimmen, die sexistische Inszenierungspraxen und Texte problematisierten.
Der schwarze Entertainer Bill Cosby, der mit seiner beliebten Fernsehserie »The Cosby Show« in den 1980er-Jahren zu einiger Berühmtheit gelangte, nahm die durch Hip-Hop und auch durch den Afrozentrismus[70] inspirierte Mode zum Anlass für eine grundlegende und scharfe Kritik an der schwarzen Unterschicht. Mitte der 2000er-Jahre erregte er Aufsehen durch Äußerungen, die es nahelegten, die afroamerikanische Bevölkerung sei größtenteils selbst dafür verantwortlich, dass sie schlechter gestellt sei. Insbesondere junge schwarze Menschen seien durch eigenes Verhalten schuld an ihrer Misere. Cosby zog als Beispiel die Hip-Hop-Kultur und deren modischen Einfluss auf Jugendliche heran. Kritikwürdig seien etwa die populären, tief getragenen Baggy Pants. Spöttisch bemerkte er: »Are you not paying attention, people with the hat on backwards, pant down around the crack. Isn’t that a sign of somethin’; or are you waitin’ for Jesus to pull his pants up? […] Isn’t it a sign of somethin’ when she’s got her dress all the way up into the crack […] What part of Africa did this come from? We are not Africans.«[71]
Cosby zog damit den vermeintlich afrikanischen Ursprung dieser modischen Accessoires ins Lächerliche. Er kritisierte die sich in der Mode niederschlagende Bezugnahme auf afrikanisch konnotierte Kleidung, Namen und Schmuck, die in Teilen der afroamerikanischen Community – befördert durch den Afrozentrismus – populär geworden war. Darüber hinaus monierte er den Gangsta-Style, weil dieser positive Assoziationen zu Kriminalität und Gefängnis herstelle. Cosby artikulierte in seiner Kritik klassische konservative Argumente und implizierte ein Bild der schwarzen Mittelklasse als Ideal, das er in Gestalt des Heathcliff Huxtable in »The Cosby Show« selbst verkörperte. Sowohl der Gangsta-Style als auch der Bezug auf die schwarze Befreiungsbewegung fehlten weitestgehend als Lebensentwurf und Referenzrahmen der Familie Huxtable. Stattdessen wurden Respektabilität, Bildung und ökonomisches Fortkommen als erstrebenswert gezeichnet. Dass die modischen Erscheinungsformen des Gangsta-Styles allerdings eine Referenz an eine urbane schwarze Kultur waren, ließ Cosby außer Acht. Beispielsweise wurden Baggy Pants in den 1990er-Jahren als zunächst afroamerikanischer Style zunehmend populär. Sie waren zwar ursprünglich von Gangs aus Kalifornien bekannt gemacht worden.[72] Dennoch enthielten gerade auch Baggy Pants ein widerständiges Element gegen die Diskriminierung insbesondere schwarzer Jugendlicher und Männer durch die Polizei: Die Beine von Häftlingen sind häufig mit Fußschellen gefesselt, sodass die Hosen dadurch etwas tiefer gezogen werden und nicht mehr an der Hüfte hängen. Zudem kommt noch ein ganz anderer Style als Anleihe für die Baggy Pants in Betracht: Bereits die Zoot Suits, weit geschnittene bunte Anzüge, die in den 1940er- und 1950er-Jahren gerade von African und Mexican Americans in einem urbanen Umfeld mit einer eigenen Subkultur getragen wurden, könnten die Baggy Pants inspiriert haben. Schließlich waren die Hosen der Zoot Suiter auch sehr weit geschnitten und tief sitzend, und die Zoot Suiter setzten sich mit ihrem Style ebenfalls bewusst politisch von der weißen Mehrheitsgesellschaft ab.[73]
In den 1980er-Jahren begann der Siegeszug von Hip-Hop-Mode. Das Potential der mit Hip-Hop verbundenen Kleidung wurde auch von großen Modefirmen zunehmend erkannt. Sie engagierten afroamerikanische Designer, die für »street credibility« sorgen und frischen Wind in die Gestaltung von Mode bringen sollten.[74] Gleichzeitig war die Hip-Hop-Mode in ihrer Anfangsphase dadurch gekennzeichnet, dass Sportbekleidung bekannter Firmen wie Adidas und Reebok von MCs und DJs bei Auftritten verwendet und adaptiert wurde. Die Sportbekleidung wurde so zum Zeichen für Hip-Hop und insofern neu arrangiert. Mittlerweile ist die Hip-Hop-Mode zu einem riesigen Wirtschaftszweig geworden. Zahlreiche Rapper wie Jay-Z oder P. Diddy haben eigene Modekollektionen herausgegeben und Millionenumsätze erzielt.[75] Dieser Umstand markiert für African Americans einen beachtlichen Fortschritt, war afroamerikanischen Designern und Models der Zugang zur Modewelt doch bis in die 1980er-Jahre weitgehend versperrt.[76] Die Hip-Hop-Mode wird aber spätestens seit den 1990er-Jahren auch über African Americans hinaus von allen Bevölkerungsgruppen getragen; sie ist damit im gesellschaftlichen Mainstream angekommen.
4. Style Politics in der Präsidentschaft Barack Obamas:
Respektabilität, das Stereotyp der »angry black woman« und der Kapuzenpulli
Die Wahl von Barack Obama zum ersten schwarzen Präsidenten der USA am 4. November 2008 markierte eine Zäsur in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Obwohl die Zeit der Entrechtung und Diskriminierung nun zumindest symbolisch beendet zu sein schien, war die schwarze Bevölkerung de facto noch längst nicht gleichgestellt. Dies wurde bereits bei Obamas Kandidatur um das Präsidentenamt deutlich. Nicht nur Barack Obama sah sich mit rassistischen Anfeindungen konfrontiert, sondern auch seine Frau Michelle.
Das Stereotyp der »angry black woman« ist in den USA seit langem eine wirkmächtige rassistische Trope. Die Zeitschrift »New Yorker« veröffentlichte auf dem Cover ihrer Ausgabe vom 21. Juli 2008 eine Karikatur, die für Aufsehen sorgte.[77] Gezeigt wurde Michelle Obama mit Afro-Frisur und Patronengurt. Ihr gegenüber stand Barack Obama, einen Turban tragend und somit von seinem äußeren Erscheinungsbild her auf muslimischen Glauben hindeutend. Diese Zeichnung rief ein beträchtliches Medienecho hervor, nicht zuletzt, weil sie einige damals virulente Stereotype grafisch aufgriff, die über Barack Obama zirkulierten, beispielsweise die Annahme, dass er Muslim sei.[78] Darüber hinaus enthält das Bild viele Insignien radikaler schwarzer modischer Ästhetik – wie die Afro-Frisur oder den Patronengurt, der an die Black Panther Party erinnert. Wie die Zeichnung verdeutlicht, wirkte der Black-Power-Style auch weit über das Ende dieser Bewegung hinaus nach. War er in den 1960er-Jahren die Form gewesen, den schwarzen Körper als stolz und selbstbewusst zu inszenieren, so griff der »New Yorker« den Black-Power-Style Jahrzehnte später auf, um ihn in einer historisch sedimentierten rassistischen Sicht auf African Americans wieder aufleben zu lassen. Die Figur der Revolutionärin war in Teilen der afroamerikanischen Community positiv besetzt, da eine Revolutionärin mit dem Kampf gegen eine rassistische Gesellschaftsordnung verbunden wurde. Die Figur konnte jedoch, bei entsprechender konservativer Einstellung, auch negativ gedeutet werden. Denn die Revolutionärin stand von jeher assoziativ nahe am Bild der »angry black woman«. Die kontroversen Reaktionen auf den abgebildeten Black-Power-Style und die Karikatur selbst zeigen, dass die Rezeption dieses Styles nicht einhellig ist, sondern verschiedene Lesarten zulässt.[79]
Michelle Obama musste sich bereits vor der Präsidentschaft ihres Mannes in verschiedenen Situationen zum Stereotyp der »angry black woman« verhalten. In einem Interview auf CNN im Oktober 2008, als Barack Obama bereits zum Präsidentschaftskandidaten der Demokratischen Partei nominiert worden war, befragte etwa der Moderator Larry King Michelle Obama penetrant danach, ob sie aufgrund der beständigen Angriffe aus dem republikanischen Lager, d.h. konkret von Sarah Palin und John McCain, nicht wütend sei.[80] Mit ihren Antworten gelang es Michelle Obama, das durch die Fragen implizierte Stereotyp der »angry black woman« geschickt zu entkräften. Nicht nur ihre Äußerungen, sondern auch ihr Auftreten und ihr Kleidungsstil wurden von der US-amerikanischen Öffentlichkeit mit besonderem Augenmerk betrachtet. Michelle Obama war deshalb besonders darauf bedacht, keinen Anlass zu geben, dem Bild der »angry black woman« zu entsprechen, welches unvereinbar mit den akzeptierten Vorstellungen von einer First Lady gewesen wäre.[81] Sogar ihre Augenbrauen dienten dem konservativen Talk Show Host Bill O’Reilly als Anlass, ihr Wut zu attestieren und das Stereotyp der »angry black woman« erneut zu insinuieren.[82]
Michelle Obama wurde im Verlauf der Präsidentschaft ihres Mannes zur Stilikone. Sie war durch ihre Stellung als First Lady bei der Auswahl ihres Outfits ohnehin zur Respektabilität verpflichtet. Die Öffentlichkeit erwartete, dass sie der Bedeutung und zugeschriebenen Würde des höchsten politischen Amtes in den USA entsprechend nicht nur mit ihrem Verhalten, sondern auch durch ihre modische Erscheinung Ausdruck verlieh. Als schwarze Frau in dieser Position war Respektabilität ein noch wichtigeres strategisches Element, um dem seit den 1930er-Jahren virulenten rassistischen Stereotyp der »angry black woman« zu begegnen.[83] Michelle Obama wählte daher nicht nur Interviewtermine sorgfältig aus, sondern ebenso jene Magazine und Zeitschriften, in denen sie ihren Modegeschmack auch visuell präsentierte: »In an interview for People, she says that one of the reasons that she decided to put on a designer dress and pose for Vogue was because she believes that it ›was good for [her] daughters and little girls just like them, who haven’t seen themselves represented in these magazines, hopefully to talk more broadly about what beauty is, what intelligence is, what counts‹.«[84] Gerade »Vogue« genießt großes Ansehen als Publikation im Modebereich, repräsentiert jedoch vorwiegend weiße Frauen. Insofern war die Abbildung der ersten schwarzen First Lady in dieser Zeitschrift symbolpolitisch enorm bedeutsam.
Aber nicht nur die Obamas und ihr jeweiliger Style standen oftmals im Fokus des öffentlichen Interesses. Barack Obama selbst musste immer wieder zu einzelnen politischen Geschehnissen Stellung nehmen, die auch im Kontext von Style Politics diskutiert wurden. So war er in seinen beiden Amtsperioden gezwungen, auf politische Skandale zu reagieren, die durch den Tod von afroamerikanischen Männern ausgelöst wurden, welche durch Polizeigewalt starben. Der Fall des schwarzen Jugendlichen Trayvon Martin rief in den USA landesweit besonders große Empörung hervor.
Trayvon Martin wurde von dem Weißen George Zimmerman, einem selbsternannten Bürgerwehrmitglied, am 26. Februar 2012 erschossen. Relevant im Kontext von Mode ist die Diskussion dieses Vorfalles in den US-amerikanischen Medien: Trayvon Martin trug einen Kapuzenpulli, einen sogenannten Hoodie, der über die Hip-Hop-Kultur sehr populär geworden war und auf schwarze urbane Kultur verweist.[85] Der konservative Fernsehmoderator Geraldo Riviera vom Sender »Fox News« brachte die Erschießung in Zusammenhang mit diesem Kleidungsstück, da er den Hoodie als Symbol einer »Gangster-Kultur« interpretierte. In der Sendung vom 23. März 2012 verkündete er: »I am urging the parents of black and Latino youngsters particularly to not let their children go out wearing hoodies. I think the hoodie is as much responsible for Trayvon Martin’s death as George Zimmerman was. […] Every time you see a mugging on a surveillance camera or they get the old lady in the alcove, it’s a kid wearing a hoodie. You have to recognize that this whole stylizing yourself as a gangster – you’re going to be a gangster wannabe? Well, people are going to perceive you as a menace.«[86]
Dieser Kommentar wurde durchaus kontrovers aufgenommen und traf innerhalb der US-amerikanischen Öffentlichkeit auf große Ablehnung. Doch reiht sich Rivieras Äußerung in eine längere diskursive Formation ein, die Hip-Hop-Kultur im Allgemeinen sowie deren Mode und Accessoires wie Kapuzenpullis, Goldkettchen oder Holzfällerschuhe im Besonderen ausschließlich mit Delinquenz, Kriminalität und Unterschichtsdasein gleichsetzt, wie dies schon bei Bill Cosby der Fall gewesen war.
Die große Anzahl von schwarzen Toten durch Polizeigewalt hat dazu geführt, dass Eltern ihren afroamerikanischen Söhnen Verhaltenstipps mit auf den Weg geben: immer mit der Staatsgewalt kooperieren und sich nicht schnell bewegen, wenn man von der Polizei angehalten wird. Als weiterer Rat wurde nun auch formuliert, auf Kapuzenpullis zu verzichten, um nicht dem heraufbeschworenen Konstrukt des Gangsters zu entsprechen, welches der Hoodie oder die Baggy Pants zu verstärken schienen.[87] Aber selbst ein durch die Wahl der Kleidungsstücke distinguiertes Erscheinungsbild schützt nicht vor Gewalt, so die Schlussfolgerung vieler African Americans. Den Empfehlungen, auf den Hoodie zu verzichten, um sich nicht in Gefahr zu bringen, stand eine auch modische Solidarisierungswelle für Martin entgegen, die den Hoodie nunmehr bewusst als politisches Statement verwendete. Viele Menschen, darunter zahlreiche Prominente, ließen sich als Zeichen der Verbundenheit mit Trayvon Martin bewusst in einem Kapuzenpulli ablichten.[88]
Der schwarze Körper ist untrennbar mit rassistischer Abwertung verknüpft; Mode und Frisuren kommt dabei eine herausgehobene Stellung zu. Dies, so haben die Beispiele gezeigt, hat sich auch nach dem Ende der Black-Power-Bewegung nicht geändert. Die oftmals anhand von Frisuren aufgemachte Dichotomie zwischen angeblich »authentischem« Schwarzsein (Natural) und scheinbarem Wunsch nach Weißsein (geglättetes Haar) erweist sich somit als viel uneindeutiger als häufig angenommen.
Style lässt sich in seiner Bedeutung nie auf eine singuläre Botschaft eingrenzen, er ist vielmehr Bestandteil eines historischen, sozio-politischen Umfelds und selbst in diesem Kontext vielschichtig. Der Herausgeberin eines Bandes über »Black Style« ist deshalb zuzustimmen, wenn sie von »mixed cultural messages« spricht, die unterschiedlich dechiffriert oder nur partiell rezipiert werden.[89] Diesen »mixed cultural messages« anhand weiterer Beispiele nachzuspüren könnte Aufgabe zukünftiger Forschung sein. So wäre es interessant, die Bewegung »Black Lives Matter«, die sich angesichts der in den letzten Jahren gehäuften Tötungen von African Americans durch Polizeigewalt formiert hat, auch in Bezug auf ihre Style Politics zu untersuchen. Weiterhin wären aktuelle Style Politics in transnationaler Perspektive zu betrachten. Wie zirkuliert Style über Ländergrenzen hinweg und verändert mitunter seine Botschaft vom Zeichen des Protestes hin zu einem etablierten Zugehörigkeitscode? Wie griffen und greifen andere Minderheiten in den USA afroamerikanische Style Politics auf und arrangier(t)en sie neu für die eigenen Ziele?
Dem schwarzen Körper, so habe ich anhand einiger Stationen der afroamerikanischen Geschichte seit den 1970er-Jahren gezeigt, wurden mithilfe von Mode und der Gestaltung der Haare Bedeutungen verliehen, die so unterschiedliche Interpretationen wie Respektabilität, Subversion oder Imitation zulassen. Die Lesarten afroamerikanischer Mode und Hairstyles können dabei sehr unterschiedlich sein – je nach politischem Kontext, der geschlechtlichen Identität oder auch der Region, aus der eine Person kommt. Dass die Bürgerinnen und Bürger der USA im Jahr 2008 zum ersten Mal einen schwarzen Präsidenten wählten, hätte vermuten lassen, dass Fragen nach Style, insbesondere schwarzem Style, nun offener diskutiert werden könnten. Doch zeigen nicht allein die Debatten um Trayvon Martin, wie komplex, kontrovers und politisch aufgeladen schwarzer Style nach wie vor ist. Deshalb verlieren Fragen nach der modischen Präferenz, nach der Gestaltung der eigenen Haare und letztlich nach dem eigenen Style für African Americans auch über 30 Jahre nach dem Ende der Black-Power-Bewegung nichts von ihrer politischen Sprengkraft.
Anmerkungen:
[1] Vgl. Catherine Saint Louis, Skin Deep. Black Hair, Still Tangled in Politics, in: New York Times, 26.8.2009, S. E1 (dort auch ein Foto mit Malia Obama).
[2] Vgl. Kobena Mercer, Black Hair/Style Politics, in: ders., Welcome to the Jungle. New Positions in Black Cultural Studies, London 1994, S. 97-130. Siehe auch Philipp Dorestal, Style Politics. Mode, Geschlecht und Schwarzsein in den USA, 1943–1975, Bielefeld 2012.
[3] Eine anregende Untersuchung über die ökonomische Bedeutung von afroamerikanischen Beauty Shops und deren Einbettung in schwarze Hair Politics findet sich bei Tiffany Gill, Beauty Shop Politics. African American Women’s Activism in the Beauty Industry, Urbana 2010.
[4] Vgl. Joanne Entwistle, The Dressed Body, in: dies./Elizabeth Wilson (Hg.), Body Dressing, Oxford 2001, S. 33-58, hier S. 36.
[5] Ausführlich zum Zusammenhang von Mode und Körper auch Dorestal, Style Politics (Anm. 2), S. 34-38.
[6] Dorinne Kondo, About Face. Performing Race in Fashion and Theatre, New York 1997, S. 105f.
[7] Vgl. Shane White/Graham White, Stylin’. African American Expressive Culture from Its Beginnings till the Zoot Suit, Ithaca 1999.
[8] Vgl. Dorestal, Style Politics (Anm. 2), S. 54, S. 117f.
[9] Vgl. Stella Bruzzi: »Black identity has always been more emphatically expressed through clothes and appearance than white identity has.« Undressing Cinema. Clothing and Identity in the Movies, New York 1997, S. 103.
[10] Michael Eric Dyson, Is Bill Cosby right? Or has the Black Middle Class Lost Its Mind?, New York 2005, S. 107.
[11] Vgl. Elizabeth Wilson, Burning Bras, Long Hairs, and Dashikis: Personal Politics in American Culture, 1950–1975, unveröff. Diss. Chicago 2006; Tanisha Ford, Liberated Threads. Black Women, Style, and the Global Politics of Soul, Chapel Hill 2015; Constance White, Style Noir. The First How-To Fashion Guide with Black Women in my Mind, New York 1998.
[12] Vgl. Dorestal, Style Politics (Anm. 2), S. 159-247.
[13] Vgl. ausführlich zum Begriff ebd., S. 28-37.
[14] Ford, Liberated Threads (Anm. 11), S. 3.
[15] »The international struggle for black liberation provided a space for black people to use clothing not only to adorn but also to re-aestheticize the black body.« Ford, Liberated Threads (Anm. 11), S. 7.
[16] Vgl. Dorestal, Style Politics (Anm. 2), S. 159-291.
[17] Vgl. Peniel Joseph, Waiting ʼTil the Midnight Hour. A Narrative History of Black Power in America, New York 2006, S. 276-304.
[18] Vgl. hierzu ausführlich Shane White/Graham White, Slave Hair and African American Culture in the Eighteenth and Nineteenth Centuries, in: Journal of Southern History 61 (1995), S. 45-76.
[19] Vgl. ebd., S. 38-42.
[20] Robin Kelley, Nap Time. Historicizing the Afro, in: Fashion Theory 1 (1997), S. 339-352, hier S. 340.
[21] Vgl. zu regionalen Unterschieden Dorestal, Style Politics (Anm. 2), S. 123-128.
[22] Ayana D. Byrd/Lori L. Tharps, Hair Story. Untangling the Roots of Black Hair in America, New York 2001, S. 53.
[23] Vgl. Kelley, Nap Time (Anm. 20), S. 343.
[24] Die Zeitschrift wurde 1945 gegründet und wandte sich vornehmlich an die schwarze Mittelklasse. Neben Mode zählten auch Lifestyle und aktuelle gesellschaftspolitische Debatten zu den Schwerpunkten. »Ebony« avancierte schnell zu einem innerhalb der afroamerikanischen Community breit rezipierten Magazin. Vgl. Walter Goodman, Ebony: Biggest Negro Magazine, in: Dissent 15 (1968), S. 403-409; Janet Floyd, Presenting the Black Middle Class: John H. Johnson and Ebony Magazine, 1945–1974, in: David Bell/Joanne Hollows (Hg.), Historicizing Lifestyle. Mediating Taste, Consumption and Identity from the 1900s to 1970s, Aldershot 2006, S. 54-69.
[25] D.E. Wilson, Leserbrief, in: Ebony, November 1969, S. 19.
[26] William Johnson, Leserbrief, in: Ebony, Januar 1970, S. 20f.
[27] Elmar Stovall, Leserbrief, in: Ebony, Januar 1970, S. 20.
[28] N. Wright, Leserbrief, in: Ebony, Januar 1970, S. 20.
[29] Vgl. Manning Marable, Malcolm X. A Life of Reinvention, New York 2011, S. 45.
[30] Alex Haley (Hg.), Die Autobiografie von Malcolm X, München 1999.
[31] Vgl. Maxine Craig, Race, Beauty, and the Tangled Knot of a Guilty Pleasure, in: Feminist Theory 7 (2006), S. 159-177, hier S. 169.
[32] »In the 1940s, 1950s, and early 1960s, there was never a single, universally accepted meaning of the conk within black communities.« Maxine Craig, Ain’t I a Beauty Queen? Black Women, Beauty, and the Politics of Race, New York 2002, S. 115.
[33] Dies., The Decline and Fall of the Conk, or, How to Read a Process, in: Fashion Theory 1 (1997), S. 399-420, hier S. 402.
[34] Vgl. Ford, Liberated Threads (Anm. 11), S. 1ff.; zum DDR-Kontext siehe Sophie Lorenz, »Heldin des anderen Amerikas«. Die DDR-Solidaritätsbewegung für Angela Davis, 1970–1973, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 10 (2013), S. 38-60.
[35] Angela Davis, Afro Images. Politics, Fashion, Nostalgia, in: Monique Guillory/Richard C. Green (Hg.), Soul. Black Power, Politics, and Pleasure, New York 1998, S. 23-31, hier S. 23.
[36] Vgl. Susannah Walker, Black Is Profitable: The Commodification of the Afro, 1960–1975, in: Enterprise & Society 1 (2000), S. 536-564.
[37] bell hooks ist der nom de plume von Gloria Watkins und wird von ihr klein geschrieben.
[38] bell hooks, Straightening Our Hair, in: Z Magazine, 1.4.2007>.
[39] Patricia Hill Collins, Black Feminist Thought. Knowledge, Consciousness, and the Politics of Empowerment, London 2000, S. 89.
[40] Vgl. hierzu Dorestal, Style Politics (Anm. 2), S. 117-127; Ford, Liberated Threads (Anm. 11), S. 67-93.
[41] Vgl. Marisa Chappell/Jenny Hutchinson/Brian Ward, ›Dress modestly, neatly... as if you were going to church‹: Respectability, Class and Gender in the Montgomery Bus Boycott and the Early Civil Rights Movement, in: Peter Ling/Sharon Monteith (Hg.), Gender and the Civil Rights Movement, New Brunswick 2004, S. 69-99.
[42] Vgl. Rebekah J. Kowal, Staging the Greensboro Sit-Ins, in: The Drama Review 48 (2004) H. 4, S. 135-154.
[43] Vgl. About Dashikis and the New Breed Cat, in: New York Times Sunday Magazine, 20.4.1969, S. 93.
[44] Henry Delton Williams, Interview, in: Exhibition on African American History in the Bay Area, African American Museum and Library Oakland, Herbst 2008, Transkription vom Verfasser.
[45] Vgl. Keith Mayes, Kwanzaa. Black Power and the Making of the African-American Holiday Tradition, New York 2009, S. 105.
[46] Maulana Karenga bezeichnet diesen intellektuellen Transformationsprozess auch als »rebirth, at the level of consciousness (from ›Negro‹ to black at a minimum, and from black to ›African‹ if possible)«. Zit. nach Scot Brown, Fighting for Us. Maulana Karenga, the Us Organization, and Black Cultural Nationalism, New York 2003, S. 86.
[47] Maulana Karenga, Interview mit dem Verfasser, Los Angeles, 24.9.2008.
[48] Vgl. George Fredrickson, The Black Image in the White Mind. The Debate on Afro-American Character and Destiny, 1817–1914, New York 1971.
[49] Vgl. Williams, Interview (Anm. 44).
[50] Vgl. etwa Emil Wilbekin, Great Aspirations: Hip Hop and Fashion Dress for Excess and Success, in: Alan Light (Hg.), The Vibe History of Hip Hop, New York 1999, S. 277-284; Carol Tulloch, Introduction, in: dies. (Hg.), Black Style, London 2004, S. 11-21; Sue Vander Hook, Hip Hop Fashion, Mankato 2010.
[51] Claude Lévi-Strauss, Das wilde Denken, Frankfurt a.M. 1973.
[52] Linda Welters, The Beat Generation. Subcultural Style, in: dies./Patricia Cunningham (Hg.), Twentieth Century American Fashion, Oxford 2005, S. 145-168.
[53] Vgl. Dorestal, Style Politics (Anm. 2), S. 162.
[54] Mary Rizzo, »For Us, by Us«: Hip Hop Fashion, Commodity Blackness and the Culture of Emulation, in: Marlis Schweitzer/Marina Moskowitz (Hg.), Testimonial Advertising in the American Marketplace. Emulation, Identity, Community, New York 2009, S. 207-230, hier S. 208.
[55] Vgl. ebd., S. 207.
[56] Vgl. dies., Class Acts. Young Men and the Rise of Lifestyle, Reno 2015, S. 107-131.
[57] Das Blaxploitation-Genre war u.a. dadurch charakterisiert, dass schwarze Protagonistinnen und Protagonisten die Hauptrollen spielten und stark und selbstbewusst auftraten. Der schwarze Detektiv Shaft oder die Agentin Cleopatra Jones waren positive Identifikationsfiguren (nicht nur) für African Americans und setzten den bis in die 1960er-Jahre in den US-amerikanischen Filmen weithin negativ gezeichneten schwarzen Filmcharakteren etwas entgegen. Vgl. Mark Anthony Neal, Soul Babies. Black Popular and the Post-soul Aesthetic, London 2011; Mikel Kovel, Blaxploitation Films, New York 2010.
[58] Winston Grady-Willis, The Black Panther Party: State Repression and Political Prisoners, in: Charles Jones (Hg.), The Black Panther Party Reconsidered, Baltimore 1998, S. 363-389.
[59] Ed Guerrero, Interview, in: BaadAsssss Cinema, DVD, 2002.
[60] Eithne Quinn, »Who’s The Mack?« The Performativity and Politics of the Pimp Figure in Gangsta Rap, in: Journal of American Studies 34 (2000), S. 115-136, hier S. 121f.
[61] Ebd., S. 124.
[62] Nathan McCall; zit. nach William Lyne, No Accident: From Black Power to Black Box Office, in: African American Review 34 (2000), S. 39-59, hier S. 42. Lyne merkt allerdings treffend weiter an, dass McCalls Beschreibung der Style-Veränderungen die sie begleitenden sozioökonomischen Rahmenbedingungen ignoriert.
[63] Amiri Baraka Papers, Box 3, Columbia University Folder, Behind the Black Intellect Series. Howard University, Washington, D.C.
[64] Judith Rollins, Do Clothes Unmake the Man?, in: Black World, Mai 1974, S. 86f., hier S. 86.
[65] Vgl. Robin Kelley, Kickin’ Reality, Kickin’ Ballistics: Gangsta Rap and Postindustrial Los Angeles, in: William Eric Perkins (Hg.), Droppin’ Science. Critical Essays on Rap and Hip Hop Culture, Philadelphia 1996, S. 117-158.
[66] Zur Entstehung von MTV vgl. Tom McGrath, MTV. The Making of a Revolution, Philadelphia 1996.
[67] White, Style Noir (Anm. 11), S. 5.
[68] Miles White, From Jim Crow to Jay-Z. Race, Rap, and the Performance of Masculinity, Chicago 2011, S. 25.
[69] Vgl. Kate Conrad/Travis Dixon/Zhang Yuanyuan, Controversial Rap Themes, Gender Portrayals and Skin Tone Distortion: A Content Analysis of Rap Music Videos, in: Journal of Broadcasting & Electronic Media 53 (2009), S. 134-156; Ronald Weitzer/Kubrin Charis, Misogyny in Rap Music: A Content Analysis of Prevalence and Meanings, in: Men and Masculinities 12 (2009), S. 3-29.
[70] Das Konzept des Afrozentrismus wurde maßgeblich von Molefi Kete Asante geprägt (Professor für African American Studies an der Temple University in Philadelphia). Es nahm u.a. Bezug auf antike afrikanische Königreiche in Ägypten (Maat) und zeichnete den Beitrag schwarzer Menschen für Kultur und Geschichte nach. Auch auf Mode hatte der Afrozentrismus Einfluss, da mit bestimmten Kleidungsstücken wie Dashikis der Bezug auf diese schwarze Tradition sichtbar gemacht werden sollte. Vgl. Molefi Asante, Afrocentricity, Trenton 1995.
[71] Zit. nach Dyson, Is Bill Cosby right? (Anm. 10), S. 103.
[72] Vgl. ebd., S. 116.
[73] Vgl. Dorestal, Style Politics (Anm. 2), S. 83-115.
[74] Vgl. Elena Romero, Free Stylin’. How Hip Hop Changed the Fashion Industry, Santa Barbara 2012.
[75] Vgl. ebd.
[76] Vgl. Eric Bailey, Black America, Body Beautiful. How the African American Image is Changing Fashion, Fitness, and other Industries, Westport 2008.
[77] Siehe <http://www.newyorker.com/magazine/2008/07/21>.
[78] Vgl. David Roediger, Foreword. Race Will Survive the Obama Phenomenon, in: Reginald Daniels/Hettie Williams (Hg.), Race and the Obama Phenomenon. The Vision of a More Perfect Multicultural Union, Jackson 2014, S. XXI-XXXI.
[79] Paul Lewis, New Yorker’s ›terrorist‹ Obama cover under fire, in: Guardian, 14.7.2008. Darüber hinaus kommt auch das Element der Persiflage zum Tragen: Der Gruß mit der geschlossenen Faust, den Barack und Michelle Obama vollführen, erinnert an Begrüßungszeremonien der radikalen Befreiungsbewegungen in den USA.
[80] Vgl. Lakesia Jonson, Iconic. Decoding Images of the Revolutionary Black Woman, Waco 2012, S. 5.
[81] Ebd., S. 6.
[82] Vgl. Wendy Donahue, Comments about Michelle Obamas brows lead to some tweaking, in: Chicago Tribune, 19.1.2009.
[83] Vgl. Melissa Harris-Perry, Sister Citizen. Shame, Stereotypes, and Black Women in America, New Haven 2011.
[84] Jonson, Iconic (Anm. 80), S. 117.
[85] Einen journalistischen Abriss zur Geschichte des Kapuzenpullis in den USA und darüber hinaus geben Torsten Körner, Die Verteidigung des Kapuzenpullovers, in: Deutschlandfunk, 17.5.2015, und Adriano Sack, Die Relevanz des Hoodies im digitalen Zeitalter, in: Welt, 1.3.2016.
[86] Vgl. MJ Lee, Geraldo: Martin killed due to ›hoodie‹, in: Politico, 23.3.2012.
[87] Vgl. Chike Jeffers, Should Black Kids Avoid Wearing Hoodies?, in: George Yancy/Janine Jones (Hg.), Pursuing Trayvon Martin. Historical Contexts and Contemporary Manifestations of Racial Dynamics, New York 2013, S. 129-140.
[88] Ebd., S. 136ff.