1. Das „Erbe der Menschheit“: Denkmalpflege als Entwicklungspolitik
2. Der „World Heritage Trust“
3. Nominierungspraxis und Etablierung des Welterbes 1972–1982
4. Fazit
1978 wurden mit den Galapagos-Inseln und der Altstadt von Quito die ersten Stätten in die UNESCO-Welterbeliste eingetragen. Seitdem ist das Welterbe zu einem „Flaggschiffprogramm“ der UNESCO geworden.1 Kein Reiseführer kommt heute ohne den Hinweis auf nahegelegene Welterbestätten aus. Sie sind einerseits ein abstrakter Bildungskanon, der Teil eines Habitus kosmopolitischer Weltbürger ist und über weite Strecken denen vorbehalten bleibt, die es sich leisten können, das Welterbe vor Ort kennenzulernen. Andererseits sind die Welterbestätten trotz ihres museal-virtuellen Charakters keineswegs vollständig aus ihren lokalen Kontexten herausgelöst. Zwischen Kambodscha und Thailand kam es aufgrund des begehrten Titels kürzlich sogar zu einem Grenzkonflikt: Nachdem der Preah-Vihear-Tempel 2008 auf Antrag Kambodschas in die Welterbeliste eingetragen worden war, eskalierte die Auseinandersetzung – immer auch mit Bezug auf den Welterbestatus, den beide Staaten ebenso wie den Tempel für sich beanspruchen.2 Hier wurde nicht zum ersten Mal versucht, den Eintrag in den Katalog der Kultur- und Naturschätze mit Weltgeltung zu nutzen, um partikulare Interessen zu stärken.
Die Welterbestätten sind also Orte, an denen die Konflikte zwischen dem Universalen und dem Partikularen täglich neu ausgehandelt werden, zumal das Spannungsverhältnis beider Kategorien hier gewissermaßen verstetigt wurde.3 Hinzu kommen die Schwierigkeiten der UNESCO, den „outstanding universal value“ jeweils zu bestimmen und den dazu gehörigen Anspruch einzulösen. Sarah M. Titchen hat bereits 1995 auf diese Probleme hingewiesen.4 Mechtild Rössler hat den Blick auf die Konkurrenz zwischen der „vorgestellten Universalität der menschlichen Kultur im Singular wie im Plural“ und der „Einzigartigkeit der Erbstücke“ gelenkt.5 Die Konstruktion von Universalität und deren Konkurrenz mit dem Partikularen spielen zweifellos eine wichtige Rolle. Sie müssen allerdings analytisch weiter differenziert und durch zusätzliche Faktoren ergänzt werden, will man die Genese des UNESCO-Welterbes historisch erklären.
Emblem des UNESCO-Welterbes: Die quadratische Krone eines Baumes, umschlossen von einer Weltkugel, soll die angestrebte enge Verbindung zwischen Kultur- und Naturerbe symbolisieren.
(© Deutsche UNESCO-Kommission)
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Im Folgenden werde ich zeigen, dass in den Diskussionen um den Schutz eines „Erbes der Menschheit“ oder eines „Welterbes“ zwischen 1950 und 1980 das Kultur- und Naturverständnis nicht gleich blieb, sondern sich so gravierend veränderte, dass am Ende zwei konkurrierende Rationalitäten in das Welterbeprogramm Eingang fanden. Dreh- und Angelpunkt dieser Differenz wurde die Kategorie des „Erbes“ (Heritage),6 das für künftige Generationen zu bewahren sei. Es umfasste einerseits Relikte von Kulturen, zugleich aber die Natur selbst als Relikt. Damit hielt auch der unterschiedliche Stellenwert, der dem Menschen in der Kultur- und in der Naturgeschichte jeweils zugewiesen wurde, Einzug in das Welterbeprogramm.7 Es gab folglich nicht nur den Gegensatz zwischen Universalismus und Partikularismus (als Differenz zwischen dem Globalen und dem Nationalen), sondern zusätzlich zwei konkurrierende Universalismen, deren zeitliche und räumliche Dimensionen sich trotz ihres allgemeingültigen Anspruchs markant unterschieden.
Vor diesem Hintergrund soll zudem erläutert werden, inwiefern sich die Konstruktionsbedingungen für ein „Erbe der Menschheit“ und damit auch die Erwartungen veränderten, die sich an eine solche Institution im Bereich Denkmal- und Naturschutz richteten.8 Dieser Wandel wird an den sich verändernden Orientierungsstandards der Akteure deutlich, die bei der Schaffung des Welterbeprogramms mitwirkten. Er lässt sich aber auch daran exemplifizieren, wie Institutionen und Organisationen geschaffen oder zugeschnitten wurden.9 Eine neue Bedeutung erhielten in diesem Zusammenhang Nichtregierungsorganisationen, in denen sich epistemische Gemeinschaften zunehmend institutionalisierten. Sie gewannen als Deutungseliten an Macht, die sie nutzten, um ihre Ziele auf der politischen Agenda zu platzieren, Politikfelder zu definieren und sich als Experten für das jeweilige Politikfeld zu positionieren.10
Von Anfang an sind die ungleiche regionale Verteilung der Welterbestätten sowie das ungleiche Verhältnis zwischen Kultur- und Naturerbestätten kritisiert worden.11 Ich werde zeigen, dass diese Schieflagen bereits in der Gründung des Welterbes angelegt waren und auf die konkurrierenden Konzepte von Kultur und Natur zurückzuführen sind, aber auch auf konkurrierende Begriffe von Universalität und Partikularität.
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1. Das „Erbe der Menschheit“:
Denkmalpflege als Entwicklungspolitik
Seit der Gründung war die UNESCO in ihrem Geschichtsverständnis geprägt durch Dissonanzen zwischen ihrer naturwissenschaftlichen Abteilung und ihrer Kulturabteilung: Der evolutionsbiologisch gedachten Genealogie einer Naturgeschichte stand die Vorstellung einer Evolution der Zivilisationen gegenüber. Geeint wurden beide Sichtweisen zunächst noch durch den Glauben, dass der Aufstieg und Untergang von Zivilisationen als Teil einer übergeordneten Evolution der Natur zu verstehen sei. Das „Erbe der Menschheit“ wurde vor diesem Hintergrund vor allem als vom Menschen geformt betrachtet; es umfasste in erster Linie Artefakte, Traditionen und Relikte. Sein Schutz war deshalb unzweifelhaft Aufgabe der Kulturabteilung der UNESCO, die diese Tätigkeit Ende der 1940er-Jahre vom 1926 gegründeten „Institut für geistige Zusammenarbeit“ und damit aus dem Völkerbund übernahm.12 Bereits hier war der Schutz eines „Erbes der Menschheit“ anvisiert worden, so dass in der UNESCO schon zu Beginn der 1950er-Jahre ein breites Spektrum potenzieller Maßnahmen zum Schutz von Kulturschätzen in Krieg und Frieden diskutiert wurde. Eine besondere Rolle erhielt dabei ein Expertenkomitee, das den Generaldirektor der UNESCO in Fragen des Schutzes von Monumenten, künstlerischen, historischen und archäologischen Stätten beraten sollte. Ursprünglich war dieses Denkmalpflegekomitee geschaffen worden, um das Haager Abkommen von 1954 vorzubereiten und wissenschaftlich zu begleiten. Darauf hat es sich aber nie beschränkt, sondern hat von Anfang an eine umfassendere Agenda verfolgt. So entsandte es Experten zu technischen Missionen, um die Mitgliedsstaaten der UNESCO bei der institutionellen Ausgestaltung des nationalen Denkmalschutzes, bei archäologischen Grabungen und bei der Identifikation des jeweils als erhaltenswert erachteten Erbes zu beraten.13
Die Mitglieder des Komitees und die Kulturabteilung der UNESCO begriffen dieses Engagement als Entwicklungshilfe für die nach 1945 neu entstehenden Staaten. Handlungsleitend war die Vorstellung, dass das Bewusstsein für die jeweilige nationale Identität, das als Signum für Zivilisiertheit bzw. eine entwickelte Gesellschaft galt, dort zu wenig ausgeprägt sei und die Integration der jungen Staaten gefährde. Deshalb sei es notwendig, diese dabei zu unterstützen, sich der jeweiligen Geschichte und Tradition zu vergewissern, deren Pflege zu institutionalisieren und so ein Bewusstsein für die eigene nationale Identität zu schaffen. Es war das erklärte Ziel, den „Entwicklungsländern“14 beim „nation-building“ unter die Arme zu greifen. Auf diese Weise sollten stabile Nationalstaaten entstehen; diese galten als Voraussetzung für eine vollwertige Mitgliedschaft in der UNESCO. Die Internationalisten, die sich in der UNESCO engagierten, sahen die Tätigkeit in einer Organisation wie der Ihren als höchste Entwicklungsstufe eines zivilisierten Nationalstaats an.15 Auf die Implikationen eines solchen Entwicklungskonzepts ist in der Forschung verschiedentlich hingewiesen worden.16
Der Abbau der Tempel in Abu Simbel 1965
(© UNESCO)
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Aus einer derartigen technischen Mission, die ursprünglich der Dokumentation von Kunst und Zivilisation des alten Ägypten dienen sollte, entstand 1960 die erste „Rettungskampagne“ der UNESCO. Sie hatte zum Ziel, ein als „Erbe der Menschheit“ klassifiziertes Set von Altertümern vor den Folgen forcierter, technisch-wirtschaftlicher Entwicklungsmaßnahmen zu schützen. Anlass für die Kampagne, die auch als „Rettung Abu Simbels“ bekannt geworden ist,17 war 1954 die Entscheidung der ägyptischen Regierung, den Assuan-Staudamm zu erhöhen, um seine Wasser- und Stromausbeute für die ägyptische Bevölkerung nutzbar zu machen. Die im ägyptisch-sudanesischen Grenzgebiet befindlichen Tempelanlagen drohten im Zuge der Baumaßnahmen im Wasser des Nils zu versinken. Am 8. März 1960 rief der Generaldirektor der UNESCO, Vittorino Veronese, deshalb eine internationale „Rettungskampagne“ ins Leben. Die insgesamt 20 Jahre dauernde Aktion umfasste neben Grabungen und fotografischen Dokumentationen die logistisch wohl einzigartige Umsetzung von rund 20 Tempelanlagen.18
Anders als eine binäre Vorstellung von „Tradition“ und „Moderne“ es nahelegen könnte, zerfielen die Aktivitäten um den Assuan-Staudamm in der Wahrnehmung der Zeitgenossen keineswegs in den Gegensatz von rückwärtsgewandter Traditionspflege und technisch-ingenieurwissenschaftlicher Zukunftseroberung. Vielmehr wurde die Rettung der Tempel ebenso als Ausdruck des technischen Fortschritts und eines hohen Entwicklungsstandes betrachtet wie der Bau des Staudamms. Indem Veronese die Hinterlassenschaften der ägyptischen Pharaonen zu einem „Erbe der Menschheit“ erklärte, nahm er die Weltgemeinschaft in die Pflicht. Sie müsse die fortschrittlichen technischen Möglichkeiten nutzen, um die Relikte vergangener Zivilisationen für künftige Generationen zu bewahren.19 Die Planungseuphorie der 1960er-Jahre mit ihrer ausgeprägten Zukunftsorientierung schlug sich auch in diesem Fall nieder.20
Die Experten der UNESCO deklarierten die Fähigkeit, technischen Fortschritt mit der Erhaltung von Kultur- und Naturschätzen in Einklang zu bringen, zu einem Signum für „Zivilisiertheit“ und „hohen Entwicklungsstand“. Unter dem Eindruck der Debatten um den Bau des Assuan-Staudamms hatte das Denkmalpflegekomitee bereits 1956 gemeinsam mit Roger Heim, dem Präsidenten der Weltnaturschutzunion (IUCN), eine entsprechende Resolution ausgearbeitet. Sie forderten, internationale Schutzstandards zu formulieren, die es ermöglichen sollten, notwendige Erhaltungsmaßnahmen bereits in die Planungen technischer Großprojekte zu integrieren.21 Erste Weichen für die Debatten um eine „nachhaltige Entwicklung“ wurden so gestellt. Als Experten nominierten sich die Autoren der Resolution gewissermaßen selbst. Neben dem Denkmalpflegekomitee sollten der Internationale Museumsbund (ICOM) und die Weltnaturschutzunion als Berater tätig werden. In der Resolution definierten die selbst ernannten Experten somit eine internationale epistemische Gemeinschaft, die die Schaffung des UNESCO-Welterbes in den folgenden Jahrzehnten maßgeblich mitprägte.22
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Die Resolution hatte gleichwohl keinen unmittelbaren Erfolg, weil die politisch Verantwortlichen in der Generaldirektion und der Generalversammlung der UNESCO die Ausgangslage in den verschiedenen Staaten als zu unterschiedlich beurteilten. Erst durch homogenisierte Standards in den einzelnen Staaten erschien eine Vereinbarung mit universeller Geltung möglich. Deshalb wurde zunächst eine Bestandsaufnahme der im Kultur- und Naturschutz gültigen gesetzlichen Regelungen in den Mitgliedsstaaten der UNESCO in Angriff genommen, um Anknüpfungspunkte für ein internationales Instrument zu finden.23 Außerdem initiierten die Mitglieder des Denkmalpflegekomitees der UNESCO die Gründung einer internationalen, nichtregierungsamtlichen Organisation für Denkmalpflege. Sie sollte die Aufgaben des Beratungskomitees der UNESCO übernehmen, seine Arbeit verstetigen und die Verbreitung seiner Denkmalschutzstandards voranbringen.24 1965 wurde der Internationale Rat für Denkmalpflege (ICOMOS) gegründet, der für die Erhaltung des historischen und architektonischen Erbes der Welt werben sowie das dafür notwendige Wissen bereitstellen sollte.25
Nachdem auf diese Weise eine Angleichung der Standards sichergestellt zu sein schien, war die 14. Generalversammlung der UNESCO 1968 bereit, eine Konvention zum Schutz des „Erbes der Menschheit“ auszuarbeiten. Als Experten eingebunden wurden führende Vertreter des Internationalen Rats für Denkmalpflege, des Internationalen Museumsbunds (ICOM) und des Internationalen Studienzentrums für die Erhaltung und Restaurierung von Kulturgut (ICCROM). Hinzu kamen noch die obersten Denkmalpfleger aus interessierten UNESCO-Mitgliedsstaaten und Beobachter aus zwischenstaatlichen Organisationen wie der Chef der Kulturabteilung des Europarats.
Diese internationale Expertengemeinde, die sich im Rahmen der UNESCO bis in die 1960er-Jahre formiert hatte, war allerdings mit dem Problem konfrontiert, dass sich die Begriffe Kultur- und Naturgut inzwischen geweitet und auseinanderentwickelt hatten.26 Der Denkmalschutz hatte bis dahin immer Kultur- und Naturschätze abgedeckt. Die Notwendigkeit, sie zu erhalten, wurde vor allem durch ihren sublim-ästhetischen Wert legitimiert, was sich aus der Tradition der europäischen Romantik speiste. Auch die Empfehlung der UNESCO „über den Schutz landschaftlicher Merkmale und Besonderheiten“ von 1962 war durch eine solche Sicht geprägt.27 Das änderte sich bis zum Ende des Jahrzehnts fundamental. Entscheidend dafür war die Auseinandersetzung mit der Kritik der Cultural Studies, des (Post-)Strukturalismus und des Postkolonialismus an exklusiven Kulturbegriffen sowie mit der Kritik der Ökologiebewegung an einem rein ästhetischen Naturbegriff. Eine Revision der Kategorie „Erbe der Menschheit“ erschien zwingend.28
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Das Ergebnis war, dass die Expertenberatungen zwischen 1968 und 1971 die zu schützenden Güter sehr viel enger und konkreter fassten als vorher. So wurde eine künftige internationale Regelung explizit auf den Schutz von immobilen Kultur- und Naturschätzen festgelegt, um kein darüber hinausgehendes eurozentrisches Präjudiz zu schaffen. Über Kultur- und Naturdenkmäler – so die Auffassung der Experten – verfügte jede Kultur der Welt. Sie schienen vergleichsweise wertfrei zu sein, während schriftliche Überlieferungen in Archiven sowie die Auswahl von Kunstwerken und Relikten in Museen, die bis dahin ganz selbstverständlich auch als „Erbe der Menschheit“ gegolten hatten, nun im Verdacht standen, Teile einer eurozentrischen Überlieferungstradition zu sein.29
Die Experten betonten in ihren Abschlussberichten, dass es keinesfalls darum gehen könne, einen internationalen Kanon zu kreieren, der Gefahr laufe, durch ästhetische Kriterien und Wertorientierungen eines einzelnen Kulturkreises dominiert zu werden. Um den einzelnen Kulturen und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, sollte daher ein nationales Schutzsystem mit einem internationalen gekoppelt werden. Ersteres sollte die Nationalstaaten veranlassen, ihr jeweiliges Erbe selbst zu schützen. Gleichzeitig sollte ihnen das dafür notwendige Wissen zur Verfügung gestellt werden. Das homogenisierende Potenzial, das mit dieser westlich geprägten Form der „Wissensvermittlung“ einherging, wurde zu diesem Zeitpunkt offenbar noch nicht problematisiert. Eine internationale Vereinbarung sollte die in den Nationalstaaten zu treffenden Maßnahmen ergänzen. Gedacht war an ein „Rotes Kreuz für Kultur- und Naturschätze“. Auf Anfrage des jeweiligen Staats sollte die neue Organisation im Namen der internationalen Gemeinschaft konservierende Maßnahmen ergreifen. Eine Liste für das „Erbe der Menschheit“ war in diesen Entwürfen nicht vorgesehen; stattdessen sollte es alle zwei Jahre eine Bestandsaufnahme all jener Objekte geben, die größerer Erhaltungsarbeiten oder Schutzmaßnahmen bedurften.30
Während die Auffassung, dass der Schutz von historischen Relikten notwendig sei, durch die UNESCO-Pläne international verbreitet wurde, hatte sich im Verhältnis von Universalismus und Partikularismus gegenüber den 1950er-Jahren Wesentliches verändert. Die Priorität verschob sich in den Beratungen von 1968 und 1971 darauf, den Staaten der Welt die Erhaltung und Pflege ihrer Kultur und ihres jeweiligen Erbes selbst zu ermöglichen. Das Partikulare wurde zum konstitutiven Teil des Universalen. Die Begriffe „Zivilisation“ und „Kultur“ wurden in diesem Kontext endgültig plural; der eurozentrische Gehalt eines romantischen Erhabenheitsbegriffs wurde neu reflektiert. Das Konzept „Erbe der Menschheit“ wurde so auch für außereuropäische Wertzuschreibungen geöffnet.
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Der sich verstärkt ökologisch ausrichtenden internationalen Naturschutzbewegung gingen die beschriebenen Veränderungen allerdings nicht weit genug. Die für die 17. Generalversammlung der UNESCO 1972 ins Auge gefasste Verabschiedung einer Konvention zum Schutz des „Erbes der Menschheit“ blendete aus ihrer Sicht den zwingend notwendigen, ökologisch orientierten Natur- und Ressourcenschutz aus und schien einen nicht mehr zeitgemäßen Naturbegriff der Romantik beizubehalten.31 Deshalb übernahm die Weltnaturschutzunion (IUCN) bei den Vorbereitungen zur „Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen“ den aus der amerikanischen Naturschutzbewegung stammenden Vorschlag für einen „World Heritage Trust“, der dem Natur- und Ressourcenschutz gegenüber dem Kulturgüterschutz zu seinem Recht als „Erbe der Menschheit“ verhelfen sollte.
Bereits 1949 war bei einer Konferenz, die von der naturwissenschaftlichen Abteilung der UNESCO und der Weltnaturschutzunion veranstaltet wurde, über die Möglichkeiten diskutiert worden, durch eine internationale Konvention einen weltweiten, ökologisch fundierten Naturschutz zu verankern. Allerdings hielt man damals die Zeit noch nicht für reif. Ebenso wie im Kulturgüterschutz betrachteten die Teilnehmer die Situation des Naturschutzes in den verschiedenen Staaten als zu heterogen.32 Diese Sicht änderte sich auch hier seit Ende der 1950er-Jahre: Die Partikularismen wurden nicht mehr als hinderlich für eine universale Regelung gefürchtet; nun erhoffte man sich umgekehrt von einer universalen Vereinbarung eine homogenisierende Wirkung.
Unter dem Eindruck der Ökologiebewegung hatte sich der Naturbegriff grundlegend verändert. Die Bewertung von Natur als ästhetisch und erholsam ging zwar nicht verloren. Die Experten der Weltnaturschutzunion begriffen die Natur aber zunehmend als ein Gefüge von Ökosystemen und als Ressourcenreservoir. Indem betont wurde, dass sie für das Überleben der Menschheit unverzichtbar sei, und ihre Ausbeutung durch maßloses industrielles Wachstum als Zerstörungswut des Zivilisationsmenschen beklagt wurde, erhielt die Natur in doppelter Hinsicht einen stärkeren Bezug auf den Menschen und wurde so zu seinem Erbe erhoben. Dieses galt es aus ethischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Erwägungen zu schützen. Die veränderte Auffassung drückte sich auch darin aus, dass die Weltnaturschutzunion 1956 ihren Namen änderte – von „International Union for the Protection of Nature“ (IUPN) in „International Union for Conservation of Nature and Natural Ressources“ (IUCN).33 Ein vornehmlich ästhetisch orientierter Naturbegriff, so seit Mitte der 1960er-Jahre der implizite Vorwurf der Naturschutzbewegung und der Weltnaturschutzunion, der auch an die Kulturabteilung der UNESCO gerichtet wurde, sei keinesfalls mehr zeitgemäß. Daraus resultierte die Auffassung, dass der Natur- und Umweltschutz nicht hinter dem Schutz der Kulturgüter zurückbleiben und auch nur bedingt den Nationalstaaten überlassen werden dürfe. Die Schutznotwendigkeiten sollten wissenschaftlich-empirisch ermittelt werden. Sie erschienen dadurch eindeutig, aber gleichzeitig nur bedingt politischen Repräsentationsstandards zugänglich.34
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100 Jahre Yellowstone-Nationalpark (1972):
Versammlung der internationalen Delegierten bei der Feier am Madison-Museum
(© NPS Photo)
Das Engagement der Weltnaturschutzunion mit ihrem Präsidenten Harold J. Coolidge wurde ab den 1960er-Jahren stark von der US-amerikanischen Naturschutzbewegung geprägt, die wiederum engen Kontakt zur Johnson- und Nixon-Administration unterhielt.35 In diesem Umfeld entstand der Vorschlag, einen „World Heritage Trust“ zu gründen. Als Väter der Idee gelten Russell E. Train und Joseph L. Fischer, die das Konzept seit 1965 im „Committee on Natural Resources“ des Weißen Hauses zum 1972 anstehenden 100. Geburtstag des Yellowstone-Nationalparks entwickelten. Sie apostrophierten den nordamerikanischen Naturpark als Modell für die Welt und proklamierten für den „World Heritage Trust“, der die besten Natur- und Kulturstätten der Welt für künftige Generationen schützen sollte, eine ähnliche Vorbildfunktion.36
Die Weltnaturschutzunion griff den Vorschlag 1971 in ihrem Entwurf für die Weltumweltkonferenz in Stockholm auf.37 In dem Konzept wurde die Endlichkeit und Begrenztheit von Ressourcen angesichts eines weltweiten Bevölkerungswachstums betont. Paul Ehrlichs „Bevölkerungsbombe“ stellte hier eine wichtige Referenz dar.38 Die Vertreter der Weltnaturschutzunion betrachteten Wild-tiere und Pflanzen als genetisch-wissenschaftliches Reservoir – auch sie seien bedrohte Ressourcen, die es vor der als unverhältnismäßig empfundenen Vermehrung des Menschen zu schützen gelte. Ihr drohendes Verschwinden wurde als unwiederbringlicher Verlust an Wissen und Erkenntnismöglichkeiten betrachtet.39 Insofern war es das Ziel der Bemühungen, ein weltweites Museum allen Lebens auf der Erde als Wissens- und Gedächtnisspeicher anzulegen.40
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Der Wert des zu Schützenden bestand jetzt also nicht mehr in seiner sublim-ästhetischen Qualität, sondern verlagerte sich auf den wissenschaftlich oder auch wirtschaftlich nützlichen Aspekt. Anders als in der Kulturabteilung wurde der Wert nicht als diskursiv konstruiert betrachtet, sondern blieb dem Natur- oder Kulturgut, wie eine DNA, als universales Element eingelagert. Die Geschichte der Menschheit wurde hier als zeitlich begrenzte Episode gedacht, während die Natur einen ambivalent universellen Charakter erhielt: Einerseits galt sie als ewig und ewigen Gesetzen gehorchend, andererseits sei sie durch den Egoismus und das mangelnde Verantwortungsgefühl der Spezies Mensch in ihrem Bestand bedroht. Der eschatologische Charakter dieser Sicht ist augenfällig.
Ein solches Naturverständnis und die Verknüpfung mit dem Bevölkerungsdiskurs rückte den Vorstoß der Weltnaturschutzunion und der USA in die Nähe der zeitgleich in der UNO stattfindenden Verhandlungen über ein Abkommen zur Nutzung der Ressourcen im Weltraum (1967), am Meeresboden (1970) und in der Antarktis (1988). Zentral war hier die Argumentationsfigur eines „Common Heritage of Mankind“ bzw. der „Global Commons“. Sie wurde von den „Industrienationen“ auch dazu benutzt, um den Zugriff auf die Ressourcen dieser – bezogen auf die Nationalstaaten – exterritorialen Gebiete zu erlangen.41 Es würde jedoch zu kurz greifen, die Initiative für einen „World Heritage Trust“ nur als strategisch motiviert zu verstehen, handelte es sich doch auch um eine Selbstverpflichtung zugunsten künftiger Generationen. Das darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses Engagement zugleich darauf zielte, durch den eigenen zivilisatorischen Fortschritt erlittene Verluste in den „Industriestaaten“ an anderen Orten der Welt zu kom-pensieren. Der Bezug auf Yellowstone als Modell für die Welt macht diese zweifache Stoßrichtung von Verpflichtung und ausgleichender Maßnahme für eigenes Verhalten deutlich. Seit sich gegen Ende der 1960er-Jahre die Überzeugung verbreitet hatte, dass Wachstum endlich sein könne und Nachhaltigkeit anzustreben sei, zielte diese Form des Umweltschutzes darauf, zu verhindern, dass die „Entwicklungsländer“ – von denen auch hier erwartet wurde, dass sie der Entwicklung der „Ersten Welt“ folgen würden – die gleichen Verluste erlitten.42 Die überwiegend US-amerikanischen und europäischen Umweltschützer glaubten, es fehle den betreffenden Staaten noch die Einsicht in die Notwendigkeit eines Umwelt- und Denkmalschutzes. Daraus leiteten sie die Berechtigung ab, schutzbedürftige und schützenswerte Gebiete und Objekte zu identifizieren, um dann im politischen Prozess zu forcieren, dass diese unter nationalen und internationalen Schutz gestellt würden – ein Anliegen, dessen spätkolonialer Anspruch unübersehbar ist.43
Diszipliniert wurde dabei vor allem finanziell. Das war gut möglich, weil der Finanzbedarf für technische Großprojekte, die vor allem als Bedrohung für die Umwelt gesehen wurden, groß war. Den „zu entwickelnden Staaten“ war das durchaus bewusst. Bei ihnen stieß die Initiative der Weltnaturschutzunion von 1971 deshalb in zweifacher Hinsicht auf Skepsis: Sie befürchteten einerseits, durch den Status „World Heritage“ könnten innerhalb ihres Staatsgebiets exterritoriale Gebiete entstehen. Andererseits erregte insbesondere die finanzielle Macht der „Industrienationen“ Besorgnis und schürte die Furcht vor quasi kolonialer Abhängigkeit. So entstand der Eindruck, ein „World Heritage Trust“, den die Weltnaturschutzunion verwalte, sei ein Versuch der US-Regierung, die UNESCO als UN-Organisation zu schwächen und sie durch eine finanziell leichter zu dominierende nicht-staatliche Organisation zu ersetzen.44
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Die UNESCO, deren Mehrheitsverhältnisse sich seit 1968 zugunsten der „Entwicklungsländer“ verschoben hatten, wertete den Vorschlag eines „World Heritage Trust“ ebenfalls als Verdrängungsversuch. Um das zu verhindern, rekurrierten ihre Vertreter Michel Batisse und Gérard Bolla auf die Erfahrungen und die Repräsentativitätsstandards der eigenen Organisation: Sie habe in den internationalen Rettungskampagnen und mit ihren vielfältigen Aktivitäten zum Schutz des „Erbes der Menschheit“ ihre Kompetenz auf dem Gebiet des Denkmalschutzes bereits bewiesen. Gleichzeitig habe sie mit dem Programm „Mensch und Biosphäre“ (MAB) die Weichen für einen ökologischen Naturschutz gestellt. Nicht zuletzt repräsentiere sie, die UNESCO, die Weltgemeinschaft wie kaum eine andere internationale Organisation. Dem hielt die Weltnaturschutzunion entgegen, dass die UNESCO zu bürokratisch sei und weniger wissenschaftlichen Erkenntnissen folge als vielmehr politischen Interessen. Dagegen lasse sie, die Weltnaturschutzunion, sich nur von Sachgesichtspunkten leiten – anders als die UNESCO sei sie zu keinerlei politischen Kompromissen verpflichtet.45
Die Stellungnahmen der Staaten zu der Frage, ob einem „Erbe der Menschheit“ bei der UNESCO oder einem „Welterbe“ bei der Weltnaturschutz-union der Vorzug zu geben sei, entsprachen der jeweiligen Haltung zur US-amerikanischen Politik im Allgemeinen. So wollten die meisten Staaten der „Dritten Welt“, aber auch Frankreich und die Sowjetunion, ein Welterbe bei der UNESCO angesiedelt sehen. Andere Staaten – namentlich Japan, Großbritannien, Kenia und Schweden – regten als Kompromiss an, die Natur der IUCN und die Kultur der UNESCO zu überlassen. Das widersprach den Interessen beider Organisationen, war doch aus ihrer Sicht der Anspruch auf den Schutz des „Erbes der Menschheit“ unteilbar.46 Die Situation erschien verfahren; sie löste sich erst auf, als es Gérard Bolla, dem Leiter der Kulturabteilung der UNESCO, durch Zugeständnisse gelang, die US-Regierung auf höchster Ebene davon zu überzeugen, beide Entwürfe unter dem Dach der UNESCO zusammenzuführen.47
In der praktischen Umsetzung kam es ebenfalls zu einem Kompromiss. Dieser vermittelte zwischen dem ursprünglichen UNESCO-Entwurf, der ein Verzeichnis der besonders „hilfebedürftigen“ Stätten als „Rotes Kreuz für Monumente“ angestrebt hatte, und dem US-Entwurf, der in einem exklusiven Inventar einen universalen Kultur- und Naturstättenkanon etablieren wollte. Vorgesehen war nun eine „Welterbeliste“ sowie eine „Liste des Welterbes in Gefahr“,48 wobei in die letztere nur Stätten eingetragen werden konnten, die auch in ersterer verzeichnet waren. Mit dieser Entscheidung war das Konfliktverhältnis zwischen Partikularismus und Universalismus bereits angelegt, welches das Welterbeprogramm seither begleitet.49 Denn während der Rote-Kreuz-Ansatz der UNESCO das Partikulare als konstitutiven Teil des Universalen hatte schützen wollen und den universalen Wert als eine zeitlich gebundene, diskursiv konstruierte Kategorie ansah, wollte der „World Heritage Trust“ das Universale mithilfe empirischer Wissenschaft eindeutig bestimmen, um es gleich-sam archivalisch vor destruktiven Partikularinteressen zu schützen. Diese Sicht leistete der Tendenz Vorschub, die eigene, durch die US-amerikanische bzw. europäische Wissenschaftstradition geprägte Perspektive zu generalisieren. Gleichzeitig wurden die sich auseinanderentwickelnden Rationalitäten des Kultur- und Naturschutzes regelrecht institutionalisiert: Der Internationale Rat für Denkmalpflege wurde bei Bewerbungen um den Welterbestatus zum Sachverständigen für Kulturdenkmäler gemacht, während die Weltnaturschutzunion die zu schützende Natur begutachten sollte.
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3. Nominierungspraxis und Etablierung des Welterbes 1972–1982
Nachdem das „Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“ zusammen mit der „Empfehlung über den Schutz des Kultur- und Naturerbes auf nationaler Ebene“ am 16. November 1972 in der UNESCO-Generalkonferenz verabschiedet worden war, machte sich die unterschiedliche Logik des Kultur- und des Naturschutzes alsbald in der Praxis bemerkbar; sie erzeugte ein unausgewogenes Verhältnis zwischen Kultur- und Naturerbestätten.50 Als Folge der Genese aus unterschiedlichen Vorstellungen musste das scheinbar so eindeutige Verhältnis der Partikularismen zum Universalen immer wieder neu ausgehandelt werden. Das erwies sich vor allem deshalb als problematisch, weil die zu berücksichtigenden partikularen Interessen, die im Vorfeld mit denen der Nationalstaaten gleichgesetzt worden waren, unerwartet vielfältig waren. Insbesondere die Frage der Repräsentation im Welterbe und die Kriterien für den universellen Wert, den eine Welterbestätte verkörpern sollte, avancierten deshalb zu Streitpunkten.
Schon früh wurde deutlich, dass bei der Gestaltung eines Welterbes die UNESCO und die Nationalstaaten nicht die einzigen Akteure sein würden. So konnten die ersten Einträge in die Welterbeliste erst 1978 vorgenommen werden, weil sich die Verfahren zur Ratifizierung der Welterbekonvention unerwartet verzögerten. Der Grund war, dass der Umwelt- und Denkmalschutz in vielen Staaten föderal organisiert war. Die Befürchtung, eine internationale Konvention könne föderale Instanzen entmachten, ließ die jeweiligen Bundesstaaten zögern, ihre Zustimmung zu erteilen, so dass das Übereinkommen erst 1975 in Kraft trat.51
Diese Sorge war nicht völlig unbegründet, wie der Fall Australiens und der Tasmanischen Wildnis zeigte. Letztere wurde 1981 von der australischen Zentralregierung als Weltnaturerbestätte nominiert. Aber noch bevor die Bewerbung bekanntgegeben worden war, kündigte die tasmanische Regierung an, sie plane im fraglichen Gebiet Staudämme und Wasserkraftwerke, um die strukturschwache Region wirtschaftlich zu entwickeln. Sowohl die australische Zentralregierung als auch die Weltnaturschutzunion hielten die Integrität des Areals durch diese Pläne für gefährdet. Allerdings erklärte die Zentralregierung in Canberra, es sei ihr aufgrund der Verfassung unmöglich, sich in die Angelegenheiten der Teilstaaten einzumischen. Die Träger des sich formierenden, zivilgesellschaftlichen Protests gegen den Bau der Wasserkraftwerke rekurrierten auf die Idee des Welterbes und appellierten an die UNESCO, die Tasmanische Wildnis in die „Liste des Welterbes in Gefahr“ einzutragen. Da dies ohne Welterbestatus und einen Antrag des Nationalstaats unmöglich war, setzte die UNESCO, die sich ansonsten zunächst betont unparteiisch gab, in vorsichtiger Abstimmung mit der australischen Zentralregierung ein Zeichen, indem sie dem Gebiet den Titel Weltkultur- und Weltnaturerbe verlieh.
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In der Folge eskalierte die Auseinandersetzung innerhalb der australischen Gesellschaft. Die tasmanische Regierung fühlte sich durch die von der Zentralregierung getroffene internationale Vereinbarung nicht gebunden und setzte ihr Bauvorhaben fort. Daraufhin radikalisierte sich der Bürgerprotest, der durch die Verleihung des Welterbetitels massiven Zulauf verzeichnen konnte. Alle Parteien nahmen für sich in Anspruch, die Interessen der künftigen Generationen wahren zu wollen: die tasmanische Regierung durch die wirtschaftliche Entwicklung der Region, die UNESCO und die Protestbewegung durch den Schutz der Wildnis. Bei der Wahl des australischen Premierministers 1983 war der Konflikt ein Hauptthema. Schließlich setzte sich derjenige Kandidat durch, der mit dem Versprechen antrat, die Baumaßnahmen zu verbieten. Da die tasmanische Regierung aber keineswegs bereit war, ein solches Verbot zu akzeptieren, und es als Verfassungsbruch interpretierte, endete der Konflikt vor dem höchsten australischen Gericht, das den Streit für die Zentralregierung und gegen Tasmanien entschied. Das Gericht begründete sein Urteil damit, dass der Welterbestatus als verbindlich zu betrachten sei; andernfalls sei es für die aus-tralische Regierung künftig unmöglich, internationale Vereinbarungen zu treffen. Australien wurde so der einzige Staat, in dem die Welterbekonvention in das nationale Recht einging. Die UNESCO feierte den Schutz der Tasmanischen Wildnis als einen ihrer großen Erfolge.52 Dieses Beispiel veranschaulicht, wie viele unterschiedliche, nicht selten konfligierende Partikularinteressen bei der Bestimmung des Welterbes wirksam werden konnten. Und zugleich macht es deutlich, dass die Welterbekonvention keine Möglichkeit vorsah, die innergesellschaftlichen Gruppierungen und Institutionen zu beteiligen.
Blockade des tasmanischen Flusses Gordon, 1982/83.
Mit Baumaschinen beladene Lastkähne sollten auf diese Weise aufgehalten werden.
(© The Wilderness Society Collection)
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Auch die Schwierigkeiten, alle Weltregionen auf den verschiedenen Ebenen des Welterbes ausgewogen zu repräsentieren, wurden früh erkennbar – schon im November 1976, als die Generalversammlung der an der Konvention beteiligten Staaten in Nairobi zum ersten Mal zusammentrat, um das Welterbekomitee zu wählen. Die Konvention schrieb vor, dass die Vertretung der verschiedenen Regionen und Kulturen der Welt zu gewährleisten sei. Der Delegierte Syriens regte deshalb an, dass sich das Wahlverfahren an demjenigen zum Exekutivkomitee der UNESCO orientieren sollte, das seit 1968 einen regionalen Proporz vorsah. Dieser Vorschlag setzte sich aber nicht durch. Das Komitee wurde stattdessen durch geheime Wahl nach dem einfachen Mehrheitsprinzip bestimmt.53 Auch in späteren Sitzungen blieben die Vorstöße erfolglos, die auf einen Proporz abzielten – obwohl ein regionales Ungleichgewicht des Welterbekomitees zugunsten der Europäer und Nordamerikaner sowie die Auswirkungen dieser Zusammensetzung auf die Auswahl der Welterbestätten zunehmend in die Kritik gerieten.54 Die Vertreter der „Industriestaaten“ hielten dem entgegen, ein Proporz würde das Welterbekomitee politisieren und seine Wissenschaftlichkeit in Frage stellen.55
Das regionale Ungleichgewicht in der Zusammensetzung der Welterbeliste entstand aber auch dadurch, wie der „herausragende universelle Wert“ bestimmt wurde.56 Schon die Kriterien, die auf die Vorschläge des Internationalen Rats für Denkmalpflege und der Weltnaturschutzunion zurückgingen, machen deutlich, dass das Kulturerbe eher auf Repräsentativität und kumulatives Sammeln angelegt blieb, möglichem Wandel dabei aber Rechnung tragen wollte, während das Naturerbe exemplarisch, systematisch ordnend und mit einem vergleichsweise statischen Verständnis von Natur bestimmt werden sollte. Für das Kulturerbe wurden sechs, für das Naturerbe vier Kriterien verabschiedet. Eine künftige Welterbestätte musste bei der Nominierung mindestens ein Kriterium zwingend erfüllen, in der Regel aber möglichst gleich mehrere Kriterien auf sich vereinen. Ein Kulturerbe sollte ein Meisterwerk der menschlichen Schöpferkraft sein (i), zu einer bestimmten Zeit die Entwicklung von Architektur, Technik, Großplastik, Städtebau oder Landschaftsgestaltung in einer Kultur repräsentieren (ii), eine einmalige, besonders seltene oder großartige Antiquität sein (iii), als Gebäude, architektonisches oder technologisches Ensemble bzw. als Landschaft einen bedeutenden Abschnitt der Menschheitsgeschichte versinnbildlichen (iv), eine typische menschliche Siedlungsform, Boden- oder Meeresnutzung illustrieren, die von Natur aus fragil oder durch den Fortschritt bedroht sei (v), oder als Ort mit einem bedeutenden historischen Ereignis verknüpft sein (vi). Erkennbar ging es um das Sammeln kultureller Vielfalt. Ein Naturerbe sollte entweder ein besonderes Beispiel der Erdgeschichte sein (i), ein Beispiel für die ökologischen und biologischen Prozesse bei der Evolution von Ökosystemen sowie für die Interaktion von Mensch und Natur (ii), eine überragende Naturerscheinung oder Naturschönheit (iii) oder der Lebensraum bedrohter Arten (iv). Damit sollte offensichtlich Herausragendes konserviert werden.
Jedes Kulturerbe sollte darüber hinaus „Authentizität“ verkörpern, während jedes Naturerbe „Integrität“ gewährleisten sollte. Auch bei diesen Begriffen war sich das Komitee ihrer Interpretierbarkeit bewusst und hielt deshalb fest, dass „Authentizität“ nicht auf die originale Struktur und Form zu beschränken sei, sondern dass auch der eigene historische Wert von Ergänzungen und Veränderungen anzuerkennen sei. Die auf das Naturerbe bezogene Kategorie „Integrität“ wurde dahingehend interpretiert, dass eine ausreichende Größe erforderlich sei, um das Gleichgewicht des Ökosystems sicherzustellen oder das Beispielhafte der Evolutionsstufe bzw. des Erdzeitalters abzubilden.57
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Die immer wieder beklagte Disparität zwischen Kultur- und Naturerbe war in den voneinander abweichenden Kriterien angelegt und zeichnete sich deshalb bereits frühzeitig in der Praxis ab: Bei den ersten Einträgen standen vier Natur- acht Kulturerbestätten gegenüber.58 Auch bei den weiteren Bewerbungen diagnostizierte das Welterbebüro ein Missverhältnis.59 Für diese Diskrepanz, die sich im Laufe der Zeit noch vergrößerte, spielten die im Vergleich zum Internationalen Rat für Denkmalpflege weitaus rigideren Standards der Weltnaturschutzunion eine erhebliche Rolle. Während Ersterer in seinem Bemühen darauf zielte, möglichst jeder Kultur – zunächst noch national gebunden gedacht – einen Eintrag auf der Welterbeliste zu ermöglichen, verfolgte Letzterer die Idee, nur die besten Stätten der Welt auf der Liste zu versammeln. Entsprechend fiel die Wahl in der ersten Nominierungsrunde auf Galapagos und Yellowstone, die zu Trägern aller Kriterien für eine Naturerbestätte von Welt-rang und damit regelrecht zu Prototypen erklärt wurden. Kulturstätten, denen eine vergleichbare programmatische Qualität zukam, gab es nicht. Sie wurden aber auch nicht gesucht. Gleichzeitig erforderte das Kriterium „Integrität“ sehr große Schutzgebiete. Nicht jeder Staat war bereit oder in der Lage, sich darauf festlegen zu lassen, Infrastrukturmaßnahmen nicht mehr oder nur noch in Absprache mit dem Welterbekomitee vorzunehmen. Viele fürchteten dadurch Entwicklungshemmnisse; ihnen erschien Umweltschutz als Luxusproblem.
Zudem war es nicht allen Staaten möglich, die geforderten Schutzmaßnahmen finanziell und organisatorisch zu garantieren. Das lag auch am zeitlich verschobenen Engagement der internationalen Organisation. Während nämlich die UNESCO im Bereich des Kulturgüterschutzes ihre Standards bereits seit den frühen 1950er-Jahren in einer Art kultureller Entwicklungshilfe international verbreitet hatte, forcierte sie ihre Bemühungen auf dem Gebiet des Naturschutzes erst seit den 1960er-Jahren, so dass es in manchen Staaten schlicht noch keine den Normen der Weltnaturschutzunion genügenden Nationalparks und Umweltschutzagenturen gab. Das zu beheben war ein erklärtes Ziel. Der zivilisationsmissionarische Charakter blieb hier also erhalten, während er sich im Kulturerbe seit den 1960er-Jahren abschwächte.
Diesem Impetus entsprechend engagierte sich insbesondere die Weltnaturschutzunion, aber auch die naturwissenschaftliche Abteilung der UNESCO dafür, Stätten für das Welterbe zu identifizieren und entsprechende Bewerbungen zu unterstützen. Als Teil dieses Bemühens legte die Weltnaturschutzunion 1982 ein Verzeichnis von Naturstätten mit potenzieller Welterbequalität vor.60 Demgegenüber lehnte der Internationale Rat für Denkmalpflege einen solchen Kanon für den Bereich der Kultur ab. Stattdessen wurden den Staaten lediglich Tentativlisten abverlangt, in denen die Stätten zu benennen waren, deren Nominierung noch anstand. So sollten sie gegebenenfalls gruppiert werden können, oder es sollte jeweils die qualitativ hochwertigste Version berücksichtigt werden.61 Einmal mehr zeigte sich hier die zweigeteilte Rationalität des Kultur- und Naturerbes in der Praxis der Expertenorganisationen, welche die UNESCO berieten.
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Die Zahl der Bewerbungen stieg insgesamt schnell an, so dass schon bald weitere Grenzen zwischen dem Universalen und dem Partikularen gezogen wurden. So bildete sich die Tendenz heraus, die Einbettung in einen global oder zumindest transnational geführten Diskurs zum Gradmesser des universalen Wertes eines Bauwerks oder Ensembles zu machen. Bestand ein derartiger Bezug nicht, wurde die Bewerbung mit dem Argument abgelehnt, sie sei nur von nationalem Interesse. Dies betraf 1979 etwa die nationale Edison-Gedenkstätte in den USA. Sie war aufgrund des Kriteriums (vi) für Kulturerbestätten eingereicht worden, das die Verbindung eines Orts mit einem besonderen historischen Ereignis oder einer historischen Persönlichkeit forderte. Besonders letzteres traf in diesem Fall unzweifelhaft zu. Aufgrund des großen Ansturms insbesondere auf das Kriterium (vi) fürchteten der Internationale Rat für Denkmalpflege und das Büro des Welterbekomitees jedoch, dass dieses Kriterium zu beliebig werden und unzähligen Bewerbungen Tür und Tor öffnen könne. Deshalb sollte es eingeschränkt oder an andere Kriterien gekoppelt werden.
Ansicht des nach dem Zweiten Weltkrieg wiederaufgebauten historischen Zentrums von Warschau (Foto vom Mai 2010). Die Bewerbung Warschaus spaltete das Büro des Welterbekomitees 1979 in der Frage, wie die Authentizität einer Stätte zu beurteilen sei. Während die eine Gruppe zusammen mit dem Internationalen Rat für Denkmalpflege der Auffassung war, dass Warschau ein herausragendes Symbol des polnischen Wiederaufbauwillens sei, stellte die andere Gruppe in Frage, ob eine Rekonstruktion als authentisch betrachtet werden könne. Das Büro konnte sich nicht auf eine Empfehlung einigen und überließ die Klärung dem Welterbekomitee. Am Ende stand eine Entscheidung für die Eintragung in die Welterbeliste und eine Lesart von „Authentizität“, die auch Rekonstruktionen welterbefähig machte, wenn sie in einen als adäquat betrachteten historischen Kontext eingebunden waren.
(Wikimedia Commons, Wistula, Bodo10 DSC0402, CC BY 3.0)
Zu diesem Zeitpunkt war die Insel Gorée vor der Küste Senegals aufgrund des Kriteriums (vi) aber bereits eingetragen worden – als Repräsentation der Geschichte des kolonialen Sklavenhandels. Auch das ehemalige Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz war vom Büro des Welterbekomitees zur Aufnahme empfohlen worden.62 Das Resultat der Verhandlungen im Welterbekomitee war, dass Auschwitz unter Berücksichtigung seiner universalen Bedeutung noch aufgenommen werden, das Kriterium (vi) künftig aber nicht mehr hinreichend sein sollte.63 Die Debatte verdeutlicht, dass zu diesem Zeitpunkt sowohl die koloniale Vergangenheit als auch die Geschichte des Holocaust offenbar unstrittig als universal galten,64 während die Erfindung der Glühbirne als partikular erlebt wurde. Die Tatsache, dass das Kriterium (vi) für Stätten wie das Friedensdenkmal in Hiroshima (1996) und die Brücke von Mostar (2005) gelegentlich wieder geöffnet wurde, zeigt einmal mehr, wie die Konstruktion des Universalen und des Partikularen aus dem zeitgenössischen Diskurs entsteht.65
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Die UNESCO warb schon in den 1950er-Jahren bei ihren Mitgliedsstaaten für internationale Abkommen im Naturschutz und zum Schutz des „Erbes der Menschheit“. Es dauerte aber bis 1972, bis ein solches Abkommen zustande kam, und bis zum Ende der 1970er-Jahre, bevor die ersten Stätten ausgezeichnet wurden. Während des internationalen Verhandlungsprozesses wandelten sich mehrere Parameter. Hatte die UNESCO anfänglich vor allem auf Europa bezogen agiert, so erweiterte sie im Zuge der Dekolonialisierung ihren Blick. Sie strebte eine Internationalisierung von Kultur- und Naturgütern an, wobei europäische Ansprüche und Wertmaßstäbe vor allem informell durch „Entwicklungshilfeangebote“ verbreitet wurden. Sowohl die Abu-Simbel-Kampagne als auch die Förderung von Nationalparkgründungen lassen sich als späte zivilisationsmissionarische Projekte interpretieren. Sie waren durch die modellhafte Trennung von „Erster“, „Zweiter“ und „Dritter Welt“ geprägt – ein Modell, das die „Industriestaaten“ und die „Entwicklungsländer“ auf unterschiedlichen Zeitstufen einordnete. Daraus leiteten die Europäer und Nordamerikaner den Anspruch ab, über mehr Wissen zu verfügen und als Anwälte künftiger Generationen aufzutreten.
Hinsichtlich des Kulturerbes änderte sich im Laufe der 1960er-Jahre der Rahmen insofern, als die Cultural Studies, der (Post-)Strukturalismus und der Postkolonialismus die Annahme einer singulären, zwangsläufigen und gerichteten Entwicklung der Menschheitsgeschichte in Frage stellten. Das führte zu einer Pluralisierung des Kulturbegriffs. Die Festlegung eines „Welterbekanons“ erschien zunehmend problematisch; stattdessen rückte nun die Repräsentation aller Kulturen auf die Agenda. Den internationalen Naturschützern erschien dieses Verfahren nicht auf das Naturerbe übertragbar. Hier hatten der wachsende Einfluss eines von der Ökologie inspirierten Naturbegriffs und die Furcht vor einem unkontrollierten Bevölkerungswachstum evolutionäre Denkmuster tendenziell weiter verstärkt. Die zu schützenden Ökosysteme wurden dabei nach wie vor mehrheitlich in den „Entwicklungsländern“ verortet, weil dort, so die Experten, der schädliche Einfluss industriellen Wachstums noch nicht so verheerend gewirkt habe. Entsprechend stark blieb der paternalistisch-erzieherische Impetus. Dazu gehörte auch der Anspruch, alle Naturstätten von Welterbequalität in einem wissenschaftlich geordneten, exklusiven Kanon zusammenzufassen, um sie für künftige Generationen zu bewahren.
Die divergierenden Rationalitäten des Denkmalschutzes einerseits und des Umweltschutzes andererseits erzeugten im UNESCO-Welterbe ein unaufgelöstes Spannungsverhältnis. Sie haben dafür gesorgt, dass der Internationale Rat für Denkmalpflege das von ihm bestimmte Kulturerbe als eine repräsentative Sammlung des Erbes der aktuellen Weltkulturen anlegte, während die Weltnaturschutzunion für das Naturerbe ein globales Museum des Lebens als Wissensspeicher und Ressource für künftige Generationen anstrebte.66 Während der eine Zugang Vollständigkeit verlangte, was die Zahl der Kulturerbestätten stetig anwachsen ließ, war die Auswahl des Naturerbes auf eine überschaubare Zahl angewiesen, um glaubwürdig zu bleiben. Die Kritik am Welterbe hat oft hier angesetzt, ohne zu reflektieren, dass sie sich selbst aus einer der beiden Rationalitäten speist. Dadurch war und ist sie jedoch blind für das politische Potenzial, das gerade in einem nicht aufgelösten Spannungsverhältnis liegt, wenn es darum geht, Repräsentativität und Exklusivität zu einem Ausgleich zu bringen.
1 Reflection on the Future of the World Heritage Convention, World Heritage Committee, 34. Session, 25.7. – 3.8.2010, UNESCO-Archiv, WHC-10/34.COM/12 A, S. 2. Eine interaktive Karte aller Welterbestätten findet sich unter http://whc.unesco.org/en/list. Nicht alle im Folgenden zitierten Dokumente der UNESCO sind online verfügbar; in der Internet-Ausgabe dieser Zeitschrift sind diejenigen Quellen verlinkt, die direkt zugänglich sind.
2 Sophie Mühlmann, Streit um Weltkulturerbe löst Grenzkrieg aus, in: Welt, 8.2.2011.
3 Karlheinz Wöhler, Heritagefication: Zur Vergegenwärtigung des Kulturerbes, in: Kurt Luger/Karlheinz Wöhler (Hg.), Welterbe und Tourismus. Schützen und Nützen aus einer Perspektive der Nachhaltigkeit, Innsbruck 2008, S. 43-58.
4 Sarah M. Titchen, On the Construction of Outstanding Universal Value. UNESCO’s World Heritage Convention (Convention Concerning the Protection of the World Cultural and Natural Heritage, 1972) and the Identification and Assessment of Cultural Places for Inclusion in the World Heritage List, unpublished PhD thesis, Australian National University, Canberra 1995.
5 Mechtild Rössler, Weltkulturerbe und Globalisierung: Vom Weltwunder zum Erbe der Menschheit, in: Iris Schröder/Sabine Höhler (Hg.), Welt-Räume. Geschichte, Geographie und Globalisierung seit 1900, Frankfurt a.M. 2004, S. 235-257, hier S. 243.
6 Zum Begriff und seinen Facetten vgl. u.a. Astrid Swenson, „Heritage“, „Patrimoine“ und „Kulturerbe“: Eine vergleichende historische Semantik, in: Dorothee Hemme/Markus Tauschek/Regina Bendix (Hg.), Prädikat „Heritage“. Wertschöpfung aus kulturellen Ressourcen, Berlin 2007, S. 53-74.
7 Zum doppelten Gehalt des „Erbes“ vgl. Sigrid Weigel, Genea-Logik. Generation, Tradition und Evolution zwischen Kultur- und Naturwissenschaften, München 2006.
8 Michael Zürn, Regieren jenseits des Nationalstaates. Globalisierung und Denationalisierung als Chance, Frankfurt a.M. 1998, S. 329-364.
9 Vgl. Renate Mayntz/Fritz W. Scharpf, Der Ansatz des akteurzentrierten Institutionalismus, in: dies. (Hg.), Gesellschaftliche Selbstregulierung und politische Steuerung, Frankfurt a.M. 1995, S. 39-72.
10 Vgl. Peter M. Haas, Epistemic Communities and International Policy Coordination, in: International Organization 46 (1992), S. 1-35; Ulrich Prehn, Deutungseliten – Wissenseliten. Zur historischen Analyse intellektueller Prozesse, in: Karl C. Führer/Karen Hagemann/Birthe Kundrus (Hg.), Eliten im Wandel. Gesellschaftliche Führungsschichten im 19. und 20. Jahrhundert. Für Klaus Saul zum 65. Geburtstag, Münster 2004, S. 42-71.
11 Nikola Braun, Globales Erbe und regionales Ungleichgewicht: Die Repräsentativitätsprobleme der UNESCO-Welterbeliste, Hamburg 2007; Titchen, On the Construction (Anm. 4), S. 153-171.
12 Fernando Valderrama, A History of UNESCO, Paris 1995, S. 65-139.
13 Committee on Monuments, Artistic, Historical and Archaeological Sites, Summary Record 1. Session, 21.-25.5.1951, UNESCO-Archiv, UNESCO/COM.MON.3.4.
14 Ich benutze im Folgenden die Quellenbegriffe, weil der Begriff „postkolonial“ oder eine regionale Zuordnung die von den Zeitgenossen konstruierten Gruppen nicht adäquat erfassen.
15 Madeleine Herren, Governmental Internationalism and the Beginning of a New World Order in the Late Nineteenth Century, in: Martin H. Geyer/Johannes Paulmann (Hg.), The Mechanics of Internationalism. Culture, Society, and Politics from the 1840s to the First World War, Oxford 2001, S. 121-144; Johannes Paulmann, Reformer, Experten und Diplomaten. Grundlagen des Internationalismus im 19. Jahrhundert, in: Hillard von Thiessen/Christian Windler (Hg.), Akteure der Außenbeziehungen. Netzwerke und Interkulturalität im historischen Wandel, Köln 2010, S. 173-197.
16 Exemplarisch: Philipp H. Lepenies, Lernen vom Besserwisser. Wissenstransfer in der „Entwicklungshilfe“ aus historischer Perspektive, in: Hubertus Büschel/Daniel Speich (Hg.), Entwicklungswelten. Globalgeschichte der Entwicklungszusammenarbeit, Frankfurt a.M. 2009, S. 33-59; Niels P. Petersson, „Großer Sprung nach vorn“ oder „natürliche Entwicklung“? Zeitkonzepte der Entwicklungspolitik im 20. Jahrhundert, in: ebd., S. 89-112.
17 Christiane Desroches-Noblecourt/Georg Gerster, Die Welt rettet Abu Simbel, Wien 1968.
18 Hassan A. Fekri, The Aswan High Dam and the International Rescue Nubia Campaign, in: African Archaeological Review 24 (2007), S. 73-94; Torgny Säve-Söderbergh, Temples and Tombs of Ancient Nubia. The International Rescue Campaign at Abu Simbel, Philae and Other Sites, Paris 1987; Rössler, Weltkulturerbe (Anm. 5).
19 Vgl. UNESCO Courier 13 (1960) H. 5, S. 7; Bruce Mazlish, Civilization and its Contents, Stanford 2004, S. 91-111.
20 Vgl. etwa Dirk van Laak, Planung. Geschichte und Gegenwart des Vorgriffs auf die Zukunft, in: Geschichte und Gesellschaft 34 (2008), S. 305-326.
21 International Committee on Monuments, Artistic and Historical Sites and Archaeological Excavations, Report 6. Session, 3.-7.4.1956, UNESCO-Archiv, UNESCO/COM.MON.3.4/103, S. 4f.
22 Haas, Epistemic Communities (Anm. 10).
23 International Committee on Monuments, Artistic and Historical Sites and Archaeological Excavations, Summary Record 7. Session, 29.4. – 3.5.1957, UNESCO-Archiv, UNESCO/COM.MON.3.4/120; International Committee on Monuments, Artistic and Historical Sites and Archaeological Excavations, 7. Session, 29.4. – 3.5.1957, UNESCO-Archiv, UNESCO/COM.MON.6.44/115, Doc. 48; Executive Board, 84. Session, 22.4.1970, Item 5.3 of the Provisional Agenda: Possible International Instrument for the Protection of Monuments and Sites of Universal Value, UNESCO-Archiv, 84 EX/14; vgl. auch Titchen, On the Construction (Anm. 4), S. 49ff.
24 International Committee on Monuments, Artistic and Historical Sites and Archaeological Excavations, Summary Record 9. Session, 19.-22.5.1964, UNESCO-Archiv, UNESCO/COM.MON.3.4/165.
25 Titchen, On the Construction (Anm. 4), S. 51f., S. 75.
26 Meeting of Experts, 26.2. – 2.3.1968, UNESCO-Archiv, SCH/CS/27/8; Meeting of Experts, 21.-26.7.1969, UNESCO-Archiv, SHC/MD/4.
27 Recommendation Concerning the Safeguarding of the Beauty and Character of Landscapes and Sites, in: Records of the General Conference. 12. Session 1962, S. 139-142.
28 United Kingdom National Commission for UNESCO. Culture Advisory Committee, 3.3.1967, London, National Archives, OD 24/50.
29 Meeting of Experts, 26.2. – 2.3.1968 (Anm. 26); International Instruments for the Protection of Monuments, Groups of Buildings and Sites, Preliminary Report, 30.6.1971, Annex II, UNESCO-Archiv, SHC/MD/17.
30 Ebd.
31 Michel Batisse, Nature et Culture: Souvenirs d’un mariage... de convention(s), in: ders./Gérard Bolla, L’invention du „patrimoine mondial“, Paris 2003, S. 16f., S. 22f.; Titchen, On the Construction (Anm. 4), S. 52-62.
32 K.W. Dammerman/W. Eshuis/M.C. Bloemers, A World Convention on the Protection of Nature, UNESCO-Archiv, 502.7 A 06 (73) „49“ 18; Anna-Katharina Wöbse, „The World after all was one“: The International Environmental Network of UNESCO and IUPN, 1945–1950, in: Contemporary European History 20 (2011), S. 331-348.
33 Anna-Katharina Wöbse, Tourismus und Naturschutz – die internationale Dimension einer schwierigen Beziehung, in: Hans-Werner Frohn/Jürgen Rosebrock/Friedemann Schmoll (Hg.), „Wenn sich alle in der Natur erholen, wo erholt sich dann die Natur?“ Naturschutz, Freizeitnutzung, Erholungsvorsorge und Sport – gestern, heute, morgen, Bonn 2009, S. 185-205.
34 Russell E. Train, Politics, Pollution, and Pandas. An Environmental Memoir, Washington 2003, S. 141-145; Raymond F. Dasmann, Environmental Conservation, London 1971.
35 J.R. McNeill, The Environment, Environmentalism, and International Society in the Long 1970s, in: Niall Ferguson u.a. (Hg.), The Shock of the Global. The 1970s in Perspective, London 2010, S. 263-278; Roderick Frazier Nash, The Rights of Nature. A History of Environmental Ethics, London 1989, S. 55-86; Russell E. Train, The Environmental Record of the Nixon Administration, in: Presidential Studies Quarterly 26 (1996), S. 185-196.
36 Train, Politics (Anm. 34), S. 141-145.
37 Titchen, On the Construction (Anm. 4), S. 52-66.
38 Vgl. zu diesem Buch Sabine Höhler, Die Wissenschaft von der „Überbevölkerung“. Paul Ehrlichs „Bevölkerungsbombe“ als Fanal für die 1970er-Jahre, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 3 (2006), S. 460-464; dies., „Spaceship Earth“: Envisioning Human Habitats in the Environmental Age, in: Bulletin of the German Historical Institute 42 (Spring 2008), S. 65-85; vgl. auch Marc Frey, Experten, Stiftungen und Politik. Zur Genese des globalen Diskurses über Bevölkerung seit 1945, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 4 (2007), S. 137-159.
39 Dasmann, Environmental Conservation (Anm. 34), S. 440-456.
40 Moritz Csáky (Hg.), Speicher des Gedächtnisses. Bibliotheken, Museen, Archive: Absage an und Wiederherstellung von Vergangenheit. Kompensation von Geschichtsverlust, Wien 2000; Iris Schröder, Die Erde im Archiv. Das Projekt einer Humangeographie in Bildern, in: dies./Höhler, Welt-Räume (Anm. 5), S. 100-119.
41 Lynton Keith Caldwell, International Environmental Policy. Emergence and Dimensions, Durham 1990, S. 257-302; Barbara Genius-Devine, Bedeutung und Grenzen des Erbes der Menschheit im völkerrechtlichen Kulturgüterschutz, Baden-Baden 1996, S. 35-89; John Vogler, The Global Commons. Environmental and Technological Governance, Chichester 2000.
42 Lepenies, Besserwisser (Anm. 16).
43 Wöbse, Tourismus und Naturschutz (Anm. 33); Roderick P. Neumann, Africa’s ‚Last Wilderness‘. Reordering Space for Political and Economic Control in Colonial Tanzania, in: Africa 71 (2001), S. 641-665.
44 Batisse, Nature et Culture (Anm. 31), S. 17-30; Titchen, On the Construction (Anm. 4), S. 52-66.
45 Ebd.
46 Ebd.; International Regulations for the Protection of Monuments, Groups of Buildings and Sites, Final Report, 21.2.1972, UNESCO-Archiv, SHC/MD/18.
47 Gérard Bolla, Péripéties d’une gestation laborieuse, in: ders./Batisse, L’invention (Anm. 31), S. 71-99.
48 Convention Concerning the Protection of the World Cultural and Natural Heritage, Paris 1972; Titchen, On the Construction (Anm. 4), S. 65-68.
49 Ebd., S. 147-151.
50 Ebd., S. 69.
51 Convention Concerning the Protection (Anm. 48), S. 15; Item 23 of the Provisional Agenda, General Conference, 18. Session, Paris 1974, Initial Special Report submitted by Member States on the Action taken by them upon the Convention Concerning the Protection of the World Cultural and Natural Heritage, UNESCO-Archiv, 18 C/22; Bolla, Péripéties (Anm. 47), S. 90-93.
52 UNESCO-Archiv, CLT/WHC/168; vgl. auch Greg Buckman, Tasmania’s Wilderness Battles. A History, Sidney 2008.
53 General Assembly of States Parties to the Convention Concerning the Protection of the World Cultural and Natural Heritage, 1. Session, 26.11.1976, UNESCO-Archiv, SHC/76/conf.014/COL.9.
54 Für die Gesamtproblematik des regionalen Ungleichgewichts vgl. Braun, Globales Erbe (Anm. 11).
55 Intergovernmental Committee for the Protection of the World Cultural and Natural Heritage, 1. Session, 27.6. – 1.7.1977, UNESCO-Archiv, CC-77/CONF.001/9. Für die Langlebigkeit dieser Argumentation vgl. Birgitta Ringbeck, 16. Generalversammlung der Vertragsstaaten der Welterbekonvention, Oktober 2007, online unter URL: <http://www.unesco.de/kultur/bis-2009/16-generalversammlung-der-vertragsstaaten-der-welterbekonvention.html>.
56 Operational Guidelines for the Implementation of the World Heritage Convention, 1977, UNESCO-Archiv, CC-77/CONF.001/8 Rev.
57 Ebd.
58 Kulturerbestätten: Altstadt von Quito (Ecuador), Nationalpark L’Anse aux Meadows (Kanada), Felsenkirchen von Lalibela (Äthiopien), Aachener Dom (Bundesrepublik Deutschland), Altstadt von Krakau, Salzmine Wieliczka (Polen), Insel Gorée (Senegal), Nationalpark Mesa Verde (USA); Naturerbestätten: Nationalpark Galapagos-Inseln (Ecuador), Nationalpark Nahanni (Kanada), Nationalpark Simien (Äthiopien), Nationalpark Yellowstone (USA).
59 Bureau of the World Heritage Committee, 28.-30.5.1979, UNESCO-Archiv, CC-79/CONF.006/6.
60 The World’s Greatest Natural Areas. An Indicative Inventory of Natural Sites of World Heritage Quality, Gland 1982.
61 World Heritage Committee, 3. Session, 22.-26.10.1979, UNESCO-Archiv, CC-79/CONF.003/13; Comité du Patrimoine mondial, 6. Session, 13.-17.12.1982, UNESCO-Archiv, CLT-82/CH/CONF.015/8, S. 4; World Heritage Committee, 8. Ordinary Session, 29.10. – 2.11.1984, UNESCO-Archiv, SC/84/CONF.004/9.
62 Item 7 of the Provisional Agenda: Consideration of Nominations to the World Heritage List, World Heritage Committee, 3. Session, 23.-27.10.1979, UNESCO-Archiv, CC-79/CONF.003/3, S. 6.
63 Ebd., S. 11.
64 Vgl. etwa Helma Lutz/Kathrin Gawarecki (Hg.), Kolonialismus und Erinnerungskultur. Die Kolonialvergangenheit im kollektiven Gedächtnis der deutschen und niederländischen Einwanderungsgesellschaft, Münster 2005; Jan Eckel/Claudia Moisel (Hg.), Universalisierung des Holocaust? Erinnerungskultur und Geschichtspolitik in internationaler Perspektive, Göttingen 2008.
65 Zum Kriterium (vi) vgl. Babette Scurrell, Zwischen Kultur und Politik. Dokumente zum Weltkulturerbe, in: Walter Prigge (Hg.), Bauhaus Brasilia Auschwitz Hiroshima. Weltkulturerbe des 20. Jahrhunderts: Modernität und Barbarei, Berlin 2003, S. 303-309.
66 Es bleibt noch ein Desiderat, das Verhältnis zu den Diskursen über das Bevölkerungswachstum und die „Global Commons“ auf der einen Seite sowie über nachhaltige Entwicklung, Kulturdiversität und globalen Tourismus auf der anderen Seite auszuleuchten.