1. Rhythmus und Ordnung: Vorstellungen von
Schlaf, Natur und Leistung im Deutschland der 1930er-Jahre
2. Die „Geburt der Schlafforschung“ aus dem Krieg:
Schlafen und Arbeiten in Deutschland und den USA
3. Der Rhythmus wird vermessen:
Schlaf und Leistung in der Bundesrepublik der 1950er-Jahre
4. Fazit
Jenseits von Industrie und Großstadt:
Landarbeiterinnen in Tiefenbrunn (südlich von Magdeburg) beim Mittagsschlaf auf der Wiese, 1920er-Jahre
(bpk/Friedrich Seidenstücker)
„Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das die Fähigkeit hat, in selbstherrlicher, willensbestimmter Weise sich aus den für alle anderen Geschöpfe gültigen Lebensrhythmen und natürlichen Verbundenheiten herauszulösen und damit sich menschliche Kultur und Zivilisation zu schaffen“, schrieb der in Wyk auf Föhr tätige „Naturarzt“ Carl Haeberlin 1934. Doch diese Fähigkeit des Menschen, sich einen eigenen Rhythmus und damit Kultur und Zivilisation zu schaffen, habe ein „Doppelantlitz“: Sie bringe „die Möglichkeit des tatbereiten Schaffens“ ebenso mit sich wie eine „verhängnisvolle Lebenszerstörung“.1
Als Haeberlin diese Sätze formulierte, hatte die Suche nach den Rhythmen des Lebens in der deutschen Öffentlichkeit gerade an Relevanz gewonnen. In Fachzeitschriften, Magazinen und populären Ratgebern waren seit dem Ende der 1920er-Jahre zahlreiche Artikel dazu erschienen. Das zentrale Beispiel für die rhythmischen „natürlichen Verbundenheiten“, aus denen der Mensch sich herauslösen konnte und auch herausgelöst hatte, war der Schlaf. Die Bedingungen für das Schlafen hatten sich vor allem durch einen neuen Umgang mit Tag und Nacht verändert: Die Elektrifizierung der Städte und Fabrikhallen, die Mechanisierung der Arbeit, der neue Lebensrhythmus der Urbanisierung, neue Formen des Massenvergnügens, neue Medien und neue Verkehrssysteme hatten im Laufe eines Jahrhunderts zumindest in größeren Städten die „Nacht zum Tag“ gemacht. Nachts wurde nicht einfach nur geschlafen; nachts wurde nun gefeiert und konsumiert, gearbeitet und produziert.2
Damit schien die zweite, dunkle Hälfte des Tages gewonnen für „tatbereites Schaffen“. Zugleich nahmen die Zeitgenossen diese Auflösung einer scheinbar natürlichen Einteilung des Lebens in „Tag“ und „Nacht“ aber auch als Bedrohung wahr. Wie kaum ein anderes Thema boten sich der Schlaf und seine Störungen (im Extremfall die „Schlaflosigkeit“) dazu an, die Konflikte und Ambivalenzen der modernen Welt zu verhandeln und zu behandeln. Hier trafen „Natur“ und „Kultur“ direkt aufeinander, gerieten in Konkurrenz, in Konflikt.
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Die Debatten in den Jahren um 1930 waren nur ein Anfang der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Schlaf und seinem Rhythmus. Zwar waren das Schlafen und Ermüden zu scheinbar sehr privaten, „relativ autonom, außerhalb der Arbeitszeit erfahrbaren Körperzuständen“ geworden.3 Doch der Schlaf war von entscheidender gesellschaftlicher Bedeutung, wenn es um die Organisation des Alltags und der Arbeit ging, um die Etablierung von Zeitstrukturen, die Reproduktion der Arbeitskraft sowie die Leistungs-, Lebens- und Glücksfähigkeit des Einzelnen. War der je individuelle Schlaf gestört, aus dem Rhythmus gebracht, funktionierten Körper und Seele im Privaten nicht wie gewünscht, so war letztlich die alltägliche Leistungsfähigkeit der gesamten Gesellschaft bedroht. Nicht zufällig spielten die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs daher eine wichtige Rolle in der Geschichte des Schlafs: Die Behandlung der Schlaflosigkeit müsse nun „zu einem Programm [werden], welches alle Seiten des Alltagslebens umfaßt“,4 forderten „Schlafratgeber“ wie Max Edwin Bircher 1943.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelte sich eine Kultur ganz unterschiedlicher „Schlafexperten“ und „Schlafratgeber“, die den Schlaf erforschten und seinen „richtigen“ Rhythmus zu finden versuchten. Die Regeln, die den Schlaf des Einzelnen bestimmten, waren in hohem Maße geprägt von den jeweiligen Phantasien und Ideologien dieser Experten, die zahlreiche populäre Schriften und Artikel verfassten, aber auch als praktizierende Ärzte, Psychiater, Pädagogen und sachverständige Wissenschaftler wirkten und den Schlaf optimieren wollten. Eine Historisierung des Schlafrhythmus bietet so die Gelegenheit, die „Kulissen des gesellschaftlichen Lebens“5 beiseite zu schieben und zu erforschen, wie Arbeitgeber, Sozialplaner, Ärzte und Psychologen auf den Körper und die Zeit des Individuums zuzugreifen versuchten.
Anhand von fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen und Diskussionen, aber auch von populären Ratgebertexten wird in einem ersten Schritt untersucht, wie und warum der Rhythmus des Schlafs seit Ende der 1920er-Jahre zu einem Thema in Wissenschaft und Öffentlichkeit wurde. In einem zweiten Schritt geht es um die Veränderungen, die der Zweite Weltkrieg im Umgang mit dem Schlaf bewirkte. Der entscheidende Bruch in der Mitte der 1950er-Jahre, der das schlafende und arbeitende Individuum zum Gegenstand einer modernen Schlafforschung und neuer Schlafregeln machte, wird in einem dritten Schritt untersucht. Auch wenn das Thema zahlreiche Ansatzpunkte für einen internationalen Vergleich und für transnationale Forschungen bietet, soll hier zunächst die Geschichte des Schlafs in Deutschland im Mittelpunkt stehen. Am Beispiel der USA werden zudem wichtige transatlantische Aspekte einbezogen.
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1. Rhythmus und Ordnung:
Vorstellungen von Schlaf, Natur und Leistung im Deutschland der 1930er-Jahre
In der zweiten Hälfte der 1920er-Jahre hatten deutsche Physiologen damit begonnen, nach dem Rhythmus des Schlafs und dem Rhythmus der Natur zu suchen. Als eine der ersten „Rhythmusforscherinnen“ hatte Rose Stoppel die „tagesperiodischen Erscheinungen bei Pflanzen“ untersucht und festgestellt, dass Bohnen, die schon als Keimlinge in dauernder Nacht und bei gleicher Temperatur gehalten wurden, sich in ihrem Stoffwechsel nach dem für sie ja eigentlich kaum wahrnehmbaren Tag-und-Nacht-Rhythmus richteten. Dabei „schliefen“ auch Bohnen, die als Saatgut aus Amerika oder Japan gekommen waren, in Deutschland nach dem europäischen Rhythmus. Man könne sich angesichts dieser Ergebnisse des Eindrucks nicht erwehren, so Stoppel, „daß der Stoffwechsel aller Organismen durch einen äußeren physikalischen Faktor zeitlich reguliert wird“.6
Eine ganz andere Beobachtung über den „natürlichen Rhythmus“ des Schlafs hatte der damals wohl bekannteste deutschsprachige „Schlafforscher“ Constantin von Economo gemacht: Im „Laufe der Entwicklung“, so schrieb er 1929, löse sich der menschliche Rhythmus offenbar vom Rhythmus des Lichts, von Tag und Nacht also, und werde zu „eigenperiodischen Schwankungen der Lebensfunktionen des Organismus“,7 die auf noch unbekannte Weise vom menschlichen Körper selbst gesteuert würden.8 Konnte sich der Mensch tatsächlich als einziges Lebewesen frei machen von dem „physikalischen Faktor“, der alle anderen Organismen zu steuern schien?
Wie der „natürliche Rhythmus“ aussah, konnten Physiologen Ende der 1920er-Jahre nicht einmal in Ansätzen beantworten, aber sie hatten sich auf die Suche gemacht nach dem Schlafrhythmus von Bohnen, von Tieren, auch von einzelnen Organen des menschlichen Körpers.9 Während die Wissenschaft sich vom Erkenntnisstand des 18. Jahrhunderts zu lösen begann, entwickelten sich gleichzeitig auch bei den selbsternannten Schlafexperten und populären Schlafratgebern neue Vorstellungen davon, wie der Rhythmus des Schlafs zu verstehen, zu organisieren und zu verbessern sei.
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Die Vorstellung, dass dieser Rhythmus zumindest für den Menschen nicht naturgegeben und unveränderlich sei, schien ganz neue Möglichkeiten zu eröffnen, den menschlichen Körper an neue ökonomische und gesellschaftliche Verhältnisse anzupassen. Der Mensch sei bisher nur „aus Zweckmäßigkeit und sozialer Übereinkunft dem Wechsel von Tag und Nacht“ gefolgt, schrieb der schlesische Sozialreformer Max Grünewald 1930. „Wenn es nämlich Beruf oder Pflicht bestimmen“, fuhr er fort, könne der Mensch „am Tage schlafen und nachts tätig sein und zwar meist ohne Störung der Gesundheit.“10 Ähnlich wie Grünewald war auch der Verfasser der Schrift „Die Unabhängigkeit von der Natur“, Emil Lenk,11 ganz offensichtlich fasziniert von solchen Möglichkeiten: Durch Training könne der Mensch Phasen des „unnötigen Luxusschlafs“ verringern und den auf vier Stunden reduzierten, effizienten „Bedürfnisschlaf“ wählen. Man müsse eben, forderte Lenk, unterscheiden zwischen der puren Arbeitsunlust „und der prinzipiellen Fähigkeit, Arbeit zu leisten, wenn es gelingt, auf irgendwelche Weise die Schläfrigkeit zu überwinden“.12
Als Lenk und Grünewald diese Phantasien von der Überwindung alter Grenzen der Arbeitsorganisation und Arbeitsleistung formulierten, befand sich die Welt der Arbeit in einem grundlegenden Wandel. Vor allem die 1911 veröffentlichten Ideen von Frederick Winslow Taylor zum „Scientific Management“ hatten ein neues Nachdenken über Leistungsfähigkeit, Produktivität, „Müdigkeit“ und Zeiteinteilung angeregt.13 Taylors Ideen waren Ausdruck einer weitgreifenden „Rationalisierungs-Kultur“,14 die alle Bereiche des Lebens umfasste und den Menschen als „Problem- und Interventionsfeld“15 wissenschaftlicher Sozialpolitik entdeckte. Die forcierte Rüstungsproduktion während des Ersten Weltkriegs hatte die Grenzen der Leistungsfähigkeit der Arbeitenden aufgezeigt, und im Anschluss an erste Untersuchungen während des Kriegs konnte sich dann im Laufe der 1920er-Jahre in Deutschland die Disziplin der „Arbeitsphysiologie“ fest etablieren, die sich vor allem mit dem Phänomen der „Ermüdung“ beschäftigte.16 Die neuen Experten griffen auf die Ansätze des Taylorismus zurück und bemühten sich um die Optimierung von Arbeitsabläufen. Sie versuchten, den menschlichen Körper zu vermessen, einzupassen und effizient zu nutzen, forderten aber auch eine stärkere Einbeziehung medizinischen Wissens, um schädlichen „Raubbau“ am menschlichen Körper und der deutschen „Volkskraft“ zu verhindern.17
Die Verwissenschaftlichung des Arbeitsprozesses, die die Messung, Taktung und „Optimierung“ von Arbeit vorantrieb, ging Hand in Hand mit sozialen Veränderungen und technischen Fortschritten, die dazu beitrugen, dass der Rhythmus des Alltagslebens und der Arbeit zu einem wichtigen Thema wurde. Der Prozess der Industrialisierung und Urbanisierung hatte im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts die alltäglichen Zeitstrukturen vor allem in den wachsenden Großstädten gewandelt. Fabriksirenen, Fahrpläne und Ladenöffnungszeiten gaben nun neue Zeitmuster vor.18 Akkordarbeit, Zeitmessungen in der Arbeitsphysiologie und die ab 1924 vermehrt eingeführte Fließbandproduktion machten Rhythmen und Zeiteinheiten zu wichtigen Bestandteilen des Arbeitsalltags.19
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Zudem löste sich die Grenze zwischen Tag und Nacht immer mehr auf: Mit der Erfindung der Wolfram-Glühlampe und dem Ausbau der Stromnetze wurde die nächtliche Beleuchtung von Fabriken, aber auch von öffentlichem und privatem Raum vor allem in den Großstädten seit der Jahrhundertwende verfügbar und rentabler.20 Der intensive Streit um die Reduzierung der Arbeitszeit und die Einhaltung des Achtstundentags, der Mitte der 1920er-Jahre einen Höhepunkt erreichte, machte auch ein Nachdenken über die Organisation von Schicht- und Nachtarbeit notwendig.21
Nicht alle glaubten dabei jedoch wie Lenk und Grünewald an die grenzenlose Flexibilität und Optimierbarkeit des Menschen. Die Diskussionen um den Rhythmus des Schlafs, die in Deutschland in der zweiten Hälfte der 1920er-Jahre aufbrachen, zeigen vielmehr, dass eine tiefgreifende Verunsicherung über die „richtigen“ Lebensrhythmen und damit auch über die Schlafrhythmen entstanden war. Angesichts der weltweiten Krisenerfahrungen habe sich, so sahen es etwa die Mediziner Pilling und Kirchner 1934, eine „Pathologie des Krisenmenschen“ herausgebildet, zu deren Grundzügen auch eine ganz neue Form weitverbreiteter Schlaflosigkeit gehöre.22 Aus dem „Einzelschicksal“ der Schlafstörung sei ein „Massenschicksal“ geworden, warnte im selben Jahr der Wiesbadener Nervenarzt Mörchen,23 und der Schlafmediziner Breuninger stellte fest, dass nun Leute über Schlaflosigkeit klagten „aus Schichten, in denen man sie sich vor Jahren hat noch nicht denken können: Arbeiterschaft, Bauerntum usw.“24
Diese verbreiteten Störungen des Schlafs seien eine Folge der „Rhythmusstörungen“25 – darin waren sich Ratgeber, praktische Ärzte und Psychiater einig. Durch die Loslösung von den als natürlich betrachteten Rhythmen und „Verbundenheiten“ gingen die „Zusammenhänge zwischen Mensch und Weltganzem“26 und damit die Grundlagen eines erfüllten und geordneten Lebens verloren. Die Rückkehr zu natürlichen Zeitmustern sei vor allem für den Städter „oberstes Gebot zur Erhaltung seines gesunden Schlafes“,27 forderte etwa der Sanitätsrat Ludwig Hirsch 1936. Diese Rückkehr war mit klaren Ansagen verbunden: „Je natürlicher wir leben“, hatte der praktische Arzt F. Gutmann schon 1926/27 festgestellt, „desto pünktlicher stellt sich das Schlafbedürfnis zur rechten Zeit, nämlich zwischen 8 und 9 Uhr abends, ein und ist dann oft schon zwischen 4 und 6 Uhr morgens befriedigt, so daß wir um diese Zeit neugestärkt erwachen.“28
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Dass viele Vorschläge für gesunden Schlaf gerade aufgrund solcher konkreten Zeitangaben für weite Kreise der Bevölkerung nur schwer anwendbar waren, schien dabei weder die Ideengeber noch das lesende Publikum zu stören. Karriere machte in den 1930er-Jahren sowohl in Fachkreisen als auch in populären Ratgebern unter anderem die von Theodor Stöckmann entwickelte Lehre der „Naturzeit“, die ein rigides, kaum alltagstaugliches Schlafregime einforderte. Stöckmann war der Überzeugung, „daß von der Urnatur aus, wie alles in der Welt auch die Schlafzeit des Menschen als Gliedes der Natur streng naturgesetzlich geregelt sein müsse“.29 Die optimale Schlafzeit folge dem Sinken und Aufsteigen der Sonne – wer „naturzeitlich“ schlafen wollte, musste nach Stöckmann kurioserweise in Deutschland der jeweiligen „Orts- oder Sonnenzeit“ entsprechend gegen 19 Uhr ins Bett gehen und dann bereits vor Mitternacht wieder aufstehen.30
Doch selbst dieses „Aussteigerszenario“, das jeder Eintaktung in einen industriellen Alltag und in die rationalisierte Welt der Arbeit widersprach, aber auch mit sonstigen sozialen Zusammenhängen schwerlich harmonierte, konnte sich den Phantasien des „tatbereiten Schaffens“ nicht entziehen: Maßstab für den „richtigen“, naturzeitlichen Schlaf blieb die Leistungsfähigkeit. Dank der neuen „Rhythmisierung“, versprach Stöckmann, könne der „Naturzeitschläfer“ den ganzen „Tag“ von 0 bis 19 Uhr munter und gekräftigt arbeiten. „In jedem Fall handelt es sich ja nicht um eine Vergrößerung der eigenen Bequemlichkeit, sondern um die Möglichkeit, bei richtigem Einsatz der Körperkräfte mehr Leistung zu erzielen“,31 verteidigte auch der Naturzeitschläfer Rudolf Leutinger 1939 seinen eigenwilligen Tages- und Nachtrhythmus. Um Konflikte im Alltag zu vermeiden, die das produktive und gesunde Leben nach der „Naturzeit“ mit sich brachte, träumten Naturzeitschläfer gar von einem „Schlafkurort“, der ganz nach ihren Regeln funktionieren sollte.32
„Richtig“ zu schlafen schien zwar auf der einen Seite der Unbill der Moderne, den Erfahrungen von Entfremdung und Abhängigkeit einen Riegel vorzuschieben: Für wenige, geordnete Stunden konnte der Schlafende der modernen Welt entkommen und, so die Phantasie, zu seinen Wurzeln zurückkehren. Auf der anderen Seite war aber eben diese Idee des Aussteigens, der „Gegenwelt“ und der anderen Rhythmen geprägt von dem Versuch, sich in der materiellen Wach-Welt zu behaupten, sie zu beherrschen und sich zu unterwerfen: Denn der Schläfer sollte ausgeruht und leistungsfähig in die moderne Gesellschaft und in das Arbeitsleben zurückkehren und so zu Produktivität und Fortschritt beitragen. „Richtig“ zu schlafen bedeutete, „natürlich“ und dabei „effektiv“ zu schlafen – die Utopie einer Versöhnung von Natur, Kultur und Ökonomie.
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2. Die „Geburt der Schlafforschung“ aus dem Krieg:
Schlafen und Arbeiten in Deutschland und den USA
Schlafender Wehrmachtssoldat im Zweiten Weltkrieg
(Sowjetunion, um 1942)
(bpk/Günther Thiede)
Entscheidende Veränderungen für den Rhythmus des Alltagslebens und auch des Schlafs brachte der Zweite Weltkrieg mit sich. Seit Kriegsbeginn intensivierten sich nicht nur die Bemühungen, für die kämpfende deutsche „Volksgemeinschaft“ adäquate Schlafregeln zu finden, zu definieren und zu verbreiten; der Krieg veränderte zugleich die Organisation des Schlafs. Die Soldaten an der Front waren einem „täglichen Massenexperiment“ ausgesetzt: Wachestehen, dauernde Anspannung, nächtliche Gefechte und Angriffe verhinderten jeden regelmäßigen Nachtschlaf; dies brachte Angstzustände und massive Schlafstörungen mit sich.33 Doch die Propagierung eines regelmäßigen, ruhigen Nachtschlafs war während des Kriegs auch für große Teile der Bevölkerung in Deutschland mit ihren alltäglichen Erfahrungen unvereinbar. Die Bewohner der Städte wurden nachts immer wieder vom Bombenalarm aus den Betten gerissen, und die Rüstungsproduktion kam ohne Nacht- und Spätschichten nicht mehr aus. Schon seit Mitte der 1930er-Jahre hatte im Zuge der Aufrüstung zudem eine rasante Ausweitung der Fließbandfertigung das Tempo der Arbeit in vielen Bereichen weiter erhöht.34
In dieser Situation verbreitete sich die These, die Reduzierung und Optimierung des Schlafs sei allein dem Willen des Schläfers unterworfen. Die „Rückkehr“ zum „natürlichen“ Rhythmus wurde nicht mehr so prominent propagiert; vielmehr ging es jetzt um „Härte“ im Umgang mit sich selbst. Der überflüssige „Luxusschlaf“ wurde in den späten 1930er-Jahren in allen „volkshygienischen“ Zeitschriften und Magazinen in Deutschland als „Schlafmast“ angeprangert: „Die meisten Menschen dieses Jahrhunderts schlafen genau so übermäßig viel, wie sie in früheren Zeiten übermäßig gegessen haben“,35 so formulierte es die Psychologin Charlotte Köhn-Behrens 1937 in ihrem Werk „Du bist Dein Schicksal“, zu dem Matthias Heinrich Göring das Vorwort verfasst hatte.
Schlafgewohnheiten seien, so W. Greiser 1939 in der Zeitschrift „Volksheil“, „letzten Endes durchaus unserem Willen unterstellt“, und sie müssten in den nun anbrechenden Zeiten anders gehandhabt werden „als zum Vorteil des eigenen Wohlbefindens“. Man habe schließlich schon im vorigen Krieg beobachten können, „daß man aus der Lage der Verhältnisse heraus oftmals nur eine halbe Stunde stehend zu schlafen brauchte, um genau so gekräftigt zu sein wie zu normalen Zeiten nach stundenlangem Schlaf“.36 Der nationalsozialistische Staat, das war in Heinrich Nelsons viel verkauftem Ratgeber „Der gesunde Schlaf“ zu lesen, biete die einmalige Chance, dem „Komfortismus“ und der „Treibhauskultur“ des modernen Zeitalters zu entkommen und vor allem durch die „Pflege der Erbgesundheit“ wieder harte, kräftige Menschen zu erziehen, die dann auch gesund und effizient schlafen könnten.37
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Die Vorstellung vom gesunden, natürlichen, „reduzierten“ Schlaf der späten 1920er-Jahre öffnete ohne große Neu- oder Umdeutungen einer rassistischen und eugenischen Gedankenwelt Tür und Tor, und auch die Ideen vom Sich-Einfügen in ein organisches Ganzes boten zahlreiche Anknüpfungspunkte für völkische und nationalsozialistische Ideen. Gleichzeitig konnten die Phantasien vom Schlaf das „tatbereite Schaffen“ in einer „modernen“ Zukunft mit der nationalsozialistischen Gegenwart verbinden. Bekanntheit erlangten vor allem die Ratschläge des Stuttgarter „Schlafarztes“ Manfred Breuninger, der in Bad Cannstatt eine „Nachtklinik für Schlafgestörte“ errichtet hatte. Im Sommer 1941 proklamierte Breuninger, er könne den „Um- und Einsturz wuchtiger Anteile der gesamten alten Schlafkultur“ verzeichnen.38 Dieser Umsturz, so Breuninger, entferne den Menschen aber keineswegs weiter von der „Natur“ und dem Kosmos. Im Gegenteil liege gerade in der Ablösung von der „Scheinnotwendigkeit“ des Nachtschlafs eine Möglichkeit, zu größerer Harmonie zu finden: Denn schließlich, argumentierte er ähnlich wie Economo 1929, kenne der Mensch von Beginn an eine „Eigenrhythmik“; die Bindung des Schlafs an die Nacht sei eine rein kulturelle Prägung.
Die Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft und die Auswirkungen des neuen Kriegs sah Breuninger nun als „Katalysator“ auf dem Weg zum genuin menschlichen „Schichtschlaf“. Die erstrebenswerte Schichtschlafkultur sei eine zwangsläufige Folge der „anerkannten, ja für dringlich befundenen Schichtarbeit“. Es gelte jetzt, allen „Volksgenossen“ die Bilder vorzuhalten von den „tapferen Gegenwarts- und eigentlichen Zukunftsmenschen“, die imstande seien, „treu Tag um Tag ihr nötiges Stück Schlaf, oft zu beliebiger Stunde, zusammenzuraffen und mit dem erreichbaren Quantum auszukommen, ja kerngesund sich selbst und der Gemeinschaft eine sichere wertvolle Berufsleistung zu bieten“.39
Obwohl sich die Diskussionen um den „richtigen“ Schlaf und um die Anpassung des Schlafrhythmus in der populären deutschen Ratgeberliteratur während des Zweiten Weltkriegs zunächst intensivierten, verfolgten deutsche Physiologen die ersten Ansätze der Rhythmusforschung in diesen Jahren nur sehr eingeschränkt weiter.40 Mit der Ausrichtung der Physiologie auf die im Krieg benötigte „Leistungsmedizin“ spielte der Schlaf lediglich am Rande noch eine Rolle; es ging nun vor allem um Leistungssteigerung und um das „Wachsein“.41 Die Wehrmacht setzte den „Wachmacher“ Pervitin ein, der die Soldaten munterer und leistungsfähiger machen sollte.42 Physiologen und Ärzte „erforschten“ auch im Auftrag des Militärs die Grenzen menschlicher Leistungs-fähigkeit sowie die Wirkung von Aufputschmitteln wie Pervitin und Kokain in Menschenversuchen an KZ-Häftlingen.43
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Das Wissen über den Schlaf erweiterte sich währenddessen vor allem in den USA. Das auf Materialschlachten konzentrierte US-amerikanische Militär entdeckte den Schlaf des Soldaten zwar erst am Ende des Zweiten Weltkriegs als zentrales Thema, doch in den Vereinigten Staaten war in diesen Jahren Raum genug für physiologische Grundlagenforschung, die auf den ersten Blick kaum „relevant“ erschien. Zunächst von vielen belächelt, hatte der „Vater der modernen Schlafforschung“,44 Nathaniel Kleitman, damit begonnen, den Schlaf zu untersuchen und zu vermessen. Durchaus in Anlehnung an die Arbeiten deutscher Physiologen war auch er auf der Suche nach „Zeitgebern“, die den Rhythmus von Schlafen und Wachen bestimmten.45
Auszug aus dem Schlaftagebuch von Nathaniel Kleitmans Frau Esther, das er über Jahre hinweg führte – hier die Monate Dezember 1937 und Januar 1938
(Special Collections Research Center, University of Chicago Library, Nathaniel Kleitman Papers, Box 3, Folder 8)
In den 1930er-Jahren hatte sich Kleitman noch angestrengt nach Geldquellen umtun müssen: Unter anderem musste er den Fonds der Wander Company anzapfen und seinen Versuchspersonen allabendlich deren Produkt Ovomaltine verabreichen, um Geräte und Versuchspersonen bezahlen zu können.46 Im Laufe des Zweiten Weltkriegs stießen Kleitmans Forschungen jedoch auf immer größeres Interesse. Im März 1942 hatte er eine erste Denkschrift verfasst, in welcher er der US Army und vor allem Abteilungen der Navy „Suggestions for improving readiness for combat and increasing efficiency to performance“ zukommen ließ.47 Seine Vorschläge zur veränderten Einteilung der Wachschichten fanden zu diesem Zeitpunkt noch keine Resonanz, doch dafür griffen andere seine Ideen gleich auf: Die US-amerikanische Wirtschaft brauchte spätestens mit Kriegseintritt im Dezember 1941 maximale Produktionsergebnisse in der „defense industry“,48 und der Schlaf war in diesem Zusammenhang zu einem Problem geworden.
Schlafwerbung des US-amerikanischen Public Health Service während des Zweiten Weltkriegs (1942)
(National Library of Medicine)
Die Notwendigkeit, „to keep the plants going twenty-four hours a day, seven days per week“,49 änderte die „sleep habits“50 von Millionen von Amerikanern. Bereits im Sommer 1942 waren rund 4 Millionen Familien von Nachtarbeit betroffen, und 40 Prozent der in der Rüstungsindustrie Beschäftigten lebten „upside down“.51 Diese Nachtarbeit, so beschrieb es ein Bulletin des United States Department of Labor im Sommer 1942,52 bedrohe das Alltagsleben der Arbeiter, Arbeiterinnen und ihrer Familien, vor allem aber ihre Gesundheit und ihre Leistungsfähigkeit.53 Nachtarbeiter müssten in der Phase der Nachtschicht am helllichten Tag schlafen, während um sie herum das Leben laut und munter weitergehe. Am Freitagmorgen wechsele der Nachtarbeiter dann für vier Tage in den „regulären“ Tagesablauf, „his routine does a flip flop when he tries to fit in with the week-end schedule of his wife and children“, so beschrieb es eine Studie 1942.54 Ein solcher ständiger Wechsel stelle die Gesundheit und Belastbarkeit der Betroffenen auf eine harte Probe, und die wachsenden Schwierigkeiten in der Organisation des Schlafens hätten auch Auswirkungen auf die Produktion. Ein „sleepy war worker“ sei schließlich, so formulierte es der Schlafexperte Kleitman, „inefficient and likely to harm himself and his machine, but is a big help to the enemy“.55
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In dieser Situation wurden die scheinbar randständigen Forschungen Kleitmans und seiner Kollegen nützlich und anwendbar, denn ihre Ergebnisse schienen zu belegen, dass der menschliche Schlaf- und Wachrhythmus variabel sei.56 In ihrem wohl bekanntesten Experiment hatten Kleitman und seine Forschergruppe versucht, ihre Körper auf einen 21- bzw. 28-Stunden-Rhythmus umzustellen, indem sie 1938 für fünf Wochen in die Mammoth Cave zogen, eine „Forschungshöhle“ der Universität Chicago.57 Unabhängig von Licht und Temperaturschwankungen wollten sie dort ihren Rhythmus finden bzw. verändern. Auch wenn Kleitman selbst im Gegensatz zu seinem Kollegen Bruce Richardson mit der Anpassung an die veränderten Bedingungen zu kämpfen hatte,58 zogen die Forscher einen eindeutigen Schluss aus ihren Versuchen: Der menschliche Körper könne durchaus einen eigenen Rhythmus entwickeln; unabhängig von irgendwelchen „cosmic forces“59 „lerne“ der Mensch das Schlafen von seiner Umwelt. Er richte sich dabei in der Regel deswegen nach Tag und Nacht, weil er nun einmal geboren werde „into a world which is run on the routine of a daytime work, evening leisure and night sleep“.60 Durch Sozialisation also werde der Nachtschlaf erst zur scheinbar allgemeingültigen „Natur“.
Das war eine entscheidende These, denn mit der Möglichkeit, den Rhythmus des Schlafs zu verändern, ergaben sich neue Fragen und vor allem neue Einsatzgebiete für die Schlafforschung. Das Wissen vom Schlaf konnte, wie es die deutschen Experten um 1930 bereits versucht hatten, nun ganz konkret angewendet werden auf die ökonomischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse, die die Forscher in der Gesellschaft ausmachten. Kleitman schlug 1942 unter anderem vor, die Arbeiter zumindest in einigen Branchen nach einem Dreischichtsystem zu beschäftigen, das jedem von ihnen einen kleinen Anteil am Nacht- bzw. Alltagsleben ermöglichen werde.61 Außerdem empfahl er, die Schichten nicht wöchentlich, sondern nur alle vier Wochen zu wechseln, damit der Körper den neuen Rhythmus „lernen“ könne.62
Zwar wurden Kleitmans Vorschläge nur in wenigen Betrieben umgesetzt, aber immerhin leistete damit in den frühen 1940er-Jahren erstmals ein „Schlafexperte“ einen konkreten Beitrag zur Organisation von Arbeit. Der Schlaf war durch den Krieg und durch ökonomische Veränderungen zu einem wichtigen Thema geworden. Kleitman und andere frühe US-amerikanische Schlafexperten gewannen ihre Erkenntnisse in Auseinandersetzung mit dem Lebens- und Arbeitsalltag, und sie bemühten sich erfolgreich darum, das Wissen vom Schlaf als „practical considerations“63 in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft anwendbar zu machen. Schlafforscher wurden nun unterstützt und finanziert; sie arbeiteten nach dem Krieg intensiv mit dem Militär und der Industrie zusammen,64 um die Reproduktion der Arbeitskraft durch den „richtigen“ Schlaf zu gewährleisten. Ihre Forschungen veränderten das Wissen vom Schlaf,65 aber auch den gesellschaftlichen Umgang mit dem Schlaf entscheidend.
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Aus den Aufzeichnungen, die Nathaniel Kleitman während eines mehrmonatigen Forschungsaufenthalts mit seiner Familie im Polartag in Tromsø/Norwegen 1951 zusammengestellt hat
(Special Collections Research Center, University of Chicago Library, Nathaniel Kleitman Papers, Box 3, Folder 8)
3. Der Rhythmus wird vermessen:
Schlaf und Leistung in der Bundesrepublik der 1950er-Jahre
Es dauerte einige Jahre, bis die Ideen und Ergebnisse der US-amerikanischen Schlafforscher, vor allem Nathaniel Kleitmans, nach Westdeutschland kamen. Die Schlafratgeber der 1950er-Jahre blieben in der Bundesrepublik zunächst dem Wissensstand und in gewissem Maße auch den ideologischen Grundsätzen der Vorkriegszeit verhaftet.66 Dabei schien in der Geschichte des Schlafs und vor allem der Schlaflosigkeit eine neue Zeit angebrochen zu sein: Zahlreiche Zeitungsartikel, kleine Schriften und komplette Bücher beklagten diese „Seuche unserer Zeit“.67 Das Allensbacher Institut für Demoskopie und die Zeitschrift „Medizinische Klinik“ lieferten nun auch Zahlen, die eine verbreitete Schlaflosigkeit zu belegen schienen: Ein knappes Viertel aller „älteren Bundesbürger“ klagte über Schwierigkeiten beim Einschlafen, aber auch in der Altersgruppe unter 30 Jahre gaben immerhin 12 Prozent an, Schlafstörungen zu haben. Lediglich 55 Prozent der Befragten hatten „keine Beschwerden“, und 23 Prozent meinten, „es ginge gerade an“.68
Die allgemeine Wahrnehmung einer wachsenden Schlaflosigkeit führte zur Veröffentlichung einer ganzen Flut von Ratgebern und „helfenden“ Texten. In der Analyse der Gründe für die „Seuche“ Schlafstörungen waren sich beinahe alle Autoren, die meisten von ihnen praktische Ärzte, einig. Schlaflosigkeit und Alpträume wurden dabei nur in Nebensätzen mit den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs und dem Wissen um die Verbrechen des Nationalsozialismus in Verbindung gebracht.69 Vielmehr wurde die nahe deutsche Vergangenheit in den Debatten um den Schlaf beinahe vollkommen ausgeblendet; als „schlafstörend“ wurden vor allem die Jahre der Besatzung und des Wiederaufbaus beschrieben. So sprach etwa Wilhelm Jansen 1951 in seinem Büchlein „Schlafe gesund“ auf typische Weise ganz unbestimmt von der „schweren seelischen Belastung unseres Volkes“, ohne dabei auf den Nationalsozialismus oder den Krieg einzugehen. Er führte Schlafprobleme nicht auf Schuldgefühle, Angst oder traumatisierende Erlebnisse zurück, sondern verwies darauf, dass die Schlafstörungen vor allem angesichts der aktuellen Situation in Deutschland „voraussichtlich noch weiter zunehmen“ würden.70
Es waren die Ansprüche des „modernen“ Lebens und Arbeitens,71 die nach Aussage der Schlafratgeber die Bevölkerung belasteten. Der „moderne Alltag“ habe „Unruhe, Hast und Dauerreizung der Nerven“ und damit „jenes gehetzte Arbeitstempo wie jene Genußgier zur Folge“, die noch „vor einem Menschenalter“ kaum denkbar gewesen seien, beschwerte sich etwa der Arzt Richard Seyffert in einem populären Ratgeber (Cover-Abb. unten).72 Die allgegenwärtige „Rastlosigkeit“ war für die Schlafexperten vor allem ein Ausdruck für eine neue Form des Wirtschaftens, die nach dem Krieg um sich gegriffen habe. „Forschung und Industrie“, klagte der Arzt Kurt Weidner 1955, hätten sich „im Wettlauf mit der Zeit und dem Vorsprung der Weltwirtschaft“ entwickeln müssen.73 Besonders alle Nachtberufe, so auch Werner Tiegel, müssten „die natürliche Regelmäßigkeit des gesunden Lebens opfern“ auf dem „Altar der Zivilisation“. Der „besiegte Schlaf“ verliere „Rhythmus, Tiefe und Glückseligkeit“.74
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Schlafratgeber von 1954, veröffentlicht in einer Ratgeberreihe der Ernstschen Verlagsbuchhandlung in München. In der Reihe erschienen außerdem zum Beispiel: „Auch Du kannst schön sein“, „Durch Energie zum Erfolg“ und „Junge Dame, tadellos“.
Auf diese Weise konnten nicht nur die aus der nationalsozialistischen Vergangenheit resultierenden, möglicherweise ebenfalls „schlafstörenden“ Konflikte ausgeblendet werden; die Argumente fügten sich zudem ein in die Erzählung der deutschen „Überlebenden“, die nun von den Besatzungsmächten (fremd)bestimmt würden. So wurde die „deutsche Tüchtigkeit“,75 die das Wirtschaftswunder möglich gemacht habe, von einem bis dahin nicht gekannten „innere[n] Zwang zum Handeln“ abgegrenzt,76 den die Zeitgenossen als „amerikanisch“ beschrieben: „Alle diese Menschen, deren gemeinsames Merkmal die Rastlosigkeit ist, sammeln sich in dem Begriff: Manager.“77
Die von den Schlafratgebern beklagte „Sucht nach ständiger Beschäftigung“78 fand ihren Ausdruck neben dem Arbeitsdrang auch im Freizeitverhalten und Medienkonsum, die durch Arbeitszeitverkürzungen und die materielle Besserstellung großer Teile der Bevölkerung seit den späten 1950er-Jahren „ein neues Gesicht“ erhielten.79 Die Schlafratgeber schürten Mitte der 1950er-Jahre die Angst nicht nur vor den altbekannten „Wachhaltern“ Koffein, Alkohol und Tabak, sondern auch vor schlafstörenden Medien wie Radio oder Telefon.80 Dank der sich langsam durchsetzenden Fünf-Tage-Woche lockte nun außerdem das „lange Wochenende“, das einen Zugewinn an Freizeit versprach. Durch die Verlagerung der Arbeit auf die Werktage blieb die Tagesarbeitszeit allerdings zunächst konstant oder stieg sogar an: Vier Fünftel der arbeitenden Bevölkerung, zu diesem Ergebnis kommt Axel Schildt nach Abgleich der vorhandenen Daten, gingen während der Woche vor 22.30 Uhr zu Bett und standen vor 7 Uhr wieder auf, um ihren 11-stündigen Arbeitstag zu beginnen.81
Die Warnung vor der „Seuche“ Schlaflosigkeit durch modernekritische und kulturpessimistische Stimmen war eine Reaktion auf neue Ideen von Wirtschaft, Effizienz und Massenkultur, die als bedrohlich, fremd und „krank machend“ wahrgenommen wurden.82 Um gegen die „Rhythmussünden“ und die „amerikanische“ Rastlosigkeit vorzugehen, empfahlen populäre Schriften in den frühen 1950er-Jahren oft dieselben Maßnahmen, die bereits vor dem Krieg die Heftchen gefüllt hatten. Neben Manfred Breuningers „Schlaf und seelische Harmonie“ (1956 unter dem leicht veränderten Titel „Schlaf durch seelische Harmonie“) erreichte etwa Theodor Stöckmanns „Naturzeitschlaf“ in den 1950er-Jahren zwei neue Auflagen.83 Werner Tiegel, der sich laut eigener Aussage mehrere Jahre lang nach der „Naturzeit“ gerichtet hatte, verkündete 1955, mit Naturzeitschlaf lebe er „ein doppeltes Leben“ und schaffe „das Dreifache an Arbeit“.84
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Während die populären Schriften die alten Ratschläge in verändertem Kontext wiederholten, begann Anfang der 1950er-Jahre eine neue Gruppe von Experten auf anderen Wegen nach dem „richtigen“ Rhythmus des Schlafens zu suchen. Im Anschluss an die ersten Forschungen zum Rhythmus des Lebens während der 1920er- und 1930er-Jahre sowie die „Leistungsmedizin“ des „Dritten Reiches“ entstand in der Bundesrepublik nun die „Chronobiologie“, die Wissenschaftler ganz unterschiedlicher Disziplinen zusammenbrachte. Die „Chronobiologen“ erforschten den Rhythmus der Organe, von Bohnen, Tintenfischen, Kanarienvögeln und Menschen. Ihnen ging es nicht mehr um das „Erspüren“ kosmischer, „natürlicher“ Rhythmen und um die Einordnung in das organische Ganze. Sie wandten sich dem individuellen Körper zu, vermaßen ihn, nahmen Blut- und Urinwerte, zeichneten Temperaturkurven und Herzrhythmen auf, erstellten Tabellen, Diagnosen und Prognosen. Sie versuchten, den Zusammenhang zwischen individueller Lebensführung, der Arbeitssituation und den Rhythmen des Körpers wissenschaftlich zu erfassen und so endgültig berechenbar zu machen, was sich bisher als metaphysische Größe dem Verständnis und dem Zugriff zu entziehen schien.
Zum ersten Mal hatten sich 1937 im schwedischen Ronneby 20 skandinavische und deutsche „Rhythmusenthusiasten“ getroffen,85 und nur wenige Jahre nach Kriegsende kam 1949 in Hamburg die „Internationale Gesellschaft für Biologische Rhythmusforschung“ dieser Akteure wieder zusammen. Vier Jahre später gesellten sich in Basel einige Wissenschaftler aus dem anglo-amerikanischen Raum dazu: Unter ihnen waren, und hier schließen sich die Kreise, auch der Schlafexperte Nathaniel Kleitman und sein Kollege Theodore Engelmann aus Chicago.86
Kleitmans Anwesenheit ist ein erster Hinweis darauf, dass es in der Rhythmusforschung von Beginn an auch um „practical considerations“ ging, etwa um Anwendungen für Fragen der Arbeitsmedizin. Mit vielen Studien reagierten die Rhythmus- und Schlafforscher auf konkrete Veränderungen des Alltags- und Arbeitslebens. Die während der Phase forcierter Rüstungs- und Kriegsindustrie angestiegene Arbeitszeit war in der ersten Hälfte der 1950er-Jahre nicht wieder gesunken. Auch wenn erst ca. 10 Prozent der Bevölkerung regelmäßig in Nacht- und Schichtarbeit beschäftigt waren,87 setzte sich doch das Bewusstsein durch, dass solche Formen der Arbeit in Zukunft „unumgänglich notwendig“ sein würden.88 Zu den Branchen, in denen traditionell Nachtarbeit verrichtet wurde, kamen Wirtschaftszweige, in denen „die Einführung von Nachtarbeit als Wechselschicht oder als Dauereinrichtung relativ neu“ war.89
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Auch die Art der Arbeit änderte sich seit der Mitte der 1950er-Jahre – die „geistige Wachheit“ des Arbeitenden wurde wichtiger.90 Rationalisierungsmaßnahmen, vor allem die schnelle Automatisierung, brachten in vielen Branchen zwar eine physische Arbeitserleichterung mit sich.91 Dafür musste der Arbeitende jedoch in einem oft gleichförmigen Ablauf, aber mit größerer Aufmerksamkeit Maschinen steuern. Die neuen Formen der Arbeit erlaubten und erforderten zudem eine andere Taktung der Arbeitsprozesse. Der „arbeitende Mensch von heute“, so der schon während des Nationalsozialismus tätige Physiologe und Pervitin-Experte Otto Graf92 in einer der ersten westdeutschen Studien zur Nacht- und Schichtarbeit 1955, habe in der „durch Zivilisation und Zwang zur Rationalisierung geprägten Welt der industriellen Produktion immer weniger die Möglichkeit, die von ihm geforderte Leistungsabgabe mit solchen unbeeinflußbaren, vorgegebenen biologischen Rhythmen in Einklang zu bringen“.93
Ob die „Leistungsabgabe“ tatsächlich an „unbeeinflußbare“ Rhythmen gebunden sei, unter welchen Bedingungen sich der Körper möglicherweise doch an andere Rhythmen anpassen könne oder ob der Rhythmus der Arbeit sich nach dem Körper zu richten habe, darüber waren sich die Wissenschaftler weiterhin nicht einig. Die Frage, „ob eine echte Inversion des 24-Stunden-Rhythmus beim Menschen erzwungen bzw. angewöhnt werden kann“, sei bislang nicht beantwortet, stellte der Internist Alexander Pierach 1953 fest,94 und die Auffassungen davon, wie „Exogenes und Endogenes miteinander wirken“, gingen weit auseinander, resümierte Kurt Wachholder bei derselben Gelegenheit.95 Zwar legten unter anderem Nathaniel Kleitmans Versuche nahe, dass eine Anpassung an einen anderen Rhythmus möglich war. Doch zeigten erste Untersuchungen und Messungen deutscher Physiologen, „daß die Tag-Nacht-Rhythmik persistieren kann, wenn Arbeits- und Ruhezeiten verschoben werden“96 – es gab anscheinend Menschen, die sich nur sehr langsam oder gar nicht an andere Rhythmen gewöhnen konnten, und auch der schon lange diskutierte Unterschied zwischen „Schlaftypen“ konnte nun anhand neuer Daten untersucht werden.97
Auch wenn solche grundlegenden Fragen noch nicht hinreichend beantwortet wurden, erwies sich doch, dass die Fragen an sich relevant waren und die neuen Methoden genauere Diagnosen ermöglichten. Pierach etwa präsentierte 1953 die Ergebnisse kleinerer Studien und hielt fest, dass nicht nur „die allgemein bekannten Zivilisationskrankheiten unserer Zeit“ eine Folge des „Lebens gegen die Uhr“ seien. Dieses verursache, und das war nun mit Daten und Zahlen sowie am Beispiel individueller Lebensgeschichten zu belegen, neben depressiven Stimmungen auch sehr greifbare Krankheiten wie Magengeschwüre und Herzinfarkte.98 Von solchen Krankheiten befallen seien besonders die Nachtarbeiter, „die nicht nach dem gegebenen 24-Stunden-Rhythmus leben können“.99 „Stimmungsbeeinträchtigungen“, Störungen der Wochenenderholung und Konflikte im Privatleben seien ebenfalls auf den „eigentlichen Urheber“ Schlafstörung zurückzuführen – so eine wegweisende Studie, für die Ärzte und Psychologen insgesamt 457 männliche Arbeiter verschiedener Schichtsysteme in Betrieben der Textilindustrie und der metallverarbeitenden Industrie untersucht und interviewt hatten.100
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Die Rhythmusexperten nahmen in den 1950er-Jahren den einzelnen Körper in den Blick, vermaßen seine Grenzen und bannten seinen Rhythmus in Zahlen und Graphiken. Noch bevor sich eine moderne Schlafforschung in der Bundesrepublik sichtbar als Disziplin etablierte, entstanden so zahlreiche Studien, die den Schlaf des Arbeiters mit neuen psychologischen, medizinischen und soziologischen Verfahren erfassten und analysierten, die Körpertemperatur, Blut- und Urinwerte aufzeichneten, aber auch das Privatleben, den Schlafplatz, die familiären Verhältnisse zum Gegenstand von Berichten und Begehungen machten. Die Chronobiologie schien eine Möglichkeit zu bieten, den Körper optimal nutzen zu können – das Individuum, so die Phantasie, konnte dann in unterschiedlichen Schichtsystemen seinem eigenen Rhythmus entsprechend eingesetzt werden. Experten der Arbeitsmedizin und Arbeitssoziologie, Arbeitgeber, aber auch Gewerkschaften und Arbeitnehmerverbände versuchten mit Hilfe der neuen Wissenschaft, Muster und Normwerte des Schlafrhythmus zu finden und festzuschreiben. Guter Schlaf im „richtigen“ Rhythmus konnte, das war die Hoffnung, sowohl die Effizienz des Arbeitsprozesses sicherstellen als auch die Gesundheit der Arbeitenden und ihre Arbeitskraft erhalten.
„In der sich entwickelnden 24-Stunden-Gesellschaft müssen die chronologischen Bedürfnisse des Menschen eingeplant werden“, hieß es in einem Beitrag auf dem Symposium „Schlaf und Ökonomie“ der deutschen Schlafforschung im Jahr 2000, „sonst sind Gesundheit, Lebensfähigkeit und Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.“101 Auch wenn die Schlafforschung seit den 1950er-Jahren entscheidende Fortschritte gemacht hat, muss sie sich nach wie vor mit dem Schlaf als „Maximalschranke“ auseinandersetzen: Noch immer scheint ein von Tag und Nacht unabhängiger Rhythmus von Alltag und Arbeit unzählige Möglichkeiten zu bieten für Vergnügen und „tatbereites Schaffen“, noch immer kann ein Leben mit zu wenig oder mit gestörtem Schlaf aber auch „verhängnisvolle Lebenszerstörung“ bedeuten.
So scheint die Auseinandersetzung mit „Schlaf und Ökonomie“ eine Konstante der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert zu sein. Indes haben sich die Bedingungen des Schlafens sowie die Möglichkeiten der Schlaf- und Rhythmusforschung doch entscheidend verändert. In der Mitte der 1920er-Jahre hatten einzelne Experten der Physiologie und Arbeitswissenschaft begonnen, den Rhythmus des Schlafs in seinem Zusammenspiel mit der Arbeits- und Leistungsfähigkeit zu erforschen. Sie setzten sich vor allem mit der Frage auseinander, inwieweit sich der Mensch aus den Rhythmen der Natur lösen und seinen Schlaf den Bedürfnissen der Gesellschaft anpassen könne. Diese ersten Versuche zur Vermessung des Schlafs trafen jedoch auf einen breiten gesellschaftlichen Diskurs, der ihnen kultur- und zivilisationskritische Ideen von organischer Ganzheit und umfassenden, „heilenden“ kosmischen Rhythmen entgegenstellte, in die der Mensch zurückfinden müsse. Eine gemeinsame Prämisse lautete dabei, der „richtige“ Umgang mit dem Schlaf solle zur Erhaltung und Steigerung der Leistungsfähigkeit führen – auch den „Naturzeitschläfern“ ging es darum, den Schlaf und damit den arbeitenden Menschen zu optimieren. Auf dieser Grundlage ließen sich die verschiedenen Vorstellungen vom Schlaf und seinem Rhythmus weitgehend widerspruchslos in das nationalistische, rassistische und auf den Krieg ausgerichtete Weltbild der nationalsozialistischen Gesellschaft integrieren.
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Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das schlafende bzw. schlafgestörte Individuum dann verstärkt zum Gegenstand wissenschaftlicher Studien und gesellschaftlicher Auseinandersetzungen. Vor allem US-amerikanische Experten griffen die Ansätze der Rhythmusforschung aus den späten 1920er-Jahren auf und begannen, die Körper von Soldaten und Arbeitern zu vermessen, um Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu optimieren. Nach dem Krieg führten die Experten der westdeutschen Arbeitsphysiologie die Ideen der US-amerikanischen Forschung weiter und trieben die Forschungen der „Chronobiologie“ voran. Sie wandten sich dem individuellen Körper zu, untersuchten die Auswirkungen von Schlafentzug, Schlafmangel und Rhythmusstörungen und versuchten etwa, Richtlinien für die Organisation von „gesunder“ Nachtarbeit zu entwickeln. Im transnationalen Zusammenspiel von Industrie, Wissenschaft und alltäglichen Praktiken entstanden so bis zum Ende der 1950er-Jahre wichtige Ansätze für einen Umgang mit dem Schlaf, der dem Individuum mehr Platz einräumte, es aber gleichzeitig auch verfügbar machen sollte.
Weiterhin waren die Versuche der Vermessung und Optimierung des Menschen jedoch begleitet von Debatten, die den Schlaf durch den Rückgriff auf traditionelle Narrative und Bilder vor seiner „Entzauberung“ zu bewahren versuchten. Eine umfangreiche populäre Ratgeberliteratur verbreitete in der frühen Bundesrepublik die Phantasien eines natürlichen, mit einer ruhenden Seele versöhnten Rhythmus. Die Ratgeber beschrieben den gesunden Schlaf als Bollwerk zur Verteidigung von Privatheit und Selbstbestimmung gegen die Ökonomisierung des Alltags; sie stellten die Idee der „Ursprünglichkeit“ gegen die nun als „amerikanisch“ und „fremd“ beschriebene Rationalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft.
Die Geschichte des Schlafs kann so grundlegende gesellschaftliche Konflikte und Entwicklungen aufzeigen. In den Diskussionen um den Schlaf und seinen Rhythmus ging es um den „substantielle[n] Kern von Freiheit und Unfreiheit“ in der modernen Gesellschaft, nämlich um die Verfügungsgewalt des Individuums über den eigenen Körper, die eigene Arbeitskraft und die eigene Zeit.102 Die Geschichte des Schlafs weist zurück auf einen Dauerkonflikt, der industriellen Gesellschaften zu Grunde liegt: Eine sich entwickelnde Technik, die Arbeit erleichtert und Fortschritt sichert, und neues Wissen, das Selbsterkenntnis, aber auch Heilung und Gesundheit verspricht – diese Errungenschaften tragen immer auch die Möglichkeiten zur Disziplinierung und Einpassung des Menschen in sich.
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Nachts im Bahnhofs-Postamt, Frankfurt a.M. 1973
(bpk/Abisag Tüllmann)
Die Flexibilisierung der Arbeitszeiten, die Konflikte um eigene und „enteignete Zeit“103 sowie um die „Humanisierung der Arbeitswelt“, die zusammengingen mit neuen Möglichkeiten der Mobilität und Kommunikation über geographische und zeitliche Grenzen hinweg – aber auch mit neuen Erkenntnissen und Anwendungsmöglichkeiten der Physiologie und Neurologie –, führten seit den 1970er-Jahren zu weiteren entscheidenden Veränderungen in der Geschichte des Schlafs und seiner Erforschung. Dieses Thema kann so auch neue Erkenntnisse beitragen zu den Debatten der Zeitgeschichtsschreibung um die gesellschaftlichen Transformationen im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts.104 Die Konflikte um die Vermessung des Schlafs und die Optimierung des Menschen, um individuelle Freiheit und Unfreiheit sind zudem bis heute aktuell. Um nur ein Beispiel zu nennen: Für 59,99 US-Dollar ist im Internet der „Weckkumpel“, der „WakeMate“, als App für iPhone oder Blackberry erhältlich.105 Regelmäßig um den Arm geschnallt, mit ins Bett genommen und mit den im Personal Computer gesammelten Schlafdaten abgeglichen verspricht er: „Sleep less, feel better“.
1 Carl Haeberlin, Über die Bedeutung eines den Lebensrhythmen entsprechenden Schlafes, in: Hippokrates 5 (1934), S. 155-162, hier S. 157.
2 Vgl. u.a. Joachim Schlör, Nachts in der großen Stadt. Paris, Berlin, London 1849–1930, München 1991; Elisabeth Bronfen, Tiefer als der Tag gedacht. Eine Kulturgeschichte der Nacht, München 2008; Brigitte Steger/Lodewijk Brunt (Hg.), Night-time and Sleep in Asia and the West. Exploring the Dark Side of Life, London 2003; Sonja Kinzler, Das Joch des Schlafs. Der Schlafdiskurs im bürgerlichen Zeitalter, Köln 2011; Peter R. Gleichmann, Einige soziale Wandlungen des Schlafens, in: Zeitschrift für Soziologie 9 (1980), S. 236-250.
3 Gleichmann, Wandlungen (Anm. 2), S. 239 (dortige Hervorhebung).
4 Max Edwin Bircher, Vom Schlafen, in: Der Wendepunkt im Leben und Leiden 21 (1943), S. 71-79, hier S. 76.
5 Gleichmann, Wandlungen (Anm. 2), S. 239, in Anknüpfung an Norbert Elias.
6 Rose Stoppel, Tagesperiodische Erscheinungen bei Pflanzen, in: Handbuch der normalen und pathologischen Physiologie, Bd. 17, Berlin 1926, S. 659-668, hier S. 668.
7 Constantin von Economo, Schlaftheorie, in: Ergebnisse der klinischen Physiologie 28 (1929), S. 312-339, hier S. 314. Vgl. auch ders./Otto Pötzl, Biologie und Klinik des Schlafes, in: David Sarason/Otto Pötzl (Hg.), Nervenkrankheiten und Psychiatrie. Der Schlaf, München 1929, S. 6-65.
8 Zur Idee des „Schlafzentrums“ im Gehirn: Constantin von Economo, Der Schlaf als Lokalisationsproblem, in: Sarason/Pötzl, Nervenkrankheiten (Anm. 7), S. 31-46.
9 Z.B. Arthur Jores, Physiologie und Pathologie der 24-Stunden-Rhythmik des Menschen, in: Ergebnisse der inneren Medizin 48 (1935), S. 547-629; ders., Rhythmusforschung, in: Deutsche medizinische Wochenschrift 64 (1938), S. 737-748, S. 989-998.
10 Max Grünewald, Hygiene des Schlafes, in: Schlesisches Heim. Monatsschrift der Wohnungsfürsorgegesellschaft für Oberschlesien 11 (1930), S. 283ff., hier S. 283.
11 Emil Lenk, Die Unabhängigkeit von der Natur, Leipzig 1914.
12 Ders., Bedürfnisschlaf und Luxusschlaf, in: Wirtschaft und Freiheit 4 (1928), S. 791ff., hier S. 792. Zur subjektiven Müdigkeit vgl. u.a. Philipp Sarasin, Die Rationalisierung des Körpers. Über „Scientific Management“ und „biopolitische Rationalisierung“, in: ders., Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse, Frankfurt a.M. 2003, S. 61-99, hier S. 89.
13 Zu neuen Zeitkonzepten im Taylorismus vgl. u.a. Herbert Mehrtens, Arbeit und Zeit, Körper und Uhr. Die Konstruktion von ‚effektiver‘ Arbeit im ‚Scientific Management‘ des frühen 20. Jahrhunderts, in: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 25 (2002), S. 121-136. Siehe auch Wolfgang König, Kontrollierte Arbeit = optimale Arbeit? Frederick Winslow Taylors Programmschrift der Rationalisierungsbewegung, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 6 (2009), S. 315-319.
14 Vgl. u.a. Sarasin, Rationalisierung (Anm. 12), S. 64ff.; Adelheid von Saldern/Rüdiger Hachtmann, Das fordistische Jahrhundert: Eine Einleitung, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 6 (2009), S. 174-185.
15 Timo Luks, Der Betrieb als Ort der Moderne. Zur Geschichte von Industriearbeit, Ordnungsdenken und Social Engineering im 20. Jahrhundert, Bielefeld 2010, S. 146.
16 Vgl. u.a. Rüdiger Hachtmann, Ein Kind der Ruhrindustrie? Die Geschichte des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Arbeitsphysiologie von 1913 bis 1945, in: Westfälische Forschungen 60 (2010), S. 73-154; Gertraud Schottdorf, Arbeits- und Leistungsmedizin in der Weimarer Republik, Husum 1995, S. 86ff.; Sarasin, Rationalisierung (Anm. 12), S. 77ff.
17 Zum Verhältnis von deutscher/europäischer Arbeitsphysiologie und US-amerikanischem Taylorismus vgl. Hachtmann, Kind der Ruhrindustrie? (Anm. 16), S. 82; auch Alexander Neumann, Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Arbeitsphysiologie und der Kampf gegen die Ermüdung, in: Theo Plesser/Hans-Ulrich Thamer (Hg.), Arbeit, Leistung und Ernährung. Vom Kaiser-Wilhelm-Institut für Arbeitsphysiologie in Berlin zum Max-Planck-Institut für Arbeitsforschung in Dortmund, Stuttgart 2012, S. 171-195, hier S. 174; Anson Rabinbach, Motor Mensch. Kraft, Ermüdung und die Ursprünge der Moderne, Wien 2001, S. 117, S. 242ff.
18 Zur „sozialen Beschleunigung“ vgl. u.a. Joachim Radkau, Die wilhelminische Ära als nervöses Zeitalter, oder: Die Nerven als Netz zwischen Tempo- und Körpergeschichte, in: Geschichte und Gesellschaft 20 (1994), S. 211-241, hier S. 228ff.; Hartmut Rosa, Beschleunigung. Die Veränderungen der Zeitstrukturen in der Moderne, Frankfurt a.M. 2005, S. 79ff., S. 124ff.
19 Vgl. u.a. Gunnar Stollberg, Die Rationalisierungsdebatte 1908–1933. Freie Gewerkschaften zwischen Mitwirkung und Gegenwehr, Frankfurt a.M. 1981, S. 31-67; Luks, Betrieb (Anm. 15), S. 228ff., S. 233f.
20 Vgl. u.a. Hans-Jürgen Wulf, Die Geschichte der elektrischen Glühlampenbeleuchtung, Einsiedeln 1998, S. 122ff.; Wolfgang Schivelbusch, Lichtblicke. Zur Geschichte der künstlichen Helligkeit im 19. Jahrhundert, München 1983, S. 67ff.
21 Vgl. u.a. Hans-Henning Herzog, Ökonomie und Politik des Achtstundentags in der Weimarer Republik. Eine empirisch-theoretische Studie zur staatlichen Arbeitszeitregulierung 1918–1926, phil. Diss. Marburg 1975. Werner Menzel geht davon aus, dass die Zahl der in Schicht- und Nachtarbeit Beschäftigten seit 1910 ständig stieg; konkrete Zahlen, nach denen ca. 10 bis 12 Prozent der Beschäftigten in Schichten arbeiten, sind jedoch erst für die späten 1940er-Jahre zu finden. Vgl. Werner Menzel, Menschliche Tag-Nacht-Rhythmik und Schichtarbeit. Die spontane Tagesrhythmik der Körperfunktionen in ihrer Bedeutung für den Nacht- und Schichtarbeiter, Basel 1962, S. 80f.
22 W.E. Pilling/H. Kirchner, Schlafstörungen und ihre Behandlung, in: Deutsche medizinische Wochenschrift 60 (1934), S. 945-950, hier S. 947.
23 F. Mörchen, Die Schlafmittelfrage, in: Deutsche medizinische Wochenschrift 60 (1934), S. 798ff., hier S. 799.
24 Manfred Breuninger, Kurzer Bericht über eine Neueinrichtung zur Behandlung von Schlafgestörten, in: Biologische Heilkunst 14 (1933), S. 695f., hier S. 695.
25 Heinrich Nelson, Der gesunde Schlaf, Stuttgart 1937, S. 40.
26 Haeberlin, Bedeutung (Anm. 1), S. 157.
27 Ludwig Hirsch, Schlaflosigkeit. Ihre Entstehung und Heilung, Hannover 1936, S. 64.
28 F. Gutmann, Schlafrhythmus, in: Telos. Illustrierte Monatsschrift für Natur und Leben (1926/27), S. 49f., hier S. 50.
29 Theodor Stöckmann, Einführung in die Behandlung des Problems der naturgesetzlichen Schlafzeit, in: Ärztliche Rundschau 43 (1933), S. 290.
30 Die Tabelle zur Umrechnung der „Verkehrszeit“ in die „Sonnenzeit“ hält Stöckmanns Buch bereit: Theodor Stöckmann, Die Naturzeit. Der Schlaf vor Mitternacht als Kraft- und Heilquelle, 2., vermehrte und verbesserte Aufl. Stuttgart 1935, S. 53. Vgl. auch ders., Die vormitternächtliche Schlafzeit, in: Die medizinische Welt 7 (1933), S. 1766.
31 Rudolf Leutinger, Ärztliche Selbstbeobachtungen. Beitrag zu den Erfahrungen über den Stöckmannschen Naturzeitschlaf, in: Hippokrates 10 (1939), S. 108-112, hier S. 111. Ähnlich Paul Karger, Versuche zur Disziplinierung des Schlafes, in: Jahrbuch für Kinderheilkunde 139, 3. Folge 89 (1933), S. 385ff., hier S. 386.
32 Theodor Stöckmann, Die Einrichtung eines Schlafkurortes, in: Münchner medizinische Wochenschrift 83 (1936), S. 438f.
33 Walter Schulte, Die anfallprovozierende Wirkung ungewohnten Schlafentzugs, in: Münchner medizinische Wochenschrift 91 (1944), S. 1-5, hier S. 1. Zur Auseinandersetzung in den USA vgl. z.B. diese Schulungsfilme: Introduction to Combat Fatigue, Motion Picture, Navy, 1944; Combat Exhaustion, Motion Picture, War Office, 1943.
34 Vgl. Rüdiger Hachtmann, Industriearbeit im „Dritten Reich“. Untersuchungen zu den Lohn- und Arbeitsbedingungen in Deutschland 1933–1945, Göttingen 1987, S. 67ff., S. 82.
35 Charlotte Köhn-Behrens, Du bist Dein Schicksal. Gespräche mit führenden Vertretern der psychotherapeutischen Wissenschaft, 3., erw. Aufl. München 1937, S. 49f.
36 W. Greiser, Zu viel oder zu wenig Schlaf?, in: Volksheil 16 (1939), S. 725f., hier S. 725.
37 Nelson, Schlaf (Anm. 25), S. 37.
38 Manfred Breuninger, Über den Schichtschlaf, in: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie 171 (1941), S. 591-606, hier S. 599.
39 Ders., Schlaf und seelische Harmonie. Gedanken zur praktischen Schlafpsychologie, Stuttgart 1942, S. 55, S. 85.
40 Für einzelne Forschungen zu Arbeitsrhythmus und 24-Stunden-Leistungskurve vgl. Martin Höfler-Waag, Die Arbeits- und Leistungsmedizin im Nationalsozialismus von 1939–1945, Husum 1994, S. 170ff.
41 Vgl. u.a. ebd., bes. S. 156ff.
42 Karl-Heinz Roth, Pervitin und „Leistungsgemeinschaft“. Pharmakologische Versuche zur Stimulation der Arbeitsleistung unter dem Nationalsozialismus (1938–1945), in: Medizin im Nationalsozialismus. Tagung vom 30. April bis 2. Mai 1982, Bad Boll 1982, S. 200-226; vgl. auch Höfler-Waag, Leistungsmedizin (Anm. 40), S. 170f.; Neumann, KWI für Arbeitsphysiologie (Anm. 17), S. 187ff.
43 Belegt sind u.a. Versuche an Häftlingen des „Schuhläuferkommandos“ im KZ Sachsenhausen; vgl. Astrid Ley/Günter Morsch, Medizin und Verbrechen. Das Krankenrevier des KZ Sachsenhausen 1936–1945, Berlin 2007, S. 365-370.
44 Kenton Kroker, The Sleep of Others and the Transformations of Sleep Research, Toronto 2007, S. 207ff.
45 Vgl. die umfangreiche Artikelsammlung in Kleitmans Nachlass, Special Collections Research Center, University of Chicago Library, sowie die genutzte Literatur in Nathaniel Kleitman, Sleep and Wakefulness as Alternating Phases in the Cycle of Existence, Chicago 1939.
46 Ders. u.a., Sleep Characteristics. How They Vary and React to Changing Conditions in the Group and the Individual, Chicago 1937, Acknowledgements.
47 Vgl. Matthew Wolf-Meyer, Fantasies of Extremes: Sports, War and the Science of Sleep, in: Biosocieties 4 (2009), S. 257-271, hier S. 261ff.
48 Vgl. z.B. Michael G. Carew, Becoming the Arsenal. The American Industrial Mobilization for World War II, 1938–1942, Lanham 2010.
49 Nathaniel Kleitman, A Scientific Solution of the Multiple Shift Problem, in: Industrial Hygiene Foundation of America, Seventh Annual Meeting of Members, Pittsburgh 1942, S. 19-23, hier S. 19.
50 Changed Sleep Habits become Problem for Millions, in: Pittsburgh Sunday Telegraph, 2.8.1942.
51 George Bijur/Pete Martin, The People Who Live Upside Down, in: Saturday Evening Post, 4.7.1942, S. 16f., S. 56.
52 Arranging Shifts für Maximum Production, hg. vom United States Department of Labor, Division of Labor Standards, 1942, S. 2 (Special Collections Research Center, University of Chicago Library, Nathaniel Kleitman Papers, Box 25, Folder 2).
53 Vgl. auch Beatrice Mintz, Shift Rotation Problems, in: New York (State) Department of Labor, The Industrial Bulletin, December 1942, S. 423-427; Howard E. Collier, Outlines of Industrial Medical Practice, Baltimore 1941, S. 144-179.
54 Bijur/Martin, People (Anm. 51), S. 16.
55 Kleitman, Scientific Solution (Anm. 49), S. 23.
56 Ders., Sleep and Wakefulness (Anm. 45), S. 253f.
57 Ebd., S. 259ff.
58 Zu den unterschiedlichen Anpassungsfähigkeiten vgl. ebd., S. 260-263; Ludwig Teleky, Problems of Night Work. Influences on Health and Efficiency, in: Industrial Medicine 12 (1943), S. 758-779, hier S. 762.
59 Kleitman, Sleep and Wakefulness (Anm. 45), S. 264.
60 Ders., Scientific Solution (Anm. 49), S. 19.
61 Vgl. u.a.: New 3-Shift Formula Aids Health Efficiency, in: Daily Mirror, 13.7.1942; New Formula Recommended for Work Shifts, in: Chicago Daily News, 13.7.1942; Doctor Urges Fixed Shifts so Workers Can Stay Awake, in: New York World-Telegram, 13.7.1942.
62 Dazu u.a. auch Teleky, Problems of Night Work (Anm. 58), S. 774ff.
63 Kleitman u.a., Sleep Characteristics (Anm. 46), S. 1.
64 Vgl. Special Collections Research Center, University of Chicago Library, Kleitman Papers, v.a. Box 11, Folders 2-10; Box 12, Folders 7/8. Außerdem Nathaniel Kleitman, The Sleep-Wakefulness Cycle in Submarine Personal, in: A Survey Report on Human Factors in Undersea Warfare, hg. vom Committee on Undersea Warfare/National Research Council, Baltimore 1949, S. 329-341; Robert A. Utterback u.a., A Comparative Study of Schedules for Standing Watches Aboard Submarines Based on Body Temperature, Naval Medical Research Institute, Bethesda, Maryland, 24.3.1949; David B. Tyler, A Summary of the Findings of the Studies on Motion Sickness, Fatigue and Prolonged Wakefulness, National Research Council, Division of Medical Sciences, Report No. 505, 15.12.1945 (National Library of Medicine).
65 Zur Entwicklung der Schlafforschung und vor allem zur Entdeckung des REM-Schlafs vgl. Kroker, Sleep of Others (Anm. 44), S. 308ff., Kapitel 7.
66 In der frühen DDR entwickelte sich die Schlafforschung zunächst unter anderen Vorzeichen; sie orientierte sich vor allem an sowjetischen Vorbildern, die mit den Vorstellungen Ivan Pawlows von der „Hemmung“ der Nerven im Schlaf arbeiteten.
67 P. Schwarz, Die Seuche unserer Zeit, in: Leben und Gesundheit 46 (1951), S. 167.
68 Deutsche Statistik der Schlaflosigkeit, in: Medizinische Klinik 48 (1953), S. 250. Vgl. auch Werner Tiegel, Nicht mehr schlaflos, Stuttgart 1955, S. 7.
69 Das Allensbacher Institut für Demoskopie fragte etwa 1948, ob die Menschen „noch manchmal von Fliegerangriffen“ träumten. Vgl. Elisabeth Noelle/Erich Peter Neumann (Hg.), Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1947–1955, Allensbach am Bodensee 1956, S. 9. Zur Verarbeitung von Kriegstraumata etwa in Träumen vgl. Svenja Goltermann, Die Gesellschaft der Überlebenden. Deutsche Kriegsheimkehrer und ihre Gewalterfahrungen im Zweiten Weltkrieg, München 2009, v.a. S. 47-61.
70 Wilhelm Jansen, Schlafe gesund. Wege zur Heilung der Schlaflosigkeit, Büdingen-Gettenbach 1951, S. 37.
71 Zur „Modernekritik“ in den 1950ern u.a. Patrick Kury, Zivilisationskrankheiten an der Schwelle zur Konsumgesellschaft. Das Beispiel der Managerkrankheit in den 1950er und 1960er Jahren, in: Petra Overath (Hg.), Die vergangene Zukunft Europas. Bevölkerungsforschung und -prognosen im 20. und 21. Jahrhundert, Köln 2011, S. 185-207, hier S. 193ff.; Axel Schildt, Moderne Zeiten. Freizeit, Massenmedien und „Zeitgeist“ in der Bundesrepublik der 50er Jahre, Hamburg 1995, S. 22ff.
72 Richard Seyffert, Schlaflosigkeit und ihre Heilung. Die Überwindung dieser weitverbreiteten Kulturkrankheit auf naturgemäßem Wege, München 1954, S. 6f.
73 Kurt Weidner, Schlafen ohne Tabletten, Stuttgart 1955, S. 6.
74 Tiegel, Nicht mehr schlaflos (Anm. 68), S. 17, S. 7f.
75 Max Hochrein/Irene Schleicher, „Unternehmerkrankheit“. Entstehung und Verhütung, Stuttgart 1953, S. 7. Hochrein war seit 1933 Mitglied der NSDAP gewesen und hatte enge Verbindungen zur nationalsozialistischen Politik gehabt. Vgl. Kury, Zivilisationskrankheiten (Anm. 71), S. 198ff.
76 Weidner, Schlafen (Anm. 73), S. 7.
77 Ebd.
78 Hans Würthner, Entspannung. Erholung. Gesundung, Badweiler 1958, S. 4.
79 Schildt, Moderne Zeiten (Anm. 71), S. 74.
80 Vgl. u.a. P. Schwarz, Schlaf – ein kostbares Kleinod, in: Leben und Gesundheit 46 (1951), S. 135, S. 157; Seyffert, Schlaflosigkeit (Anm. 72), S. 6.
81 Schildt, Moderne Zeiten (Anm. 71), S. 79ff.
82 Z.B. Hochrein/Schleicher, „Unternehmerkrankheit“ (Anm. 75).
83 Theodor Stöckmann, Schlafe vor Mitternacht! Die Naturzeit. Der Schlaf vor Mitternacht als Kraft- und Heilquelle, 5. Aufl., neu bearb. und hg. von Georg Alfred Tienes, Stuttgart 1953, 6. Aufl. 1957 (zuletzt 9. Aufl. 1974, Nachdruck 1984).
84 Tiegel, Nicht mehr schlaflos (Anm. 68), S. 53.
85 Felix Georgi, Eröffnungsansprache, in: Verhandlungen der vierten Konferenz der Internationalen Gesellschaft für Biologische Rhythmusforschung, Stockholm 1955, S. 15ff., hier S. 15.
86 Nathaniel Kleitman/Theodore Engelmann, The Development of the Diurnal (24-hour) Sleep-Wakefulness Rhythm in the Infant, in: ebd., S. 106.
87 Vgl. Menzel, Tag-Nacht-Rhythmik (Anm. 21), S. 80ff. Genaue Zahlen sind schwer zu rekonstruieren. Siehe auch Edwin Schudlich, Die Abkehr vom Normalarbeitstag. Entwicklung der Arbeitszeiten in der Bundesrepublik seit 1945, Frankfurt a.M. 1987, S. 37f.
88 Otto Graf u.a., Nervöse Belastung im Betrieb, I. Teil: Nachtarbeit und nervöse Belastung, Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen, Nr. 530, Köln 1958, S. 49.
89 Ebd., S. 12.
90 Ebd.
91 Vgl. etwa Luks, Betrieb (Anm. 15), S. 201ff.
92 Graf hatte die Abteilung für Arbeitspsychologie des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Arbeitsphysiologie geleitet; vgl. Höfler-Waag, Leistungsmedizin (Anm. 40), S. 169f.
93 Otto Graf, Erforschung der geistigen Ermüdung und nervösen Belastung. Studien über die vegetative 24-Stunden-Rhythmik in Ruhe und unter Belastung, Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen, Nr. 113, Köln 1955, S. 6. Zu „Humanexperten“ vgl. Ruth Rosenberger, Experten für Humankapital. Die Entdeckung des Personalmanagements in der Bundesrepublik Deutschland, München 2008, S. 169ff.
94 Alexander Pierach, Nachtarbeit und Schichtwechsel beim gesunden und kranken Menschen, in: Verhandlungen (Anm. 85), S. 160.
95 Kurt Wachholder, Die allgemeinen physiologischen Grundlagen der Entstehung von Lebensrhythmen, in: ebd., S. 21-31, hier S. 22.
96 Werner Menzel, Wesen und Auswirkungen der Nacht- und Schichtarbeit, in: Therapiewoche 9 (1959), S. 356-361, hier S. 356 (dortige Hervorhebung).
97 Zur Diskussion um „Morgen- und Abendtypen“ vgl. u.a. Gustav Aschaffenburg, Der Schlaf im Kindesalter und seine Störungen, in: Verhandlungen der 25. Versammlung der Gesellschaft für Kinderheilkunde 25 (1908), S. 260-281, hier S. 264; Manfred Breuninger, Kurzer Bericht über eine Neueinrichtung zur Behandlung von Schlafgestörten, in: Biologische Heilkunst 14 (1933), S. 695f.
98 Pierach, Nachtarbeit (Anm. 94). Überblick zur Forschung der 1950er-Jahre bei Menzel, Tag-Nacht-Rhythmik (Anm. 21).
99 Pierach, Nachtarbeit (Anm. 94).
100 Eberhard Ulich, Zur Frage der Belastung des arbeitenden Menschen durch Nacht- und Schichtarbeit, in: Psychologische Rundschau 8 (1957), S. 42-61, hier S. 58f., S. 48f.
101 Jürgen Zulley, Die 24-Stunden-Gesellschaft – Auswirkungen auf die Gesundheit, in: Somnologie 4 (2000), Supplement 1: Schlaf und Ökonomie. 8. Deutscher Kongress für Schlafforschung und Schlafmedizin, S. 6f., hier S. 6.
102 Oskar Negt, Lebendige Arbeit, enteignete Zeit. Politische und kulturelle Dimensionen des Kampfes um die Arbeitszeit, Frankfurt a.M. 1984, S. 22.
103 Ebd.
104 Vgl. u.a. Anselm Doering-Manteuffel/Lutz Raphael, Nach dem Boom. Perspektiven auf die Zeitgeschichte seit 1970, 3., ergänzte Aufl. Göttingen 2012; Knud Andresen/Ursula Bitzegeio/Jürgen Mittag (Hg.), „Nach dem Strukturbruch“? Kontinuität und Wandel von Arbeitsbeziehungen und Arbeitswelt(en) seit den 1970er Jahren, Bonn 2011; Konrad H. Jarausch (Hg.), Das Ende der Zuversicht? Die siebziger Jahre als Geschichte, Göttingen 2008.
105 http://www.wakemate.com, Stand 18.3.2013.