Kämpfer oder Denker?

Zur Entstehungsgeschichte der Universitäten der Bundeswehr

  1. Das Bildungsproblem in der Bundeswehr
  2. Erste Schritte zum Studium für Offiziere
  3. Innere Führung als »Verkaufsargument« für ein Offiziersstudium?
  4. Vom Weißbuch 1970 zur Bildungskommission 1971
  5. Erfolgloser Widerstand gegen bundeswehreigene Hochschulen
  6. Richtungskämpfe im Hamburger Gründungsausschuss
  7. Fazit

Anmerkungen

[Für die Diskussion unserer Thesen bedanken wir uns bei Lukas Grawe sowie bei Marcus M. Payk als Organisator und den Teilnehmenden des Workshops »Mehr als Desinteresse und Abschottung? Zum Stellenwert des Militärs in der Geschichte der Bundesrepublik« am 29./30.9.2022 an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg. Siehe auch den Tagungsbericht von Timo Walz, in: H-Soz-Kult, 8.3.2023, <https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-134398>.]

Zum 50. Jubiläum der Hamburger Universität der Bundeswehr (1973/2023) rumort es auf dem Campus. Die Entscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg), hier einen militärischen Sicherheitsbereich einzurichten, stößt auf breite Kritik unter den Lehrenden und in der bundesweiten Wissenschaftsgemeinschaft.1 Der Akademische Senat sprach sich einstimmig dagegen aus. Man fürchtet um den öffentlichen Charakter der Universität und die damit verbundenen wissenschaftlichen Freiheiten. Selbst bei milder Auslegung sind nun bewaffnete Wachen vorgesehen, während Nicht-Angehörigen der Bundeswehr der Zutritt grundsätzlich verboten ist. Nachdem mehrere Protestaktionen weder zum erhofften Umdenken im Ministerium führten noch die Beweggründe der Verantwortlichen ans Licht bringen konnten, diskutiert man wieder über die Grundideen, die diese Institution hervorgebracht haben. Wie und weshalb kam es überhaupt zur Akademisierung der Offizierslaufbahn? Wie passen Militär und Wissenschaft zusammen? Und warum gibt es eigentlich bundeswehr­eigene Universitäten?

»Kämpfer« oder »Denker« – unter diesen Schlagworten entbrannte in den 1960er-Jahren eine Debatte über Bildung und Ausbildung in der Bundeswehr, die ein tieferes und fortwährendes Spannungsverhältnis zwischen Militär und Zivilgesellschaft offenbarte. Gründe für diese Debatte gab es viele. Die große Nachfrage auf dem zivilen Arbeitsmarkt führte zu einem wachsenden Personalmangel in der Bundeswehr, während die Anforderungen an soldatische Führung in einer zunehmend komplexen und technisierten Welt beständig stiegen. Schon aus Gründen militärischer Effektivität einerseits und der Attraktivität der Offizierslaufbahn andererseits konnte sich die Bundeswehr einer stärkeren Förderung akademischer Bildung nicht verschließen. Dies war im BMVg längst anerkannt, als Verteidigungsminister Helmut Schmidt (SPD) 1970 seine Pläne zur Bildungsreform vorlegte. In der öffentlichen Debatte über die (akademische) Ausbildung der Offiziere gewann nun ein drittes Argument zunehmend an Bedeutung: die gesellschaftliche Integrationsfunktion von akademischer Bildung für Soldaten als »Staatsbürger in Uniform«. Es war, so lautet unsere These, erst das Ineinandergreifen dieser drei Begründungsstränge – Effektivität, Attraktivität und Integration –, das auf eine institutionelle Neuordnung drängte, eine Neuordnung, die mit früheren Ansätzen eines Offiziersstudiums brach und 1973 mit bundeswehr­eigenen Hochschulen ein historisches wie internationales Unikum schuf.

1973, Neubiberg bei München: Die ersten Offiziere und Offizieranwärter von Luftwaffe und Marine immatrikulieren sich in einer der beiden neuen Hochschulen der Bundeswehr. (Presse- und Informationsamt der Bundesregierung/Süddeutsche Zeitung Photo)
1973, Neubiberg bei München:
Die ersten Offiziere und Offizieranwärter von Luftwaffe und Marine
immatrikulieren sich in einer der beiden neuen Hochschulen der Bundeswehr.
(Presse- und Informationsamt der Bundesregierung/Süddeutsche Zeitung Photo)

Angesichts der Erfahrungen des Nationalsozialismus legten die Väter der Bundeswehr und die Protagonisten der »Inneren Führung« von Beginn an besonderen Wert auf Bildung und gesellschaftliche Verankerung. Soldaten müssten »am geistigen und politischen Leben tätig Anteil nehmen«, so ein Strategiepapier aus dem Jahr 1955.2 Doch inwieweit das neue Leitbild mit einer Akademisierung der Offizierslaufbahn einhergehen sollte, war durchaus umstritten. Konservative Militärs stellten den Zweck eines Hochschulstudiums für Offiziere in Frage, während aus der Wissenschaft der Vorwurf kam, die Bundeswehr kapsele sich mit der Gründung eigener Bildungsinstitutionen von der öffentlichen Hochschullandschaft ab. Trotz dieser doppelten Kritik wurden letztlich zwei Hochschulen in Hamburg und München gegründet, die seit 1985 als Universitäten der Bundeswehr firmieren. Als bildungs- wie verteidigungspolitische Innovation der 1960er-Jahre entstanden sie freilich nicht unter Laborbedingungen, sondern waren stets eingebettet in die zeitgeschichtlichen Kontexte, vor allem in die Hochschulreform und in den Kalten Krieg.

Ziel des vorliegenden Aufsatzes ist es, die verschiedenen Begründungsstränge für die Akademisierung der Offizierslaufbahn historisch einzuordnen, wobei die Hamburger Hochschule (seit 2003 Helmut-Schmidt-Universität) aufgrund ihrer Lage und Integration in die Stadtgesellschaft besondere Berücksichtigung findet. In den ersten Abschnitten wird die Vorgeschichte der Bundeswehrhochschulen rekonstruiert. Dabei wird deutlich, wie weit die Idee eines Offiziersstudiums bereits vor Schmidts Amtsantritt gereift war. Die folgenden Abschnitte gehen genauer auf die Gründungsphase der Bundeswehr-Hochschulen von 1970 bis 1973 ein und zeigen, wie sich die zentralen Konflikte in der Ausgestaltung der Institutionen niederschlugen. Dabei werden diverse neu erschlossene Quellen unter anderem der beteiligten Bundesministerien berücksichtigt, die die existierende Forschungsliteratur deutlich erweitern und vertiefen.3 Eine solche Darstellung, die die teils methodisch dürftigen Studien ergänzt,4 ermöglicht es zugleich, Brücken zwischen Zeit-, Bildungs- und Militärgeschichte zu schlagen.

1. Das Bildungsproblem in der Bundeswehr

»Die Bundeswehr benötigt Offiziere mit Hochschulausbildung.« Mit diesen Worten brachte der Führungsstab der Bundeswehr beim BMVg im März 1962 eine veränderte Wahrnehmung auf den Punkt. »Die seit dem letzten Kriege rasch fortschreitende Entwicklung der Naturwissenschaften und das immer engere Ineinandergreifen aller Gebiete des öffentlichen Lebens wirken sich in starkem Maße auf den Bereich des Militärischen aus.« Auch wenn es durchaus Offiziere mit hervorragender Sachkenntnis gebe, dürfe sich die Bundeswehr nicht auf »derartige personelle Glücksfälle« verlassen, zumal die wissenschaftlich-systematische Arbeitsweise im Selbststudium nicht hinreichend erlernt werde. Daher müsse die Möglichkeit geschaffen werden, »denjenigen Offizieren, die für eine solche Verwendung in Betracht kommen, eine Ausbildung zu vermitteln, die sie in die Lage versetzt, ihre Aufgabe mit wissenschaftlicher Gründlichkeit und fundierter Sachkenntnis wahrzunehmen. Dies ist nur durch ein Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule möglich.«5

Die Denkschrift des Führungsstabs war Ausdruck eines gesteigerten Bewusstseins für Bildungsfragen im Offizierskorps.6 Es war vor allem der forcierte Aufbau der Bundeswehr, der die Problematik des Bildungsstandes der Soldaten zusehends hervortreten ließ. Um die Sollzahlen zu erreichen, war man zunächst dazu übergegangen, die geforderten Qualifikationen für Offiziere abzusenken.7 Dies hatte gravierende Folgen. Einerseits kamen vermehrt Personen in die Offizierslaufbahn, die nicht über die gewünschten Qualifikationen verfügten.8 Andererseits hatten manche Wehrmachtsoffiziere, die nach 1955 wieder in den Dienst übernommen wurden, die Zeit bis zur Gründung der Bundeswehr für ein Hochschulstudium nutzen können.9 Die damit einhergehende bildungsmäßige Aufspreizung des Offizierskorps wurde auch von Militärs beklagt und von der Bundeswehrführung als wachsendes Problem identifiziert.10

Diese Situation war nicht nur aus militärisch-fachlicher Sicht unerwünscht. Auch für das ideelle Grundkonzept der Bundeswehr, die Innere Führung, war eine hinreichend hohe Bildung der Soldaten integraler Bestandteil, gerade bei den Offizieren.11 Vor diesem Hintergrund wurden bereits in der Aufstellungsphase der Bundeswehr Pläne ventiliert, wie der Bildungsstand des Offizierskorps gehoben werden könne – nicht nur der rein militärfachliche, sondern auch der breitere, auf staatsbürgerliche Selbstreflexion zielende Bildungsstand. Die seit 1955 vor allem vom Führungsstab forcierten Planungen zielten auf einen mehrstufigen Ausbildungsgang, in dem auch ein Abschnitt mit geistes- und sozialwissenschaftlichem Schwerpunkt an einer »Wehr­akademie« erfolgen sollte.12 War zunächst angestrebt worden, diese organisatorisch eng mit einer zivilen Universität zu verzahnen, so wurden derartige Pläne aufgrund finanzieller, personeller und prinzipieller Vorbehalte immer weiter verwässert, bevor man sie 1962 einstweilen auf Eis legte. Es war vor allem Minister Franz Josef Strauß (CSU), der einer solchen Bildungsinstitution nur geringes Interesse entgegenbrachte und auch dem Konzept der Inneren Führung gleichgültig bis ablehnend gegenüberstand.13 Strauß setzte stattdessen deutlich andere militärpolitische Schwerpunkte, vor allem mit Blick auf eine nukleare Bewaffnung der Bundeswehr.14

Stoppen ließ sich die Bildungsdiskussion indes nicht. Seit etwa 1961/62 kam es, ausgehend vom Führungsstab der Bundeswehr, zu einer intensivierten Diskussion über Bedeutung, Verwendung und Status von Offizieren mit wissenschaftlicher Ausbildung. Dabei gingen die Ansichten auseinander, inwieweit eine Armee überhaupt akademisch gebildeter Personen bedürfe. Gerade im Vergleich zu anderen Stellen der Militärverwaltung vertrat der Führungsstab mit seinem Votum für das Offiziersstudium eine progressivere Haltung. Dies war nicht zuletzt seiner Funktion geschuldet: Dem Führungsstab als militärischem Leitgremium ging es vor allem darum, fähiges und insoweit militärisch effektives Personal zu gewinnen, während andere Stellen qua ihrer Funktion andere Aspekte (etwa rechtliche oder finanzielle Fragen) stärker berücksichtigten.

2. Erste Schritte zum Studium für Offiziere

Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Friedrich Foertsch, wies die Personalabteilung beim BMVg am 8. November 1962 auf den Bedarf an Offizieren mit Hochschulstudium hin und übersandte zu diesem Zweck die Studie des Führungsstabs. Wie Foertsch dabei unterstrich, sei eine vorherige Ausbildung zum Offizier erforderlich, um bereits während des Studiums das Augenmerk auf militärische Belange legen zu können. Deshalb sei eine Regelung zu schaffen, die es gestatte, »Offiziere der Laufbahn des Truppendienstes im Verlauf ihrer Dienstzeit studieren zu lassen« – und zwar auf Kosten der Bundeswehr.15 Was Foertsch zu seiner Forderung veranlasste, ist den Akten nicht genau zu entnehmen. Den Anstoß gab womöglich die »Spiegel«-Affäre. Einen Tag vorher, am 7. November, hatte Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) im Bundestag gegen »einen Abgrund von Landesverrat« gewettert,16 nachdem rund vier Wochen zuvor der Artikel »Bedingt abwehrbereit« im Hamburger Nachrichtenmagazin erschienen war – mit Foertsch auf dem Heftcover. Dabei hatte der »Spiegel« die militärische Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik in Zweifel gezogen und auch auf die angespannte Personallage besonders bei Offizieren hingewiesen, die der Bundeswehrführung »am meisten Kopfzerbrechen« bereite.17 Die »Spiegel«-Affäre – mit zeitweiliger Verhaftung von Journalisten und Durchsuchung der Redaktionsräume – wirkte insoweit nicht nur als Katalysator für eine kritische Medienöffentlichkeit und für den weiteren Liberalisierungsprozess der westdeutschen Gesellschaft,18 sondern offenbar auch als Impulsgeber für die Bildungsdebatte in der Bundeswehr.

Foertschs Schreiben war Ausdruck einer programmatischen Suchbewegung innerhalb der Militärführung, bei der es um die strategische Ausrichtung und künftige Organisation der Bundeswehr ging – ein Aushandlungsprozess, der eine Vielzahl an Grundsatzfragen aufwarf (atomare Bewaffnung, Größe der Bundeswehr etc.) und ebenso viele Kontroversen provozierte. Da die Frage nach den Funktionen und Fähigkeiten des Offizierskorps immer mit anderen militärpolitischen Fragen verwoben blieb, kann es kaum überraschen, dass Foertschs Ansinnen im BMVg auch auf massive Vorbehalte stieß. Der Leiter der Haushaltsabteilung, Ministerialdirektor Hansgeorg Schiffers, schätzte die Kosten auf 60 bis 80 Mio. DM pro Jahr und bezweifelte, dass man sich »ein derart aufwendiges Ausbildungsprogramm leisten« könne.19 Auch aus der Personalabteilung waren Vorbehalte zu vernehmen. Ihr Leiter, Karl Gumbel, forderte Beweise für den Bedarf an wissenschaftlich qualifizierten Offizieren, äußerte aber auch Bedenken hinsichtlich der erwünschten »Homogenität« des Offizierskorps.20 Die schärfste Kritik kam aber aus der Abteilung Verwaltung und Recht: »Keinesfalls gehört ein Hochschulstudium zum Berufsbild des Offiziers, und daran sollte man festhalten«, ließ Ministerialdirektor Ernst Wirmer den Generalinspekteur wissen.21 Die Idee, dass akademische Bildung auch zu einer stärkeren Verknüpfung von Militär und Zivilgesellschaft beitragen könnte, fand in den Stellungnahmen keinen Platz. Die Forderung des Generalinspekteurs scheiterte damit an den Einwänden der anderen Abteilungen – zumindest vorerst.

Trotz aller Vorbehalte gegen das Offiziersstudium, die auch in weiteren internen Beratungen artikuliert wurden,22 setzten sich zwei grundlegende Einsichten immer weiter durch: Die Bundeswehr konnte – erstens – auf militärisches Führungspersonal mit Hochschulausbildung nicht verzichten und – zweitens – den Zustrom an entsprechend qualifiziertem Personal mit den bisherigen Wegen (etwa durch Einstellung von akademisch ausgebildeten Reserveoffizieren) auf Dauer nicht gewährleisten. Im Laufe des Jahres 1963 wurde daher verstärkt überlegt, wie man zumindest einer begrenzten Zahl an Offizieren ein Hochschulstudium ermöglichen könne.23 Der Fokus richtete sich dabei zunächst auf technische Studiengänge, zumal hier ein unmittelbarer militärischer Bedarf gegeben schien (etwa bei der Waffentechnik).

Entscheidend begünstigt wurde die Neuausrichtung durch einen Wechsel auf dem Ministerposten. Seit Januar 1963 amtierte Kai-Uwe von Hassel (CDU) als neuer Chef des Verteidigungsressorts. Der vormalige Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein (1954–1963) setzte andere Akzente als sein Vorgänger, besonders bei der politischen Bildung, und zwar auch im militärischen Bereich. Weniger konservativen Trends folgend, bemühte sich Hassel um eine bessere Qualifikation militärischer Vorgesetzter.24 Erklärtes Ziel war dabei, für eine breitere allgemeine Bildung der Soldaten und insbesondere der Offiziere zu sorgen, wobei Hassel ein »Studium für Offiziere« von Beginn an mitdachte.25 In der Argumentation des neuen Verteidigungsministers konvergierten die soldatischen Rollen des Kämpfers und des Denkers. Der moderne Offizier, so Hassel, müsse ein »weit höheres Maß an Bildung besitzen« als der frühere Offizier. Er müsse die gesellschaftlichen Zusammenhänge verstehen, um zu wissen, wofür er kämpfe und führe – beides könne er aber nur, wenn er auch die technischen Herausforderungen seiner Zeit beherrsche. Für Hassel war daher klar: »Wissenschaftlich geschultes Denken gehört heute mit zu den Voraussetzungen für das richtige Handeln des Offiziers.«26 Damit deutete sich auch auf Ministerebene ein personalpolitischer Paradigmenwechsel an, welcher der Hochschulbildung in der Bundeswehr eine erheblich größere Bedeutung beimaß, gerade in dieser Hinsicht weit über die Amtszeit Hassels (bis 1966) hinauswirkte und letztlich der Akademisierung des Offizierskorps den Weg bahnte.

Auch wenn ein voller Konsens mit den Skeptikern nicht erzielt werden konnte, kam man überein, einigen Offizieren ein Hochschulstudium zu ermöglichen, sich dabei aber streng an militärischen Erfordernissen zu orientieren. Hatte die Personalabteilung in einem ersten Entwurf den Bedarf an studierten Offizieren noch gedeckt gesehen, so erfolgte nun eine partielle Kehrtwende: Ministerialdirektor Gumbel wies in einer Ministervorlage Anfang März 1964 auf den Bedarf entsprechend ausgebildeter Offiziere hin, der »auf Grund des Bestandes und der gegenwärtigen Nachwuchslage z.Z. nicht unbedingt gesichert« sei.27 Schon aus rein militärischen Gründen benötige die Bundeswehr für insgesamt 320 Offiziersstellen Personal mit abgeschlossenem technischem Hochschulstudium. Da alternative Lösungsansätze (etwa die Einstellung ungedienter Bewerber als Offiziere) sich als nicht gangbar erwiesen hätten, war der Vorschlag eindeutig: »Zur Verbesserung der Bedarfsdeckung sollten […] auch Berufsoffiziere zum Hochschulstudium zugelassen werden« – eine Empfehlung, die Minister Hassel mit einer großen grünen Glosse »Ja« versah.28

Doch es waren nicht nur die politischen Zielvorgaben des Verteidigungsministers, die diesen Akademisierungsplänen Auftrieb gaben. Die militärinterne Debatte um ein Offiziersstudium geriet bald in den Sog der gesamtgesellschaftlichen Bildungsdebatte, die zwar in den Akten nur indirekt zutage tritt, aber das Denken und Handeln der Ministerialbürokratie unverkennbar prägte. Bildung war spätestens Ende der 1950er-Jahre zu einem politisch zentralen Thema avanciert, wie sich in diversen institutionellen Neugründungen zeigte (etwa des Wissenschaftsrates 1957).29 Militärische und sicherheitspolitische Aspekte schwangen als Subtext der Debatte stets mit. Es war nicht zuletzt der »Sputnik-Schock« 1957, der die Relevanz von Bildung, Forschung und Technologie im Wettbewerb der Systeme unterstrich und dabei auch stets von einer militärischen Dimension geprägt war.30

Richtig in Fahrt kam die Bildungsdebatte einige Jahre später. Den prominentesten Impuls gab Georg Picht, der 1964 publikumswirksam vor der »deutschen Bildungskatastrophe« warnte und eine »riesige Vermehrung der Quantitäten« vor allem »auf den höheren Ausbildungsstufen« forderte, um die Bundesrepublik nicht weiter hinter andere Industrieländer zurückfallen zu lassen.31 Auch wenn solche Warnungen vorerst keine ungeteilte Zustimmung fanden – der ehemalige Verteidigungsminister Strauß tat den Begriff »Hochschulreform« zunächst noch als »Modeausdruck« ab32 –, setzte sich über alle parteipolitischen Grenzen hinweg doch bald die Ansicht durch, dass die Universitäten in ihren bestehenden Strukturen kaum geeignet seien, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Überfüllte Hörsäle, Akademikermangel und Missstände in Lehre und Forschung – deutlich wie nie zuvor rückten Probleme des Hochschulwesens jetzt ins Blickfeld der Politik. Die nun eingeleiteten Reformen waren vielgestaltig. Neben neuen Hochschulgesetzen erfolgte ein massiver institutioneller Ausbau: 20 neue Universitäten wurden in den kommenden zehn Jahren gegründet, außerdem zahlreiche Fachhochschulen. Dies führte nicht nur zu einem erheblichen Anstieg der Studierendenzahlen (von 265.168 im Wintersemester 1963/64 auf 728.478 im Wintersemester 1973/74), sondern erhöhte auch die soziale Relevanz akademischer Qualifikationen.33 Diese wachsende Wertschätzung von Bildung machte am Kasernentor nicht halt.

Obwohl die Skeptiker auf der Hardthöhe die allgemeine Bildungsdebatte kaum ausdrücklich erwähnten, war ihnen eines doch klar: Sie mussten mit diesem Trend Schritt halten, sollte sich die ohnehin prekäre Personalsituation bei der Bundeswehr nicht noch weiter verschärfen. Dies galt umso mehr, als auch Stimmen wie Picht die verteidigungspolitische Relevanz von Bildung nachdrücklich betonten, auf die akademische Ausbildung von Offizieren im Ausland hinwiesen und vom BMVg forderten, jenen Qualifikationen stärker Rechnung zu tragen, die sich für die Soldaten aus den Bündnisverpflichtungen ergaben34 – was auch auf politisch-parlamentarischer Ebene registriert wurde.35

Mit Hassels Grundsatzentscheidung war die zentrale Weiche in Richtung eines wissenschaftlichen Offiziersstudiums gestellt. Die bis dahin bremsenden Abteilungen im BMVg gaben ihren Widerstand nun auf, wenn auch nicht schlagartig und vorbehaltlos. Insbesondere aus der Haushaltsabteilung kamen immer wieder Bedenken rechtlicher und finanzieller Art. Vor diesem Hintergrund wurden die Vorgaben des Ministers zunächst nur zaghaft umgesetzt, zumal die militärische Logik einstweilen vorherrschend blieb. Es wurde um jede einzelne Stelle gerungen. Hatte die Denkschrift des Führungsstabs der Bundeswehr von 1962 noch einen Gesamtbedarf von 1.236 Offizieren mit Hochschulstudium veranschlagt,36 so lag die in der Ministervorlage vom März 1964 anvisierte Zahl von 320 Offizieren nun weit darunter. Auch wurde die Frage eines geisteswissenschaftlichen Studiums vorerst ausgeklammert. Um den Bedarf zu decken, sollten in den nächsten vier bis fünf Jahren etwa 25 Berufsoffiziere pro Jahr ein Studium an einer Technischen Hochschule beginnen, freilich nach strenger Auswahl geeigneter Bewerber.37

Bereits das Studium dieser überschaubaren Zahl an Offizieren sorgte für bürokratische Probleme. Da nach einer ersten rechtlichen Prüfung eine Kommandierung zum Studium nicht infrage kam,38 spielte man zunächst mit dem Gedanken, die Offiziere für die Studiendauer zu beurlauben. Dies aber warf das Problem der Weitergewährung der Bezüge auf, die bei Beurlaubung von mehr als sechs Monaten nur mit Zustimmung des Bundesministeriums des Innern (BMI) zulässig war. Das BMI wies eine entsprechende Bitte des BMVg zurück, da hiermit allgemeine Grundsätze des Laufbahnrechts »durchbrochen« würden.39 Erst eine nachdrückliche Intervention des inzwischen zum Staatssekretär beförderten Gumbel bewog das Innenressort zum Einlenken: Das BMI stellte seine Bedenken im August 1964 zurück, zumindest für den begrenzten Umfang von jährlich höchstens 25 Beurlaubungen für ein technisches Studium – und dies auch bloß befristet bis Ende 1969.40 Damit schienen die größten Hürden für eine baldige Aufnahme des Studiums überwunden zu sein.

Zwischen den Zeilen deutete sich aber an: Es handelte sich lediglich um Übergangslösungen, zumal sich bereits abzeichnete, dass 25 Studenten pro Jahr den Bedarf nicht dauerhaft decken würden. In diesem Kontext wurde verschiedentlich die Idee einer bundeswehreigenen Technischen Hochschule geäußert, jedoch – vorerst noch – in einem abschlägigen Sinne. Aus dem Führungsstab der Bundeswehr, der einem Offiziersstudium eher aufgeschlossen war, hieß es im Juli 1964, dass »die Einrichtung einer bundeswehreigenen TH derzeitig [!] nicht zu verwirklichen« sei.41 Staatssekretär Gumbel dagegen argumentierte prinzipieller und bezeichnete die Einrichtung einer »Militärtechnischen Hochschule« aus einer wirtschaftlichen Logik heraus als »nicht rationell«.42

Im Wintersemester 1964/65 nahmen die ersten 24 Offiziere ihr Studium an den Technischen Hochschulen Darmstadt, Hannover und München auf.43 Schon bald traten aber weitere Unstimmigkeiten zutage. Die Beschränkung auf technische Studiengänge widersprach den Vorstellungen des Ministers, der sich bereits zuvor für ein eher ganzheitliches Studienkonzept eingesetzt hatte. Sichtlich verstimmt ordnete Hassel Mitte März 1965 eine Prüfung an, weshalb Offiziere bislang nur an Technischen Hochschulen studierten.44 Die Weisung des Ministers setzte die Planer eines Hochschulstudiums für Offiziere unter Druck, denn die Einbeziehung geisteswissenschaftlicher Studiengänge brachte die bisherige Konzeption ins Wanken. Da das BMI nur 25 Neubeurlaubungen pro Jahr für ein technisches Studium zugestimmt hatte, waren nun andere Lösungen gefragt. Nach einigem Hin und Her stellte die Verwaltungs- und Rechtsabteilung des BMVg ihre Bedenken gegen eine Kommandierung von Offizieren zum Studium zurück, zumal sich die Beurlaubungsregelung versorgungsrechtlich als problematisch erwiesen hatte.45 Mit dem nunmehr beschrittenen Weg, Offiziere zum Studium zu kommandieren, war eine bis heute wichtige statusrechtliche Weiche gestellt, was auch den späteren Ausbau der Studentenzahlen erlaubte.

Weitere militär-bürokratische Hürden konnten dank des politischen Drucks ebenfalls zügig überwunden werden: Zum Wintersemester 1965/66 nahmen immerhin 16 Offiziere ein geisteswissenschaftliches Studium auf.46 Die im Oktober 1965 erlassenen vorläufigen Richtlinien für das Studium von Berufsoffizieren des Truppendienstes an Universitäten und wissenschaftlichen Hochschulen waren ein erster Schritt in Richtung eines verstetigten Studiensystems innerhalb der Bundeswehr, machten aber zugleich deutlich, wie sehr dieses System einer militärischen Logik unterworfen blieb. Abgesehen von den strengen Auswahlkriterien waren die Offiziere in ihrem Studium keineswegs frei. Nicht nur waren Studienart, Studienfach und Studienort durch das BMVg vorgegeben, vielmehr konnten auch Wahlfächer vorgeschrieben werden. Ebenso waren die Studenten angehalten, für ihre Seminar- und Abschlussarbeiten Themen aus wehrwissenschaftlichen und -technischen Bereichen zu wählen. Die Durchführung des Studiums wurde dabei vom jeweiligen Disziplinarvorgesetzten überwacht, und die Studenten hatten in Gemeinschaftsunterkünften zu wohnen.47

3. Innere Führung als »Verkaufsargument« für ein Offiziersstudium?

Bei all diesen Beratungen in der Militärspitze spielte die Frage einer stärkeren Verknüpfung von Militär und Zivilgesellschaft keine Rolle. Vielmehr dominierte beim BMVg weiterhin eine strenge Bedarfslogik, nach der ein Hochschulstudium von Offizieren allenfalls dann akzeptabel erschien, wenn dies »unabweisbar notwendig« war.48 Nichtsdestoweniger war das Studium bei den Offizieren überaus beliebt. Wie der zuständige Referent in der Personalabteilung, Oberst Günther Münzing, 1966 in den Akten festhielt, überstieg die Zahl der interessierten Offiziere die gegebenen Möglichkeiten »bei weitem«.49

Die strikte Dichotomie zwischen militärischer und akademischer Ausbildung begann sich Mitte der 1960er-Jahre allmählich aufzulockern. Sichtbarer Ausdruck dieser Entwicklung war der Auftritt von Minister Hassel bei der Kultusministerkonferenz am 31. März und 1. April 1966 in Saarbrücken. In einem langen Grundsatzreferat präsentierte Hassel den Kultusministern seine Vorstellungen hierzu, was auch die »Neuordnung des Ausbildungs- und Bildungsganges des Offiziers« umfasste. Die angestrebte Integration könne, so lautete Hassels Leitmotiv, nur wechselseitig gelingen. Da »die Armee ein Teil des ganzen Volkes« sei, müsse »die Gesellschaft auch teilhaben an der Entwicklung der Bildungsgehalte des militärischen Führungsberufes«. Gleiches gelte aber ebenso umgekehrt. »Als Erzieher und Vorgesetzter« solle der Offizier, wie Hassel laut Protokoll darlegte, »durch sein Beispiel wirken und pädagogische Fähigkeiten besitzen, als Ausbilder und taktisch-technischer Fachmann brauche er Wissen, Können und Erfahrung. In seiner Führungsaufgabe als Staatsbürger fordere man vom Offizier Kenntnisse und Aufgeschlossenheit gegenüber politischen Fragen und anderen Lebens- und Wissensgebieten außerhalb seines Berufes, um die jungen Wehrpflichtigen über staatsbürgerliche und völkerrechtliche Probleme und über Gegenwartsfragen unterweisen zu können.« Neben der streng militärischen Ausbildung benötige der Offizier daher auch »eine offene Bildung unter den Augen und in enger geistiger Verbindung mit der Gesellschaft«. Vor diesem Hintergrund erklärte Hassel es zu seinem Ziel, »möglichst viele Offiziere nach ihrer vollen Ausbildung zum Offizier auf Staatskosten studieren zu lassen«.50

Doch so sehr nach außen mit den Idealen eines Staatsbürgers in Uniform argumentiert wurde: Innerhalb der Militärverwaltung spielten diese Fragen vorerst keine nennenswerte Rolle. Es blieb vor allem ein Argument, das in der politischen Öffentlichkeit gern genutzt wurde, um die Notwendigkeit eines Offiziersstudiums hervorzuheben. In den internen Aushandlungen gewann stattdessen die Nachwuchs-Problematik ab Mitte der 1960er-Jahre zusehends an Bedeutung.51 In verschiedenen Vorlagen des Jahres 1966 wurde der Personalbedarf mit dem drohenden Schwund von akademisch qualifizierten Offizieren kontrastiert. Dabei machte sich die Altersstruktur immer gravierender bemerkbar, gab es doch gerade bei den Älteren einen höheren Anteil von Akademikern: Ende November 1966 befanden sich unter den 816 Offizieren mit wissenschaftlicher Ausbildung nur 189, die jünger als 41 Jahre waren.52

Dass man sich bei der konkreten Planung des Offiziersstudiums auf die harten Fakten des militärischen Bedarfs berief, nicht aber auf die weichen Argumente des militärisch Wünschenswerten, lag auch an einem sich zusehends zuspitzenden Konflikt zwischen den Ressorts. Hatte das BMVg dem BMI bereits die Zustimmung zur Beurlaubungsregelung nur mühsam abringen können, so schaltete sich mit dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) ein weiterer Akteur ein, der die Pläne eines Offiziersstudiums zu durchkreuzen drohte. Das BMF erhob im August 1966 deutlichen Protest, nachdem bekannt geworden war, dass die Offiziere zum Studium (auch nicht-technischer Fächer) kommandiert würden. Das Finanzministerium bewertete diese Maßnahme als »dienstrechtlich nicht gerechtfertigt« und »mit dem Haushaltsrecht nicht in Einklang«. Dem folgte die Forderung, »zunächst keine weiteren Berufsoffiziere zum Studium an eine Hochschule zu kommandieren«.53

Statt den Bedenken der anderen Ressorts nachzugeben,54 trat das BMVg nun gleichsam die Flucht nach vorn an. Neben den Führungsstäben (auch der Teilstreitkräfte) avancierte dabei vor allem die Personalabteilung immer weiter zur Verfechterin eines Offiziersstudiums. Referent Münzing machte gegenüber anderen Stellen beim BMVg und in den anderen Ministerien deutlich, dass den Wünschen auf einen Stopp des Offiziersstudiums »nicht entsprochen« werden könne und das Programm fortgesetzt werde.55 Dabei ließ die Personalabteilung aufgrund des sich weiter zuspitzenden Nachwuchsmangels mehr Offiziere zum Studium zu, als es in den intra- und interministeriellen Aushandlungen eigentlich vorgesehen war.56 Zum Wintersemester 1966/67 studierten 79 Offiziere in einem technischen und 34 Offiziere in einem nicht-technischen Studiengang.57

Im weiteren Austausch zwischen den Ministerien drohte die Angelegenheit zu einem veritablen Streit zu eskalieren. Beide Seiten beharrten auf ihrer Position, der Ton der Schreiben wurde zunehmend schärfer.58 Anstatt den schriftlichen Schlagabtausch fortzusetzen, erfolgte Ende August 1967 eine Besprechung auf Abteilungsleiterebene zwischen BMVg und BMF, wobei seitens des Finanzressorts abermals die »völlige Abschaffung des Studiums« gefordert wurde. Die Folge war eine »hitzige Diskussion« ohne Einigung. Immerhin ging man mit dem Ergebnis auseinander, das Problem für das Haushaltsjahr 1968 auszuklammern.59

Während das Verteidigungsministerium nun nach außen eine Stillhaltetaktik verfolgte, wurden innerhalb des Hauses die Beratungen intensiviert, zumal die Notwendigkeit klar war, mittelfristig eine Verständigung mit den anderen Ressorts erreichen zu müssen.60 Ziel war dabei, für künftige Verhandlungen eine belastbare Begründung des Bedarfs an wissenschaftlich ausgebildeten Offizieren zu haben. Nachdem verschiedene Stellen beim BMVg umfangreiches Material erarbeitet hatten, konnte das federführende Grundsatzreferat der Personalabteilung unter Leitung von Oberst Münzing Ende Januar 1968 eine erste, 22-seitige Ausarbeitung vorlegen, die den Bedarf und Bestand eingehend erläuterte, dabei auch historische Rückgriffe machte und die Situation in der Bundesrepublik mit derjenigen in anderen Ländern verglich. Die Quintessenz war eindeutig: Da der Bedarf an studierten Offizieren die Zahl der entsprechend qualifizierten Bewerber »um ein Mehrfaches« übersteige, müssten »auch Berufsoffiziere zum Studium kommandiert werden«.61

Rückenwind für diese Forderungen kam von verschiedenen Seiten. Als etwa der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages im Mai 1968 seinen Jahresbericht vorlegte, wies er auch auf das Offiziersstudium hin – und auf die Notwendigkeit der Bundeswehr, akademisch qualifiziertes Personal »in immer größerer Zahl« für sich zu gewinnen.62 Sehr deutlich drängte der vertagte Konflikt um das Offiziersstudium auf eine grundsätzliche Lösung.

Wie in der Rückschau klar wird, entwickelte sich die Diskussion zu einem sich selbst dynamisierenden Prozess: Durch die stete Aushandlung innerhalb des BMVg, aber auch zwischen den Ministerien, wurden die Argumente für ein (zumindest teilweise) wissenschaftlich gebildetes Offizierskorps sukzessive gestärkt und gefeilt. Eine Folge davon war, dass man einen immer größeren Bedarf an Offizieren mit Hochschulstudium erkannte. Bei einer Besprechung auf der Hardthöhe Anfang März 1968 wurde der Bedarf auf 525 Stellen veranschlagt, eine Größenordnung, die die doppelte Zahl an Kräften erfordere.63 Anderthalb Jahre später wurde die Situation deutlich dramatischer bewertet. Zwar ging Münzings Referat Anfang September 1969 behelfsmäßig weiterhin von 525 Stellen aus. Doch rechnete man nun mit der dreifachen Zahl an benötigten Kräften. Einem Soll von 1.575 studierten Offizieren stand nur ein Ist von 621 Offizieren mit Hochschulabschluss gegenüber – ein eklatantes »Fehl« von rund 61 Prozent.64

Angesichts solcher Szenarien hatte sich das Hochschulstudium für Truppen­offiziere in den späten 1960er-Jahren im mentalen Horizont der Bundeswehrführung fest etabliert. Selbst konservative Kräfte wie Heinz Karst, seinerzeit General des Erziehungs- und Bildungswesens im Heer, konnten sich dieser veränderten Wahrnehmung nicht völlig verschließen.65 In der Personalabteilung wurde im März 1968 gar die Ansicht vertreten, das Offiziersstudium sei »eine Institution, von der die künftige Entwicklung von Strategie, Taktik und Technik in starkem Maße abhänge«.66

Herausgefordert wurde die Idee des Offiziersstudiums dagegen durch die Studentenbewegung, die seit 1967 an den westdeutschen Universitäten für erhebliche Unruhe sorgte, aber auch unter den Militärs die Frage aufwarf, inwieweit eine engere Verbindung zwischen Bundeswehr und zivilem Universitätsleben überhaupt zu wünschen sei. Der gesellschafts- und staatskritische Impetus der Studierenden richtete sich nicht zuletzt gegen das Militär, dem man innenpolitische Unterdrückungsfunktionen, ja einen kryptofaschistisch-imperialistischen Charakter unterstellte (»Unser Vietnam ist die Bundeswehr«).67 Vor diesem Hintergrund führte General Karst 1969 eine evaluierende Tagung zum Offiziersstudium durch, an der auch 27 studierende Offiziere teilnahmen. Dabei sollte nicht nur ergründet werden, inwieweit »linksradikale Vorstellungen« auf die Soldaten »abgefärbt« hatten, sondern auch, wie die Offiziere ihr Studium auffassten, wie sich dies auf das Verhältnis zur Bundeswehr auswirkte und was sie sich vom Studium versprachen.68

Während sich eine Politisierung der Offiziere durch die Studentenbewegung nicht in nennenswertem Maße beobachten ließ, rückten Bedeutung und Rahmenbedingungen des Studiums in den Fokus. Die Sicht der studierenden Offiziere auf die Lage an den Universitäten war dabei ausgesprochen negativ. Sie nahmen die Universitäten nicht nur als Orte eines staatsfeindlichen Klimas und linksradikaler Umtriebe wahr, sondern kritisierten auch die Studienbedingungen (Überfüllung, schlechte Betreuungssituation usw.) und eine gewisse Entfremdung vom militärischen Leben. Einem Offizier erschien es etwa schleierhaft, »wie eine Struktur, in der Professoren wie absolute Fürsten entscheiden können, effizient arbeiten soll«.69 Für einen seiner Kommilitonen war die Universität nicht mehr als ein »amtliches Scheinerteilungsinstitut« mit »wissenschaftlicher Bücherei«.70 Vor allem aber wurden viele Offiziere mit einem negativen Image der Bundeswehr konfrontiert. Wie einer von ihnen darlegte, bestehe langfristig eine »Desintegrationsgefahr zwischen Bundeswehr, Gesellschaft und Jugend, wenn das Heterostereotyp der Bundeswehr dauernd mit negativen Elementen belastet wird«.71

Dennoch sahen fast alle Offiziere die Vorteile des Studierens. Dies galt nicht nur für die persönliche Ausbildung und die damit verbundenen Chancen, sondern auch für die Reflexion der eigenen Rolle als Soldat. Einer der Offiziere nannte den »Verunsicherungseffekt der Studiensituation« gar als »positivste Erfahrung des ganzen Studiums. Während im Beruf alles darauf abgestellt war, unreflektierte Sicherheit zu vermitteln«, sei man nun gezwungen, »sein berufliches Selbstverständnis ein zweites Mal zu erwerben, diesmal jedoch unter dem Zwang zu kritischer Rationalität«.72 Auch mit Blick auf die gesamte Bundeswehr wurde das Studium an sich äußerst positiv wahrgenommen – sowohl zur Nachwuchsgewinnung73 als auch zur besseren Integration von Zivilgesellschaft und Bundeswehr. Trotz mancher Kritik an der Durchführung des Studienprogramms waren sich viele Offiziere darin einig, dass die Bundeswehr aus der Akademisierung erheblichen Gewinn ziehen könne. Dieser Ansicht folgte auch Karst, der in seinem Bericht resümierte, die Bundeswehr könne die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt nur durchhalten, »wenn eine wissenschaftliche Fachausbildung integraler Bestandteil der Offizierlaufbahn wird«.74

Die Frage eines Offiziersstudiums blieb indes nicht auf die militärische Sphäre beschränkt, sondern wurde seit den späten 1960er-Jahren immer stärker auch auf politischer und gesellschaftlicher Ebene diskutiert. So regte der Publizist Klaus Mehnert im November 1969 in einem Brief an den kurz zuvor ernannten Verteidigungsminister Helmut Schmidt an, »eine Hochschule [zu] gründen«, an der Soldaten während ihrer Dienstzeit studieren könnten, gegebenenfalls mit einem Fernstudium.75 Ausdruck des gestiegenen Interesses war auch eine gemeinsame Kleine Anfrage der Bundestagsfraktionen von SPD und FDP zu akademisch ausgebildeten Offizieren vom 24. Februar 1970.76 Die Bundesregierung konfrontierte nun auch die politische Öffentlichkeit mit dem geradezu dramatischen Mangel von rund 60 Prozent.77 Reformstau und Handlungsbedarf erschienen vor diesem Hintergrund höher denn je. So war es für den neuen Minister naheliegend, zu Beginn seiner Amtszeit eine umfassende Bestandsaufnahme vorzunehmen.

4. Vom Weißbuch 1970 zur Bildungskommission 1971

Mitte Mai 1970 stellte Schmidt seine politischen Leitlinien in einem 200-seitigen Weißbuch vor, das Theo Sommer als Leiter des Planungsstabes gemeinsam mit dem Politikberater Christoph Bertram erarbeitet hatte. Im Zentrum stand dabei die Lage der Bundeswehr selbst. Ein ganzes Kapitel war dem Zusammenhang zwischen Bundeswehr und Gesellschaft gewidmet, insbesondere dem Konzept des »Staatsbürgers in Uniform« und seiner Relevanz für Bildung und Ausbildung in den Streitkräften. Die Bundeswehr müsse Bildung als zentrale Voraussetzung für ihre Auftragserfüllung anerkennen und dürfe sie nicht als »entbehrliche Zutat« abtun.78 Militärische Bildungswege müssten stärker mit zivilen Berufsbildern verknüpft werden, sodass sie den Soldaten auch nach ihrer Dienstzeit nützten. Von einem Studium war zunächst noch keine Rede, obwohl das Weißbuch auf Veränderungen und Reformen in der zivilen Bildungspolitik verwies, denen sich die Bundeswehr nicht verschließen könne.

So griff Schmidt längst bekannte Forderungen auf und gab ihnen einen frischen Anstrich. Eine akademische Ausbildung diene nicht nur der Attraktivität der soldatischen Laufbahn und der Effektivität moderner Streitkräfte, sondern passe auch zum Grundprinzip der Bundeswehr, Soldaten als »Staatsbürger in Uniform« fest in der Gesellschaft zu verankern. Dieser argumentative Dreiklang zog sich durch alle Phasen der Gründungsgeschichte, wobei die Motive je nach Gelegenheit und politischer Vorliebe unterschiedlich akzentuiert wurden. Aus Sicht des BMVg galt es zunächst, das Nachwuchsproblem zu lösen, ohne die konservativen Militärs zu verprellen. Das Weißbuch leitete die Bildungsreform dagegen vor allem aus grundsätzlichen Überlegungen zur Rolle von Soldaten in der demokratischen Gesellschaft her.79 Hier erschien die Bundeswehr als offene Institution und Teil der pluralistischen Gesellschaft, in der Soldaten auch konträre politische Positionen äußern durften und sollten – ein Appell, den Schmidt in den nächsten Jahren mehrfach bekräftigte.80

Genau dieser Aspekt traf bei den Konservativen auf Widerstand. Das Gros der Bundeswehrführung war noch in der Wehrmacht sozialisiert worden, deren autoritäre Werte auf die Bundeswehr abfärbten. Auch viele jüngere Offiziere lehnten die Reform ab. Sie wollten »den Kämpfer und nicht den Denker«, so Eckardt Opitz, der als Vertreter des BMVg den Gründungsprozess begleitete.81 Politischer und gesellschaftlicher Pluralismus als Grundlage der Inneren Führung war ihnen lästig.82 In Teilen der Truppe herrschte ein regelrecht bildungsfeindliches Klima. So berichtete Klaus Mehnert 1969 aus seinen Erfahrungen als Professor und Mitglied des Beirats für Innere Führung, dass studierende Soldaten in der Truppe als »unkameradschaftlich« galten, weil sie sich lieber in Bücher vertieften als an »Herrenabenden« teilzunehmen.83

Doch während sich der »Spiegel« noch darüber amüsierte, wie akribisch und »irrsinnig geheim« das Weißbuch erstellt worden war,84 liefen im BMVg schon die Vorbereitungen für die nächsten Schritte. Am 11. Juli 1970 wurde die sogenannte Bildungskommission einberufen, die im Weißbuch angekündigt worden war und die Empfehlungen für die Reform erarbeiten sollte. Ihr gehörten 24 Fachleute aus Politik, Wissenschaft und Militär an, darunter auch der inzwischen zum Unterabteilungsleiter und Brigadegeneral beförderte Günther Münzing, der das Offiziersstudium beim BMVg federführend bearbeitet hatte, und Jürgen Fischer, der Generalsekretär der Westdeutschen Rektorenkonferenz. Den Vorsitz übernahm Thomas Ellwein (1927–1998), der zu einem maßgeblichen Architekten der Bundeswehrhochschulen avancierte. Der promovierte Jurist galt als »brillanter Rhetoriker« und war kurz zuvor als Direktor des Wissenschaftlichen Instituts für Erziehung und Bildung in den Streitkräften berufen worden.85 Die »ZEIT« nannte ihn einen »Scharnhorst der Bundeswehr«.86 Ellwein leitete die Bildungskommission mit viel Geschick und verteidigte ihre Ergebnisse in der Öffentlichkeit. Als liberaler Sozialdemokrat war er von der Notwendigkeit von Bildung im Militär fest überzeugt. Zugleich gelang es ihm als Weltkriegsveteran (er war 1945 mit 17 Jahren noch zur Wehrmacht eingezogen worden), die militärischen Vertreter so einzubinden, dass Minister Schmidt argumentieren konnte, die Generalität stehe hinter dem Reformkurs.87

Das Papier war nicht leer, als die Bildungskommission am 10. September 1970 ihre Arbeit aufnahm, aber Ellwein brachte die Beratungen zügig voran. Bereits Mitte Dezember konnte ein erstes »Rahmenkonzept« veröffentlicht werden, das die wesentlichen Reformvorschläge enthielt.88 Im Zentrum standen die qualitative Aufwertung von Bildung und Ausbildung in allen Dienstgruppen sowie der Übergang in zivile Berufe für Zeitsoldaten. Besondere Aufmerksamkeit erhielt der nun explizite Vorschlag, der im Vergleich zu den bisherigen Studienmöglichkeiten das eigentliche Novum darstellte: bundeswehreigene Hochschulen. Sie sollten ein wissenschaftliches Studium für – auch dies war neu – alle Offiziere anbieten, ein Studium, das dem Niveau allgemeiner Hochschulen entsprechen und doch den Besonderheiten des militärischen Berufs gerecht werden sollte. Letzteres war an zivilen Hochschulen schon aus praktischen Gründen schlecht vorstellbar, denn Ellweins Konzept sah einige curriculare Besonderheiten vor, darunter sogenannte erziehungs- und gesellschaftswissenschaftliche Anteile (EGA), welche alle studierenden Soldaten im Sinne der Inneren Führung zur Reflexion über ihren künftigen Beruf anregen sollten. Zudem ging Ellwein davon aus, dass es politisch nicht vermittelbar sein würde, ganze Jahrgänge von Offizieranwärtern an die bestehenden Universitäten zu schicken. Bundeswehreigene Hochschulen waren also eine pragmatische Lösung. Sie boten einen »mittleren Weg«, der militärische Wünsche bediente, aber ebenso das Ziel verfolgte, die Bundeswehr »stärker zur übrigen Gesellschaft hin [zu] öffnen«.89

Kritische Stimmen meinten darin dennoch einen Verfall militärischer Werte zu erkennen und warfen dem Verteidigungsminister vor, die Kampfkraft der Bundeswehr zu vernachlässigen. Das Rahmenkonzept beruhe auf »freischwebende[n] und idealisierte[n] Modellvorstellungen und Behauptungen«. Es sei dominiert von »zivilberuflichen Eigeninteressen«, so der Politikwissenschaftler Klaus Hornung.90 Im »ZDF-Magazin« vom 20. Januar 1971 sah sich Schmidt dem Vorwurf ausgesetzt, die Bundeswehr solle »ideologisiert« werden und laufe Gefahr, sich selbst in Frage zu stellen. Dem widersprach der Minister vehement: Vielmehr sei es unausweichlich, Bildung und Ausbildung zu hinterfragen. Er versicherte, die Wirksamkeit zukünftiger Streitkräfte stehe »im Zentrum der ganzen Sache«, fügte dann aber gleich das andere Motiv hinzu, Streitkräfte müssten attraktiv genug sein, damit sich »wirklich gute junge Leute bereitfinden, diesen Beruf als ihren Beruf zu erwählen«.91

Zum Schluss des ZDF-Interviews erklärte Schmidt den Anspruch, die Bundeswehr müsse im Sinne Scharnhorsts »an der Spitze des Fortschritts« marschieren. Die Hochschulen der Bundeswehr sollten in die »Spitzengruppe der deutschen Hochschullandschaft« streben. Zugleich wehrte sich der Minister gegen die Kritik, die Soldaten würden durch ein Studium ideologisiert, besonders in den Fächern Sozialwissenschaften und Pädagogik. Im Grunde begrüße er sogar eine Politisierung des Offizierskorps, nämlich »eine ausgeprägtere Fähigkeit zum Mitdenken in den politischen Zusammenhängen«.92 Schmidt verstand es, mit den verschiedenen Begründungssträngen zu spielen und sie situationsabhängig einzusetzen.

Ähnlich verteidigte auch Ellwein die Arbeit der Bildungskommission einige Wochen später im »Spiegel«. »Ein wertvoller Kämpfer muß nachdenken«, entgegnete er den Kritikern aus der Truppe und der politischen Opposition.93 Wenn sich jemand kein Studium zutraue, müsse die Bundeswehr überlegen, ob er der richtige Mann sei. Die Formel der Kritiker – »wer denkt, schießt nicht« – war ihm viel zu plump. Im Gegenteil, so Ellwein, gebe es zahlreiche Generäle, die sogar verlangten, dass auch Politikwissenschaft als Studium angeboten werde. Ebensowenig werde das Prinzip von Befehl und Gehorsam untergraben, denn schon vor der Reform sei es kein absolutes gewesen, sondern stets im Kontext abzuwägen. Ellwein machte kein Geheimnis aus seinen sozialliberalen Grundüberzeugungen, verstand es aber, sie mit verteidigungspolitischen Zielen in Einklang zu bringen. Dabei genoss er den Rückhalt des Ministers und der Bildungskommission, auch als die Presse zeitweise über ein Scheitern der Reform spekulierte.94

So konnte die Bildungskommission ihren Abschlussbericht am 17. Mai 1971 einstimmig verabschieden und dem BMVg übergeben. Die zentrale Empfehlung: ein dreijähriges wissenschaftliches Studium für alle Offiziere an hierfür zu gründenden Hochschulen der Bundeswehr, das dem Studium an allgemeinen Hochschulen vergleichbar sein sollte.95 Als Fachbereiche waren vorgesehen: Organisations- und Betriebswirtschaft, Pädagogik, Informatik sowie Maschinenbau, Luft- und Raumfahrttechnik, Elektrotechnik und Bauingenieurwesen. Hinzu kamen die EGA sowie militärische und fachliche Praktika. Um die Reform zügig umzusetzen, empfahl die Kommission, möglichst bald konkrete Curricula zu erarbeiten.

Sichtlich zufrieden mit dem Ergebnis, unterstrich Schmidt in seinem Vorwort zum Bericht noch einmal die bekannten Ziele der Reform, betonte aber zugleich ihren Beitrag zum inneren Gefüge der Truppe – ihren »moralischen, politischen und militärischen Wert«.96 Akademisch gebildete Offiziere leisteten einen großen Beitrag zur militärischen Führungsarbeit und hätten außerdem bessere Entwicklungschancen als andere Soldaten. Insofern schaffe die Bildungsreform auch mehr Chancengleichheit – ein Wink an seine Parteigenossen, die den Aspekt der »sozialen Sicherstellung« betont sehen wollten.97 Wie eingehend Schmidt sich persönlich mit der Sache auseinandersetzte, belegen die akribisch kommentierten Entwürfe in seinem Nachlass.98

Unterstützung bekam der Minister vom Generalinspekteur der Bundeswehr, Ulrich de Maizière, der bereits seit 1966 im Amt war und zu den Vätern der Inneren Führung gehörte. Im Manuskript für eine Rede an der Hamburger Führungsakademie im Sommer 1971 heißt es über die Ziele der Bildungsreform – ganz im Sinne Schmidts: »Das Kernstück der Reform ist, daß die neue Ausbildung die Integration von Zivil und Militär in dem zentralen Bereich von Bildung und Ausbildung bringt […]. Es geht um eine unauflösliche Verzahnung von militärischer und gesellschaftlicher Entwicklung. Der Offizier der Bundeswehr wird seinen Stolz und seine Freiheit, seine Überlegenheit und seine Form echter Wissenschaft verdanken; und es wird die Wissenschaft des 20. Jahrhunderts und der Bezugsrahmen der modernen demokratischen Leistungsgesellschaft sein, an denen er in seine Aufgabe hineingeführt wird.«99

5. Erfolgloser Widerstand gegen bundeswehreigene Hochschulen

Kaum war der Bericht der Bildungskommission veröffentlicht, formierte sich Widerstand in den Wissenschaftsorganisationen. Am 23. Juli 1971 gab der Wissenschaftsrat eine vorläufige Stellungnahme ab.100 Darin begrüßte er zwar grundsätzlich die Idee eines Studiums für Offiziere, wollte es aber möglichst an zivilen Hochschulen angesiedelt wissen. Die Vorbehalte bezogen sich sowohl auf die inhaltlichen Besonderheiten bundeswehrspezifischer Hochschulen als auch auf die Studienstruktur, da man befürchtete, die von der Bundeswehr angestrebten Institutionen könnten eigene Reformpläne behindern. Seine endgültige Haltung machte der Wissenschaftsrat daher von der Ausgestaltung der Curricula abhängig.

Ungeachtet der Kritik wurde im BMVg ein »Verwirklichungsplan« (auch bekannt als »Grobanalyse«) erarbeitet, der bereits Ende Juli vorlag.101 Ausgehend von den Empfehlungen der Bildungskommission skizzierte dieser Plan die nächsten Schritte zur Gründung bundeswehreigener Hochschulen in Hamburg und München (ursprünglich war auch Darmstadt als Standort für Maschinenbau vorgesehen, wurde dann aber mit München zusammengelegt). Der Plan enthielt Berechnungen der Studienplätze, des benötigten Lehr- und Verwaltungspersonals sowie des infrastrukturellen Bedarfs. Als Beginn des Lehrbetriebs war der 1. Oktober 1973 vorgesehen. Aus Sicht des BMVg war die Gründung der Bundeswehrhochschulen nur noch eine Frage der Umsetzung. Als Zeichen des guten Willens führte man ab November 1971 trotzdem Gespräche mit einer Reihe existierender Hochschulen (die sogenannte »Befragungsaktion«), um auszuloten, ob sie studierende Soldaten aufnehmen könnten.102

Was folgte, war ein mehrmonatiges Ringen mit den Wissenschaftsorganisationen. Neben dem Wissenschaftsrat protestierten auch die Westdeutsche Rektorenkonferenz und der Deutsche Bildungsrat. Ein Sprecher der Rektorenkonferenz warnte vor einer »Separierung der Offiziere von der Gesellschaft«.103 Auch die Bundesassistentenkonferenz als Vertretung von rund 35.000 Hochschullehrenden sprach sich gegen bundeswehreigene Hochschulen aus und hielt dem Verteidigungsminister vor, er habe die Verhandlungen mit den zivilen Hochschulen nie ernstgenommen – ein berechtigter Vorwurf, denn tatsächlich wurden die Bedenken der Wissenschaftler im internen Schriftverkehr des BMVg als »emotionell motiviert« abgetan.104 Zwar war die Zustimmung der Wissenschaftsorganisationen keine Bedingung für bundeswehr­eigene Hochschulen, aber sie galt als wichtiger Indikator, gerade mit Blick auf die betroffenen Bundesländer, die in jedem Fall zustimmen mussten.

Drei Einwände gegen bundeswehreigene Hochschulen wurden besonders deutlich artikuliert. Erstens sah man die Gefahr gesellschaftlicher Abkapselung durch ein berufsbezogenes Studium ohne Kontakte jenseits der Bundeswehr. Befehl und Gehorsam stünden im Widerspruch zur allseits verlangten Demokratisierung der Hochschulen. Die Studenten an diesen »Männer-Universitäten« würden wie im »Ghetto« leben, so die Befürchtung der Wissenschaftler. Statt kritischer Lehre würden sie eine »bundeswehrrelevante Fachausbildung im loyalitätssicheren Klima« erhalten. Ein Studium an öffentlichen Hochschulen hingegen könne ihnen »offene, geistige Auseinandersetzung mit gesellschaftsrelevanten Problemen« bringen.105 Ähnliche Kritik kam aus der organisierten Studierendenschaft.106

Zweitens befürchteten die Wissenschaftler, dass bundeswehreigene Hochschulen die Funktion von »Experimentieruniversitäten« einnehmen und einen Präzedenzfall für die Reformdebatte an zivilen Hochschulen schaffen könnten. Das vorgesehene Organisationsmodell erlaube neue Studienverläufe, andere Semesterzeiten, praxisorientierte Abschlussprüfungen sowie schlechtere Beschäftigungsverhältnisse für das wissenschaftliche Personal. Im schlimmsten Fall würden die Bundeswehrhochschulen zum Modell für »rigide organisierte, reflexionsarme, hochkontrollierte Kurzstudiengänge« an bundeseigenen Hochschulen, die sich der Kontrolle der Länder und der übrigen Wissenschaft entziehen würden.107

Drittens stellte man die wissenschaftliche Qualität bundeswehreigener Hochschulen in Frage. Hier sah man die Gefahr, die Bundeswehrhochschulen könnten »lediglich im Interesse der Bundeswehr, nicht aber für die sie tragende Gesellschaft arbeiten«.108 Würden an Bundeswehrhochschulen wirklich wissenschaftliche Verhältnisse herrschen? Wie stünde es um die Forschungsfreiheit des Personals? War ein wissenschaftlich-kritischer Anspruch vereinbar mit der institutionellen Eigenlogik der Bundeswehr?

Demgegenüber schärfte das Ministerium die Argumente für bundeswehreigene Hochschulen noch einmal nach und zeigte Probleme der geforderten Alternative auf: Wie würden die Studienverläufe zueinander passen? Wie sollten die Bundeswehrstudenten untergebracht werden? Wären Studenten in Uniform akzeptabel? Würde es ein ministerielles Mitspracherecht bei neu zu schaffenden wissenschaftlichen Stellen geben? Zudem musste man befürchten, dass potentielle Bundeswehrstudenten aufgrund des Numerus clausus keine Aussicht auf einen Studienplatz hätten.109

Am gravierendsten war jedoch, dass es nicht genügend Studienplätze gab. Die »Befragungsaktion« aus dem November 1971, durchgeführt von Ellweins Institut für Erziehung und Bildung in den Streitkräften, war zu einem ernüchternden Ergebnis gekommen. Von zehn befragten Hochschulen war keine einzige mit den Bedingungen des BMVg einverstanden. Zwei waren überhaupt nicht zur Aufnahme von Studenten der Bundeswehr bereit. Ein weiteres gewichtiges Argument für die Befürworter bundeswehreigener Hochschulen waren die Vorbehalte aller befragten Hochschulen, einen gesonderten curricularen Aufbau sowie Berufsbezüge zuzulassen. Letzteres aber war ein dringender Wunsch der Bundeswehr, besonders unter den konservativen Militärs.110

Schließlich gelang es den Vertretern des BMVg, die Skeptiker zu überzeugen, indem sie versprachen, die Bundeswehrhochschulen würden eng verzahnt mit bestehenden Hochschulen arbeiten und perspektivisch sogar in sie integriert werden. In den Sprechzetteln der Verhandlungsführer wird deutlich, dass dieses Argument sehr gezielt eingesetzt wurde.111 Inwiefern sie sich bewusst waren, dass eine solche Integration auch künftig schwierig sein würde, ist unklar. Jedenfalls unternahmen sie keine Anstrengungen, Pläne für eine Zusammenlegung anzufertigen, sodass es sich wohl in erster Linie um eine taktische Zusage handelte. Während in München die Integration von vornherein keine große Rolle spielte, könnte man dem Hamburger Senat das Versäumnis anlasten, die Integrationsabsichten des BMVg im Abkommen mit der Bundesrepublik nur vage festgehalten zu haben.112

Somit kam es gewissermaßen zu einer zweiten Entscheidung für bundeswehr­eigene Hochschulen, welche die erste Entscheidung, die bereits mit dem Rahmenkonzept im Dezember 1970 gefallen war, mit weiteren (pragmatischen) Argumenten unterfütterte und gegenüber Kritikern verteidigte. Im März 1972 erteilte Schmidt den internen Auftrag für die Errichtung von Bundeswehrhochschulen, noch bevor im Juni die formelle Entscheidung im Bundeskabinett fiel.113 Über den Sommer bereitete man die Gründungsausschüsse vor.

Von hier an verliefen die beiden Gründungen in München und Hamburg getrennt, wobei schon bald Unterschiede erkennbar wurden. So versicherte der bayerische Kulturstaatssekretär Erwin Lauerbach zwar, dass die Ausbildung an beiden Standorten »gleich­artig« sein werde, beabsichtigte aber doch, »andere Akzente im Ausbildungsangebot zu setzen«, da in München die technischen Fächer überwögen und der »Wehrtechnik eine höhere Bedeutung« zukomme.114 Auch die Ansiedlung der Münchner Hochschule auf dem Fliegerhorst Neubiberg außerhalb der Stadtgrenze unterschied sich deutlich vom Hamburger Pendant. Zudem ergaben sich Probleme bei der Integration der Fachhochschulen des Heeres und der Luftwaffe in die zu gründende Hochschule, was dazu führte, dass zwischenzeitlich erwogen wurde, die Münchner Studenten für das erste Jahr nach Hamburg zu verlegen.115 Wenige Wochen vor der geplanten Gründung protestierte Ellwein, der auch in München den Gründungsausschuss leitete, als er politische Einflussnahme bei der Berufung einzelner Professoren wähnte.116 Schließlich wurde die Münchner Hochschule zwar noch im Jahr 1973 gegründet, allerdings zunächst kommissarisch von einem General geleitet. Die Hamburger Hochschule war hingegen von Beginn an stärker in die Stadt integriert, obgleich es auch hier Kontroversen gab.

6. Richtungskämpfe im Hamburger Gründungsausschuss

Obwohl die wesentlichen Merkmale der neuen Hochschule in den »Vorläufigen Rahmenbestimmungen« bereits angelegt waren,117 bot die Arbeit des Gründungsausschusses Gelegenheit, die bekannten Meinungsverschiedenheiten noch einmal auszutragen und die Prägung der Hochschule zu beeinflussen. Vertreten waren fünf Professoren, zwei studierende Offiziere, je ein Vertreter für die Universität Hamburg und die Wissenschaftsbehörde sowie zwei Vertreter des BMVg, darunter der Historiker und spätere Professor Eckardt Opitz.118 Für den Beirat der (geplanten) Gesamthochschule Hamburg wurde der Jurist Harro Plander in den Ausschuss berufen, der sich als progressiver Gestalter hervortat.119 Den Vorsitz übernahm wiederum Thomas Ellwein.

Der Gründungsausschuss tagte von November 1972 bis Januar 1974 insgesamt 21-mal im Plenum, wobei wichtige Weichenstellungen bereits Anfang Januar 1973 in drei Sitzungen einer Unterkommission vorgenommen wurden. Hier wurden die Rahmenbestimmungen überarbeitet, die neben einigen Grundsätzen zum Aufbau der Hochschule und ihren Organen auch Angaben zu Studiengängen, Prüfungen und hochschulpolitischen Gremien enthielten. Plander brachte mehrere Änderungsvorschläge ein, die auf eine wissenschaftlich selbstständige und demokratisch verfasste Hochschule abzielten.

Protestplakat des AStA der Universität Hamburg, 14. Februar 1973: »Wo eine solche Entwicklung enden kann, ist uns in der Weimarer Republik vorexerziert worden. Und weiter haben wir aus der Geschichte gelernt, daß nicht die widerstandslose Hinnahme dieser Maßnahmen die Demokratie schütze […], sondern nur die Mobilisierung und die Aktionseinheit aller fortschrittlichen Kräfte […].« (Staatsarchiv Hamburg, 136-3, Nr. 836)
Protestplakat des AStA der Universität Hamburg,
14. Februar 1973: »Wo eine solche Entwicklung enden kann, ist uns in der Weimarer Republik vorexerziert worden. Und weiter haben wir aus der Geschichte gelernt, daß nicht die widerstandslose Hinnahme dieser Maßnahmen die Demokratie schütze […], sondern nur die Mobilisierung und die Aktionseinheit aller fortschrittlichen Kräfte […].«
(Staatsarchiv Hamburg, 136-3, Nr. 836)

Manchen Kritikern aus der Hamburger Wissenschaft und der Stadtgesellschaft reichte das nicht. Ende 1972 formierte sich die »Initiative kontra Bundeswehr-Uni«.120 Kurz darauf mobilisierten auch die Deutsche Friedens-Union und der AStA der Universität Hamburg gegen die Bundeswehrhochschule.121 Sie beklagten die drohende Militarisierung des Bildungswesens, die privilegierte finanzielle Ausstattung der Bundeswehrhochschule sowie die fehlende Einbindung der Parlamente in den Entscheidungsprozess. Der Gründungsausschuss blieb davon ebenso unbeirrt wie von der ablehnenden Haltung des SPD-Kreisverbandes Hamburg Nord – ausgerechnet Schmidts Heimatverband.122 Am 26. Januar diskutierte der Gründungsausschuss eine überarbeitete Version der Rahmenbestimmungen, die drei grundlegende Konfliktbereiche offenlegte.

Zunächst ging es um Governance-Fragen. Plander hatte in der Unterkommission angeregt, die Hochschule nicht als Dienststelle des BMVg, sondern als Körperschaft des öffentlichen Rechts zu errichten.123 Der Gründungsausschuss nahm den Vorschlag zwar an, sah aber zugleich ein, dass es dazu eines Bundesgesetzes bedurfte, was schon aus Zeitgründen unwahrscheinlich erschien und sich letztlich nicht verwirklichen ließ.124 Bei den Hochschulgremien sollten die Studenten gestärkt werden. So sprach sich Plander für eine »verfaßte Studentenschaft« und eine wirksame Vertretung in allen Gremien aus.125 Zwar war bereits in den Rahmenbestimmungen vorgesehen, dass die Hochschule ihre akademischen Angelegenheiten selbst wahrnehme. Der Gründungsausschuss erweiterte aber das Spektrum solcher Angelegenheiten insbesondere um die Immatrikulation und Exmatrikulation126 – ein nicht unwichtiges Detail, wie eine Auseinandersetzung im Jahr 2021 zeigte, nachdem militärische Vorgesetzte für eine Abschlussfeier Uniformpflicht angesetzt hatten.127

Umstritten war das Verhältnis zwischen akademischer Selbstverwaltung und militärischer Befehlsordnung auch mit Blick auf den Leiter des Studentenbereichs, so die Bezeichnung des höchsten truppendienstlichen Vorgesetzten der studierenden Soldaten. Während es ihm laut Rahmenbestimmungen zustand, beratend an Sitzungen der Kollegialorgane teilzunehmen, wurde dieser Passus vom Gründungsausschuss gestrichen. Plander ging so weit, dem militärischen Vorgesetzten überhaupt keinen Sitz in den Hochschulgremien zuzuweisen, »damit Studentenvertreter sich nicht durch ihren Disziplinarvorgesetzten beeinflußt fühlen können«.128 Letztlich bekamen die militärischen Vorgesetzten zwar Sitze in den Gremien, allerdings nur beratende Stimmrechte.

Neben der Hochschulorganisation und -leitung äußerte sich dieses Spannungsverhältnis auch in der Ausgestaltung der Meinungsfreiheit der Studenten sowie der Lehr- und Forschungsfreiheiten für das wissenschaftliche Personal. Größter Streitpunkt war der Status der studierenden Soldaten. Zwar waren hierfür in den 1960er-Jahren bereits wichtige Weichen gestellt worden (etwa die Möglichkeit der Kommandierung zum Studium), doch warf die Neuordnung weitere Fragen auf: Während in den vorläufigen Rahmenbestimmungen lediglich festgestellt wurde, dass die Studenten Soldaten blieben, äußerte der Gründungsausschuss die Sorge, dass die Studenten ihr Studium »nicht in der Freiheit absolvieren können, wie sie […] Voraussetzung für ein sinnvolles Studium im gesamten Hochschulbereich ist«.129 Stattdessen empfahl der Ausschuss, Paragraph 15 des Soldatengesetzes (Politische Betätigung) für die Dauer des Studiums auszusetzen, um eine offene akademische Diskussionskultur zu ermöglichen.130 Damit verbunden war die Forderung, keine truppendienstlichen Beurteilungen der studierenden Soldaten vorzunehmen.131 Während letzteres tatsächlich akzeptiert wurde, konnten sich die wissenschaftlichen Vertreter mit ihrer Forderung nach soldatenrechtlicher Freistellung nicht durchsetzen. Festgehalten wurde nach langem Ringen lediglich, dass die Freiheit des Studiums sichergestellt werde.132

Ein weiterer Diskussionspunkt bezog sich auf die räumliche und geistige Offenheit der Hochschule. Die Ortswahl war bereits früh auf die Liegenschaft der Heeresoffizierschule in Hamburg-Jenfeld gefallen. Trotz der Ansiedelung auf einem Kasernengelände mit Gebäuden aus den 1930er-Jahren war der Gründungsausschuss fest davon überzeugt, dass die Hochschule offen zugänglich sein müsse. So sollten Veranstaltungen auch von Nichtmitgliedern der Hochschule besucht werden können, und »das Betreten des Hochschulgeländes« müsse »tagsüber jedermann gestattet« sein.133 Obwohl die Verwaltungsabteilung des BMVg die Sicherheit auf dem Campus problematisierte,134 griff der Gründungsausschuss die Idee eines militärischen Sicherheitsbereichs nicht auf. Bei den Plänen für die Neubebauung des Campus standen vielmehr das »offene Verhältnis zwischen Öffentlichkeit und Hochschule« sowie die »freie und durchlässige Nutzung des Hochschulgeländes« im Vordergrund. In diesem Sinne wurde das Areal schließlich auch erschlossen und bebaut – inspiriert von der Architektur der klassischen Moderne.135 Der gesamte südliche Teil konnte über mehrere Fußgängerwege betreten werden, damit, so die Architekten Heinle, Wischer und Partner, »der Öffentlichkeitscharakter betont und die Zugängigkeit erleichtert wird«.136

Die räumliche Offenheit hatte einen ideellen Hintergrund. Denn die Bundeswehrhochschulen sollten »nicht isoliert in einem politikfreien Klima hinter Kasernenmauern« entstehen, wie der Politikwissenschaftler und spätere Professor an der Münchner Hochschule Klaus von Schubert erläuterte.137 Im Gegenteil, sie waren Teil einer ganz bewussten Überlegung, Berührungspunkte zwischen Bundeswehr und Gesellschaft zu fördern.

Öffentliches Wegenetz, Neubauten der 1970er-Jahre und Bestandsgebäude der 1930er-Jahre auf dem Gelände der heutigen Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg. Im Herbst 2017 wurde das Ensemble der Neubauten in die Denkmalliste der Stadt Hamburg aufgenommen. (aus: Heinle, Wischer und Partner, Hochschule der Bundeswehr Hamburg, Stuttgart 1977, S. 7; mit freundlicher Genehmigung)
Öffentliches Wegenetz, Neubauten der 1970er-Jahre und
Bestandsgebäude der 1930er-Jahre auf dem Gelände der heutigen
Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg.
Im Herbst 2017 wurde das Ensemble der Neubauten
in die Denkmalliste der Stadt Hamburg aufgenommen.
(aus: Heinle, Wischer und Partner, Hochschule der Bundeswehr Hamburg,
Stuttgart 1977, S. 7; mit freundlicher Genehmigung)

Nicht alle Konflikte konnte der Gründungsausschuss lösen. Die Protokolle weisen immer wieder divergierende Haltungen zwischen Vertretern des BMVg und den Wissenschaftlern auf. Im Großen und Ganzen war die Arbeit gleichwohl erfolgreich, hatte man es doch geschafft, innerhalb weniger Monate eine Hochschule zu gründen und den Lehrbetrieb pünktlich am 1. Oktober 1973 aufzunehmen. Die Zahl der Offizieranwärter war sogar schon ein Jahr zuvor gestiegen, als sich die Aussicht auf ein dreijähriges Studium herumsprach.138 Am 22. Januar 1974 schließlich tagte der Gründungsausschuss zum letzten Mal und gab seine Geschäfte an den ersten Senat der Hochschule ab.

7. Fazit

Blickt man auf die Gründungsgeschichte der Bundeswehr-Universitäten und speziell auf den Hamburger Fall zurück, so erscheint die zeitliche Verdichtung der Entscheidungen, Ereignisse und Entwicklungen zu Beginn der 1970er-Jahre erstaunlich: Vom Errichtungsbeschluss bis zur Aufnahme des Lehrbetriebs vergingen nicht einmal drei Jahre. Eine erweiterte Perspektive zeigt aber auch: Die Gründungsgeschichte im engeren Sinn hatte eine längere Vorgeschichte, ohne die diese besonderen Bildungsinstitutionen nicht denkbar sind. Das Bildungsproblem in der Bundeswehr hatte die politische Leitung und militärische Führung seit der Wiederbewaffnung veranlasst, über eine Neuordnung des militärischen Bildungssystems nachzudenken, was auch ein Studium für Offiziere im Truppendienst einschloss. Während innerhalb der Bundeswehrführung der Fokus zunächst auf dem rein militärischen Bedarf lag, dominierte auf der politischen Ebene das Argument einer bildungsgestützten Integration von Militär und Zivilgesellschaft – eine Ansicht, für die namentlich Minister Kai-Uwe von Hassel stand und die von den Hochschulgründern später öffentlichkeitswirksam aufgegriffen wurde.

Die in einem längeren Prozess 1963/64 getroffene Entscheidung, Offiziere zu einem Studium an zivile Universitäten zu schicken, provozierte heftige Widerstände: innerhalb des Militärs, aber mehr noch bei den anderen Ressorts. Durch die damit einhergehenden Auseinandersetzungen gewann die Frage des Offiziersstudiums eine argumentative Eigendynamik, die von der überwölbenden Bildungsdebatte der 1960er-Jahre befeuert wurde. Begründungszwang und Bedarfswahrnehmung verstärkten sich wechselseitig – und immer neue Argumente flossen in die Debatte ein. Die Folge war, dass bereits Ende der 1960er-Jahre der Bedarf an einer umfassenden Akademisierung des Offizierskorps grundsätzlich anerkannt war und alle wesentlichen Argumente für ein Offiziersstudium auf dem Tisch lagen – noch vor Helmut Schmidts Amtsantritt als Verteidigungsminister.

Dass diese Debatte zur Gründung separater, bundeswehreigener Hochschulen führte, hatte verschiedene Ursachen. Entscheidend war, dass die drei grundsätzlichen Argumente – Effektivität, Attraktivität und Integration – zu Beginn der 1970er-Jahre konvergierten, was auch mit dem gesamtgesellschaftlichen Reformimpetus dieser Zeit zusammenhing. Dass diese günstige Konstellation erkannt und genutzt werden konnte, war nicht zuletzt das Verdienst einzelner Personen, allen voran Helmut Schmidts und Thomas Ellweins, die das Projekt mit Nachdruck und Geschick vorantrieben. Die zweifache Entscheidung für bundeswehreigene Hochschulen hatte vor allem pragmatische Gründe, war aber auch eine Lösung, die angesichts der vielfältigen weltanschaulichen Widerstände die geringste Angriffsfläche bot.

Frei von Konflikten war die Gründung allerdings nicht. Von außen wurde sie teils heftig kritisiert. Aber auch nach innen standen die drei Begründungsstränge von Beginn an unter Spannung – und blieben es nach 1973. Einen handfesten Eklat verursachte der Leiter des Studentenbereichs, Dietrich Genschel, der 1976 den Zustand der Hochschule beklagte, vor allem das mangelnde Interesse der Studenten an militärischer Weiterbildung und ihre »Vernachlässigung des äußeren Erscheinungsbildes«.139 Auch wenn das BMVg Genschels Thesen zurückwies:140 Der Schaden war angerichtet. Präsident Ellwein verließ die Hochschule 1976 enttäuscht. Schmidts Nachfolger Georg Leber (1972–1978) schenkte den Hochschulen wenig Beachtung und ließ den Entwicklungen freien Lauf. Erst sein Nachfolger Hans Apel (1978–1982) legte wieder mehr Wert auf akademische Bildung in der Offizierslaufbahn und versicherte, dass die Hochschulen nicht zu Militärakademien umgewandelt würden.141 Diese politischen Konjunkturen beförderten in den 1980er-Jahren eine rege Debatte um den Stellenwert akademischer Bildung in der Offiziersausbildung,142 die bis heute andauert. Dabei blieb das Integrationsargument im Hamburger Fall prägender als in München, wo es bereits seit über 20 Jahren einen militärischen Sicherheitsbereich gibt.

So geht es auch bei der jüngsten Debatte in Hamburg um mehr als Stacheldraht, wie der Erziehungswissenschaftler Thomas Höhne argumentiert. Mit diesem Schritt der Abschottung schwäche das BMVg das Leitbild und den Auftrag der Universität insgesamt.143 Ähnlich äußerte sich auch der Historiker Achatz von Müller, der von 1972 bis 1974 als Vertreter der Universität Hamburg im Gründungsausschuss saß. Die Einrichtung eines militärischen Sicherheitsbereichs auf dem Gelände der Helmut-Schmidt-Universität stelle »nicht nur einen erheblichen Bruch der Bedingungen für ihre Gründung dar, sondern verfälscht auch das Ziel der Gründung«.144

Dass die beiden Universitäten trotz solcher Spannungen auf ein 50-jähriges Bestehen zurückblicken können, hat vor allem damit zu tun, dass sie noch immer mehrere Interessen gleichzeitig bedienen – Nachwuchsgewinnung, Ausbildung und gesellschaftliche Integration –, selbst wenn sich der bildungs- und verteidigungspolitische Kontext seit dem Ende des Kalten Krieges und der Bologna-Reform tiefgreifend verändert hat. Insgesamt jedoch waren die drei Motivationsstränge enger miteinander verknüpft, als es auf den ersten Blick ersichtlich ist. Dass dieses Zusammenspiel aus dem Gleichgewicht geraten kann, zeigt die Entstehungsgeschichte ebenso wie die heutige Debatte um den militärischen Sicherheitsbereich.


Anmerkungen:

1 Thomas Höhne, Militarisierung der Hochschule: Die Helmut-Schmidt-Uni als Exempel, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 66 (2021) H. 12, S. 25-28. Siehe auch Oskar Piegsa, Droht hier ein Angriff?, in: ZEIT, 30.9.2021, S. 37; Rolf Wörsdörfer, Ausweitung der Gefahrenzone, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.5.2022, S. N4. Jan Stöckmann ist Mitunterzeichner eines Offenen Briefs vom 25.8.2021: <https://padlet.com/nomsb/nomsb-tjvfucnxmr9ina6x>.

2 BMVg, »Vom künftigen deutschen Soldaten«. Gedanken und Planungen der Dienststelle Blank, Bonn 1955, S. 37f.

3 Siehe etwa Matthias Jopp, Militär und Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland. Das Beispiel der Bildungsreform in der Bundeswehr, Frankfurt a.M. 1983; Christiane Reuter-Boysen, Vorreiter für die Hochschulreform. Planung, Gründung und Entwicklung der Universität der Bundeswehr München, Baden-Baden 1995; Karl-Ernst Schulz (Hg.), Die Neuordnung von Bildung und Ausbildung in der Bundeswehr. Eine Zwischenbilanz nach 10 Jahren, Baden-Baden 1982.

4 Siehe statt vieler Joachim Welz, Universitäten der Bundeswehr, Berlin 2021; dazu die Rezension von Jan Stöckmann in: Die Friedens-Warte 95 (2022), S. 234-236.

5 BMVg, Fü B I 1, Offiziere mit Hochschulbildung, 6.3.1962, Bundesarchiv (BArch), BW 1/221879. Der Führungsstab der Bundeswehr (Fü B) war der Arbeitsstab des Generalinspekteurs der Bundeswehr und zugleich eine Abteilung beim BMVg.

6 Martin Kutz, Reform und Restauration der Offizierausbildung der Bundeswehr, Baden-Baden 1982; Frank Nägler, Der gewollte Soldat und sein Wandel. Personelle Rüstung und Innere Führung in den Aufbaujahren der Bundeswehr 1956 bis 1964/65, München 2010.

7 Für Berufsoffiziere Abitur, für Zeitoffiziere wenigstens Mittlere Reife und abgeschlossene Berufsausbildung; siehe Nägler, Soldat (Anm. 6), S. 424f.; Kutz, Reform (Anm. 6), S. 22-30.

8 Dies galt besonders für eine relativ niedrige Abiturientenrate; dazu Nägler, Soldat (Anm. 6), S. 424f.

9 BMVg, P III 1, an BMI, 31.7.1964, BArch, BW 1/221879.

10 Nägler, Soldat (Anm. 6), S. 305, mit Anm. 925.

11 Siehe Detlef Bald u.a. (Hg.), Zurückgestutzt, sinnentleert, unverstanden: Die Innere Führung der Bundeswehr, Baden-Baden 2008; Helmuth Schubert, Zur Entstehung, Entwicklung und Bewährung der Konzeption der Inneren Führung, in: Bruno Thoß (Hg.), Vom Kalten Krieg zur deutschen Einheit. Analysen und Zeitzeugenberichte zur deutschen Militärgeschichte, 1945 bis 1995, München 1995, S. 297-321.

12 Nägler, Soldat (Anm. 6), S. 424-442; Kutz, Reform (Anm. 6), S. 30-36, S. 87f.

13 Detlef Bald, Militär und Gesellschaft 1945–1990. Die Bundeswehr der Bonner Republik, Baden-Baden 1994, S. 34-37; Nägler, Soldat (Anm. 6), S. 124, S. 437f., S. 442.

14 Siehe Peter Siebenmorgen, Franz Josef Strauß. Ein Leben im Übermaß, München 2015, S. 125-147; Eckart Conze, Griff nach der Bombe? Die militärischen Pläne des Franz Josef Strauß, in: Martin Doerry/Hauke Janssen (Hg.), Die Spiegel-Affäre. Ein Skandal und seine Folgen, München 2013, S. 69-85. Die politischen Dimensionen der westdeutschen Nuklearrüstung sind intensiv erforscht worden. Siehe zahlreiche Nachweise bei Thomas Raithel/Niels Weise, »Für die Zukunft des deutschen Volkes«. Das bundesdeutsche Atom- und Forschungsministerium zwischen Vergangenheit und Neubeginn 1955–1972, Göttingen 2022, S. 91f.

15 BMVg, GenInsp an P, 8.11.1962, BArch, BW 1/221879.

16 Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 4. Wahlperiode, 45. Sitzung, 7.11.1962, S. 1984.

17 Bedingt abwehrbereit, in: Spiegel, 10.10.1962, S. 32-53, hier S. 49.

18 Zu den Wirkungen der »Spiegel«-Affäre siehe Doerry/Janssen, Spiegel-Affäre (Anm. 14); allgemein auch Christina von Hodenberg, Konsens und Krise. Eine Geschichte der westdeutschen Medienöffentlichkeit 1945–1973, Göttingen 2006.

19 BMVg, H II 1, an GenInsp, 8.1.1963, BArch, BW 1/221879.

20 BMVg, P III 1 an Fü B, 13.1.1963, BArch, BW 1/221879.

21 BMVg, VR III 1 an Fü B, 7.2.1963, BArch, BW 1/221879.

22 Diverse zusätzliche Quellen, in denen Vorbehalte geäußert werden, in: BArch, BW 1/221879, 221881.

23 Die Beratungen dazu sind dokumentiert in: BArch, BW 1/221879.

24 Nägler, Soldat (Anm. 6), S. 460-484, S. 487; Bald, Militär (Anm. 13), S. 37.

25 Dies erklärte er etwa bei einer Rede an der Schule für Innere Führung in Koblenz am 11.6.1963, in: Kai-Uwe von Hassel, Verantwortung für die Freiheit. Auszüge aus Reden und Veröffentlichungen in den Jahren 1963/64, Boppard 1965, S. 159-184, hier S. 172.

26 So Hassel bei einer Rede in der Ev. Akademie Bad Boll am 28.4.1964, in: ebd., S. 261-274, Zitate S. 272.

27 BMVg, P III 1 an Minister, 7.3.1964, BArch, BW 1/221879.

28 Ebd. (Anmerkungen des Ministers mit dem Grünstift).

29 Olaf Bartz, Der Wissenschaftsrat. Entwicklungslinien der Wissenschaftspolitik in der Bundesrepublik Deutschland 1957–2007, Stuttgart 2007.

30 Alexander Geppert, Anfang – oder Ende des planetarischen Zeitalters? Der Sputnikschock als Realitätseffekt, 1945–1957, in: Igor J. Polianski/Matthias Schwartz (Hg.), Die Spur des Sputnik. Kulturhistorische Expeditionen ins kosmische Zeitalter, Frankfurt a.M. 2009, S. 74-94.

31 Georg Picht, Die deutsche Bildungskatastrophe. Analyse und Dokumentation, Olten 1964, S. 28.

32 Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 4. Wahlperiode, 118. Sitzung, 4.3.1964, S. 5471.

33 Studierendenzahlen aus: Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1965 (S. 106) und 1976 (S. 104); siehe zur Hochschulreform im Überblick: Wilfried Rudloff, Die Gründerjahre des bundesdeutschen Hochschulwesens. Leitbilder neuer Hochschulen zwischen Wissenschaftspolitik, Studienreform und Gesellschaftspolitik, in: Andreas Franzmann/Barbara Wolbring (Hg.), Zwischen Idee und Zweckorientierung. Vorbilder und Motive von Hochschulreformen seit 1945, Berlin 2007, S. 77-101; als Einzelstudien: Anne Rohstock, Von der »Ordinarienuniversität« zur »Revolutionszentrale«? Hochschulreform und Hochschulrevolte in Bayern und Hessen 1957–1976, München 2010; Moritz Mälzer, Auf der Suche nach der neuen Universität. Die Entstehung der »Reformuniversitäten« Konstanz und Bielefeld in den 1960er Jahren, Göttingen 2016; zum breiteren Kontext auch: Alfons Kenkmann, Von der bundesdeutschen »Bildungsmisere« zur Bildungsreform in den 60er Jahren, in: Axel Schildt/Detlef Siegfried/Karl Christian Lammers (Hg.), Dynamische Zeiten. Die 60er Jahre in den beiden deutschen Gesellschaften, Hamburg 2000, 2. Aufl. 2003, S. 402-423.

34 Picht, Bildungskatastrophe (Anm. 31), S. 57-61.

35 So etwa von MdB Ulrich Lohmar (SPD), in: Deutscher Bundestag, 4.3.1964 (Anm. 32), S. 5441.

36 BMVg, Fü B I 1, Vermerk vom 6.12.1962, BArch, BW 1/221879 (238 Offiziere mit geistes- und 998 mit naturwissenschaftlichem Studium).

37 Wie Anm. 27.

38 BMVg, P I 1 an P III 1, 21.1.1964, BArch, BW 1/221879. Der Referent für Grundsatzfragen des Statusrechts erklärte hier: »Ein Studium kann nicht Gegenstand einer Kommandierung sein. Eine Kommandierung ist nämlich der Befehl zu einer (vorübergehenden) Dienstleistung. Wer studiert, leistet keinen Dienst. Das steht im Recht des öffentlichen Dienstes fest.«

39 BMI an BMVg, 24.6.1964, BArch, BW 1/221879.

40 BMI an BMVg, 20.8.1964, BArch, BW 1/221879.

41 BMVg, Fü B I 1 an P III 1, 9.7.1964, BArch, BW 1/221879.

42 BMVg, StS, an BMI, 31.7.1964, BArch, BW 1/221879.

43 BMVg, P II 1, Vermerk, 16.9.1967, BArch, BW 1/221880.

44 BMVg, Minister an Herrn Siebe, 16.3.1965, BArch, BW 1/221880.

45 BMVg, VR IV 1 an P III 1, 16.3.1965, BArch, BW 1/221879. Siehe auch BMVg, P III 1, Vermerk vom 30.3.1965, BArch, BW 1/221880.

46 Siehe PRef StS an Chef Stab Abt. S, 27.8.1965, BArch, BW 1/221880.

47 Vorläufige Richtlinien für das Studium von Berufsoffizieren des Truppendienstes an Universitäten und wissenschaftlichen Hochschulen, 21.10.1965, BArch, BW 1/221879, 221880.

48 Dieses Zitat findet sich des Öfteren, siehe etwa BMVg, H I 6 an S I 1, 12.10.1965; ZH II 6 an GenInsp, AL VR und AL P, 14.6.1965, BArch, BW 1/221880.

49 BMVg, P II 1, Verfügung, Konzept datiert auf 8.3.1966, BArch, BW 1/221880.

50 Protokoll, 111. Plenarsitzung KMK am 31.3./1.4.1966 in Saarbrücken, BArch, BW 1/221879.

51 Entwurf Sprechzettel für Herrn AL P, 15.3.1966, BArch, BW 1/221879, 221880.

52 BMVg, P II 1 an H I 6, 25.11.1966, BArch, BW 1/221880.

53 BMF an BMVg, 9.8.1966, BArch, BW 1/221880.

54 Am 17.8.1966 erhob auch das BMI erneut Einwände (Schreiben in: BArch, BW 1/221880).

55 BMVg, P II 1 an H I 6, 21.9.1966, BArch, BW 1/221880.

56 Ebd. Im Wintersemester 1966/67 begannen 29 Offiziere ein technisches und 18 ein nicht-technisches Studium. Als Höchstgrenzen waren 25 bzw. 15 Offiziere eingeplant.

57 BMVg, AL P an Kabinettreferat, 3.10.1966, BArch, BW 1/221880.

58 BMVg an BMF, 27.1.1967, BArch, BW 1/221881; BMF an BMVg, 20.6.1967, BArch, BW 1/221882.

59 BMVg, Vermerk Dr. Kinder, 1.9.1967; AL H an StS, 1.9.1967, BArch, BW 1/221881.

60 Diverse Unterlagen dazu finden sich verstreut auf die Akten: BArch, BW 1/221880–221882.

61 BMVg, P II 1, Offiziere des Truppendienstes mit wiss. Hochschulausbildung, 26.1.1968, BArch, BW 1/221880.

62 Deutscher Bundestag, Drucksache 5/2948, 22.5.1968, S. 14.

63 BMVg, P II 1, Ergebnisprotokoll über die Besprechung am 4. März 1968, 21.3.1968, BArch, BW 1/221880.

64 BMVg, P II 1, Vermerk, 3.9.1969, BArch, BW 1/221881.

65 Vgl. Sönke Neitzel, Deutsche Krieger. Vom Kaiserreich zur Berliner Republik – eine Militärgeschichte, Berlin 2020, 2. Aufl. 2020, S. 268f., S. 354.

66 BMVg, P IV 4 an P II 1, 18.3.1968, BArch, BW 1/221880.

67 Jürgen Ossenberg, »Unser Vietnam ist die Bundeswehr«. Zur Strategie, Funktion und Taktik der »Militäraktion« der Gruppe Frankfurt des VK, in: Zivil 13 (1968), S. 128-129. Zur Haltung der Studentenbewegung zum Militär siehe Patrick Bernhard, Zivildienst zwischen Reform und Revolte. Eine bundesdeutsche Institution im gesellschaftlichen Wandel 1961–1982, München 2005, S. 116-135, S. 196-201; ferner Neitzel, Krieger (Anm. 65), S. 298-318.

68 Brigadegeneral Karst an BMVg, 8.1.1970, BArch, BW 1/221880.

69 Referat Krause, 19.10.1969, BArch, BW 1/221880.

70 Referat Schulz, o.D., BArch, BW 1/221880.

71 Referat Graf, 21.10.1969, BArch, BW 1/221880.

72 Referat Genschel, 18.10.1969, in: BArch, BW 1/221880.

73 Referate Mainz und Nöbel, 20.10.1969 und o.D., BArch, BW 1/221880.

74 Wie Anm. 68.

75 Mehnert an Schmidt, 10.11.1969, Hauptstaatsarchiv (HStArch) Stuttgart, Q 1/30, Bü 967.

76 Deutscher Bundestag, Drucksache 6/431, 24.2.1970.

77 Deutscher Bundestag, Drucksache 6/574, 25.3.1970, S. 3.

78 Deutscher Bundestag, Drucksache 6/765, 14.5.1970: Weißbuch 1970. Zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Lage der Bundeswehr, S. 130.

79 Ebd., Ziffern 140-186 bzw. S. 115-137.

80 Ministerweisung, in: Information für die Truppe 16 (1972) H. 1, S. 23-26.

81 Interview mit Eckardt Opitz, 11.1.2022, Hamburg, Transkript im Besitz der Verf.

82 Wolfgang Gessenharter, Freund-Feind-Denken oder Integration? Über »ketzerische« Versuche, die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Bundeswehr in Zweifel zu ziehen, in: Sicherheit und Frieden 3 (1985) H. 1, S. 6-10, hier S. 6.

83 Wie Anm. 75. Siehe zu den »Herrenabenden« das Referat Liess [Oktober 1969], BArch, BW 1/221880.

84 Planungsstab: Irrsinnig geheim, in: Spiegel, 9.3.1970, S. 34-36; siehe auch »Leistungsautorität und Sachdisziplin«, in: Spiegel, 18.5.1970, S. 36-41.

85 Wie Anm. 81.

86 Karl-Heinz Janßen, Ein Scharnhorst der Bundeswehr?, in: ZEIT, 11.6.1971.

87 Helmut Schmidt im Gespräch mit Gerhard Löwenthal, ZDF-Magazin vom 20.1.1971.

88 Rahmenkonzept für das Gutachten zur Neuordnung der Ausbildung und Bildung in der Bundeswehr (»Ellwein-Studie«), BArch, BW 2/6631.

89 Ebd.

90 Klaus Hornung, Schwerpunkt-Probleme der Bundeswehrhochschulen, in: Politische Studien, Sonderheft 1/1973: Hochschulen der Bundeswehr, S. 32-45, hier S. 32f.

91 Wie Anm. 87.

92 Ebd.

93 »Ein wertvoller Kämpfer muß nachdenken«, in: Spiegel, 22.2.1971, S. 50-55 (Gespräch mit Thomas Ellwein).

94 BMVg, Informations- und Pressestab, Stellungnahme zu Pressemeldungen über das Bildungskonzept der Bundeswehr, 1.4.1971, Helmut-Schmidt-Archiv (HSA), EA 68, Bl. 254f.

95 Bildungskommission beim BMVg, Neuordnung der Ausbildung und Bildung in der Bundeswehr. Gutachten der Bildungskommission an den Bundesminister der Verteidigung, Bonn 1971, S. 50-55.

96 Ebd., S. 4.

97 Hartmut Miegel, Der Bundeswehr-Offizier von morgen: Helmut Schmidts Reformpläne für Bildung und Ausbildung, 26.10.1970, in: SPD-Pressedienst, Bonn 1970.

98 Helmut Schmidt, Vorwort, Manuskript mit handschriftlichen Notizen, 6.6.1971, HSA, EA 70, Bl. 277-323.

99 Exposé des Beitrages »Bildung« für die Rede GenInsp an FüAk, [August?] 1971, BArch, BW 2/4249.

100 RegDir Radbruch, Vermerk, Vorläufige Stellungnahme des Wissenschaftsrats zum Gutachten der Bildungskommission, Juli 1971, BArch, BW 2/4249.

101 Fü S I 7, Verwirklichungsplan des Teilbereiches Bw-Hochschulen (Grobanalyse), 30.7.1971, BArch, BW 2/4249.

102 W. Bechteler, Ergebnisse der Befragungsaktion, 11.11.1971, BArch, BW 2/4249.

103 Schlimmer als Seeckt, in: Spiegel, 17.1.1972, S. 24-25, hier S. 25.

104 Schmidt-Beschluß ist »Brüskierung«, in: Frankfurter Rundschau, 24.2.1972, S. 12; Radbruch an Fü S I, Juli 1971, BArch, BW 2/4249.

105 BMVg, Vermerk, Vorstellungen der Westdeutschen Rektorenkonferenz und des Wissenschaftsrates, November 1971, BArch, BW 2/4249.

106 Einige Studierende riefen zum »Kampf dem kasernierten Wissenschaftsbetrieb«. Die radikalsten Kritiker wie der Hamburger Sozialistische Studentenbund lehnten eine wissenschaftliche Ausbildung von Militärs grundsätzlich ab. Siehe: Schlimmer als Seeckt (Anm. 103), und Klaus von Schubert, Hochschulen der Bundeswehr – warum?, in: Politische Studien, Sonderheft 1/1973, S. 14-23, hier S. 15.

107 Wie Anm. 105.

108 Ebd.

109 Walter, Sprechzettel, 26.10.1971, BArch, BW 2/4249.

110 BMVg, Fü M I 5 an Fü S I, 28.10.1971, BArch, BW 2/4249: »Die Curricula müssen auf die Bedürfnisse der Bw abgestimmt sein und von ihr beeinflußt werden können.«

111 Sprechzettel, StS a.D. Birckholtz, 25.11.1971, BArch, BW 2/4249.

112 Abkommen zwischen der Bundesrepublik und Hamburg über die Errichtung einer wissenschaftlichen Hochschule der Bundeswehr in Hamburg, 29.9. und 3.10.1972, Staatsarchiv Hamburg (StArch HH), 710-1 II, Nr. 490a.

113 BMVg, StS, Planung und Errichtung von HSBw, März 1972, BArch, BW 2/4249; Kabinettsprotokolle der Bundesregierung, 117. Sitzung am 29.6.1972, TOP 4, BArch, B 136/36186.

114 Protokollentwurf, Gründungsausschuss HSBw München, 1.2.1973, BArch, BW 1/183494.

115 Vermerk für StS Fingerhut, 17.8.1973, BArch, BW 1/183494.

116 Thomas Ellwein an BMVg Leber, 16.8.1973, BArch, BW 1/183494.

117 BMVg, Vorläufige Rahmenbestimmungen für Struktur und Organisation der HSBw Hamburg, 21.11.1972, Archiv Helmut-Schmidt-Universität (HSU)/Universität der Bundeswehr Hamburg, unkatalogisiert.

118 Thomas Ellwein/Achatz von Müller/Harro Plander (Hg.), Hochschule der Bundeswehr zwischen Ausbildungs- und Hochschulreform. Aspekte und Dokumente der Gründung in Hamburg, Opladen 1974, S. 19.

119 Opitz an Plander, 23.11.1972, Archiv HSU, unkatalogisiert.

120 W. Nieklasen, Aufruf der Hamburger Jugend: Keine Bundeswehr-Hochschule in Hamburg, 7.11.1972, StArch HH, 136-3, Nr. 836.

121 Erich Roßmann, März 1973; AStA Info, Nicht am Aufbau der Bundeswehruni mitwirken, 14.2.1973, beides in: StArch HH, 136-3, Nr. 836.

122 Zum entsprechenden Parteitagsantrag gegen die Gründung notierte Schmidt handschriftlich »C 23 ablehnen, C 24 ebenso, letztes Wort«. SPD-Landesparteitag, Antrag Kreis IV – Nord, 30.6./1.7.1972, Drucksache: C 23, HSA, EA 80-1, Bl. 166.

123 Niederschrift der 1. Sitzung der Unterkommission »Vorläufige Rahmenbestimmungen« des Gründungsausschusses der HSBw Hamburg, 4.1.1973, Archiv HSU, unkatalogisiert.

124 Ergebnisprotokoll zur Sitzung des Gründungsausschusses der HSBw Hamburg, 26.1.1973, Archiv HSU, unkatalogisiert.

125 Harro Plander, Möglicher Modellcharakter der Bundeswehrhochschule für die Neugestaltung des sonstigen Hochschulwesens, undatiert; siehe auch Plander an Ellwein, 12.3.1973, beides in: Archiv HSU, unkatalogisiert.

126 Ergebnisprotokoll (Anm. 124).

127 Protokoll der 504. Sitzung (8/21) des Akademischen Senats (AS) der HSU, 14.10.2021, S. 9.

128 Plander, Möglicher Modellcharakter (Anm. 125).

129 Ebd.

130 Ergebnisprotokoll (Anm. 124); siehe auch Plander an Ellwein, 12.3.1973, beides in: Archiv HSU, unkatalogisiert.

131 Ergebnisprotokoll (Anm. 124).

132 Protokoll der Sitzung des Gründungsausschusses vom 21.8.1973, Archiv HSU, unkatalogisiert.

133 Ellwein/Müller/Plander, Hochschule (Anm. 118), S. 41.

134 Vortrag RDir Dr. Kammerloher (VR I 1), 8.5.1973, BArch, BW 1/263208.

135 Michael Jonas, Mies van der Rohe in Hamburg-Jenfeld. Anmerkungen zur Architektur- und Baugeschichte der Helmut-Schmidt-Universität, unveröffentlichtes Manuskript.

136 Heinle, Wischer und Partner, Hochschule der Bundeswehr Hamburg, Stuttgart 1977, S. 2f.

137 Schubert, Hochschulen (Anm. 106), S. 14.

138 Offiziere: In die Scheuer, in: Spiegel, 5.6.1972, S. 45.

139 Dietrich Genschel, Erfahrungsbericht, Dez. 1976, Helmut-Schmidt-Bibliographie, HSU, Hamburg.

140 MDig Dr. Böttcher an PStS Schmidt, 7.1.1977, in: HSA, WB 170, Bl. 4.

141 Vgl. Bald, Militär (Anm. 13), S. 44.

142 Helmut Fröchling, Die Wende in der Offizierausbildung? Zur Professionalisierung der Lehrinhalte an der Hochschule der Bundeswehr Hamburg, in: Sicherheit und Frieden 3 (1985), S. 26-32.

143 Höhne, Militarisierung (Anm. 1).

144 Achatz Freiherr von Müller, Schriftliches Statement zum Symposium »Universität und militärische Sicherheit«, 19./20.5.2022, HSU, Hamburg, Transkript im Besitz der Verf.

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