Abstract

Florian Greiner, Maren Röger

Während des Kalten Krieges wurde in Millionen Wohnzimmern, Kasernen und Schulen gespielt: Klassische Unterhaltungsspiele wie Memory bzw. Merk-Fix, aber auch Spiele wie Fulda Gap oder Klassenkampf, die die Systemkonfrontation als Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse erleb- und simulierbar machten. Der Aufsatz betrachtet eine in der zeithistorischen Forschung und in den Cold War Studies bislang vernachlässigte Quellengattung, die gerade in den 1970er- und 1980er-Jahren für die populärkulturelle Vermittlung von Grundcharakteristika des Ost-West-Konflikts sehr bedeutsam war. Untersucht wird, wie sich Brett- und Computerspiele in die Wettkampflogik des Kalten Krieges einschrieben, inwiefern sie für die Systemkonfrontation auf beiden Seiten sinnbildend waren, nationale Spezifika aufwiesen oder aber als Foren der Gesellschaftskritik dienten. Deutlich wird auch, wo für die jeweiligen Obrigkeiten die Grenzen des »Spielbaren« lagen. Den eigenen Untergang als Handlungsmöglichkeit oder Dystopie zu erproben, erschien vielfach als moralisch und politisch bedenklich, weil die in Spielen entwickelten Szenarien womöglich den Blick auf die Realität verändern und Kritik verstärken konnten. Andererseits konnten die Spiele aber auch die Veralltäglichung des Kalten Krieges unterstützen: Sie bereiteten Wissen über militärische Sachverhalte auf und trugen zur Gewöhnung an das atomare Drohpotential bei.

 *       *       *
Playing the Cold War. Board and Computer Games in the System Confrontation

During the Cold War, millions of people on both sides of the Iron Curtain played board and digital games – in living rooms, barracks and schools. They played classics such as Memory or Merk-Fix, but also games with names such as Fulda Gap or Class Struggle. The latter group addressed different aspects of the confrontation between the West and the so-called ›Eastern bloc‹ and offered players a simulation of the Cold War as a battle between good and evil. Cold War Studies have so far neglected games as sources of historical research. In this article, we argue that as a relevant part of popular culture in the 1970s and 1980s, board and digital games contributed significantly to conveying to a popular audience the fundamental characteristics of the East-West conflict. We show how games on both sides of the Iron Curtain adopted a logic of competition; we analyse how they made sense of the system confrontation, which specific national characteristics they had, how they could become critical tools and where the respective authorities saw the limits of what was ›playable‹. Testing one’s own demise as a possibility for action or dystopia often seemed morally and politically questionable, because the scenarios developed in games could perhaps change people’s views of reality and intensify criticism. On the other hand, the games could also support the routinisation of the Cold War: They presented knowledge about military facts and contributed to habituation to the potential nuclear threat.

Lizenz

Copyright © Clio-online – Historisches Fachinformationssystem e.V. und Autor/in, alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist zum Download und zur Vervielfältigung für nicht-kommerzielle Zwecke freigegeben. Es darf jedoch nur erneut veröffentlicht werden, sofern die Einwilligung der o.g. Rechteinhaber vorliegt. Dies betrifft auch die Übersetzungsrechte. Bitte kontaktieren Sie: <kirsch@zzf-potsdam.de>.

Für die Neuveröffentlichung von Bild-, Ton- und Filmmaterial, das in den Beiträgen enthalten ist, sind die dort jeweils genannten Lizenzbedingungen bzw. Rechteinhaber zu beachten.