Heimwerken als Protest

Instandbesetzer und Wohnungsbaupolitik in West-Berlin während der 1980er-Jahre

  1. »Wer sind die Instandbesetzer?«
  2. Instandbesetzer als Heimwerker
  3. Selbsthilfe im Altbau
  4. Instandbesetzer und Stadtöffentlichkeit
  5. Instandbesetzer und Fachöffentlichkeit
  6. Grenzen der neuen Selbsthilfe

Anmerkungen

Um 1980 avancierten in der Bundesrepublik und in West-Berlin Hausbesetzungen und die kollektive Instandsetzung verfallender Häuser zu einem sichtbaren und vieldiskutierten Mittel des Protests. Einer aus ihrer Perspektive verfehlten Wohnungspolitik, die intakte Häuser abriss, setzten unterschiedliche Akteure den Erhalt von Altbauten und damit auch von gewachsenen sozialen Strukturen der Stadtviertel entgegen. Mit der eigenhändigen Instandsetzung der Häuser war das Ziel verbunden, sie zu Orten für neue, alternative Formen des Zusammenlebens und Arbeitens umzugestalten.[1] Instandsetzen hieß, den Beweis dafür anzutreten, dass Flächensanierung als »Kahlschlagsanierung« falsch sei, dass Altbauten erhaltenswert und menschengerechte Städte mit mehr Lebensqualität ohne große Kosten möglich seien.

Hausbesetzungen und Proteste gegen Wohnungsnot waren keine neuen Phänomene. Vorformen hatte es schon im 19. Jahrhundert gegeben. In den 1970er-Jahren kulminierten in Frankfurt a.M. und anderen Städten Proteste gegen die städtische Wohnungspolitik in einer Reihe von Hausbesetzungen, und im Zuge der Jugendzentrumsbewegung hatten Jugendliche in vielen westdeutschen Städten leerstehende Gebäude besetzt, um sie zu selbstverwalteten Treffpunkten umzugestalten und auszubauen.[2] Neu war die systematische und öffentlichkeitswirksam inszenierte Verbindung von Besetzungen und Instandsetzungsarbeiten in Wohngebäuden zu einer Proteststrategie, wie sie in der Selbstbezeichnung »Instandbesetzer« zum Ausdruck kam.[3] Während die Motive der Besetzer, das Zusammenleben in den Häusern, ihr Verhältnis zu Gewalt sowie Besetzungen als Raumpolitik mit dem Ziel, über nahräumliche Veränderungen gesellschaftliche Transformationen einzuleiten, gut erforscht sind, bleiben die Aussagen zu den handwerklichen Arbeiten der Besetzer bisher vage.[4] Welchen Stellenwert und welche Funktion hatten die Instandsetzungsarbeiten der Hausbesetzer im Gesamtzusammenhang der wohnungsbaupolitischen Konflikte der 1980er-Jahre?

Titelseite der Nullnummer der »Instand-Besetzer-Post«
Titelseite der Nullnummer der
»Instand-Besetzer-Post« mit »Material-Telefon«,
März 1981
(Papiertiger. Archiv & Bibliothek der sozialen Bewegungen, Berlin)

Mit insgesamt über 200 besetzten Häusern und geschätzten 5.000 bis 6.000 Besetzern[5] in der ersten Hälfte der 1980er-Jahre steht West-Berlin als Hochburg der Instandbesetzer im Mittelpunkt dieses Beitrags. Das Phänomen war zwar in vielen westdeutschen und -europäischen Städten verbreitet, doch West-Berlin bildete medial und politisch das deutsche Zentrum.[6] Hier stieg im Laufe des Jahres 1981 die Zahl der besetzten Häuser auf über 150 an, hier eskalierte mehrfach die Gewalt zwischen Polizei, Besetzern und deren Unterstützern in Straßenschlachten, und hier trugen die Hausbesetzungen ebenfalls 1981 maßgeblich zum Machtwechsel von der SPD zur CDU bei.[7] Gleichzeitig experimentierte der Senat unter dem Druck der Hausbesetzungen mit neuen Programmen, die erstmals Selbsthilfe im Altbau sowie Mieterselbsthilfe systematisch förderten.

In seiner Wohnungspolitik, Bevölkerungsstruktur und dem Institutionengefüge war West-Berlin einerseits außergewöhnlich, andererseits symptomatisch für die Herausforderungen der »neuen Wohnungsnot« in der Bundesrepublik. In West-Berlin standen mehrere tausend Wohnungen leer, überwiegend aufgrund einer kurzsichtigen Stadtentwicklungs- und Sanierungspolitik.[8] Im Zuge der Flächensanierung der 1960er- und 1970er-Jahre waren große Altbauquartiere abgerissen worden – billiger Wohnraum, der nun fehlte. Denn von dem Wohnungsmangel betroffen waren insbesondere Bevölkerungsgruppen mit geringem Einkommen wie Studierende, Migranten, Alleinerziehende, Arbeitslose und Senioren. In Vierteln wie Kreuzberg lebten Menschen zwar in teilweise unzumutbaren Wohnverhältnissen, doch teuer modernisierte oder sanierte Wohnungen konnten sie sich nicht leisten, und sie wollten ihre Altbauten auch nicht zugunsten von Wohnsilos im Stil des Neuen Kreuzberger Zentrums am Kottbusser Tor aufgeben.[9]

Skalitzer Straße in Kreuzberg
Skalitzer Straße in Kreuzberg zwischen Kottbusser Tor und Görlitzer Bahnhof, erste Hälfte der 1980er-Jahre
(Foto: Manfred Kraft/Umbruch Bildarchiv)

In diese Situation kam von zwei Seiten Bewegung: Zum einen griffen auf der Ebene der Stadtviertel und Kieze Bürgerinitiativen, Mieterläden und andere das Thema auf, organisierten (Selbst-)Hilfe und protestierten gegen die städtische Wohnungspolitik. Zum anderen begann der West-Berliner Senat von der Idee der Flächensanierung abzurücken. Sichtbares Zeichen war die 1979 gegründete Internationale Bauausstellung (IBA), die neue städtebauliche Strategien nicht nur für Neubauten entwickeln sollte, sondern auch zum Erhalt vorhandener Bausubstanz (IBA Altbau, IBA Neubau). Als 1979 die ersten Häuser »instandbesetzt« wurden, war die Stadt West-Berlin darauf zwar nicht vorbereitet, aber es gab bereits verschiedene Institutionen und Instanzen, die sich eingehend mit wohnungspolitischen Fragen befassten.

Die Praktiken des handwerklichen Selbermachens, so meine These, beeinflussten den Verlauf der Auseinandersetzung um künftiges städtisches Wohnen auf spezifische Weise. Selbst zu renovieren und zu modernisieren ging über schriftlich oder mündlich vorgebrachten Protest hinaus. Beobachter, Gegner und Interaktionspartner mussten sich nicht nur mit Forderungen und Ideen auseinandersetzen, wie sie beispielsweise über Flugblätter, Petitionen oder Demonstrationen verbreitet wurden. Sie hatten es mit bereits eingeleiteten, sichtbaren oder zumindest angekündigten Veränderungen der materiellen Umwelt zu tun. Die Besonderheit der Instandbesetzungen lag darin, dass Protestmittel und -ziele in eins fielen. Sie sollten nicht nur auf einen Missstand jenseits der Wohnungspolitik aufmerksam machen, sondern versuchten den Missstand unmittelbar zu beheben. Diese Form des Protests erforderte andere Reaktionsweisen als schriftlich, mündlich oder symbolisch vorgetragene Kritik.

Im Folgenden geht es um die Spielräume und Folgen der Auseinandersetzungen über Stadtplanung, Wohn- und Lebensformen, die sich aus der Praxis der Instand(be)setzungen ergaben. An welche Gruppen, Diskurse und Handlungszusammenhänge waren die Instandbesetzungen anschlussfähig? Welche Möglichkeiten der Interaktion und des Handelns resultierten daraus für Besetzer, Unterstützer und Senat, welche verschlossen sich? Die Kapitel 1 und 2 stellen die Instandbesetzer, ihre handwerklichen Tätigkeiten und Infrastrukturen vor. Die Kapitel 3 bis 5 zeigen die Instandbesetzer in ihrem Verhältnis zum West-Berliner Senat, zur Stadt- und Fachöffentlichkeit, um abschließend in Kapitel 6 die spezifische Bedeutung der Instandbesetzungspraxis für den Verlauf und die Ergebnisse der Auseinandersetzungen um Wohn- und Lebensverhältnisse zu bestimmen.

Die Untersuchung basiert auf Selbstzeugnissen der Instandbesetzer, Dokumentationen der IBA und anderer Kooperationspartner sowie der zeitgenössischen Berichterstattung über die Hausbesetzer in Medien und Wissenschaft. Während in den meisten besetzten Häusern schriftliche Reflexionen über ihren Alltag keine Rolle spielten, legten vor allem solche Hausgemeinschaften großen Wert auf eine Dokumentation ihrer Tätigkeiten und Motive, die zumindest zeitweise intensiv an der Instandsetzung der von ihnen besetzten Häuser arbeiteten.[10] Diese Dokumente dienten immer auch der Selbststilisierung – dies gilt ebenso für die Berichte der IBA und anderer Kooperationspartner aus dem alternativen Milieu, die eine stadtbaupolitische Agenda verfolgten. Sie beleuchten hauptsächlich den handwerklich besonders engagierten sowie verhandlungsbereiten Teil derjenigen Gruppen, die unter dem Label Instandbesetzer firmierten. Dennoch eröffnen diese schriftlichen und bildlichen Dokumentationen Einblicke in die handwerkliche Praxis und schaffen ein Gegengewicht zu einer medialen Berichterstattung, deren Fokus sich im Verlauf der Auseinandersetzungen schnell von den städtebaulichen Inhalten zum politischen und polizeilichen Umgang mit den Hausbesetzungen verschob.

1. »Wer sind die Instandbesetzer?«

So lautete der Titel eines 1981 erschienenen »Lesebuchs«, das »Selbstzeugnisse, Dokumente, Analysen« versprach.[11] Die Instandbesetzerszene begann früh, ihre Aktivitäten zu dokumentieren – unter anderem mit Broschüren, in denen sie sich persönlich, ihre Positionen und ihre Arbeit in Wort und Bild vorstellte.[12] Auch Tage der offenen Tür, Flugblätter und Feste sollten helfen, die Besetzer ihrer unmittelbaren Nachbarschaft und einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen.[13] Diese Informationspolitik war durchaus angebracht. Nicht nur waren der Begriff und die Idee der »Instandbesetzung« neu, sondern es gab auch Hausbesetzer, die keine Instandbesetzer waren. Punks und Autonome verfolgten meist andere Ziele und hielten eigenhändige Instandsetzungsarbeiten nur selten für das geeignete Mittel, um diese zu erreichen.[14]

Der Soziologe Hans Pruijt unterscheidet für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts zwischen fünf Formen von Hausbesetzungen (die Schnittmengen aufweisen konnten): erstens als Reaktion auf Wohnungslosigkeit und Wohnraummangel, zweitens als Weg zu alternativen Lebensformen, drittens als »unternehmerische« Hausbesetzungen in Gebäuden, die alternative Betriebe und soziale Treffpunkte beherbergten, und viertens Besetzungen, die auf den Erhalt der Gebäude abzielten. Fünftens identifiziert Pruijt Besetzungen als Teil mitunter militanter Strategien, die gesellschaftliche Ordnung zu überwinden.[15] Die West-Berliner Hausbesetzer der 1980er-Jahre deckten das gesamte Spektrum ab, wobei Instandbesetzer ganz überwiegend den ersten vier Kategorien zugeordnet werden können. In dieser Gemengelage ergaben sich mit Blick auf Ziele und Strategien vielfältige Allianzen und Abgrenzungen innerhalb der Besetzerszene. Konflikte entzündeten sich an den Fragen, ob mit dem Senat verhandelt werden solle, ob Lösungen für einzelne oder für alle besetzten Häuser anzustreben seien, ob »Staatsknete« aus Förderprogrammen angenommen werden dürfe und ob Hausbesetzungen dazu dienen könnten, die eigenen Wohn- und Lebensverhältnisse zu ändern oder die Ausgangsbasis für einen Kampf gegen »das System« bilden sollten.[16]

Demonstration in Berlin-Moabit
Demonstration in Berlin-Moabit, 20. Dezember 1980
(Foto: Michael Kipp/Umbruch Bildarchiv)

Umgekehrt waren nicht alle, die Gebäude instandsetzten, Hausbesetzer. Auch einige rechtmäßige Mieter und Besitzer von Wohnraum hatten ähnliche Vorstellungen wie die Instandbesetzer und begannen, als Gruppen Altbauten wieder bewohnbar zu machen.[17] Während sich die rechtlichen Voraussetzungen der Instandsetzungsarbeiten der beiden Gruppen unterschieden, einte sie die Verwurzelung im alternativen Milieu, die Kritik an der städtebaulichen Situation sowie die vollständige oder teilweise eigenhändige Instandsetzung der Häuser. Die Zugehörigkeit zu einer dieser beiden Gruppen änderte sich vielfach, da etliche besetzte Häuser »legalisiert« wurden und die Bewohner ihre Instandsetzungsmaßnahmen beispielsweise im Rahmen des Programms »Bauliche Selbsthilfe« weiterführten, das der Berliner Senat 1981 ins Leben rief. Diese Gelder abzurufen war für diejenigen Gruppen leichter, die bereits eine Immobilie besaßen oder im Erbbaurecht darüber verfügten, doch sobald Instandbesetzer diese Hürde überwunden hatten, konnten auch sie zu Selbsthelfern im Sinne des Förderprogramms werden. Um die unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennzeichnen, wird im Folgenden zwischen »Instandbesetzern« und »Selbsthelfern« unterschieden.

Die Instandbesetzer und Selbsthelfer machten die Häuser zu ihrem »Projekt« im Sinne eines »kollektive[n] Selbstversuch[s]«, bei dem es nicht nur um billigen Wohnraum ging, sondern auch um Fragen des Zusammenlebens sowohl in Hausgemeinschaften als auch in der Stadtgesellschaft, etwa bei der Bewahrung gewachsener sozialer Strukturen oder der Integration benachteiligter gesellschaftlicher Gruppen wie Migranten, Obdachloser oder Psychiatriepatienten.[18] Die Arbeit am Haus in einer großen Gruppe sorgte durchaus auch für Frustration, insbesondere wenn einzelne Bewohner wenig Interesse an den Instandsetzungsarbeiten zeigten und sich die Arbeiten über viele Jahre erstreckten. Symptomatisch ist die Wohnungsanzeige eines jungen Paares von 1986: »Wir, Anne und Thomas, wollen aus der Admiralstr. 17 ausziehen, weil unsere WG im Eimer ist. Wir suchen WG oder Wohnung in einem anderen Hausprojekt ohne viel Baustreß, weil wir das jetzt schon 3 Jahre hatten.«[19] Doch gleichzeitig vermittelten die Lernprozesse am Bau Stolz und Selbstsicherheit. Dies galt insbesondere für Gruppen, die vorher wenig handwerklich gearbeitet hatten, beispielsweise Frauen oder Studierende.[20] Vorstellungen, Konzepte, Organisation und Umsetzung waren in jeder Hinsicht ein Experiment, bei dem die Gruppen ausprobieren mussten, ob und wie sie ihre baulichen und sozialen Ziele gemeinsam erreichen konnten. Dabei entstanden neue Infrastrukturen, Lern-, Arbeits- und Finanzierungszusammenhänge.

2. Instandbesetzer als Heimwerker

»Ein Hausbau ist ein Klacks dagegen«, stöhnten die Besetzer der Neufertstraße 11 in Charlottenburg 1981.[21] Nicht ohne Stolz beschrieben sie, in welchem Zustand sie das Haus vorgefunden hatten, welche Arbeiten sie bereits abgeschlossen hatten und welche noch zu verrichten waren. Schutt, nasse Wände, verfaulte Balken, undichte Dächer, kaputte Wasser- und Elektroleitungen, fehlende Fenster und Sanitäranlagen: Die Beschreibungen der Häuser glichen sich. Fast überall ging es nicht um Schönheitsreparaturen, sondern um grundlegende Arbeiten. Während viele dieser Maßnahmen notwendig waren, um die Häuser überhaupt bewohnbar zu machen, dienten andere dazu, konkrete Wohnvorstellungen der Besetzer zu verwirklichen, etwa die Zusammenlegung kleiner Zimmer zu großen Gemeinschaftsräumen oder die Integration von Werkstätten.

Die instandbesetzten Häuser finanzierten sich über unterschiedliche Wege. Die meisten Hausgemeinschaften führten – mit unterschiedlichem Erfolg – Kassen, in die jeder Bewohner monatlich eine bestimmte Summe einzahlte und aus denen Baustoffe gekauft wurden. Aus Abbruchhäusern kamen Holz, Fenster, Öfen und andere dringend benötigte Materialien. Handwerksbetriebe stellten manchmal Restbestände kostenlos zur Verfügung. Spenden, mitunter auch Diebstähle, sorgten ebenfalls für Nachschub.[22] Einen Gutteil der Sach- und Geldspenden verwaltete in Absprache mit dem Besetzerrat als der gemeinsamen Vertretung der besetzten Häuser, dem Mieterladen und anderen Gruppierungen der Bauhof, ein besetztes Haus in der Manteuffelstraße 40/41. Statt das Geld – im März 1981 war von bisher 50.000 DM Spenden die Rede, im Januar 1982 von 90.000 DM – an die einzelnen Häuser zu verteilen, kaufte der Bauhof Material en gros und gab es kostenlos an die Häuser ab.[23] Zur Infrastruktur der Instandbesetzer, die allerdings oft von der Initiative Einzelner oder kleiner Gruppen abhängig war, gehörten außerdem das Materialtelefon, über das Spenden aus der Bevölkerung und von Betrieben liefen, sowie die Materialkartei, in der zur Verfügung stehende Materialien erfasst waren.[24]

In den Häusern galt es, schwierige Arbeiten zu bewältigen. Dachdecken, das Verlegen elektrischer Leitungen oder der Einbau von Sanitäreinrichtungen erforderten Kenntnisse und Fähigkeiten, die Durchschnittsbürger meist nicht hatten oder sich nicht zutrauten. Umfrageergebnisse aus den 1980er-Jahren zeigen, dass auch »normale« Heimwerker Arbeiten dieser Art als besonders komplex einschätzten und nur selten in Angriff nahmen.[25] Die Instandbesetzer und Selbsthelfer mussten ebenfalls erst lernen, solche Tätigkeiten auszuführen. Handbücher und andere schriftliche Anleitungen vermittelten handwerkliches Wissen. Der Besetzer und »taz«-Journalist Benny Härlin berichtete 1981, dass Bauhandbücher aus der Zwischen- und Nachkriegszeit unter den Hausbesetzern zirkulierten.[26] Die Zeitschrift »Instand-Besetzer-Post« gab unter der Überschrift »Schlau am Bau« Tipps zu verschiedenen Tätigkeitsfeldern, versehen mit selbstgemalten Illustrationen und verfasst im Duktus der alternativen Szene.

»Instand-Besetzer-Post«
»Instand-Besetzer-Post« 12/1981, S. 24
(Papiertiger. Archiv & Bibliothek der sozialen Bewegungen, Berlin)
Politisches Handeln erforderte in den 1980er-Jahren mitunter ausdauerndes und geschicktes Hobeln.
Politisches Handeln erforderte in den 1980er-Jahren mitunter ausdauerndes und geschicktes Hobeln.
(Foto: Wolfgang Sünderhauf/Umbruch Bildarchiv)

In den Berichten der Instandbesetzer und Selbsthelfer dominieren jedoch Verweise auf das Prinzip learning by doing oder auf die Hilfe erfahrener Mitstreiter und Fachleute.[27] Spezialisten waren begehrt, aber den Einladungen zu regelmäßigen Arbeitsgruppen von Elektrikern, Schlossern, Tischlern und Rohrlegern folgten laut »Instand-Besetzer-Post« trotz der regelmäßigen Aufrufe und Gesuche zu wenige Profis.[28] Viele Häuser konnten allerdings auf Handwerker in den eigenen Reihen oder im engeren Umfeld zurückgreifen. Genaue Zahlen lassen sich kaum erheben, doch aus den Selbstbeschreibungen der Hausgemeinschaften geht hervor, dass in fast allen Häusern Fachleute mit am Werk waren.[29] Das verhinderte zwar nicht, dass immer wieder Aufgaben liegenblieben, weil Kompetenzen fehlten. Es sorgte aber dafür, dass die Instandbesetzer und Selbsthelfer viele Arbeiten selbst erledigen konnten. In einigen Häusern gab es zudem Werkstätten, Tischlerkollektive und alternative Handwerksbetriebe.[30] Bei allen guten Vorsätzen blieb indes vieles provisorisch, und manche Arbeit wurde nie zu Ende gebracht.

Mit Wohnstandards, wie sie durch städtische oder privat finanzierte Sanierungsmaßnahmen oder in Neubauten geschaffen wurden, konnten die instandbesetzten Häuser nicht mithalten. Das lag zumeist auch gar nicht im Interesse der Besetzer, die »andere und niedrigere Ansprüche wie der Normalbürger« hatten.[31] Wegen Geldmangel verwendeten die Instandbesetzer häufig Materialien aus Abbruchhäusern und Restposten; Ausstattungsmerkmale wie Zentralheizungen, Gegensprechanlagen oder Fahrstühle, wie sie in Sanierungsplänen vorgesehen waren, galten ihnen als unnötiger Luxus. Um die Preise niedrig zu halten, sei es als Mieter oder als Instandbesetzer, verzichteten sie gerne auf den Komfort, der in vielen bundesdeutschen Haushalten längst Standard war.[32]

Trotzdem gab es erstaunliche Parallelen zwischen den Instandbesetzern und einer Bevölkerungsgruppe, die üblicherweise nicht mit Protest in Verbindung gebracht wird: den Heimwerkern. Instandbesetzer und die große Zahl der Heimwerker – 1983 hatten nach Angaben des Instituts für Freizeitwirtschaft 23,7 Millionen Heimwerker 27,2 Milliarden DM in diesem Marktsegment ausgegeben – verrichteten ähnliche Arbeiten am und im Haus, oft sogar in einem ähnlichen Zeitrhythmus mit dem Samstag als dem Heimwerkertag schlechthin, der auch in instandbesetzten Häusern weit verbreitet war.[33] Beide Gruppen handelten nach dem Prinzip »Do-it-yourself« und machten selbst, was sie auch professionellen Handwerkern hätten überlassen können. Sie definierten sich über ihren Willen und ihre Fähigkeit, handwerkliche Arbeiten selbst zu verrichten.[34] Auch bei der Wissensvermittlung bevorzugten Heimwerker und Instandbesetzer ähnliche Strategien: Sie lernten lieber von anderen als aus Büchern oder Zeitschriften.[35] Gleichzeitig stieg Marktstudien zufolge bei den Heimwerkern das Interesse an ökologischen Baustoffen sowie der Stellenwert von Kreativität, sodass sich hier ebenfalls neue Berührungspunkte ergaben.[36]

Plakat der Bürgerinitiative SO 36 in Berlin-Kreuzberg
Plakat der Bürgerinitiative SO 36 in Berlin-Kreuzberg, 1979
(FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum, Sammlung Stadterneuerung und soziale Bewegungen in Kreuzberg, 1970 bis 1990, Nr. 2015/3475; museum-digital, CC BY-NC-SA 3.0; zum Digitalisierungsprojekt siehe auch:
Henry Steinhau, Der lange Weg ins Netz, in: iRIGHTS info, 6.11.2015)

Obwohl Heimwerker als der Inbegriff »stiller, asketischer Spießigkeit« auf den ersten Blick wenig mit illegalen Besetzern gemeinsam hatten, waren die Instandbesetzer in dieser Perspektive keine Exoten, sondern politisierten weit verbreitete und gesellschaftlich anerkannte Tätigkeiten (ohne allerdings den Begriff des Heimwerkens selbst zu gebrauchen).[37] Mussten Vertreter aus Politik und Städtebau ohnehin eingestehen, dass die Kritik der Instandbesetzer an der Wohnungspolitik nicht abwegig war und auf Unterstützung in der Bevölkerung stieß, erschwerte es das positive Image des Heimwerkens, die Instandbesetzungen als kriminelle, illegitime Handlungen abzutun.[38] Ein Plakat zur Besetzung der Gebäude Cuvrystraße 20-27 führt die Parallelen anschaulich vor: Es zeigt einen jüngeren Mann in Latzhose und kariertem Hemd – der Standard-Kleidung deutscher Heimwerker – mit Werkzeugkasten und Leiter. Er schreitet fröhlich-dynamisch auf eine Reihe Häuser zu, und nur der Koffer in der rechten Hand deutet darauf hin, dass er kein gewöhnlicher Heim- oder Handwerker ist, sondern die handwerkliche Arbeit mit einer Hausbesetzung verbindet.

3. Selbsthilfe im Altbau

Mit den Instandbesetzern geriet ein bis dahin vernachlässigtes Thema in das Blickfeld von Öffentlichkeit und Politik: Selbsthilfe im Altbau. Generell rückte Selbsthilfe Ende der 1970er-Jahre langsam in den Fokus von Wissenschaftlern und Politikern. Die Konzepte knüpften an die Traditionen der Nachbarschaftshilfe auf dem Land sowie an Ideen und Begriffe aus der Wohnungspolitik der Zwischen- und Nachkriegszeit an, als Selbsthilfe im Hausbau Konjunktur hatte. Nun entdeckten Stadtplaner, Politiker und Architekten angesichts steigender Grundstücks- und Hauspreise die Selbsthilfe auch für den Bau von Reihenhäusern und Einfamilienhäusern in Stadtrandlagen.[39]

Mieter und Altbauten spielten ab etwa 1980 eine Rolle. Bei der Vorbereitung der IBA war Selbsthilfe ein wichtiges Stichwort, und mit Ulli Hellweg setzte die Ausstellung 1980 einen »Selbsthilfebeauftragten« ein.[40] Die Instandbesetzer wirkten wie ein Katalysator, der diesen Trend beschleunigte: Sie zeigten, dass Altbauten mit vergleichsweise geringen Mitteln vor Verfall und Abriss bewahrt werden konnten – und dass dieses Vorgehen auf Zustimmung in der Bevölkerung stieß. Damit stellten sie die Sanierungspolitik des Senats nicht nur in Frage, sondern widerlegten sie augenfällig. Dies traf zwar längst nicht für alle besetzten Häuser zu, die unter dem Label »Instandbesetzung« firmierten, denn es gab durchaus Häuser, in denen von Sanierungsarbeiten wenig zu sehen war.[41] Doch die Grundidee sowie einige Beispiele engagierter und geglückter Sanierung setzten den Berliner Senat unter Zugzwang.

Ende 1980 kursierten erste Überlegungen, Mieter bei der Modernisierung ihrer Wohnungen durch finanzielle Förderprogramme zu unterstützen.[42] Im Januar 1981 verkündete der Senat dann eine »Premiere«, nämlich neue Richtlinien für die »öffentliche Förderung von Wohnungsmodernisierung durch Mieter in Selbsthilfe«. West-Berlin sei damit »Vorreiter« gegenüber den anderen Bundesländern. Mieter sollten einen einmaligen Zuschuss zu den Baukosten erhalten, und auch die Grundmodernisierung durch den Vermieter sollte gefördert werden.[43] Im gleichen Jahr entstand ein »Fachbereich Selbsthilfe« beim Senator für Bau- und Wohnungswesen.[44] Auch die Regierung in Bonn befasste sich angesichts der bundesweiten Hausbesetzungen mit Instandsetzungsfragen, Altbausanierung und Selbsthilfegruppen.[45]

Schritt für Schritt änderte der West-Berliner Senat seine Förderrichtlinien im Wohnungsbereich. Kurz nach der Veröffentlichung des neuen Modells vom Januar 1981 verkündete der Senat, sofort 20 Millionen DM für die Instandsetzung von Altbauten zur Verfügung zu stellen.[46] Im Herbst 1981 erklärte Bausenator Ulrich Rastemborski (CDU) dann dezidiert, die bisherige Vernachlässigung des Instandsetzens gegenüber der Modernisierung mit neuen Programmen überwinden zu wollen. Erstmals ging es dabei auch um die Förderung von Selbsthilfeprojekten im Altbau.[47] Ohne die Instandbesetzer als Triebkraft zu erwähnen, war in einer Broschüre des Senators für Bau- und Wohnungswesen allgemein die Rede vom »wachsenden Interesse von Gruppen […], Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen unter eigener Regie in Selbsthilfe durchführen [zu] wollen«.[48]

Im Frühjahr 1982 lief das Programm »Bauliche Selbsthilfe« an.[49] Über einen Zeitraum von zwei Jahren und mit bis zu 800 DM pro Quadratmeter konnten Instandsetzung und Modernisierung gefördert werden. Voraussetzungen waren die langfristige Verfügungsmöglichkeit der Gruppe über das Gebäude (zum Beispiel durch Kauf oder im Erbbaurecht) und ein Eigenleistungsanteil von 15, später 20 Prozent. Die Kosten für diese Förderlinie lagen erheblich unter den Summen, die der Senat für Abriss und Neubau ausgegeben hätte.[50] Von 1982 bis 1985 wurden insgesamt 94 Verträge zwischen Senat und Selbsthilfeprojekten geschlossen, die sich entweder aus Instandbesetzungen entwickelt oder als Selbsthilfegruppen zusammengeschlossen hatten. Mit 46 Projekten ging ein großer Teil der Förderung nach Kreuzberg, die vormalige Hochburg der Instandbesetzer. Lag das Fördervolumen für 1982 bei 21,6 Millionen DM, veranschlagte der Bausenator für 1986 bereits 40 Millionen DM.[51]

Damit löste sich die prekäre Situation der Instandbesetzer nicht auf. Ziel des Senats war und blieb es, die als kriminell gebrandmarkten Besetzungen zu beenden. Räumungen durch die Polizei drohten nach wie vor, und Ende 1984 waren alle besetzten Häuser geräumt, legalisiert oder aufgegeben worden. Zudem lagen die Hürden für eine Aufnahme in das Förderprogramm hoch; angefangen von den schwierigen und oft langwierigen Bemühungen, das entsprechende Gebäude selbst oder mit Hilfe eines Trägers zu erwerben, über äußerst knapp kalkulierte Finanzierungssätze für die jeweiligen Arbeiten bis zur Belastung durch den hohen Selbsthilfeanteil sowie die administrative Verantwortung für die Umsetzung solcher Großprojekte. Doch die »Behutsame Stadterneuerung« und Erhaltung bestehender Quartiere wurden zu städtebaulichen Prioritäten erklärt und Mieter stärker in die Gestaltung ihrer baulichen Umwelt einbezogen.[52] Eine neue Form der Selbsthilfe hatte sich etabliert, die Mitsprache- und Gestaltungsbedürfnisse in die Politik integrierte.

4. Instandbesetzer und Stadtöffentlichkeit

In den Medien jenseits der linken, alternativen Presse wie »taz« oder »Zitty« kam die praktisch-handwerkliche Dimension der Instandbesetzungen kaum vor.[53] Nur in wenigen Porträts oder Interviews ging es um konkrete Instandsetzungsarbeiten. Dabei konzedierten die Journalisten, dass die Arbeiten oft gut ausgeführt und die Zimmer wohnlich waren – auch wenn die Verlockung groß war, über den Schmutz oder halbfertige Arbeiten in besetzten Häusern zu berichten.[54] In ihren eigenen Publikationen legten Instandbesetzer und Selbsthelfer großen Wert darauf, sich als seriös und leistungsstark zu präsentieren. Sie berichteten, welche Arbeiten sie ausgeführt hatten, wie viel Zeit und Geld in die Instandsetzung geflossen waren, druckten Auszüge ihres Schriftverkehrs mit Behörden, Politikern und Hausbesitzern ab und illustrierten das Ganze mit fachmännischen Grundrissen, Fotos von sich selbst bei der Arbeit sowie den Ergebnissen ihrer Anstrengungen.[55]

Nutzungskonzept der besetzten Rückgebäude
»Nutzungskonzept der besetzten Rückgebäude (Aufgang 2-6), Bülowstraße 52«, Berlin-Schöneberg, 1982, S. 13
(Papiertiger. Archiv & Bibliothek der sozialen Bewegungen, Berlin)
Neueste Erkenntnisse über Abstammung, Lebensgewohnheiten sowie Arbeitsweise des Instandbesetzertypus.
»Neueste Erkenntnisse über Abstammung, Lebensgewohnheiten sowie Arbeitsweise des Instandbesetzertypus. Aufgezeigt am Beispiel der Häuser Nehring 34 & Neufert 11 und 13«, Berlin-Charlottenburg, 1981, S. 8f.
(Papiertiger. Archiv & Bibliothek der sozialen Bewegungen, Berlin)

Die eigene Arbeit zu dokumentieren deckte sich mit dem Anspruch der Instandbesetzer, Selbsthelfer und ihrer Unterstützer, die Umsetzbarkeit ihrer städtebaulichen Visionen zu beweisen, und zwar in der Diktion der handwerklichen Tätigkeit, des Berichts und der Buchführung. Gleichzeitig ging es darum, Leistungsbereitschaft und Gemeinschaftssinn zu demonstrieren – zwar anders gelagert als in der kritisierten kapitalistischen Leistungsgesellschaft, aber eben doch teilweise ähnlich.[56] Die im Alltag vorhandenen Unterschiede in puncto Professionalität, wie sie Sven Reichardt für den Bereich der Alternativbetriebe aufgezeigt hat, traten bei diesen leistungsorientierten Selbstdarstellungen in den Hintergrund.[57]

Die Bandbreite der Unterstützer und Kooperationspartner reichte von der unmittelbaren Nachbarschaft über politische und gesellschaftliche Akteure bis zur Fachöffentlichkeit in den Bereichen Architektur und Stadtplanung. Oft lösten die Instandbesetzungen als solche jedoch Kritik und Ablehnung aus. Politiker und Medien stigmatisierten die Instandbesetzer vielfach als »Kriminelle«, »Störenfriede«, »Chaoten« und »Terroristen«.[58] Nachbarn beklagten sich über Dreck, Lärm und Pöbeleien; Wohnungssuchende befürchteten, gegenüber den Besetzern ins Hintertreffen zu geraten, da diese das »Faustrecht« auf dem Wohnungsmarkt durchsetzen würden; andere brandmarkten die Verletzung des Eigentumsrechts.[59] Einig waren sich Kritiker und Unterstützer in der Ablehnung der Gewalt, die bei Demonstrationen und Räumungen sowohl seitens der Besetzer als auch der Polizei ausgeübt wurde. Die Berichterstattung in der Presse blieb nicht unwidersprochen. Ein »älterer Bürger dieser Stadt« schrieb in einem Leserbrief: »Es ist bei weitem nicht so, wie man uns weismachen will, daß sich die gesamte Bevölkerung über die sich wehrenden Wohnungssuchenden empört.«[60]

Die Instandbesetzer selbst berichteten über Geld- und Materialspenden, erfreute Nachbarn, Rabatt beim Bäcker und im Lebensmittelladen, Patenschaften und Solidaritätsbekundungen: Ihre Ziele stießen, bei aller Kritik, auf vielfältige Unterstützung in der Nachbarschaft und der Stadtgesellschaft.[61] Viele Häuser hatten Paten aus Kirche, Kultur, Wissenschaft und Politik bis hin zu Prominenten, Gewerkschaften und der Initiative »Unternehmer und Selbständige unterstützen Instandbesetzer«, der über 70 lokale Geschäfte und Dienstleister angehörten.[62] Sogar Beamte des Bezirksamts Kreuzberg und Häftlinge aus Tegel übernahmen Patenschaften.[63] Die Paten gaben Geld, halfen bei der »Winterfestmachung« und verhandelten mit dem Senat; Günter Grass las in der Bülowstraße 52 aus seinen Werken, um Unterstützung zu demonstrieren; andere Prominente wie Helmut Gollwitzer übernachteten öffentlichkeitswirksam in besetzten Häusern, um Räumungen zu verhindern.[64] Sie fungierten als Mittler zwischen Instandbesetzern, Politik und Gesellschaft.

Die praktische Tätigkeit der Instandbesetzer und Selbsthelfer schuf andere Anknüpfungspunkte zur Alltagserfahrung breiter gesellschaftlicher Gruppen als herkömmliche Protestformen wie beispielsweise Petitionen. Eigenheimbesitzer oder Mieter mussten sich ebenfalls mit der Instandsetzung und -haltung ihrer Wohnungen oder rechtlichen Fragen auseinandersetzen; die praktische Arbeit der Instandbesetzer war anschlussfähig an die Erfahrungen vieler Heimwerker. Gerade in einkommensschwachen Gebieten wie Kreuzberg teilten Instandbesetzer und ihre Nachbarn die gleichen wohnungsbezogenen Sorgen, wenn auch nicht immer die Vorstellungen und Wege zu deren Lösung.

Eine Studie im Auftrag der IBA ergab, dass in Kreuzberg, dem Stadtteil mit den meisten Instandbesetzungen, mehr als zwei Drittel von über 200 befragten Baubetrieben eine positive Einstellung zur Zusammenarbeit mit Selbsthelfern hatten.[65] Die Studie fragte nicht explizit nach den Instandbesetzern, sondern sprach allgemein von »Selbsthilfe«, doch ist davon auszugehen, dass Fragesteller und Befragte zum Zeitpunkt der Erhebung, in der heißen Phase der Besetzungen und ihrer medialen Omnipräsenz, darunter auch Instandbesetzer verstanden. In der Studie gibt es keine Hinweise, dass Handwerksbetriebe die Zusammenarbeit mit besetzten oder ehemals besetzten Häusern ausgeschlossen oder zwischen dem rechtlichen Status verschiedener Selbsthilfegruppen unterschieden hätten. Im März 1981 erklärte sogar ein Tischler in der Kreuzberger Cuvrystraße seine Werkstatt für besetzt, um einer Räumungsklage zu entgehen und gegen »die Ohnmacht der kleinen Gewerbetreibenden gegen die Sanierungspolitik [zu] demonstrieren«.[66] Diese Beispiele verdeutlichen, wie weit die Sympathien für die Instandbesetzer reichten, gerade in den von Wohnungsnot und Sanierungsplänen besonders betroffenen Stadtteilen.[67]

5. Instandbesetzer und Fachöffentlichkeit

Instandbesetzer und Öffentlichkeit sprachen – zumindest in wohnungs- und bautechnischen Fragen – die gleiche Sprache. Die Instandbesetzer grenzten sich bewusst vom theorielastigen Idiom der »68er« ab, das für Außenstehende oft unverständlich und schwammig blieb. »Wir reden über Politik, aber wir wollen keine 68er-Ideologen. Wir wollen beweisen, dass wir etwas aufbauen können. Dazu müssen wir uns nicht erst eine Theorie aneignen«, erklärte ein Bewohner eines ehemaligen Brauerei-Geländes in Zehlendorf dem »Tagesspiegel«.[68] Sehr konkret schrieben und sprachen die Instandbesetzer über Sanitäranlagen, Hausschwamm, Sanierungskosten, Abriss, Kredite und Erbpachtregelungen, diskutierten bauliche Alternativen und stellten Kosten-Nutzen-Rechnungen an.[69] Worum es den Instandbesetzern ging, war leicht zu verstehen.

Dabei halfen auch die vielfältigen Kontakte zwischen Instandbesetzern, Selbsthelfern und Fachleuten aus den Bereichen Architektur und Städteplanung. In etlichen besetzten Häusern und Selbsthilfeprojekten lebten angehende Architekten, Stadtplaner oder Studierende verwandter Fächer.[70] Sie brachten wichtiges Fachwissen ein, etwa bei Bauplanungen oder beim Umgang mit Behörden und Bauvorschriften. Auch bei den Verhandlungen mit dem Senat waren (angehende) Fachleute in den eigenen Reihen hilfreich, besonders als es um das Förderprogramm zur Selbsthilfe ging. Umgekehrt eröffneten Programme wie die »Bauliche Selbsthilfe« auch Wege in den Beruf, wenn etwa frisch diplomierte Architekten aus der Instandbesetzerszene die Leitung solcher Hausprojekte übernahmen.[71]

Angehende Architekten und Planer beteiligten sich an den Instandsetzungsarbeiten mitunter als »Externe« im Rahmen von Semesterarbeiten. Für die Studierenden war es eine der wenigen Gelegenheiten, während des Studiums praktische Erfahrungen zu sammeln, die nicht »losgelöst von der harten Realität« waren.[72] Praktische Projekte mit Bauten oder Plänen, die für die Nutzung im Alltag konzipiert waren, hielten erst seit Mitte der 1970er-Jahre langsam Einzug in diese Studiengänge. Auch Selbsthilfe am Bau sowie die Rolle der Architekten und Planer in solchen Projekten kamen in der Hochschulbildung bis dahin kaum vor.[73] Im Tagebuch einer Gruppe mithelfender Studierender hieß es: »Unsere fachliche Inkompetenz ist immer wieder sehr unangenehm und bremst uns, selbst die Initiative zu übernehmen, weil unsere Angst groß ist, am Ende als doofer Studie dazustehen; aber wir lernen.« Einige Monate später dann die Erleichterung: »Machten letzte Woche die Decke fertig; Anerkennung von allen Seiten; die Studies bringen also doch etwas zustande!!«[74]

Die Präsenz von Studierenden – ob als Besetzer/innen oder im Rahmen eines Semesterprojekts – verstärkte die Tendenz, Themen wie Altbausanierung und Selbsthilfe in die Hochschulbildung zu integrieren. Viele Lehrende standen diesen Ansätzen ohnehin positiv gegenüber. Hardt-Waltherr Hämer, Professor an der Berliner Hochschule der Künste (heute Universität der Künste) und Leiter der IBA Altbau, hatte das Konzept der »Behutsamen Stadterneuerung« entwickelt.[75] Andere initiierten oder akzeptierten Projekte, in denen Studierende an und in besetzten Häusern arbeiteten, sowie daraus hervorgehende Diplomarbeiten, die deutlich von der Sympathie oder gar Zugehörigkeit zu den Instandbesetzern getragen waren.[76] Diese Bestrebungen korrespondierten mit Forderungen, in der Ausbildung von Architekten, Planern und Handwerkern mehr Wert auf Wissen über Altbauten, auf Techniken zur Instandsetzung und die Anforderungen der Zusammenarbeit mit Selbsthelfern zu legen.[77]

Eine besondere Rolle spielte die Internationale Bauausstellung, die 1979 vom Berliner Senat ins Leben gerufen worden war, um städtebauliche Alternativen zum vorherigen Konzept der Flächensanierung zu entwickeln.[78] In die Startphase der IBA fielen die ersten Instandbesetzungen. Die Bauausstellung musste sich damit auseinandersetzen bzw. konnte sich in ihren Analysen und Vorschlägen auf die Arbeit und die Konzepte der Instandbesetzer beziehen. Das Interesse der IBA reichte über die betroffenen Berliner Kieze und die Instandbesetzer hinaus. Ihren Mitarbeitern ging es generell um Fragen der »Behutsamen Stadterneuerung«, der »menschengerechten Umweltgestaltung« und »Humanisierung der Bauarbeit«, bei denen die Selbsthilfe jeweils wichtig war.[79] Die unterschiedlichen Interessenlagen und administrativen Zusammenhänge machten das Verhältnis zwischen Instandbesetzern bzw. Selbsthelfern und IBA streckenweise problematisch, doch überwogen in der gegenseitigen Wahrnehmung die Vorteile für beide Seiten.[80] Auch hier entstanden über die Praxis der Instandsetzung personelle und institutionelle Verbindungen.

Die enge Verzahnung zwischen Instandbesetzern und Fachleuten innerhalb und außerhalb der Instandbesetzerszene half, die Durchführbarkeit einer kostengünstigen und individuellen Altbausanierung und -modernisierung zu demonstrieren, zu kommunizieren und zu institutionalisieren. Dies bezog sich einerseits auf die konkrete planerische, handwerkliche und administrative Arbeit an und in den jeweiligen Häusern, andererseits auf die Verstetigung solcher wohnungspolitischen und stadtplanerischen Ansätze. Die IBA bedeutete Kontinuität in einem ansonsten durch schnelle Wechsel gekennzeichneten Kontext, in dem Hausbesetzer aus- und einzogen, Häuser besetzt und geräumt wurden und zwischen 1980 und 1984 vier Bausenatoren unter drei Regierenden Bürgermeistern im Amt waren. Die Präsenz der IBA erschwerte es, die Instandbesetzer in den Konflikten um Stadtplanung und Wohnungspolitik auszugrenzen, denn ihre Ziele und Aktivitäten wurden hier in einen größeren, von fachlichen Autoritäten geführten Diskurs eingeordnet. Auch die Zusammenarbeit von Instandbesetzern und Selbsthelfern mit Dozenten und Studierenden verschiedener Hochschulen hatte das Potential, mittel- und langfristige Veränderungen in Planungs- und Bauprozessen auszulösen.[81] Die handwerkliche Tätigkeit der Instandbesetzer war eine Voraussetzung für diese Wechselwirkungen, denn sie schuf gleichermaßen anschauliche Beispiele, Handlungsdruck und praktische Anknüpfungspunkte.

6. Grenzen der neuen Selbsthilfe

Im Verlauf der frühen 1980er-Jahre wurde »Selbsthilfe« von einer (wohnungs)politischen Strategie der Instandbesetzer und Selbsthilfegruppen zu einer Maßnahme und Förderlinie des West-Berliner Senats und anderer Städte. Dahinter standen, zumindest in Teilen, städtebauliches Umdenken und veränderte Prioritäten. Den Selbsthilfegedanken aufzugreifen war für die Behörden jedoch nicht nur ein Zugeständnis und Ergebnis eines Lernprozesses, sondern auch in anderer Hinsicht attraktiv.

Der Selbsthilfegedanke bot die Möglichkeit, das Protestpotential der Instandbesetzungen zu kanalisieren und es mit anders gelagerten politischen Zielen zu verknüpfen. Der Begriff der Selbsthilfe, den der Senat 1981 für sein Förderprogramm wählte, war nicht neu. Bereits im Genossenschaftswohnungsbau der Jahrhundertwende und im Rahmen der Heimstättenbewegung der Zwischenkriegszeit war der Gedanke propagiert worden. Selbsthilfe sollte zuerst Langzeitarbeitslosen, während des Nationalsozialismus dann »Volksgenossen« mit sicherem Arbeitsverhältnis ein bescheidenes Eigenheim ermöglichen und sie fest in die bestehende Gesellschaftsordnung integrieren.[82] Senat und IBA griffen diese Bezüge bewusst auf – sie stellten ihre Förderung der baulichen Selbsthilfe sowie die damit einhergehende Legalisierung und Integration eines Teils der besetzten Häuser in eine Traditionslinie, an deren Ende das neue Programm stand. So führte eine Informationsbroschüre des Senators für Bau- und Wohnungswesen von 1985 die Baugenossenschaften des späten 19. Jahrhunderts, die Siedler der 1920er-Jahre, Trümmerfrauen, Vertriebene und die bis in die damalige Gegenwart gelebte ländliche Nachbarschaftshilfe als Vorläufer ins Feld (wobei die NS-Zeit unerwähnt blieb).[83]

Im Mittelpunkt des West-Berliner Selbsthilfeprogramms standen nicht die alternativen Wohn-, Arbeits- und Lebensformen, die die Selbsthelfer und Instandbesetzer anstrebten, auch wenn diese Ziele nun stärker respektiert und berücksichtigt wurden. Hauptsächlich ging das Programm von der Tätigkeit aus, von den handwerklichen Arbeiten als Erhaltungs- und Modernisierungsleistungen. Die Praxis des Bauens und Sanierens stellte die Brücke zwischen den verschiedenen Kontexten der Selbsthilfe dar, in die der Senat sein Programm einordnete. Die positiv konnotierte Eigeninitiative diente den Interessen der Stadt, die nun danach strebte, die Abwanderung engagierter Bürger zu verhindern und über das Förderprogramm eine Sanierung der heruntergekommenen Altbauten zu erreichen.[84] Immer wieder beklagten Selbsthelfer, die Förderrichtlinien seien so eng gefasst, dass alternative Ideen wie die gemeinschaftliche Nutzung des Raums oder die Kombination von Lebens- und Arbeitsräumen kaum umsetzbar seien. Wer in die Förderung aufgenommen werden wollte, musste seine Pläne anpassen.[85]

In einigen Modellversuchen bekamen Träger wie »Jugendwohnen im Kiez« oder »KreuzWerk« staatliche Fördergelder für Projekte, in denen arbeitslose Jugendliche Häuser renovierten, um so eine Ausbildung und bezahlbaren Wohnraum zu erhalten.[86] Die »Rückkehr der Arbeitslosigkeit« seit Mitte der 1970er-Jahre bedeutete nicht zuletzt eine ansteigende Jugendarbeitslosigkeit, die Politik und Öffentlichkeit als Indikator einer umfassenden »Krise der Arbeitsgesellschaft« werteten.[87] In dieser Situation erschienen auch ungewöhnliche Wege sinnvoll und nötig, die an Praktiken des alternativen Milieus anknüpften, um jugendliche Arbeitslose, Punks und »Aussteiger« in den Arbeitsmarkt zu integrieren, zumal diese stark in der Hausbesetzerszene vertreten waren.[88] Vorausgesetzt wurde hier wiederum die praktische Arbeit der Instandsetzung. Die Förderung von Projekten, in denen »Aussteiger« und Punks Räume unter Anleitung renovierten, erinnert an die lange Tradition, körperliche Arbeit als Disziplinierungs- und Kontrollinstrument einzusetzen.[89] Förderversprechen und städtische Imagepolitik gingen im Programm der baulichen Selbsthilfe Hand in Hand mit Lenkungsbestrebungen. So zeigte die Broschüre »Bauliche Selbsthilfe«, die der Senator für Bau- und Wohnungswesen 1985 herausgab, die gesellschaftliche Vielfalt im Bild, darunter einen Punk. Er durfte zwar gleichberechtigt neben Hausfrauen, Business-Männern und Rentnern stehen, musste sich aber eben auch in den vom Senat und der Gesellschaft gesetzten Rahmen fügen (Abb. rechts).[90] Die Anschlussfähigkeit der handwerklichen Arbeit trug dazu bei, für die Bestrebungen der Instandbesetzer Grenzen zu ziehen, ihre Aktivitäten in einem disziplinierenden Sinne zu kanalisieren und solche Besetzergruppen zu marginalisieren, die eine grundsätzliche Änderung der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen anstrebten.[91]

aus: Senator für Bau- und Wohnungswesen [Hg.], Bauliche Selbsthilfe, Berlin 1985, S. 18
(aus: Senator für Bau- und Wohnungswesen [Hg.], Bauliche Selbsthilfe, Berlin 1985, S. 18; Zeichnung: © Detlef Surrey, Berlin)
Vom Protest zum Vertrag
Vom Protest zum Vertrag
(aus: Senator für Bau- und Wohnungswesen [Hg.], Bauliche Selbsthilfe, Berlin 1985, S. 36; Zeichnung: © Detlef Surrey, Berlin)

Zudem verbesserte der Senat sein Image bei den Kritikern der bisherigen Stadtbaupolitik, obwohl die Zahl der in Zusammenarbeit mit der IBA und/oder ehemaligen Besetzern renovierten Altbauten lediglich einen Bruchteil der sanierungsbedürftigen Wohnungen ausmachte und sich die grundsätzliche Sanierungspolitik nur bedingt änderte.[92] Zur imagefördernden Wirkung trug bei, dass Selbsthilfegruppen seit den 1960er-Jahren zunehmend zu wichtigen Foren bei der Lösung individueller und gesellschaftlicher Probleme geworden waren. Ob Frauenhäuser oder Selbsthilfe für Krebskranke: Vielerorts bestanden solche Einrichtungen und Zirkel, von denen einige allmählich fest institutionalisiert und staatlich unterstützt wurden. Die Förderung alternativer, teilweise auf illegalen Besetzungen beruhender Sanierung von Altbauten erschien vor diesem Hintergrund weniger als riskante Unterstützung kaum vertrauenswürdiger Gruppierungen, sondern als den aktuellen Umständen angepasste, moderne Form der Wohnungs- und Sozialpolitik. Ein Aufsatz junger Soziologen aus dem Jahr 1983 diskutierte die wachsende Öffnung gegenüber Selbsthilfe-Konzepten. Anhand der Beispiele jugendlicher Selbsthilfegruppen und baulicher Selbsthilfe stellten die Autoren die Frage: »Selbsthilfe in der Sozialpolitik – ein Lösungsansatz?« und ordneten Selbsthilfepraktiken damit in das staatliche Instrumentarium zur gesellschaftlichen Stabilisierung ein.[93]

Zeitgenössisch und rückblickend beklagten viele Instandbesetzer, ihre Bewegung sei von der Politik bewusst zerstört worden, habe sich teilweise vereinnahmen lassen und sei zahnlos geworden. J.C. Wartenberg, ein Instandbesetzer der ersten Stunde, schrieb 2003 rückblickend über das Jahr 1984: »Die Kreuzberger waren vollauf damit beschäftigt, ihre Läden aufzubauen, ihre Häuser zu renovieren oder auf ihre Kinder aufzupassen. Für Revolution und Experimente gab es absolut keine Zeit mehr.«[94] Monika Reimitz, Soziologin an der Universität Gießen, bilanzierte schon 1989: »Viele ehemalige Hausbesetzer, die jetzt in einem der entstandenen Sanierungsprojekte beteiligt sind, bedauern das Ende der Bewegung, in der eine Orientierung auf gemeinsame Ziele und Aktivitäten eingebettet war. [...] Der Alltag von Planung und Durchführung der Sanierung unterliegt zum einen stärkeren Regulierungen, z.B. baurechtlicher Art, zum anderen wird von den Gruppen eine Lang-, zumindest jedoch eine Mittelfristigkeit der Lebensplanung verlangt, die vormals im Rhythmus kurzfristiger Aktionen außer Acht stand. [...] Renovierungsarbeiten stellten [damals] stolz erarbeitete Spezialfertigkeiten dar und waren Merkmal besonderen Engagements. Sie werden nun zur vorausgesetzten Selbstverständlichkeit.«[95] Ein Teil der Besetzerszene lehnte aus Sorge um solche Vereinnahmungen das Konzept der Instandbesetzung von vornherein ab, beispielsweise eine Gießener Gruppe, die Instandbesetzer kritisch als »wertkonservative Bewegung« bezeichnete und ihnen damit das Potential absprach, grundlegende gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen.[96]

Jüngere Publikationen diskutieren verstärkt die Zusammenhänge zwischen Instandbesetzungen, »Behutsamer Stadterneuerung«, Gentrifizierung und »neoliberalisierte[r] Stadtpolitik« seit den 1990er-Jahren: Ein »aktivierende[r] Staat« delegiere öffentliche Aufgaben mehr und mehr an die Bürger.[97] Damit wird eine Thematik aufgegriffen, die bereits zeitgenössisch verhandelt wurde. So bilanzierte 1985 die Mieterberatung des Kreuzberger Vereins SO 36, die Selbsthilfe-Initiativen seien zwar zu einer »unentbehrlichen Stütze für die soziale, bauliche und infrastrukturelle Wohn- und Lebenssituation« geworden, doch das Senatsprogramm gleiche mittlerweile einer »Mittelstandsförderung«, von der nur Selbsthilfegruppen mit genügend Geld profitierten.[98]

Hier allein auf die Politik zu verweisen würde angesichts der vielfältigen, durch die handwerkliche Praxis hergestellten Verflechtungen jedoch zu kurz greifen. Um zu bewerten, wie sich der Selbsthilfegedanke der Instandbesetzer im Zusammenspiel mit städtebaulichen Ansätzen transformierte, müssten auch Studiengänge für Architekten und Städteplaner in den Blick genommen werden. Welchen Stellenwert hatten Altbausanierung und Stadtteilentwicklung in den universitären Lehrplänen seit den frühen 1980er-Jahren, welche Konzepte wurden diskutiert und umgesetzt? Auch die Berufsbiographien der Fachleute, die als Besetzer oder Unterstützer in Selbsthilfeprojekte involviert waren, könnten Aufschluss darüber geben, wie die Erfahrungen der Besetzerzeit in die spätere professionelle Praxis hineinwirkten. Auch den Besetzern selbst war stets bewusst, dass sie zur Umsetzung ihrer Pläne Fachleute aus Planung und Handwerk brauchten, mit denen sie in vielen Projekten zusammenarbeiteten, deren Perspektive jedoch notwendigerweise häufig eine andere war als diejenige der Instandbesetzer und Selbsthelfer.

»Heimwerken als Protest« war in viele Richtungen anschlussfähig. Es brachte Reaktionen in Politik und Öffentlichkeit hervor, die nicht nur aus dem Thema Wohnungspolitik, sondern aus der spezifischen Praxis des Instandbesetzens erwuchsen. Eingesetzt als Protestform überschritten solche Praktiken des Heimwerkens die Grenze des privaten Wohnraums, in dem sie üblicherweise angesiedelt waren. Als öffentlich inszenierte, diskutierte und geförderte Praxis stellte die neue, politisierte Form des Heimwerkens etablierte Aufgabenteilungen zwischen Staat und Bürgern, Laien und Fachleuten in Frage. Publikationen der IBA verwiesen darauf, dass Architekten, Stadtplaner und Handwerker erst lernen mussten, mit engagierten Laien auf dem Bau zusammenzuarbeiten, und auch für die Selbsthelfer war es schwierig, über bauliche Fragen nicht allein entscheiden zu können.[99] Doch erwies sich gerade diese Grenzüberschreitung, die Praktiken des Heimwerkens aus ihrem gewohnten Kontext riss, als fruchtbar. Dadurch trugen die Instandbesetzer nachdrücklich dazu bei, der städtischen Wohnungspolitik eine neue Richtung zu geben, auch wenn Politiker und Städteplaner die Praxis der Selbsthilfe dazu nutzten, einige Ziele zu verfolgen, die nicht im Sinne der Instandbesetzer waren. Die wachsende Zahl selbstorganisierter Baugruppen, öffentliche Förderprogramme und eine Beratungs-Infrastruktur für Baugemeinschaften zeugen bis heute von der Idee, Bewohner selbst Hand anlegen zu lassen und Wohnungspolitik entsprechend zu flexibilisieren, ohne sie radikal zu verändern.[100]

Anmerkungen:

[1] Hierzu grundlegend Sven Reichardt, Authentizität und Gemeinschaft. Linksalternatives Leben in den siebziger und frühen achtziger Jahren, Berlin 2014, S. 498-550; Jan-Henrik Friedrichs, Urban Spaces of Deviance and Rebellion: Youth, Squatted Houses and the Heroin Scene in West Germany and Switzerland in the 1970s and 1980s, phil. Diss. University of British Columbia 2013, S. 124-166.

[2] Vgl. David Templin, Freizeit ohne Kontrollen. Die Jugendzentrumsbewegung in der Bundesrepublik der 1970er Jahre, Göttingen 2015; Daniel Schmid, In Freiräumen leben. Hausbesetzungen und Hausbesetzer in der Bundesrepublik Deutschland 1970–1982, in: Duoco Hellema/Friso Wielenga/Markus Wilp (Hg.), Radikalismus und politische Reformen. Beiträge zur deutschen und niederländischen Geschichte in den 1970er Jahren, Münster 2012, S. 131-150.

[3] In der öffentlichen Inszenierung ihrer Instandsetzungsarbeiten verbanden die Besetzer den Wunsch nach Wohnraum mit politischen Forderungen und unterschieden sich damit von den »Schwarzwohnern« in der DDR. Diese reagierten auf die Wohnungsnot in Ostdeutschland, indem sie die staatliche Wohnraumvergabe umgingen. Heimlich bezogen sie leerstehende, häufig verfallene Wohnungen und begannen diese in Eigeninitiative zu renovieren. Während die Instandbesetzer in der Bundesrepublik bzw. in West-Berlin Sichtbarkeit anstrebten, bemühten sich die »Schwarzwohner« um Unauffälligkeit, damit sie nicht in Konflikt mit den Behörden gerieten und ihre Wohnungen nicht gefährdeten. Vgl. Udo Grashoff, Schwarzwohnen. Die Unterwanderung der staatlichen Wohnraumlenkung in der DDR, Göttingen 2011.

[4] Reichardt, Authentizität (Anm. 1); Friedrichs, Urban Spaces (Anm. 1); Sebastian Haumann/Susanne Schregel, Andere Räume, andere Städte und die Transformation der Gesellschaft. Hausbesetzungen und Atomwaffenfreie Zonen als alternative Raumpraktiken, in: Hanno Balz/Jan-Henrik Friedrichs (Hg.), »All We Ever Wanted…« Eine Kulturgeschichte europäischer Protestbewegungen der 1980er Jahre, Berlin 2012, S. 53-72; Alex Vasudevan, Dramaturgies of Dissent: the Spatial Politics of Squatting in Berlin, 1968–, in: Social & Cultural Geography 12 (2011), S. 284-303; Armin Kuhn, Vom Häuserkampf zur neoliberalen Stadt. Besetzungsbewegungen in Berlin und Barcelona, Münster 2014. Gleiches gilt auch für viele zeitgenössische Darstellungen, etwa Stefan Aust/Sabine Rosenbladt (Hg.), Hausbesetzer. Wofür sie kämpfen, wie sie leben und wie sie leben wollen, Hamburg 1981. Für aktuelle Bildbände vgl. Hanno Hochmuth, Sehnsuchtsbilder. West-Berlin in neuen Fotobänden, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 11 (2014), S. 312-327.

[5] Reichardt, Authentizität (Anm. 1), S. 519f., S. 539; etwas abweichend die Zahlen bei Karl Christian Führer, Die Stadt, das Geld und der Markt. Immobilienspekulation in der Bundesrepublik 1960–1985, Berlin 2016, S. 187f. Die Zahlen beziehen sich auf alle Hausbesetzer, nicht nur auf die Instandbesetzer. Einen Überblick zu Hausbesetzungen in Berlin samt interaktiver Karte und Links zu Quellenmaterial gibt die Website <http://www.berlin-besetzt.de>.

[6] Vgl. Reichardt, Authentizität (Anm. 1), S. 498-550; Führer, Die Stadt (Anm. 5); Bart van der Steen, Die internationalen Verbindungen der Hausbesetzerbewegung in den 70er und 80er Jahren, in: Alexander Gallus/Axel Schildt/Detlef Siegfried (Hg.), Deutsche Zeitgeschichte – transnational, Göttingen 2015, S. 203-220.

[7] Die Gewaltfrage war innerhalb der Besetzerszene höchst umstritten. Radikale Häuserkämpfer waren in der Minderheit. Teile der Medien und der Politik versuchten jedoch, die Hausbesetzer allgemein als militant zu diskreditieren und sie in die Nähe terroristischer Gruppierungen zu rücken. Siehe Reichardt, Authentizität (Anm. 1), S. 557-569. Vgl. auch Freia Anders, Wohnraum, Freiraum, Widerstand. Die Formierung der Autonomen in den Konflikten um Hausbesetzungen Anfang der achtziger Jahre, in: Sven Reichardt/Detlef Siegfried (Hg.), Das Alternative Milieu. Unkonventionelle Lebensentwürfe und linke Politik in der Bundesrepublik Deutschland und Westeuropa 1968–1983, Göttingen 2010, S. 473-498. Zum politischen Machtwechsel im Zusammenhang mit den Hausbesetzungen vgl. Harald Bodenschatz/Volker Heise/Jochen Korfmacher, Schluß mit der Zerstörung? Stadterneuerung und städtische Opposition in West-Berlin, Amsterdam und London, Gießen 1983, S. 313f.

[8] Sowohl zeitgenössisch als auch in der Forschung dominierte die These der profitorientierten Immobilienspekulation als Hauptvorwurf und -ursache der Missstände auf dem Wohnungsmarkt. Dieser Einschätzung widerspricht nun mit einer detaillierten Analyse Führer, Die Stadt (Anm. 5), S. 189f., S. 194-202.

[9] Für fotografische Perspektiven auf die Wohnverhältnisse in Kreuzberg während der 1970er- und 1980er-Jahre vgl. Michael Hughes, Inside Kreuzberg. Eine Hommage auf Berlin-Kreuzberg in den 80ern, Berlin 2013, bes. S. 36-41. Eine wissenschaftliche Analyse zur Visual History von Wohnverhältnissen in West-Berlin steht noch aus.

[10] Die schon genannte Website <http://www.berlin-besetzt.de> stellt digitalisierte Quellen aus verschiedenen alternativen Archiven zu Hausbesetzungen in Berlin von 1970 bis zur Gegenwart bereit. Verfügbar sind neben einer interaktiven Karte Selbstzeugnisse der besetzten Häuser – Flugblätter, Broschüren, Plakate –, Besetzer-Zeitschriften und andere alternative Zeitschriften sowie Fotos.

[11] Volkhard Brandes/Bernhard Schön (Hg.), Wer sind die Instandbesetzer? Selbstzeugnisse, Dokumente, Analysen. Ein Lesebuch, Bensheim 1981.

[12] Broschürensammlung zu instandbesetzten Häusern, abrufbar unter <http://www.berlin-besetzt.de>.

[13] Vgl. beispielsweise: Lummers Ultimatum schlägt Wellen, in: Tagesspiegel, 18.9.1981, S. 11; Hallo Leute, in: Instand-Besetzer-Post 6/1981, S. 5; An unsere lieben Nachbarn, in: Instand-Besetzer-Post 13/1981, S. 11; Liebe Nachbarn, in: Instand-Besetzer-Post 14/1981, S. 9.

[14] Vgl. AG Grauwacke, Autonome in Bewegung. Aus den ersten 23 Jahren, Berlin 2003, S. 39, S. 63, S. 67ff.; Anders, Wohnraum (Anm. 7). Zur Wohnsituation der Punks in besetzten Häusern vgl. z.B. Monika Reimitz/Wolfgang Thiel/Hans-Jürgen Wirth, Muß denn Leben Sünde sein? Notizen, Assoziationen und Interpretationen zu Gesprächen mit Hausbesetzern und Punks, in: Marlene Bock u.a., Zwischen Resignation und Gewalt. Jugendprotest in den achtziger Jahren, Opladen 1989, S. 11-42, hier S. 31; Hans-Jürgen Wirth, Trotz und Träume – alles Schäume? Ein Blick zurück auf die Jugendrevolte am Beispiel der Berliner »Scene«, in: ebd., S. 81-93, hier S. 91f.; sowie die Fotostrecke ebd., S. 70-76.

[15] Hans Pruijt, The Logic of Urban Squatting, in: International Journal of Urban and Regional Research 37 (2013), S. 19-45.

[16] Anders, Wohnraum (Anm. 7).

[17] Vgl. die Beispiele in Horst Ellenbeck/Anke Kuckuck/Heide Wohlers, Selbsthilfe. Ansichten und Aussichten, Berlin 1990; und in Gerald L. Blomeyer/Barbara Tietze/Elke Nord (Hg.), Kooperatives Bauen. Eine Untersuchung und Dokumentation der Kooperation von Architekten, Bauarbeitern und Bewohnern, insbesondere Selbsthilfegruppen, an Fallbeispielen (Zwischenergebnis), Berlin 1982, 2., erw. Aufl. 1983.

[18] Zum Projektbegriff der alternativen Szene vgl. Ulrich Bröckling, Projektwelten. Anatomie einer Vergesellschaftungsform, in: Leviathan 33 (2005), S. 364-383, hier S. 369f. Bezogen auf alternative Betriebe vgl. auch Reichardt, Authentizität (Anm. 1), S. 319ff. Zu Formen des Zusammenlebens vgl. R. E., Freiräume im besetzten Haus, in: taz-Journal Nr. 3: Sachschaden. Häuser und andere Kämpfe, Frankfurt a.M. 1981, S. 111.

[19] AKS Rundbrief für Selbermacher, Januar 1986, S. 14; Papiertiger. Archiv & Bibliothek der sozialen Bewegungen, Berlin, Schuber »AKS Rundbrief« [AKS = Arbeitskreis Berliner Selbsthilfegruppen im Altbau].

[20] Gerald L. Blomeyer/Barbara Tietze, Die andere Bauarbeit. Zur Praxis von Selbsthilfe und kooperativem Bauen, Stuttgart 1984, S. 107, S. 111; Institut für Stadt- und Regionalplanung der Technischen Universität Berlin (Hg.), Hilfe! – Selbsthilfe... Selbsthilfe bei der Altbauinstandsetzung in West-Berlin, Berlin 1983, S. 90; Instandbehext, in: Instand-Besetzer-Post 11/1981, S. 24; es geht auch anders..., S. 66, abrufbar unter <http://www.berlin-besetzt.de>. Gerade Frauen fühlten sich in den besetzten Häusern oft benachteiligt und abgeschoben auf verwaltende Tätigkeiten und Hilfsarbeiten. Sie verknüpften die Wohnungsproblematik immer wieder mit der Geschlechterfrage. Vgl. Ruhe im Karton. 2 Jahre Selbsthilfe. Tagung am 23./24. Juni [1984], S. 14f.; Archiv Papiertiger, Ordner »AKS PT«; »Mehr als nur der Raum zum Wohnen«. Gespräche mit Berliner Hausbesetzerinnen, in: taz-Journal Nr. 3 (Anm. 18), S. 106ff., hier S. 107; Hausbesetzerinnentreffen in Berlin, in: Verein für Frauenkommunikation Moabit, Frauenbewegung und Häuserkampf – unversöhnlich?, S. 38f., abrufbar unter <http://www.berlin-besetzt.de>.

[21] Ein Hausbau ist ein Klacks dagegen, in: Neueste Erkenntnisse über Abstammung, Lebensgewohnheiten sowie Arbeitsweise des Instandbesetzertypus. Aufgezeigt am Beispiel der Häuser Nehring 34 & Neufert 11 und 13, Berlin 1981, S. 8f., abrufbar unter <http://www.berlin-besetzt.de>.

[22] Winterfeldt 31, Berlin 1981, S. 9; Kein Räumungsurteil gegen Fraenkelufer 30. Chronik einer Besetzung 5. April 81 bis Januar 82, S. 2; Ein Hausbau ist ein Klacks dagegen (Anm. 21); alle abrufbar unter <http://www.berlin-besetzt.de>. Bernd Laurisch, Kein Abriß unter dieser Nummer. 2 Jahre Instandbesetzung in der Cuvrystraße in Berlin-Kreuzberg, Gießen 1981, S. 106, S. 109f.; Interview der Autorin mit Bernd Laurisch vom 1.10.2014; »Wir wollten eine Hütte«, in: Aust/Rosenbladt, Hausbesetzer (Anm. 4), S. 50-58, hier S. 55ff.; Über Selbsthilfe: Warum wir in die Häuser gingen, in: Block-Revue, Mai 1982, S. 2. Zu Diebstählen vgl. auch J.C. Wartenberg, Kreuzberg K 36. Leben in [der] Bewegung. Kreuzberg inside bis zum Fall der Mauer, Bockenem 2003, S. 154ff.; Drei Jugendliche bei Diebstahl von Baumaterialien überrascht, in: Tagesspiegel, 5.4.1981, S. 15.

[23] Käthe Kruse, Von Hausbesetzern zu Genossenschaftern. Die Geschichte des Bauhofs »Manteuffelstraße«, in: Arch+ 218/2014, S. 54ff.; Haus besetzt – Haus kaputt – was nun?, in: Instand-Besetzer-Post 0/1981, S. 1, S. 4; Mit Zink und Zement, in: Instand-Besetzer-Post 17/1981, S. 2; Bericht des Blockrats 101/103 Kreuzberg, in: Der Besetzer, 6.2.1982, S. 15f., abrufbar unter <http://www.berlin-besetzt.de>. Interview der Autorin mit Bernfried Adam vom 12.12.2014. Später kamen weitere Bauhöfe im Stadtgebiet hinzu.

[24] Haus besetzt – Haus kaputt – was nun? (Anm. 23), S. 1; zu den Problemen dieser Form der Verwaltung und Verteilung vgl. Block-Revue, Mai 1982, S. 11.

[25] Institut für Freizeitwirtschaft und Freizeitinfrastruktur, Spezialstudie Do-it-yourself, Bd. 1: Heutige und künftige Verbreitung von Do-it-yourself, München 1980, S. 25.

[26] Benny Härlin, Von Haus zu Haus – Berliner Bewegungsstudien, in: Kursbuch 65/1981, S. 1-28, hier S. 8.

[27] Bernd Laurisch, Leben in instandbesetzten Häusern. Radikales Wohnen und Planen in der Gruppe, in: Arch+ 61/1982, S. 36-39, hier S. 37; Über Selbsthilfe: Warum wir in die Häuser gingen (Anm. 22). Vgl. auch die große Zahl an Berichten in der Instand-Besetzer-Post und in weiteren Broschüren der Instandbesetzer, abrufbar unter <http://www.berlin-besetzt.de>.

[28] Neues vom Bauhof, in: Instand-Besetzer-Post 2/1981, S. 10; Bauhof-Nachrichten für Handwerk + Kollektief, in: Instand-Besetzer-Post 3/1981, S. 17; Sucherei, in: Instand-Besetzer-Post 25/1981, S. 34; Block-Revue, Mai 1982, S. 12.

[29] Räumung angesagt! Christstraße 42, Berlin o.J. [Ende 1981/Anfang 1982], S. 2, abrufbar unter <http://www.berlin-besetzt.de>; Bullenparanoia und der Traum vom Paradies, in: Aust/Rosenbladt, Hausbesetzer (Anm. 4), S. 99-129, hier S. 102; Blomeyer/Tietze, Die andere Bauarbeit (Anm. 20), S. 86; Instandbehext (Anm. 20); An unsere lieben Nachbarn (Anm. 13); Heinrich Jüttner/Peter Hahn, Von der Selbsthilfe als Kampf um’s Überleben zum Kampf um Selbsthilfe für ein besseres Leben. Untersuchungsbericht zum Kampf um Selbsthilfe als Geschichte von Wohnungs- und Mietkämpfen am Beispiel des Kiezes südlich der Wiener Straße in Kreuzberg SO 36, Berlin 1984, S. 285; Spandauer Besetzer: Zwischen Mittelalter und Landkommune, in: Der schwarze Kanal 3/1982, S. 24f.

[30] Blomeyer/Tietze, Die andere Bauarbeit (Anm. 20), S. 107; Kerngehäuse Cuvrystraße (Hg.), Kerngehäuse. Gewerbehof Cuvrystraße 20/23. Leben und Arbeiten in SO, Berlin 1980, abrufbar unter <http://www.berlin-besetzt.de>.

[31] Das Zitat stammt von einem Kölner Besetzer, bringt jedoch die Sichtweise auch der West-Berliner Instandbesetzer prägnant auf den Punkt. Zeitweise gewittrige Schauer. Pennt Köln?, in: taz-Journal Nr. 3 (Anm. 18), S. 56f., hier S. 57 [Artikel zuerst erschienen im Kölner Volksblatt].

[32] Führer, Die Stadt (Anm. 5), S. 191, S. 207.

[33] Institut für Freizeitwirtschaft, Marktanalyse Do-it-yourself 1986. Ergebnisbericht, München 1986, S. 13; Irmgard Herrmann-Stojanov, Die gelebte Praxis. Studien zum Zeitbudget und zur Freizeit am Samstag aus vier Jahrzehnten, in: Friedrich Fürstenberg/Irmgard Herrmann-Stojanov/Jürgen P. Rinderspacher (Hg.), Der Samstag. Über Entstehung und Wandel einer modernen Zeitinstitution, Berlin 1999, S. 205-245, hier S. 223f.; Blomeyer/Tietze/Nord, Kooperatives Bauen (Anm. 17), S. 111; es geht auch anders… (Anm. 20), S. 66; Regenbogenfabrik. Berichte zum Kleinkrieg gegen die Spekulanten Vogel/Braun, o.O. [West-Berlin] 1982, S. 11, abrufbar unter <http://www.berlin-besetzt.de>.

[34] Ungeachtet dieser Parallelen bestanden viele Unterschiede zwischen Heimwerkern und Instandbesetzern, sowohl was die Art der Arbeit anging (Instandbesetzer tapezierten beispielsweise selten, verlegten dafür aber Leitungen oder bauten Fenster ein und führten damit Arbeiten aus, die Heimwerker meist Handwerkern überließen) als auch in ihrer sozialen Zusammensetzung und ihrem Selbstverständnis.

[35] Institut für Freizeitwirtschaft und Freizeitinfrastruktur, Spezialstudie Do-it-yourself (Anm. 25), S. 2.

[36] Institut für Freizeitwirtschaft, Spezialstudie Do-it-yourself. Heimwerken und Heimwerkerbedarf in der Bundesrepublik bis 1990, Bd. 1, München 1984, S. 38, S. 97. Vgl. auch »Die ganze Stadt als Ur-Laube«, in: Spiegel, 24.9.1984, S. 228-243.

[37] Interviews der Autorin mit Bernd Laurisch und Bernfried Adam (Anm. 22 und 23); Jonathan Voges, Vom Handwerk zum Heimwerk? Zur Diffusion professionellen Wissens in den Haushalten im Zuge der Do-it-yourself-Bewegung in der Bundesrepublik Deutschland, in: Ferrum 86 (2014), S. 89-96. Zitat siehe Ronald Hitzler, Die Maschinen des Heimwerkers. Kreativer Lebensstil, alternative Lebensform oder technische Konsumhypertrophie?, in: Werner Rammert/Gotthard Bechmann (Hg.), Technik und Gesellschaft. Jahrbuch 5, Frankfurt a.M. 1989, S. 206-218, hier S. 216.

[38] So bezeichnete die West-Berliner CDU im Wahlkampf 1981 besetzte Häuser als »Fluchtburgen für Kriminelle«; gleichzeitig lobte ihr Spitzenkandidat Richard von Weizsäcker die »Selbsthilfe« der Instandbesetzer. Zitate in Anders, Wohnraum (Anm. 7), S. 488; Führer, Die Stadt (Anm. 5), S. 205.

[39] Vgl. das Themenheft »Selbsthilfe« der Zeitschrift Arch+ 33/1977; Wolfgang Kröning, Dokumentation von Reihenhäusern unter Einsatz von Selbsthilfe. Im Auftrag des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Wermelskirchen 1984; Heinz Peters, Selbsthilfe am Bau. Vorbereitung, Organisation, Bewertung, Wiesbaden 1984; Frank Geelhaar, Wohnungsversorgung durch Selbstbau. Selbsthilfe beim Eigenheimbau – Planerisch-organisatorische Voraussetzungen für eine veränderte Selbsthilfepraxis, Darmstadt 1985.

[40] Ulli Hellweg, Ausweg Selbsthilfe?, in: Arch+ 55/1981, S. 14-18; ders., Internationale Bauausstellung (IBA) Berlin 1984/1987: vier Jahre Betreuung von Selbsthilfegruppen bei der Altbauerneuerung, in: Blomeyer/Tietze, Die andere Bauarbeit (Anm. 20), S. 142-159, hier S. 142f.

[41] Vgl. etwa die Gegenüberstellung in: Mit ein paar Farbeimern ist nicht viel zu machen, in: Tagesspiegel, 15.2.1981, S. 16.

[42] Mieter sollen selbst modernisieren, in: Tagesspiegel, 27.11.1980, S. 16; Gegen Zweckentfremdung von Wohnraum, in: Tagesspiegel, 11.12.1980, S. 10.

[43] Zuschüsse für Mieter, die ihre Wohnung selbst modernisieren, in: Tagesspiegel, 9.1.1981, S. 8. Zu den endgültigen Regelungen vgl. Zuschüsse für Mieter bei der Wohnungsmodernisierung, in: Tagesspiegel, 4.4.1981, S. 10.

[44] Senator für Bau- und Wohnungswesen (Hg.), Bauliche Selbsthilfe, Berlin 1985, S. 10.

[45] Vgl. Bonn beriet über Hausbesetzer, in: Tagesspiegel, 15.1.1981, S. 8; Bonn will Altbauten retten, in: Hamburger Abendblatt, 5.2.1981.

[46] Senat legt Konzept zur Lösung der Probleme bei Sanierung vor, in: Tagesspiegel, 4.2.1981, S. 1f.

[47] Senat rückt dem Wohnungsleerstand zu Leibe, in: Tagesspiegel, 30.9.1981, S. 12; Senator für Bau- und Wohnungswesen (Hg.), Die Förderung der Modernisierung und Instandsetzung von Wohngebäuden, Berlin 1982.

[48] Ebd., S. 5.

[49] Zu den Richtlinien, Förderbedingungen und Problemen des Programms vgl. Senator für Bau- und Wohnungswesen, Bauliche Selbsthilfe (Anm. 44); Wie geht es weiter mit der Selbsthilfe? Ein Hearing der Bauausstellung Berlin GmbH und des Arbeitskreises Berliner Selbsthilfegruppen zu den aktuellen Problemen von Selbsthilfe in der Altbauerneuerung, 1985; Archiv Papiertiger, Ordner »Häuserkampf W. Berlin Broschüren – Bewegung – 1979–1984«.

[50] Mit Bezug auf die Senatsförderung vgl. etwa: Belastungsgrenze erreicht, in: taz, 25.6.1984; als knappe Bilanz: Bernd Hettlage, Selbst ist der Mann, in: Tagesspiegel/Immobilienspiegel, 11.11.2000.

[51] Angaben nach Senator für Bau- und Wohnungswesen, Bauliche Selbsthilfe (Anm. 44), S. 16. Zur Kritik an den Förderlinien vgl.: Der Traum ist aus, in: ZEIT, 12.8.1983, S. 9.

[52] Dazu teilweise kritisch angesichts der hohen öffentlichen Kosten: Führer, Die Stadt (Anm. 5), S. 206.

[53] Rolf Amann, Der moralische Aufschrei. Presse und abweichendes Verhalten am Beispiel der Hausbesetzungen in Berlin, Frankfurt a.M. 1985. Als eine der wenigen Ausnahmen vgl.: Hausbesetzer erläutern Projekte, in: Tagesspiegel, 10.10.1981, S. 9.

[54] Mit ein paar Farbeimern (Anm. 41), S. 16; Cornelia Philipp, Verkauft eure Träume nicht!, in: Tagesspiegel, 14.6.1981, S. 48. Zur Wohnlichkeit der instandbesetzten Häuser und der »fast […] bürgerlich-geordneten Wohn- und Lebenskultur« vgl. auch Reimitz/Thiel/Wirth, Muß denn Leben Sünde sein? (Anm. 14). Der Bericht entstand im Rahmen eines Forschungsprojekts im Auftrag des Bundesministeriums für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit, das am Zentrum für Psychosomatische Medizin der Universität Gießen durchgeführt wurde.

[55] Vgl. beispielsweise Jüttner/Hahn, Von der Selbsthilfe (Anm. 29), S. 220f., S. 224-227, S. 242-245; Sie investieren in ihre Häuser!, in: Berlin Extra 2/1982, S. 5, oder die Broschürensammlung zu instandbesetzten Häusern, abrufbar unter <http://www.berlin-besetzt.de>.

[56] Vgl. Reichardt, Authentizität (Anm. 1), S. 335ff., S. 348f.

[57] Vgl. ebd., S. 339f.

[58] Eine frühe Medienanalyse der Berichterstattung über die Haus- und Instandbesetzer lieferte Amann, Der moralische Aufschrei (Anm. 53). Er zeigte – allerdings mit unzureichenden Aussagen zu Quellen und Vorgehensweise –, wie unter Ausblendung alternativer Informationsquellen in den Medien ein »Zerrbild« der Hausbesetzer entstand, ignorierte dabei aber selbst die Tendenzen der Berichterstattung, in denen Verständnis für die Hausbesetzer zum Ausdruck kam.

[59] Die »orientalische Fröhlichkeit« wich der Angst, in: Tagesspiegel, 4.2.1981, S. 10; Keine öffentlichen Mittel für besetztes Brauerei-Gelände, in: Tagesspiegel, 12.7.1981, S. 15; Leserbriefe im Tagesspiegel, 15.3. und 10.5.1981; Klagen über Brauerei-Besetzer, in: Tagesspiegel, 16.4.1982, S. 9; Laurisch, Kein Abriß (Anm. 22), S. 58.

[60] Leserbrief von Horst Kammrad, in: Tagesspiegel, 20.12.1980, S. 20. Ähnlich der Leserbrief einer Gruppe Nachbarn eines besetzten Hauses in Zehlendorf, in: Tagesspiegel, 10.5.1981, S. 9.

[61] Zu Darstellungen der Instandbesetzer vgl. Wartenberg, Kreuzberg K 36 (Anm. 22), S. 143; Faschistoides Gesindel?, in: taz-Journal Nr. 3 (Anm. 18), S. 126f., hier S. 126; Härlin, Von Haus zu Haus (Anm. 26), S. 6, S. 8; Von der Thermosflasche bis zur Patenschaft, in: Instand-Besetzer-Post 18/1981, S. 12f.; Jüttner/Hahn, Von der Selbsthilfe (Anm. 29), S. 219; »Ihr sollt da weiter wohnen bleiben«, in: Berlin Extra 6/1982, S. 2. Aber auch aus den Leserbriefseiten der Tagespresse wird eine weit verbreitete Sympathie für die Instandbesetzer deutlich, u.a. von Senioren, Rechtsanwälten und Hochschullehrern. Vgl. etwa die Leserbriefe im Tagesspiegel, 20.12.1980, 6.3.1981, 10.5.1981.

[62] Vgl. die Liste der Unterzeichner der viertelseitigen Anzeige »Unternehmer und Selbständige unterstützen die Instandbesetzer«, in: Tagesspiegel, 20.9.1981, S. 9.

[63] Mieterverein plant Patenschaft für besetzte Häuser, in: Tagesspiegel, 26.6.1981, S. 9; Der Streit um die Patenschaft, in: Tagesspiegel, 18.7.1981, S. 7; Kreuzberger Beamte wollen in besetzten Häusern übernachten, in: Tagesspiegel, 13.8.1981, S. 11; Weitere Paten für besetzte Häuser, in: Tagesspiegel, 29.8.1981, S. 8; Gruppe von Unternehmern will in Hausbesetzer-Konflikt vermitteln, in: Tagesspiegel, 3.9.1981, S. 14; Anzeige »Unternehmer und Selbständige unterstützen die Instandbesetzer« (Anm. 62).

[64] Von der Thermosflasche bis zur Patenschaft (Anm. 61); Unterstützung, in: Instand-Besetzer-Post 26/1981, S. 16; Berlin Extra, in: ebd., S. 25; Winter-Fest, in: Instand-Besetzer-Post 29/1981, S. 16; Paten im Knast, in: ebd., S. 16; Paten helfen beim Winterfestmachen, in: ebd., S. 17; Günther [sic] ist auch dabei!, in: ebd., S. 17; Ulli Hellweg, Anstiftung zur Selbsthilfe, in: Arch+ 66/1982, S. 78-81, hier S. 80; Dozenten und Schriftsteller zogen in zehn besetzte Häuser ein, in: Tagesspiegel, 23.7.1981, S. 11.

[65] Wolfgang Ehrlinger u.a., Untersuchung über Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Baubetrieben und Selbsthilfegruppen bei der Kreuzberger Stadterneuerung, Berlin 1982, S. 51-69.

[66] Foto der besetzten Werkstatt, in: Tagesspiegel, 6.3.1981, S. 12. Eine Hausgemeinschaft im Wedding hängte Transparente ähnlich denen der Instandbesetzer aus den Fenstern, auf denen sie die Instandsetzung ihres Hauses forderte. Die Polizei rückte an, weil sie zuerst von einer Besetzung ausging. Siehe: Städtische Häuser verfallen trotz Anordnung der Bauaufsicht weiter, in: Tagesspiegel, 27.10.1981, S. 10.

[67] Umfragen aus den Jahren 1981 und 1982 zufolge hatte etwa die Hälfte der westdeutschen Bevölkerung Verständnis für die Besetzer, und weit mehr als 80 Prozent befürworteten eine friedliche Lösung des Konflikts. Vgl. Reichardt, Authentizität (Anm. 1), S. 551f., S. 570.

[68] Philipp, Verkauft eure Träume nicht! (Anm. 54). Ähnlich auch die Besetzer in der Fernsehsendung »Panorama«, 17.2.1981.

[69] Vgl. die Anleitungen und Hinweise in der Rubrik »Schlau am Bau« der Instand-Besetzer-Post sowie die Passagen über die geleisteten und noch ausstehenden Arbeiten in den Selbstdarstellungen der Häuser, abrufbar unter <http://www.berlin-besetzt.de>. Zum Primat der Praxis vor der Theorie vgl. Reichardt, Authentizität (Anm. 1), S. 55.

[70] Laurisch, Kein Abriß (Anm. 22); Institut für Stadt- und Regionalplanung, Hilfe! (Anm. 20), S. 47.

[71] Vgl.: es geht auch anders… (Anm. 20), S. 11, S. 67; Hilfe für Besetzer, in: Instand-Besetzer-Post 9/1981, S. 20; Interviews der Autorin mit Bernd Laurisch und Bernfried Adam (Anm. 22 und 23), die beide als Architekturstudenten zu den Instandbesetzern zählten.

[72] es geht auch anders… (Anm. 20), S. 12.

[73] Vgl. Peter Sulzer u.a., Lernen durch Selberbauen. Ein Beitrag zur praxisorientierten Architektenausbildung, Karlsruhe 1983; Institut für Stadt- und Regionalplanung, Hilfe! (Anm. 20); Geelhaar, Wohnungsversorgung (Anm. 39), S. 1. Zu Forderungen seitens der Studierenden nach Projekt- und Praxisbezug vgl. beispielsweise die Resolution der Bundesfachschaftenkonferenz, 5./6.2.1977, in: Arch+ 33/1977, S. 64.

[74] Institut für Stadt- und Regionalplanung, Hilfe! (Anm. 20), S. 89ff., Zitate S. 90f.

[75] Arbeitsgruppe Stadterneuerung Berlin, Kostenanalyse der Modellmodernisierung von Altbauten, Bonn 1976; Hardt-Waltherr Hämer/Jürgen Rosemann, Stadterneuerung ohne Verdrängung – Ein Versuch, in: Arch+ 29/1976, S. 2-13.

[76] Vgl. als Abschlussarbeiten Laurisch, Kein Abriß (Anm. 22); Wilfried Hülsmann/Matthias Münstermann, Durchbruch statt Abbruch. Nützliches zur Häuserselbsthilfe, Berlin 1982, 2. Aufl. 1983 (basierend auf den Diplomarbeiten von Wilfried Hülsmann, Matthias Münstermann und Klaus Vollmer).

[77] Vgl. Blomeyer/Tietze/Nord, Kooperatives Bauen (Anm. 17); vgl. auch den Klappentext von Blomeyer/Tietze, Die andere Bauarbeit (Anm. 20). Die Beteiligten dieser Bände waren ebenfalls vom Fach: Barbara Tietze als Professorin an der Hochschule der Künste in Berlin, Gerald R. Blomeyer als freiberuflicher Planer. Carl-Hellmut Wagemann, Zum Projektstudium – eine hochschuldidaktische Einordnung, in: Sulzer u.a., Lernen durch Selberbauen (Anm. 73), S. 213; Ehrlinger u.a., Untersuchung (Anm. 65).

[78] Zu den verschiedenen Komponenten der IBA und ihrer Bedeutung siehe knapp Krijn Thijs, West-Berliner Visionen für eine neue Mitte. Die Internationale Bauausstellung, der »Zentrale Bereich« und die »Geschichtslandschaft« an der Mauer (1981–1985), in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 11 (2014), S. 235-261.

[79] Blomeyer/Tietze/Nord, Kooperatives Bauen (Anm. 17), S. IX, S. 105; Hellweg, Anstiftung (Anm. 64); IBA-Alt: »Ein komplexer Ansatz…«. Hardt-Waltherr Hämer im Gespräch mit Lore Dietzen, in: Arch+ 66/1982, S. 9-12; Gesellschaft der behutsamen Stadterneuerung Berlin S.T.E.R.N., Bausteine zur Selbsthilfe. Bauorganisation in der Altbauerneuerung, Berlin 1986.

[80] Vgl. etwa Werner Orlowsky, Streiflichter. Persönliches zur »IBA«, in: Arch+ 66/1982, S. 4ff.; Von der IBA zur ABA, in: Instand-Besetzer-Post 1/1981, S. 9; IBA-Rückzug aus Kreuzberg, in: Instand-Besetzer-Post 24/1981, S. 24f.; Laurisch, Kein Abriß (Anm. 22), S. 59; Institut für Stadt- und Regionalplanung, Hilfe! (Anm. 20), S. 116f.

[81] Inwiefern das geschehen ist und wie der Anteil der Haus- und Instandbesetzungen der 1970er- und 1980er-Jahre dabei zu gewichten ist, wurde bisher nicht untersucht.

[82] Thomas Hafner, Heimstätten, in: Gert Kähler (Hg.), Geschichte des Wohnens, Bd. 4: 1918–1945. Reform, Reaktion, Zerstörung, Stuttgart 1996, S. 557-597.

[83] Senator für Bau- und Wohnungswesen, Bauliche Selbsthilfe (Anm. 44), S. 7ff. Vgl. auch den geschichtlichen Rückblick mit kurzem Hinweis auf die Zeit des Nationalsozialismus bei Blomeyer/Tietze/Nord, Kooperatives Bauen (Anm. 17), S. 21-65, sowie Rainer Nitsche (Hg.), Häuserkämpfe 1872, 1920, 1945, 1982, Berlin 1981.

[84] Senator für Bau- und Wohnungswesen, Bauliche Selbsthilfe (Anm. 44), S. 11.

[85] Vgl. die Porträts in Blomeyer/Tietze/Nord, Kooperatives Bauen (Anm. 17); Interview der Autorin mit Bernfried Adam (Anm. 23).

[86] Hellweg, Internationale Bauausstellung (Anm. 40), S. 149; Institut für Stadt- und Regionalplanung, Hilfe! (Anm. 20), S. 118-123.

[87] Thomas Raithel/Thomas Schlemmer (Hg.), Die Rückkehr der Arbeitslosigkeit. Die Bundesrepublik Deutschland im europäischen Kontext, München 2009; Thomas Raithel, Jugendarbeitslosigkeit in der Bundesrepublik. Entwicklung und Auseinandersetzung während der 1970er und 1980er Jahre, München 2012; Joachim Matthes (Hg.), Krise der Arbeitsgesellschaft? Verhandlungen des 21. Deutschen Soziologentages in Bamberg 1982, Frankfurt a.M. 1983.

[88] Diese Politik galt nicht nur für Selbsthilfe im Wohnungsbereich, sondern seit Mitte der 1980er-Jahre avancierten auch selbstverwaltete Alternativbetriebe zum Mittel einer Arbeitsmarktpolitik, die sich speziell an Jugendliche richtete. Raithel, Jugendarbeitslosigkeit (Anm. 87), S. 101f., S. 115. Vgl. auch Reichardt, Authentizität (Anm. 1), S. 330f.

[89] Bärbel Ehrmann-Köpke, »Demonstrativer Müßiggang« oder »rastlose Tätigkeit«? Handarbeitende Frauen im hansestädtischen Bürgertum des 19. Jahrhunderts, Münster 2010; Reinhild Kreis, Mechanisierung als pädagogisches Argument. Schule, Arbeit und Konsum um 1900, in: Jahrbuch für Historische Bildungsforschung 20 (2014), S. 199-217.

[90] Senator für Bau- und Wohnungswesen, Bauliche Selbsthilfe (Anm. 44), S. 18, S. 26, S. 36. Ausgerechnet einen Punk als Verkörperung des alternativen Elements zu wählen beruhte allerdings auf einem Missverständnis. Punks waren kaum an Selbsthilfegruppen und staatlicher Förderung von Instandsetzungsarbeiten in Selbsthilfe interessiert. Vgl. Schmid, In Freiräumen leben (Anm. 2), S. 143.

[91] Kuhn, Vom Häuserkampf (Anm. 4), S. 43.

[92] Führer, Die Stadt (Anm. 5), S. 206f.; Kuhn, Vom Häuserkampf (Anm. 4), S. 44f.

[93] Klaus Deimer u.a., Selbsthilfe in der Sozialpolitik – ein Lösungsansatz?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 33 (1983) H. 34, S. 14-29. Der Aufsatz nahm nur indirekt auf die Instandbesetzer Bezug; die knappen Hinweise zeigen jedoch, dass die Autoren diese spezifische Spielart der baulichen Selbsthilfe im Auge hatten. Siehe ebd., S. 28.

[94] Wartenberg, Kreuzberg K 36 (Anm. 22), S. 272.

[95] Monika Reimitz, »Im Schweiße Deines Angesichts«. Ehemalige Hausbesetzer zwischen Legalisierung und Privatisierung, in: Bock u.a., Zwischen Resignation und Gewalt (Anm. 14), S. 95-101, hier S. 95f.

[96] Zitat in: van der Steen, Die internationalen Verbindungen (Anm. 6), S. 206. Vgl. auch Alexander Sedlmaier, Consumption and Violence. Radical Protest in West Germany, Ann Arbor 2014, S. 222.

[97] Kuhn, Vom Häuserkampf (Anm. 4), S. 44ff., Zitat S. 45; Andrej Holm, Zeitschleife Kreuzberg. Gentrification im langen Schatten der »Behutsamen Stadterneuerung«, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 11 (2014), S. 300-311, hier S. 309ff.

[98] SO 36, Erfahrungen mit der baulichen Selbsthilfe, 12.3.1985, FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum, Stadterneuerung und soziale Bewegungen in Kreuzberg, 1970 bis 1990, Nr. 2015/516. Vgl. auch die Flugschrift »stattbau – Aufstandsbekämpfung oder Wohnkultur?«, Berlin 1983, FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum, Stadterneuerung und soziale Bewegungen in Kreuzberg, 1970 bis 1990, Nr. 2015/3919.

[99] Vgl. Blomeyer/Tietze, Die andere Bauarbeit (Anm. 20), Klappentext.

[100] Vgl. Andreas Voigt, »Die wollen keine Wohnung von der Stange«, in: Tagesspiegel, 21.11.2009; Class Christophersen/Norbert Zeeb, Die netten Gentrifizierer von nebenan, in: Deutschlandradio Kultur, 19.1.2015. Als Beispiel einer aus der Hausbesetzer-Szene hervorgegangenen Beratungsagentur für selbstorganisierte Hausprojekte vgl. <https://www.syndikat.org/de/>.

 

Zum Weiterlesen:

Themenheft »West-Berlin« (2/2014)

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