Abstract

Linda Conze

Albert Gehring, ein 1897 geborener Einwohner des Ortes Ditzingen, setzte in den 1920er- und 1930er-Jahren das Kleinstadtleben seiner schwäbischen Heimat ins Bild. Besonders häufig findet sich im Konvolut von rund 1.000 Glasplattennegativen das Motiv des Festumzuges und damit eines Elements von Festkultur, welches oft als die Grundform nationalsozialistischen Kultes und als erfolgreiches Mobilisierungsinstrument beschrieben worden ist. Gehrings Fotografien ermöglichen am lokalen Beispiel eine differenzierte Perspektive auf die Aushandlungs- und Aneignungsprozesse in der Praxis der Festumzüge. Haben sich die äußere Form der Umzüge, ihre Symbolik und Choreographie – also das, was sie zu vermitteln suchten – mit der nationalsozialistischen Machteroberung von 1933 verändert? Und ging mit diesem möglichen Wandel auch eine veränderte Visualisierung durch Albert Gehring einher? Im Fokus stehen damit fotografische Positionen zu der sich wandelnden Festpraxis des Umzuges: Die Ordnung des Bildes wird in ein Verhältnis zur Ordnung des Festes gesetzt, um Erkenntnisse über die Rolle von Fotografie in Prozessen von Mobilisierung und Partizipation an der Schwelle zur NS-Diktatur zu erlangen.

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The Law of the Parade / The Law of the Image. Photographic Gazes on Festive Parades in Swabia (1926–1934)

Albert Gehring, born in Ditzingen in the southwest of Germany in 1897, regularly captured the events of everyday life in his village with his plate camera in the 1920s and 1930s. Festive parades, often described as an essential part of the National Socialist cult and an efficient instrument of mobilization, are a prevalent subject in his photographic collection, which comprises some 1,000 glass plate negatives. As a historical source, Gehring’s pictures shed a nuanced light on typical examples of this specific social practice on a local level. Did the outward appearance of the parades, their symbols and ritual choreographies change after the Nazi seizure of power in 1933? And was such a change accompanied by a change in their photographic visualization by Albert Gehring? The article focuses on photographic perspectives of festive parades, understanding the image as the product of a certain point of view. The principles underlying the images will be compared and contrasted with those governing the festive practice to gain insight into how photographs contributed to processes of mobilization during the transition from Weimar democracy to Nazi dictatorship.

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