Politische, wirtschaftliche, soziale und ökologische Krisen haben im beginnenden 21. Jahrhundert mehr denn je einen globalen Zuschnitt. Wenn die Weltwirtschaft ins Wanken gerät, wenn die internationale Staatengemeinschaft Maßnahmen gegen Hungerkatastrophen zu ergreifen versucht, wenn ein nuklearer Unfall (wie zuletzt im Frühjahr 2011 in Japan) weltweite Auswirkungen zeitigt oder wenn vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag die Verantwortlichen für die Massaker während des Jugoslawienkonflikts zur Rechenschaft gezogen werden – stets rückt die zwischenstaatliche, internationale Verständigung auf die Agenda. Auch die zeithistorische Forschung geht im frühen 21. Jahrhundert in wachsendem Maße über den Nationalstaat hinaus. Viele Arbeiten wählen einen europäischen Rahmen, erste Studien integrieren globalhistorische Bezüge. Eine gesteigerte Aufmerksamkeit kommt außerdem der lange Zeit von vielen nur wenig beachteten internationalen Sphäre zu. Der im Zeitalter der Extreme oft vergessene Internationalismus der Jahrzehnte vor dem Ersten Weltkrieg erlebt nun in der Historiographie ein breites Comeback.1
Auf zwei miteinander verbundenen Forschungsfeldern macht sich die Konjunktur besonders deutlich bemerkbar: Zum einen wird die klassische Geschichte der internationalen Beziehungen und auch die Diplomatiegeschichte derzeit einer kritischen Revision unterzogen;2 zum anderen haben die Geschichtswissenschaften die Arbeit internationaler Organisationen für sich entdeckt – und zwar sowohl diejenige der zwischenstaatlichen als auch die der Nichtregierungsorganisationen.3 Diese beiden großen Forschungsfelder dienen als mögliche Ausgangspunkte, um eine problemorientierte Geschichte der Welt des 20. Jahrhunderts zu konzipieren und zu schreiben. In den Mittelpunkt rücken dabei einige neue Gegenstände, aber auch weithin bekannte ältere Forschungsthemen. Klassische sozialhistorische Fragen wie die Regulierung von Arbeit, Gesundheit und Bildung werden jetzt in einem transnationalen Rahmen untersucht.4 Darüber hinaus interessieren Fragen der inner- und zwischenstaatlichen Gewalt ebenso wie die vielfachen Versuche der Verständigung über Krieg und Frieden.5 Auch Themen wie Natur und Umwelt rücken nun verstärkt in den Fokus;6 und schließlich beginnt sich auf dem Gebiet der Menschenrechtsgeschichte ein eigenständiges Forschungsfeld zu entwickeln.7
Die derzeit florierende „new international history“8 lässt sich nicht ohne weiteres auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Dennoch gibt es drei wichtige Impulse, die viele Arbeiten explizit aufgreifen und teilweise auch miteinander verknüpfen: erstens die Hinwendung zur transnationalen Geschichte und zu globalhistorischen Fragestellungen; zweitens die Betonung historischer Akteure und Netzwerke; sowie drittens ein neues historisches Verständnis von Staatlichkeit, das sich im Zuge eines unorthodoxen, teilweise sogar experimentellen Umgangs mit der klassischen Politikgeschichte zu entwickeln beginnt und das sich sowohl gegenüber kulturgeschichtlichen Ansätzen als auch gegenüber globalhistorischen Fragen öffnet.
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Besonders das wachsende Interesse an globalhistorischen Zugängen hat die wiedererwachte Aufmerksamkeit für die internationale Sphäre entscheidend gefördert. Für die transnationale und globalhistorische Analyse9 bieten internationale Organisationen ein exzellentes empirisches Forschungsfeld, stellen sie doch eine institutionalisierte Kontaktzone dar, deren Untersuchung es erlaubt, die viel zitierte Forderung Dipesh Chakrabartys aufzugreifen, „Europa zu provinzialisieren“.10 Dabei geht es weniger um die Organisationen als solche – stattdessen interessieren die dort versammelten historischen Akteure, ihre unterschiedliche regionale Herkunft sowie ihre Verbindungen und Transfers.11 Übersehen werden sollte jedoch nicht, dass der transnationale Austausch bisweilen nationale wie regionale und lokale Interessen und Identitäten teilweise gerade nicht erweiterte oder gar abschwächte, sondern im Gegenteil nachhaltig bekräftigte.12
Die große Bedeutung, die individuellen historischen Akteuren und ihren Netzwerken zugeschrieben wird, ist ein zweites Kennzeichen der neuen Internationalen Geschichte.13 Ob als transnationale intellektuelle Kooperation oder als Expertennetzwerk für eine internationale Regulierung der Arbeitswelt,14 ob als Wissenschaftlergemeinschaften für den weiteren Ausbau der so genannten friedlichen Nutzung der Kernenergie15 oder als politische Vereinigung für die weltweite Anerkennung von Bürgerrechten16 – transnational agierende Vereinigungen und Netzwerke aller Art haben die Geschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts in den letzten Jahren verstärkt interessiert. Strittig ist freilich das inklusive respektive exklusive Potenzial solcher Netzwerke; strittig ist auch ihre variierende politische, soziale und kulturelle Ausrichtung. So hat Madeleine Herren an die Existenz einer „anderen Internationale“ erinnert, die in der Zwischenkriegszeit von den Achsenmächten ins Leben gerufen worden war. Internationale Kooperation – so Herren – wurde auch vom nationalsozialistischen Deutschland wie vom faschistischen Italien propagiert, allerdings unter sehr anderen Vorzeichen als davor und danach.17 Offen ist ferner, inwieweit sich die unterschiedlichen Vereinigungen und Netzwerke im Lauf des Jahrhunderts verdichtet haben. Akira Iriyes Leitbegriff einer „Global Community“ gilt daher derzeit eher der Beschreibung eines lange Zeit vernachlässigten historiographischen Trends und weniger der tatsächlichen Analyse einer gegen Ende des 20. Jahrhunderts ausgeprägten weltweiten Öffentlichkeit.18 Neben der Aufmerksamkeit für Netzwerke stehen Biographien in zahlreichen transnationalen Studien im Zentrum; verbunden damit wird auch über Kosmopolitismus und andere methodische Leitbegriffe diskutiert, die es ermöglichen sollen, die biographischen Dimensionen der transnationalen Geschichte angemessener zu erfassen. Ein besonderes Augenmerk richtet sich hierbei auf die Geschlechterordnungen und auf weitere genuin sozialhistorische Fragen nach Gleichheit und Differenz (wie race und class) sowie auf das Zusammenspiel dieser Kategorien. Dies interessiert besonders deshalb, weil internationale Ordnungen stets auch als soziale Ordnungen anzusehen sind.19
Ein drittes Moment, das viele der jüngeren Arbeiten zur Internationalen Geschichte eint, ist die Auseinandersetzung mit Staatlichkeit und staatlichem Handeln – auch im Sinne einer neuen Politikgeschichte.20 In dem Maße, wie das internationale System sich vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen der Vereinten Nationen als eine intergouvernementale Ordnung etablierte, gewann Staatlichkeit weltweit nochmals an Bedeutung.21 Seit Beginn des Ersten Weltkriegs galt der Nationalstaat, im Zuge der Forderungen Woodrow Wilsons, auch für die erstarkenden Befreiungsbewegungen in den Kolonien als erstrebenswertes politisches Modell – es kam, so Erez Manela, zu einer Internationalisierung des Nationalismus.22 Politisch setzte sich Wilsons viel zitiertes Versprechen eines „Selbstbestimmungsrechts der Völker“ freilich erst einige Jahrzehnte später durch, mit dem Ende der europäischen Imperien im Zuge der Dekolonisation.23 Damit ging auch ein unerwarteter Sieg von Staatlichkeit einher, die sich in die neue internationale Ordnung der Nachkriegszeit einfügte, sie aber zugleich erheblich veränderte.24 Welche Rolle internationalen Organisationen, besonders den Vereinten Nationen und ihren Sonderorganisationen, in diesem Kontext zukam, wird seit einigen Jahren intensiv diskutiert.25
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Darüber hinaus wendet sich die Historiographie der Außenpolitik einer Kulturgeschichte der Diplomatie zu: Fragen der Symbolpolitik und der „Auswärtigen Repräsentationen“ rücken auf der Forschungsagenda nach oben.26 Dass Staaten die Foren und Formen des Internationalen – nicht nur symbolpolitisch – für die eigenen nationalen Zwecke zu nutzen verstanden, hat Madeleine Herren bereits im Hinblick auf die Frühzeit des Internationalismus betont.27 Dem von historischen Akteuren ins Werk gesetzten komplexen Zusam-menspiel nationaler und internationaler Ebenen gilt derzeit das Interesse einer Fülle von neueren Arbeiten. Diese analysieren beispielsweise das Spannungsfeld von Staat, Natur und Umwelt oder gehen dem Wandel von Staatlichkeit im Kontext einer Geschichte der Entwicklungszusammenarbeit nach.28 Zunehmend erforscht wird auch die politische Arbeit international agierender nicht-gouvernementaler Organisationen. Ihre teilweise enge Zusammenarbeit mit staatlichen Instanzen und Regierungsorganisationen lässt die Grenzen zwischen staatlicher und gesellschaftlicher Sphäre inzwischen weitaus durchlässiger erscheinen als lange Zeit angenommen.29
Das Spektrum der laufenden Arbeiten ist damit nur skizziert. Über die genannten Fragen und Themenbereiche hinaus, die sich mit den drei erwähnten Forschungsimpulsen verbinden, verdichten sich die Debatten in jüngster Zeit entlang zweier weiterer Diskussionsstränge. Beide waren auch für die Konzeption des vorliegenden Themenhefts entscheidend. Der erste der beiden Stränge betrifft Fragen der Periodisierung und damit den Wandel internationaler Ordnungen, der zweite den Rückbezug auf vermeintlich unstrittige, gleichwohl häufig divergierende historische Umgangsweisen mit Universalismuspostulaten.
In Fragen der Periodisierung schien das 20. Jahrhundert lange Zeit ein vergleichsweise einfacher Fall zu sein, strukturierte sich das Jahrhundert doch zumindest in politischer Hinsicht entlang der Eckdaten der beiden Weltkriege. Damit verband sich die Vorstellung sowohl aufeinander folgender als auch untereinander konkurrierender internationaler Ordnungen. Entsprechend waren politische Großvisionen stets an spezifische Ordnungsmuster geknüpft, die die internationale Sphäre jeweils selbstredend mit einbezogen: Wichtig waren vor allem das bis weit in die Jahrhundertmitte hinein andauernde Zeitalter der europäischen Imperien, die Zeit des Nationalsozialismus und des Faschismus, die verschiedenen Modelle kommunistisch-sozialistisch inspirierter Ordnungsvisionen bis zum Kalten Krieg und schließlich auch die verschiedenen Spielarten liberaler und neoliberaler Modelle von Staatlichkeit westlichen Typs – um hier nur Schlagworte zu nennen. Diese klare Lesart stellen viele Vertreterinnen und Vertreter der neuen Internationalen Geschichte derzeit in Frage. Das geschieht zum einen vor dem Hintergrund, dass die Konstellationen internationaler Ordnung nach dem Ende des Kalten Kriegs nun weitaus weniger festgefügt zu sein scheinen. Zum anderen verbindet sich die neue Sicht aber auch mit den genannten drei Impulsen, und so eben mit der Aufmerksamkeit für globale Transfers und Bezüge, für bisher nur wenig berücksichtigte Akteure und Netzwerke sowie schließlich mit einem veränderten, durch kulturgeschichtliche Analysen geschärften Blick auf die agierenden Staaten, die nun nicht mehr als die alleinigen Akteure auf der internationalen Bühne gelten.
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Die neue Aufmerksamkeit für internationale Ordnungen lässt inzwischen viele der zuvor vermeintlich festgefügten Ordnungsmuster in einem anderen Licht erscheinen. So haben insbesondere Arbeiten zur Zwischenkriegszeit auf die vielfältigen Verdichtungen internationaler Zusammenarbeit hingewiesen. Der Völkerbund, der lange Zeit als ein eher missglücktes Experiment galt, wird derzeit wieder entdeckt – als Kristallisationskern vielfältiger, zunehmend von zivilgesellschaftlichen Initiativen getragener transnationaler Bewegungen.30 Auch bezogen auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg stellt sich die Frage, ob im Zuge des beginnenden Kalten Kriegs tatsächlich der internationale Austausch nahezu vollständig zum Erliegen kam, wie häufig angenommen wird, oder ob nicht stattdessen davon auszugehen ist, dass zumindest einige der Netzwerke der Vorkriegszeit das Zeitalter der Blockkonfrontation nicht nur überlebten, sondern es auch auf eigene Weise für ihre Zwecke zu gestalten wussten. Diese von der Forschung leicht übersehenen Kontinuitäten können im Rahmen einer auf internationalen Organisationen aufbauenden Netzwerkanalyse erneut sichtbar gemacht werden, wie Sandrine Kott am Beispiel der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) überzeugend gezeigt hat.31 Zu fragen wäre demnach, wie sich bislang als relativ stabil angenommene internationale Ordnungen aus der Perspektive der erneuerten Internationalen Geschichte möglicherweise komplexer beschreiben lassen.32 Hinzu kommt ein reflexiver Trend, demzufolge im Rahmen der laufenden Diskussionen auch die vormals vermeintlich festgefügten zentralen Positionen der westeuropäischen respektive der US-amerikanischen Geschichte neu zu betrachten sind. Wo zuvor die Geschichte der westlichen Welt als unhinterfragter, gleichsam universeller Maßstab galt, trägt nun – das ist zumindest zu hoffen – die immer häufiger gestellte Frage nach der Ortsgebundenheit internationaler Ordnungen zu einer größeren Tiefenschärfe historischen Argumentierens bei. Gerade die Internationale Geschichte dürfte somit langfristig viel zu dem Vorhaben beitragen, europäische Geschichte im globalen Kontext neu zu entwickeln und zu schreiben.33
Damit ist ein zweiter Diskussionsstrang benannt, der den Bezug auf vermeintlich feststehende Universalismen betrifft. Diese sind zuletzt vor allem ins Visier postkolonialer Kritik geraten.34 Waren Europäer sich ihrer eigenen Sicht der Welt und der Dinge und damit schließlich auch ihrer eigenen Universalität lange Zeit gewiss, so sind nun im Zeichen wachsender Globalität viele der vermeintlichen Gewissheiten historiographisch ins Wanken geraten.35 Vor allem in Bezug auf die Geschichte der Menschenrechte hat sich die Universalität moralischer Standards immer wieder als strittig erwiesen; der historiographische Umgang mit ihnen erscheint umso schwieriger, als divergierende Moralvorstellungen und -regeln des Öfteren auch im politischen Meinungskampf als vermeintlich unhintergehbare Maßstäbe genutzt werden.36 Dem Traum von einem übergreifenden, alles umfassenden Universalismus, von Weltfrieden und von unveräußerlichen Menschenrechten ist somit eine oft übersehene Konfliktgeschichte eingeschrieben. Statt linearer Entwicklung dominiert hier möglicherweise „ein Würfelspiel der Ereignisse“, statt eines sich allmählich ausbildenden fixen Sets von Standards gab es historisch womöglich „mehrere, moralpolitisch konkurrierende Universalismen [...], die sich auf die Menschenrechte berufen konnten“ – wie Stefan-Ludwig Hoffmann konzis formuliert hat.37 Konkurrierende Universalismen finden sich gleichwohl nicht nur in Bezug auf unterschiedliche Menschenrechtsregimes, sondern auch in anderen Bereichen von Recht und Politik. So sind divergierende universelle Annahmen in jüngster Zeit vor allem bei den vielfältigen Versuchen zutage getreten, rechtliche und kulturelle Standards auf weltweiter Ebene zu vereinbaren und zu verankern.38
Die eingangs erwähnten übergreifenden Krisen der Gegenwart verfügen mithin über eine eigene, dynamische und zugleich konfliktreiche Geschichte. Ob es sich dabei um die Fragen von Flucht, Vertreibung und globaler Migration, um den so genannten Emissionshandel oder die anstehende Regulierung weltweiter Finanzmärkte handelt – alle diese (und noch viele weitere) Themen bedürfen der umfassenden internationalen Verständigung. Zeithistorische Analysen schärfen in diesem Kontext vor allem das Bewusstsein für die historische Ortsgebundenheit und auch für die Wandelbarkeit politischer und sozialer Ordnungsmodelle. Dabei können sie auf die Genese fragwürdiger, vermeintlich alternativloser globaler Ordnungsvorstellungen hinweisen. Internationale Ordnungen sowie die mit ihnen verbundenen alten und neuen Universalismen bedürfen deshalb einer größeren historiographischen Aufmerksamkeit – nicht zuletzt damit wir die komplexen, uns immer mehr betreffenden globalen Zusammenhänge der Gegenwart künftig besser verstehen.
1 Im Falle des Internationalismus ist von einem „langen 20. Jahrhundert“ auszugehen. Für die Konjunktur des Internationalismus um 1900 vgl. beispielgebend die Hinweise bei Madeleine Herren, Internationale Organisationen seit 1865. Eine Globalgeschichte der internationalen Ordnung, Darmstadt 2009, S. 43-46. Für den „vergessenen Internationalismus“ vgl. den aufschlussreichen semantischen Befund bei Peter Friedemann/Lucian Hölscher, Art. „Internationale, International, Internationalismus“ [1982], in: Otto Brunner/Werner Conze/Reinhart Koselleck (Hg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Bd. 3, unveränd. Nachdr. der 1. Aufl., Stuttgart 1995, S. 367-397, bes. S. 397, die auf die ideologische Besetzung des Begriffs seit den 1920er-Jahren hinweisen und „im westlichen Sprachgebrauch“ in den 1980er-Jahren eine zurückgehende Bedeutung des Begriffs als politisches Schlagwort konstatieren.
2 Beispielhaft Eckart Conze/Ulrich Lappenküper/Guido Müller (Hg.), Geschichte der internationalen Beziehungen. Erneuerung und Erweiterung einer historischen Disziplin, Köln 2004; Markus Mösslang/Torsten Riotte (Hg.), The Diplomats’ World. A Cultural History of Diplomacy, 1815–1914, Oxford 2008. Für zwei frühere Plädoyers, die die Neuorientierung in gewisser Weise vorwegnahmen, vgl. Wilfried Loth/Jürgen Osterhammel (Hg.), Internationale Geschichte. Themen – Ergebnisse – Aussichten, München 2000, sowie (mit einem Schwerpunkt auf der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg) Martin H. Geyer/Johannes Paulmann (Hg.), The Mechanics of Internationalism. Culture, Society and Politics from the 1840s to the First World War, Oxford 2001.
3 Vgl. Sunil Amrith/Glenda Sluga, New Histories of the United Nations, in: Journal of World History 19 (2008), S. 251-274; Glenda Sluga, Editorial. The Transnational History of International Institutions, in: Journal of Global History 6 (2011), S. 219-222, sowie übergreifend Herren, Internationale Organisationen (Anm. 1).
4 Siehe für mehrere der hier genannten Themen: Geschichte und Gesellschaft 32 (2006) H. 4: Sozialpolitik transnational, hg. von Christoph Conrad; Sunil S. Amrith, Decolonizing International Health. India and Southeast Asia, 1930-65, Houndmills 2006; Iris Borowy, Coming to Terms with World Health. The League of Nations Health Organisation 1921–1946, Frankfurt a.M. 2009; Eckhardt Fuchs, Kinderschutz und Völkerbund: Zur Formierung des edukativen Multilateralismus in der Zwischenkriegszeit, in: ders. (Hg.), Bildung international. Historische Perspektiven und aktuelle Entwicklungen, Würzburg 2006, S. 163-180; Jessica C.E. Gienow-Hecht/Frank Schumacher (Hg.), Culture and International History, New York 2003; sowie die Überlegungen bei David C. Engerman/Corinna R. Unger, Introduction: Towards a Global History of Modernization, in: Diplomatic History 33 (2009), S. 375-385.
5 Vgl. Jay M. Winter, Dreams of Peace and Freedom. Utopian Moments in the Twentieth Century, New Haven 2006; Jost Dülffer, Frieden stiften. Deeskalations- und Friedenspolitik im 20. Jahrhundert, Köln 2008; Alf Lüdtke/Michael Wildt (Hg.), Staats-Gewalt. Ausnahmezustand und Sicherheitsregimes. Historische Perspektiven, Göttingen 2008; Fabian Klose, Menschenrechte im Schatten kolonialer Gewalt. Die Dekolonisierungskriege in Kenia und Algerien 1945–1962, München 2009.
6 Vgl. Akira Iriye, Environmental History and International History, in: Diplomatic History 32 (2008), S. 643-646; Thomas Robertson, „This Is the American Earth“: American Empire, the Cold War, and American Environmentalism, in: ebd., S. 561-584; Joachim Radkau, Die Ära der Ökologie, München 2011.
7 Vgl. Jan Eckel, Utopie der Moral, Kalkül der Macht. Menschenrechte in der globalen Politik seit 1945, in: Archiv für Sozialgeschichte 49 (2009), S. 437-484; sowie zuletzt Samuel Moyn, The Last Utopia. Human Rights in History, Cambridge 2010, und Stefan-Ludwig Hoffmann (Hg.), Moralpolitik. Geschichte der Menschenrechte im 20. Jahrhundert, Göttingen 2010; Central European History 44 (2011) H. 1: Human Rights, Utopias, and Gender in Twentieth-Century Europe, hg. von Atina Grossmann und Carola Sachse.
8 Siehe die Formulierung bei Patricia Clavin, Time, Manner, Place: Writing Modern European History in Global, Transnational and International Contexts, in: European History Quarterly 40 (2010), S. 624-640, hier S. 625.
9 Für den Versuch einer begrifflichen Abgrenzung zwischen transnationaler und internationaler Geschichte vgl. ebd., bes. S. 624f., sowie die die Unterschiede beider Forschungsrichtungen betonenden Überlegungen von Susan Zimmermann, International – transnational: Forschungsfelder und Forschungsperspektiven, in: Berthold Unfried/Jürgen Mittag/Marcel van der Linden (Hg.), Transnationale Netzwerke im 20. Jahrhundert. Historische Erkundungen zu Ideen und Praktiken, Individuen und Organisationen, Leipzig 2008, S. 27-46.
10 Vgl. Dipesh Chakrabarty, Provincializing Europe. Postcolonial Thought and Historical Difference, Princeton 2000, sowie für eine kritische Würdigung dieser Forderung: Sebastian Conrad/Andreas Eckert, Globalgeschichte, Globalisierung, multiple Modernen: Zur Geschichtsschreibung der modernen Welt, in: dies./Ulrike Freitag (Hg.), Globalgeschichte. Theorien, Ansätze, Themen, Frankfurt a.M. 2007, S. 7-49, hier S. 24 und S. 31f.
11 Vgl. für einen solchen Ansatz auch Emma Rothschild, The Archives of Universal History, in: Journal of World History 19 (2008), S. 375-401; dies., Arcs of Ideas. International History and Intellectual History, in: Gunilla Budde/Sebastian Conrad/Oliver Janz (Hg.), Transnationale Geschichte. Themen, Tendenzen und Theorien, Göttingen 2006, 2. Aufl. 2010, S. 217-226.
12 Vgl. dazu die klassischen Überlegungen bei Martha A. Finnemore, National Interests in International Society, Ithaca 1996.
13 Siehe dazu etwa die Überlegungen bei Hillard von Thiessen/Christian Windler, Einleitung: Außenbeziehungen in akteurszentrierter Perspektive, in: dies. (Hg.), Akteure der Außenbeziehungen. Netzwerke und Interkulturalität im historischen Wandel, Köln 2010, S. 1-12, sowie die Beiträge in dem Band; jüngst auch David Webster, Development Advisors in a Time of Cold War and Decolonization: The United Nations Technical Assistance Administration, 1950-59, in: Journal of Global History 6 (2011), S. 249-272.
14 Vgl. Daniel Laqua, Transnational Intellectual Cooperation, the League of Nations, and the Problem of Order, in: Journal of Global History 6 (2011), S. 223-247; Jasmien Van Daele, Engineering Social Peace: Networks, Ideas, and the Founding of the International Labour Organization, in: International Review of Social History 50 (2005), S. 435-466; Sandrine Kott, Une „communauté épistémique“ du social? Experts de l’OIT et internationalisation des politiques sociales dans l’entre-deux-guerres, in: Genèses 71 (2008), S. 26-46.
15 Vgl. John Krige, Atoms for Peace, Scientific Internationalism, and Scientific Intelligence, in: Osiris 21 (2006), S. 161-181.
16 Vgl. Carol Anderson, International Conscience, the Cold War, and Apartheid: The NAACP’s Alliance with the Reverend Michael Scott for South West Africa’s Liberation, 1946–1951, in: Journal of World History 19 (2008), S. 297-325.
17 Vgl. Herren, Internationale Organisationen (Anm. 1), S. 73-78. Vgl. zu den ambivalenten, dystopischen Momenten internationaler Zusammenarbeit in der Zwischenkriegszeit auch den Beitrag von Christian Geulen über Aldous Huxleys „Brave New World“ in diesem Heft.
18 Akira Iriye, Global Community. The Role of International Organizations in the Making of the Contemporary World, Berkeley 2004.
19 Vgl. beispielhaft Glenda Sluga, Unesco and the (One) World of Julian Huxley, in: Journal of World History 21 (2010), S. 393-418; Madeleine Herren, Inszenierung des globalen Subjekts. Vorschläge zur Typologie einer transgressiven Biographie, in: Historische Anthropologie 13 (2005) H. 3, S. 1-18; sowie zur Frage der Geschlechterbeziehungen Glenda Sluga, Art. „Gender“, in: Patrick Finney (Hg.), Palgrave Advances in International History, Basingstoke 2005, S. 300-319; Ann Taylor Allen/Anne Cova/June Purvis, International Feminisms, in: Women’s History Review 19 (2010), S. 493-501.
20 Siehe dazu Eckart Conze, Abschied von Staat und Politik? Überlegungen zur Geschichte der internationalen Politik, in: ders./Lappenküper/Müller, Geschichte der internationalen Beziehungen (Anm. 2), S. 15-43. Die aktuelle politikwissenschaftliche Debatte zu dieser Thematik ist breit gefächert und beruht auf einer langen Forschungstradition; vgl. dazu für einen enzyklopädischen Zugriff die Beiträge in Helmut Volger (Hg.), A Concise Encyclopedia of the United Nations, 2. überarb. Aufl. Den Haag 2010, sowie die neueren Ergebnisse des Bremer SFB 597 „Staatlichkeit im Wandel“ (<http://www.sfb597.uni-bremen.de>) und die Arbeiten des SFB 700 „Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit“ an der Freien Universität Berlin (<http://www.sfb-governance.de>).
21 Vgl. Herren, Internationale Organisationen (Anm. 1), S. 91f.; für eine kritische Lesart, die die Beibehaltung staatlicher Souveränität vor allem im Rahmen der Vereinten Nationen scharf kritisiert, vgl. Mark Mazower, No Enchanted Palace. The End of Empire and the Ideological Origins of the United Nations, Princeton 2009, S. 27.
22 Vgl. Erez Manela, The Wilsonian Moment. Self-determination and the International Origins of Anticolonial Nationalism, Oxford 2007, und hier vor allem den zweiten Teil: „The Internationalization of Nationalism“; vgl. übergreifend dazu Wolfgang Reinhard, Verstaatlichung der Welt? Europäische Staatsmodelle und außereuropäische Machtprozesse, München 1999, sowie als neuere Fallstudie Susan Pedersen, Getting Out of Iraq – in 1932: The League of Nations and the Road to Normative Statehood, in: American Historical Review 115 (2010), S. 975-1000.
23 Vgl. Jörg Fisch, Das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Die Domestizierung einer Illusion, München 2010.
24 Für eine aktuelle politikwissenschaftliche Analyse dieser Thematik vgl. Klaus Schlichte, Der Staat in der Weltgesellschaft. Politische Herrschaft in Afrika, Asien und Lateinamerika, Frankfurt a.M. 2005.
25 Vgl. dazu Daniel Maul, Internationale Organisationen als historische Akteure. Die ILO und die Auflösung der europäischen Kolonialreiche 1940–1970, in: Archiv für Sozialgeschichte 48 (2008), S. 21-53, sowie als beispielgebende Studie ders., Menschenrechte, Sozialpolitik und Dekolonisation. Die Internationale Arbeitsorganisation (IAO) 1940–1970, Essen 2007; ferner für den Fall der UNESCO Todd Shepard, Algeria, France, Mexico, UNESCO: A Transnational History of Anti-Racism and Decolonization, 1932–1962, in: Journal of Global History 6 (2011), S. 273-297.
26 Vgl. die Beiträge in Johannes Paulmann (Hg.), Auswärtige Repräsentationen. Deutsche Kulturdiplomatie nach 1945, Köln 2005; zur Kulturgeschichte der Diplomatie: Susanne Schattenberg, Die Sprache der Diplomatie oder Das Wunder von Portsmouth. Überlegungen zu einer Kulturgeschichte der Außenpolitik, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 56 (2008), S. 3-26; sowie Verena Steller, Diplomatie von Angesicht zu Angesicht. Diplomatische Handlungsformen in den deutsch-französischen Beziehungen 1870–1919, Paderborn 2011.
27 Herren, Internationale Organisationen (Anm. 1), S. 21f.
28 Vgl. beispielhaft die Beiträge in Hubertus Büschel/Daniel Speich (Hg.), Entwicklungswelten. Globalgeschichte der Entwicklungszusammenarbeit, Frankfurt a.M. 2009; Anna-Katharina Wöbse, Weltnaturschutz. Umweltdiplomatie in Völkerbund und Vereinten Nationen 1920–1950, Frankfurt a.M. 2011; Bernhard Gißibl/Sabine Höhler/Patrick Kupper (Hg.), Civilizing Nature. National Parks in Global Historical Perspective, Oxford 2012 (i.Vb.).
29 Besonders augenfällig ist dies im Bereich der Menschenrechtsorganisationen; vgl. für die ersten Ergebnisse einer größeren Studie zu Amnesty International: Tom Buchanan, ‚The truth will set you free’. The Making of Amnesty International, in: Journal of Contemporary History 37 (2002), S. 575-597; ders., Amnesty International in Crisis 1966-67, in: Twentieth Century British History 15 (2004), S. 267-289; sowie übergreifend Eckel, Utopie der Moral, Kalkül der Macht (Anm. 7).
30 Vgl. Susan Pedersen, Review Essay: Back to the League of Nations, in: American Historical Review 112 (2007), S. 1091-1117; ferner Herren, Internationale Organisationen (Anm. 1), S. 54-65; sowie zuletzt Daniel Laqua (Hg.), Internationalism Reconfigured: Transnational Ideas and Movements Between the World Wars, London 2011. Zum Völkerbund siehe auch den Beitrag von Christiane Sibille in diesem Heft; sowie in Auseinandersetzung mit der Geschichte der Globalisierung das Themenheft von Critique Internationale 52 (2011): Une autre approche de la globalisation: socio-histoire des organisations internationales (1900–1940), hg. von Sandrine Kott. Die ältere Sicht auf einen „gescheiterten Völkerbund“ vertrat zuletzt Paul Kennedy, Das Parlament der Menschheit. Die Vereinten Nationen und der Weg zur Weltregierung, München 2007.
31 Vgl. zu diesem Argument auch: Sandrine Kott, Par-delà la guerre froide. Les organisations internationales et les circulations Est-Ouest (1947–1973), in: Vingtième Siècle 109 (2011), S. 142-154, sowie zur Kooperation über Blockgrenzen hinweg Katja Naumann, Mitreden über Weltgeschichte – die Beteiligung polnischer, tschechoslowakischer und ungarischer Historiker an der UNESCO-Scientific and Cultural History of Mankind (1952–1969), in: Comparativ 20 (2010) H. 1-2, S. 186-226; Idesbald Goddeeris, The Limits of Lobbying: ILO and Solidarnosc, in: Jasmien Van Daele u.a. (Hg.), ILO Histories. Essays on the International Labour Organization and its Impact on the World during the Twentieth Century, Bern 2010, S. 423-442; ferner mit einem kritischen historiographischen Fokus: Francisca de Haan, Continuing Cold War Paradigms in Western Historiography of Transnational Women’s Organisations: The Case of the Women’s International Democratic Federation (WIDF), in: Women’s History Review 19 (2010), S. 547-573.
32 Für einen gelungenen Ansatz, eine der großen Signaturen des 20. Jahrhunderts im Hinblick auf übergreifende internationale Ordnungsvisionen zu analysieren, vgl. Thomas Etzemüller (Hg.), Die Ordnung der Moderne. Social Engineering im 20. Jahrhundert, Bielefeld 2009. Für den Versuch, die Periodisierungsfrage anhand der allerneuesten Zeitgeschichte in ihrer möglichen Spannbreite zu diskutieren, vgl. den Essay von Manfred Berg in diesem Heft.
33 Vgl. dazu die auch vor diesem Hintergrund entwickelten Überlegungen bei Kiran Klaus Patel/Patricia Clavin, The Role of International Organizations in Europeanization: The Case of the League of Nations and the European Community, in: Martin Conway/Kiran Klaus Patel (Hg.), Europeanization in the Twentieth Century. Historical Approaches, Basingstoke 2010, S. 110-131; für den expliziten Ansatz, die Partikularität globaler Entwürfe ernster zu nehmen als bisher, vgl. das Plädoyer bei Iris Schröder/Sabine Höhler, Welt-Räume: Annäherungen an eine Geschichte der Globalität im 20. Jahrhundert, in: dies. (Hg.), Welt-Räume. Geschichte, Geographie und Globalisierung seit 1900, Frankfurt a.M. 2005, S. 9-47; ferner Daniel Speich, Der Blick von Lake Success. Das Entwicklungsdenken der frühen UNO als ‚lokales Wissen‘, in: Büschel/Speich, Entwicklungswelten (Anm. 28), S. 175-206. Etwas skeptischer gegenüber der sich eher langsam vollziehenden reflexiven Trendwende: Shalini Randeria/Andreas Eckert (Hg.), Vom Imperialismus zum Empire. Nicht-westliche Perspektiven auf Globalisierung, Frankfurt a.M. 2009.
34 Vgl. dazu die Einleitung und die ausgewählten Beiträge in Sebastian Conrad/Shalini Randeria (Hg.), Jenseits des Eurozentrismus, Frankfurt a.M. 2002; sowie für den Verlust europäischer Selbstgewissheit auf dem Feld der Diplomatie den Beitrag von Verena Steller in diesem Heft.
35 Vgl. für einen Versuch, die Geschichte konkurrierender kultureller Wertehorizonte innerhalb der UNESCO historiographisch zu fassen, Laura Elizabeth Wong, Relocating East and West. UNESCO’s Major Project on the Mutual Appreciation of Eastern and Western Cultural Values, in: Journal of World History 19 (2008), S. 349-374.
36 Vgl. für die Geschichte der Menschenrechte die einschlägigen Überlegungen bei Roland Burke, Decolonization and the Evolution of International Human Rights, Philadelphia 2010, sowie mit teilweise ähnlicher Stoßrichtung den Beitrag von Lasse Heerten in diesem Heft.
37 Stefan-Ludwig Hoffmann, Einführung. Zur Genealogie der Menschenrechte, in: ders., Moralpolitik (Anm. 7), S. 7-37, hier S. 10 und S. 36.
38 Für zwei beispielgebende Studien, die jeweils divergierende historische Umgangsweisen mit Universalismuspostulaten nachzeichnen, siehe die Beiträge von Kerstin von Lingen und Andrea Rehling in diesem Heft.