1. Die Selbstinszenierung in der Autobiographie
2. Die Autobiographie als politisches Programm
3. Die deutsche Rezeption Fords in den 1920er-Jahren
4. Antisemit und Autokönig – die Interdependenz
Zu seinen Lebzeiten genoss Henry Ford (1863–1947) eine weit über die Vereinigten Staaten hinausreichende Beachtung und eine sehr geteilte Wertschätzung. Ford war eine literarische Gestalt, seit Aldous Huxley 1932 seinen dystopischen Roman „Brave New World“ veröffentlicht hatte. Im Huxley’schen Weltstaat, in dem Wissen durch technologische Effizienz ersetzt ist, orientiert sich die Zeitrechnung am Messias Ford, und Fords Autobiographie dient als Bibelersatz allen Einwohnern zur steten Lektüre.1 Upton Sinclair, der im Winter 1918/19 lange Gespräche mit Henry Ford geführt hatte, legte 1937 den Roman „The Flivver King“ (Der Blechkistenkönig) vor, in dem er die Lebensgeschichte Fords mit derjenigen Abner Shutts verknüpft, eines Arbeiters in den Fordwerken – und auf diese Weise die vermeintliche Arbeiterfreundlichkeit des Autokönigs gründlich demontiert.2 Beide Schriftsteller bestätigen mit ihren kritischen Fiktionalisierungen Fords enorme Bedeutung; beide konnten aus der Autobiographie schöpfen, die Ford kurz vor seinem 60. Geburtstag 1922/23 veröffentlicht hatte und in der er sich als genialen Automobilfabrikanten und Gesellschaftsreformer stilisierte.3 Ford selbst schuf mithin die Grundlage für die literarische persona des Autokönigs, die in der öffentlichen Wahrnehmung bisweilen die Figur und die Handlungen des Unternehmers Henry Ford überlagerte.
Lange vor seiner Prominenz als literarische Person erlangte Ford zudem bereits seit 1919 internationale Bekanntheit als Antisemit.4 Als solcher stellte er sich in einer Serie von 91 Zeitungsartikeln vor, die dann 1920 in Buchform zusammengefasst erschienen.5 Beide Publikationen fanden im verarmten und politisch zerrütteten Nachkriegsdeutschland eine begeisterte Aufnahme, während spätestens mit dem Versailler Vertrag die Enttäuschung über die Politik der Vereinigten Staaten von Amerika hohe Wellen schlug. Ford hatte sich selbst in ein Symbol von Modernität transferiert; sein Name wurde benutzt, wenn in den 1920er-Jahren in Deutschland über „Fordismus“ wie „Amerikanismus“ als Konzepte einer erstrebenswerten Moderne debattiert wurde.6 Wie wurden Fords Bücher, insbesondere aber seine Autobiographie, in Deutschland rezipiert? Welche seiner Argumente wurden geschätzt und aufgenommen? Und welche Funktion nahm sein Antisemitismus dabei ein? Um diese Fragen soll es im vorliegenden Aufsatz gehen.
Autobiographien sind Artefakte. Sie dienen dazu, eine Kontinuität zur Gegenwart hin zu stiften, indem sie retrospektiv dem eigenen Leben ein mit Stringenz verfolgtes Ziel unterlegen und ihm somit einen Sinn, einen Wert verleihen.7 Autobiographien formen aus einem widerspruchsvollen Leben eine Ganzheit, eine exzeptionelle vita, in der die Intentionen der handelnden Figur den Erfolg ihrer Aktivitäten unmittelbar erzwingen. Grundsätzlich individualisieren Autobiographien die Leistung ihrer Protagonisten und heroisieren sie so. Ein verbreitetes Erzählmuster für die Erfolgsgeschichte von Unternehmern ist das des self-made man, der einem inneren Ruf folgend und gegen äußere Ignoranz oder Widerstände seinen Weg geht – dieses narrative Muster wenden auch Unternehmerinnen gerne an. Mit einer solchen Selbstinszenierung wirbt ein Unternehmer oder eine Unternehmerin nicht allein für die eigene Person, sondern zugleich für das eigene Unternehmen und dessen Produkte.8 Integraler Bestandteil solcher Werbung mittels Autobiographie ist es, die eigene Vorstellung der Weltbeglückung ebenso breit vorzutragen wie den Gemeinwohlanspruch des Unternehmens.9
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Ford inszenierte sich in seiner Autobiographie „Mein Leben und Werk“ als ein Gesellschaftsreformer, der seinen enormen wirtschaftlichen Erfolg in politische Autorität übersetzen und mit seiner Gesellschaftsvision als Weltbeglücker anerkannt werden möchte. Die zeitgeschichtliche Bedeutung des Buches soll nun in folgenden Schritten diskutiert werden: Zunächst wird die Autobiographie vorgestellt und die Konstruktion einer persona analysiert (1.). Dann wird die Autobiographie als politisches Programm interpretiert, ihre Entstehung im Kontext von Fords politischen Ambitionen und folglich seines Antisemitismus verortet (2.). Schließlich wird die zeitgenössische Rezeption des Werks in Deutschland untersucht (3.).
1. Die Selbstinszenierung in der Autobiographie
Henry Fords Autobiographie umfasst in der deutschen Übersetzung 328 Seiten.10 Sprache und Syntax sind schlicht, das Buch ist voller Redundanzen, seine Lektüre ist langweilig. Eine Fotografie von Ford, allerdings ohne die übliche Unterschrift, soll dem Buch Authentizität verleihen; denselben Zweck verfolgen auch die gelegentlich eingestreuten, aber nie belegten Zitate aus Instruktionen, Reklamezetteln, Protokollen. Nach der einleitenden Vorstellung seines Leitgedankens schildert Ford in 19 Kapiteln seinen Aufstieg vom Bauernjungen zum Autofabrikanten und Millionär. Keine einzige Kapitelüberschrift weist darauf hin, dass es um anderes als um das Geschäft gehen könnte. Das Buch ist von Samuel Crowther verfasst worden, einem freundlich gesonnenen Journalisten und Schriftsteller, den Ford auch mehrfach zu Gesprächen einlud, wenn er Mitteilungen in die Öffentlichkeit lancieren wollte. Obwohl es sich bei dem Buch demnach um keine Autobiographie im Wortsinn handelt, präsentiert sie Fords Version seiner Lebensgeschichte.11
Autobiographien beginnen häufig mit einer Zäsur im Lebenslauf, wenn sie nicht eine strikt chronologische Ordnung wahren und mit der Eheschließung der Eltern einsetzen. Ford eröffnet seine Autobiographie mit der Vorstellung seines „Leitgedankens“, seiner selbstgewählten Mission. Über 24 Seiten hinweg führt er in seine „Theorie der Dienstleistung“ ein, die auf vier Grundsätzen beruht, welche in der Diktion der biblischen Zehn Gebote formuliert sind. Sie lauten: „Du sollst die Zukunft nicht fürchten und die Vergangenheit nicht ehren.“ „Du sollst die Konkurrenz nicht beachten.“ „Du sollst die Dienstleistung über den Gewinn stellen.“ Und schließlich: „Produzieren heißt nicht billig einkaufen und teuer verkaufen. Es heißt vielmehr, die Rohstoffe zu angemessenen Preisen einkaufen und sie mit möglichst geringen Mehrkosten in ein gebrauchsfähiges Produkt verwandeln und an die Konsumenten verteilen.“ (S. 223f.) Die Entwicklung dieser Prinzipien, die Ford auch die „Quintessenz“ nennt, und die Diskussion ihrer gesellschaftlichen Bedeutung werden in den folgenden Kapiteln chronologisch abgehandelt.
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Im Gegensatz zur bürgerlichen Autobiographik des 19. Jahrhunderts fällt Fords Darstellung seiner Kindheit und Jugend außerordentlich knapp aus. Über seine Eltern und Geschwister wird nichts mitgeteilt, noch nicht einmal deren Namen. Schon in der Beschreibung der ersten Lebensjahre liegt der Fokus allein auf Henry Ford: „Ich wurde am 30. Juli 1863 auf einer Farm bei Dearborn in Michigan geboren, und die ersten Eindrücke, deren ich mich entsinnen kann, waren, dass es dort, an den Resultaten gemessen, viel zu viel Arbeit gab.“ (S. 26) Das zwölfte Lebensjahr wird als das entscheidende, als Initiation dargestellt, denn nun sah Ford erstmals eine Lokomotive, und er bekam eine Uhr geschenkt. Die Technik faszinierte ihn maßlos: „Von jener Zeit an […] bis auf den heutigen Tag, hat mein stärkstes Interesse dem Problem der Herstellung einer selbsttätig fahrenden Maschine gegolten.“ (S. 27) Nach Abschluss der Schule (1880) absolvierte Ford eine dreijährige Lehre in einer mechanischen Werkstatt. Parallel hierzu richtete er sich auf der elterlichen Farm eine eigene Werkstatt ein, in der er sich am Bau eines Dampfwagens versuchte.
Die Experimente für die Produktion eines Automobils und damit Fords Qualifikation zum Mann der Praxis bilden den roten Faden, der sich durch die Darstellung der nächsten 20 Lebensjahre bis 1905 zieht. Ford arbeitete als Holzfäller, heiratete irgendwann eine namenlose Frau, trieb seine Versuche für den Bau eines Automobils voran. Erst 1890 verließen die Fords (gab es schon Kinder?) die Farm; ihm war eine Stelle als Ingenieur und Maschinist bei Edisons Detroiter Elektrizitätsgesellschaft angeboten worden.12 In seiner Freizeit arbeitete Ford weiter am Automobil: „Meines Erfolges war ich sicher. Der kann nicht ausbleiben, wenn man nur genug arbeitet. Trotzdem war es ungeheuer viel wert, dass meine Frau noch fester an ihn glaubte als ich. So ist sie immer gewesen.“ (S. 35) Die Versuchung kam in anderer Gestalt, als ihm 1899 die Edison-Gesellschaft die „Oberaufsicht“ anbot unter der Bedingung, die nebenberufliche Beschäftigung mit dem Automobil aufzugeben. Ford wechselte daraufhin zur Detroit-Automobil-Gesellschaft, die er 1902 verließ, um sich selbstständig zu machen. Detailliert schildert er nun seine Experimente mit dem Ottomotor und die Konstruktion von Rennwagen, seine Teilnahme an Autorennen, um seinen Namen und sein Produkt bekanntzumachen. Schließlich räsoniert er über den Zusammenhang von Produkt, Preis und Geschäftserfolg. Serielle Produktion dient demnach der Verbesserung des Produkts, der Minimierung des Preises und insgesamt der Maximierung der Nachfrage.
Mit 42 Jahren dann, 1905, gelang ihm die Gründung der Ford Motor Company: „Ich war stellvertretender Vorsitzender, Zeichner, Oberingenieur, Aufseher und Direktor.“ (S. 59) Am Kapital war Ford mit 25,5 Prozent beteiligt – wer sonst noch an der Gesellschaft und ihrer Finanzierung mitwirkte, bleibt unerwähnt. Stattdessen wird Fords Durchmarsch dargestellt: „Sehr bald fand ich aber, dass ich die Stimmenmehrheit besitzen müsste, daher kaufte ich 1906 mit meinem Verdienst aus der Gesellschaft genügend Aktien, um mit 51% beteiligt zu sein, die ich kurz darauf auf 58% erhöhte. […] 1919 erwarb mein Sohn Edsel die restierenden 41%, weil ein Teil der übrigen Aktieninhaber mit meiner Geschäftspolitik [keine Dividenden auszuzahlen, C.E.] nicht einverstanden war.“ (S. 59)
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Ganz allein, in einer heroischen Anstrengung, schuf Henry Ford seine Autofabrik; in seiner Darstellung gibt es weder Vorläufer, auf deren Arbeit er aufbauen kann, noch Mitarbeiter, die entscheidende Ideen beisteuern und Initiativen ergreifen. Erst viele Seiten später, wenn Ford über „Das Geheimnis der Produktion“ sinniert, relativiert er diese Sicht ein wenig, nennt aber keine Namen und präsentiert sich damit weiter als Einzelkämpfer: „[…] ein Erfinder oder ein gescheiter Arbeiter arbeitet eine neuere und vollkommenere Idee aus zur Befriedigung irgendeines begründeten, menschlichen Bedürfnisses. Die Idee bewährt sich, und die Menschen wollen sie sich nutzbar machen. So kommt es, dass ein einziger Mensch mitunter die Seele, der Lebenskern eines Unternehmens wird. Jedoch zur Schaffung des Körpers, des Gerüstes jenes Geschäftes trägt ein jeder bei, der mit ihm in Berührung tritt. Kein Produzent vermag mit Recht zu behaupten: ‚Ich habe dieses Geschäft aufgebaut‘, wenn bei dessen Ausbau Tausende von Menschen mitwirkten. Die Produktion ist dann gemeinsam.“ (S. 86f.)
Für die in der Produktion Tätigen behauptet Ford in seiner Autobiographie klare Prinzipien: „Die Arbeit, einzig und allein die Arbeit ist unsere Leiterin und Führerin.“ Moralische Kriterien griffen für die Arbeiter erst mit ihrer Einstellung bei Ford, ihr Vorleben interessierte nicht. Auch berufliche Qualifikationen zählten nicht, ein innerbetrieblicher Aufstieg gelang nur durch gute Arbeit für Ford. Ausführlich geschildert werden die Einführung des Fließbandes sowie die Erfahrungen mit den überwiegend unqualifizierten Arbeitern: „[…] dem Durchschnittsarbeiter liegt eben mehr an einer anständigen Arbeit als an einer Beförderung. […] Die bei weitem überwiegende Majorität […] will dort bleiben, wo sie hingestellt ist. Sie will geführt werden. Sie will, dass man in jeder Beziehung für sie handelt und ihr die Verantwortung abnimmt.“ (S. 115f.) Mitleid mit den Arbeitern, die an den Maschinen extrem monotone Tätigkeiten ausführen mussten, war also deplatziert. Die Fluktuationsziffern bei Ford, die von ihm nicht im Zusammenhang mit diesen Arbeitsbedingungen diskutiert wurden, waren wie üblich hoch13 und verringerten sich erst mit der Einführung des Achtstundentages bei einem Mindesteinkommen von 5 Dollar pro Tag im Januar 1914.
Die Einführung der Mindesteinkommen machte Ford fast noch bekannter als die Einführung des Fließbandes und begründete seinen Ruf als Sozialpolitiker. Er legitimiert die hohen Löhne mit einem erneuten pathostriefenden Hohelied auf die Arbeit: „Die Arbeit ist in unserem Dasein Grundbedingung für Gesundheit, Selbstachtung und Glück. Statt ein Fluch ist sie der größte Segen. Strenge14 soziale Gerechtigkeit entspringt nur aus ehrlicher Arbeit. Wer viel schafft, soll viel nach Hause tragen. Wohltätigkeit hat in der Lohnfrage keinen Raum. Denn es ist etwas Großes um unser Tagewerk – etwas ganz Großes! Die Arbeit ist der Eckstein, auf dem die Welt ruht, sie ist die Wurzel unserer Selbstachtung.“ (S. 139f.) Um solche Arbeit seiner Beschäftigten zu honorieren, setzte Ford einen „Gewinnbeteiligungsplan“ ein, der den Mindestlohn von 5 Dollar pro Tag unter gewissen Bedingungen ermöglichte. In den Genuss dieses Lohns konnte kommen, wer mindestens seit sechs Monaten bei Ford beschäftigt und wer verheiratet war, mit seiner Familie zusammenlebte und sie gut versorgte: „Der Arbeiter und sein Heim mussten einem gewissen Standard von Sauberkeit und Staatsbürgertum genügen.“ Ledige Männer über 22 Jahre mussten ihre haushälterischen Gewohnheiten nachweisen; junge Männer unter 22 Jahre und unverheiratete Frauen jeden Alters mussten belegen, dass sie die einzige Stütze von Familienangehörigen waren (S. 148).15 Nur diejenigen, deren Lebensgewohnheiten dem Unternehmer Ford passend erschienen, konnten zusätzlich zu ihrem Lohn einen Anteil auf zukünftige Firmengewinne erhalten und so insgesamt auf einen Verdienst von 5 Dollar pro Tag kommen. Die notwendigen häuslichen Kontrollen wurden von einer „Abteilung für soziale Fürsorge“ praktiziert. Den Erfolg solcher Interventionen ins Leben seiner Beschäftigten präsentiert Ford stolz: Nach 12 Monaten seien 87 Prozent aller Männer zu Gewinnanteilen und damit zum Mindestlohn von 5 Dollar pro Tag berechtigt gewesen. Zugleich war die Verstetigung der Beschäftigungsverhältnisse und damit die Erhöhung der Produktivität geglückt: Die Fluktuation, die 1914 noch rund 53.000 Einstellungen bei lediglich 14.000 Beschäftigten erfordert hatte, war ein Jahr später auf 6.508 Neueinstellungen gesunken (S. 150f.). In der Autobiographie argumentiert Ford, gerade die Steigerung der Rentabilität erweise sich als die größte Menschenfreundlichkeit gegenüber den Beschäftigten, und will so seine politische Weitsicht demonstrieren.
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In den folgenden Kapiteln fächert Ford seine Theorie der guten Geschäfte auf. Er geht hierbei vom Preis des Produkts aus, der bestimmt werde durch den Preis, den die Konsumenten zu zahlen bereit seien. Die Produktion habe sich an dieser Vorgabe zu orientieren – sie müsse verbilligt werden, ohne zugleich die Qualität des Produkts zu mindern. Aus diesem Zwang zur permanenten Verbilligung und zugleich Qualitätssteigerung in der Produktion zog Ford die Konsequenz, möglichst alle Zulieferindustrien vertikal in sein Unternehmen zu integrieren; er kaufte beispielsweise Kohleminen, deren Kohlen von der eigenen Ford’schen Eisenbahn nach Detroit befördert wurden, wo sie von der Ford Motor Company für den Betrieb von Dampfkraftanlagen sowie Emailleschmelzöfen und für die Herstellung von Elektrizität genutzt wurden (S. 177f.).
In der ersten Hälfte des Buches stellt sich Ford als der perfekte self-made man vor. Die zweite Hälfte hingegen ist keine Autobiographie mehr, sondern enthält Fords Gesellschaftsanalyse und seine vor allem sozialpolitischen Reformvorschläge zur Verbesserung der US-amerikanischen Gesellschaft. Zentral sind zwei gemeinschaftsbildende Aspekte, nämlich der Ausbau betrieblicher anstelle einer gesellschaftlichen Sozialpolitik (wodurch der Unternehmer gesellschaftliche Aufgaben übernimmt, etwa die Versorgung behinderter Menschen durch Integration in den Betrieb) und die Verpflichtung aller zu „produktiver Arbeit“. Mit der Rückkehr zur ländlich zersiedelten Gesellschaft der Selbstversorger, die unter Leitung des Unternehmers sowohl in der Agrarindustrie wie in der „Fabrik“ arbeiten, werde allen „ein normales und gesundes Leben“ ermöglicht: „Wie wäre es, wenn wir im Frühjahr und Sommer alle auf das Land zögen, um drei oder vier Monate lang das gesunde Leben des Landmannes zu leben!“ (S. 221f.) Die Industrialisierung der Landwirtschaft analog zur Fabrik erlaubt es dem Unternehmer, seine Beschäftigten je nach Bedarf einzusetzen, ihre Versorgung mit Lebensmitteln ebenfalls vertikal in seinen Betrieb zu integrieren und dies als sozialpolitische Maßnahme zu verkaufen. Mit dem nahezu absolutistischen Unternehmer an der Spitze und mit der Reduzierung intermediärer Instanzen wie dem Handel will Ford gesellschaftliche Komplexität abbauen, die negativen Aspekte der Moderne ausschalten. Fords Gesellschaftsentwurf bezieht sich allein auf die materiellen Aspekte menschlichen Lebens; Arbeit und deren sozialpolitische Einfassung werden als Fundamente der zu bildenden Gemeinschaft verstanden. Auffällig ist die vollständige Ignoranz gegenüber Kultur und Religion.
Eröffnet wird dieser zweite Teil des Buches mit einem Kapitel über Geld und Ware, in dem Ford eine tiefe Aversion gegenüber dem Finanzkapitalismus äußert und seinem Antisemitismus freien Lauf lässt. Bankiers, die Ford schlicht mit Juden gleichsetzt, kritisiert er scharf dafür, ihr Vermögen mit dem Verleihen von Geld zu verdienen statt mit „produktiver Arbeit“. Die folgenden Kapitel variieren diese Behauptung und erläutern zudem, dass Armut verschwinden und Wohltätigkeit überflüssig werden würde, sobald alle Menschen eine akzeptable Arbeitseinstellung annähmen und in der Produktion ihren Lebensunterhalt verdienen würden. Unter der vagen Überschrift „Von allem möglichen“ nimmt Ford explizit Bezug auf seine Schrift „Der internationale Jude“; er bestätigt seine antisemitische Position und stellt sie als patriotische Haltung dar (S. 292ff.). Diese unter dem Oberbegriff der „Rassenfrage“ stehenden Ausführungen kennen als einzige von den Amerikanern abweichende „Rasse“ die Juden. Ihre Dringlichkeit beziehen Fords Thesen offenbar aus der angeblichen Gefahr, die er wenige Seiten zuvor im Kontext von Wohltätigkeit skizziert hat: „Möge jeder Amerikaner sich gegen Verweichlichung wappnen. Jeder Amerikaner müsste sich gegen sie empören, denn sie ist nichts als ein Opiat. Steht und wehrt euch; mögen Schwächlinge Almosen empfangen.“ (S. 190)
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Insgesamt präsentiert sich Ford als Mann der Praxis, der aus eigener Kraft zum außerordentlich erfolgreichen Unternehmer wurde und bereit ist, seine traditionellen Ordnungsvorstellungen und sein Organisationstalent bei der Lösung gesellschaftlicher Probleme auszuprobieren. Näher zu untersuchen ist nun, warum Ford seinem Programm einer Gesellschaftsreform in der Autobiographie so breiten Raum gibt.
2. Die Autobiographie als politisches Programm
Während des Ersten Weltkriegs trat Henry Ford zum ersten Mal an die Öffentlichkeit und präsentierte sich als Unternehmer-Philosoph oder besser als Politiker.16 Als strikter Kriegsgegner schlug er eine Friedens-Expedition nach Europa vor, die er im Herbst 1915 gemeinsam mit der ungarischen Feministin Rosika Schwimmer realisierte. Schwimmer arbeitete mit der Women’s International League for Peace and Freedom in den USA für die Beendigung des Krieges.17 Ford mietete ein Dampfschiff für die Überfahrt der internationalen Friedensdelegation nach Europa und kreierte den Slogan der Kampagne: „We’ll get the [European] boys home by Christmas“.18 Seine Anwesenheit auf dem Friedensschiff sorgte für enorme Publizität, doch insgesamt scheiterte die ambitionierte politische Aktion – nur Ford und seine Autos konnten einen großen Werbeerfolg verbuchen. Sein Engagement als Pazifist hinderte Ford nicht daran, mit dem Kriegseintritt der USA die Rüstungsproduktion aufzunehmen. Er begleitete dies mit dem öffentlichen Versprechen, jeden Cent seiner Profite aus der Rüstungsproduktion zurückzuzahlen. Die amerikanische Öffentlichkeit applaudierte, und als Ford sein Versprechen nach Kriegsende zurücknahm, interessierte es kaum jemanden.19
Im Herbst 1918 unternahm Ford erneut einen Schritt in die Arena der Politik. Bei den Wahlen für den Kongress der Vereinigten Staaten bewarb er sich um den Sitz des Senators für Michigan. Er kandidierte für die Demokraten und unterlag seinem republikanischen Konkurrenten Truman H. Newberry. Ford führte praktisch keinen Wahlkampf, vermied jeden öffentlichen Auftritt und gab kaum Interviews – vor allem aber konnte er seine Kandidatur nicht begründen und den Wählern kein politisches Programm vorlegen.20
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Nach der verlorenen Wahl wollte Ford nicht länger auf substanzielle politische Einflussnahme verzichten und kaufte die kleine Wochenzeitung „Dearborn Independent“.21 Er entwickelte ein Konzept für die Zeitung („We are going to educate people“), stellte die Journalisten Edwin G. Pipp und William John Cameron ein und begann damit, unter dem Titel „Mr. Ford’s Own Page“ eine Kolumne (geschrieben von Cameron) zu publizieren. Hier führte Ford vom 22. Mai 1920 an über 91 Wochen hinweg eine judenfeindliche Kampagne, um gegen die „Weltverschwörung“ anzutreten, vor der das von ihm kritiklos übernommene antisemitische Pamphlet „Protokolle der Weisen von Zion“ warnte.22 Cameron und Ford bezogen sich zudem auf Werner Sombarts Buch „Die Juden und das Wirtschaftsleben“, das schon 1913 in englischer Übersetzung erschienen war.23 Anders als die so genannten Protokolle war Sombarts antisemitisches Buch in der angelsächsischen Welt sehr positiv aufgenommen worden und stellte daher eine seriöse Referenz dar.24 Die Ford’schen Artikel erschienen alle unter der Überschrift „The International Jew“; sie wurden zudem in Broschürenform vertrieben und schließlich als Buch zusammengefasst. Die Auflageziffer des „Dearborn Independent“ stieg von gut 70.000 im Jahr 1920 auf 650.000 im Jahr 1924 und 900.000 im Jahr 1926, weil Ford alle Fordhändler zum Vertrieb von Abonnements zwang und das Blatt kostenlos in seinen Unternehmen verteilen ließ.25
„During the 1920s, Henry Ford gained as much fame for his antisemitic views as for his cars“, lautet ein bündiges Urteil.26 Sein öffentliches Auftreten als Antisemit schadete Ford keineswegs; es besaß für ihn offenbar zumindest den gleichen Stellenwert wie seine Reputation als Autokönig und Millionär.27 In beiden Arenen, in der Politik wie in der Autoproduktion, zielte Ford auf Massenanerkennung, in beiden nutzte er die bewährte Strategie der Vereinfachung, der Stereotypisierung des Produkts. Der Erfolg bestätigte ihn bei „Tin Lizzy“ wie beim antisemitischen Populismus. Es scheint, als ob Fords ersehnte politische Karriere vor allem an seiner grundlegenden Unfähigkeit scheiterte, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken.28 Die von Crowther verfasste Autobiographie sollte hier Abhilfe schaffen. Sie ist deshalb zweigeteilt in die autobiographische Darstellung des erfolgreichen Aufstiegs des Autokönigs Henry Ford und in die Entfaltung seines politischen Programms, das im Wahlkampf von 1918 noch gefehlt hatte. Der Kern dieses Programms war eine sehr naive Service-Phraseologie, die die Rückkehr zu übersichtlichen Lebensverhältnissen versprach und viel Pathos der Arbeit enthielt. Mit der Publikation einer Autobiographie erwies sich Ford wiederum als ein Meister der Propaganda vom self-made man.29 Ob die Ford-Werke das Buch subventionierten und so den Preis drückten, ist unklar; es verkaufte sich in den USA jedenfalls hervorragend und wurde lobend rezensiert. Die Legende des Henry Ford war in der Welt.30 Der geschäftstüchtige Ford schob sogleich einen zweiten Band nach, in dem er die Themen des ersten lediglich variierte.31
3. Die deutsche Rezeption Fords in den 1920er-Jahren
An die deutsche Öffentlichkeit trat der Autor Henry Ford im Herbst 1921; sein Buch „Der internationale Jude“ bot den antisemitischen Vertretern der Dolchstoß-Legende eine willkommene internationale Bestätigung ihrer Hasstiraden. Verlegt wurde der Band vom Leipziger Hammer-Verlag, den Theodor Fritsch betrieb, der ‚Altmeister der Antisemiten‘. Fritsch hatte seit 1883 den populären „Antisemiten-Katechismus“ veröffentlicht, 1887 erstmals das „Handbuch der Judenfrage“ und war zudem der deutsche Verleger des Pamphlets „Die zionistischen Protokolle“.32 Unter dem Titel „Das Weltproblem“ publizierte Fritsch ab 1923 auch eine sechzehnseitige Broschüre, die Auszüge aus Fords Buch „Der internationale Jude“ enthielt und als „Hammer-Schrift Nr. 34“ firmierte.33 Fritsch adelte Fords Werk mit einem eigenen Vorwort, um die erwünschte Lesart festzulegen: „Der Dank gebührt der mutigen Tat Henry Ford’s [sic], des Vorkämpfers der Befreiungs-Bewegung in Amerika. Ohne ihn und ohne sie wäre die Menschheit der Umklammerung der Weltschlange erlegen. Nun wird die Welt ihre Ringe sprengen. – Die Schrift ist in den Vereinigten Staaten in einer Auflage von 2-3 Millionen vorgesehen. Der tatkräftige Geist und Wille des echten Amerikanertums bleibt nicht im Anfang stecken, noch auf halbem Wege stehen: er löst die Judenfrage. Das aber ist die gewaltige, weltgeschichtliche Tat! Ihr folgt wahre Völker-Versöhnung. Darum hat der echte Pazifist Ford sie unternommen.“34
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Die über die „Internationale Bibliographie der Zeitschriftenliteratur“ erschließbaren Rezensionen des Buches sind überwiegend positiv. Das „Literarische Centralblatt“ nannte es ein „mutiges Werk“ und empfahl es der „recht nachdenklichen Beachtung […]. Denn der von Ford gekennzeichnete Geist schwebt steuernd über allen Wassern und fordert Schicksalswende hüben wie drüben.“35 Johannes Herings Besprechung in der Zeitschrift „Ringendes Deutschtum“ kann wegen vieler grober Fehler (zum Beispiel wurde Ford als Nobelpreisträger bezeichnet) nur als Propaganda gewertet werden.36 Fritz Lenz, ein Professor für „Rassenhygiene“, lobte das Buch im „Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie“ ausdrücklich.37 Die Erwartung, zumindest die konfessionellen Zeitschriften hätten eine kritische Haltung eingenommen, erfüllt sich nicht. Der katholische „Gral“ empfahl das Buch sehr und zeigte Verständnis: „Leute, die nach dieser Lektüre ein wahrhaftes Gruseln und Grauen verspüren, gehören durchaus nicht zu den völkischen Antisemiten.“38 Allein die in den USA erscheinende protestantische Zeitschrift „Lehre und Wehre“ kritisierte die Einseitigkeit der Ford’schen Darstellung und unterstrich, dass die von Ford als jüdisch attribuierten Fähigkeiten den „Vertretern der Anglo-Saxon Race“ mindestens im gleichen Umfang eigneten, wie man am Beispiel der „finanziellen Ausbeutung der Arbeit anderer“ ebenso sehen könne wie am Anspruch auf die Herrscherstellung.39
Fords Buch wurde in Deutschland zum Verkaufserfolg.40 Seine offenen Attacken auf Kreditinstitute als Teil einer „jüdischen Weltverschwörung“ stießen kaum auf Kritik, sie provozierten keine öffentliche Debatte.41 Fords Antisemitismus kam nicht nur in völkischen Kreisen gut an, sondern im Gewand einer Kritik der Finanzwelt ebenso bei jenen, die den „‚Moloch‘ der großen Finanzherrscher“42 für alle Übel der Welt verantwortlich machten, also auch bei Arbeitern und der Arbeiterbewegung. Als seine Autobiographie im November 1923 auf Deutsch erschien, parallel zur Stabilisierung der deutschen Währung, waren der Ford-Verehrung keine Grenzen gesetzt.43
Der Blick in die Rezensionen der Autobiographie und einige das Buch diskutierende Schriften zeigt, dass gerade die Ingenieure begeistert waren. Als einer der ersten empfahl der Ingenieur Dr. Hans Riedel Fords Autobiographie im Rezensionsblatt der Arbeitsgemeinschaft kultureller Buchhändler „aufs wärmste“,44 denn für Fords Konzept von wirtschaftlichem Wohlstand spreche sein eigener Erfolg. In „Stahl und Eisen“ riet ein Dr. Kießelbach ebenfalls zur aufmerksamen Lektüre. Das Interessanteste an dem Buch sei „nicht das, was Ford über sein Werk sagt, sondern was man über seine Person und sein Leben daraus schließen kann“.45 Kießelbach unterstützte zudem Fords scharfe Kritik an Bankiers und an Juristen. Auch ein Professor Gehrig lobte Fords Autobiographie als treffliches Buch und unterstrich seinen pädagogischen Wert.46 Fords Autobiographie inspirierte zudem eine Reihe von Ingenieuren, in die USA zu reisen und die dort entwickelten Techniken und Produktionsverfahren zu studieren.47 Zu diesen Ingenieuren gehörte Otto Moog, der 1925 die USA besuchte und Fords Autobiographie als Reiseführer benutzte. Moogs unkritischer Bericht ist durchsetzt mit Zitaten aus der Autobiographie; er resümierte euphorisch: „Die fabrikatorischen Einzelheiten, die unsereiner von ‚Ford‘ mitnimmt, nützen uns weniger als die, die wir in anderen kleineren Werken sahen. Und trotzdem sollte jeder Betriebsmann in den Fordwerken wallfahrten, wie der Gläubige zum Grabe des Propheten nach Mekka. Ford ist der größte Betriebsmann unserer Zeiten.“48 Der Ingenieur Paul Rieppel stellte in einer für die deutsche Ford-Rezeption charakteristischen Schrift49 Fords Dienstleistungs-Lehre heraus und lobte diese als „für uns gleichbedeutend mit preußisch-deutschem Sozialismus“, als „unserem Blute und unserem Boden gemäß“.50 Er formulierte damit eine Haltung, die im nationalistischen deutschen Bürgertum verbreitet war, weit über den engeren Kreis der Ingenieure hinaus. Das Bürgertum wollte die soziale Frage ohne Revolution und Sozialismus lösen und setzte daher auf die Ethik der Dienstleistung für die Gemeinschaft.51
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In wirtschaftspolitischen Zeitschriften wurde Ford nicht so kritiklos gefeiert. Ohne explizite Wertung stellte die Zeitschrift „Industrielle Psychotechnik“ Fords Buch vor. Die Rezension konzentrierte sich vor allem auf Fords Ausführungen zur Arbeitsorganisation und zur Motivation der Arbeiter. Seine Feindseligkeit gegenüber Banken wurde erwähnt, eine Lektüreempfehlung nicht ausgesprochen.52 Dezidierte Kritik äußerte der Rezensent der „Zeitschrift für Handelswissenschaft und Handelspraxis“. Er wies auf Fords Intention hin, den selbstständigen Handel abzuschaffen, und erkannte in der Autobiographie einen geschickten geschäftspolitischen Schachzug, stellte das Buch sogar in eine Reihe mit der „Missionstätigkeit der Amerikaner in Ostasien […]. Es wohnt ihm [d.h. Fords Buch] der Wille inne, für weltweite Betätigung Boden und Raum zu schaffen. Es soll produzieren helfen.“53 Diese stark den eigenen Handels-Interessen verhaftete Kritik nahm der Wirtschaftswissenschaftler Guido Arno Faldix auf und wandte sie in seiner Schrift ins Grundsätzliche.54 Unter Rückgriff auf die sozial- und wirtschaftspolitische Diskussion in Deutschland bestritt Faldix die Allgemeingültigkeit der Ford’schen „Leitgedanken“, erteilte Fords arroganter Belehrung von Wirtschaftsexperten über die „unumstößlichen“, naturgleichen Gesetze der Wirtschaft eine gründliche Abfuhr, stellte „die Ehre des anständigen jüdischen Kaufmanns wieder her“ und kritisierte Fords Staatsverständnis vehement. Vor allem aber demontierte Faldix die Mär vom Ford’schen Leistungslohn, da dieser ja zumindest partiell als Gewinnbeteiligung an den Familienstand gekoppelt sei: „Er [d.h. Ford] wird aber doch kaum glauben, dass die Leistung eines Arbeiters je höher wird, je mehr Kinder er bekommt. Da eine solche Leistungssteigerung aber auch in Zukunft nicht mit dem Familienzuwachs eintreten wird, so wird die Welt für den Familienvater nur dann ein erfreulicher Tummelplatz werden können, wenn der verheiratete Arbeiter für die gleiche Leistung höher bezahlt wird als der unverheiratete.“55 Dieser erfrischend unorthodoxe Blick auf den Familienlohn von Männern fand in der deutschen zeitgenössischen Debatte indes kaum Unterstützung. Faldix korrigierte viele kleine Bemerkungen Fords wie diejenige, der amerikanische Farmer leiste zu 95 Prozent unnütze Arbeit. Er hob die mannigfachen logischen Widersprüche in Fords Argumentation hervor und stellte damit insgesamt die vom unternehmerischen Erfolg abgeleitete ökonomische und politische Autorität Fords in Frage. Sein abschließendes Urteil war vernichtend: „Somit stellt die Fordsche Wirtschaftspolitik überhaupt kein eigentliches System, sondern mehr eine aphoristische Sammlung von Einzelgedanken dar, die zwar zu einer planmäßigen Neugestaltung führen sollen, dazu aber wegen ihrer Gegensätzlichkeit, Zusammenhanglosigkeit und Oberflächlichkeit überhaupt nicht in der Lage sind.“56
Auch in Kulturzeitschriften wurde Fords Autobiographie nicht unbedingt euphorisch besprochen, doch die Argumente unterschieden sich stark von den eben erörterten. Die „Süddeutschen Monatshefte“ waren eine republikfeindliche nationalistische Kulturzeitschrift mit hoher Auflage.57 Dort stellte Wilhelm Wittig Fords Autobiographie in der Rubrik „Unpolitische Bücher“ vor (sic!). Wittig lobte Ford, weil dieser „zu den Problemen der Zeit und den Forderungen des Tages zu Ansichten und Lösungen kommt, die durch ihre Männlichkeit und Kraft umso größere Beachtung verdienen“.58 Ford erschien ihm nicht nur als „Tatmensch“, sondern auch als „grundsätzlicher Kriegsgegner“. Die langatmige Wiedergabe von Auszügen aus der Autobiographie folgte keinem System, und Fords Antisemitismus blieb unerwähnt. Die vom Biologen Raoul Heinrich Francé herausgegebene Zeitschrift „Telos“ besprach die Autobiographie unter der Überschrift „Bücher, die man lesen soll?“.59 Ford wurde gewürdigt, weil er den Dienst an der Allgemeinheit propagiere. Hervorgehoben wurde auch „die Einordnung der Industrie in die Interessen der Volksgemeinschaft und die ‚Biologisierung‘ der Arbeitsmethoden – im Sinne der Vereinfachung der Produktionsweise“. Scharfe Kritik erfuhr jedoch Fords auf Taylor aufbauendes Produktionssystem, denn es setze maschinengleich funktionierende Menschen voraus – was im kulturlosen Amerika vielleicht denkbar, für Deutschland aber abzulehnen sei. Es war diese „Entseelung des Arbeiters“, die auch die Rationalisierungsexpertin Irene Witte mehrfach kritisierte.60 Für die „Schweizerischen Monatshefte“, 1921 von Hans Oehler als Organ seiner antisemitischen und zunehmend nationalsozialistischen Vereine gegründet, besprach Christian Beyel Fords Autobiographie.61 Er lobte Ford als vorurteilsfreien Amerikaner, erwähnte Fords Antisemitismus mehrfach und stellte seine Arbeitsmethode dar, deren Vorbildcharakter er indes bezweifelte. In der von Hermann Hesse mitbegründeten Zeitschrift „Werkland“ schließlich, in der auch Walter Gropius veröffentlichte, rezensierte Hans Erich Steche das Buch Fords.62 Er führte den beispiellosen Erfolg der Autobiographie nicht zuletzt auf die geschickte Werbung zurück, denn der Verlag hatte den Band mit einer Binde versehen, die „Eine praktische Lösung der sozialen Frage“ versprach. Zentral war für Steche die Frage nach der Allgemeingültigkeit von Fords Konzept des Massengebrauchsartikels. Er meinte, mit Ford sei der rechte Mann in die rechte Zeit hineingeboren worden; außerhalb der USA seien Zeit und Umstände freilich weniger günstig gewesen.
Wie rezipierten Gewerkschaftler, Sozialdemokraten und Kommunisten Fords Autobiographie und seine Vorschläge zur Gesellschaftsreform? Bemerkenswert ist, dass Fords Antisemitismus durchweg ignoriert wurde. Der langjährige Gewerkschafter Jakob Walcher, damals Mitglied der Exekutive des internationalen kommunistischen Gewerkschaftsdachverbands, veröffentlichte 1925 eine Auseinandersetzung mit Fords Produktionsmethoden und dessen Gesellschaftsmodell.63 Er kritisierte Fords Behauptung von der Gemeinsamkeit der Unternehmer und Arbeiter, die sich im Dienst für die Allgemeinheit zeige, und stellte ihr den Klassenkampf gegenüber. Er rechnete vor, dass Ford seinen Arbeitern weniger Lohn zahle als andere Unternehmer, wenn man die Lohnhöhe am durch die Produktivität erzeugten Mehrwert messe. Fords Zukunftsvision, Menschen und Industriebetriebe dezentral auf dem Land anzusiedeln, damit die Arbeitskräfte je nach Bedarf für die Landwirtschaft oder Industrie nutzbar wären, erteilte Walcher eine scharfe Absage.64 Generell wies er auf viele Widersprüche zwischen dem Praktiker und dem Theoretiker Ford hin. Erfolg billigte er allein dem Praktiker und dem überdurchschnittlichen Niveau der Ford’schen Produktionsmethoden zu; mit deren Verallgemeinerung werde auch Ford die Grenzen des Marktes und damit diejenigen des Kapitalismus erfahren.65
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Andere Vertreter der Arbeiterbewegung erkannten auch Positives. In der sozialdemokratischen Wochenschrift „Die Glocke“ sah der preußische Landtagsabgeordnete Erich Kuttner Ford als perfekten Kapitalisten, der mit Massenkonsum die Kapitalismuskritik ersticke und so zugleich jede Option für Individualität, Glück und Kultur zerstöre. Weitere Kritik an Ford unterließ Kuttner, denn: „Schließlich schafft hier doch der Kapitalismus seine Vollendung, jene äußerste Produktivität, ohne deren Erreichung kein wirklicher Sozialismus möglich ist.“66 Im Winter 1923/24 wurde das Thema in der „Glocke“ noch mehrfach aufgegriffen, um den deutschen Unternehmern mit Fords Worten den Weg zu weisen.67
Die Faszinationskraft der Ford’schen Autobiographie war so groß, dass nach der Währungsreform nicht nur Ingenieure, sondern auch Gewerkschafter in die USA fuhren, um das Wunder in Augenschein zu nehmen.68 Franz Josef Furtwängler bereiste als Mitglied der Studienkommission der deutschen Gewerkschaften 1925 die USA und besuchte auch die Ford-Werke.69 Der Sekretär des ADGB glaubte an Ford und verglich ihn in puncto Menschenführung und Organisation mit Napoleon.70 Dass in den Ford-Werken keine Gewerkschaften zugelassen waren, sei unwesentlich, da Ford zentrale Gewerk-schaftsforderungen wie den Achtstundentag oder hohe Löhne erfüllt habe. Die besonderen Leistungen der amerikanischen Wirtschaft und des amerikanischen Arbeiters seien, so die Argumentation verschiedener ADGB-Funktionäre, nicht auf eine größere physische Intensität der Arbeit zurückzuführen: „Wir sahen im River Rouge Plant von Ford in Detroit an einzelnen Stellen des Fabrikationsbandes Arbeiter, die nur mit der Anspannung aller ihrer physischen Kräfte und bei pausenloser Intensität der Arbeit mitkamen. Ebenso konnten wir Arbeiter beobachten – z.B. am Zusammensetzband in Highland Park Plant von Ford –, denen jeweils nach der Verrichtung der ihnen zukommenden Einzelarbeit bequem Zeit blieb, sich umzusehen, das neue Werkstück zu erwarten, an sich herankommen zu lassen.“71 Ihre Kritik am Ford’schen Produktionssystem und an der Ford’schen Unternehmenspolitik war vergleichsweise blass gegenüber der Faszination, die Ford auch auf die Gewerkschafter ausübte. Sie hofften, die Vorteile des Ford’schen Systems einführen zu können, ohne zugleich auch die Nachteile zu erhalten. Der spätere sozialdemokratische Finanzexperte Kurt Heinig war ebenfalls durch die USA gereist; Mitte der 1920er-Jahre schrieb er im „Vorwärts“ und in der „Weltbühne“ über seine Erfahrungen. Fords Bedeutung erkannte Heinig einmal in der Mechanisierung der Produktion, die eine gesteigerte Produktivität ermögliche. Vor allem aber sah Heinig in Fords Argumenten für hohe Löhne ein Faustpfand, das die Gewerkschaften in den nächsten Auseinandersetzungen mit Unternehmern nutzen könnten. Die These vom auskömmlichen Lohn als Voraussetzung für eine funktionierende Volkswirtschaft war so bestechend, dass die sozialdemokratischen Gewerkschafter zu den eigentlichen Vorkämpfern für die Rationalisierung und Automatisierung in der deutschen Industrie wurden, wie Peter Berg herausgearbeitet hat.72 Die christlichen Gewerkschaften teilten diese Sicht der Ford’schen Methoden.73
Schon wenig später gelang es Charlotte Lütkens, Fords Autobiographie mit unabhängigem Blick vor allem als Bestandteil seiner vorzüglichen Propaganda für sich selbst und seine Produkte zu bewerten.74 In ihrer 1929 publizierten soziologischen Analyse des amerikanischen Kapitalismus räumte sie dem amerikanischen Traum des Pioniertums, der sich auf die drei Werte „prosperity, service, opportunity“ konzentriere, eine außerordentliche Wirkungsmacht ein. Diese Werte kulminierten in der fixen Idee, eine jede und ein jeder könne von der Tellerwäscherin oder vom Bauernkind zum Millionär werden; diese Idee wiederum werde durch permanente mediale Präsenz auf Dauer gestellt. Exakt diesen Traum, so Lütken weiter, nutze Ford aus, um für sich und seine Ford Motor Company zu werben, „indem er durch einen eigens dafür bezahlten Angestellten jeden Tag eine neue Anekdote von sich in die Presse lanciert“.75 Fords Massenproduktion bedurfte der Massenkonsumption, die durch das öffentliche Gespräch über Ford angeregt werden sollte.
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4. Antisemit und Autokönig – die Interdependenz
So euphorisch Fords zwei Bücher, „Der internationale Jude“ und die Autobiographie „Mein Leben und Werk“, in der deutschen Öffentlichkeit besprochen wurden, so schnell verschwanden sie trotz der hohen Auflagenzahlen wieder aus der Debatte. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Die Antisemiten im Deutschen Reich gewannen auch ohne die fortwährende Bezugnahme auf den amerikanischen Millionär an Zulauf, verankerten sich tief in verschiedenen konservativen Parteien wie der DNVP und der DVP und radikalisierten den Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft. Die Unternehmer rezipierten die Ford’schen Vorschläge zur Modernisierung der Produktionsstätten wohlwollend. Allerdings bemühten sie sich schon länger um die Rationalisierung der Produktion und hatten die betriebliche Sozialpolitik und auch die Fließfertigung bereits eingeführt. Fords Ausführungen boten für sie daher wenig Neues.76 Die Bedeutung der Autobiographie liegt eher darin, Ford als die Personifizierung des wirtschaftlichen Amerikanismus etabliert und die Legende der „Amerikanisierung“ Deutschlands verbreitet zu haben.77 Auch als die Ford Motor Company mit ihrer „Tin Lizzy“ in den 1920er-Jahren keine Absatzrekorde mehr einfahren konnte, schadete dies der öffentlichen Wahrnehmung Fords kaum. Seine Vision, gesellschaftliche Probleme wie betriebliche Produktion durch Komplexitätsreduktion zu lösen sowie der alle Lebensbereiche versorgenden Betriebsgemeinschaft das Feindbild der jüdischen Händler, Bankiers und Intellektuellen gegenüberzustellen, faszinierte insbesondere autoritäre Gesellschaftsreformer. Zwar ist die These nicht verifizierbar, Ford habe in den 1920er-Jahren die NSDAP finanziert, doch ist die Attraktivität belegt, die Ford auf Hitler und die nationalsozialistische Partei ausübte.78 Ford überzeugte sie mit seinem Produktionsregime sowie mit seinen Vorschlägen zur Rationalisierung der Gesellschaft; darüber hinaus wäre seine Vorbildfunktion auch mit Blick auf die nationalsozialistische Propaganda zu untersuchen.79 Die öffentliche Auszeichnung ließ nicht auf sich warten: In Anerkennung seiner Verdienste für die Massenmotorisierung überreichte der deutsche Konsul in Detroit, Fritz Heiler, Henry Ford zu seinem 75. Geburtstag am 30. Juli 1938 den Deutschen Adler-Orden.80
Bis zu seinem Tod im Jahr 1947 distanzierte sich Ford nicht vom Antisemitismus, der eine Grundlage seiner Gesellschaftsvision war.81 Bevor seine Biographie 1952 vom List-Verlag erneut auf den deutschen Büchermarkt gebracht wurde, strich man – ohne jeden Hinweis auf diese Überarbeitung – diejenigen Passagen, die explizit von Juden handelten. Der implizite Antisemitismus hingegen störte niemanden und blieb erhalten. Unter dem neuen Titel „Erfolg im Leben“ faszinierte das Buch als Ratgeber zur Verwirklichung des amerikanischen Traums die mit dem Wiederaufbau beschäftigten (West-)Deutschen und erzielte weitere Auflagen.82
Technokratische Komplexitätsreduktion zur Lösung gesellschaftlicher Probleme faszinierte auch die Gegner des Kapitalismus. Wie man etwa bei Antonio Gramsci nachlesen kann, galt ihnen der Fordismus als Übergangsphase vom ökonomischen Individualismus zu geplanter Ökonomie, als Qualifikation von Unternehmern wie Arbeitenden für die rationalisierte, die Massengesellschaft.83 Den Antisemitismus Fords ignorierte Gramsci souverän, und auch in der nach 1945 an Gramsci anknüpfenden Diskussion über Fordismus als eine kapitalistische Wirtschaftsform wurde Fords Antisemitismus nicht reflektiert.84 Über die politischen Lager hinweg genießt Henry Ford bis heute den Ruf des Autokönigs, während sein fundamentaler Antisemitismus weitgehend unbeachtet bleibt.85
1 Aldous Huxley, Brave New World, Garden City 1932. Die erste Übersetzung ins Deutsche von Herberth E. Herlitschka erschien 1932 im Leipziger Insel-Verlag unter dem Titel „Welt – wohin?“. In zweiter Auflage erschien Herlitschkas Übersetzung 1950 im Züricher Steinberg-Verlag unter dem Titel „Wackere neue Welt. Ein Roman der Zukunft“. Erst 1978 publizierte der Verlag Das Neue Berlin den Roman in der Übersetzung von Eva Walch unter dem Titel „Schöne neue Welt. Utopischer Roman“ in größerer Werktreue.
2 Upton Sinclair, The Flivver King, hg. von den United Automobile Workers, Detroit 1937, Neuaufl. New York 1969ff. Die erste Übersetzung ins Deutsche von Heinz Jens erschien 1948 in Hamburg unter dem Titel „Fließband. Ein Roman aus Ford-Amerika“. Zur Begegnung von Sinclair und Ford im Winter 1919 siehe Douglas Brinkley, Wheels for the World. Henry Ford, his Company, and a Century of Progress, 1903–2003, New York 2003, S. 239.
3 Henry Ford with Samuel Crowther, My Life and Work, Garden City 1923. Die deutsche Übersetzung von Curt und Marguerite Thesing unter dem Titel „Mein Leben und Werk“ erschien zuerst 1923 im Leipziger Paul List Verlag. Noch im Erscheinungsjahr wurden 29 Auflagen veröffentlicht, mehrere weitere bis 1930. Ab 1933 erschien die Autobiographie deutlich seltener als Fords erstes Buch „Der internationale Jude“ (siehe Anm. 5), ab 1938 bis 1942 dann allerdings erneut mehrfach. In anderen Industriestaaten erzielte Fords Autobiographie erheblich weniger Nachfrage: In Großbritannien gab es bis 1926 nur acht Auflagen, in Frankreich sogar nur zwei. Erwähnenswert ist zudem eine Übersetzung ins Yiddische, die 1931 in Varshe bei der Kultur Lige erschien.
4 Christiane Eifert, Art. „Ford, Henry“, in: Wolfgang Benz u.a. (Hg.), Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart, Bd. 2: Personen, Berlin 2009, S. 241ff.
5 Henry Ford, The International Jew. The World’s Foremost Problem, Dearborn 1920. Die deutsche Übersetzung von Paul Lehmann unter dem Titel „Der internationale Jude. Ein Weltproblem“ (2 Bde.) erschien 1921 und 1922 im Leipziger Hammer-Verlag. 1926 wurde bereits die 26. Auflage gedruckt. Ab 1933 erschienen dann in rascher Folge weitere Auflagen; die 37. Auflage erfolgte 1942 (125.-127. Tausend).
6 Mary Nolan, ‚Varieties of Capitalism‘ und Versionen der Amerikanisierung, in: Volker R. Berghahn/Sigurt Vitols (Hg.), Gibt es einen deutschen Kapitalismus? Tradition und globale Perspektiven der sozialen Marktwirtschaft, Frankfurt a.M. 2006, S. 96-110; dies., Visions of Modernity. American Business and the Modernization of Germany, New York 1994.
7 Dagmar Günther, „And now for something completely different“. Prolegomena zur Autobiographie als Quelle der Geschichtswissenschaft, in: Historische Zeitschrift 272 (2001), S. 25-61; Hans-Edwin Friedrich, Deformierte Lebensbilder. Erzählmodelle der Nachkriegsautobiographie (1945–1960), Tübingen 2000; James Goodwin, Autobiography. The Self Made Text, New York 1993; Sarah Vanessa Losego, Überlegungen zur „Biographie“, in: BIOS 15 (2002) H. 1, S. 24-47; Christian Klein (Hg.), Grundlagen der Biographik. Theorie und Praxis des biographischen Schreibens, Stuttgart 2002.
8 Beispiele: Josef Neckermann, Erinnerungen, Frankfurt a.M. 1990; Elisabeth Noelle-Neumann, Die Erinnerungen, München 2006; Beate Uhse, Lustvoll in den Markt. Strategien für schwierige Märkte, Planegg 2000.
9 Markus Pohlmann, Der diskrete Charme der Bourgeoisie? – Ein Beitrag zur Soziologie des modernen Wirtschaftsbürgertums, in: Steffen Sigmund u.a. (Hg.), Soziale Konstellation und historische Perspektive. Festschrift für M. Rainer Lepsius, Wiesbaden 2008, S. 228-252.
10 Ich beziehe mich im Folgenden auf Henry Ford, Mein Leben und Werk. Einzig autorisierte deutsche Ausgabe von Curt und Marguerite Thesing, 20. Aufl. Leipzig o.J. [1923]. Zitate aus der Autobiographie werden im Text allein mit der Seitenzahl belegt.
11 Brinkley, Wheels for the World (Anm. 2), S. 363; Steven Watts, The People’s Tycoon. Henry Ford and the American Century, New York 2005, S. 274.
12 Neben John Burroughs nennt Ford Thomas Edison in seiner Autobiographie als einzigen Freund (S. 274-281).
13 Vgl. Dorothea Schmidt, Treue oder Flexibilität. Die unternehmerische Beschäftigungspraxis im Stammwerk von Siemens bis zum Ersten Weltkrieg, in: Carola Sachse/Sylvie Schweitzer (Hg.), Mobilität, Stabilität, Flexibilität. Arbeitsmarktstrategien von Unternehmern und Beschäftigten in Deutschland und Frankreich im 19. und 20. Jahrhundert, Essen 1996, S. 19-32.
14 Ein Übersetzungsfehler von „strong“.
15 Ford beschäftigte grundsätzlich nur ledige Frauen (S. 129).
16 Brinkley, Wheels for the World (Anm. 2), S. 190.
17 Leila J. Rupp, Worlds of Women. The Making of an International Women’s Movement, Princeton 1997, S. 27.
18 Brinkley, Wheels for the World (Anm. 2), S. 196.
19 John Kenneth Galbraith, The Mystery of Henry Ford, in: Atlantic Monthly 201 (1958), S. 41-47, hier S. 42.
20 Brinkley, Wheels for the World (Anm. 2), S. 230-233.
21 Ebd., S. 257ff.; Neil Baldwin, Henry Ford and the Jews: Mass Production of Hate, New York 2001, S. 69ff.
22 Wolfgang Benz, Die Protokolle der Weisen von Zion. Die Legende von der jüdischen Weltverschwörung, München 2007.
23 Die deutsche Originalausgabe erschien 1911 in Leipzig bei Duncker & Humblot; englische Übersetzung: Werner Sombart, The Jews and Modern Capitalism, New York 1913. Vgl. Watts, The People’s Tycoon (Anm. 11), S. 381.
24 Susanne Terwey, Moderner Antisemitismus in Großbritannien, 1899–1919. Über die Funktion von Vorurteilen sowie Einwanderung und nationale Identität, Würzburg 2006, S. 169ff.
25 Brinkley, Wheels for the World (Anm. 2), S. 263f.
26 Victoria Saker Woeste, Insecure Equality: Louis Marshall, Henry Ford, and the Problem of Defamatory Antisemitism, 1920–1929, in: Journal of American History 91 (2004), S. 877-905.
27 Galbraith, The Mystery of Henry Ford (Anm. 19), S. 42.
28 Beispiele gibt Brinkley, Wheels for the World (Anm. 2), S. 197 (Pressekonferenz zum Start des „Friedensschiffes“), S. 230-233 (Wahlkampf), S. 244-248 (Prozess gegen „Chicago Tribune“). Siehe auch Galbraith, The Mystery of Henry Ford (Anm. 19), S. 43.
29 Charlotte Lütkens, Staat und Gesellschaft in Amerika. Zur Soziologie des amerikanischen Kapitalismus, Tübingen 1929, S. 176f.
30 Watts, The People’s Tycoon (Anm. 11), S. 275.
31 Henry Ford in collaboration with Samuel Crowther, Today and Tomorrow, Garden City 1926. Die deutsche Übersetzung von Curt und Marguerite Thesing erschien unter dem Titel „Das große Heute, das größere Morgen“ 1926 wiederum im Paul List Verlag, Leipzig.
32 Baldwin, Henry Ford and the Jews (Anm. 21), S. 173.
33 Deutsches Bücherverzeichnis Bd. 7: 1921–1925, A-G, Nachdruck Graz 1962, Eintrag unter Ford, Henry. Der Hammer-Verlag brachte 1924 auch die von Bruno Wenzel hergestellte spanische Übersetzung des Ford-Buches heraus.
34 Henry Ford, Der internationale Jude 1, 22. Aufl. Leipzig o.J. [1922], S. 5.
35 Literarisches Centralblatt 73 (1922), S. 643.
36 Johannes Hering, in: Ringendes Deutschtum 3 (1923), S. 127.
37 F.[ritz] Lenz, in: Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie 15 (1924), S. 432-436. Mit gleichem Tenor die Rezension in: Politisch-Anthropologische Monatsschrift für praktische Politik, für politische Bildung und Erziehung auf biologischer Grundlage 21 (1922), S. 191f.
38 Friedrich Muckermann, Dichtung und Leben, in: Der Gral. Monatsschrift für schöne Literatur 18 (1923/24), S. 385f.
39 F.P., Ford und die Juden, in: Lehre und Wehre. Theologisches und kirchlich-zeitgeschichtliches Monatsblatt, hg. von der Evangelisch-Lutherischen Synode von Missouri, Ohio und anderer Staaten, redigiert vom Lehrerkollegium des Seminars zu St. Louis, 68 (1922), S. 281f.
40 Siehe Anm. 5.
41 Egbert Klautke, Unbegrenzte Möglichkeiten. „Amerikanisierung“ in Deutschland und Frankreich (1900–1933), Stuttgart 2003, S. 194f.
42 Lütkens, Staat und Gesellschaft in Amerika (Anm. 29), S. 86.
43 Zur Ford-Begeisterung siehe Philipp Gassert, Amerika im Dritten Reich. Ideologie, Propaganda und Volksmeinung 1933–1945, Stuttgart 1997, S. 51f.
44 Dr. ing. Hans Riedel, Henry Ford, in: Der Vorhof. Ein Führer zum guten Buch 1 (1923) H. 1, S. 35. Riedel war 1918 mit einer Schrift über die Arbeitsorganisation im städtischen Schnellbahnverkehr promoviert worden.
45 Dr. C. Kießelbach, Henry Ford, in: Stahl und Eisen. Zeitschrift für das deutsche Hüttenwesen 44 (1924), S. 246.
46 Prof. Dr. Gehrig, Henry Ford, in: Der Bauingenieur 5 (1924), S. 127f.
47 Peter Berg, Deutschland und Amerika 1918–1929. Über das deutsche Amerikabild der zwanziger Jahre, Lübeck 1963, S. 99.
48 Otto Moog, Drüben steht Amerika… Gedanken nach einer Ingenieursreise durch die Vereinigten Staaten, Berlin 1927, S. 84.
49 Vgl. Berg, Deutschland und Amerika 1918–1929 (Anm. 47), S. 101.
50 Paul Rieppel, Ford-Betriebe und Ford-Methoden, 2. Aufl. München 1926, S. 51.
51 Zum Führungsanspruch der Ingenieure in der Weimarer Republik siehe Georges Roche, Ingenieure als Hüter der technisch-wissenschaftlichen Legitimität. Skizze einer mittelständischen Illusion zur Zeit der Weimarer Republik, in: Horst Möller/Gérard Raulet/Andreas Wirsching (Hg.), Gefährdete Mitte? Mittelschichten und politische Kultur zwischen den Weltkriegen: Italien, Frankreich, Deutschland, Sigmaringen 1993, S. 159-178; Helmut Klages/Gerd Hortleder, Gesellschaftsbild und soziales Selbstverständnis des Ingenieurs im 19. und 20. Jahrhundert, in: Peter Lundgreen/André Grelon (Hg.), Ingenieure in Deutschland, 1770–1990, Frankfurt a.M. 1994, S. 269-293. Weiter Karin Zachmann, Mobilisierung der Frauen. Technik, Geschlecht und Kalter Krieg in der DDR, Frankfurt a.M. 2004, S. 136-148.
52 M. [= Prof. Dr. W. Moede, Herausgeber der Zeitschrift], in: Industrielle Psychotechnik. Angewandte Psychologie in Industrie – Handel – Verkehr – Verwaltung 1 (1924), S. 95ff.
53 [Heinrich] Nicklisch, Henry Ford, in: Zeitschrift für Handelswissenschaft und Handelspraxis 17 (1924), S. 32. Nicklisch war Direktor an der Handelshochschule Berlin.
54 Dr. G.[uido Arno] Faldix, Henry Ford als Wirtschaftspolitiker, München 1925. Von den 90 Seiten des Buches sind 41 der systematischen Darstellung von Fords Thesen gewidmet, S. 42-85 entwickeln die Kritik an Ford.
55 Ebd., S. 72f. (Zitat), S. 79.
56 Ebd., S. 80.
57 Hans-Christof Kraus, Art. „Süddeutsche Monatshefte“, online unter http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44812.
58 Wilhelm Wittig, Henry Ford, in: Süddeutsche Monatshefte 21 (1923/24), S. 145-148.
59 Telos. Eine Halbmonatsschrift für Arbeit und Erfolg 1 (1924/25), S. 28ff.
60 Irene Witte, Taylor – Gilbreth – Ford, 2. Aufl. München 1925, S. 26, zit. nach Rita Pokorny, Die Rationalisierungsexpertin Irene M. Witte (1894–1976). Biografie einer Grenzgängerin, phil. Diss. TU Berlin 2003, S. 163-166.
61 Christian Beyel, Henri Ford und J. Ramsay Mac Donald, in: Schweizerische Monatshefte 4 (1924/25), S. 363-366.
62 Hans Erich Steche, Mein Leben und Werk, in: Werkland. Neue Folge von Vivos voco. Zeitschrift für neues Deutschtum 4 (1924/25), S. 186ff.
63 Jakob Walcher, Ford oder Marx. Die praktische Lösung der sozialen Frage, Berlin 1925.
64 Ebd., S. 132-137.
65 Ebd., S. 84ff.
66 E[rich] K[uttne]r, Kapitalistischer Segen und Unsegen in Amerika, in: Die Glocke. Wochenschrift fuer Politik und Wirtschaft, Kunst und Kultur 9 (1923/24), S. 771f., Zitat S. 772.
67 Die Glocke 9 (1923/24), S. 831-834, S. 1098, S. 1152f.
68 Nolan, Visions of Modernity (Anm. 6), S. 17-29.
69 Amerikareise deutscher Gewerkschaftsführer, Berlin 1926.
70 Franz Josef Furtwängler, Das Ford-Unternehmen und seine Arbeiter, in: Die Arbeit. Zeitschrift für Gewerkschaftspolitik und Wirtschaftskunde 3 (1926), S. 184-196, hier S. 188.
71 Amerikareise deutscher Gewerkschaftsführer (Anm. 69), S. 47.
72 Berg, Deutschland und Amerika 1918–1929 (Anm. 47), S. 119.
73 Ebd., S. 115f.
74 Lütkens, Staat und Gesellschaft in Amerika (Anm. 29).
75 Ebd., S. 177.
76 Susanne Hilger, Sozialpolitik und Organisation. Formen betrieblicher Sozialpolitik in der rheinisch-westfälischen Eisen- und Stahlindustrie seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1933, Stuttgart 1996; Anne Nieberding, Unternehmenskultur im Kaiserreich. J.M. Voith und die Farbenfabrikation vorm. Fried. Bayer & Co., München 2003; Hans Ebert/Karin Hausen, Georg Schlesinger und die Rationalisierungsbewegung in Deutschland, in: Reinhard Rürup (Hg.), Wissenschaft und Gesellschaft. Beiträge zur Geschichte der Technischen Universität 1879–1979, Berlin 1979, S. 315-334. Siehe zudem den Beitrag von Rüdiger Hachtmann und Adelheid von Saldern in diesem Heft.
77 Gassert, Amerika im Dritten Reich (Anm. 43), S. 148ff.; Christof Mauch/Kiran Klaus Patel (Hg.), Wettlauf um die Moderne. Die USA und Deutschland 1890 bis heute, München 2008.
78 Victoria de Grazia, Irresistible Empire. America’s Advance through Twentieth-century Europe, Cambridge 2005, S. 75f.; Rüdiger Hachtmann, „Die Begründer der amerikanischen Technik sind fast lauter schwäbisch-alemannische Menschen“. Nazi-Deutschland, der Blick auf die USA und die „Amerikanisierung“ der industriellen Produktionsstrukturen im „Dritten Reich“, in: Alf Lüdtke/Inge Marßolek/Adelheid von Saldern (Hg.), Amerikanisierung. Traum und Alptraum im Deutschland des 20. Jahrhunderts, Stuttgart 1996, S. 37-66, v.a. S. 41-44.
79 Vgl. Hartmut Berghoff, Von der „Reklame“ zur Verbrauchslenkung. Werbung im nationalsozialistischen Deutschland, in: ders. (Hg.), Konsumpolitik. Die Regulierung des priaten Verbrauchs im 20. Jahrhundert, Göttingen 1999, S. 77-112.
80 New York Times, 31.7.1938, zit. nach Baldwin, Henry Ford and the Jews (Anm. 21), S. 284f. Zur Beziehung der Nationalsozialisten zu Ford vgl. ebd., S. 172ff.
81 David L. Lewis, The Public Image of Henry Ford. An American Folk Hero and his Company, 2. Aufl. Detroit 1976, S. 153; Watts, The People’s Tycoon (Anm. 11), S. 397.
82 Die in der deutschen Übersetzung von 1923 im XVII. Kapitel enthaltenen Seiten zur „Judenfrage“ (S. 292-295) sucht man in der Ausgabe von 1952 vergebens. Henry Ford, Erfolg im Leben. Mein Leben und Werk, München 1952 (1963: 200.-220. Tausend). Ob die in den 1970er- und 1980er-Jahren erschienenen englischen und italienischen Auflagen der Ford-Autobiographie ebenfalls von antisemitischen Passagen gereinigt wurden, wäre noch zu überprüfen. Gereinigt und nicht allein „überarbeitet“ ist jedenfalls die Fassung, die der Leipziger Deltus-Verlag 2008 veröffentlichte. Der Vergleich mit der Ausgabe von 1923 offenbart, dass die einleitenden Ausführungen „Mein Leitgedanke“ fehlen sowie auch die offen antisemitischen Passagen im Kapitel 17 („Von allem Möglichen“).
83 Antonio Gramsci, Amerikanismus und Fordismus, in: ders., Philosophie der Praxis, hg. u. übersetzt von Christian Riechers, Frankfurt a.M. 1967, S. 376-404, hier S. 382, S. 377. Der Aufsatz erschien auf Italienisch zuerst 1948, auf Deutsch 1956.
84 Dies gilt unabhängig davon, ob sich der Fordismus als Wirtschaftsform durchgesetzt hat. Volker R. Berghahn, Fordism and West German Industrial Culture, 1945–1989, in: Frank Trommler/Elliott Shore (Hg.), The German-American Encounter. Conflict and Cooperation between Two Cultures 1800–2000, New York 2001, S. 145-157.
85 Selbst in durchaus kritischen Artikeln wird diesem Faktor oft nicht der nötige Stellenwert beigemessen; siehe etwa Klaus J. Hennig, Das Auto an sich, in: ZEIT, 25.9.2008, S. 106.