Abstract

Denise Lehner-Renken

In den 1980er-Jahren erweiterte die In-vitro-Fertilisation (IVF) nicht nur die Möglichkeiten der Familienplanung, sondern eröffnete auch neue, rasch expandierende Forschungs- und Geschäftsfelder für Mediziner in der Bundesrepublik. Die Vermarktlichung der menschlichen Reproduktion war Gegenstand eines breiten Aushandlungsprozesses über das technisch Machbare und das ethisch Vertretbare. Der Aufsatz stellt die Reproduktionsmediziner in den Mittelpunkt: Als Anbieter von innovativen Dienstleistungen verfolgten sie neben einem wissenschaftlichen Fortschrittsstreben auch ökonomische Interessen. Über die Medien sowie als Mitglieder von Ethikkommissionen nahmen sie politischen Einfluss. Sie verstärkten die öffentliche Wahrnehmung der Reproduktionsmedizin und waren an der Erstellung von gesetzlichen Richtlinien für ihr Tätigkeitsfeld beteiligt. Die medial geübte Kritik betonte die Gefahren einer technokratisch-politischen Steuerung und mögliche Kontinuitäten zur NS-Zeit. Mit der Verabschiedung des – im internationalen Vergleich restriktiven – Embryonenschutzgesetzes von 1990 kam die Debatte zu einem vorläufigen Ergebnis, war und ist jedoch keineswegs beendet.

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Between Market and Morality. Reproductive Medicine and Its Players in 1980s West Germany

In the 1980s, in vitro fertilisation (IVF) not only expanded the possibilities of family planning, but also opened up new, rapidly expanding research and business fields for medical professionals in the Federal Republic of Germany. The marketisation of human reproduction was the subject of a broad negotiation process about what was technically feasible and ethically acceptable. The article focuses on reproductive physicians: As providers of innovative services, they pursued both scientific progress as well as economic interests. They exerted political influence through the media and as members of ethics committees. They increased public awareness of reproductive medicine and were involved in drawing up legal guidelines for their field of activity. The criticism voiced by the media emphasised the dangers of technocratic political control and possible continuities with the Nazi era. With the passing of the Embryo Protection Act of 1990 – which is restrictive by international comparison – the debate reached a preliminary conclusion, but was and is by no means over.

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