Abstract

Michael Homberg

Lange vor der Ära des Online-Datings begannen Heiratsagenturen und Partnerschaftsvermittlungen in den USA und in Europa den Computer einzusetzen, um die Märkte der »einsamen Herzen« zu erobern. Der Beitrag untersucht die Geschichte dieser elektronischen Kontaktvermittlung zwischen den 1950er- und den 1980er-Jahren. Wie änderten sich Vorstellungen von Liebe, Partnerschaft und Ehe im Zeitalter der »technokratischen Hochmoderne«? Und welche Rolle spielte der Computer dabei als »Elektronen-Amor« und »Matchmaking Machine«? Schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg avancierte der Rechner zum »wissenschaftlichen« Werkzeug einer Optimierung des Privaten. Dabei reflektierte die Geschichte der elektronischen Partnervermittlung – von der »Eheanbahnung« bis zum »Single-Dating« – einen tiefgreifenden soziokulturellen Wandel. Allerdings gab es zugleich eine erstaunliche Persistenz tradierter Werte und Muster des Kennenlernens. So eröffnete das Computer-Dating einerseits gerade für Frauen neue Wege der Partnerwahl. Andererseits (re)produzierte es soziale, ökonomische, religiöse und kulturelle Trennlinien der Gesellschaft. Die »Algorithmen der Liebe« suchten vornehmlich nach Übereinstimmungen; sie schrieben dabei konventionelle Geschlechterbilder und soziale Rollenzuweisungen fort.

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Computer Love.
The Formative Years of Electronic Matchmaking in the US and Western Europe

Way before the era of online dating apps, marriage bureaux and dating agencies in the US and Europe began using computers to conquer the rapidly growing markets of the ›lonely hearts‹. This article explores the long and chequered history of electronic matchmaking since the 1950s. How did the concepts of love, partnership and marriage change over the years and under the premises of a ›technocratic high modernity‹? And what role did the computer play as ›electronic cupid‹ and ›matchmaking machine‹? Soon after the Second World War, the computer became a ›scientific‹ instrument for the optimization of the private, intimate spheres of life. Here, the history of electronic matchmaking – from ›matrimonial services‹ to the ›singles dating craze‹ – reflected far-reaching social and cultural changes. However, it also revealed a remarkable persistence of traditional norms and patterns of dating. In this context, computer dating ushered in new ways for women to deliberately choose their husbands and partners. At the same time, it (re)produced social, economic, religious and cultural divides. As the ›algorithms of love‹ paired matches according to the criterion of conformity, they perpetuated conventional role images, social values and moral concepts.

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