Abstract

Christiane Reinecke

Warum wurde eine West-Berliner Großsiedlung weit über die Grenzen der Stadt hinaus zum viel zitierten Beispiel einer fehlgeschlagenen Stadtplanung und sozialer Probleme? In den Jahren um 1970 erschien eine beeindruckende Zahl an Zeitungsartikeln, Filmen und wissenschaftlichen Studien, die sich mit dem Märkischen Viertel befassten – einer Großsiedlung, die von 1963 bis 1974 am nördlichen Stadtrand West-Berlins entstand. Der Aufsatz folgt der diskursiven Herstellung des Viertels als urbaner Problemzone. Er zeigt, wie darin eine Desillusionierung über die urbane Moderne zum Ausdruck kam, die eng verknüpft war mit der Sorge um eine neue Schicht von desintegrierten Randständigen. Durch ihre Forschungs-, Sozial- und Medienarbeit wirkten in erster Linie Angehörige eines linksalternativen Milieus, das in West-Berlin besonders aktiv war, auf die mediale Darstellung des Viertels ein. In ihrem Bemühen, gesellschaftliche Missstände aufzudecken, trugen sie unfreiwillig zu der nachhaltigen Abwertung des Quartiers bei. Dessen Image war verbunden mit der Suche nach alternativen Beschreibungen der »Ränder« der Gesellschaft angesichts einer sich auflösenden traditionellen »Arbeiterklasse«.

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On the Margins of Society? The Märkisches Viertel – A West Berlin High-Rise Housing Development and Its Representation as an Urban Problem Zone

 

Why did a West Berlin high-rise social housing project gain a nationwide reputation as an urban problem zone, synonymous with planning failures and social problems? Around 1970, an impressive number of press articles, films and academic studies focused on the Märkisches Viertel, a high-rise housing estate on the northern margins of West Berlin that was built alongside the Wall between 1963 and 1974. The article traces the changing representation of the quarter, investigating how it came to be construed as an urban problem zone. It argues that a disillusionment with urban modernity as well as a growing concern with marginal groups impacted on its image. With their academic, social and media work, members of a new left milieu that was particularly rooted in West Berlin were foremost in influencing the quarter’s representation in the media. Striving to uncover societal problems, they in fact contributed to the quarter’s decline. The ensuing debate on the Märkisches Viertel was marked by worries about a new marginalised population that was not considered part of the traditional working class.

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