Abstract

Sven Reichardt

Klaus Theweleits literaturwissenschaftliche Dissertationsschrift „Männerphantasien“ von 1977/78 wurde in fünf Sprachen übersetzt und mehr als zweihunderttausend Mal verkauft. Der Aufsatz ordnet dieses außergewöhnliche Erfolgsbuch in seinen Zeitkontext ein - in das linksalternative Milieu der Bundesrepublik der späten 1970er-Jahre. Sechs Faktoren dürften zur Resonanz auf die „Männerphantasien“ beigetragen haben: Erstens vollzog das Buch den Wandel von klassisch marxistischer zu psychologisch-postmoderner Theoriebildung nach; zweitens lieferte es mit der Faschismusdeutung einen Beitrag zu dem zentralen Milieuthema; drittens verstand sich das Buch als ein Beitrag zur damals hochaktuellen Geschlechterdiskussion; viertens begleitete und förderte es den Wandel zu einer „Politik der ersten Person“; fünftens bediente Theweleit die linksalternative Ästhetik, und sechstens schrieb er über Gewalt und Terrorismus als hochaktuelles Thema. Im zweiten Teil des Aufsatzes werden die „Männerphantasien“ als historiographische Leistung zur Körper- und Geschlechtergeschichte des Faschismus aus der Perspektive der heutigen Geschichtswissenschaft kritisch gewürdigt.
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Klaus Theweleit’s book ‘Male Fantasies’ (Männerphantasien, 1977/78), with which he obtained a doctorate in literary studies, has been translated into five different languages and has sold over 200,000 copies. In order to explain this remarkable success, the article contextualises and historicises the book as an expression of the sub- and counterculture of the new German left during the late 1970s. There are approximately six reasons why ‘Male Fantasies’ provoked such a broad response: first, it brought about a switch from classical Marxist to psychological and postmodern theories; second, it dealt with the most prominent topic of the 1970s - the fascination with fascism; third, it addressed highly topical gender issues; fourth, it expressed a new form of politics - relinquishing pure political theory in favour of the politics of everyday experiences; fifth, it adopted a style and aesthetics that were typical of the counterculture of the 1960s and 1970s; and sixth, it was a book about violence and terror, published shortly after the ‘German Autumn’ of 1977. The second part of the article evaluates the way in which ‘Male Fantasies’ contributed towards the historiography of fascism as body and gender history.

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