Abstract

Jan Erik Schulte

Die weltpolitische Umbruchsituation 1989/90 barg für die internationale Ordnung wie für die nationalen Sicherheitsarchitekturen große Herausforderungen. In vielen Staaten musste das Militär seine Rolle neu definieren. Zugleich hofften westliche Regierungen und Zivilgesellschaften auf eine neue (Welt-)Friedensordnung. In diesem Spannungsfeld mussten Antworten auf ein Grundproblem moderner Demokratien gefunden werden: Wie lassen sich Streitkräfte, Militäreinsätze und damit verbundene (Todes-)Opfer legitimieren? In Kanada, einem wichtigen Truppensteller von UN-Blauhelm-Einheiten schon seit den späten 1940er-Jahren, wurde dieser Ausgleich mit einem Rückgriff auf die eigene Peacekeeping-Tradition versucht. Anhand der Errichtung des weltweit ersten »Peacekeeping Monument« in der kanadischen Hauptstadt Ottawa lässt sich exemplarisch analysieren, wie die gesellschaftliche Auseinandersetzung um militärisches Traditionsverständnis und (postkoloniale) Identitätsentwicklung einer Gesellschaft verlief, die sich zunehmend als friedliebend verstand. Während das Denkmal und das nationale Peacekeeping-Narrativ weithin positive Resonanz finden, ist die tatsächliche kanadische Beteiligung an UN-Blauhelm-Einsätzen seit etwa 20 Jahren nur noch marginal.

 *       *       *
Peacekeeping as a Monument. Canada between Global Reorientation and the Search for National Identity (1988–1992)

The upheaval in international policy in 1989/90 brought about major challenges for the international order as well as for national security architectures. In many states, the military had to redefine its role. At the same time, Western governments and civil societies were hoping for a new (world) peace order. In this highly charged environment, solutions had to be found to one of the basic problems of modern democracies: how to legitimise troops, military operations and related casualties. In Canada, an important provider of troops to the UN blue helmets since the late 1940s, this compromise was attempted with recourse to its own peacekeeping tradition. As a result, the world’s first ›Peacekeeping Monument‹ was erected in the Canadian capital of Ottawa. With particular reference to the erection of this monument, the article analyses the societal debate about the relevance of military tradition vis-à-vis the development of a (postcolonial) national identity of a society which increasingly saw itself as peaceful. While approval of the monument and the national peacekeeping narrative remains high to this day, for about two decades the actual Canadian military contribution to UN peacekeeping has been marginal.

Lizenz

Copyright © Clio-online – Historisches Fachinformationssystem e.V. und Autor/in, alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist zum Download und zur Vervielfältigung für nicht-kommerzielle Zwecke freigegeben. Es darf jedoch nur erneut veröffentlicht werden, sofern die Einwilligung der o.g. Rechteinhaber vorliegt. Dies betrifft auch die Übersetzungsrechte. Bitte kontaktieren Sie: <kirsch@zzf-potsdam.de>.

Für die Neuveröffentlichung von Bild-, Ton- und Filmmaterial, das in den Beiträgen enthalten ist, sind die dort jeweils genannten Lizenzbedingungen bzw. Rechteinhaber zu beachten.