Abstract

Imke Sturm-Martin

Von 1950 bis 1980 vervielfachten sich Zahl und Größe religiöser Minderheitengruppen in Großbritannien aufgrund der Nachkriegszuwanderung, doch anders als bei vorangegangenen Wanderungen und im Unterschied zur Gegenwart wurden die verschiedenen Glaubensrichtungen der neuen Einwanderer während dieses Zeitraums kaum thematisiert. Dieser Zugang ist vor dem Hintergrund einer untergehenden Kolonialmacht zu sehen, die an der Illusion eines Commonwealth mit gleichberechtigten Untertanen („subjects“) festhielt, aber die eigene Dominanz nicht aufgeben wollte. Das Gruppenmerkmal „race“ diente in der Endphase des Empires als allumfassendes Etikett, das weitere Differenzierungen überflüssig machen sollte. Eine neue Minderheitengeneration, die die Religion seit den 1980er-Jahren als wichtiges Element der Abgrenzung entdeckt hat, und das davon unabhängige Aufkommen des islamistischen Terrorismus haben die Phase des religiösen Desinteresses beendet.
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The number and size of populations belonging to minority religions in the UK multiplied between 1950 and 1980 due to immigration from the Commonwealth. Unlike previous and subsequent waves of immigration, religion did not become a public issue at this time. The new policy of multiculturalism focused predominantly on the theme of “race”. This approach emerged against the background of a declining imperial power which attempted to maintain an illusion of a Commonwealth of equal “subjects” and imperial dominance. The label “race” served to distinguish between “native” British on the one hand and colonial subjects on the other and, at the same time, brushed over existing cultural or religious differences. In the 1980s, when a new minority generation discovered religion as a means to emphasise diversity and (independently of this) Islamic terrorism began to spread, the period in which religion had been ignored came to an end.

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