Abstract

Verena Steller

Zu den Voraussetzungen der ‚alten‘ Diplomatie im 19. Jahrhundert gehörte eine gemeinsame, universal verständliche und verlässliche Formen- und Zeichensprache. Durch den Ersten Weltkrieg geriet die Diplomatie in eine Vertrauens- und Legitimationskrise, machte die Öffentlichkeit doch diplomatische Geheimverhandlungen für den Krieg verantwortlich. Der amerikanische Präsident Wilson forderte deshalb eine transparentere New Diplomacy. Das Austarieren von Geheimnis und (Medien-)Öffentlichkeit war nun Teil eines fundamentalen Wandlungsprozesses der ‚alten‘ Diplomatie. Mit kulturgeschichtlichem Zugriff geht der Aufsatz diesem Wandel nach. Untersucht werden die Pariser Friedenskonferenz von 1919 und speziell die beiden Begegnungen zwischen alliierter und deutscher Delegation bei der Übergabe und Unterzeichnung des Friedensvertrags in Versailles. Anhand dieser Szenen wird diskutiert, wie die gemeinsame Sprache zwischen Diplomaten verloren ging, welche langfristigen Faktoren dafür verantwortlich waren und wie der Krieg als Katalysator für tiefgreifende Veränderungen wirkte.
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The ‘old’ diplomacy of the nineteenth century relied on face-to-face-interaction as a universally acknowledged language of diplomacy. This globally accepted character of diplomacy was challenged by the universal experience of crisis, violence, and destruction brought about by the First World War: The public held the ‘old’ European secret diplomacy responsible for the war. Once public trust had been lost, diplomacy fell into a crisis of legitimacy and representation. The public sphere and the media demanded that decision-making processes in diplomacy be visible and transparent – a claim summarised in President Wilson’s emblematic New Diplomacy. Against the backdrop of current debates about a ‘new’ history of diplomacy, this article analyses the Paris Peace Conference of 1919 and especially the two official occasions of direct interaction between the Allied and German delegations at Versailles, where the Paris Peace Treaty was presented and signed. The article looks at the way in which the common language of diplomacy was lost during the course of these negotiations, which long-term factors were responsible for its disappearance, and how the war acted as a catalyst for these fundamental changes.

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