Im Sommer 1968 wurde der nigerianische Bürgerkrieg durch die Veröffentlichung von Fotos hungernder ‚Biafrakinder‘ zu einem internationalen Medienereignis. Dieser „Bildakt“ bezog einen Teil seiner Wirkungsmacht daraus, dass viele Zeitgenossen die aktuellen Bilder mit Fotografien assoziierten, die während der Befreiung der Konzentrationslager 1945 entstanden waren. Gestützt auf Medienberichte, Publikationen von Aktivisten und Archivmaterial stellt der Aufsatz die Grundzüge der internationalen politischen Kommunikation über Biafra dar und analysiert die Bezüge zur beginnenden kulturellen Erinnerung an den Holocaust. Die Einschreibung Biafras in die Ikonographie des Holocaust ließ eine neuartige Rhetorik des Holocaust-Vergleichs entstehen, durch die sowohl der nigerianische Bürgerkrieg wie auch die Verbrechen des Nationalsozialismus als Genozid sichtbar wurden. Diese Rhetorik erzeugte zwar für kurze Zeit viel Aufmerksamkeit, ging jedoch an der komplexen Realität des Konflikts vorbei. Als sich herausstellte, dass Biafra kein ‚neuer Holocaust‘ war, verloren die Bilder und die dazugehörige Rhetorik des Vergleichs ihre Wirkungsmacht.
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In the summer of 1968, the publication of images of starving ‘Biafran children’ turned the Nigerian Civil War into an international media event. The power of this ‘image act’ was partially fuelled by the fact that many contemporaries associated these images with photographs taken during the liberation of the concentration camps in 1945. This article outlines the international political communication about Biafra and analyses references to the emerging cultural memory of the Holocaust on the basis of media reports, activists’ publications and archival sources. The inscription of Biafra into the iconography of the Holocaust led to the establishment of a new rhetoric of Holocaust comparisons which made both events, the Nigerian Civil War and Nazi crimes, visible as genocide. This rhetoric effectively drew attention to the conflict, but fell short of apprehending its complex reality. When it became clear that Biafra was no ‘new Holocaust’, the power of the images and their accompanying rhetoric waned.
Abstract
Lasse Heerten
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