Geteilte Geschichte

Plädoyer für eine deutsch-deutsche Perspektive auf die jüngere Zeitgeschichte

  1. Zugänge
  2. Differenzen und Gemeinsamkeiten
  3. »Nach dem Boom« deutsch-deutsch?
    Perspektiven auf die jüngere Zeitgeschichte

Anmerkungen

In der Geschichtswissenschaft boomen derzeit grenzübergreifende Studien. Aus transnationaler Perspektive werden nicht nur Beziehungen zwischen europäischen Ländern untersucht, sondern zunehmend auch globale und außereuropäische Verflechtungen, die bis nach Ostasien oder Afrika reichen. Umso mehr erstaunt, dass 25 Jahre nach dem Mauerfall übergreifende deutsch-deutsche Studien weiterhin selten zu finden sind. Selbst die großen Überblickswerke zur deutschen Zeitgeschichte wähl(t)en selten grenzüberschreitende Perspektiven. Die meisten Historiker/innen im alten Westen empfanden die DDR lange als eine Art »fernes Land«, dessen Erforschung, bis auf wenige Ausnahmen wie die deutsch-deutsche Politikgeschichte und der Mauerfall, den Kolleginnen und Kollegen an ostdeutschen oder Berliner Universitäten überlassen wurde. Auch in den vielfältigen theoretischen Debatten um eine transnationale Geschichte, eine »shared history« oder »entangled history« hat die deutsch-deutsche Geschichte bisher keine Rolle gespielt.[1] Zu unklar erschien vermutlich der Status des Trans-»Nationalen« – in diesem Fall ja eine »trans-staatliche« Geschichte einer später wiedervereinigten Nation. Eine umfassende gesamtdeutsche Gesellschaftsgeschichte steht daher weiterhin aus; ebenso fehlt es an Einzelstudien zu vielen relevanten Feldern.

Mein Beitrag greift frühere Plädoyers für eine deutsch-deutsche Geschichte auf und diskutiert exemplarisch die Forschungen der letzten zehn Jahre. Dabei wird argumentiert, dass die allgemeinen neueren Forschungszugänge in der Geschichtswissenschaft zahlreiche Anregungen für eine künftige gesamtdeutsche Perspektive bieten, die die mitunter festgefahrene Sicht auf die alte Bundesrepublik und die DDR erweitern könnte. Die methodischen und thematischen Entwicklungen der Zeitgeschichtsforschung sprechen dafür, ebenso die zunehmende Perspektivierung der jüngsten Zeitgeschichte seit den 1970er-Jahren. Generell lässt sich feststellen, dass die Deutschen in Ost und West trotz Systemdifferenz und Mauer in vielen Bereichen mehr miteinander teilten als mit vielen Nachbarländern des RGW oder der EG. Ein deutsch-deutscher Blick kann zudem dazu beitragen, traditionelle westdeutsche Perspektiven (wie »nach dem Boom«) und Methodenprobleme zu reflektieren, etwa den Umgang mit zeitgenössischen sozialwissenschaftlichen Studien. Frühere Debatten um eine gesamtdeutsche Geschichte ließen sich somit neu beleben.[2] 

Skaten galt seit den späten 1970er-Jahren als westliches Szenehobby und Trendsport. Die SED betrachtete derartiges mit Argwohn, aber die Jugendkultur griff es dennoch auch in der DDR auf – sogar demonstrativ am Alexanderplatz (hier ein Foto von 1982). Damit steht das Skaten für übergreifende Veränderungen von Sehnsüchten, Lebensweisen oder auch Konsumstilen, die in Ost und West freilich unterschiedliche (politische) Implikationen hatten. Der Film »This ain’t California« (D 2012) spielte später auf interessante, semidokumentarische Weise mit solchen Bildern, die er teils aus dem Material der 1980er-Jahre übernahm, überwiegend aber nachinszenierte.
(Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur,
Bestand Harald Schmitt, Bild St_0482_5)

 

1. Zugänge

Plädoyers für eine deutsch-deutsche Perspektive kamen insbesondere am Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam frühzeitig auf. Vor allem Christoph Kleßmann trat mehrfach für eine asymmetrisch verflochtene Parallelgeschichte ein, die die Spannung zwischen Abgrenzung und Verwobenheit aufgreifen und eine stärkere Fixierung der DDR auf die Bundesrepublik berücksichtigen sollte. Denn, so Kleßmann: »Die Bundesrepublik konnte problemlos ohne die DDR existieren.«[3] Zu diskutieren wäre künftig, ob die Bundesrepublik durch die Existenz der DDR nicht ebenso beeinflusst wurde, wenngleich sie sich im Systemwettbewerb überlegen fühlen konnte – allein schon, wenn man die prägende Bedeutung des Anti-Kommunismus in vielen gesellschaftlichen Bereichen berücksichtigt.[4] Und selbst der westdeutsche Konsum, Sport oder die Medienfreiheit gewannen eine andere politische Bedeutung durch die Teilung. Kleßmann schlug zudem, für die Zeit ab 1970, sechs Bezugsrahmen vor, wie »die beginnende Blockbildung«, »die Eigendynamik der beiden Staaten« oder »die systemübergreifenden Problemlagen fortgeschrittener Industriegesellschaften«.[5]Ebenso plädierte sein damaliger Kollege Konrad H. Jarausch für eine »plurale Sequenzperspektive«, die die Entwicklung aufeinanderfolgender Problemfelder ernstnehmen solle.[6] Besonders den 1970er-Jahren sprachen Kleßmann und Jarausch eine Scharnierfunktion zu, die in künftigen Arbeiten aufzugreifen wäre. Andere, wie Thomas Lindenberger, setzten sich dafür ein, Grenzgebiete als einen durch politische Herrschaft konstituierten Raum zu betrachten, der einen besonderen Umgang mit dem »Anderen« erlaube und durch Abgrenzungen auch Verbindungen schaffe.[7] Grenzen trennen nicht nur – sie vereinen auch. Entsprechend entstand im Westen ein Grenztourismus, der die Teilung materiell erlebbar machte, aber ebenso ein Appell an die Einheit war.[8]

Diese Forschungsansätze waren zunächst umstritten. In den letzten Jahren haben jedoch Vertreter unterschiedlicher Schulen und Methoden zunehmend die Möglichkeit und Notwendigkeit eines übergreifenden deutsch-deutschen Ansatzes betont.[9] Sie unterschieden sich lediglich in der Frage, wie weit eine vergleichende oder gar verflochtene Perspektive reichen könne, ohne systembedingte Unterschiede zu nivellieren. So mahnte Horst Möller, trotz prinzipieller Zustimmung, es sei »eine sorgfältige Auswahl der tatsächlich komparativ zu erfassenden, phasenbeschränkten Themen notwendig, die eine zumindest relative Systemunabhängigkeit besitzen«.[10]

Zudem hat sich in den letzten Jahren der regionale und diachrone Fokus verändert. Während Kleßmann und Jarausch stärker die innerdeutsche Entwicklung in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg im Blick hatten, ist es mittlerweile üblicher geworden, Deutschland aus einer europäischen Perspektive zu betrachten – und zwar weniger als Nachgeschichte des Nationalsozialismus denn als Vorgeschichte des vereinigten Deutschlands und Europas. Gerade in jüngster Zeit versteht sich die Erforschung der 1970er- und 1980er-Jahre stärker als Vorgeschichte gegenwärtiger Problemlagen und nicht mehr primär als Nachkriegsgeschichte.[11] Weniger die Begründung von Institutionen in der Nachkriegszeit als ihr Verschleiß und ihre Erneuerung bilden damit einen Ausgangspunkt.[12] Dies macht eine gesamtdeutsche Perspektive möglicher und gewinnbringender, um grenzübergreifende oder auch spezifisch ostdeutsche Problemlagen historisch deuten zu können. Ein Rückblick auf die jüngsten 50 Jahre Geschichte schließt, wenigstens zeitlich, mindestens zur Hälfte das vereinigte Deutschland ein. Zugleich gibt es einen Trend, in langen Linien themenbezogen die Moderne vom Kaiserreich bis zu den 1970er-Jahren zu untersuchen. Um zu vermeiden, dass teleologische Linien hin zu Liberalisierung oder Postmoderne der 1970er-Jahre entstehen, ist es auch hier sinnvoll, die DDR einzubeziehen.

In der geschichtswissenschaftlichen Forschung der letzten zehn Jahre kamen zudem neue Themen auf, die sich leichter grenzübergreifend bearbeiten lassen – wie die Energie- und Umweltgeschichte, die Alltags-, Konsum- und Sportgeschichte, die Medizingeschichte oder die Mediengeschichte. Und schließlich hat die Globalgeschichte unsere Sicht auf Europa und Deutschland verändert. Aus innerdeutscher Sicht mögen die Bundesrepublik und die DDR oft wie verschiedene Welten wirken. Aus einer gesamteuropäischen oder gar außereuropäischen Perspektive erscheinen die Bezüge wiederum größer. Auch dies mag erklären, warum oft amerikanische Historiker/innen den Blick über die deutsche Grenze gewagt haben. Hier entstanden in den letzten Jahren einzelne kulturhistorisch orientierte Studien, die beide Teile Deutschlands als postfaschistische Staaten behandelten.[13]

Dennoch hat die bislang wichtigste Synthese zur deutsch-deutschen Geschichte, Christoph Kleßmanns zweibändige Darstellung für die Zeit 1945–1970 aus den 1980er-Jahren, bisher keine adäquate Fortsetzung gefunden.[14] Seitdem wurden zwar zahlreiche gewichtige Überblickswerke zur deutschen Zeitgeschichte seit 1945 veröffentlicht, aber bezeichnenderweise haben die meisten Gesamtdarstellungen die DDR nicht einbezogen, obgleich sie über die Wiedervereinigung hinausreichten.[15] Und selbst diejenigen, die die ostdeutsche Geschichte vor 1989 berücksichtigten, fügten sie eher mit kürzeren Abschnitten als Kontrastfolie zur Bundesrepublik ein und konzentrierten sich auf die politischen Beziehungen etwa im Rahmen der Ostpolitik.[16]

Ebenso liegen mittlerweile zahlreiche Gesamtdarstellungen zur Geschichte der DDR vor, die von knappen Einführungen und alltagsgeschichtlichen Beschreibungen bis hin zu umfassenden Handbüchern zur Herrschaft der SED reichen.[17] Die innerdeutschen Beziehungen nehmen hier mehr Raum ein, insbesondere für die 1970er- und 1980er-Jahre. Weitere Kapitel verweisen, im Hinblick auf Konsum, Medien oder Opposition, stets auf die Bundesrepublik. Welche Folgen die Annäherung in den 1970er- und 1980er-Jahren hatte, ist in der DDR-Forschung umstritten: Verschiedene Historiker/innen gehen davon aus, dass sie die SED-Herrschaft verlängert und stabilisiert habe, da ohne die westliche Unterstützung der ökonomische Kollaps und damit auch Proteste früher zu erwarten gewesen wären. So bilanziert eine neuere Arbeit, die Bundesrepublik habe die DDR immer weiter anerkannt, ohne auf die Einhaltung von Zugeständnissen zu achten.[18] Zugleich machte die Annäherung der beiden deutschen Staaten die Mauer, trotz neuer Grenzanlagen und mehr IMs, lebensweltlich poröser und steigerte die Erwartungen der DDR-Bürger, insbesondere durch Westreisen und das Westfernsehen. Beide Deutungen lassen sich vereinbaren: Die neuen Verflechtungen wie die so genannten Milliardenkredite verlängerten und schwächten die SED-Herrschaft zugleich.[19] Ebenso wie die Studien zur Bundesrepublik den Vergleich mit dem Westen suchten, integrierten Forschungen zur DDR den ostdeutschen Staat verschiedentlich in seine Beziehungen zu den sozialistischen Nachbarn, etwa im Rahmen der ökonomischen Beziehungen im RGW, mit Blick auf die Rolle der Kirchen oder den Zusammenbruch des Sozialismus.[20]

Bisher blieben stärker integrierende Darstellungen eher pointierten Essays vorbehalten. So beschrieb Peter Bender, der als WDR-Korrespondent einst in Ost-Berlin gearbeitet hatte, vor allem die politische Entwicklung von Teilung, Annäherung und Wiedervereinigung.[21] Stärker gesellschaftsgeschichtlich argumentierte Konrad H. Jarausch, der die deutsch-deutsche politische Kultur als Geschichte der Rezivilisierung und Erreichung neuer Normalität nach dem Nationalsozialismus interpretierte, die im Westen nach 1945 und 1968, in der DDR durch die Bürgerrechtler und deren Proteste 1989 einen Schub erhalten habe.[22]

Eine deutsch-deutsche Geschichte kann nicht darin aufgehen, die Handbücher zur Bundesrepublik und zur DDR zu kompilieren, um so Unterschiede und tendenzielle Gemeinsamkeiten aufzuzeigen. Vielmehr wären, wie in der transnationalen Geschichte üblich, Reaktionen auf weitreichende Problemlagen auszumachen, grenzübergreifende Beziehungen und wechselseitige Perzeptionen. Damit sind drei Ebenen des Verhältnisses benannt, die einander bedingen können, aber nicht müssen: Die Wahrnehmung des jeweils anderen Deutschlands kann in Handlungen oder in Ignoranz münden, und grenzübergreifende Herausforderungen, wie die Ölkrisen der 1970er-Jahre, können zu unterschiedlichen Reaktionen führen. Trotzdem werden damit Verflechtungen skizziert – sei es zwischen den Staaten selbst oder von außen an sie herangetragen.

Bisher liegen über die Politikgeschichte hinaus verschiedene Sammelbände vor, die ausgewählte Ereignisse oder Einzelthemen behandeln, bei denen sich eine stärkere Verbindung zeigt. Insbesondere ein Band des Instituts für Zeitgeschichte hebt dabei das fortbestehende Bewusstsein von Konkurrenz, neue systemübergreifende Probleme und das Aufkommen ähnlicher Reformen hervor.[23] Damit greift das Buch Andreas Wirschings Plädoyer für eine »pragmatische Zeitgeschichtsforschung« auf, die »den Systemgegensatz von Demokratie und Diktatur nicht übermäßig« betonen müsse.[24] In letzter Zeit sind weitere Bände mit Beiträgen erschienen, die die Erinnerungskultur in beiden Teilstaaten thematisieren oder mikrogeschichtlich übergreifende Medien, Kunst oder Infrastrukturen untersuchen, wie die Transitstrecke.[25] Ebenso gibt es verschiedene Spezialstudien etwa zu ökonomischen oder sportlichen Beziehungen.[26] Weitgehend ausgeblendet wurden hingegen große Felder der Kultur-, Alltags- und Sozialgeschichte, von der Geschichte der Arbeit über Bildung bis hin zur Stadt- und Wohnkultur. Auch bei der Erforschung der Konsumkultur wurden der Sozialismus und deutsch-deutsche Bezüge weitgehend ausgespart, obgleich bei der Bekleidung, Genussmitteln oder der Inneneinrichtung durchaus grenzübergreifende Bezüge bestehen, die sich nicht im »Westpaket« erschöpfen.[27] Im neuerdings boomenden Feld der Material Culture Studies bieten die bestehenden Sammlungen, etwa am »Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland«, umfangreiche dingliche Quellen, um die Produktgestaltung und deren Gebrauchsweisen in Ost- und Westdeutschland in Beziehung zu setzen.[28]

Auch die zahlreicher werdenden Darstellungen zur Geschichte Europas und den Cold War Studies eröffnen indirekt eine Perspektive für gesamtdeutsche Ansätze, die zunehmend über die Politikgeschichte hinausgehen.[29] Parallel zu den trente glorieuses, den boomenden Nachkriegsjahrzehnten im Westen, beschreiben viele Europa-Geschichten den Aufbau des Sozialismus bis in die 1970er-Jahre und dann dessen Niedergang in den beiden folgenden Jahrzehnten.[30] Damit markieren sie ähnliche Wendepunkte in Ost und West, wählen aber nur in geringem Maße übergreifende Perspektiven, da sie vor allem aus den jeweiligen Systemlogiken heraus argumentieren. Etwas andere Akzente als diese »rise and fall«-Narrative setzen einige sozialwissenschaftlich orientierte Sozialgeschichten Europas. Sie fokussieren aus westlicher Perspektive statistisch grundiert übergreifende Wandlungsprozesse und machen das Abflauen der zukunftsgerichteten Moderne Anfang der 1970er-Jahre aus.[31] Knappe Darstellungen zu »Europe since the 1970s«, wie von Jeremy Black, unterscheiden lediglich themenbezogen zwischen Ost und West, etwa bei der Wirtschaft, während sie Bereiche wie Umwelt, Gesundheit oder Bildung übergreifend behandeln. Dafür sparen sie jedoch politische Kontexte und spezifisch nationale historische Prägungen weitgehend aus.

Die künftige Zeitgeschichtsforschung wird über die Zäsur von 1989/90 hinausblicken. Auch hier bleibt es offen, inwieweit Ost und West eher gesondert zu behandeln sind. So liegen zahlreiche sozialwissenschaftliche Arbeiten zum Transformationsprozess in den neuen Bundesländern vor, die den Institutionen- und Elitentransfer aus Westdeutschland problematisieren.[32] Zudem bilanzieren sie anhand von Statistiken und Umfragen die fortbestehende Differenz zwischen Ost- und Westdeutschland, die selbst zwei Jahrzehnte nach der Einheit in starkem Maße auszumachen ist – vom Wohlstandsniveau über die politische Kultur und zivilgesellschaftliche Struktur bis hin zur stark differenten Mediennutzung.[33] In diesen Bänden wird Ostdeutschland freilich meist als das Abweichende, als das »Andere« präsentiert. Angesichts der fortbestehenden Unterschiede kam auf dem Historikertag 2014 die kritische Frage auf, ob die künftige Erforschung Ostdeutschlands den Status einer Regionalwissenschaft haben solle, vergleichbar der bayerischen Landesgeschichte.[34] Ähnliches könnte man aber auch pointiert zu Forschungen fragen, die sich vornehmlich auf die alte Bundesrepublik beziehen.

Jene Arbeiten, die allein den Wandel in Ostdeutschland untersuchen und ihn etwa als »nachgeholte Modernisierung« und Anpassung an den Westen fassen, greifen jedoch sicherlich zu kurz. Denn zum einen veränderte sich Westdeutschland in diesen Jahrzehnten ebenfalls, sei es im Rahmen der Vereinigung oder im Zuge globaler Veränderungen. Heinrich Best und Everhard Holtmann sprechen deshalb von einer »doppelten Transformation, in der einigungsbedingte Probleme und die Herausforderungen der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise einander überlagerten«.[35] Zum anderen zeigten sich einige Entwicklungen in Ostdeutschland früher als im Westen – etwa in der Kinderbetreuung, Familienstruktur und im Sekundarschulbereich –, aber auch beim Wandel von Einstellungen und Werten (Bedeutungsverlust der Religion, Parteienbindung, Institutionenkritik u.ä.). In manchen Feldern erfolgten in Ostdeutschland in den 1990er-Jahren die Reformen, die im Westen ebenfalls bereits angestanden hätten, so dass der Osten insbesondere bei der Privatisierung und De-Regulierung zu einem gewissen »neoliberalen« Experimentierfeld wurde. Auch rhetorisch wanderten die Reformforderungen aus Ostdeutschland in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre in den Westen, weshalb Philipp Ther von neoliberalen »Ko-Transformationen« spricht.[36] Die hier ausgemachten Prozesse lassen sich nicht allein durch die Transformationskonstellation in Ostdeutschland nach 1990 erklären, sondern bedürfen einer historischen Deutung, die die Jahrzehnte zuvor in Ost und West berücksichtigt. Zugleich erfolgten im Osten verstärkt staatliche Infrastrukturmaßnahmen, die sowohl die Wirtschaft fördern als auch die Substanz erhalten sollten. Bei der Altstadtsanierung zum Beispiel zeichnete sich ein Trend ab, der bereits in den 1980er-Jahren in beiden Teilstaaten erkennbar war, nun aber zuerst in Ostdeutschland große Förderung erfuhr.

Dass die bisherigen Forschungen zur Bundesrepublik und DDR eher unverbunden nebeneinanderstehen, hat viele Ursachen. Nicht unwichtig ist zunächst, dass die westliche Geschichtsschreibung in starkem Maße an die Selbstbeschreibungen der Zeitgenossen und deren Beobachtungstechniken anknüpft.[37] Die Demoskopie, die Medien und sozialwissenschaftliche Studien gaben Leitlinien für die Deutung der westlichen Gesellschaft vor, wie sie für Ostdeutschland kaum greifbar sind. So verfügen wir für die DDR über keine medialen Krisennarrative und keine vergleichbaren Meinungsumfragen, an denen ein »Wertewandel« oder der Wandel von weltanschaulichen Einstellungen festgemacht werden könnte.[38] Entsprechend wurden auch daraus entwickelte soziologische Konzepte wie »Postmaterialismus«, »Postmoderne« oder »Individualisierung« nicht auf die DDR übertragen. Eine deutsch-deutsche Perspektive kann somit in mehrfacher Hinsicht eine kritische Auseinandersetzung mit diesen Zuschreibungen fördern. Es ist jedoch zu fragen, inwieweit jene Begrifflichkeiten ohne die zeitgenössischen Selbstbeschreibungstechniken überhaupt sinnvoll auszumachen und somit an die Demokratie gebunden sind oder auch für den Sozialismus und die DDR zutreffen. Wie groß der quellenbedingte Bruch der Bewertungen und Begrifflichkeiten ist, zeigt vor allem ein Vergleich der Forschungen zu Ostdeutschland zur Zeit vor 1990 und danach. Ebenso weisen interne DDR-Berichtssysteme sowie auch Umfragen zu Gesprächen von westdeutschen DDR-Reisenden durchaus auf einen Einstellungswandel hin (insbesondere seit Mitte der 1980er-Jahre), aber ebenso auf die Orientierung an der politischen Kultur des Westens.[39]

Differente Deutungen von Ost und West wurden auch durch die unterschiedlichen Archivquellen mit geformt. Da zur DDR-Geschichte vor allem staatliche Akten vorliegen, die zudem früher als die westlichen geöffnet wurden, spielen die Wahrnehmungen und Praktiken der Überwachungs- und Parteiinstanzen eine zentrale Rolle. Studien, die mit alternativen Quellen arbeiten (Ego-Dokumenten, Oral History u.ä.) und damit stärker auf die Alltagskultur blicken, konnten und können dagegen leichter vergleichbare und übergreifende Aussagen über Ost und West treffen.

2. Differenzen und Gemeinsamkeiten

Eine gesamtdeutsche Perspektive birgt natürlich zahllose Fallstricke. Die größte Gefahr ist sicherlich, Ostdeutschland bereits für die Zeit vor 1989 wie die »fünf neuen Bundesländer« zu behandeln und damit die Reichweite der SED-Diktatur oder grundlegende Differenzen zu glätten. Bereits bei der Auswahl der Themen ist zu prüfen, ob sie nicht zu sehr aus einem westlichen Blickwinkel stammen. Die Suche nach Transfers und Verflechtungen darf nicht dazu führen, dass einzelne Begegnungen, Interaktionen und wechselseitige Beobachtungen unangemessen überhöht werden, was oft ein Problem transnationaler Geschichtsschreibung ist. Zudem verführt eine grenzübergreifende Perspektive mitunter dazu, einer Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik zu teleologisch eine Niedergangsgeschichte der DDR entgegenzusetzen, obgleich selbst damalige Experten ihren Zerfall nicht prognostizierten.

In vielen Bereichen waren die Unterschiede zwischen beiden deutschen Staaten denkbar groß. Das gilt natürlich für die Wirtschaftsgeschichte, wo eine statische Planwirtschaft meist einer dynamischen Marktwirtschaft gegengesetzt wird, in der der Dienstleistungsbereich wuchs. Allerdings nahmen nicht nur ökonomische Austauschprozesse zwischen Ost und West zu, sondern auch in der DDR zeichnete sich ein verdeckter Strukturwandel ab, da Dienstleistungen hier meist in Industriebetrieben angesiedelt waren.[40] Ebenso zeigten sich in der sozialen Marktwirtschaft Grenzen der flexiblen Anpassung. Groß waren auch die Differenzen bei der ausländischen Zuwanderung, die in der DDR sehr gering blieb. Aber selbst hier gibt es wiederum Gemeinsamkeiten, die übergreifende Perspektiven sinnvoll erscheinen lassen. Migranten wurden etwa in beiden Teilen Deutschlands für niedere Arbeiten angeworben und lebten auch im Westen zunächst von der Gesellschaft abgeschottet.[41] Zugleich lassen sich die Abwanderungen aus der DDR als Teil der Migrationsgeschichte fassen: Nicht Italien oder die Türkei, sondern die frühe DDR war das Land in Europa mit der höchsten Auswanderungsrate. Auslandsreisen waren in Ost- und Westdeutschland besonders beliebt, was in beiden Ländern die Gesellschaft veränderte, obgleich die Ostdeutschen nur eingeschränkt und innerhalb sozialistischer Staaten reisen durften.[42]

Ein weiterer Fallstrick wäre es, vorschnell von einer nationalen Einheit oder gemeinsamen Identität der Deutschen beider Teilstaaten auszugehen. Gerade in den 1980er-Jahren nahm die Akzeptanz der Zweistaatlichkeit im Westen bekanntlich stark zu. Selbst vielen Kreuzbergern, die im Schatten der Mauer lebten, war Italien oder Nicaragua näher als die andere Seite der Spree. Zugleich spricht aber auch einiges für die These, dass gerade die wachsende Akzeptanz der Zweitstaatlichkeit im Rahmen der Entspannungspolitik der 1970er-Jahre neue Annäherungen ermöglichte.

Dass die wechselseitige Perzeption im Sinne von Christoph Kleßmann asymmetrisch war, dürfte unstrittig sein. Die Bevölkerungen der Bundesrepublik und der DDR orientierten sich beide gen Westen: die Bundesbürger an den USA, an Frankreich und Großbritannien, die Bewohner der DDR an Westdeutschland. Impulse aus den USA wurden oft erst in die Bundesrepublik übersetzt und wanderten dann wiederum in neuer Übersetzung in die DDR. Allerdings steht auch dieser doppelte Westblick für eine Verbindung der beiden Staaten. Solche doppelten Transferprozesse lassen sich in vielen Feldern untersuchen: von der Musikkultur bis hin zur Computertechnik, wo IBM-Innovationen zu Siemens und schließlich zu Robotron wanderten. Mitunter lässt sich, gerade in der Populärkultur, auch ein direkter Austausch zwischen der DDR und den USA ausmachen, seit den 1970er-Jahren insbesondere bei Hollywood-Filmen.[43]

Einwenden kann man, dass es anachronistisch sei, eine »deutsche« Geschichte schreiben zu wollen (statt einer europäischen), da so nur ein neues nationalgeschichtliches Narrativ entstehe. Oder anders gewendet: Sollten wir nicht auch, wie in anderen Studien bereits praktiziert, die Bundesrepublik und die DDR eher mit ihren jeweiligen Nachbarstaaten wie Frankreich oder Polen in Beziehung setzen, die ebenfalls eng mit der deutschen Geschichte verbunden sind?

Mir scheinen trotz der genannten Einwände und des Trends zur westeuropäischen Geschichte vor allem vier Gründe dafür zu sprechen, sich auch auf eine deutsch-deutsche Perspektive einzulassen. Erstens knüpften beide Teilstaaten an eine gemeinsame Geschichte an, die trotz der Zweistaatlichkeit Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur und Mentalitäten lange prägte. Da die Teilstaaten nur vierzig Jahre alt wurden, blieben der Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg, ja auch die Weimarer Republik noch lange ein geteilter Erfahrungshintergrund. Ebenso sorgten fortbestehende verwandtschaftliche Beziehungen zwar für eine geteilte, aber doch zumindest punktuell weiterhin gemeinsame Familiengeschichte. Die offiziellen Deutungen der Vergangenheit entfernten sich zwar in Ost und West, aber Ende der 1970er-Jahre kam es zu einem übergreifenden Geschichtsboom – der sich etwa in der Altstadtsanierung oder der Preußen-Renaissance niederschlug.

Zweitens bildeten Ost- und Westdeutschland in weitaus stärkerem Maße als andere Staaten eine Kommunikationsgemeinschaft. Ermöglicht wurde dies insbesondere durch den regelmäßig übergreifenden Empfang von Radio und Fernsehen in beiden Teilen Deutschlands, weshalb Axel Schildt, in Anlehnung an Kleßmanns Werk, pointiert fragte, ob man von »Zwei Staaten, eine[r] Hörfunk- und Fernsehnation« sprechen könne.[44] Während der westliche Rundfunk fast die gesamte DDR erreichte, konnten die Menschen im Westen, zumindest in grenznahen Regionen und Ballungsräumen wie Hamburg oder Kassel, DDR-Radio empfangen. Auch der in den 1970er- und 1980er-Jahren stark zunehmende Telefon- und Briefverkehr zwischen Ost und West belegt diese sogar ansteigende kommunikative Vernetzung, die über die Kontakte zu Franzosen oder Polen weit hinausreichte. So nahmen die Begegnungen auf wirtschaftlichem und kirchlichem Gebiet, von Reisenden und Ausreisenden aus der DDR, von Journalisten, Sportlern und Kulturschaffenden deutlich zu. Allein 1988 reisten laut Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen 5 Millionen DDR-Bürger in die Bundesrepublik, davon rund 1,2 Millionen Menschen unterhalb des Rentenalters – was vielfach eine Erfahrung bedeuten konnte, die die Abkehr vom Sozialismus und die Ausreisewelle 1989 beförderte.[45]

Drittens blieben Ost- und Westdeutschland gerade durch ihre Konkurrenz und wechselseitige Abgrenzung enger aufeinander bezogen als auf andere Nachbarländer. Einerseits kam es zu einem permanenten Zurückweisen von Praktiken und Denkmustern, die dem anderen Teilstaat zugeschrieben wurden; andererseits führte die Rivalität dazu, dass in vielen Bereichen besondere Anstrengungen im eigenen Staat getätigt wurden – von der Sozialpolitik über die Bildung bis hin zum Sport oder dem Umgang mit der NS-Vergangenheit. Und viertens legt es die gemeinsame Geschichte seit der Wiedervereinigung 1990 nahe, auch die Jahrzehnte zuvor gemeinsam zu untersuchen – und zwar nicht auf 1989 fokussiert, sondern mit Blick auf die Schwierigkeiten beim Zusammenwachsen beider Teile Deutschlands. Denn die gemeinsame Betrachtung hilft zu verstehen, warum in Ost und West bis heute markante Unterschiede bestehen.

3. »Nach dem Boom« deutsch-deutsch?
Perspektiven auf die jüngere Zeitgeschichte

In den letzten Jahren haben zahlreiche Arbeiten die Zeit der 1970er-Jahre als grundlegende dynamische Transformationsphase bezeichnet, für die Krisenphänomene, ein starker Normenwandel oder gesellschaftliche Aufbrüche charakteristisch waren.[46] Insbesondere Eric Hobsbawms Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts markierte diesen Umbruch prominent als grenzübergreifendes Phänomen: »Die Geschichte des 20. Jahrhunderts war seit 1973 die Geschichte einer Welt, die ihre Orientierung verloren hat und in Instabilität und Krise geschlittert ist«, bilanzierte er bereits 1995.[47] Für die Bundesrepublik und den Westen wird oft eine Zeit »nach dem Boom« postuliert, bei der es im Kontext der Wirtschaftskrise und des Strukturwandels zu grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen gekommen sei.[48] Inwieweit derartige Wandlungsprozesse über die Mauer hinausreichten und umgekehrt spezifisch ostdeutsche Veränderungen mit dem Westen verbunden waren, ist weiterhin eine offene Frage, die kaum eines der »Nach dem Boom«-Projekte bisher behandelt hat.

Einiges spricht dafür, die Frage zu bejahen. So machten die ökonomischen Krisen der 1970er-Jahre, der Wandel des Politischen, die Umwelt- und Energieprobleme oder auch die neue Bedeutung von Medien, Konsum und Sport eben nicht am »Eisernen Vorhang« halt. Ebenso forderte der Innovationsdruck der digitalen Revolution, der vor allem aus den USA kam, nicht nur die Bundesrepublik heraus, sondern auch die DDR.[49] Denn beides waren komplexe Industriegesellschaften, die immer größere Mengen von Produktions- und Verwaltungsdaten bearbeiten mussten. Ebenso schwand der für die Hochmoderne charakteristische Glaube an die bessere Zukunft nicht nur im Westen, sondern trotz aller Propaganda auch in den sozialistischen Staaten.[50] Zeithorizonte wurden auch hier kürzer, und Fünfjahrespläne mussten immer kurzfristiger an den schwankenden Weltmarkt angepasst werden. Peter Hübner kam zu dem Schluss, dass sich auch in der DDR ein Wechsel von einem wachstumsorientierten Fortschrittsparadigma zu einem »sicherheitsorientierten Konsolidierungsparadigma« ausmachen lässt.[51] Auffällig ist zudem, dass beide Teilstaaten in der ökonomischen Krisenphase der 1970er-Jahre den Sozialstaat ausbauten, was Christoph Boyer als Reaktion auf den ökonomischen Strukturwandel im Zuge der Dritten Industriellen Revolution deutete.[52] Im Westen gilt die Ölkrise von 1973 als Katalysator und Symbol unterschiedlicher Umbrüche. Sie setzte jedoch, leicht verzögert, aufgrund von Preissteigerungen und gekürzter sowjetischer Lieferungen, auch die DDR unter Druck, was ihre Devisen verknappte und den ökonomischen Austausch mit dem Westen förderte.[53]

Die internationale Wirtschaftskrise der 1970er-Jahre blieb in der Planwirtschaft zunächst weniger sichtbar, weil vergleichbare Wirtschaftsdaten öffentlich nicht verfügbar waren und öffentliche Anzeichen wie Arbeitslosigkeit und Inflation in der DDR ausblieben. Unübersehbar waren aber seit Ende der 1970er-Jahre die rasant wachsenden Schulden gegenüber dem Westen, Versorgungsengpässe und der Produktivitätseinbruch.[54] So stiegen die Schulden der DDR im nicht-sozialistischen Ausland von zwei Milliarden (1970) auf 49 Milliarden DM (1989).[55] Die DDR benötigte Devisen nicht nur wegen der sozialpolitischen Subventionen unter Honecker, sondern vor allem aufgrund der nachlassenden Konkurrenzfähigkeit des Investitionsgütersektors und der Rohstoffabhängigkeit bei steigenden Energiepreisen.[56] Die Kredite, die die Bundesrepublik vielfältig gewährte, erkauften dabei humanitäre Zugeständnisse und mehr Reisefreiheit, was die Verflechtung weiter förderte.[57] Aber auch andere Transferzahlungen stiegen in den 1970er-Jahren steil an, von den Transitpauschalen und Gefangenenfreikäufen bis hin zu kirchlichen Überweisungen und den beträchtlichen privaten Sendungen.

Diese Zahlungen hatten ebenfalls wegweisende Konsequenzen: Sie förderten den persönlichen Austausch und veränderten die Konsummöglichkeiten in der DDR durch Devisengeschäfte (wie Exquisit, Delikat und Intershop). Zudem konnten in der DDR seit Anfang der 1980er-Jahre mit Westgeld wieder Kirchen auf- oder sogar neugebaut werden.[58] Wachsende Verflechtungen wies die DDR auch beim Handel mit westlichen Industrieländern auf. In den 1970er-Jahren lagen fast jedes Jahr die Steigerungsraten im zweistelligen Prozentbereich, und die Bundesrepublik blieb der wichtigste Partner.[59]

Auch im Feld der Umweltpolitik und Ökologie bestanden Interaktionen, obgleich die Unterschiede zu dominieren scheinen. In beiden deutschen Staaten entdeckten um 1970 die Regierungen die Umweltpolitik als neues Feld, dann verlor sie nach einigen Jahren aber wieder an Bedeutung. In den 1980er-Jahren intensivierte die Bundesrepublik hingegen die Umweltpolitik, ebenso wuchs durch Protestbewegungen und Sparmaßnahmen nach den Ölkrisen das ökologische Bewusstsein. Doch obgleich die DDR weder vergleichbare Energiesparmaßnahmen noch Umweltschutzauflagen einführte, blieben Ost- und Westdeutschland auch hier verbunden: Verschmutzte Flüsse wie Werra und Elbe machten eben nicht an der Mauer halt, ebenso wenig die Abgase von grenznahen Schloten, was grenzübergreifende Lösungen nötig machte.[60] Noch intensiver war die Interaktion beim Handel mit Sondermüll, den die DDR gegen Devisen zwar annahm, dann aber wiederum in Schönberg nahe Lübeck direkt an der Grenze ablud, was das Trinkwasser beider Staaten gefährdete.

Wenngleich die Impulse eher aus dem Westen kamen, ist auch auf umgekehrte Anstöße zu achten. So setzte in beiden Staaten in den 1960er-Jahren eine starke Expansion der Bildung ein, in der DDR jedoch deutlich früher.[61] Eine gewisse Vorreiterrolle hatte die DDR auch bei der Begabtenförderung, die sie seit Ende der 1960er-Jahre in Form von »Sprachklassen« einführte. In beiden Staaten entschied dabei weiterhin die familiäre Herkunft stark über den Bildungsverlauf. Oft angeführt wurde, dass die DDR mit den Kitas und den Ganztagsschulen ein wegweisendes Modell entwickelte. Gerade im internationalen Vergleich stellt sich aber auch die Frage, ob nicht die Bundesrepublik ein Sonderfall war, die gerade durch ihre Abgrenzung von der DDR das Modell der Hausfrauenehe lange bewahren konnte.[62]

Der Wandel in der Bundesrepublik wurde oft mit großen sozialwissenschaftlichen Prozessbegriffen beschrieben (wie Liberalisierung, Globalisierung oder Individualisierung). Für eine gesamtdeutsche Perspektive erscheinen diese wenig geeignet. Verschiedene Studien wählten den Begriff der Freiheit, um die Ambivalenzen der Veränderungen in Ost und West herauszustellen. »The Burdens of Freedom«, die »Lasten der Freiheit«, nannte etwa Padraic Kenney sein Buch zur Transformation in Osteuropa seit 1989.[63] Ebenso sprach Andreas Wirsching vom »Preis der Freiheit«, um Erfolg und Schattenseiten der Liberalisierung anzudeuten.[64]

Eine andere Alternative können Begriffe mit einer mittleren Reichweite sein, die sich besser an konkrete Akteure, ihre Wahrnehmungen und Praktiken seit den 1970er-Jahren rückbinden lassen und grundsätzliche Wandlungsprozesse von der Ökonomie über das Soziale bis hin zur Alltagskultur in den Blick nehmen. Systemübergreifend lässt sich etwa von Politiken der Krisenbewältigung seit den 1970er-Jahren sprechen. Die verschärft wahrgenommenen Problemlagen führten dazu, dass nun weniger die Gestaltung der Zukunft als die Bewältigung jeweils gegenwärtiger Schwierigkeiten im Vordergrund stand. Die Schaffung von Sicherheit scheint dabei ein Ordnungsmuster gewesen zu sein, das ebenfalls grenzübergreifend Entscheidungen prägte.[65] Dass im Westen etwa Telefonate und Briefe aus Ostdeutschland millionenfach überwacht wurden, deutet an, wie wirkungsmächtig die Sehnsucht nach Sicherheit auch in der Bundesrepublik war, gerade durch die deutsche Teilung.[66] Ein weiteres Kennzeichen der vergangenen fünf Jahrzehnte ist der Innovationsdruck im Wettbewerb. Der Begriff »Innovation« kam seit den 1970er-Jahren zunächst im Westen auf und entwickelte sich zu einer Anforderung, die über die Technik hinaus auch an Dienstleistungen und Forschung, Konsum, Medien und Lebensstile oder an Mode, Design und Musik gestellt wurde. Damit verbunden war ein wachsendes Bedürfnis nach Wahlmöglichkeiten. Weniger fest gefügte Milieus und verbindliche Normen prägten die Lebensführung als eine stärker selbst gewählte Einpassung in bestimmte Gruppen und Lebensstile. Dies ging mit einer zunehmenden Interdependenz einher. Ähnlich wie der große Begriff »Globalisierung« verweist »Interdependenz« zwar auch auf grenzübergreifende Interaktionen, ohne jedoch teleologisch die weltweite Reichweite vorab zu postulieren, die in den 1970er-Jahren kaum erreicht wurde. Auch die DDR bemühte sich seit den 1970er-Jahren verstärkt um eine internationale Einbindung und Anerkennung. Eine weitere mögliche Perspektive, um den Wandel im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts übergreifend zu fassen, ist der Einbezug der medialen Durchdringung der Gesellschaft, insbesondere durch die Vollversorgung per Fernsehen. Dabei gingen die Medien eine symbiotische Beziehung zu fast allen Bereichen des Lebens ein und prägten unterschiedliche soziale Räume und Praktiken: etwa Familie und Sexualität, Politik und Protest, Konsum und Handel, Sport und Bildung.

Eine deutsch-deutsche Zeitgeschichte ist natürlich nur eine Perspektive unter vielen und eignet sich nicht für jedes Thema in gleichem Maße. Aus Sicht einer Geschichtswissenschaft, die über Grenzen hinaus Problemlagen untersucht und auch die Zeit nach 1989/90 berücksichtigt, spricht aber einiges dafür, diese Perspektive stärker als bislang zu erproben.

Anmerkungen:

[1] Vgl. etwa: Gunilla Budde/Sebastian Conrad/Oliver Janz (Hg.), Transnationale Geschichte. Themen, Tendenzen und Theorien, Frankfurt a.M. 2010; Hartmut Kaelble, Der historische Vergleich. Eine Einführung zum 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 1999, S. 127.

[2] Der Beitrag setzt eine Diskussion fort, die auf dem Deutschen Historikertag am 25.9.2014 in Göttingen und auf einer Tagung in Potsdam am 20/21.11.2014 geführt wurde, mit Dank an alle Teilnehmer für ihre Anregungen. Ausführlichere Ergebnisse dazu: Frank Bösch (Hg.), Geteilte Geschichte. Ost- und Westdeutschland 1970–2000, Göttingen 2015 (im Erscheinen).

[3] Christoph Kleßmann, Spaltung und Verflechtung – Ein Konzept zur integrierten Nachkriegsgeschichte 1945 bis 1990, in: ders./Peter Lautzas (Hg.), Teilung und Integration. Die doppelte deutsche Nachkriegsgeschichte, Bonn 2005, S. 20-37, hier S. 22. Noch ohne den vielzitierten Begriff: Christoph Kleßmann, Verflechtung und Abgrenzung. Aspekte der geteilten und zusammengehörigen deutschen Nachkriegsgeschichte, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 43 (1993) H. 29-30, S. 30-41.

[4] So auch Martin Sabrow, Historisierung der Zweistaatlichkeit, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 57 (2007) H. 3, S. 19-24. Für die 1950er- und 1960er-Jahre vgl. Stefan Creuzberger/Dierk Hoffmann (Hg.), »Geistige Gefahr« und »Immunisierung der Gesellschaft«. Antikommunismus und politische Kultur in der frühen Bundesrepublik, München 2014.

[5] Kleßmann, Spaltung und Verflechtung (Anm. 3).

[6] Konrad H. Jarausch, »Die Teile als Ganzes erkennen«. Zur Integration der beiden deutschen Nachkriegsgeschichten, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 1 (2004), S. 10-30; ders./Michael Geyer, Shattered Past. Reconstructing German Histories, Princeton 2003, S. 1-33.

[7] Vgl. Thomas Lindenberger, »Zonenrand«, »Sperrgebiet« und »Westberlin« – Deutschland als Grenzregion des Kalten Kriegs, in: Kleßmann/Lautzas, Teilung und Integration (Anm. 3), S. 97-112.

[8] Astrid M. Eckert, ›Greetings from the Zonal Border‹. Tourism to the Iron Curtain in West Germany, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 8 (2011), S. 9-36.

[9] Vgl. etwa die Beiträge in der Ausgabe »Gemeinsame Nachkriegsgeschichte?« von Aus Politik und Zeitgeschichte 57 (2007) H. 3.

[10] Horst Möller, Demokratie und Diktatur, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 57 (2007) H. 3, S. 3-7, hier S. 7.

[11]  Vgl. zuletzt etwa: Thomas Raithel/Thomas Schlemmer (Hg.), Die Anfänge der Gegenwart. Umbrüche in Westeuropa nach dem Boom, München 2014.

[12] Eine Verlagerung »von der Erörterung der Konstitutionsbedingungen der Bonner Republik auf ihre Reproduktionsprobleme (Strukturkrisen, Handlungsfallen etc.)« forderte: Klaus Naumann, Die Historisierung der Bonner Republik. Zeitgeschichtsschreibung in zeitdiagnostischer Absicht, in: Mittelweg 36 9 (2000) H. 3, S. 53-67, hier S. 63.

[13] Etwa Dagmar Herzog, Sex after Fascism. Memory and Morality in Twentieth-Century Germany, Princeton 2005; dt.: Die Politisierung der Lust. Sexualität in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts, München 2005.

[14] Christoph Kleßmann, Die doppelte Staatsgründung. Deutsche Geschichte 1945–1955, Göttingen 1982, 5., überarb. Aufl. Bonn 1991; ders., Zwei Staaten, eine Nation. Deutsche Geschichte 1955–1970, Göttingen 1988, 2., überarb. Aufl. Bonn 1997.

[15] Vgl. die großen Darstellungen von Eckart Conze, Die Suche nach Sicherheit. Eine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 2009; Edgar Wolfrum, Geglückte Demokratie. Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von ihren Anfängen bis zur Gegenwart, München 2007; Manfred Görtemaker, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Von der Gründung bis zur Gegenwart, München 1999; Axel Schildt/Detlef Siegfried, Deutsche Kulturgeschichte. Die Bundesrepublik von 1945 bis zur Gegenwart, München 2009.

[16] Besonders deutlich bei: Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 5: Von der Gründung der beiden deutschen Staaten bis zur Vereinigung 1949–1990, München 2008, S. 88-108, S. 338-361. Ausgewogener, aber auch knapp: Ulrich Herbert, Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, München 2014. Am stärksten berücksichtigt die eher politikhistorische Darstellung von Peter Graf von Kielmansegg beide Teile Deutschlands und deren (politische) Beziehung: ders., Das geteilte Land. Deutsche Geschichte 1945–1990, München 2000. Mit knapperem Einbezug der DDR: Karsten Kretschmann, Zwischen Spaltung und Gemeinsamkeit. Kultur im geteilten Deutschland, Bonn 2012.

[17] Vgl. exemplarisch: Ulrich Mählert, Kleine Geschichte der DDR, München 1998, 7. Aufl. 2010; Klaus Schroeder, Der SED-Staat. Geschichte und Strukturen der DDR, Köln 2013; Stefan Wolle, Die heile Welt der Diktatur. Alltag und Herrschaft in der DDR 1971–1989, Berlin 1998, 4. Aufl. 2013; ders., Aufbruch nach Utopia. Alltag und Herrschaft in der DDR 1961–1971, Berlin 2011, 2. Aufl. 2013; ders., Der große Plan. Alltag und Herrschaft in der DDR 1949–1961, Berlin 2013.

[18Margit Roth, Innerdeutsche Bestandsaufnahme der Bundesrepublik 1969–1989. Neue Deutung, Wiesbaden 2014, S. 686f.

[19] Vgl. zu diesen Kontakten: Matthias Judt, Der Bereich Kommerzielle Koordinierung. Das DDR-Wirtschaftsimperium des Alexander Schalck-Golodkowski – Mythos und Realität, Berlin 2013.

[20] Vgl. etwa Ralf Ahrens, Gegenseitige Wirtschaftshilfe? Die DDR im RGW – Strukturen und handelspolitische Strategien 1963–1976, Köln 2000; Jana Osterkamp (Hg.), Kirche und Sozialismus in Osteuropa, Wien 2007; György Dalos, Der Vorhang geht auf. Das Ende der Diktaturen in Osteuropa, München 2009.

[21] Peter Bender, Deutschlands Wiederkehr. Eine ungeteilte Nachkriegsgeschichte 1945–1990, Stuttgart 2007.

[22] Konrad H. Jarausch, Die Umkehr. Deutsche Wandlungen 1945–1995, München 2004, S. 29, S. 354 (zur DDR besonders S. 247-279).

[23] Udo Wengst/Hermann Wentker (Hg.), Das doppelte Deutschland. 40 Jahre Systemkonkurrenz, Berlin 2008. Ähnlich, aber stärker mit Zeitzeugenerinnerungen: Andreas H. Apelt/Robert Grünbaum/Jens Schöne (Hg.), 2 x Deutschland. Innerdeutsche Beziehungen 1972–1990, Halle 2013.

[24] Andreas Wirsching, Für eine pragmatische Zeitgeschichtsforschung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 57 (2007) H. 3, S. 13-18, hier S. 18.

[25] Tobias Hochscherf/Christoph Laucht/Andrew Plowman (Hg.), Divided, but Not Disconnected. German Experiences of the Cold War, New York 2010; Detlef Brunner/Udo Grashoff/Andreas Kötzing (Hg.), Asymmetrisch verflochten? Neue Forschungen zur gesamtdeutschen Nachkriegsgeschichte, Berlin 2013.

[26] Exemplarisch für die Einzelstudien seien genannt: Jörg Roesler, Momente deutsch-deutscher Wirtschafts- und Sozialgeschichte 1945 bis 1990. Eine Analyse auf gleicher Augenhöhe, Leipzig 2006; Uta Balbier, Kalter Krieg auf der Aschenbahn. Der deutsch-deutsche Sport 1950–1972. Eine politische Geschichte, Paderborn 2007.

[27] Zur weiterhin getrennten Konsumforschung vgl. auch den Beitrag von Peter-Paul Bänziger in diesem Heft. Siehe außerdem Rebecca Menzel, Jeans in der DDR. Vom tieferen Sinn einer Freizeithose, Berlin 2004.

[28] Vgl. auch den Beitrag von Johanna Sänger in diesem Heft.

[29] Vgl. etwa Annette Vowinckel/Marcus M. Payk/Thomas Lindenberger (Hg.), Cold War Cultures. Perspectives on Eastern and Western European Societies, Oxford 2012.

[30] Vgl. etwa Mark Mazower, Der dunkle Kontinent. Europa im 20. Jahrhundert, Berlin 2000, S. 359-408, S. 513-550; Harold James, Geschichte Europas im 20. Jahrhundert. Fall und Aufstieg, München 2003, S. 297-328, S. 407-427; Eric Hobsbawm, Das Zeitalter der Extreme. Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts, München 1995, S. 465-502, S. 572-617. Am stärksten suchte Tony Judt nach Beziehungen zwischen Ost und West, wenngleich auch er den Niedergang des Sozialismus für die RGW-Staaten getrennt analysiert: Tony Judt, Geschichte Europas von 1945 bis zur Gegenwart, München 2006, S. 671-765.

[31] Vgl. Göran Therborn, Die Gesellschaften Europas 1945–2000. Ein soziologischer Vergleich, Frankfurt a.M. 2000, S. 17f.; Hartmut Kaelble, Sozialgeschichte Europas. 1945 bis zur Gegenwart, München 2007; Jeremy Black, Europe since the Seventies, London 2009.

[32] Vgl. etwa Heinrich Best/Everhard Holtmann (Hg.), Aufbruch der entsicherten Gesellschaft. Deutschland nach der Wiedervereinigung, Frankfurt a.M. 2012.

[33] Vgl. etwa als jüngere Bestandsaufnahme: Manuela Glaab/Michael Weigl/Werner Weidenfeld (Hg.), Deutsche Kontraste 1990–2010. Politik – Wirtschaft – Gesellschaft – Kultur, Frankfurt a.M. 2010; Peter Krause/Ilona Ostner (Hg.), Leben in Ost- und Westdeutschland. Eine sozialwissenschaftliche Bilanz der deutschen Einheit 1990–2010, Frankfurt a.M. 2010.

[34] So Lutz Raphael auf dem Panel »Verflochtene Umbrüche?« des Göttinger Historikertags, 25.9.2014.

[35] Heinrich Best/Everhard Holtmann, Der lange Wege der deutschen Einigung. Aufbruch mit vielen Unbekannten, in: dies., Aufbruch (Anm. 32), S. 9-42, hier S. 11.

[36] So die Grundannahme, wenngleich nur knapp ausgeführt, bei: Philipp Ther, Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent. Eine Geschichte des neoliberalen Europa, Frankfurt a.M. 2014, S. 97.

[37] Zu diesem Problem: Rüdiger Graf/Kim Christian Priemel, Zeitgeschichte in der Welt der Sozialwissenschaften. Legitimität und Originalität einer Disziplin, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 59 (2011), S. 479-508.

[38] Zum Wertewandel: Bernhard Dietz/Christoph Neumaier/Andreas Rödder (Hg.), Gab es den Wertewandel? Neue Forschungen zum gesellschaftlich-kulturellen Wandel seit den 1960er Jahren, München 2014. Neben einzelnen Umfragen in der DDR bildeten dort vor allem die Berichte der Staatssicherheit und der SED Stimmungen ab.

[39] Vgl. Jens Giesekes Aufsatz im vorliegenden Heft.

[40] Annegret Groebel, Strukturelle Entwicklungsmuster in Markt- und Planwirtschaften. Vergleich der sektoralen Erwerbstätigenstrukturen von BRD und DDR, Heidelberg 1997, S. 100; André Steiner, Bundesrepublik und DDR in der Doppelkrise europäischer Industriegesellschaften. Zum sozialökonomischen Wandel in den 1970er-Jahren, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 3 (2006), S. 342-362, hier S. 347f. Steiner problematisiert dabei zu Recht das Drei-Sektoren-Modell, auf dem dies aufbaut.

[41] Vgl. für den Osten etwa Patrice G. Poutrus/Christian Th. Müller (Hg.), Ankunft – Alltag – Ausreise. Migration und interkulturelle Begegnungen in der DDR-Gesellschaft, Köln 2005.

[42] Daten in: Rüdiger Hachtmann, Tourismus-Geschichte, Göttingen 2007, S. 150f.

[43] Vgl. etwa Uta Andrea Balbier/Christiane Rösch (Hg.), Umworbener Klassenfeind. Das Verhältnis der DDR zu den USA, Berlin 2013; Uta G. Poiger, Jazz, Rock, and Rebels. Cold War Politics and American Culture in a Divided Germany, Berkeley 2000.

[44] Axel Schildt, Zwei Staaten – eine Hörfunk- und Fernsehnation. Überlegungen zur Bedeutung der elektronischen Massenmedien in der Geschichte der Kommunikation zwischen der Bundesrepublik und der DDR, in: Arnd Bauerkämper/Martin Sabrow/Bernd Stöver (Hg.), Doppelte Zeitgeschichte. Deutsch-deutsche Beziehungen 1945–1990, Bonn 1998, S. 58-71.

[45] Bundesministerium des Innern unter Mitarbeit des Bundesarchivs (Hg.), Dokumente zur Deutschlandpolitik: Deutsche Einheit. Sonderedition aus den Akten des Bundeskanzleramtes 1989/90, bearbeitet von Hanns Jürgen Küsters und Daniel Hofmann, München 1998, S. 40.

[46] Vgl. etwa Hartmut Kaelble, The 1970s in Europe. A Period of Disillusionment or Promise?, German Historical Institute London, The 2009 Annual Lecture, London 2010, S. 18. Siehe auch Heft 3/2006 dieser Zeitschrift (»Die 1970er-Jahre – Inventur einer Umbruchzeit«).

[47] Hobsbawm, Zeitalter der Extreme (Anm. 30), S. 503.

[48] Anselm Doering-Manteuffel/Lutz Raphael, Nach dem Boom. Perspektiven auf die Zeitgeschichte seit 1970, Göttingen 2008, 3., ergänzte Aufl. 2012.

[49] Vgl. Jürgen Danyel, Zeitgeschichte der Informationsgesellschaft, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 9 (2012), S. 186-211.

[50] Vgl. Martin Sabrow, Die Zeit der Zeitgeschichte, Göttingen 2012, S. 24ff.

[51] Peter Hübner, Fortschrittskonkurrenz und Krisenkongruenz? Europäische Arbeitsgesellschaften und Sozialstaaten in den letzten Jahrzehnten des Kalten Krieges (1970–1989), in: Zeitgeschichte 34 (2007), S. 144-155, hier S. 144.

[52] Christoph Boyer, Lange Entwicklungslinien europäischer Sozialpolitik im 20. Jahrhundert. Eine Annäherung, in: Archiv für Sozialgeschichte 49 (2009), S. 25-67.

[53] Vgl. André Steiner, »Common Sense is Necessary«. East German Reactions to the Oil Crises of the 1970s, in: Historical Social Research/Historische Sozialforschung 39 (2014) H. 4, S. 231-250.

[54] André Steiner spricht jedoch auch von einer »Wachstumskrise« 1969/70; ders., Von Plan zu Plan. Eine Wirtschaftsgeschichte der DDR, München 2004, S. 159, S. 165.

[55] Werner Abelshauser, Deutsche Wirtschaftsgeschichte seit 1945, München 2004, S. 437.

[56] Steiner, Von Plan zu Plan (Anm. 54), S. 193.

[57] Manfred Kittel, Straußʼ Milliardenkredit für die DDR. Leistung und Gegenleistung in den innerdeutschen Beziehungen, in: Wengst/Wentker, Das doppelte Deutschland (Anm. 23), S. 307-332, hier S. 327.

[58] Insgesamt entstanden in der DDR 70 Kirchenneubauten und 400 neue Sakralräume; vgl. Verena Schädler, Katholischer Sakralbau in der SBZ und DDR, Regensburg 2013, S. 232f.

[59] Die Exportumsätze der DDR beruhen dabei auf unzuverlässigen Zahlen: Judt, Kommerzielle Koordinierung (Anm. 19), S. 51-59.

[60] Tobias Huff, Ökonomische Modernisierung in der DDR und der Bundesrepublik Deutschland. Parallelen in der Entwicklung von Luftreinhaltung und Lärmschutz, in: Martin Bemmann/Birgit Metzger/Roderich von Detten (Hg.), Ökologische Modernisierung. Zur Geschichte und Gegenwart eines Konzepts in Umweltpolitik und Sozialwissenschaften, Frankfurt a.M. 2014, S. 287-313; ders., Über die Umweltpolitik der DDR. Konzepte, Strukturen, Versagen, in: Geschichte und Gesellschaft 40 (2014), S. 523-554.

[61] Als Überblicke: Christoph Führ/Carl-Ludwig Furck (Hg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. VI: 1945 bis zur Gegenwart, München 1998.

[62] Karen Hagemann/Konrad H. Jarausch/Cristina Allemann-Ghionda (Hg.), Children, Families and States. Time Policies of Child Care, Preschool and Primary Education in Europe, New York 2011; Karen Hagemann, Between Ideology and Economy: The »Time Politics« of Child Care and Public Education in the Two Germanys, in: Social Politics 13 (2006), S. 217-260.

[63] Padraic Kenney, Burdens of Freedom. Eastern Europe since 1989, London 2006.

[64] Andreas Wirsching, Der Preis der Freiheit. Geschichte Europas in unserer Zeit, München 2012.

[65] Dies wurde bisher nur auf Westdeutschland bezogen: Conze, Die Suche nach Sicherheit (Anm. 15).

[66] Josef Forschepoth, Überwachtes Deutschland. Post- und Telefonüberwachung in der alten Bundesrepublik, Göttingen 2012, 4., durchgesehene Aufl. 2014.

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