Zwischen allen Stühlen

Die Sammlung Industrielle Gestaltung als Archiv zur materiellen Kultur der DDR

  1. Die frühen Jahre: Beispielsammlung und Kunsthandwerk
  2. Die mittleren Jahre: Zurück zur Moderne
  3. Die späten Jahre: Die Sammlung wird historisch
  4. Fazit

Anmerkungen

Design aus der DDR ist heute scheinbar nur ein kunsthistorisches Randgebiet.[1] Doch im Kontext der Dauerausstellung zum »Alltag in der DDR«, die die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nun seit November 2013 am früheren Ort der Sammlung Industrielle Gestaltung in der Berliner Kulturbrauerei zeigt, ist es in den letzten Jahren zu einem kontroversen öffentlichen Thema geworden.[2] Der Konflikt bezieht sich unmittelbar auf diese Sammlung, eine der ältesten zum Design in Deutschland – und mit etwa 160.000 Objekten wohl die umfassendste und vielseitigste zur Produktgestaltung in der DDR, jedoch seit 2005 weder öffentlich sichtbar noch beworben. Aufgrund ihrer wechselhaften Geschichte nach der Wiedervereinigung wurden die Bestände bisher nur überblicksweise erschlossen. Obwohl Forscher sie auf Anfrage einsehen können, wäre eine systematische Katalogisierung, inhaltliche Bewertung und damit bessere Zugänglichkeit nötig.[3]

In den vergangenen Jahren wurde die Sammlung unterschiedlich in Anspruch genommen: von ihrem Träger als Basis für zeithistorische Ausstellungen, von Designliebhabern als Schatzkammer für ostdeutsche angewandte Kunst und Kultur.[4] Das Haus der Geschichte nutzt einzelne, vor allem typische Alltagsobjekte ohne genaueren Herkunftsnachweis für zeitgeschichtliche Ausstellungsprojekte, wie es auch bei seinen Bonner und Leipziger Museumsbeständen üblich ist. Designprodukte und Entwürfe bleiben meist im Depot, die Sammlung wird nicht erforscht. Kritiker – vor allem in der Sammlung vertretene Designer, Designhistoriker und frühere Unterstützer des bis 2005 weitgehend eigenständig agierenden Museums – fordern jedoch genau das: die erneute Ausstellung, die Würdigung des komplexen Bestands und die Auseinandersetzung mit ihm. Die Erbitterung, mit der sie für die Nutzbarmachung der Objekte argumentieren, führt die erinnerungskulturelle Bedeutung der Bestände vor Augen, würde doch eine design- oder kulturhistorische statt der politikorientierten Ausstellung ein anderes Bild der DDR-Gesellschaft zeichnen. Daher muss die Frage vorerst offen bleiben, ob das nur partiell erforschte Material beiden Erwartungshaltungen – der zeit- und diktaturgeschichtlichen bzw. der designhistorischen Perspektive – gleichermaßen gerecht werden kann. Nötig ist offenbar eine nähere Beschäftigung mit der hier vorhandenen materiellen Kultur der DDR.[5]

Viele Objekte und Dokumente der Sammlung stammen aus dem Fundus des Amts für industrielle Formgestaltung (AiF), eines regierungsunmittelbaren Amts der DDR. Unbestritten haben etliche davon das Potential, sowohl zeithistorische Auskünfte zu geben über das Wechselspiel zwischen Kunstbetrieb, Wirtschaft, Lebensalltag und Politik als auch designhistorische Erkenntnisse zu liefern über künstlerische Prozesse und stilistische Entwicklungen.[6] Gerade die dichte Überlieferung macht für viele Haushaltsgegenstände, Textilien oder Möbel die Umstände ihrer Entstehung bis hin zur Nutzung beim Verbraucher deutlich. Erkennbar werden die volkswirtschaftlichen wie die ästhetischen Intentionen der Entwicklung, die Förderung oder Behinderung bei Herstellung und Vertrieb, für die spätere DDR auch die Handelsbeziehungen nach Ost und West.

Doch fehlen bisher viele Forschungskontexte.[7] Sammlungsdokumente und die Archivüberlieferung[8] zum AiF müssten ausgewertet sowie die noch erreichbaren Zeitzeugen wieder gehört werden, ebenso die Objekte auf ihre Bedeutungsebenen befragt werden. Als Basis vertiefter Nachforschungen fehlt gleichfalls eine genaue Analyse der Sammlung selbst. Besonders schwierig ist das für die nach 1990 gesammelten Bestände, die sehr vielschichtig sind: Von Nachlässen einzelner Gestalter über die Ausstattung von Regierungsgebäuden bis zu alltäglichen Gebrauchsgegenständen ist vieles hinzugekommen und wurde seit 2005 immerhin geordnet und summarisch erfasst; eine Dokumentation dafür fehlt. Das Profil der Sammlung und ihr Potential für Forschungen zur materiellen Kultur spiegeln sich jedoch vor allem in den vollständig überlieferten Inventarbüchern aus der Zeit bis 1990. Anhand dieser Quellen soll die Sammlungsgeschichte hier skizziert werden.[9]

Vor dem beschriebenen Zuwachs umfasste der Fundus in der DDR weniger als 10.000 Objekte.[10] Diese Designobjekte und Alltagsdinge ergänzen eine Fotosammlung und eine weitgehend historische Designbibliothek, Dokumente und Archivalien mit dem Schwerpunkt auf der DDR sowie der Vorkriegs-Moderne zwischen Werkbund und Bauhaus.[11] Der bis 1990 nach Kriterien »guter« oder »schlechter« Gestaltung aufgebaute Kernbestand enthält viele produktionsfrische Waren mitsamt Entwurfsunterlagen oder Qualitätsbewertungen, was heute einzigartig ist. Das Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR in Eisenhüttenstadt oder andere alltagsgeschichtliche Sammlungen enthalten dagegen fast nur Benutztes, zudem ohne schriftliche Archivdokumente.[12] Nach der Wiedervereinigung kamen große Ankäufe und Schenkungen hinzu, darunter viel »anonym« Gestaltetes, Gebrauchsgrafik und Massenartikel aus DDR-Produktion, so dass die heutige Sammlung auch als Fundus zur Alltagsgeschichte der DDR gesehen werden kann (wobei Letzteres nicht ihre eigentliche Besonderheit ausmacht, aber ihr Spektrum erweitert hat).

Mit diesem Mehrfachprofil aus Kunst, Politik und Alltag hat sich die Sammlung, seit der Auflösung des ostdeutschen Staats und seiner Strukturen nach neuer Legitimation und Existenzsicherung suchend, in der Hauptstadt als eines der ersten retrospektiv auf die DDR spezialisierten Museen etablieren können. Unter ihrem langjährigen Leiter Hein Köster hat sie kleine, aber ambitionierte Ausstellungen gezeigt, ihre Existenz jedoch auch mit einer gewissen Abschottung gewahrt. Geschichtspolitisch wirkt diese frühe DDR-Aufarbeitung bis heute nach und zeigt sich etwa an der langjährigen Finanzierung und Förderung durch das Land Berlin und den Bund, schließlich an der institutionellen Übernahme durch die Stiftung Stadtmuseum Berlin und danach durch die großen Nationalmuseen. 1999 wurde die Sammlung zunächst dem Deutschen Historischen Museum, 2005 schließlich der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland übergeben (verbunden mit dem Plan, die Kulturbrauerei als deren Berliner Standort zu nutzen). Alle diese Träger hatten nur ein geringes Interesse am Designschwerpunkt des Bestands; besonders die Bundesmuseen legten ihr Augenmerk stärker auf die zeithistorischen Kontexte. Das ist auch vor dem Hintergrund der damals heftigen Historikerkontroverse über die richtige Darstellung von DDR-Geschichte zu sehen.[13] Diese geschichtspolitische Orientierung verbaute jedoch den Weg sowohl zur Erschließung der Sammlung wie zu einer eigenständigen Ausstellung. Unter dem Anspruch, mit der Dauerausstellung in der Kulturbrauerei zur politischen Aufarbeitung der SED-Diktatur beizutragen, verzichtete das Haus der Geschichte schließlich weitestgehend auf die noch im Gedenkstättenkonzept der Bundesregierung 2008 vorgesehene »Geschichte der Produkt- und Alltagskultur« als Mittel »zur kritischen Auseinandersetzung mit dem gegenständlichen Erbe der DDR«.[14] Die wenigen bekannten Designobjekte in der jetzigen Ausstellung und ihre Präsentation lediglich als Behelfs- oder Exportwaren zeigen, dass die übernommene Sammlung kaum berücksichtigt wurde.

Ein Blick in die Entstehungsgeschichte dieser Sammlung bis 1990 kann aber helfen, zentrale Fragen zu beantworten: nach der Kunst- und Kulturgeschichte jenes Landes sowie nach ihren Wechselwirkungen mit Politik, Bildung und Wirtschaft. Immerhin ist die Sammlung früh und systematisch als Musterkollektion guter Formgestaltung[15] in der DDR sowie deutscher Designtraditionen zusammengetragen worden. Ich beschränke mich daher bewusst auf den kleineren, während der Existenz der DDR aufgebauten Teil der Bestände, weil die Erwerbungen seit der deutschen Einheit unter völlig anderen Rahmenbedingungen stattfanden, nur rudimentär inventarisiert wurden und gesondert untersucht werden müssten. Drei Abschnitte lassen sich für die Zeit bis 1990 grob unterscheiden: die erste Aufbauphase bis Mitte der 1960er-Jahre, eine Phase der Neustrukturierung und der Reorientierung an Design-Idealen der technischen Moderne bzw. der DDR-Konsumgesellschaft bis Mitte der 1970er-Jahre sowie ab 1978 eine Phase der Ergänzung durch historische Design-Beispiele aus der DDR, aber auch aus der Vorkriegszeit.

1. Die frühen Jahre: Beispielsammlung und Kunsthandwerk

Die Geschichte der Sammlung ist eng verbunden mit der Entwicklung des staatlichen »Amts für industrielle Formgestaltung« (AiF) in der DDR. Nach seiner Gründung als »Institut für industrielle Gestaltung« 1950 wurde es kurz darauf in »Institut für angewandte Kunst« (IAK) umbenannt und später noch mehrfach umstrukturiert. Es diente der zentralen »Anleitung und Kontrolle« von Designern und Herstellern, deren Fortbildung und der öffentlichen Kunstvermittlung. Zu den Hauptaufgaben des Amts gehörten Warenprüfung und Begutachtung, Produktgestaltung für einzelne Wirtschaftszweige oder Hersteller, Publikationen und Ausstellungen. Daran ausgerichtet waren die zusammengetragenen Arbeitsmittel. Wie beim fast zeitgleich gebildeten bundesdeutschen »Rat für Formgebung« (seit 1953) bestanden sie zunächst in einer umfangreichen Fotosammlung. Die nach heutiger Zählung knapp 30.000 Motive zeigen ausgewählte Waren aus der aktuellen DDR-Produktion, historische Vorbilder und internationale Highlights.[16] Nach und nach wuchs zudem eine Bibliothek an.

Der kurzzeitige Gründungsdirektor und frühere Bauhaus-Architekt Mart Stam (1899–1986) nannte bereits 1950 neben Forschung und Entwurfsarbeit als ein Ziel dieses Instituts, »Mustersammlungen« zusammenzustellen.[17] Das ab 1952 angelegte »Archiv« von Exponaten trug man direkt von Herstellern und aus dem Handel zusammen – nicht zu musealem oder Selbstzweck, sondern als Basis für die zunehmend bedeutende Öffentlichkeitsarbeit. Vor allem Ausstellungen verstand das Institut als Erziehungsmedium zum guten (sozialistischen) Geschmack und gleichzeitig als Leistungsschau der DDR-Industrie. Es zeigte in den 1950er-Jahren aus seiner noch kleinen Produktsammlung populär angelegte Ausstellungen zu verschiedenen Warengruppen wie Glas, Keramik, Kunsthandwerk oder Spielzeug.

Probeaufbau der Wanderausstellung »Spielzeug« im Institut für angewandte Kunst, 1955
(aus: Amt für industrielle Formgestaltung [Hg.], Design in der DDR. Projekte, Prozesse, Produkte. Materialien zu einer Ausstellung, Berlin [Ost] 1988, S. 27 unten)

Hinzu kamen allgemeine Leistungsschauen der Wirtschaft[18] oder Einblicke in das Kunsthandwerk anderer sozialistischer Länder, teilweise als Wanderausstellungen in Museen der DDR. Im Sinne der damals von der SED eingeforderten »nationalen Tradition« dominierten oft kunsthandwerkliche Waren und ihre Vorbilder früherer Jahrhunderte sowie traditionelle Volkskunst aus Deutschland oder slawischen, nunmehr sozialistischen Ländern. Die Inventare zeigen, dass zu diesen Themen zahlreiche Objekte gekauft bzw. nach Ausstellungsende aufbewahrt wurden. Aktuelles, der modernen Sachlichkeit verpflichtetes Industriedesign wurde nicht als solches vorgestellt, die Anknüpfung an die Vorkriegsmoderne wohl bewusst vermieden. Aufgrund von nur langsam anlaufenden neuen Produktlinien im ersten Nachkriegsjahrzehnt stellte sich für Gestalter und Forscher zwar die Frage, was zeitgemäße Gestaltung in der DDR sei; neue Produktentwicklungen drangen aber nur langsam zum Verbraucher vor. Die Sammlung nahm daher vor allem Haushaltsglas eingeführter Hersteller auf, die schon seit den 1930er-Jahren nach Bauhaus-Entwürfen produzierten – besonders Lausitzer oder Jenaer Glas, etwa von Wilhelm Wagenfeld.

Ausstellung »Industriewaren heute«, Ende 1952. Die damalige Bildlegende lautete: »Im Berolina-Hochhaus am Berliner Alexanderplatz findet eine Ausstellung von Gebrauchsartikeln statt, die einen Überblick über den Stand der Produktion gibt und auf der Gegenstände minderer Qualität kritisiert werden. Die Besucher werden aufgefordert, ihr Urteil über die gezeigten Artikel abzugeben.«
(Bundesarchiv, Bild 183-17790-0006, Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst – Zentralbild, Foto: Gielow)

Auffällig ist, dass sich der eigentliche Arbeitsschwerpunkt des Instituts kaum in diesem »Archiv« widerspiegelt: Nur Einzelstücke aus der eigenen Entwurfsarbeit oder den Kunsthochschulen der DDR wurden übernommen, vor allem Spielzeug oder Tapeten. Zugleich fallen einzelne Repräsentationsaufträge auf, wie Bucheinbände für Marx-Engels-Werkausgaben oder ein Etui für den 1953 neu gestifteten Karl-Marx-Orden. Hier wird die Trennung zwischen Entwurfs- und Ausstellungsabteilung deutlich: Aktuelle Institutsarbeiten befanden sich in einem eigenen »Modellraum«, und der Übergang in die Sammlung war alles andere als selbstverständlich, auch wenn die Arbeiten in Ausstellungen gezeigt wurden.

Insgesamt wurden in diesen ersten Jahren bis 1957 etwa 1.400 Objekte inventarisiert, bis 1962 weitere 900 – orientiert an der Ausstellungsarbeit des Instituts, die wiederum stark an die politische Linie vom Aufbau einer »sozialistischen Nationalkultur« als bewusstem Gegenmodell zum westlichen »Kosmopolitismus und Funktionalismus« gebunden war.[19] Das Erwerbungsprofil entsprach gleichzeitig den Entwurfs- und Prüfaufgaben des Instituts für die (volkseigene) Wirtschaft, die 1954 auf Glas, Keramik, Wohn- und Bekleidungstextilien, Holz- und Spielwaren, Lederwaren, Beleuchtungskörper und Tapeten erweitert wurden.[20] Wenige Jahre später kam eine Abteilung »Technische Konsumgüter« hinzu. Dieses neue Profil brachte erste elektrische Haushaltsgeräte in den Bestand (Bügeleisen, Wasserkocher, Küchenmixer etc.) sowie Möbelbeschläge aus Metall und Kunststoffen, zu deren Urhebern eine erste junge Gestaltergeneration und ihre Lehrer gehörten. Teils im Handel, teils beim Hersteller wurden immer mehr aktuelle Waren erworben: Jenaer Glas, Bestecke und Metallgeschirr, Leuchten, Telefone, Rasierapparate oder 1963 eine zweiteilige Rundfunk-Kombination der innovativen Firma HELI.

Das Ende der ersten Sammlungsphase zeigt sich gleichfalls an einer Bestandsbereinigung: Fast alle der vielen historischen Gefäße, Tafelgeschirr und die jüngere Volkskunst wurden nun über das Kulturministerium an »Staatliche Museen« abgegeben, zum Teil an die Kunstgewerbemuseen in der DDR. Zerbrechliches wurde ausgesondert; vieles diente im Institut nach einigen Jahren auch als Einrichtung. Der Bestand schmolz dadurch bis Anfang der 1960er-Jahre um etwa ein Drittel. Die Sammlung war also keinesfalls unantastbar und gehüteter Forschungsgegenstand, sondern ein in Nebenräumen des Instituts wie Dachboden oder Keller prekär gelagertes Reservoir für die Ausstellungsprojekte. Gleichwohl stellt sich diese Abkehr vom Traditionellen als pragmatische Annäherung des Instituts an die internationale Entwicklung dar, vor allem aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen. In einer Zeit, als die Formalismus-Doktrin weniger streng gehandhabt wurde, orientierte sich das Institut auf den Entwurf und ebenso die Ausstellung funktionaler Waren. 1963 gab die Regierung schließlich die Kulturorientierung des Instituts zugunsten einer stärkeren Technisierung auf. Es wurde vom Ministerium für Kultur abgetrennt und dem »Deutschen Amt für Meßwesen und Warenprüfung« als technische und wirtschaftliche Prüfinstanz für gute Gestaltung unterstellt. Parallel dazu strukturierte man die Sammlung in einzelne Materialgruppen um und bewertete sie neu.

2. Die mittleren Jahre: Zurück zur Moderne

Bis zur erneuten Umorganisation 1972 führte die wirtschaftsnahe Phase zu mageren Jahren für die Sammlung: Sie erwarb nur etwa 900 Objekte. Die Verzeichnisse zeigen, dass der Bestand mitunter als Gebrauchsinventar und nicht nur für Ausstellungen diente. Nach deren Ablauf wurden viele Möbel, Teppiche oder Lampen zur repräsentativen Raumausstattung im Amt selbst benutzt oder sogar an die Mitarbeiter verkauft – und linderten damit die DDR-typischen Beschaffungssorgen. Das verweist einerseits auf die schlechten Lagerbedingungen für die Sammlung, die zur Reduzierung zwangen, andererseits darauf, dass die so vertriebenen Einrichtungsgegenstände etwas Besonderes waren und von den Institutsmitarbeitern geschätzt wurden. Gut gestaltete Produkte eigneten sich als Distinktionsmerkmale, machten sie doch immer nur einen kleinen Teil der tatsächlichen Produktpalette aus.

Diese Alltagspraxis stand im Gegensatz zu ideologischen Forderungen, aber auch zu den sozialen Hoffnungen vieler Gestalter, etwa in der hauseigenen Zeitschrift »form+zweck«: Neuartige, funktionale Einrichtungsgegenstände, die auf die neue Fertigteil- und Typenbauweise abgestimmt waren, könnten eine optimale Lebensumwelt für den »sozialistischen Menschen« schaffen und ihn gleichsam mit heranbilden. Das setzte ihre ständige Verfügbarkeit voraus und blieb daher überwiegend politische Rhetorik. Hochwertig Gestaltetes war nicht die Regel in der Warenwelt der DDR und daher selbst für Staatsangestellte nicht immer leicht zu beschaffen. 

Wanderausstellung »Gute Form«, Stralsund 1964
(Foto: Georg Eckelt; aus: Amt für industrielle Formgestaltung [Hg.], Design in der DDR. Projekte, Prozesse, Produkte. Materialien zu einer Ausstellung, Berlin [Ost] 1988, S. 28 oben rechts)

In den 1960er-Jahren gewann die Übernahme von Haushaltsgegenständen und -technik aus der aktuellen Massenproduktion an Bedeutung, etwa beim Porzellan, das meist von den großen Herstellern Colditz, Kahla oder Meißen angekauft wurde. Eine neue Tendenz war zugleich, dass das Amt gezielt nach Designbeispielen der Vorkriegsmoderne für die Sammlung suchte, vor allem von Bauhaus-Künstlern entworfene Stahlrohrmöbel, Lampen oder Textilien. Diese Orientierung auf die noch kurz zuvor offiziell verrufene Moderne ist bemerkenswert, wenn man sich vor Augen führt, wie sehr diejenigen Designer und Juroren, die kombinierbare Montagemöbel, undekorierte Vasen oder schwarze Tassen vorgestellt hatten, noch nach der V. Kunstausstellung der DDR 1962 ihre Arbeit gegen ideologische Angriffe rechtfertigen mussten.[21] In der Ausstellung »Funktion Form Qualität«, in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre in verschiedenen osteuropäischen Hauptstädten gezeigt, präsentierte das Institut dann erstmals Werkbund- und Bauhaus-Produkte und stellte die ostdeutsche Gestaltung damit in deren durchaus bürgerliche Traditionslinie.[22]

Ausstellung »Funktion Form Qualität« des Zentralinstituts für Gestaltung, Blick in den Bereich Arbeitsumwelt/Verkehr, Warschau 1967/68
(aus: Amt für industrielle Formgestaltung [Hg.], Design in der DDR. Projekte, Prozesse, Produkte. Materialien zu einer Ausstellung, Berlin [Ost] 1988, S. 29 oben rechts)

Solche Tendenzen als Spiegel der sich immer internationaler orientierenden DDR-Wirtschaft und eines modernen Lebensstils zeigten sich noch in anderen Sammlungsbereichen: Kunststoff in allen Verwendungen wurde angekauft, vom Spielzeug bis zu Toilettendeckeln, und damit die Umorientierung von der »angewandten Kunst« hin zum Alltagsdesign vollzogen, mit dem sich die Kunsthochschulen bereits befassten. Elektrogeräte wie Kaffeemaschinen, Lampen, Nähmaschinen, Radios, »Heißluftduschen« oder Campinggeschirr kamen regelmäßig hinzu. Produkte von Institutsmitarbeitern oder Professoren und Studenten der Kunsthochschulen wurden dabei ebenfalls erworben.

Endgültig zur Designzentrale der DDR wurde die nun zum »Amt für industrielle Formgestaltung« (AiF) gewandelte Einrichtung nach 1972. Direkt dem Ministerrat unterstellt, waren die Erwartungen in seine erzieherischen und steuernden Fähigkeiten wohl groß. Thematische Ausstellungen in Ost- wie Westeuropa präsentierten Design aus der DDR als Leistungen der DDR. Im ostdeutschen Staat selbst war Leipzig neben Berlin die wichtigste Bühne für Ausstellungen zur Formgestaltung, im Grassi-Museum für Kunsthandwerk und in Verbindung mit den internationalen Mustermessen, der Drehscheibe des Ost-West-Austauschs. Schon zwischen 1958 und 1965 hatten die Prüfung und Verleihung der »Goldmedaillen für hervorragende Formgebung« auf der Messe zu den Aufgaben des Instituts gehört, ab 1978 war es der Preis »Gutes Design«. 

Ausstellung »Funktion Form Gebrauch«, Entwürfe für Spielzeug, Magdeburg 1977
(aus: Amt für industrielle Formgestaltung [Hg.], Design in der DDR. Projekte, Prozesse, Produkte. Materialien zu einer Ausstellung, Berlin [Ost] 1988, S. 30/Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Berlin)

Solche Ausstellungen des Amts und die in Konkurrenz dazu von Gestaltern selbst organisierten Expositionen des Verbands Bildender Künstler der DDR waren oft die einzige Möglichkeit für die Bürger, sich von aktuellen Designideen und dem Besten aus der Produktion ein eigenes Bild zu machen. Ähnlich wie in Kunstausstellungen konnte das Publikum vor diesen Waren Gesellschaftskritik üben, verhüllt in Bewunderung oder Ablehnung.[23] Denn selbst in den Kunstgewerbemuseen der DDR fristete das aktuelle Design aus Beschaffungsnot und dem ideologischen Zwang, keine unerfüllbaren Bedürfnisse zu wecken, eine Randexistenz – trotz der Ausstellungsbemühungen etwa des Grassi-Museums Leipzig[24] oder des Ost-Berliner Kunstgewerbemuseums, das in Köpenick eine kleine Dauerausstellung einrichtete.[25] Gut geformte Konsumgüter waren in der DDR häufig genug Luxuswaren, an die selbst Museumsdirektoren kaum herankamen – ein Luxus, der sich weniger in Preisunterschieden zu qualitativ Schlechterem zeigte als vielmehr in der nicht kalkulierbaren Verfügbarkeit. Dem wirtschaftsnahen AiF standen dagegen bessere Beschaffungswege offen. So hatte es die Möglichkeit, schon damals eine vielseitige Sammlung neuwertiger Waren aufzubauen.

Dieser Umstand macht rückblickend den Wert der Sammlung Industrielle Gestaltung deutlich. Mit ihr entstand ein einzigartiger Fundus an wichtigen Produkten, Ideen und Vorbildern des Designs in der DDR, der bis heute seinesgleichen sucht. Sie verkörperte damit schon in ihrer Entstehungszeit Utopien jenseits der Wirklichkeit: zum einen diejenige einer in allen Bereichen modernen und leistungsfähigen DDR-Herstellerindustrie, zum anderen diejenige einer technikgeprägten, dem Anspruch nach sozialistischen und zugleich schönen Lebensumwelt für die Nutzer.

3. Die späten Jahre: Die Sammlung wird historisch

Ab 1978 baute das AiF seine Sammlung weit über den Ausstellungsbedarf und zunehmend historisch aus. Einerseits wurden weiter vorwiegend Porzellan, Glas, Spielzeug, Textilien erworben – und nach 1978 Belegstücke solcher Waren, die mit dem neu etablierten Preis »Gutes Design« prämiert wurden.[26] Durch diese Dokumentation gelangten auch technische Geräte wie Lötkolben oder Messgeräte in die Sammlung. Parallel dazu kamen jedoch aus dem Kunsthandel oder aus Privathand historische Einzelstücke oder ganze Nachlassteile älterer Designer hinzu. Grafik- und Verpackungsdesign ergänzte vor allem mit Entwürfen und Plakaten das Sammlungsprofil. Nur nach genauerer Beschäftigung mit der Arbeit des Amts und seiner Abteilungen ließe sich sagen, was davon für Ausstellungen zielgerichtet erworben wurde und was als Belegsammlung. Diese Profilerweiterung war umsetzbar wegen der Kulturpolitik der Ära Honecker, die neben »Tradition« explizit auch (bürgerliches) »Erbe« zuließ, den Staat nach außen legitimieren half und im Innern mehr thematische Spielräume schuf. Für die Designsammlung bedeutete die größere kulturpolitische Offenheit, dass nun auch verstärkt der Erwerb von »kapitalistischem« Kulturgut möglich war und die Entwicklung in der DDR damit in eine spezifische deutsche Herkunft eingeordnet werden konnte. Bemerkenswerte Erwerbungen waren etwa Möbel von Richard Riemerschmid und Thonet oder historische Alltagsgegenstände. Objekte und Zeichnungen von bedeutenden DDR-Designern der ersten und zweiten Generation ergänzten die Sammlung. Dazu gehörten Entwurfszeichnungen aus dem Nachlass der Bauhaus-Metallgestalterin und kurzzeitigen Institutsmitarbeiterin Marianne Brandt, Gläser der Gefäßgestalterin Margarethe Jahny oder eine ganze Serie von Mustermöbeln des ebenfalls am Bauhaus ausgebildeten vielseitigen Architekten Franz Ehrlich für die Ausstellung »neues leben – neues wohnen« in Berlin-Fennpfuhl 1962.

Blick in die Ausstellungsräume im Designzentrum, Berlin (Ost) 1988
(Foto: Hein Köster; aus: ders., Einblicke Ausblicke, Berlin 1991, S. 22)

Seit 1987 zeigte die Ausstellungsabteilung in einem neu gegründeten Designzentrum in Berlin-Mitte erstmals eine kleine Dauerausstellung zu ihrer Frühgeschichte und gab dem bis dahin anonymen Archivbestand den Namen »Sammlung Industrielle Gestaltung«. Während die DDR wirtschaftlich dahinsiechte und kaum gestalterische Innovationen umgesetzt werden konnten, entwickelte man hier ein Museum der Alltagsdinge mit ostdeutschem Einschlag, bezog sich bei vielen Erwerbungen auf das moderne Konzept der »Alltagskultur« und bemühte sich um Distanz zum elitären traditionellen Kunstgewerbemuseum. 1978 bis 1988 kamen auf diese Weise etwa 2.500 Objekte in den Bestand, meist anonym gestaltete Vorkriegsdinge aus Wohnungs- oder Werbemittel aus Geschäftsauflösungen, darunter viel privat Gesammeltes. Bis 1990 waren es noch einmal fast 1.800 Objekte, 1990 sogar aus Einkäufen in einem Lager der bis dato geheimnisvollen und nur exportierenden »Kunst und Antiquitäten GmbH« des Bereichs Kommerzielle Koordinierung (KoKo). Als im Frühjahr 1990 die Währungsunion schon absehbar war, kauften sich die Beteiligten der »Sammlung Industrielle Gestaltung« quer durchs Sortiment eines Ost-Berliner Spielwarenhauses und sicherten damit noch einmal Produktbelege eines untergehenden Landes.

4. Fazit

Die Struktur der Sammlung ist nicht ohne die Arbeit des Instituts oder Amts zu denken, sie war von ihm geprägt. Aber das Amt war nicht deckungsgleich mit der Sammlung. Nur gelegentlich fanden die am Institut entworfenen Produkte ihren Weg in die Sammlung – Entwicklungsarbeit und Warenprüfungen waren offenbar davon weitgehend getrennte Aufgabenfelder. »Vorsozialistisches« Design wurde erst gesammelt, als die Formalismusdebatte abebbte. Parallel zur Tendenz eines auf DDR-spezifische »Traditionen« und gesamtdeutsches »Erbe« orientierten Designmuseums um 1980 trat das Interesse an Alltagsdingen, Anonym- und Verpackungsdesign hinzu. In der Ära Honecker wurde die Sammlung musealer, beschäftigte sich mit der materiellen Kultur der Vorkriegszeit und deren Nachwirkungen in der DDR. Dagegen war sie am Ende der DDR kein Spiegel der ostdeutschen Warenwelt – sie hatte auch nie den Anspruch, in allen Bereichen der Konsumgüterproduktion vertreten zu sein. Die Abteilung Ausstellungen/Sammlung konnte oft direkt vom Hersteller gut Gestaltetes erwerben, was nicht repräsentativ für die DDR war, weil vieles nur in kleinen Mengen oder auf verschlungenen Wegen verkauft wurde.

Zeigt diese Sammlung nun den Alltag der DDR, mit seinen Unzulänglichkeiten, den vielen un-gestalteten und zum Teil schon aus zeitgenössischer Sicht rückständigen Waren? Diese Frage muss für die Phase bis 1990 klar verneint werden. Erst in den Neuerwerbungen der Nachwendezeit, als die Sammlung das Amt überlebt hatte, Hein Köster und seine Mitarbeiter sich als Nachlassverwalter und Archäologen »entschwundener Lebenswelten« verstanden,[27] trat diese Tendenz deutlicher zutage. Design hatte das AiF auf dem Gebiet der DDR als erste Institution systematisch gesammelt – dagegen mussten aus der Rückschau Objekte gefunden werden, die den Alltag geprägt hatten.

Sichtbar wird an der Sammlungsgeschichte auch, dass das Verhältnis zwischen »Formgestaltung« und Politik im geteilten Nachkriegsdeutschland differenzierter betrachtet werden muss. Politische Kampagnen der SED bewirkten unter Gestaltern und auf Leitungsebenen manche Einschnitte, konnten langfristig jedoch kein sozialistisches Sonder-Design verordnen – schon deshalb nicht, weil derartige Vorgaben wirtschaftlich unrealistisch waren. Daher muss die Forschung zur materiellen Kultur nicht nur ideologische Direktiven beachten, sondern ebenso die sozialen und ökonomischen Interessen der Verwaltungen und Betriebe. Zum Verständnis unabdingbar sind schließlich die oft konkurrierenden Entwicklungen in beiden deutschen Staaten.[28] Produktdesign wurde immer auch als Symbol für die Leistungsfähigkeit des eigenen Landes gesehen und genutzt. Wichtig bleibt es deshalb, die öffentlichen Vermittlungsstrategien sowie die in Ost und West jeweils beteiligten Akteure im Auge zu behalten.

Nach Vorgesprächen mit der Gesellschaft für Designgeschichte plant das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland für 2016 eine erste Sonderausstellung mit Bezug zum Berliner Bestand, zur Arbeit des Amts für industrielle Formgestaltung in der DDR. Die Sammlung und die bisherige Debatte liefern dafür reichlich Anregungen – auf die Präsentation und die weitere Diskussion darf man gespannt sein.

Anmerkungen:

[1] Der Beitrag ist die gekürzte und überarbeitete Fassung eines Vortrags auf der 6. Jahrestagung der Gesellschaft für Designgeschichte, Berlin, 3./4.5.2013; siehe <http://www.gfdg.org/jahrestagung-2013/beitraege>. Ich danke der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland für die Genehmigung, in die Inventare Einblick nehmen zu dürfen. Für Gespräche und Hinweise danke ich Hein Köster, Günter Höhne, Karl-Heinz Burmeister sowie Günter Schade, alle Berlin. Anm. der Red.: Von 2008 bis 2012 war die Autorin als Mitarbeiterin der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wissenschaftliche Leiterin der Sammlung Industrielle Gestaltung.

[2] Siehe die Darstellungen durch das Museum selbst unter <http://www.hdg.de/berlin/sammlung/> oder etwa: Mike Lukasch, Klassiker für die Kulturbrauerei. Neuer Ausstellungsstandort entwickelt sich, in: Museumsmagazin, H. 4/2012, S. 37. Dagegen: Pauline Klünder, Am Profil vorbei, in: design-report, H. 1/2012, S. 10; oder: Gesellschaft für Designgeschichte, Offener Brief an die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, Juni 2012.

[3] Eine ausführlichere Darstellung der Bestände gibt es bisher nur bei Hein Köster, Einblicke Ausblicke, Berlin 1991. Auf der Museumswebsite finden sich neben einem kurzen Sammlungsüberblick etwa 1.200 Einzelstücke in der Objektdatenbank SINT (wenn man das Suchwort »SIG« eingibt), jedoch keine repräsentative Auswahl; vgl. <http://sint.hdg.de:8080/SINT5/SINT/>.

[4] Siehe die Darstellung der die Sammlung fördernden Stiftung Industrie- und Alltagskultur: Historie, Struktur und Gegenwart der Sammlung Industrielle Gestaltung, o.D., URL: <http://www.stiftung-industrie-alltagskultur.de/index.php?id=26>. Neben Bestandsdarstellungen gibt es dort auch einen ausführlichen Abriss der Museums- und Ausstellungsgeschichte sowie die wichtigste Forschungsliteratur zum DDR-Design.

[5] Die aktuellen Debatten um den Stellenwert der dinglichen Überlieferung für die historische Forschung können hier nicht ausführlich dargestellt werden. Einen Überblick gibt etwa Andreas Ludwig, Materielle Kultur, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 30.5.2011, URL: <http://docupedia.de/zg/Materielle_Kultur>.

[6] Zu den wirtschaftlichen Bedingungen des DDR-Designs liegen neuere Forschungen bisher nur auf Englisch vor, v.a. Katharina Pfützner, »But a home is not a laboratory«: The Anxieties of Designing for the Socialist Home in the German Democratic Republic 1950–1965, in: Robin Schuldenfrei (Hg.), Atomic Dwelling. Anxiety, Domesticity, and Postwar Architecture, London 2012, S. 149-168; Katrin Schreiter, European Aesthetic Convergence and the Common Market. A Case Study of Cold War East and West Germany, in: Matthieu Osmont u.a. (Hg.), Pour une lecture historique de l’européanisation au XXe siècle/Europeanisation in the 20th Century. The Historical Lens, Brüssel 2012, S. 129-149; dies., Germany’s Cold War on Display. The Political Aesthetics of German-German Relations 1949–1989, phil. Diss. University of Pennsylvania 2012.

[7] Zur Exportabhängigkeit des Designs vgl. etwa Schreiter, European Aesthetic Convergence (Anm. 6), bes. 142-147. Das Verhältnis Design – Politik – Wirtschaft wird aus Perspektive der Akteure dargestellt bei Christian Wölfel/Sylvia Wölfel/Jens Krzywinski (Hg.), Gutes Design. Martin Kelm und die Designförderung in der DDR, Dresden 2014.

[8] Der größte Teil der Akten des AiF befindet sich heute im Bundesarchiv Berlin. Aufschlussreich dürften gleichfalls die Akten der Staatssicherheit beim BStU zur Arbeit des Amts bzw. zum Handeln einzelner Mitarbeiter sein.

[9] Basis für Aussagen über Sammlungsobjekte, Erwerbungen und Entwicklungen sind die Inventarbücher der Sammlung Industrielle Gestaltung von 1952 bis 1990. Die Fundstellen und Inventarnummern werden im Folgenden nicht explizit genannt; sie lassen sich über das Erwerbungsjahr erschließen.

[10] Dieser Zahl liegen Schätzungen aus den Inventarbüchern zugrunde.

[12] So auch das Wende Museum in Los Angeles oder selbst die Designsammlungen des Grassi-Museums für Angewandte Kunst Leipzig bzw. der Neuen Sammlung München, die erst in den letzten Jahren aufgebaut wurden.

[13] Siehe v.a. Martin Sabrow u.a. (Hg.), Wohin treibt die DDR-Erinnerung? Dokumentation einer Debatte, Göttingen 2007; Katrin Hammerstein (Hg.), Aufarbeitung der Diktatur – Diktat der Aufarbeitung? Normierungsprozesse beim Umgang mit diktatorischer Vergangenheit, Göttingen 2009; aus verschiedenen Perspektiven auch: Monika Deutz-Schroeder/Klaus Schroeder, Soziales Paradies oder Stasi-Staat? Das DDR-Bild von Schülern – ein Ost-West-Vergleich, Stamsried 2008; Martin Sabrow (Hg.), Erinnerungsorte der DDR, München 2009; Thomas Großbölting (Hg.), Friedensstaat, Leseland, Sportnation? DDR-Legenden auf dem Prüfstand, Berlin 2009.

[14] Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien, Fortschreibung der Gedenkstättenkonzeption des Bundes, in: Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Drucksache 16/9875, 19.6.2008, S. 10.

[15] Der Begriff »Design« galt im offiziellen Sprachgebrauch der DDR von Beginn an als westlich und wurde bis zu einem von der Sowjetunion ausgehenden, auf internationale Akzeptanz zielenden Umschwung 1978 peinlich vermieden; danach ersetzte er »Formgestaltung« aber vollständig.

[16] Die Fotothek lieferte ab 1955 das Material für die Warenkunde Form und Dekor, für die einzige Design-Zeitschrift der DDR – form+zweck (1956–1990) – sowie für Einzelpublikationen und Vorträge.

[17] Mart Stam, Neues Institut für industrielle Gestaltung, in: Berliner Rundschau, 13.6.1951; zit. nach Simone Hain, Mart Stam in der DDR. »...spezifisch reformistisch bauhausartig...«, in: form+zweck, H. 2-3/1991, S. 10, Anm. 13, bzw. ders., Entwurf ›Institut für industrielle Gestaltung‹, in: Hiltrud Ebert (Hg.), Drei Kapitel Weißensee. Dokumente zur Geschichte der Kunsthochschule Berlin-Weißensee 1946 bis 1957, Berlin 2004, S. 79ff. Ein explizites Konzept der jungen Sammlung ist ebensowenig bekannt wie eine ausführlichere Objektdokumentation.

[18] Vgl. dazu Achim Beier, Die Stellung der Leipziger Messe in der DDR bis zum Mauerbau (1949 bis 1961), in: Hartmut Zwahr/Thomas Topfstedt/Günter Bentele (Hg.), Leipzigs Messen 1497–1997. Gestaltwandel, Umbrüche, Neubeginn, Teilband 2: 1914–1997, Köln 1999, S. 655-665; Schreiter, European Aesthetic Convergence (Anm. 6).

[19] Stams Nachfolger ordnete sich programmatisch der Parteilinie der »nationalen Traditionen« unter; siehe: Institut für angewandte Kunst, Rede des künstlerischen Leiters des Instituts für angewandte Kunst, Walter Heisig, anläßlich einer Tagung der Entwerfer für Industrieerzeugnisse in der Deutschen Akademie der Künste, in Berlin am 20. Januar 1953 [Berlin 1953].

[20] Das Berliner Institut teilte auf Ministerratsbeschluss seine Zuständigkeit fortan mit dem von Horst Michel geleiteten Institut für Innengestaltung an der Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar sowie dem Forschungsinstitut für Innenarchitektur der Deutschen Bauakademie in Berlin. Siehe Heinz Hirdina, Gestalten für die Serie, Dresden 1988, S. 50f.; Siegfried Gronert, Horst Michel und das Institut für Innengestaltung. Der Weimarer Beitrag zur industriellen Formgebung in der DDR, in: Frank Simon-Ritz/Klaus-Jürgen Winkler/Gerd Zimmermann (Hg.), »Aber wir sind! Wir wollen! Und wir schaffen!« Von der Großherzoglichen Kunstschule zur Bauhaus-Universität Weimar, Weimar 2012, Bd. 2, S. 147-174.

[21] Vgl. Hein Köster, Schmerzliche Ankunft in der Moderne. Industriedesign auf der V. Deutschen Kunstausstellung, in: Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (Hg.), Wunderwirtschaft. DDR-Konsumkultur in den 60er Jahren, Köln 1996, S. 96-103.

[22] Diese Wendung ist am Erscheinen mehrerer Monographien zum Bauhaus ab 1963 ablesbar; vgl. Hirdina, Gestalten (Anm. 20), S. 155, Anm. 200; Hein Köster, Eine schwierige Begegnung. Bauhaus und Bauhausrezeption im Osten, in: MuseumsJournal, H. 3/2009, S. 17ff.

[23] Pointierte Meinungsäußerungen zeigen viele der in der Sammlung erhaltenen Besucherbücher. Vgl. auch Bernd Lindner, Kunstrezeption in der DDR, in: Günter Feist/Eckhart Gillen/Beatrice Vierneisel (Hg.), Kunstdokumentation SBZ/DDR 1945–1990, Berlin 1996, S. 62-93.

[24] Das Grassi-Museum für Kunsthandwerk zeigte etwa in den 1960er-Jahren die Ausstellungsreihe »DDR-Form« in Zusammenarbeit mit Horst Michel und dem Rat für Formgestaltung, die jedoch bald wieder eingestellt wurde.

[25] Freundlicher Hinweis von Günter Schade, dem langjährigen Direktor dieses Museums.

[26] Textilien, Kleidung, Schuhe, Lampen, Möbel und Spielzeug oder elektrische und elektronische Geräte wurden am häufigsten ausgezeichnet und oft in die Sammlung übernommen. Die Leichtindustrie produzierte zunehmend gegen westliche Devisen, wobei die Versorgung in der DDR litt.

[27] Vgl. Köster, Einblicke Ausblicke (Anm. 3), S. 34ff.

[28] Vgl. Gert Selle, Geschichte des Design in Deutschland, Frankfurt a.M. 2007; Günter Höhne (Hg.), Die geteilte Form. Deutsch-deutsche Designaffären 1949–1989, Köln 2009.

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