Von Zetteln und Apparaten

Subjektivierung in bundesdeutschen und britischen Arbeitsämtern der 1970er- und 1980er-Jahre

  1. Großbritannien: Selbstbedienung und Effizienz
  2. Bundesrepublik Deutschland: Warten und Vermitteln
  3. Fazit: Warten und Selbstbedienung

Anmerkungen

Siegfried Kracauer prägte nach dem Besuch von Berliner Arbeitsämtern im Jahr 1930 den Topos von den Raumbildern als »Träume[n] der Gesellschaft«, als Chiffren, deren Interpretation den »Grund der sozialen Wirklichkeit« freilege.[1] Die Arbeitsämter, die Kracauer vorfand, waren dunkle, unwirtliche Orte, die in ihrer räumlichen Lage und Ausstattung die soziale Deprivation und Marginalisierung von Arbeitslosen in den Jahren der Weltwirtschaftskrise abbildeten. Laut Kracauer befanden sich die Arbeitsämter in den »dunkelsten Regionen«, »am äußersten Ende«, »in den Hinterhäusern der Gesellschaft«. Das »Warten« in den Amtsräumen werde für die Erwerbslosen »beinahe zum Selbstzweck«.[2] Wenige Jahre nach Kracauer verfasste George Orwell seine essayistische Reportage »The Road to Wigan Pier« über die soziale Lage von Arbeitslosen im Nordwesten Englands. Dort sei das erzwungene Warten auf öffentliche Unterstützungsleistungen zu einem Stigma der Arbeiterklasse geworden, das deren Abhängigkeit und Obstruktion signalisiere: »This business of petty inconvenience and indignity, of being kept waiting about, of having to do everything at other people’s convenience, is inherent in working-class life.«[3] Das Albtraumbild des abhängigen Wartens stand demgemäß am Anfang der Verwaltung von Arbeitslosigkeit, die im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert den Arbeitsmarkt, den sie verwaltete, gleichzeitig mit hervorbrachte und normalisierte.[4]

Wartesituation in einem West-Berliner Arbeitsamt in der Sonnenallee, 1982
(Bundesarchiv, B 145, Bild-P 109962)

Die folgenden Überlegungen beschäftigen sich mit den Arbeitsverwaltungen in der Bundesrepublik Deutschland und in Großbritannien während der 1970er- und 1980er-Jahre als Traumbilder ihrer Gegenwart, als Orte, an denen unter den Bedingungen anhaltender Massenarbeitslosigkeit und der Umstrukturierung von Arbeitsmärkten soziale Realität verhandelt wurde. Den Herausforderungen der Märkte waren die Reformen der Politik wenige Jahre zuvorgekommen. Seit den 1960er-Jahren wurden in vielen westeuropäischen Staaten sogenannte »aktive Arbeitsmarktpolitiken« initiiert, die, mit Vollbeschäftigung rechnend, darauf zielten, regionale und sektorale Ungleichgewichte in den nationalen Arbeitsmärkten abzubauen, die Verwissenschaftlichung von Arbeitsmarktpolitik und -verwaltung zu fördern, aber auch Abläufe der Arbeitsverwaltungen zu modernisieren. In diesen Kontexten wurden die bundesdeutschen Arbeitsämter reorganisiert und technisiert, während in Großbritannien seit 1973 modernisierte Jobcentres eingerichtet wurden.

Der Aufsatz soll den dinglichen Aspekten der Reformpolitiken, den Materialitäten der Modernisierung auf die Spur kommen. Diese Perspektive beruht auf der Annahme, dass Verwaltungsvorgänge in modernen Anstaltsbürokratien nur dann adäquat beschrieben werden können, wenn dingliche Aktanten einbezogen werden. Akten und Aktenordner ermöglichen das Klassifizieren und Sortieren personenbezogener Daten.[5] Kommunikation von Information wird durch Apparatetechnik realisierbar und geregelt. Büroausstattungen bilden Beratungskonzepte ab. Entsprechend funktionieren moderne Arbeitsverwaltungen durch ihre Verwaltungsdinge: den Wartenummern-Apparat, das Formular des Vermittlungsgesuchs oder die Datenbank mit Stellenangeboten. Das soziotechnische Gefüge der Verwaltung von Arbeitslosigkeit wird im Folgenden im Sinne der Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) in ihren »Übersetzungen« zwischen dinglichen Aktanten (Akten, Apparaten) und den Akteuren des Arbeitsamtes beschrieben.[6] Zu betrachten ist dabei insbesondere der vermehrte Einsatz von Apparaten und EDV-Systemen in den Arbeitsverwaltungen während der 1970er- und 1980er-Jahre. Eine von der ANT inspirierte Analyse der Mensch-Technik-Interaktionen der Arbeitsverwaltungen als poröses Wechselspiel anthropologischer und technisch-dinglicher Welten kann damit auch einen Beitrag zur aktuellen zeithistorischen Forschung über die Konsequenzen der Computerisierung in öffentlichen Verwaltungen seit der Mitte des 20. Jahrhunderts leisten.[7]

Für den Aufsatz zentral ist die Frage nach der Erfahrungsgeschichte von bzw. mit Dingen des Arbeitsamtes und ihrer Rolle in Subjektivierungsprozessen[8] von Arbeitslosigkeit: Wie wird das arbeitslose Subjekt auf dem Amt regiert, und wie regieren sich arbeitslose Subjekte in Verwaltungskontexten selbst? Andreas Reckwitz zufolge eröffnet die ANT eine wichtige Dimension, um Subjektivierungsprozesse als Zusammenspiel gesellschaftlicher, kultureller, aber auch materialer und technischer Prozesse und Dinge zu begreifen.[9] Subjektivierung wird entzifferbar als Netz sozialer Praktiken, das aus kulturellen Sinnzuschreibungen geknüpft ist, aber gleichermaßen aus materiellen Artefakten oder technischen Apparaten besteht.

»Abreißen und Aufruf abwarten!« Kasten mit Nummernrolle aus dem Arbeitsamt Berlin-Kreuzberg (vor 1989)
(Deutsches Historisches Museum)

Um die Organisation von Subjekten in komplexen Verwaltungsvorgängen zu verstehen, ist die Erkenntnis wichtig, dass einerseits Subjektivierungsprozesse innerhalb symbolischer Ordnungen von Regeln oder Gesetzen ablaufen, dass jedoch andererseits die materiellen Gegebenheiten der Verwaltungsdinge subjektivierend wirken. Die alltägliche soziale Praxis der Arbeitsverwaltung wird von Dingen, ihren Aneignungen und ihrem Gebrauch geprägt: Der Wartenummern-Apparat spuckt kleine Zettel aus, das Stellengesuch wird gelesen, die Datenbank funktioniert nicht. Arbeitslose und Angestellte im Arbeitsamt sind beiderseits, aber mit jeweils unterschiedlicher Agency, in dingliche Subjektivierungsprozesse eingebunden. Der Angestellte kann sich bis zu einer gewissen Grenze in den Verwaltungsdingen aneignend und gestaltend bewegen, der Arbeitslose ist ihnen tendenziell unterworfen. Der Angestellte betätigt das Aufrufsignal, der Arbeitslose muss darauf reagieren – ignorierend, folgsam, erschreckt oder anderweitig. Die materialen und technischen Ausstattungen britischer und westdeutscher Arbeitsverwaltungen sind in diesem Sinn nicht nur als dingliche Arrangements zu verstehen, sondern sie können, als Subjektivierungsarrangements interpretiert, die Mechanismen, Dynamiken und Asymmetrien der sozialen Herstellung und Reproduktion von Arbeitslosigkeit und Arbeitslosen verdeutlichen.

Mit der vergleichenden Betrachtung der britischen und westdeutschen Arbeitsverwaltungen, die zugleich die Gliederung des Aufsatzes vorgibt, werden zwei unterschiedliche Wohlfahrts- und Arbeitsmarktregime gewählt: der liberale, aber auch zentralistische Wohlfahrtsstaat Großbritannien mit seiner relativ kurzlebig korporatistisch regulierten Arbeitsverwaltung einerseits sowie die föderal und korporatistisch verfasste Anstaltsbürokratie der Bundesrepublik Deutschland mit ihren Traditionen aus der Weimarer Republik andererseits.[10] Die Pfadabhängigkeiten von Wohlfahrtsstaat und Arbeitsverwaltung definieren einen je eigenen Rahmen für Subjektkonzepte und Subjektivierungstechniken.

1. Großbritannien: Selbstbedienung und Effizienz

Eine staatliche Arbeitslosenversicherung existierte in Großbritannien seit 1911. Sie stand bei ihrer Gründung unter der Verwaltungshoheit des Board of Trade. Arbeitgeber und Gewerkschaften hatten lediglich beratende Funktion. Mit dem Employment and Training Act von 1973 wurde die Arbeitsverwaltung reformiert und die Manpower Services Commission (MSC) zur Verwaltung von Arbeitsvermittlung, Ausbildung und Umschulung eingesetzt.[11] In der MSC, die bis 1988 existierte, waren erstmals Gewerkschaften und Arbeitgeber an der Formulierung und Ausführung von Maßnahmen der Arbeitsverwaltung beteiligt. Kurzlebig und unter direkter Kontrolle des Department of Employment stehend, konnte sich die MSC jedoch kaum eigenständig auf dem Feld der Arbeitsmarktpolitik profilieren.[12] Im Zuge der Verwaltungsreformen wurden 1973 die Jobcentres neu eingerichtet. Sie lösten die seit 1910 bestehenden Einrichtungen der Arbeitsverwaltung ab, die Employment Exchanges.[13] Diese galten aufgrund ihrer geringen Legitimität bei Arbeitgebern und Gewerkschaften als bloße Versorgungseinrichtung niedrig Qualifizierter. Daneben beruhte ihr schlechtes Image auf der Wahrnehmung der Verwaltungsgebäude und -räumlichkeiten. Die Beratung der Arbeitslosen fand parzelliert, in abgetrennten Einzelkojen statt, wenn nicht administrative und finanzielle Angelegenheiten im Schalterbetrieb geregelt wurden. Das räumliche Gefüge drängte den Arbeitslosen in die Rolle des Bittenden; es unterstellte ihm Handgreiflichkeiten und kriminelles Potential, das eingehegt werden müsse. Im Zentrum der Kritik an den Employment Exchanges stand denn auch ihr »dole queue«-Image.[14] Das Bild der anstehenden Menschen, die auf Auszahlung ihres Stempelgeldes (dole money) warteten, war zum Symbol der bedrohlichen Massenarbeitslosigkeit der Zwischenkriegszeit geworden. Noch 1979 taugte die »dole queue« zum berüchtigten, von der Werbeagentur Saatchi & Saatchi entworfenen Wahlkampfmotiv der Konservativen: »Labour isn’t working«.[15] Wichtig bei der Neuregelung der behördlichen Zuständigkeiten war es deshalb, die Auszahlungsstellen für Arbeitslosenunterstützung von der Arbeitsvermittlung zu trennen. Die Jobcentres waren nur noch für die Vermittlung zuständig. Damit war das Warten nicht aus dem Leben britischer Arbeitsloser verschwunden, aber aus dem Erscheinungsbild der neu gestalteten Arbeitsvermittlungen.

Das erste Jobcentre wurde in Reading eröffnet. Bis Ende 1973 waren bereits 17 Jobcentres landesweit vorhanden. 1976 gab es 217 Jobcentres, die damit ein Viertel der staatlichen Arbeitsvermittlungsstellen in Großbritannien ausmachten.[16] Teilweise modernisierte Employment Exchanges bestanden parallel weiter und wickelten Unterstützungszahlungen sowie Arbeitsvermittlungen ab. Die Einrichtung der Jobcentres machte die umfassenden Neustrukturierungen der britischen Arbeitsverwaltung in den frühen 1970er-Jahren äußerlich sichtbar, galten sie doch als »the spearhead of modernisation programme of the Employment Service Agency«.[17] Die Jobcentres waren bewusst in die Mitte der Ortschaften platziert: in Einkaufspassagen, historischen Stadtkernen oder an der örtlichen Hauptstraße. Sie sollten Jobsuche zu einem alltäglichen Geschäft werden lassen und die Scham- und Eingangsschwelle der Inanspruchnahme senken. Als Job Shop in einheitlichem Design von Ladenfront und Schaufenstern gestaltet, bewarben die Jobcentres ein modernes und kundenfreundliches Ladenimage: »Like Boots, Marks & Spencer or British Home Stores, the Jobcentreʼs […] flag sign and window design create a streamlined image and an instantly recognisable identity.«[18]

Jobcentre in Ruislip (West London), Oktober 1979,
Werbematerial der Manpower Services Commission (MSC),
aufgenommen am Tag der Eröffnung
(Archiv des People’s History Museum Manchester, NMLH 2001.20.562)

Das korporative Markenlogo des Jobcentre, in schwarz-weißer Schrift auf kräftigem Orange gehalten, setzte sich in den Innenräumen mit standardisiertem Design von Möblierung, Ausstattung und Informationsmaterial fort.[19] Die Entwürfe für das neue Behördenimage stammten von der Designabteilung der Property Services Agency (PSA), einer Unterabteilung im Department of Environment, die gleich der MSC im Zuge der Neuorganisation britischer Behörden in den frühen 1970er-Jahren gegründet worden war.[20] Die PSA, zuständig für die technische und materielle Ausstattung der Ministerien, entwickelte ein zentralisiertes Konzept zur Behördenmodernisierung. Das neue Corporate Design der Jobcentres sollte einerseits verbindliche Qualitätsstandards in Gestaltung und Material definieren, andererseits variabel in den verschiedenen öffentlichen Räumen einsetzbar sein.[21] Auch diese anwendungsbezogenen Gründe führten zu einer Art Filialsystem von Jobcentres mit ähnlichen Grundrissen und ähnlicher Ausstattung.

Informations- und Beratungszonen wurden in den Jobcentres lose getrennt. Die Schreibtische der Angestellten waren für die Besucher einsehbar und dienten gleichzeitig der Beratung. Eine insgesamt offen und flexibel angelegte Raumgliederung ersetzte die optischen Barrieren, die die Tresen und geschlossenen Beratungskojen der Employment Exchanges evozierten. In dem eigens entworfenen Mobiliar, den Schalensesseln in Informationszonen, sowie in Teppich und Dekor fand sich das orange dominierte »warm colour scheme« des Jobcentre-Markenlogos wieder.[22] Die Arbeitssuche sollte in einer freundlichen und entspannten Atmosphäre geschehen. In der Bewerbung ihres Angebots setzten sich die Jobcentres ausdrücklich vom »dole-image« ihrer Vorgängerinstitutionen ab: »People who did not use the old employment service because of bad sitting […] are much more willing to come into the new ones, conveniently located and with friendly, helpful staff.«[23]

Interieur eines Jobcentre, o.O., Februar 1979,
Werbematerial der Manpower Services Commission (MSC),
aufgenommen am Tag der Eröffnung
(Archiv des People’s History Museum Manchester, NMLH 2001.20.562)
Jobcentre in den 1980er-Jahren: Auswahl auf den Job-Pinnwänden
(Department for Work and Pensions, <https://www.flickr.com/photos/dwpgovuk/14994527774/>, CC BY-NC-ND 2.0)

Selbstbedienung statt Warten – dies war die entscheidende Subjektivierungstechnik des neuen Verwaltungskonzepts.[24] Die Idee hinter dem Jobcentre war der Job Supermarket, der die Stellenangebote dem Arbeitslosen offerierte und es ihm im Rahmen der dinglichen Arrangements ermöglichte, sich zu informieren.[25] Neben der Lage der Jobcentres in Einkaufsstraßen und Shopping Malls, der offenen Ladenfront und dem korporativen Branding bestand das vorrangige verwaltungstechnische Instrumentarium der Selbstbedienung in schlichten Stellwänden für Stellenangebote (sogenannten Vacancy Displays). Bis 1972 hatte die PSA 3.000 dieser einfachen, standardisierten Stellwände an die Jobcentres ausgeliefert.[26] Sie waren die erste Anlaufstelle für den Arbeitslosen beim Betreten der Jobcentres.[27] Eingehende und eingeworbene Jobangebote wurden auf vorgefertigten Karteikarten vermerkt, auf einem Steckdisplay angebracht und damit den Arbeitslosen respektive Besuchern der Jobcentres zugänglich gemacht. Die Stellenangebote waren nach Branchen sowie nach Angeboten für Männer und Frauen sortiert. Die Trennung der Geschlechter in der Arbeitsvermittlung der Employment Exchanges war 1960 abgeschafft worden. In der Anzeigensortierung setzte sie sich hingegen erst in den 1970er-Jahren allmählich durch – aufgrund der Geschlechtstypik spezifischer Berufsgruppen (Krankenschwester, Bauarbeiter etc.). Im Sinne des korporativen Designs der Jobcentres gab es Handreichungen mit Ordnungs- und Gestaltungshinweisen für die Job-Stellwände. Das Kartenangebot umfasste geschlechtsspezifisch gestaltete Karten für Berufsgruppen, Mottokarten und Karten für Titelzeilen, die es erlaubten, saisonale oder gestalterische Schwerpunkte zu setzen, unter anderem den »star job of the week« zu küren.[28] Den Angestellten wurde allerdings nahegelegt, auf eine schlichte und überschaubare Optik der Job-Pinnwände zu achten. Wie das Raumkonzept der Jobcentres sollten auch die Stellwände ein zurückhaltendes Serviceangebot offerieren: »Well-arranged, attractive looking vacancy displays draw people to them and encourage them to read the cards and enquire about the jobs on display.«[29]

Beratungsideal im neu eingerichteten Jobcentre in den 1970er-Jahren,
im Hintergrund die Job-Pinnwände
(Department for Work and Pensions, <https://www.flickr.com/photos/dwpgovuk/15591606486/>, CC BY-NC-ND 2.0)

Die Angestellten in den Jobcentres erhielten die Rolle von diskreten und serviceorientierten Dienstleistern. Sie wurden erst aktiv, wenn Besucher/innen ihr Interesse an einem Arbeitsangebot äußerten, und hatten dann mit dem potentiellen Arbeitgeber ein Bewerbungsgespräch zu vereinbaren. Das »screening« der Kandidaten sollte sich auf ein Minimum beschränken und nur Bewerbungen der »observedly unsuitable« verhindern.[30] Die Überprüfung von Qualifikation oder Eignung des Kandidaten oblag dem potentiellen Arbeitgeber, die Vermittlung der Kontaktdaten sollte schnell und unkompliziert verlaufen.[31] Wurde der Arbeitssuchende am Stellenaushang nicht fündig und hielt weitere Beratung für nötig, konnte er die Hilfe eines Angestellten in Anspruch nehmen. Erst in diesem Fall hatte der Arbeitssuchende ein Formular auszufüllen, das seinen Besuch im Jobcentre dokumentierte.[32] Daneben gab es in größeren Jobcentres oder speziellen Occupation Guidance Units (landesweit existierten 46) die Möglichkeit beruflicher Einzelberatung inklusive psychologischer Beratung oder psychometrischer Tests.[33]

Die bunte Welt der Werbeprospekte der britischen Arbeitsverwaltung versprach naturgemäß zu viel. Im Alltag der Jobsuchenden erschwerten die unverbindlichen Selbstbedienungsarrangements eingehende Beratung. Offizielle Selbstevaluationen der britischen Arbeitsverwaltung betonten zwar die numerisch erfolgreiche Vermittlungsquote der neuen Jobcentres, die über den Quoten der traditionellen oder modernisierten Employment Exchanges lag.[34] Die Forschungen des sozialreformerischen Institute for Community Studies hingegen betrachteten die soziale Lage britischer und bundesdeutscher Arbeitsloser im Vergleich und strichen in diesem Zusammenhang die höhere Beratungsbereitschaft der westdeutschen Arbeitsverwaltung gegenüber dem unverbindlichen britischen Verwaltungssetting heraus. Im untersuchten deutschen Fallbeispiel Saarbrücken würden die Arbeitsvermittler »more time and attention to each client than their British and French counterparts« geben.[35] Gleichfalls war von Beschwerden der Arbeitslosen über das Jobcentre in Bristol Ende der 1970er-Jahre die Rede: »Jobcentres are most unhelpful. They do not seem to realise you want a job. They seem to think they have done their duty just by registering you. Their attitude is wrong. I don’t want charity. I want a job.«[36] Der eher nachlässige Service der britischen Jobcentres klingt auch in Ratgebern für Arbeitslose der frühen 1980er-Jahre an, die in ihren Hinweisen zur erfolgreichen Stellensuche die Möglichkeiten der staatlichen Arbeitsvermittlung vergleichsweise kurz abhandelten: »Your interview should last about 20 minutes. You may only get a quick five minutes, with a few brief questions about the kind of work you want. If you feel you have been treated a bit cheaply, you can complain, and ask for proper treatment, but it may not help. […] It is up to you to keep in constant touch with the Jobcentre. If you assume that they will look after you, nothing will happen.«[37]

Die Vermittlungspolitiken hatten sich durch das neue Design der Jobcentres gegenüber den Employment Exchanges nur graduell verändert. Nach wie vor war das primäre Vermittlungsargument die Eignung (suitability) des arbeitssuchenden Kandidaten. Die Länge der Arbeitslosigkeit oder die soziale Lage des Arbeitslosen waren bereits in den Employment Exchanges für die Vermittlung von Arbeit nicht ausschlaggebend gewesen.[38] Die neuen Jobcentres transportierten in ihren dinglichen Arrangements aber eine konsequente Umsetzung von Selbstregierung der Arbeitslosen durch Selbstbedienung. Die Arbeitssuche war in die Verantwortung des Arbeitssuchenden gelegt, der sich aus dem Jobangebot bedienen konnte, aber auch, unabhängig von der Arbeitsmarktsituation, bedienen musste. Als räumliche Ordnung hatte dieses Subjektivierungsprogramm auch dann weiter Bestand, als die britische Arbeitsvermittlung in den 1980er-Jahren zu disziplinierenden Verwaltungsmaßnahmen zurückkehrte. Im Restart Course Programme der britischen Arbeitsverwaltung (1986 eingeführt) wurden alle Langzeitarbeitslosen, die älter als 18 Jahre waren, zum verpflichtenden Beratungsgespräch in die lokalen Jobcentres vorgeladen.[39] Bei Versäumnis des Termins oder folgender Termine bei anhaltender Arbeitslosigkeit drohten finanzielle Sanktionen. Der Job-Shop bot nicht mehr nur schlechte (Arbeitsplatz-)Ware an, er verpflichtete die Arbeitslosen auch zum Kauf. In der Kluft zwischen den disziplinierenden Verwaltungsmaßnahmen sowie der dinglich und technisch gestützten Selbstbedienungsrhetorik bilden sich letztlich die Aporien der Arbeitsmärkte der 1980er-Jahre und ihrer hybriden Subjektivierungsanforderungen ab.

Die Computerisierung der britischen Arbeitsverwaltung hatte in den 1960er-Jahren begonnen. Wie im britischen Regierungsapparat allgemein diente der Technikeinsatz damals primär der Verarbeitung von Massendaten in der Leistungsberechnung und für statistische Erhebungen.[40] Vereinzelte Programme zur Erprobung EDV-gestützter Vermittlungsverfahren existierten seit Mitte der 1970er-Jahre. Im durchschnittlichen Jobcentre blieb die einfache Stellwand aber bis mindestens in die 1980er-Jahre das hauptsächliche Verwaltungsinstrument offener Stellen. Dass Eigeninitiative im britischen Verwaltungssetting vorläufig der Technik nicht bedurfte bzw. dass Eigeninitiative den Vorrang vor Technikentwicklung hatte, mag auch ein Resultat britischer Spar- bzw. Rationalisierungspolitiken gewesen sein. Technikentwicklung, sei es High oder Low Tech, wurde seit den späten 1980er-Jahren vermehrt als Aufgabe des privaten Sektors betrachtet; speziell die Entwicklung von Computertechnik wurde aus öffentlich finanzierten Einrichtungen ausgelagert.[41]

2. Bundesrepublik Deutschland: Warten und Vermitteln

Als »Warte-Ämter« hat die Kulturwissenschaftlerin Britt Schlehahn die städtischen Neubauten von Arbeitsämtern bezeichnet, die um die Jahrhundertwende erstmals als solche konzipiert und gebaut wurden.[42] Einzige Dienstaufgabe der damaligen Ämter war die Vermittlung von Arbeit, die durch Ausrufen der Arbeitsmöglichkeiten im Warteraum erfolgte. Der Warteraum nahm in den bautechnischen Konzeptionen eine zentrale Position ein. Um ihn herum wurden Büros, Treppenhäuser, Flure, Ein- und Ausgänge funktional angeordnet. Warten war das zentrale Verwaltungsdispositiv des Arbeitsamtes. Durch historische Neu- oder Umorganisation von Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenunterstützung unterteilte bzw. veränderte sich das Warten auf dem Amt im Laufe der Zeit lediglich, wurde jedoch nicht grundsätzlich aufgegeben.

Auch die Neubauten von Arbeitsämtern in westdeutschen Großstädten während der späten 1960er- bis in die 1980er-Jahre änderten daran nichts. Nach einer ersten Aufbauphase von kriegszerstörten Arbeitsämtern in den 1950ern erlebte der öffentliche Verwaltungsbau, einschließlich der Arbeitsämter, einen erneuten Bauboom seit den späten 1960ern. Äußerlich solitäre Großbauten mit sachlich gestalteten Fassaden spiegelten den Planungsoptimismus einer Arbeitsgesellschaft wider, für die Vollbeschäftigung selbstverständlich geworden war. Signifikant für den ästhetischen Aufbruch der seit 1969 so benannten Bundesanstalt für Arbeit (vorher: Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung; ab 2004 dann: Bundesagentur für Arbeit) war der Neubau ihrer Zentrale in Nürnberg. 1970–1973 entstand hier das größte Verwaltungsgebäude der Bundesrepublik »südöstlich vom Stadtkern Nürnbergs in der Nähe der Meistersingerhalle und des Luitpoldhains«, wie es in den zeitgenössischen Beschreibungen des Bauplatzes heißt – das gleichfalls unmittelbar benachbarte Gelände der NS-Reichsparteitage nicht erwähnend.[43] Der moderne Bau wurde als »zweckbetont« und »zukunftsorientiert« gelobt, als »ein Instrument, das uns helfen wird, noch besser und erfolgreicher zu arbeiten«.[44]

Verwaltungszentrum der Bundesanstalt (seit 2004: Bundesagentur) für Arbeit in Nürnberg, Luftaufnahme von 2009
(Wikimedia Commons, Nicohofmann, Nuremberg Aerial Bundesagentur Arbeit, CC BY-SA 3.0)

In den Dienststellen der Bundesanstalt war das Leitbild die moderne und transparente Dienstleistungseinrichtung. Das seit 1975 geplante und 1981–1987 neu gebaute Arbeitsamt in München beispielsweise sollte sich nicht nur von außen durch eine »Ziegelmauerfassade« als »aufgelockert gestalteter und bürgerfreundlich gehaltener Komplex« präsentieren, sondern auch in der Innenausstattung »war man bemüht, für den einzelnen Bürger die Wege in dem riesigen fünfstöckigen Gebäude möglichst übersichtlich zu kennzeichnen«.[45] Allerdings erleichterten die »farblich markierte[n] Deckenschilder« vor allem »den Weg zu den in der gleichen Farbe gehaltenen Wartebereichen«.[46]

Erster Anlaufpunkt eines Arbeitslosen beim Besuch des Arbeitsamtes in den 1970er- und 1980er-Jahren war die amtliche Informationsstelle, nun Infotheke genannt, um sich anschließend in eine Wartezone zu begeben (von eventuell mehreren derartigen Zonen).[47] War der Aufruf der Wartenden bereits in Arbeitsvermittlungen um die Jahrhundertwende durch uniformierte Saaldiener und in den 1920er-Jahren »durch Glockenruf oder sonstwie« geregelt, wurden die Warteschlangen spätestens seit den 1980er-Jahren durch Wartenummern-Ausgabeautomat und Nummernanzeige reguliert.[48] Die sozialen Effekte der technisch geregelten Wartesituation bilden sich, zumindest perspektivisch gebrochen, in der Sozialkritik der Zeitgenossen ab. Noch 2001 vermutete der Soziologe Rainer Paris in essayistischen Ausführungen alltäglicher Beobachtungen, die Technik des Wartenummern-Automats reduziere zwar das Konfliktpotential von Vordrängeln und Verteilung, führe hingegen zu Vereinzelung und Anonymisierung der Wartenden, zumal die Zeit im Arbeitsamt nicht durch bequeme Sessel, angebotene Getränke, spannende Lektüre oder andere »Wartegeschenke« angenehm ausgestaltet werde.[49]

Diese Vermutungen bestätigen, wenngleich mit eigener sozialkritischer Intention, zeitgenössische, qualitative sozialwissenschaftliche Erhebungen. Im Rahmen der Untersuchung »Arbeitslosigkeit und Handlungskompetenz«, durchgeführt in den frühen 1980er-Jahren an der Universität Erlangen-Nürnberg, berichtete ein 48-jähriger arbeitsloser, kaufmännischer Angestellter über seine Erfahrungen mit der Wartenummer: »Ja, und dann holen Sie sich dort a Nummer ab, früh um 7 oder ½ 8 war ich dort, da is des, da is der Raum aber schon so gestopft voll, und dann hab ich – die Nummer weiß ich nimmer, jedenfalls war die dann so – um 11 oder ½ 12 war die an der Reihe, und so lange sitzen Sie halt da drin ne, und – da hängt an der Säule so a Abreißblätterle, und die Nummern, die leuchten dann auf, des ja / eh / mehrere Kabinen drin, und in der melden Sie sich halt dann, und füllen Ihre Belege aus.«[50] Ähnlich resignativ schilderte ein 25-jähriger arbeitsloser Schlosser, im gleichen Zusammenhang befragt, seine Warteerfahrung: »Ich weiß, ich weiß net warum, aber ich kam mir da beschissen vor. Ich kam da, des weiß ich noch, ich kam da morgens rein – dann saß ich da – kriegst da so, so a Nummer da und mußte da warten – ne. Na wartest da ne halbe Stunde, dann wartest a Stunde, na tut sich da nix – mußt doch endlich a Mal dran kommen, ne. Da sitzen vielleicht fünf Leut in dem Zimmer, ne – die sitzen da und warten da – mit dir, ne. Die warten genauso lang – na, nach zwei Stunden endlich geht a Mal die Tür auf, ne. Du bist – wieder net dran, ne. Dann sitzt halt wieder da und denkst ›Na ja jetzt geht’s los‹, ne. ›Jetzt fangen sie endlich an zu arbeiten.‹ […] Und mit der Zeit sitzt de dann da – zwei, drei Stunden, ne. Und fragst dich dann – ›Was soll ich denn hier?‹, ne. Sitzt da, da und bietest dich da an – des war so eigentlich mei, mei erster Eindruck, ne. So vom Arbeitsamt dann.«[51] Das Warten wurde passiv und meist ohne Kontaktaufnahme zu den anderen Wartenden hingenommen. Daneben klingt an, dass Wartesituation und Nummerierung das Selbstverhältnis des Befragten veränderten. Die soziale Distanz im Verhältnis zu »denen hinter der Tür« nahm im Verlauf des Wartens zu, und schließlich wurde die eigene Person in aller Passivität als Teil einer Marktsituation assoziiert (»und bietest dich da an«). Das Warten im Amt erschien als Teil eines Passageritus, der eine Rolle auferlegte: die Rolle des arbeitslosen Subjectums, des zum Warten verurteilten Untertans.

Insbesondere die drastisch ansteigenden Arbeitslosenzahlen seit Mitte der 1970er-Jahre, für die die Arbeitsämter nicht ausgelegt waren, gaben dem Warte-Dispositiv neues Gewicht. Da sowohl eine Arbeitsvermittlung als auch ein Antrag auf finanzielle Unterstützung in Form von Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe den Besuch des Arbeitsamtes und vor allem die Beratung durch einen dortigen Arbeitsvermittler bzw. Angestellten erforderte, vermehrten sich Wartesituationen und verlängerten sich die Wartezeiten.[52] Die vorherige Terminvereinbarung für Arbeitssuchende in den Beratungs- und Vermittlungsabteilungen während der frühen 1970er-Jahre hatte das amtliche Warteritual nur teilweise verändert.[53] Der Soziologe Siegfried Heinemeier, der die genannten Befragungen von »Arbeitslosigkeit und Handlungskompetenz« durchführte, wurde nach dem Finanzierungsende des zeitlich befristeten Forschungsprojekts selbst mehrere Monate arbeitslos und setzte seine Untersuchungen im Selbstversuch fort. Er bemerkte beim Warten auf dem Amt verschiedene Typen des Wartens, die sich nach den Abteilungen des besuchten großstädtischen Arbeitsamtes unterschieden. Seinen Beobachtungen zufolge wurde das Warten zu alternativen Tätigkeiten jenseits von Warten genutzt – zum Beispiel Lesen, Stricken, Kommunikation –, sofern vorterminierte Besuche in speziellen Beratungs- oder Vermittlungsabteilungen anstanden. Passiv und stumm gewartet werde dagegen in den stark frequentierten Leistungsabteilungen, den Abteilungen zur Regelung der finanziellen Arbeitslosenunterstützung.[54] Das dortige Diktat der Nummernausgabe bewirke, dass nur noch eine minimale Abstimmung über den Warteverlauf unter den Wartenden erfolge, und trotz der Menge der Wartenden werde die Nummernausgabe nicht dazu genutzt, sich zumindest kurzfristig autonom aus dem Wartesaal zu entfernen. Selbst die in den 1980er-Jahren bereits gängige Walkman-Technik diente laut Heinemeier nur vereinzelt dazu, das Warten eigensinnig zu gestalten und sich der Technik der Nummerierung womöglich zu entziehen.

Beratung in einem West-Berliner Arbeitsamt in der Sonnenallee, 1982
(Bundesarchiv, B 145, Bild-P 109965)

Die Beratung selbst erfolgte in den frühen 1970er-Jahren im Einzel- oder Großraumbüro in Sitzarrangements, die die Zugewandtheit des Beratenden und flache Hierarchien signalisieren sollten. Gleichwohl bestand der Rahmen der bürokratischen Herrschaft des »Beamten im Bureau« (Max Weber) der Zwischenkriegszeit weiter und transportierte seine behauptete Leistungsfähigkeit und Berechenbarkeit durch Arbeitsteilung, Amtshierarchie und Aktenmäßigkeit in Büroausstattung und Bürotechnik fortlaufend mit.[55] Auch im Vorgang der Arbeitsvermittlung bediente sich der »Beamte«, verstanden als Weber’scher Idealtyp, im Abgleich der Bewerberangebotskartei mit der Stellenangebotskartei klassischer Registerformate, die bereits während der 1920er-Jahre in der öffentlichen Arbeitsvermittlung üblich gewesen waren.[56] Die Leitbegriffe der Verwaltungstechnik blieben gleichfalls konstant: Schnelligkeit und Effizienz, aber auch »Peinlichkeit« (Genauigkeit) und die Objektivierung des Vermittlungsvorgangs, die sowohl soziale Kriterien (Dauer der Arbeitslosigkeit, Familienverhältnisse) wie Eignungskriterien umfassten, sollten mit Hilfe standardisierter Formulare der Aktenführung sowie ihrer Ablage- und Sortierungssysteme hergestellt und verbessert werden.

Die Selbstbedienung hielt Anfang der 1970er-Jahre mit neuen Verwaltungseinrichtungen und der Einführung von Apparatetechnik Einzug in die bundesdeutschen Arbeitsämter. Neue Institutionen der Selbstbedienung, die um 1970 (d.h. während stabiler Beschäftigungslage) geplant bzw. eingerichtet wurden, waren zum einen »City-Büros« zur Vermittlung von Zeitarbeit, zum anderen »Berufsinformationszentren« (BIZ), die ihren Zweck bis heute im Namen tragen. Zu den BIZ, die bis in die 1980er-Jahre in Großstädten aufgebaut wurden, kamen bundesweite »Berufsinformationsstellen« (BIS) und »Mobile Berufsinformationsstellen« (MOBIS) in kleineren Städten hinzu.[57] City-Büros wurden seit 1969 als kioskartige Einrichtungen und als »Shop im Shop« in Kaufhäusern und neuen Einkaufspassagen eingerichtet. Sie dienten dazu, bis dahin nicht erwerbstätige Frauen für Aushilfstätigkeiten im Bürobereich zu interessieren.[58] Auf der von den Initiatoren imaginierten Shoppingtour konnten die Frauen sich unverbindlich »über die Theke« hinweg informieren – mit der Möglichkeit, sich »jederzeit wieder zu entfernen«.[59] In den Folgejahren wurden die Zeitarbeits-Vermittlungsstellen vor allem für gewerbliche Berufe ausgebaut, sodass 1972 knapp 40 City-Büros bestanden.[60] Der erste Prototyp eines BIZ wurde in West-Berlin 1976 eröffnet.[61] Räumlich in Eigeninformations- und Unterrichtsbereiche aufgeteilt, waren es hier Informationen zur Berufswahl in Mappen-, Zeitschriften- oder Filmformaten, die zur Selbstbedienung oder aber, wie es behördenintern formuliert wurde, zur »berufsaufklärenden Eigeninformation« auslagen.[62] »Aufgelockerte, lose gruppierte Sitzecken« sollten die »notwendige Motivation zu eigeninitiativem Handeln« unterstützen.[63] Die in den zitierten Veröffentlichungen der Bundesanstalt zur Planung und Einrichtung der BIZ eigens erwähnten »für den einzelnen nicht überschaubaren Entwicklungen in der Berufs- und Arbeitswelt« wurden mittels der Artefakte an das Individuum adressiert.[64]

Microfiche-Lesegerät mit Stellenangeboten, auf dem Flur des Arbeitsamtes.
Aus der Serie »Jugendarbeitslosigkeit«, Mühlheim an der Ruhr 1983
(Fotoarchiv Ruhr Museum, Essen; Foto: Klaus Baumers)

Im Alltag der Arbeitsvermittlung förderten technische Apparate und EDV-Systeme die selbstständige Stellensuche. Diente EDV-Technik in der Arbeitsverwaltung seit den späten 1950er-Jahren bis in die 1970er-Jahre vor allem dazu, serielle Massendaten im Leistungsbezug, d.h. Zahlung und Abrechnung von Sozialleistungen, schneller und zuverlässiger abzuwickeln, wurde seit Anfang der 1970er-Jahre die computerunterstützte Arbeitsvermittlung (coArb) in der Berufsberatung und überregionalen Fachvermittlung erprobt.[65] Das System erlaubte es den Vermittlern, eine Vorauswahl von Bewerbern zu treffen.[66] Erst seit 1982 war die »halboffene« Stellenvermittlung für alle Berufsgruppen in sämtlichen Arbeitsämtern eingeführt, auch da eine Infratest-Untersuchung ergeben hatte, dass sich die Arbeitslosen nicht ausreichend über Stellenangebote informiert fühlten.[67] In dem nun abgekürzten Verfahren wurden regionale Stellenübersichten auf Mikrofiches verfilmt und in den Wartezonen der Arbeitsämter mittels Lesegeräten den Arbeitslosen zur Benutzung angeboten. »Halboffen« war das Verfahren, da auch hier die Kontaktdaten des potentiellen Arbeitgebers beim Arbeitsberater erfragt werden mussten.

Seit Dezember 1987 wurde der »Stellen-Informations-Service« (SIS) in ausgewählten deutschen Arbeitsämtern erprobt.[68] Eine Präsentation von Stellenangeboten über Listenausdrucke, die vorher in einzelnen Arbeitsämtern und für einzelne Berufsgruppen praktiziert worden war, erwies sich als zu »unübersichtlich«.[69] Nun wurden Stellenangebote mit vollem Namen und voller Anschrift des Arbeitgebers bekanntgegeben, sofern dieser zugestimmt hatte. Die Präsentation der Angebote erfolgte über ein eigens konstruiertes Bildschirmgerät mit vereinfachter Bedienung und integrierter Druckmöglichkeit, das in öffentlich zugänglichen Bereichen der Arbeitsämter aufgestellt war. Bei der Gestaltung der »amtsspezifischen Praxisvarianten«, d.h. der Räumlichkeiten für die SIS-Vermittlung, legte man Wert auf »einladenden Charakter« sowie »zweckmäßige« Beleuchtung und Bestuhlung.[70] Hintergrund dieser Verfahrensreform war die wachsende Kritik am Vermittlungsmonopol der Bundesanstalt, die mit dieser Maßnahme die Vermittlungsquote teilweise um über 15 Prozent steigern konnte.

Die weitere Formalisierung des Vermittlungsverfahrens im Zuge der Computerisierung wurde in der sozialwissenschaftlichen Literatur, vor allem aus den Kontexten des staatlichen Förderprogramms »Humanisierung des Arbeitslebens«, sozialkritisch begleitet.[71] Die Erwartungen an die Einführung der EDV-Systeme in der Arbeitsvermittlung waren einerseits sehr hoch, diente die EDV doch als Rationalisierungsargument und -instrument zur Bewältigung der Antragsflut.[72] Andererseits betonten die Studien die Entfremdungserfahrungen infolge technisierter Büroarbeit. Ausdrücklich erwähnt wurde ein Arbeitsvermittler, der mit seinem Computer nach eigener Aussage auf »Du und Du« stand. Da er das Gerät »George« nannte, wurde ihm verdrängte Technikfeindlichkeit unterstellt – dies mag die zeitgenössische Paranoia im Umfeld des Orwell-Jahres 1984 veranschaulichen.[73] Hauptsächlich befürchteten die Autoren der Untersuchungen jedoch, dass der lebensweltliche individuelle Bezug der Vermittlungstätigkeit leiden werde, da sich der Rahmen für inoffizielle Informationen, subjektive Einschätzungen und Auslegungen, kurz: »das Menschliche«, durch EDV-basierte Standardisierungen verkleinern werde.

Eine Arbeitsvermittlerin kritisierte in den späten 1980er-Jahren die mangelnden Möglichkeiten, »Eigensinnigkeiten« von Bewerbern zu erfassen: »Man kann ja den Ratsuchenden, der vorne sitzt, nicht in so ein Schema zwingen und sagen: Jetzt antwortest Du mir auch der Reihe nach, wie mich der Computer fragt[,] und ich frage dich dann das Weitere. Sondern da kommt einer rein und erzählt uns erst einmal, was er überhaupt will, oder er muß erst mal seinen Frust loslassen, weil er nun zwei Stunden draußen gewartet hat. Bis man dann überhaupt zu den Punkten kommt, die man wissen will, dauert es eine gewisse Zeit. Und der sagt ja auch kreuz und quer Dinge, die der Computer in der Reihenfolge gar nicht haben will. Aber der Computer verlangt nun diese vorgegebene Reihenfolge; diese Zwangsfelder müssen nach und nach ausgefüllt werden, sonst haben wir da ein laufendes Piepvergnügen, eine laufende ›Piepshow‹ im Arbeitsamt. Ja, das ist alles schöne Theorie. Und umgekehrt fallen Punkte raus, die sehr wichtig sind, die aber an die Stelle nicht passen. Die verkneift sich der Zuhörer schon, weil er sagt, jetzt sind sie mir drei Mal über den Mund gefahren, jetzt halte ich lieber meinen Mund und antworte nur noch auf Befragen.«[74] Die Technik intervenierte an dieser Stelle in die Beratungssituation und veränderte die Interaktion zwischen Arbeitsberatern und Arbeitslosen. Jenseits informeller Plaudereien meldete die Maschine die Autorität der Behörde an. Die Ordnung der Datenbank regierte die Beratungssituation und wirkte disziplinierend auf das arbeitslose Subjekt.

In Äußerungen von Arbeitslosen, die bei sozialwissenschaftlichen Studien im norddeutschen Raum Ende der 1980er-Jahre zu ihren Erfahrungen befragt wurden, fand die Computerisierung im Arbeitsamt vereinzelt Erwähnung – meist im Zusammenhang mit Beschwerden über die Nutzlosigkeit und Trägheit des Arbeitsamtes, wo »große Kaffeepausen gemacht« würden. Der Computer werde mitunter als »Wahrheitsmaschine«, als letzte Lösung in einer verqueren Arbeitsmarktlage mehr oder minder verzweifelt angerufen.[75] So beklagte ein Arbeitsloser aus einer norddeutschen Kleinstadt, »daß das Arbeitsamt so wenig tut. Die sagen einem einfach zu wenig. […] Ich meine, die machen es sich […] sehr leicht, die müssen da doch etwas in ihrem Computer drin haben.«[76] Andere Befragte waren auch an diesem Punkt ernüchtert und stellten fest: »Manche Sachen, die ich da im Computer sehe, die sind zum Teil schon seit über einem Jahr abgelaufen. Die auf dem Arbeitsamt kommen da halt wahrscheinlich auch nicht dauernd dazu, das zu erneuern.«[77] Ähnlich urteilten die sozialwissenschaftlichen Beobachter der Automatisierung im Arbeitsamt, die feststellten, dass die Nutzung der Apparate zur Selbstbedienung mit der Dauer der Arbeitslosigkeit zusammenhänge. Hätten Erstbenutzer der Geräte noch große Erwartungen mit der Zugänglichkeit der Stellenangebote verbunden, seien Mehrfachnutzer häufig desillusioniert und verwendeten die Geräte nur, um zu sehen, »ob sich etwa verändert hat« oder »aus Langeweile«.[78] Die Adressierung der Selbstbedienungsterminals an das »Supermarktverhalten« der Arbeitssuchenden, wie es die zeitgenössischen Sozialwissenschaftler unterstellten, blieb wirkungslos, solange Stellenangebote nicht verzeichnet bzw. nicht vorhanden waren.[79]

3. Fazit: Warten und Selbstbedienung

Die Differenzen zwischen den bundesdeutschen und den britischen Verwaltungssettings liegen auf der Hand: Während im liberalen Wohlfahrtsstaat Großbritannien die selbstständige Arbeitssuche befördert werden sollte, standen in der korporatistisch verfassten westdeutschen Arbeitsverwaltung zunächst die bürokratischen Vorgänge im Mittelpunkt. Die selbstständige Stellensuche war im Arbeitsamt der Bundesrepublik ein Seiteneffekt der Technisierung. Erst mit den technisch schnell überholten Mikrofiches kamen »halboffene« Arbeitssuchmöglichkeiten auf, und erst mit Einführung der Bildschirmarbeitsplätze des Stellen-Informations-Service rückte man von diesem Prinzip wiederum ab – zugunsten der »offenen« Arbeitssuche, bei der nun auch die Adressdaten der Arbeitgeber frei zugänglich waren. Selbstbedienung hing in der Bundesrepublik vom technischen Gerät ab, in Großbritannien dagegen reichte eine Stellwand. Spiegeln sich hier zum einen die unterschiedlichen wohlfahrtsstaatlichen Systeme beider Länder wider, so lässt sich den dinglichen Verwaltungs-Arrangements zum anderen eine eigene Wirkmächtigkeit zuschreiben. Ob »dole queue«-Image in Großbritannien oder träge Bürokratie in der Bundesrepublik – die Arbeitsverwaltungen setzten sich fortschrittsoptimistisch von vergangenen Arbeits(markt)politiken ab; sie versuchten ihre Modernisierungsversprechen vor allem ästhetisch und materiell zu verwirklichen. Bequeme Sessel, zugängliche Stellwände, technische Apparate lösten bekanntlich die Probleme des Arbeitsmarktes nicht, verhießen aber auf dinglicher Ebene »Umstellungen«. Der Einsatz von Computern lässt sich als Aufgeschlossenheit gegenüber technischen Entwicklungen deuten, das neue Interieur als Einlassen auf ästhetische Moden. Die Arbeits(markt)politiken wurden in den Verwaltungsdingen für die Arbeitslosen im Wortsinn greifbar.

Kehrt man zum Ausgangspunkt der Überlegungen und zu Siegfried Kracauers Formulierung von den »Träume[n] der Gesellschaft« zurück, so werden die Differenzen beider Verwaltungen und ihrer Raumkonzepte noch einmal deutlicher. Assoziiert man mit britischen Jobcentres Supermärkte, in denen die Arbeitsplatzware gefällig arrangiert zur Selbstbedienung bereitsteht, so liegt beim bundesdeutschen Arbeitsamt der 1970er- und 1980er-Jahre immer noch das Bild des Wartesaals nahe, durch technisch geregelten Aufruf oder EDV-gestützte Stellensuche allenfalls ausgeschmückt.

Interpretiert man die Mensch-Ding-Relationen der Arbeitsverwaltungen subjekttheoretisch als sozial-kulturelle Netze von Repräsentationen und sozialen Praktiken, lässt sich im britischen System ein arbeitsloser Job-Shopper erkennen, der sich als konsumtiv adressiertes Subjekt im Jobcentre selbst bedienen musste, während in bundesdeutschen Arbeitsämtern den Arbeitslosen die Zeit auf den Amtsfluren oder in den Wartezonen als passive, gleichsam unvermeidliche Subjektivierungspraxis auferlegt wurde.[80]

Die während der 1970er- und 1980er-Jahre in die Vermittlungsarbeit eingeführten Mikrofiche-Geräte, Computer und Datenbanken beschleunigten im bundesrepublikanischen Setting in gewisser Weise die Selbstbedienung von Arbeitslosen. Veränderte Anforderungen der Arbeitsmärkte wurden zumindest in der Didaktik der Einrichtungskonzepte zur Berufsinformation an das arbeits- und ausbildungssuchende Individuum delegiert; technische Apparate zur Stellensuche gaben Anreize zur Selbstbedienung – Anreize, die bald enttäuscht wurden, denn trotz der hilfesuchenden Anrufung der Maschine (»die müssen da doch etwas in ihrem Computer drin haben«), war sehr häufig »nichts drin«.

Ob der Arm des (Arbeits-)Gesetzes sich im Aufrufsignal des Ausgabeautomats von Wartenummern akustisch bemerkbar machte oder die Ladeneinrichtung des Jobcentre eine Auswahl von Arbeit vorgaukelte: Die Dinge der Arbeitsverwaltungen veränderten und erweiterten die Spielräume gouvernementalen Handelns in Form widersprüchlicher Adressierungen von Dingen und Verwaltungspolitiken. Zwangloses Job-Shopping hatten Arbeitslose in Großbritannien während der 1980er-Jahre mit disziplinierenden Restriktionen der Unterstützungsleistungen zu vereinbaren. In der Bundesrepublik folgte auf das Signal der Wartemaschine die zwar verpflichtende Beratung durch den Arbeitsvermittler, die aber immerhin ein Raum für informelle Kommunikation zwischen Arbeitslosem und Arbeitsberater sein konnte, sofern nicht das disziplinierende Fehlersignal der Datenbank dazwischenfunkte. Die Verwaltungsdinge des Arbeitsamtes trugen ihren Teil dazu bei, dass die Regierung von Arbeitslosigkeit in den 1980er-Jahren zu einer hybriden Angelegenheit geworden war, der das arbeitslose Subjekt in beiden Ländern, ob zum Warten oder zur Selbstbedienung aufgerufen, ob folgsam oder aufsässig, in erster Linie unterworfen war.

Anmerkungen:

[1] Siegfried Kracauer, Über Arbeitsnachweise [1930], in: ders., Werke, Bd. 5: Essays, Feuilletons, Rezensionen, hg. von Inka Mülder-Bach/Ingrid Behlke, Berlin 2011, S. 249-257, hier S. 250.

[2] Ebd., S. 253; vorige Zitate: S. 250f., S. 256.

[3] George Orwell, The Road to Wigan Pier [1937], London 1971, S. 43; auch bei: Matthew Cole, From Employment Exchange to Jobcentre Plus: the Changing Institutional Context of Unemployment, in: History of the Human Sciences 20 (2007), S. 129-146, hier S. 131f.

[4] Bénédicte Zimmermann, Arbeitslosigkeit in Deutschland. Zur Entstehung einer sozialen Kategorie, Frankfurt a.M. 2006; Christian Topalov, Naissance du chômeur. 1880–1910, Paris 1994; Sigrid Wadauer/Thomas Buchner/Alexander Mejstrik (Hg.), The History of Labour Intermediation. Institutions and Finding Employment in the Nineteenth and Early Twentieth Centuries, New York 2015; Ulbe Bosma/Elise van Nederveen Meerkerk/Aditya Sarkar (Hg.), Mediating Labour. Worldwide Labour Intermediation in the Nineteenth and Twentieth Century, Cambridge 2012.

[5] Brigitte Studer, Biographische Erfassungslogiken. Personenakten im Verwaltungsstaat und in der Geschichtsschreibung, in: Claudia Kaufmann/Walter Leimgruber (Hg.), Was Akten bewirken können. Integrations- und Ausschlussprozesse eines Verwaltungsvorgangs/Ce que des dossiers peuvent provoquer. Processus d’intégration et d’exclusion d’un acte administratif, Zürich 2008, S. 139-149; daneben ähnlich im Ansatz: Thomas Buchner, Orte der Produktion von Arbeitsmarkt: Arbeitsämter in Deutschland, 1890–1933, in: Peter Becker (Hg.), Sprachvollzug im Amt. Kommunikation und Verwaltung im Europa des 19. und 20. Jahrhunderts, Bielefeld 2009, S. 305-333; Cole, Employment Exchange (Anm. 3); Simon Roloff, Strömung des Sozialen. Versicherung, Verwaltung und Architektur der Arbeitslosenmasse in den 1920er Jahren, in: ilinx – Berliner Beiträge zur Kulturwissenschaft 1 (2010), S. 23-42; architekturhistorisch: Christiane Mattiesson, Die Rationalisierung des Menschen. Architektur und Kultur der deutschen Arbeitsämter 1890–1945, Berlin 2007.

[6] Vgl. z.B. Michel Callon, Éléments pour une sociologie de la traduction. La domestication des coquilles Saint-Jacques et des marins-pêcheurs dans la baie de Saint-Brieuc, in: L’Année Sociologique 36 (1986), S. 169-208; Bruno Latour, Give Me a Laboratory and I will Raise the World, in: Karin Knorr-Cetina/Michael Mulkay (Hg.), Science Observed. Perspectives on the Social Study of Science, London 1983, S. 141-170, hier S. 153; ders., Wir sind nie modern gewesen. Versuch einer symmetrischen Anthropologie, Berlin 1995, S. 10, S. 152.

[7] Jürgen Danyel, Zeitgeschichte der Informationsgesellschaft, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 9 (2012), S. 186-211; Annette Schuhmann, Der Traum vom perfekten Unternehmen. Die Computerisierung der Arbeitswelt in der Bundesrepublik Deutschland (1950er- bis 1980er-Jahre), in: ebd., S. 231-256; Julia Fleischhack, Eine Welt im Datenrausch. Computeranlagen und Datenmengen als gesellschaftliche Herausforderung in der Bundesrepublik Deutschland, 1965–1975, Zürich 2016; laufend: ZZF-Projekt zur Computerisierung, insbesondere das Dissertationsprojekt von Thomas Kasper zur EDV-Einführung in der Rentenversicherung, URL: <http://www.computerisierung.com/?page_id=40>; für Großbritannien: Jon Agar, The Government Machine. A Revolutionary History of the Computer, Cambridge 2003.

[8] Vgl. Wiebke Wiede, Subjekt und Subjektivierung, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 10.12.2014.

[9] Andreas Reckwitz, Subjekt, Bielefeld 2008, S. 106-120.

[10] Für eine übergreifende Darstellung zum 20. Jahrhundert vgl. Christine Trampusch, Arbeitsmarktpolitik, Gewerkschaften und Arbeitgeber. Ein Vergleich der Entstehung und Transformation der öffentlichen Arbeitsmarktverwaltungen in Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden zwischen 1909 und 1999, phil. Diss. Universität Göttingen 2000, URL: <http://webdoc.sub.gwdg.de/diss/2000/trampusch/Dissertation.pdf>; Katrin Mohr, Soziale Exklusion im Wohlfahrtsstaat. Arbeitslosensicherung und Sozialhilfe in Großbritannien und Deutschland, Wiesbaden 2007, S. 80ff.

[11] David Price, Office of Hope. A History of the Employment Service, London 2000; Howard Glennerster, British Social Policy since 1945, Oxford 1995; Noel Whiteside, Bad Times. Unemployment in British Social and Political History, London 1991.

[12] Trampusch, Arbeitsmarktpolitik (Anm. 10), S. 194ff.

[13] Zu den älteren Employment Services: Fifty Years of Service. The Story of Leek Employment Exchange 1912–1962, hg. vom Leek Local Employment Committee, o.O. o.J. [Leek 1962]; Employment Exchanges are an Accepted and Respected Part of Britain, in: Midland Chronicle and Free Press, 5.2.1960; beide Dokumente: The National Archives (TNA) LAB 21/116.

[14] Jobcentres at Work. An Interim Evaluation [1977], TNA ET 2/24.

[15] Für eine Abbildung und weitere Erläuterungen siehe etwa <https://en.wikipedia.org/wiki/Labour_Isn%27t_Working>. Es gibt zahlreiche Fortführungen und Verfremdungen dieses Bildmotivs und des Slogans, z.B.: »Labour still isn’t working«, »New Labour isn’t working«, »Labour isn’t learning«, »Capitalism isn’t working«, »Advertising isn’t working«, »Europe isn’t working«.

[16] Jobcentres at Work (Anm. 14); zur Planung der Jobcentres: Manpower Services Commission, Meeting 5th February 1974, TNA ET 9/3.

[17] Jobcentres and Your Community, hg. von der Manpower Services Commission [1976], TNA ET 2/24.

[18] Ebd.

[19] Action Plan for a Modern Employment Service, hg. vom Department of Employment [1972], Zitat S. 23, TNA LAB 52/2.

[20] Alfons Stappert, Die Reorganisation der britischen Zentralregierung seit dem Ende der 50er Jahre, insbesondere die zentrale Lenkung, Berlin 1975, S. 241.

[21] Vgl. Action Plan (Anm. 19), S. 21f.

[22] Jobcentre Programme, S. 2, in: Manpower Services Commission, Meeting (Anm. 16).

[23] Jobcentres at Work (Anm. 14).

[24] Ebd.

[25] Jobcentres and Your Community (Anm. 17), S. 1.

[26] Action Plan (Anm. 19), S. 27.

[27] Anhand des Jobcentre in Reading bei: William Kayser/Tim Sharp, A Case for Active Social Marketing. Manpower Policies and Individuals, Oxford 1976, S. 131.

[28] How to Get the Most out of your Vacancy Display, Watford 1976, TNA ET 2/33.

[29] Ebd.

[30] Survey of Self Service Schemes, hg. vom Department of Employment [1972], C 16, TNA LAB 106/17.

[31] Ebd.

[32] Der »three tier service« findet sich in nahezu allen zeitgenössischen Programmschriften; vgl. z.B. Services to Employers, hg. von The Employment Service Agency, Leicester 1974, TNA LAB 52/23.

[33] John Crinnion, Ministry of Labour Occupational Guidance Units, in: Occupational Psychology 41 (1967), S. 121-126.

[34] Jobcentres at Work (Anm. 14).

[35] Roger Mitton/Peter Willmott/Phyllis Willmott, Unemployment, Poverty and Social Policy. A Comparative Study in the United Kingdom, France and Germany, London 1981, S. 70.

[36] Zit. nach ebd., S. 69.

[37] Guy Dauncey, The Unemployment Handbook, Cambridge 1981, S. 28f.

[38] Employment Exchanges (Anm. 13).

[39] Zum Restart Programme vgl. Desmond King, Actively Seeking Work? The Politics of Unemployment and Welfare Policy in the United States and Great Britain, Chicago 1995, S. 172f.

[40] Ministry of Labour, Unemployment Benefit Claims Procedure [1962], TNA LAB 12/1076; vgl. auch Agar, Government Machine (Anm. 7), S. 316f.

[41] Vgl. Agar, Government Machine (Anm. 7), S. 372.

[42] Britt Schlehahn, Das Arbeitsamt, in: Alexa Geisthövel/Habbo Knoch (Hg.), Orte der Moderne. Erfahrungswelten des 19. und 20. Jahrhunderts, Frankfurt a.M. 2005, S. 91-98.

[43] Joachim-Hans Raabe, Das Verwaltungszentrum der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg, in: Arbeit, Beruf und Arbeitslosenhilfe. Das Arbeitsamt 22 (1971) H. 1, S. 1f.

[44] Das neue Verwaltungszentrum der Bundesanstalt für Arbeit, in: Arbeit, Beruf und Arbeitslosenhilfe. Das Arbeitsamt 24 (1973) H. 7, S. 201f.

[45] Christiane Rädlinger, 100 Jahre Arbeitsamt München 1985–1995. Von der Arbeitsvermittlung zur Arbeitsförderung, München 1995, S. 86.

[46] Ebd.

[47] Für das Frankfurter Arbeitsamt: Kayser/Sharp, Case (Anm. 27), S. 168f.

[48] Roloff, Strömung (Anm. 5), S. 35; Dröner, Insbesondere gegen und für den Schalter in der Arbeitsvermittlung, in: Wilhelm Bökenkrüger u.a., Das neuzeitliche Arbeitsnachweis-Gebäude. Vorschriften/Rechtsfragen/bauliche Gestaltung, Stuttgart 1926, S. 41f., hier S. 42.

[49] Rainer Paris, Warten auf Amtsfluren [2001], in: ders., Normale Macht. Soziologische Essays, Konstanz 2005, S. 193-238, hier S. 217f.

[50] Zit. nach Siegfried Heinemeier, Zeitstrukturkrisen. Biographische Interviews mit Arbeitslosen, Opladen 1991, S. 160.

[51] Ebd.

[52] Vgl. Karl Maibaum/Friedrich Beie/Manfred Rademacher, Die Praxis der Arbeitsvermittlung, Stuttgart 1972.

[53] Bundesanstalt für Arbeit an alle Dienststellen der Bundesanstalt, Dezember 1971, Landesarchiv Saarbrücken, Landesarbeitsamt, Durchführung der beruflichen Einzelberatung 1969–1973 (unerschlossener Bestand).

[54] Heinemeier, Zeitstrukturkrisen (Anm. 50), S. 162f.

[55] Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie, Studienausg. Tübingen 1972, S. 128.

[56] Vgl. Anne Höhmann, Arbeitsvermittlung, in: Klaus Grimmer (Hg.), Arbeit der Arbeitsvermittler und ihre Veränderungen durch Informationstechnologie, Bd. 1, Kassel 1986, S. 35-56, hier S. 45-56; zu den 1920er-Jahren: Oskar Nerschmann, Grundsätzliches, in: ders./Johannes Friedrich/August Henschel (Hg.), Beiträge zur Technik der Arbeitsvermittlung, 1. Teil: Die Vermittlungskartei, Stuttgart 1927, S. 4-7; Richard Oechsle, Technik der Arbeitsvermittlung, in: Otto Neuburger, Praktikum der Arbeitsvermittlung, 1. Teil: Personal, Dienstbetrieb und Technik der Arbeitsvermittlung, Stuttgart 1931, S. 51-61.

[57] Heinrich L. Nieder, Selbstinformationseinrichtungen der Berufsberatung werden ausgebaut. Ein Situationsbericht, in: Arbeit und Beruf 31 (1980) H. 1, S. 4ff.

[58] Vgl. Maria Keinhorst, Das ›City-Büro‹ des Arbeitsamtes Dortmund, in: Arbeit, Beruf und Arbeitslosenhilfe. Das Arbeitsamt 20 (1969) H. 10, S. 290ff.

[59] Ebd., S. 291.

[60] Helmut Minta, Arbeitsmarktpolitik, Arbeitsvermittlung, Förderung und Beratung, in: Arbeit, Beruf und Arbeitslosenhilfe. Das Arbeitsamt 23 (1972) H. 5, S. 140-145.

[61] Walter Hirsch, Berufsinformationszentren. Ziele, Aufgaben und Möglichkeiten, in: Arbeit, Beruf und Arbeitslosenhilfe. Das Arbeitsamt 24 (1973) H. 4, S. 102ff.

[62] Ders., Möglichkeiten zur berufsaufklärenden Eigeninformation in Berufsinformationszentren, in: Arbeit und Beruf 27 (1976) H. 10, S. 293-296.

[63] Ebd., S. 295; Bernhard Jenschke, Von der Theorie zur Praxis. Erstes Berufsinformationszentrum in Berlin eröffnet, in: Arbeit und Beruf 27 (1976) H. 12, S. 353ff., hier S. 354.

[64] Walter Hirsch, Planung und Vorbereitung von Berufsinformationszentren der Berufsberatung, in: Arbeit, Beruf und Arbeitslosenhilfe. Das Arbeitsamt 25 (1974) H. 8, S. 245-249, hier S. 245.

[65] Renate Trost, Datenverarbeitung in der Arbeitsverwaltung – halboffene Arbeitsvermittlung, in: Heinrich Reinermann u.a. (Hg.), Organisation informationstechnik-gestützter öffentlicher Verwaltungen, Berlin 1981, S. 150-154.

[66] Maibaum/Beie/Rademacher, Praxis (Anm. 52), S. 77.

[67] Zur Infratest-Umfrage: Andreas Stöhr, Computerunterstützung in der Arbeitsvermittlung und Arbeitsberatung, in: Arbeit und Beruf 39 (1988) H. 10, S. 309-313; Stefan Kuhlmann, Veränderte Interaktionsbedingungen zwischen Arbeitsvermittlern und Klienten durch das Konzept der »halboffenen« Vermittlung, in: Klaus Grimmer (Hg.), Arbeit der Arbeitsvermittler und ihre Veränderung durch Informationstechnologie, Bd. 2, Kassel 1986, S. 195-219, hier S. 195.

[68] Andreas Stöhr, Stellen-Informations-Service. Organisation einer Erprobung, in: Arbeit und Beruf 39 (1988) H. 11, S. 341ff.; Herbert Pfuhlmann/Manfred Grauel/Andreas Stöhr, Stellen-Informations-Service. Eine Erweiterung des Dienstleistungsangebotes der AVuAB, in: Arbeit und Beruf 38 (1987) H. 11, S. 341-345.

[69] Stöhr, Stellen-Informations-Service (Anm. 68), S. 342.

[70] Pfuhlmann/Grauel/Stöhr, Stellen-Informations-Service (Anm. 68), S. 343.

[71] Vgl. hierfür auch Schuhmann, Traum (Anm. 7); Anne Seibring, Die Humanisierung des Arbeitslebens in den 1970er Jahren: Forschungsstand und Forschungsperspektiven, in: Knud Andresen/Ursula Bitzegeio/Jürgen Mittag (Hg.), »Nach dem Strukturbruch«? Kontinuität und Wandel von Arbeitsbeziehungen und Arbeitswelt(en) seit den 1970er-Jahren, Bonn 2011, S. 107-126.

[72] Anne Höhmann, Einführung des coArb-AA-Verfahrens, in: Grimmer, Arbeit, Bd. 2 (Anm. 67), S. 1-34.

[73] Christel Kumbruck, Veränderungen in der Arbeitstätigkeit am Beispiel der Systemausbaustufe Stellenspeicherung (Nixdorf-System), in: Grimmer, Arbeit, Bd. 2 (Anm. 67), S. 35-125, hier S. 51.

[74] Befragung im Rahmen der Publikation von Reinhard Bahnmüller/Michael Faust, Das automatisierte Arbeitsamt. Legitimationsprobleme, EDV-Mythos und Wirkungen des Technikeinsatzes, Frankfurt a.M. 1992, Zitat: Interview DAVP 1 (Privatbesitz Reinhard Bahnmüller).

[75] Befragungen im Rahmen der Publikation von Martin Kronauer/Berthold Vogel/Frank Gerlach, Im Schatten der Arbeitsgesellschaft. Arbeitslose und die Dynamik sozialer Ausgrenzung, Frankfurt a.M. 1993; Projekttitel am Sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitut Göttingen: »Sozialstrukturelle Auswirkungen der Arbeitsmarktkrise«; Zitat: Interview N74, S. 13 (SOFI-Archiv Göttingen).

[76] Ebd., S. 1.

[77] Ebd., Interview N29, S. 16.

[78] Kuhlmann, Veränderte Interaktionsbedingungen (Anm. 67), S. 204, S. 207.

[79] Ebd., S. 196.

[80] In Anlehnung an: Cole, Employment Exchange (Anm. 3), S. 142; Trampusch, Arbeitsmarktpolitik (Anm. 10), S. 324ff.

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